11.05.2014 Aufrufe

Metropolisierung und die Zukunft der Industrie im Stadtsystem ...

Metropolisierung und die Zukunft der Industrie im Stadtsystem ...

Metropolisierung und die Zukunft der Industrie im Stadtsystem ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Kapitel 2<br />

2.2. Erste Bef<strong>und</strong>e zur „<strong>Metropolisierung</strong>“ wirtschaftlicher Potenziale <strong>im</strong> EU-Raum<br />

Nach traditioneller Sichtweise ist <strong>der</strong> europäische Wirtschaftsraum insgesamt durch eine großräumige Polarität<br />

zwischen einem geographisch zentralen Kernraum höchster Wirtschaftskraft <strong>und</strong> den umliegenden, eher „peripheren“<br />

Raumzonen <strong>im</strong> Süden, Südwesten, Norden <strong>und</strong> Osten Europas charakterisiert. Die Umschreibungen <strong>die</strong>ser<br />

großräumigen Polarität variierten <strong>im</strong> Zeitverlauf, wobei das klassische Raumstrukturbild des Entwicklungskorridors<br />

<strong>der</strong> „Banane“ (Schätzl 1993) heute zunehmend durch <strong>die</strong> Rede von einem „Kernraum <strong>der</strong> EU“ abgelöst worden ist,<br />

<strong>der</strong> durch das Fünfeck <strong>der</strong> Metropolen London, Paris, Mailand, München <strong>und</strong> Hamburg umschrieben wird (vgl.<br />

EUREK 1999). Gleichwohl zeigt ein Blick auf <strong>die</strong> regionalen Konzentrationen von Wirtschaftskraft <strong>im</strong> Raum <strong>der</strong><br />

heutigen EU, dass auch außerhalb des sog. Kernraumes eine ganze Reihe von Großstadtregionen mit hoher Wirtschaftsleistung<br />

zu finden sind. Vor <strong>die</strong>sem Hintergr<strong>und</strong> erscheint <strong>die</strong> traditionelle Vorstellung einer großräumigen<br />

Polarisierung <strong>im</strong> EU-Raum zu grobkörnig. Heute zeigt das Gesamtbild <strong>der</strong> EU-Regionalstruktur vor allem eine<br />

Konzentration <strong>der</strong> Wirtschaftskraft auf <strong>die</strong> Großstadtregionen <strong>und</strong> Metropolräume. Die 57 Großstadtregionen <strong>der</strong><br />

EU 25, <strong>die</strong> zusammen einen Anteil von 31 % <strong>der</strong> Gebietsfläche <strong>der</strong> EU haben, vereinigten 2003 zusammen 63 %<br />

des Bruttoinlandsprodukts (BIP) <strong>und</strong> 56 % aller Einwohner <strong>der</strong> EU 25 auf sich. Die wirtschaftliche Entwicklung seit<br />

1997 deutet zudem auf eine Persistenz <strong>die</strong>ser Konzentration hin: Im Zeitraum 1997 – 2003 vereinigten <strong>die</strong> Großstadtregionen<br />

<strong>der</strong> EU 25 zusammen 62,2 % des absoluten Zuwachses an Wirtschaftsleistung <strong>der</strong> EU 25 (gemessen<br />

am Bruttoinlandsprodukt zu laufenden Marktpreisen in Mio KKS) auf sich. Die wirtschaftliche Leistungskapazität<br />

bzw. das (absolute) wirtschaftliche Wachstum <strong>im</strong> EU-Raum sind zu fast zwei Dritteln in einem „Inselreich“ von<br />

Großstadtregionen <strong>und</strong> Metropolräumen konzentriert.<br />

Zwischen den Großstadtregionen <strong>der</strong> EU sind jedoch beträchtliche Differenzen <strong>der</strong> Wirtschaftskraft zu verzeichnen.<br />

Legt man - relativ zum Durchschnitt <strong>der</strong> EU 25 - <strong>die</strong> Wirtschaftsleistung je Einwohner in den Großstadtregionen zugr<strong>und</strong>e,<br />

wird deutlich, dass alle Metropolräume <strong>und</strong> Stadtregionen <strong>im</strong> Kernraum <strong>der</strong> EU sich durch eine zum Teil<br />

weit über dem EU-Durchschnitt liegende Wirtschaftsleistung auszeichnen (vgl. Tab. 1). Auch <strong>die</strong> Mehrzahl <strong>der</strong><br />

Stadtregionen <strong>im</strong> nördlichen <strong>und</strong> südlichen Teil <strong>der</strong> EU befindet sich über dem EU-Durchschnitt, während <strong>im</strong> östlichen<br />

Teil <strong>der</strong> EU sämtliche polnischen Stadtregionen weit unter dem Durchschnitt rangieren. Im Unterschied zu<br />

den Stadtregionen Prag, Wien <strong>und</strong> Bratislava erreichen auch <strong>die</strong> Metropolregion Berlin <strong>und</strong> das Sachsendreieck<br />

nicht den EU-Durchschnitt.<br />

An <strong>die</strong> Bef<strong>und</strong>e zur „<strong>Metropolisierung</strong>“ des EU-Wirtschaftsraumes knüpft <strong>die</strong> These an, dass <strong>die</strong> herausragende<br />

Wirtschaftskraft <strong>der</strong> europäischen Großstadtregionen mit <strong>der</strong> Konzentration von wissensintensiven Wirtschaftsaktivitäten<br />

in ihrem Raum zusammenhängt (vgl. Krätke 2005; Raspe/van Oort 2006; Moreno/Paci/Usai 2006): Die<br />

wissensintensiven Wirtschaftszweige haben in den 57 Großstadtregionen einen höheren Beschäftigtenanteil als in<br />

<strong>der</strong> EU 25 insgesamt; den höchsten Beschäftigtenanteil erreichen dabei <strong>die</strong> Metropolregionen (zur Abgrenzung <strong>der</strong><br />

wissensintensiven Wirtschaft nach Teilsektoren s. u.). Die Konzentration <strong>die</strong>ser Wirtschaftsaktivitäten in Großstadtregionen<br />

<strong>und</strong> Metropolräumen ist sowohl bei wissensintensiven Dienstleistungen als auch bei forschungsintensiven<br />

<strong>Industrie</strong>zweigen gegeben: In den untersuchten Großstadtregionen konzentrierten sich <strong>im</strong> Jahre 2005 auf 31 % <strong>der</strong><br />

EU-Gebietsfläche 60 % <strong>der</strong> Arbeitsplätze forschungsintensiver <strong>Industrie</strong>zweige <strong>und</strong> 61 % <strong>der</strong> Arbeitsplätze wissensintensiver<br />

Dienstleistungszweige.<br />

Neben <strong>die</strong>ser absoluten Konzentration <strong>der</strong> wissensintensiven Wirtschaft ist bei <strong>der</strong> überwiegenden Mehrheit <strong>der</strong><br />

Großstadtregionen <strong>und</strong> Metropolräume <strong>der</strong> EU auch eine relative Konzentration von bedeutenden Teilsektoren <strong>der</strong><br />

wissensintensiven Wirtschaft festzustellen: In 37 (von insgesamt 57 untersuchten) Großstadtregionen ist eine relative<br />

Konzentration von forschungsintensiven „High Technology“ <strong>Industrie</strong>n <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> „Medium High Technology“<br />

<strong>Industrie</strong>n gegeben, d. h. ein Beschäftigtenanteil in <strong>die</strong>sen Teilsektoren in <strong>der</strong> Stadtregion, <strong>der</strong> den Anteil <strong>die</strong>ser<br />

Teilsektoren an den Gesamtbeschäftigten <strong>der</strong> EU 25 übersteigt (d. h. ein Standortquotient V 1; Spitzenreiter sind<br />

hier <strong>die</strong> Regionen Stuttgart, München, Rhein-Neckar, Hannover <strong>und</strong> Dublin mit Standortquotienten V 2). In 41 <strong>der</strong><br />

11

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!