"16x Deutschland" [PDF, 4.483 Kb] - Radio Bremen
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<strong>16x</strong>Deutschland<br />
18 | | 19<br />
saarland<br />
gesehen von sarah moll<br />
buch und regie sarah moll<br />
kamera andré pfennig<br />
ton stephan markus schneider<br />
schnitt torsten truscheit<br />
produzent sarah moll<br />
redaktion peter kruchten, gabriele riedschy,<br />
kerstin woldt (sr)<br />
die autorin und regisseurin sarah moll<br />
Geboren 1977 in Freiburg, absolvierte<br />
Sarah Moll nach dem<br />
ihren Film „Die Unerwünschten“<br />
(2005), ein Dokumentarfilm<br />
Abitur eine Ausbildung als Mediengestalterin<br />
über sechs Gefangene<br />
in Bild und Ton<br />
und arbeitete als Kameraassistentin<br />
und Realisateurin für<br />
das Fernsehen. Sie studierte von<br />
2000 bis 2005 Dokumentarfilmregie<br />
an der Filmakademie<br />
Baden-Württemberg. Seit 2005<br />
arbeitet sie als freie Dokumentarfilmerin<br />
und Auto rin. Für<br />
der Abschiebehaft, erhielt sie<br />
den „Öngören Preis für Demokratie<br />
und Menschenrechte“.<br />
2010 zeigte Das Erste in der<br />
Reportagereihe „ARD exclusiv“<br />
ihren Film „Die modernen Tagelöhner<br />
– Was Leiharbeit für<br />
Familien bedeutet“. Ihre dokumentarische<br />
Serie „Schwarzes<br />
Gold“ über die Kohle im Saarland<br />
und was sie für Menschen<br />
bedeutet wurde 2012 im Saarländischen<br />
Rundfunk gezeigt.<br />
Derzeit in Arbeit befindet sich<br />
ihre Dokumentation „Wahlverwandtschaften“<br />
(SR/SWR), eine<br />
Langzeitbegleitung über das<br />
Bedürfnis nach Vertrautheit in<br />
einer Gesellschaft, in der die<br />
herkömmlichen „Familienbande“<br />
selten geworden sind.<br />
In Leidingen liegt die Grenze unsichtbar auf der<br />
Straße. 1,6 Kilometer lang ist die „Neutrale Straße“, die<br />
Frankreich und Deutschland miteinander verbindet –<br />
oder trennt. Jeder hat da seine eigene Wahrheit in Leidingen,<br />
das auf französischer Seite Leiding heißt. 192<br />
Einwohner leben auf deutscher, 28 auf französischer<br />
Seite. Ein Teil des Dorfes gehört zum Saarland, der andere<br />
zu Lothringen. Hier sieht man die „Tagesschau“,<br />
dort „Le Journal de 20h“.<br />
Es kommen zwei mobile Bäcker am Tag, der französische<br />
zwischen elf und drei, der deutsche pünktlich<br />
um neun. Es gibt zwei Bürgermeister, zwei Postboten<br />
und zwei Kirchen – beide katholisch. Dort strahlen die<br />
Straßenlaternen mit 100 Prozent Atomstrom, auf der<br />
anderen hilft ein Energiemix beim Leuchten. Und wer<br />
seinen Nachbarn gegenüber anrufen möchte, muss<br />
die jeweilige Landesvorwahl wählen und führt ein<br />
teures Auslandsgespräch; dabei können die Menschen<br />
ihrem Gegenüber in die Küche gucken.<br />
Die 14-jährige Lara läuft durch die menschenleere<br />
„Neutrale Straße“ und verteilt Werbung für deutsche<br />
Supermärkte. Eigentlich ist ihr dies nur auf der rechten<br />
Seite gestattet, die zu Deutschland gehört. Französischen<br />
Nachbarn, die darum bitten, wirft sie trotzdem<br />
etwas ein. Lara ist in dem 220-Seelen-Dorf aufgewachsen,<br />
und doch hat sie noch nie mit der 17-jährigen<br />
Marine auf französischer Seite geredet. Lara spricht<br />
kein Französisch und Marine kein Deutsch. Sie kennen<br />
sich noch nicht einmal vom Sehen.<br />
Der französische Bürgermeister und der deutsche<br />
Orts vorsteher verstehen sich auf Platt, einer Sprache,<br />
die die älteren Generationen über die Grenze hinaus<br />
verbindet. Barthélémy Lemal wird von seinem deutschen<br />
Kollegen Wolfgang Schmitt freundschaftlich<br />
„Lamy“ genannt. „Lamy“ ließ Wolfgang Schmitt die<br />
Farbe der Straßenlaternen auswählen, dafür verband<br />
dieser die französischen Häuser mit dem deutschen<br />
Trink- und Abwassersystem. „Hier wächst etwas zusammen“<br />
meint Wolfgang Schmitt. Die „Neutrale<br />
Straße“ ist für ihn eine „Narbe, die langsam verheilt“.