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3 | 2013 Evangelische Perspektiven | 18 Rezension Die Reformation in Goslar Eine neue Publikation beschreibt, wie die ehemalige Reichsstadt evangelisch wurde. Das Reformationsjubiläum im Jahr 2017 ist auch in der Landeskirche Braunschweig zunehmend ein Anlass für Projekte und Initiativen. Eine neue Publikation befasst sich zum Beispiel mit der Einführung und Entwicklung der Reformation in Goslar. Herausgeber und Mitautor ist der ehemalige Propst von Goslar und Goslarer Oberbürgermeister Otmar Hesse. In dem 92 Seiten starken Büchlein werden nicht nur die religiösen, sondern auch die politischen und sozialen Verhältnisse der damaligen Zeit deutlich. Der Leser erfährt, wie sich diese Bereiche durchdringen und bedingen. Dazu gehört auch die Erkenntnis, dass sich der Rat der Stadt schwer getan hat, die Reformation einzuführen. Als treibende Kraft für Veränderungen in den 1520er Jahren wird vor allem die Bürgerschaft identifiziert. In der damaligen Reichsstadt, die direkt dem altkirchlich (römisch-katholisch) gesinnten Kaiser unterstellt war, waren die Verantwortlichen bestrebt, eine ausgleichende Politik gegenüber ihrem Schutzpatron zu pflegen. Die Hintergründe dazu erläutert unter anderem der Braunschweiger Alt-Landesbischof Gerhard Müller in seinem Beitrag über die Reformation in den Reichsstädten. Anschaulich beschreibt Otmar Hesse, wie die ersten Superintendenten die Entwicklung der Stadt prägten: angefangen bei Nikolaus von Amsdorf, der 1528 von Magdeburg nach Goslar kam und einer der maßgeblichen lutherischen Theologen in der Harzstadt wurde. Ihm folgten Johannes Amandus (1528-1530), Paul vom Rode (1531-1532) und Eberhard Widensee (1533-1547). Kurze Wirkzeiten waren oft einer kompromisslosen Radikalität der Theologen als auch der politisch Verantwortlichen geschuldet, wie Hesse deutlich macht. Besondere Aufmerksamkeit widmet er dem Goslarer Superintendenten Tilemann Heshusius. Auf Melanchthons Empfehlung wurde er 1552 nach Goslar berufen, wo er bis 1556 wirkte. Nach verschiedenen weiteren Stationen wurde Heshusius ab 1577 auch an anderer Stelle zu einem einflussreichen Theologen im Braunschweiger Land: Als Theologieprofessor lehrte er zehn Jahre lang bis zu seinem Tod 1588 an der damals neu gegründeten Universität Helmstedt. Außerdem finden sich in der neuen Publikation zwei Beiträge von Goslars Alt-Propst Helmut Liersch über die Marktkirchenbibliothek. Liersch zeigt, wie die Bestände der Bibliothek einen Einblick in die geistigen Auseinandersetzungen der Reformationszeit geben. Nicht zuletzt, weil sich in dem Fundus 63 Schriften Martin Luthers finden, die noch zu Lebzeiten des Reformators gedruckt wurden. Sie stammen aus der Zeit zwischen 1518 und 1532. Und Ulrich Winn setzt in einem weiteren Aufsatz das tägliche Leben Anfang des 16. Jahrhunderts in Goslar in Beziehung zu den politischen und religiösen Konflikten der Reformationszeit. Auf diese Weise entsteht ein spannendes Bild der Regionalgeschichte vor fast 500 Jahren, die bis heute – zumindest im kirchlichen Leben – Spuren hinterlassen hat. | mic Otmar Hesse (Hrsg.): Die Reformation in der Reichsstadt Goslar. Goslarsches Forum, Band 6, Verlag Goslarsche Zeitung, Goslar 2013, 92 Seiten, 8,90 Euro, ISBN 978-3-9813191-8-7. Gemeinde im Nationalsozialismus Eine neue Studie untersucht das Verhältnis von NS-Staat und Kirche in Bad Harzburg. Eine neue Studie über den Einfluss des Nationalsozialismus auf die evangelische Kirche in Bad Harzburg hat das Landeskirchliche Archiv Wolfenbüttel veröffentlicht. Verfasser ist der Historiker Dr. Peter Schyga aus Hannover, der bereits für die Propstei Goslar eine ähnliche Untersuchung vorgenommen hat. Schyga kommt zu dem Ergebnis, dass sich die Luthergemeinde den damaligen Verhältnissen angepasst habe, ohne sich den Nationalsozialisten in Selbstverleugnung auszuliefern. In zentralen Fragen des Nationalismus, Rassismus und Antisemitismus habe die Gemeinde allerdings mit der Politik des NS-Regimes übereingestimmt. Die Studie umfasst 127 Seiten, ist als Band 21 der Quellen und Beiträge zur Geschichte der Evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig erschienen und kostet im Handel neun Euro (ISBN 978-3-9813453-4-6).
3 | 2013 Evangelische Perspektiven | 19 Kleine Kirchenkunde Christliche Sozialhilfe Die Diakonie gehört seit ihren Anfängen zum Selbstverständnis der Kirche. Foto: epd-bild/Bundesfinanzministerium Schon in den Anfängen der Kirche gab es Diakonie (griechisch: Dienst) als christliche Sozialhilfe. In der Gemeinde bestand das Amt des Diakons. Im Laufe der Jahrhunderte trat diese gemeindliche Verankerung zurück. Im 19. Jahrhundert, als das durch die Industrialisierung hervor gerufene Massenelend immer größer wurde, wurden vielerorts „Rettungshäuser“ für Jugendliche, „Kinderbewahranstalten“, oder auch „Gefängnisgesellschaften“ gegründet. Damit setzten die Anstrengungen einer gezielten, institutionellen Diakonie der evangelischen Kirche ein. Am 22. September 1848 hielt Johann Hinrich Wichern auf dem ersten deutschen evangelischen Kirchentag in Wittenberg eine Rede, in der er die Kirchenvertreter an ihre soziale Verantwortung erinnerte und zur „Inneren Mission“ der Kirche aufrief. Mit der Gründung des „Centralausschusses für Innere Mission der deutschen evangelischen Kirche“ wurden 1849 die vielfachen Initiativen, Vereine und Anstalten zusammengefasst. Nach 1945 kam die Bekämpfung der Not als Folge des Zweiten Weltkriegs hinzu, was zur Gründung des Hilfswerks der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) führte. Seit 1958 bilden Hilfswerk und Innere Mission zusammen das Diakonische Werk der EKD, in dem die Diakonischen Werke der Landeskirchen und zahlreiche Fachverbände Mitglieder sind. Die Diakonie in der Landeskirche Braunschweig wird einerseits geprägt durch fünf Kreisstellen in Braunschweig, Goslar, Helmstedt, Salzgitter und Wolfenbüttel sowie zwei Außenstellen in Bad Gandersheim und Blankenburg. Außerdem engagieren sich in der Region zahlreiche diakonische Einrichtungen, wie Altenheime, Jugendhilfeeinrichtungen, Kureinrichtungen, Einrichtungen für Behinderte, Krankenhäuser, Projekte zur Arbeitsförderung oder ambulante Pflegedienste. Während die Kreisstellen künftig von einer neuen Diakonie-Stiftung im Braunschweiger Land verantwortet werden, können die diakonischen Einrichtungen Mitglied im neuen Diakonischen Werk in Niedersachsen werden. Es soll als gemeinsames Werk der Landeskirchen Braunschweig und Hannovers ab 2014 seine Arbeit aufnehmen. Als Symbol verwenden die Diakonischen Werke das Kronenkreuz, die Buchstaben I und M (für „Innere Mission“) in Verbindung mit dem Kreuz. | mic
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