Energieeffiziente Holzbauten - Die neue Quadriga
Energieeffiziente Holzbauten - Die neue Quadriga
Energieeffiziente Holzbauten - Die neue Quadriga
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Im Blickpunkt: Holzbauphysik – die Basics<br />
– 20 – 2/2013<br />
<strong>Energieeffiziente</strong> <strong>Holzbauten</strong><br />
Wo wollen wir hin? Wo sind unsere Chancen?<br />
Um das Thema „<strong>Energieeffiziente</strong> <strong>Holzbauten</strong>“ ganzheitlich<br />
zu diskutieren, ist zunächst die Frage zu stellen, woraus sich<br />
die Energieeffizienz von <strong>Holzbauten</strong> zusammensetzt. Und es<br />
ist festzustellen, dass Energieeffizienz im Regelfall mit Ressourceneffizienz<br />
und mit einer Verringerung der CO 2<br />
-Emissionen<br />
einhergeht.<br />
Woraus also setzt sich die Energieeffizienz von <strong>Holzbauten</strong><br />
zusammen? Ohne Anspruch auf Vollständigkeit sind als Einflussfaktoren<br />
der Energieeffizienz zu nennen: <strong>Die</strong> Energieeffizienz<br />
der Rohstofferzeugung, der Produktherstellung, der<br />
Bauwerksherstellung, der Gebäudenutzung und des Recyclings/Rückbaus.<br />
Aus den vorgenannten fünf Punkten zusammen ergibt sich,<br />
dass die Energieeffizienz über den gesamten Lebenszyklus eines<br />
Gebäudes zu betrachten ist.<br />
Autor:<br />
Univ.-Prof. Dr.-Ing. Stefan Winter<br />
TU München, Lehrstuhl für Holzbau<br />
und Baukonstruktion/bauart<br />
Konstruktions GmbH & Co. KG,<br />
München/Lauterbach<br />
Vom Forst bis zur Baustelle<br />
<strong>Die</strong> ersten Schritte zur<br />
energetischen und ökologischen<br />
Gesamtbilanz von<br />
Holzbauweisen haben wir in<br />
mehreren Beiträgen in den<br />
Heften 2 und 3-2012 ausführlich<br />
behandelt. <strong>Die</strong> beiden<br />
positiven Eigenschaften von<br />
Holz im Vergleich zu anderen<br />
Baustoffen – Kohlenstoffspeicherung<br />
und eingebettete<br />
Energie – sind wissenschaftlich<br />
abgesichert und können<br />
auf Basis der EPD (Europäische<br />
Produktdeklarationen)<br />
kalkuliert werden.<br />
Beim Energieaufwand für<br />
verschiedene Verfahren der<br />
Bauwerkserstellung ist die<br />
Datenbasis allerdings noch<br />
sehr dünn. Erste Vergleiche<br />
haben gezeigt, dass die<br />
Vorfertigung im Werk leichte<br />
Vorteile hat, da die Transportfälle<br />
von Personal zur Baustelle,<br />
Kranzeiten auf der Baustelle<br />
etc. deutlich verringert<br />
werden konnten. Andererseits<br />
findet die Fertigung in zumindest<br />
temperierten, geschlossenen<br />
Hallen statt (Heizkosten)<br />
und die Transportvolumen<br />
sind größer, so dass möglicherweise<br />
einige LKW-Fahrten<br />
zusätzlich anfallen.<br />
<strong>Die</strong> zunehmende Elementierung<br />
hat den Vorteil, auf umfangreiche<br />
und lange vorzuhaltende<br />
Baustelleneinrichtungen<br />
und Ausrüstungen<br />
verzichten zu können, welche<br />
natürlich auch in einer entsprechenden<br />
Energieeffizienzbilanz<br />
auftauchen müssen.<br />
Abbildung 1 zeigt die Montage<br />
eines weitgehend vorgefertigten<br />
4-geschossigen<br />
Gebäudes in Bad Aibling – H4<br />
– mit vollständiger Schutzfolie<br />
auf der Deckenebene, Abbildung<br />
2 zeigt das derzeit in<br />
Schweden übliche Vorgehen<br />
mit vollständiger Einhausung<br />
der Baustelle bei nur teilvorgefertigen<br />
Elementen.<br />
Im Lebensabschnitt Herstellungsbetrieb<br />
und Baustelle<br />
gibt es noch eine Vielzahl von<br />
Möglichkeiten zum „Feintuning“,<br />
u.a. die Herstellwerke<br />
betreffend. Verbrauchsoptimierte<br />
Maschinen, energieeffiziente<br />
Heizungssteuerung oder<br />
ggf. sogar Temperaturabsenkung<br />
in der Fertigung oder<br />
die Transportoptimierung sind<br />
nur einige der zu nennenden<br />
Beispiele.<br />
Massivholz kontra<br />
Leichtbau ?<br />
Ressourcen- und Energieeffizienz<br />
ist zwangsläufig mit<br />
Materialeffizienz verknüpft.<br />
Da man beispielsweise zum<br />
Trocknen von Schnittholz<br />
eine bestimmte Energiemenge<br />
benötigt, führt eine Reduktion<br />
von getrocknetem Schnittholz<br />
oder Holzwerkstoffen in einer<br />
Konstruktion zwangsläufig<br />
auch zu einem geringeren<br />
Energieeinsatz bei der Herstellung.<br />
Dementsprechend<br />
sollte man daher erwarten,<br />
dass die Leichtbauweisen wie<br />
Holztafelbau oder sogar die<br />
extremen Leichtbauweisen<br />
wie Holztafelbau mit Doppel-<br />
T-Querschnitten eindeutig auf<br />
dem Vormarsch wären. <strong>Die</strong>s<br />
ist aber nicht der Fall.<br />
Gerade im mehrgeschossigen<br />
Holzbau werden sehr<br />
häufig massive Holzkonstruktionen<br />
eingesetzt. <strong>Die</strong>s durchaus<br />
in Kombination mit Holztafelbau<br />
für die nichttragen-<br />
Abb. 1:<br />
Schnell fertiggestellte Rohdecke mit<br />
vollständiger Abdichtungsebene<br />
zum Schutz der darunter liegenden<br />
Bauteile<br />
(Foto: Fa. Huber & Sohn, Bachmehring)<br />
Abb. 2:<br />
Baustelle 8-geschossiger Holzbau<br />
Limnologen, Vaxjö, Schweden
2/2013 – 21 – Im Blickpunkt: Holzbauphysik – die Basics<br />
den und hochdämmenden<br />
Außenwandbauteile und<br />
Dachbauteile.<br />
Tragende Decken und<br />
Wände werden aber häufig<br />
aus Massivholzkonstruktionen<br />
wie Brettsperrholz oder liegendem<br />
Brettschichtholz hergestellt.<br />
<strong>Die</strong>s hat gute Gründe:<br />
Bei den mehrgeschossigen<br />
Bauweisen helfen die Massivholzkonstruktionen,<br />
sichtbare<br />
Holzbauweisen in der Gebäudeklasse<br />
4 und 5 durchzusetzen,<br />
da sie keine Brände in<br />
gedämmten oder ungedämmten<br />
Hohlräumen zulassen, unproblematisch<br />
löschbar sind,<br />
kein Rückzündungsverhalten<br />
zeigen und damit eine robuste<br />
Konstruktion darstellen.<br />
Ebenso sind bei den vielgeschossigen<br />
Gebäuden in den<br />
unteren Geschossen sehr hohe<br />
Lasten abzutragen, was durch<br />
die massiven Teile der Wände<br />
unproblematisch und vor allen<br />
Dingen nahezu setzungsfrei<br />
möglich ist.<br />
Es ist daher sinnvoll, u.U.<br />
einen höheren Ressourceneinsatz<br />
zu akzeptieren. Nach<br />
allen derzeit vorliegenden<br />
Daten stellt die Holzverfügbarkeit<br />
zukünftig keine<br />
limitierende Größe dar, wenn<br />
die Verbrennung von Holz,<br />
das zum Bauen verwendet<br />
werden kann, keine Überhand<br />
gewinnt. Durch die massiven<br />
Holzbauteile wird eine große<br />
Menge an Kohlenstoffspeicher<br />
langfristig zur Verfügung<br />
gestellt. Deshalb ist auch in<br />
Zukunft ein intelligenter Mix<br />
zwischen Massivholz und<br />
Leichtbauweisen gerade im<br />
mehrgeschossigen Holzbau<br />
sinnvoll.<br />
Holz-Beton-Verbund<br />
In vielen Fällen ist die<br />
Kombination unterschiedlicher<br />
Werkstoffe möglicherweise<br />
die beste Lösung.<br />
Holz-Beton-Verbunddecken<br />
beispielsweise weisen im Vergleich<br />
zur reinen Betondecke<br />
ein etwas geringeres Gewicht<br />
auf, bieten aber gleichzeitig<br />
gegenüber reinen Holzkonstruktionen<br />
einen einfacher<br />
herzustellenden, erhöhten<br />
Schallschutz.<br />
Vorgefertigte Holz-Beton-<br />
Verbundbauteile können zudem<br />
dazu genutzt werden, die<br />
jeweils errichteten Gebäudeteile<br />
effektiv gegen Feuchtigkeit<br />
zu schützen und – auch<br />
im Falle eines Brandes und<br />
folgendem Löschwasserangriff<br />
– die Schäden deutlich zu begrenzen.<br />
Ergänzend sei dazu<br />
angemerkt, dass gerade<br />
Betonbauteile – je nach Herkunft<br />
– über einen erstaunlich<br />
geringen Primärenergiebedarf<br />
verfügen. Wenn beispielsweise<br />
für die Betonherstellung nur<br />
gesiebte Flusskiese eingesetzt<br />
werden und die Zement- und<br />
Stahlmengen optimiert werden<br />
– wozu wiederum der<br />
Holz-Beton-Verbundbau beitragen<br />
kann – kann der erforderliche<br />
Primärenergiebedarf<br />
optimiert werden.<br />
Abbildung 3 zeigt den<br />
Entwurf eines Bausystems aus<br />
einem Wettbewerb für die<br />
Stadt Kouvola in Finnland<br />
(Architekten: Hermann<br />
Kaufmann ZT, Ingenieure:<br />
bauart Konstruktions GmbH<br />
& Co.KG) mit dem durch eine<br />
Kombination von Holzmassivbau,<br />
Holz-Beton-Verbundbau,<br />
Holzskelettbau und hochgedämmten<br />
Leichtbauelementen<br />
für die Fassade ein sehr<br />
schneller Baufortschritt<br />
genauso erzielt werden kann<br />
wie eine günstige Ökobilanz.<br />
Energieeffizienz bei<br />
Recycling / Rückbau /<br />
Endverwendung<br />
Zum Zeitpunkt der Errichtung<br />
eines Gebäudes liegen<br />
der Rückbau und damit das<br />
Recycling und eine mögliche<br />
Abb. 3: Holz-Beton-Verbund Fertigteile<br />
in Kombination mit Holzmassivbau,<br />
Holzskelettbau und Holzleichtbau.<br />
Wettbewerbsbeitrag für einen Wettbewerb<br />
der Stadt Kouvola, Finnland,<br />
2011<br />
(Architekten Hermann Kaufmann ZT, Dornbirn)<br />
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Im Blickpunkt: Holzbauphysik – die Basics<br />
– 22 – 2/2013<br />
Endverwendung der Bauprodukte<br />
in weiter Ferne. <strong>Die</strong> am<br />
Bau unmittelbar Beteiligten,<br />
vom Planer über den Ausführenden<br />
bis zum Bauherren,<br />
werden im Regelfall davon<br />
ausgehen, dass sie den Rückbau<br />
des gesamten Gebäudes<br />
gar nicht mehr erleben. <strong>Die</strong><br />
normative technische Lebensdauer<br />
eines Gebäudes beträgt<br />
derzeit 50 Jahre, in Realität<br />
wird die technische Lebensdauer<br />
der Gebäudekonstruktion<br />
100, 150 oder gar 300<br />
und mehr Jahre betragen.<br />
Dennoch – wir sollten mehr<br />
Verstand und Geld in die<br />
Recyclingfähigkeit unserer<br />
Gebäude investieren! Denn<br />
hier kann der Holzbau in<br />
Zukunft ein Pionier sein,<br />
wenn ein wenig in Forschung<br />
und Entwicklung investiert<br />
wird.<br />
Durch die Vielzahl der<br />
möglichen Schraubenverbindungen<br />
verfügt der Holzbau<br />
ja schon heute über statisch<br />
wirksame, mechanische Verbindungen,<br />
die leicht lösbar<br />
sind. Gleiches gilt für Bolzen,<br />
Passbolzen und Stabdübelverbindungen.<br />
Etwas schwieriger<br />
wird es bei den üblichen<br />
Nagel- und Klammerverbindungen,<br />
beispielsweise zur Befestigung<br />
von Beplankungen.<br />
Dazu gehört – wo immer<br />
möglich – eine leichte Rückbaumöglichkeit<br />
zu wählen<br />
und vorrangig die strikte<br />
Vermeidung von vorbeugend<br />
chemischen Holzschutz, um<br />
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die Nutzung des nicht kontaminierten<br />
Holzes zu ermöglichen.<br />
Abgesehen davon<br />
erleichtert die Minimierung<br />
des Einsatzes von chemischen<br />
Stoffen auch die spätere<br />
thermische Verwertung oder<br />
sogar die Verwertung des<br />
Rohstoffs Holz als Ressource<br />
für chemische Grundstoffe.<br />
Energieeffizienz der<br />
Gebäudenutzung<br />
Der Energieverbrauch der<br />
Gebäude während ihrer Nutzung<br />
nimmt nach wie vor den<br />
Hauptumfang der Energieverbräuche<br />
und damit der<br />
CO 2 -Emissionen ein. <strong>Die</strong>s ist<br />
auch der Fall, wenn wir – wie<br />
derzeit üblich – die Bilanzierung<br />
nur über einen Zeitraum<br />
von 50 Jahren vornehmen.<br />
Und daraus folgt, dass der<br />
Wärmeenergiebedarf der Gebäude<br />
im Mittelpunkt der<br />
möglichen Optimierungen<br />
steht.<br />
Was also tun, was bauen?<br />
Passivhausstandard als<br />
Mindestmaß für den Neubau<br />
oder geht auch ein 3-Liter-<br />
Haus noch? U-Wert der<br />
Wände noch mal halbieren<br />
und damit die Dämmung noch<br />
mal verdoppeln ? Dann wären<br />
wir im Mittel bald bei 800 m<br />
Wandstärke! Oder nur noch<br />
Plus-Energiegebäude bauen,<br />
was wegen des unvermeidbaren<br />
Energieverbrauchs während<br />
der Nutzung nur durch<br />
gleichzeitige Energieerzeugung<br />
möglich ist?<br />
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Nun, nach persönlicher<br />
Überzeugung des Autors sind<br />
wir zumindest bei den Wandbauteilen<br />
unter Abwägung<br />
ökonomischer und ökologischer<br />
sowie gestalterischer<br />
Aspekte wohl an der Grenze<br />
des Vertretbaren angekommen.<br />
U-Werte um U = 0,1 W/m²K<br />
haben sich bauphysikalisch<br />
robust bezüglich der Feuchtesicherheit<br />
auf den Oberflächen<br />
und der Feuchtesicherheit im<br />
Bauteilinneren in allen Klimazonen<br />
bewährt und sind in<br />
der Praxis problemlos umsetzbar.<br />
Bei den Dach- und Bodenbauteilen<br />
sind möglicherweise<br />
noch geringe Potentiale verborgen.<br />
Auch hier sind aber<br />
nach Meinung des Autors die<br />
Grenzen mit U-Werten um die<br />
0,1 W/m 2 K oder knapp darunter<br />
eigentlich erreicht.<br />
Dass zu einer sehr guten<br />
Energieeffizienz auch eine<br />
gute Luftdichtheit gehört, hat<br />
der Holzbau bereits verinnerlicht.<br />
Folgt man bautechnischen<br />
Empfehlungen, die seit<br />
Ende der 90er in dieser Zeitschrift<br />
und seinen condetti-<br />
Details publiziert werden, so<br />
sind regelmäßig n 50 -Werte<br />
von 0,5 1/h und darunter das<br />
Ergebnis – auch hier ist nach<br />
unserer Auffassung die<br />
Grenze der Sinnhaftigkeit<br />
erreicht.<br />
Am Ende der Fahnenstange?<br />
<strong>Die</strong> Fenster.<br />
Das Entwicklungspotential<br />
liegt also eher bei den transparenten<br />
Bauteilen Fenster<br />
und Türen), deren Leistungseigenschaften<br />
sicher noch<br />
weiter zu entwickeln sind. <strong>Die</strong><br />
üblichen U-Werte zwischen<br />
0,7 bis 1,1 W/m 2 K können<br />
möglicherweise noch auf ein<br />
Mittel von ca. 0,5 W/m²K<br />
verbessert werden. Jedoch ist<br />
zu beachten, dass damit meist<br />
Mehrfachverglasungen einhergehen,<br />
was wiederum<br />
entsprechende Gewichte und<br />
damit statische Erfordernisse<br />
zur Folge hat. Und bedienungsfreundlicher<br />
werden alle<br />
zu öffnenden Bauteile durch<br />
das sehr hohe Gewicht auch<br />
nicht.<br />
Was tun eigentlich Menschen,<br />
die sagen wir einmal<br />
kurz vor Ostern aus dem<br />
bitterkalten Helsinki ins<br />
angenehm warme Madrid<br />
fliegen?<br />
Sie tragen in Helsinki einen<br />
Pullover mehr, in Madrid<br />
einen Pullover weniger und<br />
ggf. helfen auch noch lange<br />
Unterhosen oder Shorts zur<br />
Klimaanpassung beizutragen.<br />
Anders ausgedrückt: Der<br />
Mensch ist in der Lage, mit<br />
wenigen Handgriffen die<br />
‚Klimahülle Kleidung’ den<br />
gerade herrschenden äußeren<br />
Klimabedingungen anzupassen.<br />
Bei unserer heutigen Fenstertechnologie<br />
und Fassadentechnik<br />
ist dies allerdings<br />
noch lange nicht der Fall.<br />
Fenster werden heute üblicherweise<br />
für die kalte Jahreszeit<br />
optimiert, sollen also<br />
einen möglichst geringen<br />
Wärmeverlust aufweisen.<br />
Gleichzeitig reduziert das<br />
üblicherweise den Strahlungsdurchlass,<br />
was wiederum zur<br />
deutlichen Reduzierung der<br />
Strahlungsgewinne führt. Leider<br />
ist es immer noch nicht<br />
gelungen, auch ökonomisch<br />
vertretbare Kastenfensterkonstruktionen<br />
zu entwickeln,<br />
welche eine einfache Anpassung<br />
an Sommer- und Winterfall<br />
und die kurzfristige<br />
Anpassung an die gerade<br />
herrschenden Witterungsbedingungen<br />
ermöglichen. In<br />
Abbildung 4 sind solche<br />
Schiebe- oder Gleitelemente<br />
angedeutet, die es ermöglichen<br />
könnten, der Gebäudehülle<br />
den Pullover an- oder<br />
auszuziehen.<br />
Wo also sind die Holzbauer,<br />
die sich mit den Fensterbauern<br />
zusammentun und – gerne<br />
mit universitärer Unterstützung<br />
– eine deutliche Weiterentwicklung<br />
anstoßen?<br />
Zusätzlich zu den bisher betrachteten<br />
Wärmeschutzeigenschaften<br />
der Hülle in den kalten<br />
Jahreszeiten, wird in Zukunft<br />
die Vermeidung von<br />
erforderlichen Kühllasten im<br />
Sommer von Bedeutung sein.<br />
Bekanntermaßen spielt hier<br />
u.a. die im Gebäude zur Verfügung<br />
stehende Wärmespeicherkapazität<br />
eine Rolle,
2/2013<br />
welche hilft, Temperaturspitzen<br />
zu dämpfen bzw. Nachtkühlung<br />
durch Lüftung zu<br />
unterstützen. Daraus entsteht<br />
die Notwendigkeit, Speichermassen<br />
bereit zu stellen und<br />
damit ein gewisser Widerspruch<br />
bezüglich der Ressourceneffizienz.<br />
Zusammenfassend kann<br />
man bezüglich der Energieeffizienz<br />
der Gebäudehülle sagen,<br />
dass Energieverbräuche zwischen<br />
dem Niveau eines Passivhauses<br />
und einem „3-Liter-<br />
Haus“ und damit einem Heizwärmebedarf<br />
(incl. Lüftung)<br />
zwischen 15 kWh/m 2 a und<br />
30 kWh/m 2 a in Abhängigkeit<br />
von der Klimazone sinnvolle<br />
Grenzen sind, deren weitere<br />
Unterschreitung derzeit ökologisch,<br />
ökonomisch und gestalterisch<br />
nicht sinnvoll erscheint.<br />
Technische<br />
Gebäudeausrüstung<br />
Für energieeffiziente Gebäude<br />
wird eine intelligente<br />
Integration der technischen<br />
Gebäudeausrüstung von hoher<br />
Bedeutung sein. Sofern die<br />
oben angeführten Thesen zutreffend<br />
sind, dann wird in<br />
Zukunft eine Steigerung der<br />
Energieeffizienz von Gebäuden<br />
nur noch durch die technische<br />
Gebäudeausrüstung<br />
ermöglicht werden.<br />
Leider ist der Holzbau von<br />
einer effizienten Integration<br />
der Haustechnik in den eigenen<br />
Fertigungs- und Vorferti-<br />
gungsprozesses genau so weit<br />
entfernt, wie andere vorgefertigte<br />
Bauweisen, sieht man<br />
mal von vereinzelten Leerrohren<br />
für Elektroinstallationen<br />
etc. ab. Es ist und bleibt das<br />
aktuelle Ärgernis, dass wir<br />
zwar in der Lage sind, in kürzester<br />
Zeit eine wind- und<br />
wasserdichte, hochgedämmte<br />
Gebäudehülle herzustellen,<br />
dann aber über viele Wochen<br />
– manchmal gar Monate –<br />
hinweg mit der mühsamen<br />
Einzelinstallation der technischen<br />
Gebäudeausrüstung<br />
beschäftigt sind. Auch das<br />
kostet Energie und ist meist<br />
wenig energie- und ressourceneffizient!<br />
Auch wenn bereits einige<br />
Ansätze gescheitert sind, eine<br />
weitergehende Integration der<br />
Haustechnik voranzutreiben<br />
– siehe beispielsweise die allseits<br />
bekannten Rosenheimer<br />
Häuser – so sollte doch weiter<br />
entwickelt und geforscht<br />
werden, um diese Integration<br />
herstellen zu können.<br />
Zu einer optimierten luftdichten<br />
Hülle gehört natürlich<br />
auch ein effizientes Lüftungssystem,<br />
das die hygienische<br />
Grundlüftung sicherstellt. Hier<br />
besteht nach wie vor Entwicklungsbedarf<br />
bei der Vereinfachung<br />
der Systeme. Wir müssen<br />
energieeffiziente Beleuchtungs-Systeme<br />
ebenso wie<br />
energieeffiziente Heizungsund<br />
Warmwassersysteme integrieren.<br />
Gleichzeitig wird der<br />
Wunsch geäußert, im Sommer<br />
mehr zu kühlen als bisher und<br />
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Im Blickpunkt: Holzbauphysik – die Basics<br />
– 24 – 2/2013<br />
Abb.4:<br />
Typisches Gebäude der 50iger Jahre<br />
in Espoo; vor und nach energetischer<br />
Ertüchtigung mit vorgefertigten<br />
Holzfassaden<br />
(Computeranimation: Kimmo Jebens,<br />
Aalto Universität)<br />
Vorher<br />
Nachher – energetisch mit Holzfertigbau ertüchtigt<br />
nicht wenige gibt es, die auch<br />
im Urlaub über Handy oder<br />
Computer genau wissen<br />
möchten, was denn eigentlich<br />
zu Hause gerade los ist.<br />
Natürlich ist dieses große<br />
Feld der Entwicklungen nicht<br />
dem Holzbau alleine vorbehalten.<br />
Entsprechende Ansätze<br />
wird es in allen anderen Bauarten<br />
geben. Aber der Holzbau<br />
hat möglicherweise die besten<br />
Voraussetzungen. Dabei muss<br />
das rechte Maß gefunden<br />
werden.<br />
Wenn wir in 20 Jahren unsere<br />
Gebäude nur noch mit<br />
ordnerdicken Handlungsanweisungen<br />
für alle Systeme<br />
ausliefern können – siehe ein<br />
modernes Fahrzeug – der<br />
Nutzer die Handlungsanweisung<br />
aber ohnehin nicht oder<br />
nur bruchstückweise lesen<br />
wird, dann werden wir vor<br />
lauter Technik gar nicht mehr<br />
wissen, welche Fragen wir mit<br />
dieser Technik eigentlich beantworten<br />
wollen. Wir suchen<br />
also nach der Balance zwischen<br />
der Steigerung der<br />
Energieeffizienz von Gebäuden<br />
mittels technischer Gebäudeausrüstung<br />
und gleichzeitiger<br />
Robustheit, Bedienbarkeit<br />
und „Menschlichkeit“<br />
unserer Bauwerke.<br />
Plusenergiegebäude<br />
Zunächst sei eine kritische<br />
Anmerkung zu den Wortschöpfungen<br />
„Null-Energiehaus“<br />
oder „Plusenergie-Gebäude“<br />
gestattet. Beide Begriffe<br />
sind möglicherweise ein<br />
wenig missweisend, denn<br />
eindeutig ist, dass wir sowohl<br />
zur Errichtung als auch zum<br />
Betrieb eines Gebäudes und<br />
später zum Rückbau Energie<br />
aufwenden müssen.<br />
Es ist und wird wohl eine<br />
physikalische Gegebenheit<br />
bleiben, dass Heizen, Kühlen,<br />
Warmwasserbereitung, Kochen<br />
usw. ebenso wie das Herstellen<br />
eines Stücks Schnittholzes<br />
oder einer Betondecke<br />
schlichtweg Energie verbrauchen.<br />
Hilfreich wäre daher<br />
zunächst eine klare Definition<br />
vorzugeben. Aus Sicht des<br />
Autors sollte klargestellt werden,<br />
dass ein Nullenergie-<br />
Gebäude nur ein Gebäude sein<br />
kann, welches in der Summe<br />
die zur seiner Herstellung und<br />
die für eine 50jährige Betriebsdauer<br />
erforderliche<br />
Energiemenge innerhalb eben<br />
dieser 50jährigen Betriebsdauer<br />
produzieren kann. Mehr<br />
noch – auch Herstellungsund<br />
Betriebsaufwand der<br />
Energiegewinnungsanlage<br />
muss durch die Erzeugung<br />
energetisch amortisiert<br />
werden.<br />
Nimmt man diese Definition<br />
nur halbwegs ernst, so wird<br />
klar, dass das Gebäude ein<br />
Energiegenerator werden<br />
muss. Das ist zunächst auch<br />
sinnvoll, da ein Gebäude<br />
ohnehin verbrauchte Fläche<br />
darstellt. Es ist sicher sinnvoll,<br />
diese und die ohnehin vorhandene<br />
Infrastruktur (z.B.<br />
Stromanschluss) zur Energiegewinnung<br />
zu nutzen.<br />
Sonnenenergie sammeln,<br />
speichern, nutzen<br />
Ein echtes Plus lässt sich<br />
damit aber wohl nur über die<br />
Generierung solarer Gewinne<br />
realisieren. Bleiben wir also<br />
bei der Energiegewinnung<br />
über die Gebäudehülle.<br />
Hier können solare Einträge<br />
durch Fensterflächen über<br />
Wärmepumpensysteme<br />
zwischengespeichert werden.<br />
Ebenso können an Dach und<br />
Fassade Photovoltaiksysteme<br />
installiert werden. Zunehmend<br />
werden in Zukunft Absorbersysteme<br />
aller Art von Interesse<br />
sein, mit denen es gelingt,<br />
eingestrahlte Sonnenenergie<br />
über einen Wärmeträger, in<br />
Zwischenspeicher abzugeben<br />
und von dort bei Bedarf wieder<br />
zu entnehmen. <strong>Die</strong> derzeit<br />
schon als Prototypen eingesetzten<br />
Eisspeicher sind dabei<br />
möglicherweise eine entscheidende<br />
Weiterentwicklung.<br />
Ebenso gibt es zwischenzeitlich<br />
eine Reihe von Pilotgebäuden,<br />
die über die gesamte<br />
Fassadenfläche und<br />
über kombinierte Photovoltaik-Absorberelemente<br />
im<br />
Dach nicht nur Strom, sondern<br />
auch Wärme gewinnen<br />
und zwischenspeichern. Neben<br />
Absorbersystemen sind auch<br />
Kombinationen mit Algenfassaden<br />
oder Ähnlichem<br />
denkbar.<br />
Bei all diesen Systemen<br />
muss der Holzbau aber zwei<br />
Nachteile überwinden: Er<br />
kommt im Regelfall mit geringerer<br />
Masse daher und er<br />
verwendet einen durch holzzerstörende<br />
Pilze und Insekten<br />
angreifbaren Werkstoff, muss<br />
also insbesondere für eine<br />
dauerhafte und zuverlässige<br />
Trockenheit seiner Wandbauteile<br />
sorgen. <strong>Die</strong>s gilt gleichermaßen<br />
für von außen anfallende<br />
Feuchtigkeit wie<br />
Schlagregen und für Feuchtigkeiten,<br />
die im Bauteilinneren<br />
durch Konvektion oder<br />
Diffusion entstehen.<br />
Ob es dem Holzbau bei den<br />
Plusenergiehäusern gelingen<br />
wird wie bei den Passivhäusern<br />
eine Vorreiterrolle einzunehmen,<br />
ist derzeit leider<br />
völlig ungewiss. <strong>Die</strong> doch<br />
überwiegend kleinteilige<br />
Struktur des Holzbaus ist hier<br />
möglicherweise ein starker<br />
Nachteil. Und anders als bei<br />
der Entwicklung der Passivhäuser<br />
bewegen wir uns heute<br />
nicht in einer Nische sondern<br />
im „Mainstream“!<br />
Neubau und Bestand<br />
So schön es ist, energieeffiziente<br />
Neubauten zu errichten,<br />
umso wichtiger ist die energetische<br />
Sanierung unseres<br />
Gebäudebestandes. Der Holzbau<br />
hat auf diesem Sektor<br />
durch vorgefertigte Fassadenelemente,<br />
zusätzliche Dämmung<br />
von Dachbauteilen,<br />
Aufstockungen und Ergänzungen<br />
eine Vielzahl von<br />
Möglichkeiten, dass ist in den<br />
letzten Jahren hinreichend<br />
diskutiert worden (vgl. auch<br />
das Special im Heft 3-2001).<br />
Und die Möglichkeiten sind
2/2013<br />
nicht nur auf Deutschland<br />
beschränkt!<br />
Es ist innerhalb der Europäischen<br />
Union unstreitig, dass<br />
mindestens 2% des Gebäudebestandes<br />
pro Jahr energetisch<br />
saniert werden müssten,<br />
um die Ziele der CO 2 -Reduzierung<br />
zu erreichen. <strong>Die</strong> derzeitige<br />
Quote beträgt in den<br />
meisten Ländern – auch in der<br />
Bundesrepublik Deutschland<br />
– nicht einmal 1 %. Hier liegt<br />
das größte Potential für den<br />
Holzbau – und dann entstehen<br />
eben kombinierte<br />
Massivbau-Holzbau-Häuser.<br />
Abbildung 5 zeigt ein Beispiel<br />
aus Tapiola, einem Stadtteil<br />
von Espoo – typische standardisierte<br />
Bauweisen der 50iger<br />
Jahre, energetisch nicht mehr<br />
akzeptabel, in der Grundsubstanz<br />
aber relativ in Ordnung.<br />
Energieeffizienz bedeutet hier<br />
möglichst viel zu erhalten,<br />
Rückbau und Abriss so klein<br />
wie möglich zu halten und die<br />
Gebäude für die nächsten 100<br />
Jahre fit zu machen.<br />
<strong>Die</strong> größte Herausforderung<br />
im Bestand ist dabei die Renovierung<br />
im laufenden Betrieb<br />
und gerade hier kann der<br />
Holzbau durch seine Vorfertigung<br />
hocheffiziente Lösungen<br />
anbieten – wenn sich in Zukunft<br />
genügend Betriebe des<br />
Geschäftsfeldes annehmen!<br />
Fazit<br />
Da in Zukunft durch die<br />
deutlich verringerten Energieverbräuche<br />
während des Betriebes<br />
eines Gebäudes die<br />
Errichtungs- und Rückbauphasen<br />
prozentual wesentlich<br />
größeren Einfluss auf die<br />
Gesamtprimärenergiebilanz<br />
und damit auch auf die<br />
CO 2 -Emmissionsbilanz eines<br />
Gebäudes haben werden, muss<br />
von einem gesamtheitlicheren<br />
Ansatz der Beurteilung der<br />
Energieeffizienz von Gebäuden<br />
ausgegangen werden.<br />
Der Holzbau startet hier<br />
– wie bei der Entwicklung der<br />
Passivhäuser – eindeutig aus<br />
der Pole-Position. Ob man<br />
sie ausnutzen kann, wird<br />
davon abhängen, ob es gelingt,<br />
die Industrialisierung<br />
des Holzbaus und damit auch<br />
die Bildung größerer Betriebs-<br />
einheiten voranzutreiben. Der<br />
Holzbau hat eine Riesenchance,<br />
um in Zukunft gerade im<br />
mehrgeschossigen Bauen<br />
extrem energieeffiziente Gebäude<br />
anzubieten.<br />
Aber es Bedarf dazu größerer<br />
Unternehmen, denn die<br />
Projektumfänge übersteigen<br />
schnell den einstelligen Millionenbereich.<br />
Dazu wird es<br />
noch mehr als bei der Entwicklung<br />
des Passivhauses<br />
einer Kooperation mit anderen<br />
Branchen bedürfen, was wiederum<br />
mit größeren Betrieben<br />
leichter gelingen wird als mit<br />
sehr kleinen und zersplitterten<br />
Strukturen.<br />
Es tut sich ein gigantischer<br />
Markt auf! Ob ihn der Holzbau<br />
bedienen kann, wird davon<br />
abhängen, ob er erneut<br />
seine Flexibilität nutzt, um<br />
neben der Weiterentwicklung<br />
der Baukonstruktionen und<br />
Prozesse nun auch eine Veränderung<br />
der Betriebsstrukturen<br />
herbeizuführen. Holz<br />
her! <br />
Literatur<br />
[1] Kuittinnen, M; et. al.: € CO2 –<br />
Wood in carbon efficient construction.<br />
Forschungsbericht und Buchveröffentlichung<br />
in Vorbereitung. Grafikdesign<br />
Takano, A.. Aalto University of<br />
Helsinky et. al., 2013.<br />
[2] DIN EN 15804:2012-04: Nachhaltigkeit<br />
von Bauwerken – Umweltproduktdeklarationen<br />
– Grundregeln<br />
für die Produktkategorie – Grundregeln<br />
für die Produktkategorie<br />
Bauprodukte.<br />
[3] Ökobau.dat – Deutschen Baustoffdatenbank<br />
für die Bestimmung<br />
globaler ökologischer Wirkungen.<br />
2011. Bundesministerium für Verkehr,<br />
Bau und Stadtentwicklung, Referat<br />
Nachhaltiges Bauen, 10117 Berlin.<br />
http://www.nachhaltigesbauen.de/<br />
baustoff-und-gebaeudedaten/oekobaudat.html<br />
[4] ecoinvent – Internationales<br />
Datensystem zur zentralen Erfassung,<br />
Berechnung, Verwaltung und zum<br />
Anbieten von Ökobilanzdaten. Empa/<br />
Technology & Society Lab (TSL),<br />
Lerchenfeldstrasse 5, 9014 St. Gallen.<br />
http://www.ecoinvent.ch<br />
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