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Schimmel unterm Gründach - Die neue Quadriga

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4/2013<br />

– 51 –<br />

Bauschäden<br />

<strong>Schimmel</strong> <strong>unterm</strong> <strong>Gründach</strong><br />

Wie viel Sanierung macht Sinn?<br />

Es gibt zwei Arten von Bauherrn, die Bausachverständige<br />

„beschäftigen“. <strong>Die</strong> einen reden sich (und anderen) Mängel<br />

an ihrer privaten Immobilie ein, ohne dass es Schäden gibt.<br />

<strong>Die</strong> anderen haben Schäden an Bauobjekten, die sie vermieten,<br />

die sie so lange ignorieren, bis die Probleme unübersehbar<br />

geworden sind. Der vorliegende Fall ist einer aus der<br />

zweiten Kategorie. Es gibt keinen Rechtsstreit, aber <strong>Schimmel</strong>befall<br />

an einer begrünten Flachdachkonstruktion wäre<br />

für manchen Bauherrn der ersten Kategorie schon ein Grund,<br />

in Panik zu geraten.<br />

<strong>Die</strong> Analyse und die Vorschläge des Sachverständigen versuchen<br />

beim hier vorgestellten Objekt die Totalsanierung zu<br />

vermeiden und den Ball flach zu halten. Gleichwohl ist ein<br />

angepasstes Sanierungskonzept zu finden, das Vermieter<br />

und Mieter gleichermaßen Sicherheit gibt.<br />

Autor:<br />

Bernhard Kopff,<br />

Architekt und Sachverständiger für<br />

Schäden an Gebäuden, Fachrichtung<br />

Holzschutz, München<br />

Ein Massivbau mit<br />

Holzbau-Pultdach<br />

Pultdächer sehen modern<br />

aus und scheinen auch in der<br />

Herstellung einfach und kostengünstig.<br />

Ein <strong>Gründach</strong><br />

sorgt für sommerliche Kühle<br />

und hält auch im Winter die<br />

größte Kälte ab, so dass im<br />

Dach immer ein mittleres Klima<br />

herrscht. Natürlich sieht<br />

ein <strong>Gründach</strong> hübsch aus –<br />

wenn man es sehen kann<br />

– und verbessert das lokale<br />

Klima. Leider können sich<br />

auch bei solchen Konstruktionen<br />

Schäden zeigen, die<br />

ich hier beispielhaft behandeln<br />

möchte. Besonders<br />

scheint mir dieses Beispiel<br />

geeignet, den Zusammenhang<br />

zwischen scheinbar einfachem<br />

Detail und den daraus entstehenden<br />

Schwierigkeiten<br />

darzustellen.<br />

Bei dem untersuchten Objekt<br />

handelt es sich um eine<br />

4-Spänner-Reihenhauszeile<br />

(Abb. 1). Unter dem auskragenden<br />

Dach des Dachgeschosses<br />

waren an mehreren<br />

Stellen schwarze Fahnen festgestellt<br />

worden. Das Gebäude<br />

wurde aus Porenbeton errichtet<br />

und die Fassade im Obergeschoss<br />

mit Mineralwolle gedämmt<br />

und mit Wellblech<br />

verkleidet. Das Flachdach<br />

(4° Neigung) hat folgenden<br />

Aufbau:<br />

• <strong>Gründach</strong> mit ca. 8 cm<br />

Substrat,<br />

•<br />

Wurzelfeste Folie,<br />

• Bitumen Unterdach<br />

• Holzschalung 25 mm<br />

• Mineralwolle zwischen den<br />

Sparren<br />

• Dampfsperre<br />

• Lattung<br />

• Gipskartondecke<br />

<strong>Die</strong> Sparrenzwischenräume<br />

wurden an den First- und<br />

Traufseiten mit einem ausgeschnittenen<br />

Blech bekleidet<br />

(Abb. 2 a und b).<br />

Bei genauerer Untersuchung<br />

konnte festgestellt werden,<br />

dass die schwarzen Fahnen<br />

hauptsächlich firstseitig<br />

(Süd-West), und in Bereichen<br />

von nicht sauber anliegendem<br />

Abdeckblech zwischen den<br />

Sparren auftraten. Je größer<br />

die Fuge, umso größer ist<br />

auch die Fahne. <strong>Die</strong> „Fahnen“<br />

an der Dachschalung und – in<br />

geringerem Maß an den auskragenden<br />

Sparren - konnten<br />

als mikrobieller Befall aufgrund<br />

von Feuchtigkeit identifiziert<br />

werden. Es muss also<br />

zeitweise in diesen Bereichen<br />

eine erhebliche Feuchtigkeit<br />

vorgelegen haben.<br />

<strong>Die</strong> Blechverkleidung wurde<br />

zur Untersuchung über ca.<br />

vier Sparrenfelder demontiert.<br />

Es zeigte sich der gleiche<br />

schwarze mikrobielle Befall<br />

an der Schalung auch im<br />

Inneren der Holzbaukonstruktion.<br />

Er reichte bis ca. 50 cm<br />

tief in den Dachraum (Abb. 3)<br />

und zwar dort, wo die Gefache<br />

nicht sorgfältig mit<br />

Dämmstoff ausgefüllt waren<br />

und es einen durchströmbaren<br />

a<br />

b<br />

Abb. 1:<br />

Das untersuchte Objekt: Ein Massivbau<br />

mit begrüntem Flachdach in<br />

Holzbauweise<br />

Abb. 2:<br />

Mikrobieller Befall am Dachüberstand


Bauschäden – 52 –<br />

4/2013<br />

Abb. 3:<br />

Bauteilöffnung am First. Der Blick<br />

nach innen: Vollflächige Verschimmelung<br />

der Schalung (Untersuchung im<br />

Sommer 2011).<br />

Abb. 4:<br />

Bauteilöffnung im Herbst 2006. Sichtbar<br />

nasse Schalung.<br />

Hohlraum zwischen Dämmung<br />

und Schalung gab. Somit<br />

wäre die Lösung zur Frage<br />

nach den schwarzen Fahnen<br />

ein winddichter Verschluss der<br />

Gefache im Trauf- und Firstbereich.<br />

Aber reicht das?<br />

Recherche der<br />

Schadensgeschichte<br />

Im Rahmen des Ortstermins,<br />

der an einem warmen Sommertag<br />

stattfand, konnte in<br />

der Dämmung keine nennenswerte<br />

Erhöhung der Luftfeuchtigkeit<br />

gegenüber außen<br />

und keine kritische Holzfeuchte<br />

(deutlich < 20 Masse %) in<br />

den Balken oder der Schalung<br />

festgestellt werden. Das Ereignis,<br />

das zur Schädigung führte,<br />

musste also länger zurückliegen.<br />

<strong>Die</strong> Recherche der Vorgeschichte<br />

gestaltete sich<br />

schwierig, da der Bauherr das<br />

Objekt erst während des Bauprozesses<br />

als (günstiges) Renditeobjekt<br />

gekauft hatte, der<br />

GU zwischenzeitlich pleite<br />

ging und der Architekt sich<br />

gegenüber einem Privatgutachter<br />

nicht sonderlich auskunftsfreudig<br />

zeigte.<br />

Das Objekt wurde 2005 errichtet.<br />

Durch die Insolvenz<br />

der Baufirma kam es zu Bauverzögerungen,<br />

wodurch der<br />

Bau längere Zeit offen stand.<br />

Entgegen der ursprünglichen<br />

Planung des Architekten (reine<br />

Aufdachdämmung unter<br />

dem <strong>Gründach</strong>) wurde dann<br />

aber der beschriebene unbelüftete<br />

und vollgedämmte<br />

Aufbau ausgeführt.<br />

Schon im ersten Jahr nach<br />

Bezug wurden die beschriebenen<br />

Verschimmelungen festgestellt.<br />

Deshalb hatte im<br />

Herbst 2006 ein Kollege an<br />

einer Stelle das Dach geöffnet<br />

(Abb. 4), und dabei eine<br />

durchfeuchtete Schalung und<br />

oberseitig feuchte Mineralwolle<br />

gefunden. Messungen<br />

erfolgten allerdings leider<br />

nicht, und es wurde kein genaueres<br />

Gutachten beauftragt.<br />

Es gab ja auch niemanden,<br />

dem man die letzte Zahlung<br />

hätte verweigern oder gegen<br />

den man hätte klagen können.<br />

Das Foto von der Bauteilöffnung<br />

im Jahr 2006 zeigt,<br />

dass die Luftdichtung innen-<br />

seitig ordentlich verlegt wurde.<br />

Bei genauerer Betrachtung<br />

sind allerdings am nicht empfehlenswerten<br />

Querstoß der<br />

Folie Faltenbildungen zu erkennen,<br />

die erfahrungsgemäß<br />

über kurz oder lang zu Klebebandabrissen<br />

führen können<br />

(vgl. Heft 03-2009, S. 32 ff.).<br />

Ein Blower Door Test, der in<br />

einem der Reihenhäuser<br />

durchgeführt wurde, wies<br />

durchaus auf nennenswerte<br />

Fehlstellen in der Luftdichtung<br />

hin – eine Leckageortung<br />

und Dokumentation liegt<br />

allerdings nicht vor.<br />

Warum, wieso und<br />

weshalb?<br />

<strong>Die</strong> Ursachen für die Verschimmelungen<br />

und die anfangs<br />

ermittelte hohe Feuchte<br />

in der Konstruktion können<br />

vielfältiger Natur sein. Eine<br />

Auswahl der Fragen, die sich<br />

stellen.<br />

1. Wurden Sparren und Schalung<br />

(beides sägerau) trocken<br />

auf die Baustelle geliefert?<br />

2. Gab es während des Bauprozesses<br />

und seinen Unterbrechungen<br />

Regenereignisse,<br />

die zu einer Auffeuchtung<br />

der Hölzer führten?<br />

3. Wie lange war die Konstruktion,<br />

bevor sie geschlossen<br />

wurde, dem Umgebungsklima<br />

ausgesetzt?<br />

Welche Temperaturen, welche<br />

Luftfeuchten?<br />

4. Kann über die einbindenden<br />

Porenbetonwände Neubaufeuchte<br />

in die beidseitig<br />

dampfdichten Flachdachgefache<br />

verdunstet sein?<br />

5. Ist am Dachüberstand<br />

ablaufendes Regenwasser in<br />

die Konstruktion eingedrungen?<br />

6. Sind gravierende Luftleckagen<br />

vorhanden? Wo liegen<br />

diese? Wo sind die möglichen<br />

Strömungspfade?<br />

So viele Fragen – so wenig<br />

Antworten.<br />

Um die vorgefundene Konstruktion<br />

einzuschätzen, können<br />

das Merkblatt der technischen<br />

Kommission Flachdach<br />

des Fachverbandes Gebäudehülle<br />

Schweiz [FVGH<br />

2007] sowie das Spezial-Heft


4/2013<br />

– 53 –<br />

Bauschäden<br />

Flachdächer in Holzbauweise<br />

vom Informationsdienst Holz<br />

[Schmidt / Winter 2008], sowie<br />

viele weitere in den letzten<br />

Jahren in dieser Zeitschrift<br />

publizierte Beiträge herangezogen<br />

werden. Unisono wird<br />

von den Experten diese Dachvariante<br />

nicht empfohlen, weil<br />

sie nur geringe Fehlertoleranzen<br />

aufweist. Es wird oft von<br />

einer handwerklichen Baustellenfertigung,<br />

wie sie hier vorliegt,<br />

abgeraten. Allenfalls<br />

werden Gründächer auf unbelüfteten<br />

Holzflachdächern<br />

empfohlen, wenn eine Zusatzdämmung<br />

oberseitig angebracht<br />

wird (vgl. Heft 05-2011)<br />

und eine lückenlose Qualitätssicherung<br />

und -kontrolle<br />

(Einbaufeuchte, Luftdichtheitsprüfung<br />

mit Leckageortung<br />

und ggf. -beseitigung)<br />

erfolgt.<br />

Eine angepasste Lösung<br />

finden<br />

Angesichts der langen Liste<br />

der möglicherweise schadensursächlichen<br />

Probleme ist<br />

klar, dass diese Konstruktion<br />

(wie viele andere aus jener<br />

Zeit) nicht dem heutigen<br />

Stand der Technik entspricht.<br />

Doch diese Erkenntnis hilft<br />

einem Bauherren nichts, der<br />

weder die Geldmittel (noch die<br />

Nerven) für einen langen<br />

Rechtsstreit mit ungewissem<br />

Ausgang noch für eine Totalsanierung<br />

seines Mietobjektes<br />

hat.<br />

<strong>Die</strong> (erzwungene) „Gelassenheit“<br />

des Bauherrn, die<br />

manchem als fahrlässig erscheinen<br />

mag, hat immerhin<br />

ein paar Erkenntnisse gebracht,<br />

die für eine angemessene<br />

Sanierungslösung hilfreich<br />

sein können. In den fünf<br />

Jahren zwischen der ersten<br />

Bauteilöffnung durch den<br />

Kollegen und meiner Untersuchung<br />

wurde nichts unternommen,<br />

aber es mag sich an<br />

Zustand des Daches etwas geändert<br />

haben.<br />

Da an den 2011 geöffneten<br />

Stellen alles trocken war und<br />

keinerlei Hinweise auf Holzfäule<br />

zu finden waren (<strong>Schimmel</strong>pilze<br />

zerstören kein Holz!),<br />

kann es sein, dass die Anfangsfeuchten<br />

entweder nicht<br />

gravierend waren oder im<br />

Lauf der Zeit ausgetrocknet<br />

sind. Möglicherweise sind die<br />

ersten 4 Fragen nur noch von<br />

historischem Interesse. An den<br />

2011 geöffneten Stellen zumindest<br />

war der deutlich<br />

sichtbare <strong>Schimmel</strong>pilz nicht<br />

mehr aktiv, weil die Hölzer<br />

abgetrocknet waren.<br />

<strong>Die</strong>se Vermutung könnte am<br />

ehesten dort verifiziert werden,<br />

wo bei der ersten Öffnung<br />

nasse Schalung und<br />

Dämmung gefunden wurde.<br />

<strong>Die</strong>s zum richtigen Zeitpunkt<br />

noch mal zu überprüfen, hätte<br />

für den Besitzer das beste Verhältnis<br />

von Preis und Erkenntnisgewinn.<br />

Auf der gleichen<br />

Lowcost-Ebene läge der<br />

Einbau von ein paar Dataloggern,<br />

zur Messung der Luftfeuchte<br />

an den Stellen der<br />

zweiten Öffnung, dort wo der<br />

mikrobielle Befall gefunden<br />

wurde.<br />

Auf dem Weg zu<br />

langfristiger Sicherheit<br />

<strong>Die</strong> Nachmessung an der<br />

Stelle der ersten Öffnung<br />

kann zu drei Ergebnissen<br />

führen.<br />

1. Immer noch hohe Holzfeuchte,<br />

evt. bereits<br />

begonnene Fäulnisprozesse.<br />

2. Erhöhte Holzfeuchte, aber<br />

noch keine Schädigung.<br />

3. Holzfeuchte im Bereich des<br />

üblichen.<br />

Im ersten Fall besteht –<br />

auch für den stoischsten Vermieter<br />

– Handlungsbedarf.<br />

Doch auch dann ist noch<br />

nicht die Methode „Abreißen<br />

und Neumachen“ die einzige<br />

Option. Eine praktische Alternative<br />

wäre die Trocknung am<br />

„lebenden Objekt“. Dafür gibt<br />

es zwei Methoden:<br />

•<br />

Abräumen des <strong>Gründach</strong>s<br />

und Nutzung der Sonnenenergie<br />

zur Trocknung.<br />

• Intermittierende Heißlufttrocknung<br />

der einzelnen<br />

Gefache.<br />

In Verbindung mit einem<br />

längerfristigen Monitoring der<br />

Holzfeuchte an geeigneten<br />

Stellen könnten beide Methoden<br />

Aufschluss darüber geben,<br />

ob es möglich ist, einen<br />

langfristig ungefährlichen<br />

Zustand zu erreichen. Beide<br />

Verfahren wären auch im 2.<br />

Fall anzuraten.<br />

Im 3. Fall kann relativ entspannt<br />

weiter tatenlos zugesehen<br />

werden, sofern Feuchtemessstellen<br />

eingebaut werden.<br />

Dann ist nur sicherzustellen,<br />

dass die momentane Einzelmessung<br />

kein Zufallsprodukt<br />

war und auf Dauer keine<br />

Aufschaukelung des Feuchtegehaltes<br />

stattfindet.<br />

a<br />

b<br />

c<br />

Abb. 5:<br />

Wasserdampf- Konvektion:<br />

a) Außen: „<strong>Schimmel</strong>-Fahnen“<br />

b) Dahinter: <strong>Schimmel</strong> am Schalungsrand<br />

und auf der Dämmung<br />

c) Drinnen: Ohne Worte<br />

Abb. 6:<br />

Schnitt durch das Staffelgeschoss


Bauschäden – 54 –<br />

4/2013<br />

Abb. 7:<br />

Wasserablaufspuren an der Firstpfette.<br />

Mikrobieller Befall an der Sparrenunterseite.<br />

Im Gefach <strong>Schimmel</strong> an<br />

Schalung und Randbalken.<br />

Was bleibt zu tun?<br />

Offen sind gegenwärtig die<br />

Antworten auf die Fragen 5<br />

und 6. <strong>Die</strong> Verfärbungsfahnen<br />

an der Schalung (seitlich von<br />

den auskragenden Balken)<br />

und die Wasserablaufspuren<br />

an deren Flanken, weisen<br />

eindeutig auf Regenbelastungen<br />

hin. Gerade hier ist der<br />

Anschluss der Bleche wegen<br />

der Baumkante sehr lückenhaft.<br />

Das kann zum Eintrag<br />

von Treibregen in die Gefache<br />

führen. <strong>Die</strong> Frage ist, ob dies<br />

während der Bauphase entstand<br />

(der Bauherr weiß es<br />

nicht) oder bei entsprechenden<br />

Wetterlagen immer wieder<br />

auftritt (das könnten die Mieter<br />

beobachten).<br />

Auch an anderen, besonders<br />

Wind beanspruchten Stellen<br />

weisen Wasserspuren darauf<br />

hin, dass die Schlagregendichtheit<br />

der Blechfassade<br />

zweifelhaft ist (Abb. 7).<br />

Wie weit man die Demontage<br />

treiben muss, bedarf genauerer<br />

Untersuchung. Auf<br />

jeden Fall sollte der nur einlagige<br />

Wetterschutz zwischen<br />

den Sparren (nur ein einseitig<br />

abgekantetes Alublech auf<br />

seitlichen Aluwinkeln) entfernt<br />

und durch einen zweischaligen<br />

Anschluss ersetzt<br />

werden. Will heißen:<br />

Einsetzen von formstabilen<br />

Stellbrettern aus feuchtebeständigen<br />

Holzwerkstoffplatten,<br />

die ringsum an allen<br />

Kanten als regendichte zweite<br />

wasserableitende Ebene<br />

angeschlossen werden.<br />

Ist die Dampfkonvektion<br />

beherrschbar?<br />

Wenn das Monitoring unkritische<br />

Ergebnisse liefert,<br />

dann beantwortet das praktische<br />

Verhalten des Gebäudes<br />

diese Frage. Schon dann,<br />

wenn die Messungen grenzwertig<br />

sind, sind weitere Maßnahmen<br />

zu ergreifen, um ein<br />

langfristiges Auffeuchten zu<br />

vermeiden.<br />

Fortgeschrittene Formen der<br />

BlowerDoor-Untersuchungen<br />

(z.B. mit Nebel. und Thermografieeinsatz)<br />

sind aufwendig<br />

und am bewohnten Gebäude<br />

meist nicht zerstörungsfrei<br />

durchzuführen. Und sie liefern<br />

auch meist keine definitive<br />

Erkenntnis darüber, ob und<br />

mit welchem Aufwand die<br />

gefundenen Leckagen zu beseitigen<br />

sind, weil durch den<br />

fertigen Innenausbau die Undichtheiten<br />

in den Folienüberlappungen<br />

und -anschlüssen<br />

nicht zu lokalisieren sind. Und<br />

vor allem, kann die Luftdichtheitsprüfung<br />

keine Gewissheit<br />

darüber geben, ob der Feuchteeintrag<br />

schädigend wirkt<br />

oder von der Konstruktion zu<br />

verkraften ist.<br />

Aber man kann davon ausgehen,<br />

dass die Außenseite<br />

der Dachfläche weitgehend<br />

luftdicht ist. Das Mauerwerk<br />

aus Porenbetonsteinen weist<br />

in der Fläche meistens ebenfalls<br />

eine gute Luftdichtheit<br />

auf. Deshalb könnte die<br />

regentechnisch angeratene<br />

Montage von Stellbrettern<br />

so ergänzt werden, dass alle<br />

Dachränder von der Schalung<br />

über die Pfette bis an die<br />

Mauerwerkskrone luftdicht<br />

abgeschlossen werden.<br />

An der Firstseite ist dies<br />

sogar umzusetzen, ohne ein<br />

Gerüst zu stellen (s. Abb. 6<br />

links). <strong>Die</strong> Traufseite ist<br />

schwieriger über das kleine<br />

Vordach (rechts im Bild) zu<br />

erreichen. Hierfür bedürfte es<br />

einer Absturzsicherung. So<br />

wie wir unseren Bauherren<br />

kennen gelernt haben, wird er<br />

die Investition scheuen, auch<br />

die Traufseite konsequenterweise<br />

in gleicher Weise zu<br />

sanieren. Doch auch für den<br />

Kompromiss des einseitigen<br />

Abschlusses gibt es eine technische<br />

Option, die sogar bei<br />

vorhandener Restfeuchte umsetzbar<br />

ist:<br />

Werden in der Abstellung<br />

Einblasöffnungen vorgesehen,<br />

so könnte hierüber die Vor-<br />

Ort-Trocknung mit einem<br />

Heißluftgebläse von den<br />

Terrassen der Staffelgeschosse<br />

aus erfolgen. Und im<br />

schlimmsten Fall, wenn die<br />

Sensoren nach ein paar Jahren<br />

eine erneute Auffeuchtung<br />

anzeigen, wird die Trocknung<br />

wiederholt. <strong>Die</strong>s mag der Bauherr<br />

so lange fortsetzen, bis<br />

ihm eine weitergehende baupraktische<br />

Sanierung wirtschaftlicher<br />

erscheint als die<br />

wiederkehrende Heißluftbehandlung.<br />

Fazit: Spezielle Eigentümer<br />

bedürfen spezieller<br />

Behandlung<br />

Sanierungskonzepte für private<br />

Immobilienbesitzer zu<br />

entwickeln, die ihr Eigentum<br />

nicht bewohnen sondern vermieten,<br />

müssen kreativ sein.<br />

Sonst passiert am Ende solange<br />

nichts, bis die Schäden<br />

so gravierend sind, dass nur<br />

noch „abreißen und neumachen“<br />

möglich ist – mit allen<br />

dramatischen Folgen (auch<br />

gerade finanziell).<br />

Ob der hier vorgeschlagene<br />

Weg aus einer Kombination<br />

von nochmaliger, gezielter<br />

Zustandprüfung, überschaubaren<br />

Minimalmaßnahmen<br />

und langfristigem Feuchtemonitoring<br />

vom Besitzer umgesetzt<br />

wird, ist noch nicht ausgemacht.<br />

<strong>Die</strong>ser Zwischenbericht sollte<br />

nicht zuletzt Kollegen zur<br />

Diskussion über die Grautöne<br />

anregen. Schwarz-weiß Bewertungen<br />

zur Einhaltung<br />

von technischen Regeln müssen<br />

wir im Gutachteralltag<br />

schon genug machen. <br />

Literatur<br />

[FVGH 2007] FV Gebäudehülle<br />

Schweiz, Feuchteschutz bei Flachdächern<br />

in Holzbauweise, Uzwil 2007<br />

(Bezug http://www.gh-schweiz.ch/)<br />

[Schmidt / Winter 2008]<br />

Daniel Schmidt und Stefan Winter:<br />

Flachdächer in Holzbauweise. Informationsdienst<br />

Holz Spezial, HAF Bonn<br />

2008

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