Februar '10 - Stadt Weingarten
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Bandscheibenvorfälle und Hysteriker<br />
Die Abgründe des Alltags im Theater Ravensburg.<br />
Von Christine Brugger<br />
„Es ist ein Irrglaube, dass Theater nur etwas<br />
bewirkt, wenn es schwer, verschraubt und vergeistigt<br />
daher kommt“, so Anne Weber, Schauspielerin<br />
am Schauspielhaus in Hamburg. Dass<br />
Humor und Komik durchaus erlaubt sind, beweist<br />
das Theater Ravensburg mit „Bandscheibenvorfall“<br />
und „Hysterikon“, die einen satirischen Blick<br />
auf Büroalltag und Konsumwelt werfen.<br />
„Ich will wieder eine Wirbelsäule!“, heißt es da<br />
in „Bandscheibenvorfall“; ihren aufrechten Gang<br />
haben die fünf Büroangestellten durch den ständigen<br />
Kampf am Arbeitsplatz längst eingebüßt.<br />
Doch nicht nur untereinander tobt der Karrierekrieg,<br />
auch der allgegenwärtige Chef macht das<br />
Arbeitsleben zur Hölle. Die Hölle, das ist in diesem<br />
Fall das Büro des Chefs, vor dessen roter<br />
Tür sich fünf Angestellte einen absurden und<br />
komischen Profilierungskampf liefern. Ihre guten<br />
Vorsätze: authentisch sein, aufgeweckt und unersetzbar;<br />
außerdem wichtig: Haltung bewahren.<br />
Da heißt es hart bleiben und die Messer immer<br />
schön geschliffen halten. Absurd komisch, bitterböse<br />
und mit einem guten Schuss Wahrheit und<br />
Aktualität zeigt die Autorin Ingrid Lausund, wie<br />
die fünf Kollegen sich schützen, verteidigen und<br />
kämpfen, welche Mittel sie dazu benutzen und<br />
welche Rollen sie sich für ihr Überleben im Berufsalltag<br />
zurechtgelegt haben. Mit viel Humor<br />
entlarvt das Stück, woher der Ehrgeiz der Figuren<br />
kommt und wohin er sie führt. Es entstehen<br />
Menschen, die sich zwar als moderne Top-Arbeitnehmer<br />
präsentieren, die aber dieses Ideal nicht<br />
immer und überall aufrechterhalten können.<br />
Ingrid Lausund ist im <strong>Februar</strong> noch mit zwei weiteren<br />
Programmen im Theater Ravensburg präsent:<br />
Auch „Hysterikon“ kommt auf die Bühne; sie<br />
selbst ist bei der Lesung „Bin nebenan“ zu erleben.<br />
1987 Gründungsmitglied des Theaters<br />
Ravensburg und Hausautorin, gehört Lausund,<br />
die seit dem Jahr 2000 am Deutschen Schauspielhaus<br />
in Hamburg sowie am Schauspiel<br />
Köln tätig ist, zu den meistgespielten Gegenwartsautoren.<br />
Mit „Hysterikon“ ist Lausund eine fulminante<br />
Revue aus dem satten Konsumentenleben gelungen:<br />
Die Welt als Supermarkt – mit vollen<br />
Einkaufswagen und leeren Herzen prallen die<br />
skurrilen Antihelden, Paranoiker und Tagträumer<br />
aufeinander und offenbaren einander ihre Abgründe:<br />
Sinnkrisen am Joghurtregal, Hysterie und<br />
Heißhunger. Da muss zugegriffen werden! Denn<br />
für jede verpasste Gelegenheit gibt’s eine Abbuchung<br />
von der LifeCard.<br />
Ein kleiner Ausblick sei noch auf den März gestattet:<br />
das Theater Ravensburg feiert am 4. März<br />
eine Premiere, einen Agententhriller in bester<br />
Hitchcockmanier: In „Die 39 Stufen“ nehmen<br />
vier Schauspieler in mehr als hundert Rollen<br />
die Zuschauer mit auf Richard Hannays abenteuerliche<br />
Reise. Mit feiner Ironie und unglaublicher<br />
Theateraktion wird die Geschichte des<br />
unschuldig in einen Mord verwickelten Mannes<br />
erzählt, der aufbricht, um den Spionagering der<br />
„39 Stufen“ aufzudecken und so sein Land zu<br />
retten. Inszeniert wird der unterhaltsame Krimi<br />
von Karsten Engelhardt, der am Theater Ravensburg<br />
zuletzt die Co-Produktion mit dem Kammertheater<br />
Karlsruhe „Nur für Frauen“ auf die Bühne<br />
brachte. <br />
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Linke Seite: Szenenbild aus<br />
„Bandscheibenvorfall“.<br />
Oben: Szene aus „Hysterikon“<br />
Theater Ravensburg<br />
Bin nebenan Lesung,<br />
2. <strong>Februar</strong>, 20 Uhr<br />
Hysterikon 19. und 20. <strong>Februar</strong>,<br />
20 Uhr<br />
Bandscheibenvorfall<br />
26. <strong>Februar</strong>, 20 Uhr<br />
KVV Tourist Information<br />
Ravensburg, Tel. 82-800<br />
www.theater-ravensburg.de<br />
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