NZg_35-2009 - Neue Zeitung
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6 A U S S T E L L U N G<br />
NZ <strong>35</strong>/<strong>2009</strong><br />
In einem Kochbuch aus Südtirol, das<br />
viele verschiedene und feine Gerichte,<br />
auch Pilzgerichte, bzw. deren<br />
Rezepte enthält, kann man auch die<br />
Vielfalt der deutschen Sprache und<br />
deren Dialekte auch in diesem Bereich<br />
verfolgen, was manchmal auch<br />
ein kleines Schmunzeln auf das Gesicht<br />
zaubert. In dem Rezept für<br />
Schwammerlsuppe heißt es: Zutaten:<br />
100 Gramm Pilze... Also braucht<br />
man zur Schwammerlsuppe auch<br />
Pilze? Ja, in der Standardsprache<br />
heißt es zwar Pilze, aber gebietsweise,<br />
z. B. in Südtirol, Bayern,<br />
Österreich, aber auch bei den Ungarndeutschen,<br />
verwendet man einen<br />
Pilze: Schwammerl oder Schwämm<br />
Heute, da fast auf allen Fernsehkanälen traditionelle und neue<br />
Rezepte von Gerichten auch anderer Länder und Kontinente<br />
gezeigt, ja vor laufender Kamera zubereitet und dazu nützliche<br />
Küchentechnologien vermittelt werden, nimmt man dennoch gern<br />
ein neues Koch- und Gewürzbuch in die Hand, um einen<br />
gastronomischen Ausflug in andere Gebiete der überaus reichen<br />
Kochkunst zu machen. Dabei will man die Pilze, die auch<br />
hierzulande im Wald und auf der Wiese sowie auf der Hutweide<br />
reichlich wachsen (auch die schwer findbaren und schrecklich<br />
teuren Trüffel) und uns vom Frühjahr bis Anfang Herbst<br />
begleiten, nicht vergessen, ganz im Gegenteil, sie für zahlreiche<br />
Spezialitäten verwenden.<br />
anderen Ausdruck dafür. Heute klingt<br />
es mir aus der Kindheit noch in den<br />
Ohren: Hatte es während der Nacht<br />
geregnet und war es in der Früh bzw.<br />
am Vormittag schwül, schossen die<br />
Pilze aus der Erde, dann hieß es, „mir<br />
gehn Schwämm suche“, und das<br />
ganze Dorf machte sich je nach Monat<br />
auf in die Wälder oder auf die<br />
Hutweide, um Pilze zu suchen. War<br />
der Ertrag ergiebig, dann dauerte es<br />
nur ein, zwei Stunden, und ein großer<br />
Henkelkorb war voller Schwammerln.<br />
Man kannte die Pilze gut, wie<br />
die eßbaren von den giftigen zu unterscheiden<br />
sind, wenn auch der genaue<br />
Name von den meisten Arten nicht<br />
bekannt war: man sprach von braunem,<br />
gelbem, grünem und weißem<br />
Pilzhut. So ein Pilzsammeln ergab einige<br />
feine Mittagessen (solange die<br />
Pilze noch frisch waren) und der Rest<br />
wurde in der Sonne getrocknet (gedörrt)<br />
und für den Winter aufgehoben.<br />
Oft brachten auch die Zigeuner,<br />
die noch in den 60er Jahren mit ihren<br />
großen Familien in kleinen Hütten inmitten<br />
des Waldes an den östlichen<br />
Hängen des Fünfkirchner Gebirges<br />
lebten, einen großen Korb voller<br />
Schwämm aller Art für die Dorfbewohner<br />
mit, die sie besonders gut<br />
kannten. Diese Gabe erwiderte man<br />
mit einem Stück Speck und alten<br />
Kleidungsstücken, denn man hatte<br />
auch selbst nicht viel zu verschenken.<br />
All dies und zahlreiche Geschichten,<br />
die mit dem Pilzsuchen verbunden<br />
waren, gingen mir durch den<br />
Kopf, während ich die kleine Pilz-<br />
Ausstellung in der Markthalle in der<br />
Fehérvári-Straße im XI. Bezirk von<br />
Budapest besichtigte, wo außer gezüchteten<br />
Champions auch Waldpilze,<br />
diese aber zu hohen Preisen,<br />
verkauft werden. Dort kann man auch<br />
von Pilzkennern die eigenhändig in<br />
den Wäldern um Budapest gesammelten<br />
Pilze untersuchen lassen, damit<br />
ja kein giftiger darunter ist. Damals<br />
machten das Dorfleute, denen<br />
man vertraute und die keinen enttäuschten.<br />
Und für zwei Kilo Pilze<br />
mußte man damals nicht 10 000 Forint<br />
zahlen.<br />
In der kleinen Ausstellung kann<br />
man hinter Glas, in Nachbildung ihrer<br />
natürlichen Umwelt – den Laubund<br />
Nadelwäldern oder der Wiese –<br />
unwahrscheinlich viele Arten der<br />
Pilze, ihren Farb- und Formenreichtum<br />
besichtigen und ihre Namen<br />
(Ungarisch und Lateinisch) erfahren.<br />
Informationszettel klären darüber,<br />
welche Pilze man genießen kann,<br />
welche nicht und welche giftig sind.<br />
Seit Ende letzten Jahres kann man<br />
vor Ort in einem Gästebuch die eigenen<br />
Eindrücke festhalten, viele Besucher<br />
haben ihre Gedanken eingetragen.<br />
Ein Berufskoch schrieb z. B.,<br />
diese Ausstellung von Pilzen sei für<br />
ihn überwältigend gewesen. Dem<br />
Ideenspender und Ausführenden<br />
gelte seine herzlichste Gratulation.<br />
Die Ausstellung sei schön und sehr<br />
lehrreich. Und noch hier in der Ausstellung<br />
habe er sich vorgenommen,<br />
künftig seine eigene Küche mit noch<br />
mehr schmackhaften und würzigen<br />
Pilzen zu bereichern und dadurch<br />
seine Gäste weiter zu verwöhnen und<br />
zu erfreuen. Árpád Hergenröder<br />
90 Jahre Bauhaus<br />
Schule und Philosophie der Moderne feiert Geburtstag<br />
„Erklären kann man das<br />
Bauhaus nicht“, so der<br />
Künstler Jean Leppien über<br />
Bauhaus. „Das Bauhaus war<br />
vor allem eine geistige Haltung,<br />
war eine Gemeinschaft<br />
von hundertfünfzig Individualisten,<br />
die vereint waren<br />
zum gemeinsamen Kreuzzug<br />
gegen bestehende und<br />
anerkannte Werte und<br />
Vorurteile.“ <strong>2009</strong> feiert das<br />
Bauhaus seinen 90.<br />
Geburtstag, die einflußreiche<br />
und stark umkämpfte<br />
Institution und Schule, die die<br />
internationale Verbreitung der<br />
gestalterischen Moderne in<br />
Kunst, Design und nicht<br />
zuletzt die Architektur prägte.<br />
Die Bauhaus-Schule entstand 1919<br />
in Weimar, drei prägende Direktoren<br />
waren Walter Gropius, Hannes<br />
Meyer und Ludwig Mies van der<br />
Rohe. Die Idee war, die Kluft zwischen<br />
Kunst und Kunstgewerbe zu<br />
überbrücken, sowie die Schaffung<br />
solcher neuen ästhetischen Werte,<br />
die auch für die Massenproduktion<br />
wegweisend sein können. Im von<br />
Gropius verfaßten Bauhaus-Manifest<br />
wurde das Programm der Hochschule<br />
verkündet: „Architekten,<br />
Bildhauer, Maler, wir alle müssen<br />
zum Handwerk zurück!“ Während<br />
des 14jährigen Bestehens der Schule<br />
hatte sie 1250 Schüler und Lehrkräfte<br />
wie Wassiliy Kandinszkij, Lyonel<br />
Feininger, Paul Klee, László<br />
Moholy-Nagy oder Oskar<br />
Schlemmer – nahezu die gesamte<br />
europäische Künstler-Avantgarde<br />
versammelte Gropius in Weimar.<br />
Geplant wurden für den Alltagszweck<br />
nutzbare Gegenstände wie<br />
Möbel, Küchenbestandteile usw.<br />
Berühmtestes Zeugnis des Bauhauses<br />
in Weimar ist das Haus am Horn,<br />
das als Musterhaus zur ersten Architekturausstellung<br />
1923 errichtet<br />
wurde. 1925 mußte das Weimarer<br />
Bauhaus schließen, Dessau wurde<br />
nun zum Ort des Bauhauses. 1932<br />
setzte die NSDAP die Schließung<br />
Die Weißenhofsiedlung in Stuttgart ist eines der bedeutendsten Zeugnisse<br />
der modernen Architektur: Sie entstand 1927 als Bauausstellung des Deutschen<br />
Werkbundes. Unter der künstlerischen Leitung von Ludwig Mies van<br />
der Rohe haben 17 Architekten aus Deutschland, Holland, Österreich und<br />
der Schweiz ein mustergültiges Wohnprogramm für den modernen Großstadtmenschen<br />
geschaffen. Grundstücke und Baufinanzierung wurden von<br />
der Stadt Stuttgart bereitgestellt: Innerhalb von nur 21 Wochen entstanden<br />
21 Häuser mit insgesamt 63 Wohnungen. Foto: I. F.<br />
des Bauhauses durch, Mies van der<br />
Rohe verlegte das Bauhaus nach<br />
Berlin, jedoch führten wirtschaftliche<br />
Schwierigkeiten und Repressalien<br />
des NS-Staates 1933 zu Schließung<br />
und Selbstauflösung. Doch<br />
Lehrer wie Moholy-Nagy, Gropius<br />
und Mies van der Rohe, die in die<br />
USA emigrierten, sowie Schüler und<br />
Absolventen trugen die Ideenwelt in<br />
die weite Welt. Für einige Zeit existierte<br />
in Chicago das New Bauhaus.<br />
Nach dem Krieg scheiterte ein<br />
Wiederbeleben in Dessau, jedoch<br />
eignete sich im Westen das Bürgertum<br />
die Formenwelt des Bauhauses<br />
an, wie die Reeditionen der 70er<br />
Jahre dies auch bezeugen. Die revolutionäre<br />
Schule des Bauhauses, die<br />
die architektonischen und gestalterischen<br />
Prinzipien erneuerte, würdigen<br />
nun zum 90. Geburtstag die<br />
Bauhaus-Orte in Deutschland (und<br />
in den USA in New York) mit exklusiven<br />
Ausstellungen und verschiedenen<br />
Programmen. Sehr zu<br />
empfehlen ist die Ausstellung im<br />
Martin-Gropius-Bau zu Berlin, wo<br />
auch Exponate des New Yorker Museums<br />
für Moderne Kunst zu sehen<br />
sind (bis zum 4. Oktober geöffnet).<br />
Jedoch auch Dessau, Jena, Erfurt<br />
und das Bundesland Thüringen warten<br />
mit vielen Programmen und<br />
Ausstellungen zum Thema Bauhaus<br />
auf. Weitere Informationen über<br />
Ausstellungsorte und Events finden<br />
Sie unter www.bauhaus<strong>2009</strong>.itsrv.de<br />
angie