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3 | 2013 Evangelische Perspektiven | 8 Titelthema Lobpreis mit E-Gitarre: in der baptistisch geprägten Friedenskirche in Braunschweig selbstverständlich. Foto: Agentur Hübner ren verschiedenen Ausrichtungen an, die von orthodox bis liberal reichen. Konfessionell vielfältig gestaltet sich auch die evangelische Kirche. „Hätten sich die Reformatoren Luther und Zwingli besser verstanden, müssten wir heute gar nicht über das Thema reden“, sagt Sabine Dreßler lachend. Sie ist Pastorin der Evangelisch-reformierten Gemeinde Braunschweig. „Unsere Kirche gäbe es ohne Luther nicht; allerdings berufen wir uns mit Johannes Calvin auf die zweite Generation der Reformation, welche sich noch deutlicher von der katholischen Kirche distanziert hatte.“ Wer die Bartholomäuskirche in der Braunschweiger Innenstadt betritt, bemerkt sofort: Der Kirchraum kommt nüchtern und schmucklos daher. Wer die Bartholomäuskirche in der Braunschweiger Innenstadt betritt, bemerkt das sofort: Der Kirchenraum kommt nüchtern und schmucklos daher, es gibt keinen Altar, nur einen schlichten Abendmahlstisch. Gemäß dem biblischen Bilderverbot existiert kein einziges Bild. An der Wand hängt – für eine reformierte Kirche fast ungewöhnlich – ein Holzkreuz. „Eine Braunschweiger Spezialität“, erklärt Sabine Dreßler. Der reformierte Gottesdienst sei ganz auf die Schriftlesung, das „Herzstück“ Predigt und das Gebet ausgerichtet. Deutlichster Unterschied zur evangelisch-lutherischen Kirche ist das Abendmahlsverständnis: Während für Luther Christus in Brot und Wein tatsächlich präsent war, sahen Zwingli und Calvin im Abendmahl etwas Symbolisches. Gegründet wurde die reformierte Gemeinde in Braunschweig 1704. Durch Privilegien des Herzogs Anton Ulrich konnten sich die Mitglieder der deutsch-reformierten und französisch-reformierten Gemeinden in der Bartholomäuskirche versammeln, die ihnen vom Herzog überlassen wurde. Im Jahr 1750 vergrößerte sich die Gemeinde durch die Zuwanderung Reformierter aus der Pfalz und deren Ansiedlung in Braunschweig-Veltenhof. Dort konnte die Gemeinde im Jahr 1930 eine Windmühle zur „Mühlenkirche“ umbauen. Inzwischen gehören zur Gemeinde 2.530 Menschen aus dem gesamten Braunschweiger Land. „Wir zeichnen uns als Gemeinde durch ein gesundes Selbstbewusstsein aus“, sagt Pastorin Sabine Dreßler. „Historisch ist das reformierte Denken durch Flucht und Asyl geprägt.“ Seit 2012 gehört die Gemeinde zur Evangelisch-reformierten Kirche mit Sitz in Leer (Ostfriesland). Selbstbewusst ist auch die Braunschweiger Friedenskirche, eine der vielen evangelisch-freikirchlichen Gemeinden
3 | 2013 Evangelische Perspektiven | 9 Titelthema Selbstbewusst und bewegt feiern die Mitglieder evangelischer Freikirchen ihre Gottesdienste. Foto: Agentur Hübner in der Region. 1869 von Johann Gerhard Oncken gegründet, wächst die Kirchengemeinde seit den 1980er Jahren stetig: Zählte sie 1984 erst 384 Mitglieder, waren es 2003 bereits 650, heute sind es 1.050. „Dazu kommen noch etwa 500 Angehörige sowie Freunde der Gemeinde. Das sind Menschen, die keine Mitglieder sind, aber am Gemeindeleben teilnehmen“, erläutert Karsten Matussek, einer der drei Pastoren der Gemeinde. Die Mitglieder der Friedenskirche stehen in der Tradition der Täuferbewegung. Das drückt sich in der Bezeichnung „Baptisten“ (Täufer) aus. Während Kleinkinder lediglich gesegnet werden, erfolgt die Taufe als Gläubigentaufe erst im entscheidungsfähigen Alter. Dabei werden Jugendliche und Erwachsene mit dem ganzen Körper ins Wasser getaucht. Die Gottesdienste der Friedenskirche werden in Englisch, Französisch, Spanisch und Farsi simultan übersetzt, entsprechend zahlreich sind Migranten. Zusammen mit den Kindergottesdiensten erreichen die Gottesdienste jeden Sonntag mehrere hundert Menschen. Gemeindechöre und Bands sorgen für eine zeitgemäße Musik. „Wichtig sind uns die Predigten, sie müssen immer einen konkreten Bezug zum Lebensalltag haben“, betont Pastor Karsten Matussek. Glaube solle als etwas Zeitgemäßes erfahrbar sein. Außerdem entstand in jüngster Zeit direkt neben der erst 2005 für drei Millionen Euro neu gebauten Kirche in der Kälberwiese mit dem „Spatz 21“ ein neues 2,2 Millionen Euro Gut jeder Dritte in der Region zahlt weder Kirchensteuer noch einen freiwilligen Beitrag. Denn auch die Zahl der Konfessionslosen steigt. teures, teilweise durch Fördermittel finanziertes Familienzentrum mit Kinderkrippe, verschiedenen Beratungsstellen, dem Musikkolleg e. V. und einem Café. Dafür leisten die Gläubigen einen freiwilligen finanziellen Beitrag. Als Freikirche kennt die Friedenskirche keine Kirchensteuer. Finanziell ähnlich unabhängig organisiert sind die freikirchlichen Pfingstkirchengemeinden. Gut jeder Dritte in der Region aber zahlt weder Kirchensteuer noch einen freiwilligen Beitrag. Denn auch die Zahl der Konfessionslosen und Atheisten, Agnostiker und religiös Gleichgültigen ist in den vergangenen Jahren gewachsen. | Michael Siano
Seite 1 und 2: www.landeskirche-braunschweig.de Ev
Seite 3 und 4: 3 | 2013 Evangelische Perspektiven
Seite 7: 3 | 2013 Evangelische Perspektiven

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