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Konturen und einige Bildelemente werden mit dem Messer bearbeitet. Ein spannender Augenblick entsteht immer dann, wenn die Schutzfolie von der <strong>PLEXIGLAS</strong> Platte entfernt wird und das fertige Kunstwerk zu sehen ist. Spiegelverkehrt und rückwärts: Für seine Kunstwerke hinter <strong>PLEXIGLAS</strong> trägt Emil Schult die Motive, die er auf einer normalen Leinwand zuerst aufmalen würde, zuletzt auf. Die Welt durch eine Scheibe Kunst auf <strong>PLEXIGLAS</strong> – ein Besuch bei Emil Schult. . „Egal ob am PC, im Handy, beim Autofahren oder in einem Schaufenster – heutzutage sehen wir Dinge, die wir begehren, immer durch eine Glasoder Kunststoffscheibe hindurch“, sagt Emil Schult. Mit dieser speziellen Sehweise des 20. und 21. Jahrhunderts setzt er sich in seiner Kunst auseinander. Der 63-Jährige betreibt Hinterglasmalerei; seine Bilder zeichnet er auf (beziehungsweise hinter) <strong>PLEXIGLAS</strong>®. Die Motive, die Schult wählt, fallen dabei ganz unterschiedlich aus. Von Art-déco-Motiven, zum Beispiel einer Tänzerin in schimmernden Metallic- Tönen, über Architekturstudien des Kölner Doms oder der Petronas Towers in Kuala Lumpur bis hin zu einer Reihe stark vergrößerter Mikrochips reichen seine Werke. Ihnen allen gemein ist jedoch ein spezieller Glanz. Denn <strong>PLEXIGLAS</strong>® lässt die Farben leuchten – und wenn der Betrachter die Perspektive wechselt, ändert sich auch die Anmutung des Bildes, changieren seine Farben, lassen sich neue Details entdecken. Die Hinterglasmalerei ist sozusagen Kunst für Fortgeschrittene. Einfach zum Pinsel greifen und loszeichnen geht da nämlich nicht. Stattdessen muss der Künstler praktisch rückwärts malen. Und seitenverkehrt. „Ich setze dabei eine Farbschicht über die andere. Wenn ich zum Beispiel ein Gesicht abbilden möchte, fange ich mit der Pupille an. Dann kommt das Weiße des Auges und dann der Rest des Kopfes“, erklärt Schult, der sein Atelier in Düsseldorf hat. In seinen Werken verarbeitet er nicht nur verschiedenste Farbtypen von Acryl bis Öl, sondern verwendet unter anderem auch Metalle. Diese werden direkt auf das <strong>PLEXIGLAS</strong>® aufgeklebt. Mit dem Material arbeitet der Künstler bereits seit den siebziger Jahren. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich außerdem stark mit elektronischer Musik, gestaltete und kooperierte als Autor von 1970 bis 1982 mit der Band Kraftwerk im Studio und auf Tournee. Deren berühmtes Cover des Albums „Autobahn“ (1974) stammt ebenfalls aus seinem Pinsel. <strong>PLEXIGLAS</strong>® verwendete er zunächst als Werkstoff, „weil es sich besonders gut bohren und kleben lässt“, berichtet Schult. So baute er aus dem Material Instrumente wie etwa einen kleinen Sequenzer, „und der funktioniert bis heute“, erzählt er und schmunzelt mit Blick auf den kleinen blauen Kasten, aus dem bunte Kabel herausragen. Bis er sich der Malerei auf <strong>PLEXIGLAS</strong>® zuwendete, dauerte es allerdings noch eine Weile: Ab 1982 lebte der gebürtige Dessauer für einige Jahre auf den Bahamas. „Dort habe ich mich intensiv mit der Natur und den Tieren beschäftigt, habe viele Tauchgänge unternommen und praktisch live mit - erlebt, wie das ökologische Gleichgewicht in dieser Region immer stärker ins Wanken geriet“, erinnert sich der Maler. Um auf die fortschreitende Zerstö- Kunst 15