Psychophysiologische.. - Jochen Fahrenberg
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Die Methode zur nicht-invasiven, kontinuierlichen Messung des Finger-Blutdrucks mit dem Portapres<br />
TM Model 2.0 (TNO, BioMedical Instrumentation, Amsterdam) hat ein wichtiges Fenster auf die<br />
Blutdruckdynamik geöffnet. Die hohe zeitliche Auflösung im Vergleich zu den diskontinuierlichen<br />
Messungen, z. B. mit oszillometrischer Methodik, wird jedoch durch eine geringere Genauigkeit beeinträchtigt.<br />
Neuere Reviews von Imholz et al. (1998) und Silke and McAuley (1998) haben festgestellt,<br />
dass die Genauigkeit, insbesondere der systolischen Messwerte im Vergleich zu intra-arteriellen<br />
Messungen, unzureichend ist.<br />
Seit der Einführung der Finapres/Portapres-Systeme für kontinuierliche Messung des Blutdrucks am Finger gibt es eine<br />
Diskussion über die Zuverlässigkeit dieser Messungen. In der Praxis zeigten sich neben hoher Übereinstimmung mit oszillometrischen<br />
Messungen des Brachialis-Blutdrucks nicht selten irritierende Diskrepanzen. Es wurden Abweichungen zwischen<br />
Portapres-Messungen und intra-arteriellen Messungen (Radialis, Brachialis) beobachtet und ähnlich auch zwischen Portapres-Messungen<br />
und oszillometrischen sowie auskultatorischen Messungen am Oberarm. Die Ergebnisse der Methodenstudien<br />
sind widersprüchlich, wobei die Kommentare und Schlußfolgerungen zunehmend kritisch wurden. Offensichtlich handelt es<br />
sich bei den Diskrepanzen nicht um einen konstanten Fehler.<br />
Die Reliabilität der Messungen ist jedoch nicht auf einfache Weise festzustellen, denn es sind mehrere wichtige<br />
Einflußgrößen zu berücksichtigen. Selbstverständlich muß bei den nicht-invasiven Vergleichsmessungen kritisch gefragt<br />
werden, ob sich diese tatsächlich als Referenzmethode eignen, da sie ihrerseits erhebliche Unsicherheiten und Probleme<br />
aufweisen. Genaue Vergleichsmessungen unter Berücksichtigung solcher Einwände haben sich als relativ schwierig erwiesen.<br />
Wenn es grundsätzlich um die Evaluation der Methodik der Blutdruckmessung am Finger geht, sind die vier, u. a. von<br />
Kenner (1988) genannten Aspekte der Messung zu bedenken:<br />
• Genauigkeit (accuracy) im Vergleich zu den "wahren" Werten einer Referenzmethode,<br />
• Reproduzierbarkeit,<br />
• Amplituden-Auflösung,<br />
• zeitliche Auflösung.<br />
Der erste und der zweite Aspekt entsprechen in etwa den Begriffen Parallel-Test-Reliabilität (wobei allerdings<br />
keine "wahren" Werte existieren) bzw. der Retest-Reliabilität in der Testkonstruktion. Die Amplituden-<br />
Auflösung kann bei den hier verglichenen Messmethoden insgesamt als befriedigend gelten. Die hohe zeitliche<br />
Auflösung der Finapres-/Portapres-Geräte ist natürlich allen anderen nicht-invasiven Methoden überlegen. Als<br />
weiterer Aspekt wird oft die Genauigkeit bei der Wiedergabe einer Messwertänderung (Tracking) genannt, denn<br />
bei einem konstanten Fehler könnte dennoch ein zuverlässiges Tracking mit einem bias (offset) des Mittelwertes<br />
möglich sein. Wenn jedoch die Messgenauigkeit unzureichend ist und die Werte über einen sehr weiten Bereich<br />
streuen, wird auch das Tracking unzuverlässig sein. Die Bewertung hängt natürlich auch von den spezischen<br />
Zielen einer Untersuchung ab: den mit einem bestimmten Fehler assoziierten Risiken, der Absicht eines Trackings<br />
von schnellen Blutdruckänderungen oder der Absicht des ambulanten Monitoring.<br />
Statistische Analysen der Messgenauigkeit<br />
Bei der Beurteilung der Blutdruckmessungen wurden verschiedentlich Prozentangaben verwendet: wie viel Prozent der Messungen<br />
mit Methode A liegen im Bereich von ± 5 mm Hg (oder 10) der Referenzmethode B? Außerdem wurden Scattergramme<br />
mit Konfidenzintervallen (Konturogramme) verwendet (siehe u. a. O'Brien & O'Malley, 1991). Die Hypothese<br />
"Differenz (A-B) = 0" ist statistisch zu prüfen. Da die Genauigkeit der Messung im mittleren Bereich praktisch wichtiger als<br />
im Extrembereich ist, kann der Messfehler für verschiedene Bereiche, z. B. unter 100, zwischen 100 und 150, über 150 mm<br />
Hg angegeben werden.<br />
Die Genauigkeit einer Messung wird oft als Regressionslinie (A- und B-Messung mit ± 2 Standardabweichungen) angegeben.<br />
Diese Darstellung hat jedoch Nachteile: (1) der Korrelationskoeffizient zeigt die Enge der Beziehung, aber nicht die<br />
Übereinstimmung an, da Mittelwertunterschiede unberücksichtigt bleiben, (2) die Höhe des Koeffizienten hängt von dem<br />
Range der Messwerte ab und (3) können hohe Koeffizienten trotz schlechter Übereinstimmung der Messungen gefunden<br />
werden.<br />
Bland und Altman (1986) schlugen vor, die Differenz zwischen den beiden Methoden A und B (Y-Achse) gegen den Mittelwert<br />
von A und B (X-Achse) mit einem Intervall von ± 2 SD in einem Diagramm darzustellen. Dieser Bereich gibt die<br />
"limits of agreement" an. Falls die Differenzen in diesem Bereich als vernachlässigbar angesehen werden können, sind die<br />
Methoden A und B austauschbar (siehe auch die Beispiele bei Bland & Altman, 1986). Die Grenzen der Übereinstimmung<br />
stammen ja aus einer bestimmten Untersuchung. Unter der Normalverteilungsannahme hinsichtlich der Differenzen kann der<br />
Standardfehler dieser Differenz geschätzt werden.<br />
Der Mittelwert der Differenzen zweier Methoden (mittlere Abweichung) wird als accuracy und die Standardabweichung<br />
der Differenzen als precision definiert (siehe auch Imholz et al., 1998; Jellema et. al., 1996; Silke & McAuley, 1998).<br />
Vergleich mit intra-arteriellen Messungen<br />
In einem Review haben Imholz et al. (1998) die Untersuchungen, in denen Finger-Blutdruck und intra-arteriell gemessener<br />
Brachialis-Blutdruck verglichen wurden, zusammengefasst:<br />
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