Das Gymnasium in Rheinland-Pfalz 1-2011 - Philologenverband ...
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VORTRAG Gymnasialtag 2010<br />
cengleichheit. Zentrale Punkte s<strong>in</strong>d<br />
dabei:<br />
• E<strong>in</strong>e verstärkte <strong>in</strong>dividuelle Förderung,<br />
• mehr Zeit und Möglichkeiten zur<br />
Orientierung,<br />
• Aufstiegsorientierung durch e<strong>in</strong>e<br />
große Durchlässigkeit zu höheren<br />
Bildungsabschlüssen,<br />
• zusätzliche Qualifikationsmöglichkeiten<br />
für Studium und Berufsausbildung<br />
durch die Fachoberschule<br />
an der Realschule plus und<br />
• e<strong>in</strong>e drastische Reduzierung der<br />
Zahl der Jugendlichen ohne Schulabschluss.<br />
Über diese Punkte besteht auch e<strong>in</strong><br />
weitgehender Konsens mit den Betroffenen.<br />
Die Gymnasien haben <strong>in</strong> der neuen<br />
Schulstruktur e<strong>in</strong>en wichtigen Platz<br />
und müssen ihn auch haben. <strong>Das</strong><br />
sieht der Deutsche <strong>Philologenverband</strong><br />
übrigens ganz ähnlich. Insoweit<br />
will ich se<strong>in</strong>e Presseerklärung vom 4.<br />
November zitieren, wonach man »e<strong>in</strong>e<br />
klare Schulstruktur anstrebe, <strong>in</strong> der es<br />
neben dem <strong>Gymnasium</strong> … e<strong>in</strong>en weiteren<br />
Weg geben müsse, der möglichst<br />
ohne Umwege und Brüche bis zur<br />
Hochschulreife führen kann.« Ich b<strong>in</strong><br />
froh, wenn sich diese Positionsbeschreibung<br />
auch die Philologen <strong>in</strong><br />
Rhe<strong>in</strong>land-<strong>Pfalz</strong> zu eigen machen und<br />
uns damit auf unserem Weg unterstützen.<br />
Angesichts dieser Positionierung<br />
b<strong>in</strong> ich aber zuversichtlich, dass wir<br />
Sie davon überzeugen können, dass<br />
die Weiterentwicklung der Schulstruktur<br />
zum e<strong>in</strong>en objektiv notwendig war<br />
und zum anderen weder das <strong>Gymnasium</strong><br />
benachteiligt noch <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Rolle<br />
und Bedeutung an den Rand<br />
drängt.<br />
Die Herausforderungen an das <strong>Gymnasium</strong><br />
der Zukunft sehe ich wesentlich<br />
<strong>in</strong> der Aufgabe, die gestiegene<br />
Nachfrage nach dem gymnasialen Bildungsgang<br />
positiv aufzunehmen und<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ausgewogenen Gesamtkonzept<br />
Leistungsfähigkeit und Chancengleichheit<br />
mite<strong>in</strong>ander zu verb<strong>in</strong>den.<br />
Zur Leistungsfähigkeit gehört es, die<br />
Qualität gymnasialer Bildung zu erhalten,<br />
sie aber jeweils zeitgemäß auszugestalten.<br />
Da stellt sich die Frage: Was<br />
gehört heute und <strong>in</strong> naher Zukunft<br />
zur »allgeme<strong>in</strong>en Hochschulreife«?<br />
Ich f<strong>in</strong>de es <strong>in</strong> diesem Zusammenhang<br />
sehr <strong>in</strong>teressant und angemessen,<br />
dass die Jungen Philologen ihre<br />
jüngste Veröffentlichung »Dynamisches<br />
Leitbild für das <strong>Gymnasium</strong> der<br />
Zukunft« nennen.<br />
Denn das signalisiert, dass dieses Leitbild<br />
nicht starr ist, sondern die jeweiligen<br />
gesellschaftlichen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />
aufnehmen muss. Und da<br />
hat sich e<strong>in</strong>iges verändert, um nur<br />
Stichworte zu nennen:<br />
Geändert haben sich die Familienstrukturen,<br />
die Lebenswelt der Jugendlichen<br />
oder die Strukturen und<br />
Anforderungen der Arbeitswelt. Wir<br />
müssen uns dem Umgang mit e<strong>in</strong>er<br />
Vielfalt unterschiedlicher Werte und<br />
konkurrierenden Autoritäten stellen,<br />
ohne beliebig zu werden. Multikulturalität<br />
und Integration halten neue Herausforderungen<br />
für alle bereit.<br />
Damit muss man auch neu darüber<br />
nachdenken, was konstituierend für<br />
die allgeme<strong>in</strong>e Hochschulreife ist.<br />
Sicher s<strong>in</strong>d wir uns schnell e<strong>in</strong>ig darüber,<br />
dass die Beschreibung im sog.<br />
Tutz<strong>in</strong>ger Maturitätskatalog von 1958<br />
heute nicht mehr der Maßstab se<strong>in</strong><br />
kann, wenn dort etwa unter dem <strong>in</strong>haltlichen<br />
M<strong>in</strong>imum aufgeführt wird:<br />
»Liebhabermäßiges Betrachten der anschaulichen<br />
Natur und Zugang zur biologischen<br />
Betrachtungsweise«.<br />
Heute wird häufig kritisiert, unter<br />
dem E<strong>in</strong>fluss der Wirtschaft werde<br />
nur noch auf das »verwertbare Wissen«<br />
Wert gelegt. Ziel sei nicht die<br />
Hochschulreife, sondern der »Homo<br />
oeconomicus«. Auch das kann selbstverständlich<br />
nicht der Bildungsauftrag<br />
des <strong>Gymnasium</strong>s se<strong>in</strong>.<br />
Zur allgeme<strong>in</strong>en Hochschulreife gehört<br />
auch deutlich mehr, als <strong>in</strong> den <strong>in</strong>ternationalen<br />
Schulleistungstests untersucht<br />
werden kann.<br />
Ich möchte <strong>in</strong> diesem Zusammenhang<br />
noch e<strong>in</strong> weiteres Missverständnis<br />
ausräumen. Die Bildungsstandards<br />
zielen nicht darauf ab, Kompetenzen<br />
ohne Inhalte zu vermitteln, wie gelegentlich<br />
behauptet wird. Abgesehen<br />
davon, dass das auch gar nicht möglich<br />
wäre: Inhalte und Kompetenzen,<br />
Wissen und Können gehören untrennbar<br />
zusammen. Aber welche Kompetenzen<br />
und welche Inhalte unverzichtbar<br />
s<strong>in</strong>d, das kann sich schon im Lauf<br />
der Zeit verändern. Und deshalb<br />
muss diese Diskussion auch immer<br />
wieder neu geführt werden.<br />
Wir fördern sie zum Beispiel, <strong>in</strong>dem<br />
wir schulische Expert<strong>in</strong>nen und Experten<br />
damit beauftragen, auf der<br />
Grundlage der Bildungsstandards<br />
Rahmenlehrpläne zu entwickeln, die<br />
die Basis für die Arbeit <strong>in</strong> den Schulen<br />
darstellen.<br />
Die Leistungsfähigkeit des <strong>Gymnasium</strong>s<br />
wird sich <strong>in</strong> Zukunft aber auch<br />
daran messen lassen müssen, <strong>in</strong> welchem<br />
Umfang es gel<strong>in</strong>gt, mit der vorhandenen<br />
Heterogenität konstruktiv<br />
umzugehen und alle Schüler<strong>in</strong>nen<br />
und Schüler möglichst gut zu fördern.<br />
Damit wären wir bei der zweiten Herausforderung<br />
an die Gymnasien: Neben<br />
der Leistungsfähigkeit e<strong>in</strong> besonderes<br />
Augenmerk auf Chancengleichheit<br />
zu legen.<br />
<strong>Das</strong> heißt zum Beispiel, dass Jungen<br />
und Mädchen gleichermaßen jeweils<br />
dort Förderung und Unterstützung er-<br />
Heft 1/<strong>2011</strong>