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2 SPIELZEIT 07/08 Begleitendes Material zu ULRIKE ... - Theater Ulm

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theater ulm <strong>ULRIKE</strong> MARIA STUART Begleitmaterial<br />

Michael Sommer<br />

ZU DIESER MATERIALSAMMLUNG<br />

Das ‚Königinnendrama’ <strong>ULRIKE</strong> MARIA STUART hat seinen Weg auf den Spielplan<br />

des <strong>Theater</strong>s <strong>Ulm</strong> auch deshalb gefunden, weil sich 20<strong>07</strong> der so genannte „Deutsche<br />

Herbst“ <strong>zu</strong>m dreißigsten Mal jährt. Der Terrorismus der Roten Armee Fraktion<br />

markiert eine Wende der bundesdeutschen Nachkriegsgeschichte – im Gegensatz<br />

<strong>zu</strong>r Auseinanderset<strong>zu</strong>ng mit dem Nationalsozialismus steckt die Beschäftigung mit<br />

dem Terror von links jedoch noch in den Anfängen. Selbst solche grundsätzlichen<br />

Fragen wie die Einschät<strong>zu</strong>ng der Protagonisten der RAF und ihrer Taten werden<br />

keineswegs von allen Seiten gleich vorgenommen. Stefan Aust bediente sich für den<br />

Titel seines Standardwerkes <strong>zu</strong>recht des Begriffes „Komplex“: Das Phänomen RAF<br />

ist eben noch kein in Stein gemeißeltes Kapitel der Geschichte, sondern konstituiert<br />

sowohl massenpsychologisch ein Komplex als auch eine äußerst komplexe<br />

soziologische und politische Erscheinung. Wer könnte sich mit diesem Thema<br />

besser auseinander setzen, als die österreichische Spezialisten für die komplexeste<br />

aller möglichen Herangehensweisen ans <strong>Theater</strong>, Elfriede Jelinek. In der ihr eigenen<br />

Sprache öffnet sie Denk- und Assoziationsräume, die von den weiblichen<br />

Protagonisten der RAF, Ulrike Meinhof und Gudrun Ensslin bewohnt werden. Als<br />

Schatten der historischen Figuren besuchen die beiden ‚Königinnen’ (eine Parallele<br />

<strong>zu</strong> Schillers MARIA STUART) Topoi ihrer Biografien. Sie drehen sich um sich selbst<br />

und ecken immer wieder aneinander, die Königinnen, aber auch andere Figuren<br />

treten auf den Plan. So setzt sich Ulrike mit dem „Chor der Greisen“ auseinander,<br />

den Vertretern der Vätergeneration, die ihre im Nationalsozialismus begonnene<br />

Karriere ungebrochen in der jungen Bundesrepublik fort führen konnten. Zwischen<br />

ihr und den Vätern stehen die Kinder, „Die Prinzen im Tower“ (in Anlehnung an<br />

Richard III.), die Züge von Meinhofs Töchtern tragen, aber auch generell für die<br />

Generation der Nachgekommenen stehen. Die schillerndste Figur, die Jelinek<br />

benennt, ist „Ein Engel aus Amerika, aus der Zukunft kommend, wild, aber sinnlos,<br />

mit den Flügeln schlagend“. Er spricht mit vielen Stimmen – und so vielfältig taucht<br />

er auch in der <strong>Ulm</strong>er Inszenierung auf. Es ist ein bunter, vielfältiger, auch tief<br />

gehender und bohrender Abend, der Sie, das Publikum, erwartet.<br />

Die <strong>Material</strong>ien, die ich hier als Marschgepäck <strong>zu</strong>sammen stelle sind eher eine „Hilfe<br />

<strong>zu</strong>r Selbsthilfe“ als ein Versuch, umfassend auf das Stück und den Abend<br />

vor<strong>zu</strong>bereiten. Vielleicht macht der eine oder andere Aus<strong>zu</strong>g aber Lust, weiter <strong>zu</strong><br />

lesen. Deshalb eine Liste mit Literatur, Filmen und Internet-Ressourcen <strong>zu</strong>m<br />

Thema. Es gibt neben einer kleinen biografischen Information <strong>zu</strong>r Autorin zwei Texte<br />

von Jelinek über Jelinek, der eine schon älter, aber treffend (ICH MÖCHTE SEICHT<br />

SEIN), der andere ein Aus<strong>zu</strong>g aus ihrer Nobelpreisrede. Einige Gedichte von Erich<br />

Fried geben sehr gut das Klima der späten Sechziger und Siebziger wieder, ebenso<br />

Auszüge aus den „Schriften“ der RAF: sie machen deutlich, wie und über welche<br />

Themen die Terroristen dachten. Weiterhin Textpassagen aus Schiller, Büchner und<br />

Texten von Gudrun Ensslin, sowie ein Gedicht von Robert Frost, die Elfriede Jelinek<br />

in ihr Stück einbindet, sowie eine Einführung <strong>zu</strong>r Intertextualität im Stück: DIE<br />

GÖTTER: SCHILLER, SHAKESPEARE, BÜCHNER, MARX. Ein Interview mit Ulrike<br />

Meinhofs Tochter Bettina Röhl, sowie ein Artikel über Felix Ensslin, den Sohn von<br />

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