Weg mit der Mauer in Palästina - Verein zur Förderung des Friedens ...
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20 Die Apartheidmauer (von Hasan Ayoub)<br />
wird die <strong>Mauer</strong> das Ackerland von<br />
zehn Dörfern vernichten, die Besitzer<br />
von ihrem Land trennen und<br />
vier Dörfer <strong>mit</strong> ihren E<strong>in</strong>wohnern<br />
h<strong>in</strong>ter <strong>der</strong> <strong>Mauer</strong> isolieren. Dieser<br />
Abschnitt wird 22 Kilometer tief <strong>in</strong><br />
die Westbank h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> schneiden, sie<br />
<strong>mit</strong>tendurch teilen und e<strong>in</strong>e Barriere<br />
für den freien Transport <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Westbank bilden.<br />
• Bei Bethlehem ist e<strong>in</strong>e 50 Kilometer<br />
lange <strong>Mauer</strong> geplant, von <strong>der</strong><br />
15 Kilometer bereits seit Ende Juli<br />
2004 fertig s<strong>in</strong>d. Dieser Teil besteht<br />
aus e<strong>in</strong>er Militärstraße, Zäunen und<br />
Schützengräben von 60 bis 100<br />
Meter Breite und 1,1 Kilometer<br />
Betonmauer <strong>mit</strong> e<strong>in</strong>er Höhe von<br />
neun Metern. Sie wird 11,5 % <strong>des</strong><br />
Gebiets <strong>der</strong> Region Bethlehem<br />
abtrennen. Das s<strong>in</strong>d ungefähr 608<br />
Quadratkilometer. Um zu diesem<br />
Land zu gelangen, müssen Paläst<strong>in</strong>enser<br />
e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e israelische<br />
Genehmigung e<strong>in</strong>holen.<br />
• Israel arbeitet <strong>in</strong>tensiv an <strong>der</strong><br />
Konstruktion e<strong>in</strong>es parallelen<br />
Transport-Netzes <strong>mit</strong> Umgehungsstraßen,<br />
Kreuzungen, Tunnel und<br />
Brücken: e<strong>in</strong> Transportsystem für<br />
die paläst<strong>in</strong>ensische Bevölkerung,<br />
e<strong>in</strong>s für die israelischen Siedler und<br />
die Armee.<br />
Wirtschaft, Erziehung<br />
und Gesundheit<br />
• Die <strong>Mauer</strong> verursacht den Verlust<br />
von 12 Millionen Kubikmetern an<br />
Wasserressourcen, weil Israel die<br />
wasserführenden Bodenschichten<br />
im Westen dom<strong>in</strong>iert und faktisch<br />
40 Wasserquellen durch die <strong>Mauer</strong><br />
konfisziert hat, was 80 % <strong>der</strong><br />
paläst<strong>in</strong>ensischen Wasserressourcen<br />
entspricht.<br />
• Sie richtet schweren Schaden<br />
im Erziehungssystem an. Alle<strong>in</strong><br />
170.000 Studenten und Schüler<br />
besuchen 320 Schulen, die jetzt h<strong>in</strong>ter<br />
<strong>der</strong> <strong>Mauer</strong> liegen. Diese jungen<br />
Leute und ihre Lehrer<strong>in</strong>nen und<br />
Lehrer müssen jetzt täglich und zu<br />
bestimmten Stunden die Tore passieren,<br />
die von israelischen Soldaten<br />
kontrolliert werden.<br />
• Das Dorf Em Errehan im Nordosten<br />
von Jen<strong>in</strong> ist e<strong>in</strong>es <strong>der</strong> grausamsten<br />
Beispiele für das Gesicht<br />
<strong>der</strong> Isolation und <strong>der</strong> Belagerung.<br />
Das Dorf ist von se<strong>in</strong>er Umgebung<br />
vollkommen isoliert, und nur e<strong>in</strong><br />
absur<strong>des</strong> Tor führt auf e<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>en<br />
Pfad h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> und h<strong>in</strong>aus. Die<br />
E<strong>in</strong>zigen, die das Tor passieren dürfen,<br />
s<strong>in</strong>d die Dorfbewohner. Israelische<br />
Ordnungsmächte haben nur<br />
fünf Lehrern den Zugang gestattet.<br />
Die Rettungswagen brauchen e<strong>in</strong>e<br />
spezielle Erlaubnis, um h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> zu<br />
kommen. In e<strong>in</strong>em Fall bekam e<strong>in</strong><br />
Lehrer die Erlaubnis zum Zutritt <strong>in</strong><br />
das Dorf erst e<strong>in</strong> Jahr, nachdem er<br />
die Erlaubnis beantragt hatte.<br />
• Auf dem Gebiet <strong>der</strong> öffentlichen<br />
Gesundheitsversorgung hat die<br />
<strong>Mauer</strong> 30 Wohnkomplexe von den<br />
Krankenhäusern und Arztpraxen<br />
abgeschnitten, die die Bewohner<br />
vorher versorgt hatten. Das bedeutet,<br />
dass 22.000 Menschen die mediz<strong>in</strong>ische<br />
Versorgung verweigert<br />
wird.<br />
• Der erste <strong>Mauer</strong>bau-Abschnitt<br />
von Jalboon-Jen<strong>in</strong> nach Qualqilia<br />
über e<strong>in</strong>e Länge von 128 Kilometern<br />
hat den Verlust von 2.200<br />
Tonnen Olivenöl verursacht, die<br />
jährlich gepresst wurden, e<strong>in</strong>e Folge<br />
<strong>der</strong> Abholzung von 38.000 alten<br />
Olivenbäumen. Darüber h<strong>in</strong>aus<br />
bedeutet dieser Bauabschnitt den<br />
Verlust von 50 Tonnen Früchten<br />
und von 100.000 Tonnen Gemüse<br />
jährlich, sowie die Zerstörung von<br />
174 Läden und 22 Fabriken.<br />
• 6.500 Landbesitzer und weitere<br />
3.500 Bauern mussten den Verlust<br />
o<strong>der</strong> den drohenden Verlust ihrer<br />
Arbeit und ihrer Lebensgrundlagen<br />
h<strong>in</strong>nehmen. Als un<strong>mit</strong>telbare Folge<br />
dieser <strong>Mauer</strong> hat das Ackerland<br />
dramatisch abgenommen, alle<strong>in</strong> <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> Gegend um Jen<strong>in</strong> um 50 %, <strong>in</strong><br />
Tulkarem um 58 % und <strong>in</strong> Qualqilia<br />
um 46 %.<br />
Schlussfolgerung<br />
Der Bau <strong>der</strong> Apartheidmauer ist<br />
Teil e<strong>in</strong>es Siedlungsprojekts, das<br />
auf den Schutz und die Verewigung<br />
<strong>der</strong> Siedlungen abzielt, wie aus den<br />
dargelegten, lange <strong>zur</strong>ück reichenden<br />
politischen Strategien Israels<br />
hervorgeht. Es ist <strong>des</strong>halb äußerst<br />
schwer, die israelische Behauptung<br />
zu akzeptieren, <strong>der</strong> <strong>Mauer</strong>bau sei<br />
e<strong>in</strong>e Sache <strong>des</strong> Schutzes gegen den<br />
so genannten paläst<strong>in</strong>ensischen<br />
Terrorismus. Vielmehr geht es<br />
darum mehr als 50 % <strong>der</strong> paläst<strong>in</strong>ensischen<br />
Gebiete zu annektieren.<br />
Diese Landstriche s<strong>in</strong>d die wertvollsten<br />
<strong>der</strong> Westbank, sowohl was<br />
die Fruchtbarkeit als auch was die<br />
Wasserressourcen betrifft. Die Frage<br />
<strong>der</strong> Besiedlung soll seitens Israels<br />
im S<strong>in</strong>ne <strong>der</strong> Vision „Groß-Israel-<br />
M<strong>in</strong>us“, also abzüglich bestimmter<br />
Regionen gelöst werden. Es ist<br />
gerechtfertigt, die <strong>Mauer</strong> als e<strong>in</strong><br />
Apartheidprojekt zu bezeichnen,<br />
denn sie teilt nicht zwischen zwei<br />
unabhängigen Parteien, son<strong>der</strong>n<br />
e<strong>in</strong>e Partei reißt große Teile <strong>des</strong><br />
Lan<strong>des</strong> <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Partei an sich,<br />
kolonisiert es und grenzt die an<strong>der</strong>e<br />
Partei systematisch aus.<br />
Die politischen Konsequenzen<br />
<strong>des</strong> <strong>Mauer</strong>baus s<strong>in</strong>d die geografische<br />
und demografische Zerstörung<br />
<strong>der</strong> E<strong>in</strong>heit und Integrität <strong>der</strong><br />
Westbank. Die Möglichkeit e<strong>in</strong>es<br />
selbstständigen und unabhängigen<br />
paläst<strong>in</strong>ensischen Staates, <strong>der</strong> frei<br />
von Besatzung und Siedlungen ist,<br />
wird verh<strong>in</strong><strong>der</strong>t.<br />
Doch die Auswirkungen <strong>der</strong><br />
<strong>Mauer</strong> gehen weit über diese politischen<br />
Konsequenzen h<strong>in</strong>aus, sie<br />
erstrecken sich auf alle Grundlagen<br />
paläst<strong>in</strong>ensischen Lebens und verwandeln<br />
das Leben von Hun<strong>der</strong>ttausenden<br />
von Paläst<strong>in</strong>enser<strong>in</strong>nen<br />
und Paläst<strong>in</strong>ensern <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e „mission<br />
impossible“. Das heißt, dass<br />
diese Menschen <strong>in</strong> naher Zukunft<br />
gezwungen se<strong>in</strong> werden, ihr Land<br />
und ihre Häuser zu verlassen, und<br />
unter dem täglichen Druck <strong>der</strong><br />
<strong>Mauer</strong> und <strong>der</strong> israelischen Maßnahmen<br />
auswan<strong>der</strong>n müssen, weil<br />
e<strong>in</strong> Leben h<strong>in</strong>ter <strong>der</strong> <strong>Mauer</strong> unerträglich<br />
ist.<br />
(Übersetzung: Annette Schiffmann)<br />
Hasan S. Ayoub ist Direktor <strong>des</strong><br />
National Bureau for the Protection of<br />
Land and the Resistance of Settlements<br />
(NBPRS) <strong>in</strong> Nablus.