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Beschäftigungstipps für die dunkle Jahreszeit - Wittich Verlage KG

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Pferdeland Rheinland-Pfalz<br />

31<br />

Pferderecht<br />

Das wichtige Urteil<br />

Die Haftung des Reitlehrers<br />

Das Landgericht Limburg hatte mit<br />

Urteil vom 18.06.2012 (Az.: 1 O<br />

373/11) über folgenden interessanten<br />

Pferderechtsfall zu entscheiden:<br />

Der Beklagte ist hauptberuflich als<br />

Reitlehrer tätig. Für seinen Unterricht<br />

stellt er zum Teil seine eigenen Pferde<br />

zur Verfügung. Während einer Reitstunde<br />

ritt eine Reitschülerin einen ca.<br />

18 Jahre alten Wallach des Beklagten,<br />

der grundsätzlich als sehr ruhiges<br />

und braves Pferd galt. In der Reithalle<br />

befand sich neben der Reitschülerin<br />

eine Stute mit Fohlen. Die Stute<br />

wurde mit Weidehalfter und Führstrick<br />

von der Ehefrau des Beklagten<br />

geführt. Das Fohlen ging ohne Weidehalfter<br />

und Führstrick neben der<br />

Stute bei Fuß. Mitten im Reitunterricht<br />

führte <strong>die</strong> Ehefrau des Beklagten <strong>die</strong><br />

Stute und das Fohlen aus der Halle.<br />

Aus zwischen den Parteien streitigen<br />

Umständen stürzte <strong>die</strong> Reitschülerin<br />

daraufhin vom Pferd und verletzte<br />

sich schwer. Das Landgericht Limburg<br />

wies jedoch eine Schadensersatzklage<br />

gegen den Reitlehrer ab.<br />

Die zulässige Klage sei unbegründet.<br />

Die Voraussetzungen einer Tierhalterhaftung<br />

nach § 833 BGB seien nicht<br />

gegeben, so <strong>die</strong> Richter. Die Reitschülerin<br />

sei zwar durch ein Tier verletzt<br />

worden, dessen Tierhalter der Beklagte<br />

gewesen sei. Mit dem Unfall habe<br />

sich auch <strong>die</strong> spezifische Tiergefahr<br />

verwirklicht. Die Reitschülerin habe<br />

glaubhaft geschildert, dass sie aufgrund<br />

einer plötzlichen Richtungsänderung<br />

des Wallachs zu Fall gekommen<br />

sei, ohne dass sie eine solche<br />

Richtungsänderung dem Pferd vorgegeben<br />

habe. Der Unfall beruhe mithin<br />

nicht aufgrund einer vom Willen<br />

der Reiterin getragenen Anleitung<br />

des Schulpferdes, sondern aufgrund<br />

des der tierischen Natur entsprechenden<br />

unberechenbaren und selbstständigen<br />

Verhaltens des Tiers. Demnach<br />

seien <strong>die</strong> Tatbestandsvoraussetzungen<br />

der Norm zunächst erfüllt. Das<br />

Gericht führte aber weiter aus, dass<br />

trotzdem eine Haftung des Reitlehrers<br />

ausgeschlossen sei, da er sich exkulpieren<br />

könne (§ 833 Satz 2 BGB).<br />

Bei dem streitgegenständlichen Tier<br />

handele es sich nämlich um ein Haustier,<br />

das dem Beruf, der Erwerbstätigkeit<br />

oder dem Unterhalt des Beklagten<br />

zu <strong>die</strong>nen bestimmt war. Die verletzte<br />

Reitschülerin habe insoweit bestätigt,<br />

dass der Wallach für ihren Reitunterricht<br />

immer verwendet wurde und sie<br />

das Pferd darüber hinaus regelmäßig<br />

gemietet habe. Die Ehefrau des<br />

Beklagten habe glaubhaft bekundet,<br />

dass das Tier ausschließlich als Schulpferd<br />

verwendet wurde. Mithin sei<br />

davon auszugehen, dass es sich bei<br />

dem Reitpferd nicht um ein Luxustier,<br />

sondern um ein Nutztier handele, das<br />

der Erwerbstätigkeit des hauptberuflichen<br />

Reitlehrers <strong>die</strong>ne, so das Gericht<br />

in seiner Urteilsbegründung. Weiter<br />

heißt es dort, das Laufenlassen des<br />

Fohlens in der Halle ohne Weidehalfter<br />

und Führstrick habe zwar grundsätzlich<br />

zu einer erheblichen Gefährdung<br />

von Reitern in der Halle geführt,<br />

so dass es der Sorgfalt des Beklagten<br />

geboten hätte, <strong>die</strong>s zu unterbinden.<br />

Diese Sorgfaltspflichtverletzung<br />

des Beklagten sei vorliegend jedoch<br />

nicht adäquat kausal für den Schadenseintritt<br />

gewesen. Der Unfall<br />

ereignete sich nämlich erst, nachdem<br />

<strong>die</strong> Ehefrau des Reitlehrers mit<br />

den Tieren <strong>die</strong> Halle verlassen hatte.<br />

Auch habe der Wallach bei Ausbrechen<br />

nicht zur Tür gestrebt (hinter der<br />

Stute her), sondern sei zunächst eher<br />

in Richtung Reithallenmitte gerannt.<br />

Demnach konnte dem Reitlehrer nicht<br />

nachgewiesen werden, dass der<br />

Unfall gerade durch <strong>die</strong> <strong>die</strong> Stute mit<br />

ihrem Fohlen verursacht worden war.<br />

Nach alledem ging <strong>die</strong> Reitschülerin<br />

daher leer aus.<br />

Fazit<br />

Jedem Reiter sollte <strong>die</strong> Tierhalterhaftung<br />

(§ 833 Satz1 BGB) ein Begriff<br />

sein. Klassischer Fall hierfür ist das<br />

Szenario, dass ein Pferd auf <strong>die</strong> Straße<br />

rennt und dort einen Verkehrsunfall<br />

verursacht. Für den Schaden<br />

muss sodann der Halter des Pferdes<br />

aufkommen. Da <strong>die</strong> Kosten immens<br />

sein können, sollte jeder Halter eines<br />

Pferdes (eines Hundes übrigens auch)<br />

über eine Tierhalterhaftpflichtversicherung<br />

verfügen, <strong>die</strong> in solchen Fällen<br />

eintritt. Die Norm § 833 BGB besitzt<br />

jedoch auch einen zweiten Satz. Dieser<br />

enthält eine Ausnahmevorschrift:<br />

Wurde der Schaden durch ein Nutztier<br />

verursacht und hat der Tierhalter<br />

<strong>die</strong> „im Verkehr erforderliche Sorgfalt<br />

beobachtet“, so muss der Tierhalter<br />

für den Schaden nicht aufkommen.<br />

Dieser Paragraph kommt daher nur<br />

zur Anwendung, wenn <strong>die</strong> Haltung<br />

des Pferdes spezifisch mit der Berufstätigkeit<br />

des Halters zusammenhängt,<br />

es sich also um ein sog. Nutztier handelt.<br />

Dies wurde in der Rechtsprechung<br />

bisher u. a. für ein zur Zucht<br />

gehaltenes Pferd, für zu Erwerbszwecken<br />

gehaltene Rennpferde, für Reitschulpferde<br />

und <strong>die</strong> vom Händler zur<br />

Weiterveräußerung erworbene Pferde<br />

angenommen. Weiter darf dem<br />

Tierhalter kein Sorgfaltsverstoß vorgeworfen<br />

werden können. Einen solchen<br />

nahmen <strong>die</strong> Richter hier zwar<br />

vorliegend an, aber der Reitlehrer<br />

hatte trotzdem Glück. Die Reitschülerin<br />

konnte nicht nachweisen, dass ihr<br />

Sturz tatsächlich mit dem Sorgfaltspflichtverstoß<br />

des Reitlehrers zusammenhing.<br />

Möglicherweise scheute<br />

das Pferd nämlich aus einem ganz<br />

anderen Grund.<br />

An <strong>die</strong>ser Stelle berichtet<br />

Frau Rechtsanwältin Andrea<br />

C. Huy, LL.M., über aktuelle<br />

Themen und Urteile aus dem<br />

Pferderecht.<br />

Sie ist Partnerin der<br />

Kanzlei HUY Rechtsanwälte<br />

in Bingen am Rhein.

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