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Claudia Fraas & Stefan Meier - Multimodale Stil-Frameanalyse .pdf

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<strong>Claudia</strong> <strong>Fraas</strong> / <strong>Stefan</strong> <strong>Meier</strong> 135<br />

den (Croft; Cruse 2007: 18). So beziehen sich beispielsweise die Konzepte ROGEN und<br />

KAVIAR (lexikalisiert durch die Wörter Rogen und Kaviar) beide auf das Phänomen<br />

„Fischeier“, jedoch ist KAVIAR vor dem Hintergrund eines Frames NAHRUNGSZU-<br />

BEREITUNG UND -VERZEHR zu interpretieren, wohingegen ROGEN vor dem Hintergrund<br />

eines Frames REPRODUKTIONSKREISLAUF VON FISCHEN verstanden werden muss (Langacker<br />

1987: 164–165). Bildlich können vergleichbare Phänomene ebenfalls durch unterschiedliche<br />

Darstellungsweisen verschieden interpretiert und konnotativ aufgeladen<br />

werden. Übernimmt ein Printmedium beispielsweise offizielles Bildmaterial von Angela<br />

Merkel aus der Presseabteilung des Kanzleramtes oder verwendet es spontane<br />

Pressefotografien, die die Kanzlerin weniger vorteilhaft zeigen, so werden dem Rezipienten<br />

unterschiedliche Interpretationen nahegelegt. Das heißt, unterschiedliche Darstellungsweisen,<br />

Konzepte und lexikalische Einheiten framen Wirklichkeitsausschnitte<br />

auf unterschiedliche Weise, was mit unterschiedlichen Konnotationen verbunden sein<br />

kann. Wie eine sprachlich, bildlich oder multimodal vermittelte Erfahrung mit einem<br />

Phänomen geframed wird, hängt ab von deren Konzeptualisierung hinsichtlich der<br />

Kommunikationsziele und der gesamten Kommunikationssituation. Z w e i t e n s wird<br />

Framing im Sinne der soziologischen Frame-Theorie Goffmans (1974) als Interpretation<br />

von konkreten Situationen verstanden. Hier werden Frames als kognitive Strukturen<br />

gesehen, die im Gedächtnis Organisationsprinzipien alltäglicher sozialer Situationen<br />

speichern und im Bedarfsfalle zur Verfügung stellen, wodurch alltägliches Handeln erst<br />

möglich wird. Um situationsadäquat handeln zu können, fragen sich die Beteiligten in<br />

jeder Situation, die es zu bewältigen gilt, „what is it that‘s going on here?“ (Goffman<br />

1974: 8). Es geht also um die Interpretation und Perspektivierung von alltäglichen Situationen,<br />

um gegenseitige Erwartungen offenzulegen und Handeln zu ermöglichen. Da<br />

sich Alltagssituationen immer multimodal vermitteln, ist auch dieser Framing-Prozess<br />

nicht auf das Sprachliche beschränkt, sondern fußt auf dem verstehenden Umgang mit<br />

unterschiedlichen als Zeichenphänomene behandelten Gegenständen. Der d r i t t e<br />

Punkt betrifft Kommunikationswissenschaft, Social Movement Theory sowie Wissenssoziologie,<br />

denen es um Perspektivierung hinsichtlich der kommunikativen Auswahl<br />

und (strategischen) Hervorhebung einzelner Themenaspekte zu Gunsten anderer geht,<br />

also um die gemeinschaftlich auszuhandelnde Art und Weise der Thematisierung von<br />

Sachverhalten, Ereignissen und Prozessen. So hat eine Analyse zum Framing des Themas<br />

Biotechnologie (Matthes; Kohring 2008) gezeigt, dass die New York Times in der<br />

ersten Hälfte der 1990er Jahre vor allem deren ökonomischen Nutzen hervorhebt, während<br />

in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre auch die problematischen Seiten der neuen<br />

Technologie (z. B. im Zusammenhang mit der künstlichen Erzeugung genetisch identischer<br />

Lebewesen) betont werden. Ein Beispiel aus der Wissenssoziologie (Keller 2005:<br />

278) macht deutlich, dass das Müll-Problem in modernen Gesellschaften entweder vor<br />

dem Hintergrund von Katastrophen- oder aber vor dem Hintergrund von Problemkontroll-Szenarios<br />

kommuniziert (geframed) wird. Die Social Movement Theory sieht<br />

Frames als Mittel der Interpretation und Perspektivierung von gesellschaftlich relevan-

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