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Weg mit der Mauer in Palästina - Verein zur Förderung des Friedens ...

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Industriezonen entlang <strong>der</strong> <strong>Mauer</strong> (von Meron Rapoport)<br />

21<br />

Industriezonen entlang <strong>der</strong> <strong>Mauer</strong><br />

Israelisch kontrollierte Produktion <strong>in</strong> Paläst<strong>in</strong>a / von Meron Rapoport<br />

Von ihren Häusern auf <strong>der</strong> Hügelkuppe können<br />

die Bauern ihre Fel<strong>der</strong> noch sehen. Doch<br />

die von Israel errichtete „Sperranlage“ <strong>mit</strong> ihren<br />

Gräben, <strong>Mauer</strong>n und Stacheldraht trennt die<br />

Bewohner <strong>des</strong> paläst<strong>in</strong>ensischen Dorfes Irtah<br />

bei Tul Karem seit 2003 von ihrem Land. Die<br />

israelische Armee droht, diese unerreichbaren<br />

500 Dunam (50 Hektar) zu beschlagnahmen.<br />

Gleichzeitig wollen paläst<strong>in</strong>ensische Geschäftsleute<br />

dieses Land kaufen. In beiden Fällen<br />

sche<strong>in</strong>t festzustehen, was aus diesen Grundstücken<br />

werden soll. Israel plant hier geme<strong>in</strong>sam<br />

<strong>mit</strong> paläst<strong>in</strong>ensischen Geschäftsleuten die<br />

Errichtung e<strong>in</strong>er Industriezone. Bauern, die ihr<br />

Land durch den Bau <strong>der</strong> <strong>Mauer</strong> verloren haben,<br />

bleibt dann nur, dort für e<strong>in</strong> Drittel <strong>des</strong> M<strong>in</strong><strong>des</strong>tlohns<br />

<strong>des</strong> nahen Israels zu arbeiten.<br />

Ehud Olmert, israelischer M<strong>in</strong>ister für<br />

Arbeit, Handel und Industrie, propagiert bereits<br />

e<strong>in</strong>e ganze Kette solcher Industriezonen entlang<br />

<strong>der</strong> <strong>Mauer</strong>. „Es existiert e<strong>in</strong> Bedürfnis solche<br />

Industriezonen <strong>in</strong> den paläst<strong>in</strong>ensischen Gebieten<br />

zu bauen“, sagt Gabi Bar aus dem M<strong>in</strong>isterium,<br />

„doch <strong>in</strong> Nablus beispielsweise verh<strong>in</strong><strong>der</strong>t<br />

die Sicherheitslage solche Zonen. Also sollen sie<br />

entlang <strong>der</strong> <strong>Mauer</strong> entstehen.“<br />

Die <strong>Mauer</strong> hat das Problem <strong>der</strong> hohen paläst<strong>in</strong>ensischen<br />

Arbeitslosigkeit verschärft (45 % <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Westbank, 60 % <strong>in</strong> Gaza). 120.000 Paläst<strong>in</strong>enser,<br />

die <strong>in</strong> Israel legal o<strong>der</strong> illegal arbeiteten,<br />

wird nun <strong>der</strong> Zugang verwehrt. Und Tausende<br />

o<strong>der</strong> gar Zehntausende Bauern können ihre<br />

Fel<strong>der</strong> auf <strong>der</strong> „israelischen“ Seite <strong>der</strong> <strong>Mauer</strong><br />

nicht mehr bestellen und verlieren da<strong>mit</strong> ihre<br />

Arbeit. Zynisch formuliert vere<strong>in</strong>igt die <strong>Mauer</strong><br />

zwei entscheidende Faktoren: Sicherheit (für die<br />

israelischen Geschäftsleute) und Arbeitsplätze<br />

(für die paläst<strong>in</strong>ensischen Arbeiter).<br />

M<strong>in</strong>ister Olmert me<strong>in</strong>t es wahrsche<strong>in</strong>lich<br />

nicht zynisch, wenn er sagt, dass die Industriezonen<br />

„die Lösung für die Probleme <strong>der</strong><br />

paläst<strong>in</strong>ensischen Arbeitslosigkeit s<strong>in</strong>d und für<br />

die hohen Lohnkosten <strong>der</strong> israelischen Industriellen,<br />

die <strong>der</strong>zeit Arbeitsplätze nach Fernost<br />

verlagern. Und das Ganze ohne Risiko, weil die<br />

Paläst<strong>in</strong>enser nicht mehr die Grüne L<strong>in</strong>ie überschreiten<br />

müssen.“<br />

Aber Israels Absichten basieren we<strong>der</strong> auf<br />

Altruismus noch auf <strong>der</strong> Sehnsucht nach Frieden.<br />

„Was glauben Sie, warum trotz aller terroristischen<br />

Überfälle noch immer 200 israelische<br />

Fabriken im Industriegebiet von Erez ausharren?“,<br />

fragt Gabi Bar vom Industriem<strong>in</strong>isterium.<br />

„Entscheidend ist das niedrige Lohnniveau:<br />

etwa 1.500 Schekel (270 Euro) im Vergleich zu<br />

4.500 Schekel (810 Euro) gesetzlicher M<strong>in</strong><strong>des</strong>tlohn<br />

<strong>in</strong> Israel. Zudem unterliegen die Arbeiter<br />

nicht dem israelische Arbeitsrecht.“<br />

Es mag noch e<strong>in</strong>en weiteren Grund für die<br />

Investitionen <strong>in</strong> diesen Industriezonen geben.<br />

Die größte Fabrik <strong>in</strong> <strong>der</strong> bereits existierenden<br />

Industriezone nahe Tul Karem ist Geshuri, die<br />

spezialisiert ist auf Pestizide und an<strong>der</strong>e chemische<br />

Produkte. Bis 1985 produzierte sie nahe<br />

dem israelischen Küstenort Netanya. Doch die<br />

Anwohner beschwerten sich über die Abgase<br />

und die Fabrikbesitzer verlegten die Fabrik<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong> Gebiet, <strong>in</strong> dem die Gesetze flexibler<br />

und die Nachbarn weniger lautstark s<strong>in</strong>d. Das<br />

könnte Schule machen: Israelische Unternehmen<br />

verlegen schadstoff<strong>in</strong>tensive Anlagen <strong>in</strong><br />

Industriezonen ohne die strengen israelischen<br />

Umweltgesetze.<br />

Gabi Bar ist dennoch überzeugt, dass solche<br />

Industriezonen den Paläst<strong>in</strong>ensern Vorteile<br />

br<strong>in</strong>gen. „In Erez verdient e<strong>in</strong> Paläst<strong>in</strong>enser auf<br />

jeden Fall mehr als <strong>in</strong> Gaza.“ Da<strong>mit</strong> hat er nicht<br />

Unrecht. Nach e<strong>in</strong>em Bericht <strong>der</strong> Welternährungsorganisation<br />

FAO vom März 2004 haben<br />

etwa 40 % <strong>der</strong> paläst<strong>in</strong>ensischen Bevölkerung<br />

„ke<strong>in</strong>en regelmäßigen und ausreichenden<br />

Zugang zu Nahrungs<strong>mit</strong>teln“, sprich: sie hungern.<br />

60 % leben unter <strong>der</strong> offiziellen Armutsgrenze<br />

von 2,1 Dollar E<strong>in</strong>kommen pro Tag.<br />

Abdel-Malik Jaber ist paläst<strong>in</strong>ensischer<br />

Geschäftsmann und Leiter <strong>der</strong> Paläst<strong>in</strong>ensi-<br />

„Während me<strong>in</strong>es Gesprächs kam e<strong>in</strong> Mann namens Basem Husse<strong>in</strong> und legte<br />

sich auf den Boden und begann jemanden zu rufen. Dann sah ich, wie e<strong>in</strong> Bund<br />

grüner Zwiebeln aus e<strong>in</strong>em Abflussloch am Fuß <strong>der</strong> <strong>Mauer</strong> kam. Ich fragte nach.<br />

Der Mann sagte, dass se<strong>in</strong>e Familie auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite lebt. Er hätte vor <strong>der</strong><br />

<strong>Mauer</strong> e<strong>in</strong>en Gemüseladen gehabt, das Gemüse wächst jetzt aber auf <strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>en Seite <strong>der</strong> <strong>Mauer</strong>. Der Austausch durch das Loch <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Mauer</strong> sichere<br />

nun se<strong>in</strong> E<strong>in</strong>kommen.“ Abdul-Latif M. Khaled und Lana Omar, 11. März 2004

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