Heimaufsicht Hessen - LAG Wohnen für behinderte Menschen e.V.
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Ausnahmsweise reicht die nachträgliche Genehmigung (§ 1906 Abs.2 S.2 BGB), wenn mit<br />
dem Aufschub Gefahr verbunden ist; die Genehmigung muss unverzüglich nachgeholt<br />
werden.<br />
Die drohende Gefahr muss so konkret sein, dass sie nur durch sofortiges Handeln<br />
abgewendet werden kann.<br />
Die Dringlichkeit muss mindestens durch ein ärztliches Zeugnis oder ein konkretes Ereignis<br />
belegt sein; Beispiele für letzteres: Drogenrausch, Entzugssymptomatik, Hilflosigkeit durch<br />
Krankheit, Drogen o.ä., Herumirren verwirrter <strong>Menschen</strong>, nicht steuerbare Aggressivität,<br />
suizidale Situation.<br />
Die Gefahr muss nicht auf gezieltem Tun beruhen; denkbar sind auch passive<br />
Verhaltensweisen wie Nahrungsverweigerung oder Ablehnung unvermeidlicher ärzlicher<br />
Maßnahmen.<br />
Ist ein Betreuer noch nicht bestellt oder verhindert und liegt keine Vorsorgevollmacht vor,<br />
hat<br />
der Betreuungsrichter in Abweichung vom üblichen Verfahren im Rahmen einer einstweiligen<br />
Maßregel die im Interesse des Betroffenen erforderlichen Entscheidungen selbst zu treffen<br />
(§1846 BGB).<br />
Der Betreuer muss aber nachträglich umgehend informiert bzw. umgehend bestellt werden<br />
und die weiteren Entscheidungen übernehmen.<br />
bb. Es muss ein Gefährdungstatbestand vorliegen (§ 1906 Abs.1 Z.1 BGB), d.h. die Gefahr<br />
der Selbsttötung oder eines erheblichen gesundheitlichen Schadens vorliegen<br />
und/oder<br />
das Erfordernis einer Untersuchung, einer Behandlung oder eines ärztlichen Eingriffs<br />
bestehen (§ 1906 Abs.1 Z.2 BGB).<br />
Die Maßnahme muss zum Wohl des Betroffenen erforderlich sein.<br />
Weniger einschneidende Maßnahmen sind stets vorrangig; es muss ein vertretbares<br />
Verhältnis zwischen den drohenden Gefahren und den Nachteilen einer Unterbringung<br />
bestehen.<br />
Eine große Rolle spielen hier Vermeidungsstrategien wie u.a.:<br />
eine sorgfältige Anamnese bei der Aufnahme, die Aufschluss darüber geben kann, ob<br />
bestehende Weglauftendenzen aus der subjektiven Sicht des Betroffenen als folgerichtige<br />
Handlungen im Zusammenhang mit früheren Lebensgewohnheiten zu sehen sind;<br />
die Klärung, ob der Betroffenen in der aktuellen Situation Argumenten zugänglich ist, die ihn<br />
bewegen könnten, in Zukunft gefährdende Handlungen zu unterlassen („Vertrag“!);<br />
die Feststellung von Ursachen, argumentatives Einwirken, Angebot von<br />
Handlungsalternativen, Training von Verhaltensweisen in kritischen Situationen<br />
und nicht zuletzt:<br />
die Anwendung von Deeskalationsprogrammen.<br />
Als Beispiel für ein solches Programm sei hier PART genannt (=Professional Assault<br />
Response Training/Professionell handeln in Gewaltsituationen).<br />
PART wurde –so das Konzept- entwickelt, „damit Professionelle, die in Betreuungs- und<br />
Behandlungseinrichtungen arbeiten, präventiv gewalttätige Krisen verhindern, mögliche<br />
Gewaltsituationen frühzeitig richtig einschätzen, angemessen und kompetent intervenieren,<br />
die Vorfälle konsequent auswerten und die Ergebnisse zur Prävention nutzen.“<br />
Oberstes Gebot dabei ist der Schutz von Mitarbeitern und Mitbewohnern unter Wahrung der<br />
Persönlichkeitsrechte und der Würde des gewaltbereiten –kranken!- Bewohners.