FS_01_2005.pdf - Luftwaffe
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Flugsicherheit<br />
Bild: OStFw Krohn, JaboG 33<br />
(prophylaktischen) Vereisungsschutz<br />
mit chemischen Mitteln angeordnet.<br />
Als festes Mittel wurde Harnstoff,<br />
technisch als flüssige Mittel IPA und<br />
FRIGANTIJ genutzt. Unter dem Motto<br />
„Abends kurz vor Feierabend aufgebracht,<br />
morgens alles schon gemacht“<br />
wurden abenteuerliche Mengen<br />
verbraucht. Erste Reaktion auf<br />
den Verbrauch in den ersten Jahren -<br />
bis zum Winter 1978/79 - war die<br />
Änderung des Konzepts. Wesentliches<br />
Prinzip war nun das Aufbringen<br />
der Bewegungsflächenenteiser möglichst<br />
unmittelbar vor erwartetem<br />
Niederschlag, der zur Vereisung führte.<br />
Das Ergebnis war eine Reduzierung<br />
der verbrauchten Mengen um<br />
mehr als 50 % im nächsten Winter.<br />
Trotz vieler positiver Erfahrungen im<br />
Verlauf der Truppenversuchs und<br />
während der ab 1976 angeordneten<br />
allgemeinen Anwendung chemischer<br />
Mittel traten immer wieder Probleme<br />
auf, die gelöst werden mussten.<br />
Aufgrund der Sauerstoffzehrung<br />
beim Abbau ausgebrachter Mittel<br />
kam es wiederholt zum Fischsterben<br />
in Gewässern in der Umgebung der<br />
Flugplätze. Die Presse berichtete ausführlich<br />
über diese Vorfälle. Deshalb<br />
geriet die Verwendung harnstoffhaltiger<br />
Vereisungsschutz-/Enteisungsmittel<br />
für Bewegungsflächen - Bewegungsflächenenteiser<br />
- zunehmend in<br />
den Blickpunkt der Öffentlichkeit und<br />
damit ins Kreuzfeuer der Kritik. Das<br />
BMVg veranlasste zur Beweissicherung<br />
die laufende Überwachung der<br />
Gewässer. Es wurde zunächst angeordnet,<br />
die Verwendung der Mittel<br />
äußerst restriktiv zu handhaben, zumal<br />
nach der Strafrechtsänderung von<br />
1980 Umweltdelikte als Straftatbestände<br />
in das StGB aufgenommen<br />
wurden. Neben den umweltbestimmenden<br />
Auswirkungen waren aber<br />
auch z. B. betontechnologische Faktoren<br />
zu berücksichtigen. Rasches<br />
Unterkühlen des Betons durch das<br />
Aufbringen von Bewegungsflächenenteiser<br />
verursachte Schäden am<br />
Beton, die bei natürlichen Frostbedingungen<br />
nicht auftreten. Diese physikalisch-technischen<br />
Zusammenhänge<br />
wurden bei der Bundeswehr zunächst<br />
nicht erkannt. Man vermutete,<br />
dass der Einsatz des Granulats<br />
Harnstoff, techno (UREA) die Schäden<br />
verursachte und verbot daraufhin den<br />
Einsatz dieses Mittels.<br />
Künftig ausschließen wollte man<br />
diese Schäden durch so genanntes<br />
„Hydrophobieren“. Die Betonoberfläche<br />
wurde versiegelt und dadurch<br />
das Eindringen von Wasser in die Betonhohlräume<br />
verhindert. Das Verfahren<br />
war zwar nicht kostenlos,<br />
dafür aber praktisch umsonst, denn<br />
nun stellte man fest, dass das Aufbringen<br />
von flüssigen Mitteln auf<br />
diese hydrophobierten Flächen zu<br />
einer erstaunlichen Glättebildung<br />
führte, die man ja eigentlich durch<br />
das ganze Prozedere verhindern wollte.<br />
Anschließend musste man dann<br />
auch den Einsatz von flüssigen Mitteln<br />
auf den behandelten Flächen verbieten.<br />
Tatsächliche Ursache der Schäden<br />
- die allerdings erst später nach<br />
Einsatz chemischer Mittel zutage traten<br />
- waren die Temperaturspannungen,<br />
die durch den früheren Einsatz<br />
thermisch wirkender Geräte insbesonders<br />
dann auftraten, wenn die Geräte<br />
aufgrund von Bedienungsfehlern<br />
zu lange auf eine Stelle einwirkten.<br />
Die in den folgenden Jahren auf<br />
diese vorgeschädigten Stellen ausgebrachten<br />
chemischen Mittel, die auf<br />
Wasser - ähnlich wie z. B. Spülmittel -<br />
entspannend wirken, begünstigten<br />
dadurch nur das Eindringen des „entspannten“<br />
Wassers in den durch<br />
Haarrisse bereits vorgeschädigten<br />
Beton und in die Betonporen. Erst das<br />
Aufbringen von Anti-Skid-Belägen<br />
brachte dann entscheidende Verbesserungen.<br />
Zu den Umwelteinflüssen:<br />
Harnstoff, techno ist mit einem<br />
Stickstoffanteil von ca. 47 % ein<br />
gutes Düngemittel für die Landwirt-<br />
schaft. Jede Überkonzentration aber<br />
führt aber zur Schädigung und Vernichtung<br />
der Pflanzenwelt. Solche<br />
beeinträchtigten Bereiche gab es entlang<br />
der Rollwege, im Bereich der<br />
Kurven und Vorfelder unserer Flugplätze.<br />
An diesen Stellen sammelte<br />
sich zum einen das Schmelzwasser,<br />
zum anderen wurde das mit Bewegungsflächenenteiser<br />
angereicherte<br />
Schnee-/Eismatschgemisch bei der<br />
mechanischen Flächenräumung dorthin<br />
abgeschoben. Die Überdüngung<br />
ist eine unangenehme Begleiterscheinung,<br />
aber das wohl größere<br />
und schwierigere Problem ist darin<br />
begründet, dass die Mittel dem<br />
Wasser beim Abbauen Sauerstoff entziehen.<br />
Aus Umweltgründen und<br />
wegen der logistischen Probleme mit<br />
unseren Harnstoffstreugeräten, die<br />
Mitte bis Ende der 70-er Jahre für eine<br />
zunächst maximal 5-jährige Nutzungszeit<br />
(die später auf 10 Jahre und<br />
anschließend noch um weitere 5<br />
Jahre verlängert wurde) beschafft<br />
wurden, hat sich die Bundeswehr entschieden,<br />
generell auf den Harnstoffeinsatz<br />
zu verzichten und die entsprechenden<br />
Geräte auszusondern. Verboten<br />
ist der Einsatz von Harnstoff,<br />
techno bei uns seit 1991. Seitdem<br />
wird nur noch mit flüssigen Bewegungsflächenenteiser<br />
gearbeitet.<br />
Die auf Flughäfen eingesetzten<br />
Bewegungsflächenenteiser bewirken<br />
eine Umweltbeeinflussung dadurch,<br />
dass sie mit Niederschlagswasser von<br />
den befestigten Bewegungsflächen<br />
abgespült werden. Grundsätzlich werden<br />
folgende „Beseitigungsverfahren“<br />
praktiziert:<br />
- Versickerung des ggf. beaufschlagten<br />
Niederschlagswassers im Erdreich<br />
außerhalb der Bewegungsflächen,<br />
also Direkteinleitung.<br />
- Sammlung des - ggf. beaufschlagten<br />
- Niederschlagswassers in seitlichen<br />
Schlitzrinnen und Einleitung in<br />
Oberflächengewässer (Mengenregulierung<br />
zum Teil über Regenrückhaltebecken).<br />
16 I/2005 FLUGSICHERHEIT