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2 SPIELZEIT 07/08 Begleitendes Material zu ULRIKE ... - Theater Ulm

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theater ulm <strong>ULRIKE</strong> MARIA STUART Begleitmaterial<br />

Haus da, dann war plötzlich das Medienestablishment da, also von Augstein über<br />

Joachim Fest über Marcel Reich-Ranicki, Raddatz, Fernsehen, Funk usw.<br />

interessierten sich plötzlich für dieses junge, erfolgreiche Paar, für diese ernste<br />

Journalistin und für diesen Spaßmacher Röhl. Und ich glaube, dass sie beide auf<br />

diesem Höhepunkt dieses Erfolges, wo man dann plötzlich nach Kampen auf Sylt<br />

fuhr und die Zeitung plötzlich für alle sichtbar, ja eigentlich ein kapitalistisches<br />

Unternehmen war plötzlich, dass sie da beide etwas entgleist sind. Und da möchte<br />

ich doch noch da<strong>zu</strong>sagen, dass das nicht nur meinen Eltern so ging, sondern meine<br />

Eltern sind dafür eigentlich sehr exemplarisch und die Zeitschrift Konkret auch. Es<br />

ging eigentlich - glaub ich - der ganzen Partyrepublik so, und es ist ja nicht umsonst<br />

in unserer Gesellschaft, dass '68 wirklich eine Zäsur ist und da sind sehr, sehr viele<br />

Ehen zerbrochen, also mit dieser neuen Welle freier Sexualität und einer neuen Zeit<br />

und wie mein Vater dann sagte, banal, es klingt die Beatles. Es sind sehr viele<br />

entgleist und da hat jeder etwas anders drauf reagiert.<br />

Sie schreiben, dass Ihre Mutter durch die Trennung von Klaus Rainer Röhl und<br />

durch die Entdeckung, dass er sie nie geliebt hat, dass sie dadurch in den<br />

Untergrund getrieben wurde. Also, mir kam es im Moment etwas <strong>zu</strong> vereinfacht vor.<br />

Nein, das habe ich so auch nicht geschrieben, das ist eher die These des<br />

Schriftstellers Peter Rühmkorf, es wird aus diesen Partyrepubliken, da haben viele,<br />

meine Eltern, dieses Zerbrechen dieser Ehe, natürlich miterlebt, so ein ganzer<br />

Partykreis. Und da gibt es diese These schon sehr lange, schon seit dreißig Jahren.<br />

Sie ist eigentlich an der Ehe, an der Untreue meines Vaters, dem Zerbrechen dieser<br />

Ehe gescheitert. Aber das kann natürlich unter keinen Umständen der Grund sein,<br />

dass man in den Untergrund geht und das denke ich auch nicht. Sondern sie war<br />

fasziniert auch von den '68er-Ideen. Meine Eltern hatten ja 1967 Rudi Dutschke<br />

kennen gelernt und Bahman Nirumand, der ein Anführer so<strong>zu</strong>sagen dieser<br />

iranischen Opposition gegen den Schah von Persien war und sie war natürlich<br />

immer sehr politisch ausgerichtet und das, was neu war bei der 68er-Bewegung,<br />

das fand auch in Berlin statt und insofern glaube ich, waren da zwei Seiten in ihr:<br />

Einmal das Zerbrechen der Ehe und andererseits zog es sie auch nach Berlin an den<br />

Punkt, wo es wirklich politisch losging.<br />

Frau Röhl Sie bringen sehr, sehr viele Originaldokumente in Ihrem Buch, unter<br />

anderem auch den Artikel von Ulrike Meinhof über den vierfachen Kindsmörder<br />

Jürgen Bartsch, indem sie ihn von jeder individuellen Verantwortung freispricht,<br />

dafür aber der Gesellschaft vorwirft, Jürgen Bartsch, wie es heißt durch<br />

institutionalisierte Gleichgültigkeit, Misshandlung und Fehlverhalten, <strong>zu</strong>m<br />

Sexualmörder gemacht <strong>zu</strong> haben. Es fragen sich ja Historiker, Politologen immer,<br />

warum eine so intelligente Frau wie Ulrike Meinhof <strong>zu</strong> einer Terroristin werden<br />

konnte, bezogen auf diesen Artikel über Jürgen Bartsch. Wie konnte eine so kluge<br />

Frau sich so verrennen und einen vierfachen Mörder für schuldlos erklären?<br />

Also ich denke, dass meine Mutter Ulrike Meinhof an einem Punkt immer sehr weit<br />

voran war, voran eilte der Bewegung und es war damals ein aufbrechender Trend,<br />

dass man irgendwie alles so sozial erklärte, also alles war so<strong>zu</strong>sagen von der<br />

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