Gärten - kiz-hamburg.de
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GÄRTEN<br />
Die Heilkraft <strong>de</strong>r Gärten<br />
Und Gott <strong>de</strong>r Herr pflanzte einen Garten in E<strong>de</strong>n gegen Morgen<br />
und setzte <strong>de</strong>n Menschen hinein, <strong>de</strong>n er gemacht hatte.<br />
Gott hat gewusst, was <strong>de</strong>r<br />
Mensch braucht: Natur, Blumen<br />
und Bäume. Gärten sind<br />
gera<strong>de</strong> in unserer hoch technisierten<br />
Welt ein Rückzugsort <strong>de</strong>nn Gartenarbeit<br />
beruhigt. Selbst die Beschäftigung<br />
mit <strong>de</strong>m kleinen Garten auf <strong>de</strong>r<br />
Fensterbank o<strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>m Balkon<br />
wirkt heilend.<br />
Schon die Ägypter, die Perser, die<br />
Griechen und die Römer<br />
legten Gärten an. Nach<br />
<strong>de</strong>m Untergang <strong>de</strong>s römischen<br />
Reiches übernahmen<br />
die Zisterzienserklöster,<br />
die überall in<br />
Europa entstan<strong>de</strong>n, die<br />
Anlage von Gärten. Sie<br />
legten Nutzgärten an,<br />
die es ihnen ermöglichten<br />
autark zu leben. Und<br />
sie erfan<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Kreuzgang,<br />
<strong>de</strong>r einen Garten<br />
umgibt. Dieser Garten<br />
hat in seiner Mitte einen<br />
Brunnen. Von ihm gehen<br />
vier Wege aus, in Erinnerung<br />
an die Beschreibung<br />
<strong>de</strong>s Garten E<strong>de</strong>n in<br />
Mose 2, Vers 10: Und es<br />
ging aus von E<strong>de</strong>n ein<br />
Strom zu wässern <strong>de</strong>n<br />
Garten, und teilte sich von da in vier<br />
Hauptwasser. Dieser Garten dient <strong>de</strong>r<br />
Erbauung <strong>de</strong>r Mönche.<br />
Der Mönch Benedikt von Nursia<br />
(um 480-547) wusste, was seinen<br />
Mönchen gut tun wür<strong>de</strong>, als er seine<br />
Regel verfasste: beten und arbeiten im<br />
Wechsel. Im Garten zu arbeiten er<strong>de</strong>t,<br />
bringt aus <strong>de</strong>n himmlischen Gefil<strong>de</strong>n<br />
zurück auf die Er<strong>de</strong>. Es beruhigt <strong>de</strong>n<br />
Geist.<br />
Das scheinen wir immer noch instinktiv<br />
zu wissen. Als <strong>de</strong>r Mann meiner<br />
Freundin starb, fing sie an, <strong>de</strong>n<br />
großen Garten umzugraben. Es schien<br />
beinahe über ihre Kräfte zu gehen und<br />
trotz<strong>de</strong>m schien es ihr zu helfen. Sie<br />
leistete auf diese Weise ihre Trauerarbeit.<br />
Ein Freund, <strong>de</strong>r dringend eine Therapie<br />
hätte machen müssen, aber davor<br />
zurückschreckte, sich das Verdrängte<br />
anzusehen, grub in seinem Garten ein<br />
tiefes Loch nach <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren.<br />
Zu sähen, Unkraut zu zupfen und<br />
Pflanzen zu wässern kann heilsam<br />
sein. Es erfor<strong>de</strong>rt Geduld, abzuwarten,<br />
bis sich die ersten Blattspitzen<br />
zeigen und die Radieschen nicht auszurupfen,<br />
wenn sie erst steckna<strong>de</strong>lkopfgroß<br />
sind.<br />
Auch heute noch sind Gärten ein Refugium<br />
Tröstlich ist auch die Erinnerung<br />
an Gärten, die wir, selbst wenn wir<br />
keinen eigenen Garten besitzen, alle<br />
haben.<br />
Ein Garten taucht auf. Zwischen<br />
<strong>de</strong>n Gemüsebeeten steht eine hölzerne<br />
Laube. Sie ist dunkelgrün gestrichen.<br />
Die Farbe blättert schon ab<br />
und in <strong>de</strong>n Ecken hängen die Netze<br />
<strong>de</strong>r Spinnen. Die Laube steht im<br />
Garten <strong>de</strong>r Großeltern meiner Schulfreundin<br />
Waltraud. Sie wird von <strong>de</strong>n<br />
Erwachsenen nur noch selten aufgesucht.<br />
Gerümpel und Gartengerät<br />
sind darin abgestellt. Feldmäuse huschen<br />
herum. Die Laube stammt aus<br />
einer an<strong>de</strong>ren Zeit. Jetzt ist Krieg.<br />
Die ersten Ruinen und Trümmerberge<br />
säumen schon die Straßen. Die<br />
Erwachsenen sind mit an<strong>de</strong>rem beschäftigt.<br />
Mose 1, 2 Vers 8<br />
Um die Laube herum stehen Flie<strong>de</strong>rbüsche.<br />
Es ist gefüllter Flie<strong>de</strong>r. Zwei kleine<br />
Mädchen halten einen alten abgestoßenen<br />
Teller und zupfen die kleinen Blüten<br />
aus <strong>de</strong>n Dol<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Flie<strong>de</strong>rs. Auf <strong>de</strong>m<br />
Porzellan wächst ein dunkelvioletter<br />
Hügel und lockt die Bienen an. Ein<br />
plötzlich aufkommen<strong>de</strong>r Wind weht ein<br />
paar Blüten vom Tellerrand. Die kleinen<br />
Mädchen flüchten vor <strong>de</strong>m schnell<br />
einsetzen<strong>de</strong>n Sommerregen<br />
in die Laube. Aus<br />
<strong>de</strong>m Gerümpel suchen<br />
sie sich einen durchlöcherten,<br />
rostigen Eimer<br />
heraus, drehen ihn um<br />
und legen ein sauberes<br />
Taschentuch darauf. Sie<br />
ziehen zwei Obstkisten<br />
heran und setzen sich.<br />
Zwischen ihnen steht<br />
<strong>de</strong>r Teller mit <strong>de</strong>n gefüllten<br />
Blüten. Genüsslich<br />
nehmen sie die einzelnen<br />
Blüten zwischen<br />
die Lippen und saugen<br />
<strong>de</strong>n Honig heraus. Ein<br />
rauschen<strong>de</strong>r Vorhang<br />
aus Regen trennt sie von<br />
<strong>de</strong>r Welt. Sie erzählen<br />
einan<strong>de</strong>r ihre kleinen<br />
Geheimnisse, spielen<br />
mit ihren Puppen und lassen auch sie<br />
von <strong>de</strong>m Blütenhonig kosten. Der Krieg<br />
fin<strong>de</strong>t an<strong>de</strong>rswo statt.<br />
Gärten können Refugien inmitten<br />
von Zerstörung sein. In <strong>de</strong>n Romanen<br />
<strong>de</strong>s 19. Jahrhun<strong>de</strong>rts liest man, dass <strong>de</strong>r<br />
Pfarrer mit seinem Brevier zwischen<br />
<strong>de</strong>n Rabatten auf und ab ging und seine<br />
Predigt vorbereitete.<br />
Der Auferstan<strong>de</strong>ne begegnete Maria<br />
Magdalena als Gärtner, Emil Nol<strong>de</strong> hat<br />
Gott als Gärtner gemalt, <strong>de</strong>r sich liebevoll<br />
über eine Tulpe beugt. Sein Gesicht<br />
zeigt Besorgnis. „Füllt die Er<strong>de</strong> und<br />
macht sie euch untertan“ heißt nicht,<br />
dass wir sie ausbeuten dürfen, wir sollen<br />
sie hegen und pflegen. Auch das<br />
kann uns <strong>de</strong>r Umgang mit <strong>de</strong>r schwarzen<br />
Mutterer<strong>de</strong> lehren.<br />
Elke Tegtmeyer<br />
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