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Fürsorgeerziehung der 1950er und 1960er Jahre - Kinderheime in ...

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Uwe Kam<strong>in</strong>ski <strong>und</strong> Bernhard Fr<strong>in</strong>gs<br />

Konfessionelle Heimerziehung von den <strong>1950er</strong> bis <strong>in</strong> die 1970er<br />

<strong>Jahre</strong> – Spezifika <strong>und</strong> Tendenzen<br />

E<strong>in</strong>führung – das Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> Konfessionalität <strong>in</strong> <strong>der</strong> Heimerziehung, statistische<br />

Anmerkungen <strong>und</strong> Forschungsdesign<br />

Wenn sich 1965 <strong>in</strong> Nie<strong>der</strong>sachsen 90 %, <strong>in</strong> NRW 85,6 % <strong>und</strong> <strong>in</strong> Bayern 85,1 % <strong>der</strong><br />

im Rahmen von Fürsorgeerziehung (FE) <strong>und</strong> Freiwilliger Erziehungshilfe (FEH) <strong>in</strong><br />

Heimen untergebrachten M<strong>in</strong><strong>der</strong>jährigen <strong>in</strong> privaten, meist <strong>in</strong> konfessioneller<br />

Trägerschaft stehenden E<strong>in</strong>richtungen befanden, zeigt e<strong>in</strong> solcher Bef<strong>und</strong><br />

anschaulich die Bedeutung, die <strong>der</strong> konfessionellen Heimerziehung dort auf diesem<br />

Feld zukam. Und obwohl sich <strong>der</strong> Anteil <strong>in</strong> Hamburg <strong>und</strong> Schleswig-Holste<strong>in</strong> mit 26,8<br />

% bzw. 37,2 % weitaus ger<strong>in</strong>ger darstellte, also konfessionelle Träger hier ke<strong>in</strong>e<br />

große Rolle spielten, fand Heimerziehung doch vielfach <strong>in</strong> konfessionell geprägten<br />

Heimen statt. 1 Damit wurde <strong>in</strong> vielen Regionen <strong>der</strong> BRD e<strong>in</strong>e jahrzehntelange<br />

Tradition fortgeschrieben.<br />

Es waren die aus religiöser Motivation heraus von e<strong>in</strong>zelnen Personen, Vere<strong>in</strong>en<br />

o<strong>der</strong> kirchlichen Verbänden im Lauf des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts <strong>in</strong>s Leben gerufenen<br />

evangelischen <strong>und</strong> katholischen Rettungshäuser, Waisenhäuser <strong>und</strong><br />

Erziehungsanstalten, die oftmals auch noch <strong>in</strong> den Jahrzehnten nach dem Zweiten<br />

Weltkrieg e<strong>in</strong>e wesentliche Gr<strong>und</strong>lage für die öffentliche Ersatzerziehung boten. Sie<br />

erwuchsen dem Bemühen, durch die Gründung solcher E<strong>in</strong>richtungen den negativen<br />

Folgen <strong>der</strong> wirtschaftlichen <strong>und</strong> gesellschaftlichen Umbrüche jener Zeit zu begegnen.<br />

Zudem stand mit den Angehörigen <strong>der</strong> nicht selten gleichzeitig entstandenen, vor<br />

allem weiblichen Ordenskongregationen <strong>und</strong> Diakonen/Diakonissen-Geme<strong>in</strong>schaften<br />

das Personal für die Erziehungsarbeit zur Verfügung. Der Staat, <strong>der</strong> kaum <strong>und</strong> wenn<br />

doch kaum so billige Alternativen besaß, bediente sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel gerne dieser<br />

privaten <strong>und</strong> kirchlichen Initiativen. 2<br />

Für die weitere Entwicklung e<strong>in</strong>er konfessionell ausgerichteten Heimerziehung erwies<br />

sich dann das Reichsjugendwohlfahrtsgesetz (RJWG) von 1922/24, das das Pr<strong>in</strong>zip<br />

<strong>der</strong> Konfessionalität festschrieb, als entscheiden<strong>der</strong> Meilenste<strong>in</strong>. Konkret sah § 69<br />

vor, dass im Falle <strong>der</strong> Familienerziehung <strong>der</strong> „M<strong>in</strong><strong>der</strong>jährige m<strong>in</strong>destens bis zum<br />

Aufhören <strong>der</strong> Schulpflicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Familie se<strong>in</strong>es Bekenntnisses, im Falle <strong>der</strong><br />

Anstaltserziehung soweit möglich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Anstalt se<strong>in</strong>es Bekenntnisses“<br />

unterzubr<strong>in</strong>gen sei. 3 Das 1961 <strong>in</strong> Kraft getretene Jugendwohlfahrtsgesetz (JWG)<br />

bestätigte diese Ausrichtung, <strong>in</strong>dem es die Träger <strong>der</strong> freien Jugendhilfe vorrangig<br />

behandelte. Und nach wie vor wurde für die Fremdunterbr<strong>in</strong>gung gefor<strong>der</strong>t,<br />

„Rücksicht auf das religiöse Bekenntnis o<strong>der</strong> die Weltanschauung des<br />

1 Auswertung <strong>der</strong> Angaben des AFET-Mitglie<strong>der</strong>-R<strong>und</strong>briefs vom März 1967 für das Jahr 1965.<br />

2 Vgl. Christa Hasenclever, Jugendhilfe <strong>und</strong> Jugendgesetzgebung seit 1900, Gött<strong>in</strong>gen 1978; Christian<br />

Schrapper/Dieter Sengl<strong>in</strong>g (Hg.), Waisenhäuser <strong>und</strong> Erziehungsanstalten <strong>in</strong> Westfalen, Münster 1985;<br />

Markus Köster, Jugend, Wohlfahrtsstaat <strong>und</strong> Gesellschaft im Wandel. Westfalen zwischen Kaiserreich<br />

<strong>und</strong> B<strong>und</strong>esrepublik, Pa<strong>der</strong>born 1999; Carola Kuhlmann/Christian Schrapper, Wie <strong>und</strong> warum K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

öffentlich versorgt <strong>und</strong> erzogen wurden – Zur Geschichte <strong>der</strong> Erziehungshilfen von <strong>der</strong> Armenpflege<br />

bis zu den Hilfen zur Erziehung, <strong>in</strong>: Vera Birtsch u.a. (Hg.), Handbuch <strong>der</strong> Erziehungshilfen, Münster<br />

2001, S. 282-328.<br />

3 Vgl. Reichsgesetzblatt 1922, Teil 1, S. 645.<br />

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