Recht kompakt Russische Föderation - IHK Mittlerer Niederrhein
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Seite 14<br />
Gerichtsentscheidungen anerkannt worden. Eine Anerkennungspraxis, v.a.<br />
hinsichtlich deutscher Urteile, gibt es aber nicht.<br />
Vor diesem Hintergrund erscheint eine vertragliche Gerichtsstandsvereinbarung<br />
zu Gunsten eines dt. Gerichts und eine Klage in Deutschland nur dann als<br />
sinnvoll, wenn der russische Geschäftspartner in Deutschland oder einem<br />
Land, in dem deutsche Gerichtsurteile anerkannt und vollstreckt werden (z.B.<br />
EU-Ausland aufgrund der Geltung der Verordnung Nr. 44/2001 über die<br />
gerichtliche Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und<br />
Handelssachen (EuGVVO)), über Vermögen verfügt, in das vollstreckt werden<br />
kann.<br />
Infolgedessen empfiehlt sich eine Schiedsvereinbarung. Im Gegensatz zu<br />
Entscheidungen staatlicher Gerichte, ist die Anerkennung und Vollstreckung<br />
von ausländischen Schiedssprüchen durch das New Yorker Übereinkommen<br />
vom 10.6.1958, dem neben Deutschland und Russland weitere 140 Staaten<br />
beigetreten sind, rechtlich gesichert. Dabei ist es ratsam, zwecks Vermeidung<br />
von Missverständnissen eine Standardklausel einer der renommierten<br />
Schiedsinstitutionen zu verwenden. Zu nennen sind z.B.:<br />
- der Internationale Schiedsgerichtshof der Internationalen Handelskammer in<br />
Paris (ICC, http://www.iccwbo.org/court/arbitration),<br />
- das Schiedsinstitut an der Stockholmer Handelskammer<br />
(http://www.sccinstitute.com),<br />
- London Court of International Arbitration (LCIA, http://www.lciaarbitration.com),<br />
- Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit (DIS, www.dis-arb.de),<br />
- Internationales Schiedsgericht der Wirtschaftskammer Österreich, Wien<br />
(http://www.wko.at/arbitration),<br />
- Internationaler Schiedsgerichtshof an der Handels- und Industriekammer der<br />
RF, (MKAS, http://www.tpprf-mkac.ru).<br />
Die bekannteste Schiedsinstitution in Russland ist der zuletzt genannte, seit<br />
1932 existierende Internationale Schiedsgerichtshof an der HIK RF (MKAS). Er<br />
führt eine Schiedsrichterliste, die aber nicht verbindlich ist. Eine Besonderheit<br />
bei der Vereinbarung der MKAS-Schiedsordnung besteht darin, dass der<br />
Schiedsort zwingend in Moskau ist. Somit gilt das russische Schiedsrecht und<br />
russische Gerichte sind hilfsweise zuständig, z.B. für Aufhebungsanträge.<br />
Im russischen Schiedsrecht ist zu beachten, dass es zwei Gesetze gibt: das<br />
Föderale Gesetz Nr. 102-FZ „Über Schiedsgerichte“ („O tretejskich sudach“)<br />
vom 24.7.2002, welches nur auf nationale Schiedsverfahren Anwendung findet,<br />
sowie das Föderale Gesetz Nr. 5338-I „Über die internationale<br />
Handelsschiedsgerichtsbarkeit“ vom 7.7.1993, welches nur mit geringen<br />
Abweichungen das UNCITRAL-Modellgesetz umgesetzt hat.<br />
Das russische <strong>Recht</strong> kennt auf dem Gebiet des Zivilrechts zwei selbstständige<br />
Gerichtszweige mit jeweils eigener Prozessordnung: bei allgemeinzivilrechtlichen<br />
<strong>Recht</strong>sstreitigkeiten sind allgemeine Zivilgerichte zuständig, bei<br />
Handelsstreitigkeiten zwischen Unternehmern entscheiden Wirtschaftsgerichte<br />
(russisch: „arbitražnye sudy“, daher häufig auch als „Arbitrazhgerichte“<br />
übersetzt). Während vor allgemeinen Zivilgerichten die Zivilprozessordnung<br />
(„Graždanskij prozessualnyj kodeks“) gilt, ist für die Wirtschaftsgerichte die<br />
Wirtschaftsprozessordnung („Arbitražnyj prozessualnyj kodeks“) maßgeblich.<br />
Aufgrund der historisch bedingten Bezeichnung im <strong>Russische</strong>n als „arbitražnye<br />
sudy“ (daher gelegentlich als „Arbitrazhgerichte“ ins Deutsche übersetzt)<br />
besteht große Verwechselungsgefahr: Wirtschaftsgerichte sind strikt vom<br />
Bereich der Schiedsgerichtsbarkeit (vgl. englisch: „arbitration“, französisch:<br />
„arbitrage“) zu trennen. Daher ist bereits bei der Formulierung der vertraglichen<br />
Streitbeilegungsklausel größte Sorgfalt geboten. Die Formulierung „Arbitration<br />
Court“ kann nämlich in der englischen Fassung eines dt.-russ. Vertrages von<br />
den Parteien unterschiedlich verstanden werden.<br />
Die Wirtschaftsgerichtsbarkeit verfügt über vier Stufen:<br />
bfai, <strong>Recht</strong> <strong>kompakt</strong> Russland, Stand: 9/2008