Restitutionsbericht 2008 - Wien Museum
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1. Einleitung<br />
Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten im März 1938 wurden<br />
unzählige Österreicherinnen und Österreicher, insbesondere Juden, im Sinne der<br />
„Nürnberger Rassegesetze“ systematisch entrechtet und vielfach ihres Vermögens<br />
beraubt. Kunst- und Kulturgegenstände wurden ihren Besitzern oft entschädigungslos<br />
entzogen („Beschlagnahmungen“) bzw. mussten bei der Flucht oder Deportation von<br />
ihren Besitzern zurückgelassen werden. Andererseits sahen sich viele Privatpersonen,<br />
die in ihren Berufs- und Verdienstmöglichkeiten massiv eingeschränkt waren, genötigt,<br />
Gegenstände aus ihrem Besitz – oft unter ihrem Wert – zu verkaufen. Auch<br />
Einrichtungen der Stadt <strong>Wien</strong> beteiligten sich am Konkurrenzkampf um die kostenlos<br />
oder günstig angebotenen Objekte.<br />
Die Rückstellungsgesetze der Nachkriegszeit erklärten entgeltliche und unentgeltliche<br />
Rechtsgeschäfte während der deutschen Besatzung Österreichs für null und nichtig,<br />
„wenn sie im Zuge seiner durch das Deutsche Reich erfolgten politischen oder<br />
wirtschaftlichen Durchdringung vorgenommen worden sind“ (BGBl. 106/1946; §1). 1 Die<br />
Rückstellungsverfahren wurden aber vielfach behindert oder verzögert bzw. kam es zu<br />
„Tauschgeschäften“, bei denen Ausfuhrbewilligungen gegen die kostenlose<br />
Überlassung von Gegenständen erteilt wurden. In anderen Fällen wiederum konnten<br />
keine Rückstellungsanträge eingebracht werden, weil die dazu Berechtigten sowie<br />
allfällige Nachkommen durch das NS-Regime ermordet worden waren.<br />
Um diese moralische und rechtliche Lücke zu schließen, beschloss der <strong>Wien</strong>er<br />
Gemeinderat in Entsprechung eines Bundesgesetzes für die Museen und Sammlungen<br />
des Bundes, 2 am 29. April 1999, Kunst- und Kulturgegenstände aus dem Bestand der<br />
Stadt <strong>Wien</strong> an die ursprünglichen Eigentümer oder deren Rechtsnachfolger bzw. dem<br />
Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus zu<br />
übereignen, die<br />
1 Bundesgesetz vom 15. Mai 1946, BGBl. Nr. 106/1946, über die Nichtigerklärung von Rechtsgeschäften und<br />
sonstigen Rechtshandlungen, die während der deutschen Besetzung Österreichs erfolgt sind.<br />
2 Bundesgesetz vom 4. Dezember 1998, BGBl. Nr. 181/1998, über die Rückgabe von Kunstgegenständen aus<br />
den Österreichischen Bundesmuseen und Sammlungen.