Sammler Journal Email - Camille Fauré (Vorschau)
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8<br />
DIALOG<br />
„Christus der<br />
gute Hirt“<br />
Gemälde von Carl Gottlob Schönherr<br />
vermutlich ab etwa 1954 war das Unternehmen und Eckladen<br />
nur noch als Porzellan- und Glashandlung tätig, die<br />
Ende August 2012, inzwischen als Teil der Innenstadttradition<br />
von Zwickau höchst angesehen, ein.<br />
Die Firma Karl Steubler hatte über lange Jahre dazu beigetragen,<br />
Zwickau als Standort einer blühenden Porzellanindustrie<br />
auch internationale Anerkennung zu verschaffen.<br />
Die Qualität der Zwickauer Porzellanmalerei kann an der<br />
vorliegenden Dose gut erkannt werden. Die Qualität des<br />
modernen Blüten- und Blattdekors, die höchst professionelle<br />
Bemalung und das wunderbare Gelingen des Goldauftrags<br />
stehen ähnlichen, ab 1911 erscheinenden, wenn auch<br />
anders proportionierten Dekoren der berühmten „Serapis“-<br />
Reihe aus Porzellan und Steingut des Wiener Unternehmens<br />
Ernst Wahliss in nichts nach. Es handelt sich hier um<br />
ein kleines Juwel der Porzellanmalerei des deutschen Art<br />
déco, dem aus politischen Gründen 1925 die Möglichkeit<br />
nicht gewährt wurde, sich auf der Internationalen Ausstellung<br />
für moderne industrielle und dekorative Künste zu präsentieren,<br />
leider auch sehr zum Nachteil der dort ausstellenden<br />
Nationen. Nicht zum ersten Mal beklagen wir hier,<br />
dass die allgemeine kunsthistorische Vernachlässigung des<br />
Art déco in Deutschland – im Gegensatz zu der Fürsorge, die<br />
man dem deutschen Jugendstil entgegenbringt – zu einer<br />
anhaltenden Unterschätzung seiner Verdienste und auch<br />
zu einer Unterschätzung seines Werts. Die Dose, würde sie<br />
ein österreichisches Produkt sein oder aus Frankreich stammen,<br />
wäre mit einigen hundert Euro zu bewerten, aber als<br />
Arbeit aus Zwickau ist sie wegen mangelnden Interesses<br />
aus internationalen <strong>Sammler</strong>kreisen nur mit etwa 120 Euro<br />
einzuschätzen. Als unerlässliche Pionierarbeit auf dem Weg<br />
zu einer längst überfälligen Wertschätzung des Porzellans<br />
des Art déco kann der Ausstellungskatalog von Petra Werner<br />
und Wilhelm Siemen „Die Zwanziger Jahre – Deutsches<br />
Porzellan zwischen Inflation und Depression – die Zeit des<br />
Art Déco?!“, Museum der Deutschen Porzellanindustrie,<br />
Hohenberg 1992 betrachtet werden, der vor allem die Vielfalt<br />
der Produktion berücksichtigte, aber dieser ist vor mehr<br />
als zwanzig Jahren erschienen. Es gibt noch viel zu erforschen<br />
und zu tun, um diese Periode der deutschen Porzellanherstellung<br />
als Glanzzeit erkennen zu lassen und sie<br />
somit etwa auf eine Ebene mit Frankreich zu stellen.<br />
Dr. Graham Dry, München<br />
?<br />
Ich bitte Sie, uns eine Schätzung des folgenden Ölgemäldes<br />
zu schicken und evtl. mehr Informationen über den<br />
Maler. Im Zertifikat der Galerie, bei der wir es erworben<br />
haben, heißt es: „Original Ölgemälde des Nazareners Carl<br />
Gottlob Schönherr, geb. im sächsischen Erzgebirge zu Lengefeld<br />
1824, unter 8 im Werksverzeichnis Christus der gute<br />
Hirt bezeichnet, signiert und datiert. Das Ölgemälde<br />
wurde von Adelsbesitz um 1920 übernommen. Das Ölgemälde<br />
ist doubliert und bestens erhalten. Es hat museale<br />
Qualität. In sämtlichen Fachverzeichnissen dokumentiert.“<br />
Neben der Signatur „C. Schönherr“ steht die Jahreszahl 1891.<br />
Größe ohne Rahmen: Höhe 69 cm, Breite 100 cm.<br />
Claudia Heinrich, o. O.<br />
!<br />
Der Maler Carl (Karl) Gottlob Schönherr (Lengefeld i. Erzgebirge<br />
1824 - 1906 Dresden) studierte an der Dresdener<br />
Kunstakademie, besonders unter Julius Hübner. Er setzte<br />
seine Studien in Italien 1852-54 fort und war von 1857 bis<br />
1900 Lehrer, ab 1864 Professor an der genannten Akademie.<br />
Als Maler stand er unter dem Einfluss der „Nazarener“, einer<br />
seit dem ersten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts bestehenden<br />
Gruppe, vor allem in Rom arbeitender österreichischer<br />
und deutscher Maler, die es sich zum Ziel gesetzt hatten, die<br />
Kunst im Geiste des Christentums zu erneuern, wobei die<br />
italienische Malerei des Zeitalters von Raphael und auch<br />
deutsche Meister als Vorbilder dienten. Schönherrs Ölgemälde<br />
„Christus der gute Hirt“ steht durch sein religiöses<br />
Thema, die noch klassizistisch gehaltene aber zeitgenössisch<br />
wirkende Christusfigur sowie die romantische Landschaftsdarstellung<br />
sichtlich unter dem Einfluss der nazarenischen<br />
Malerei. Die leicht nach vorne gebeugte Figur, die<br />
das dominierende Motiv bildet, symbolisiert die Fürsorge<br />
von Christus als Schäfer für seine Herde, in dem er ein verlorenes<br />
Lamm zurückbringt und an der Tür eines Steinbaus<br />
von einem Jungen mit Blumenstrauß und dessen älterer,<br />
ebenfalls fürsorglicher Schwester begrüßt wird. Ein Bild mit<br />
diesem Titel wurde 1856 in der Kunst-Ausstellung der Dresdener<br />
Akademie gezeigt. Auf dieses Werk bezieht sich die<br />
Information der Galerie, die in Ihrem Verkaufszertifikat enthalten<br />
ist. Die Aussagen der Galerie allerdings darüber, dass<br />
das Ölgemälde im nicht weiter genannten „Werksverzeichnis<br />
unter 8“ gelistet und dass es weiterhin „in sämtlichen<br />
Fachverzeichnissen dokumentiert“ ist, sind etwas irreführend,<br />
denn es gibt kein „Werkverzeichnis“ oder andere<br />
„Fachverzeichnisse“ zum Werk des Künstlers, die alle seine<br />
Werke aufnehmen und katalogisieren. Es gibt allerdings das<br />
Standardwerk von Friedrich von Boetticher „Malerwerke des<br />
Neunzehnten Jahrhunderts“, Dresden 1891-1898, dessen<br />
zweiter Band, zweite Hälfte, Schönherrs im Jahre 1856 in<br />
Dresden ausgestelltes Bild „Christus der gute Hirt“ in einer<br />
schematischen Übersichtsauflistung seiner Werke unter der<br />
Nummer 8 führt (Nachdruck Hoheim i. Ts., 1979, S. 633, I. Oelgemälde,<br />
Nr. 8). Nun weist das vorliegende Bild von Schönherr<br />
ein Datum von „1891“ neben der Signatur auf. Identisch