1 6. Stunde: Lösung Fall 1: Anspruch K gegen V auf Herausgabe ...
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Arbeitsgemeinschaft im Zivilrecht Grundkurs I<br />
(3) Eigenschaftsirrtum § 119 II<br />
Nach § 119 II in Verbindung mit § 119 I könnte A seine Willenserklärung<br />
anfechten, wenn er im Irrtum über verkehrswesentliche Eigenschaften<br />
der Person oder der Sache war und bei Kenntnis der Sachlage und bei<br />
verständiger Würdigung des <strong>Fall</strong>es diese nicht abgegeben haben würde.<br />
(a) Sache<br />
Sache im Sinne des § 119 II ist jedes Objekt, das Gegenstand des<br />
Rechtsverkehrs sein kann. Der Sachenbegriff des § 119 II ist weiter<br />
gefasst als der des § 90, wonach Sachen nur körperliche Gegenstände<br />
sind. Der von A gek<strong>auf</strong>te Schrank ist ein körperlicher Gegenstand und<br />
damit sogar eine Sache im Sinne des § 90. Sachen im Sinne des § 90<br />
können Gegenstand des Rechtsverkehrs sein, der Schrank ist damit<br />
auch Sache nach § 119 II.<br />
(b) Eigenschaft<br />
Eigenschaften sind alle tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse<br />
der Sache, die vermöge ihrer Dauer Einfluss <strong>auf</strong> die Wertschätzung<br />
des Gegenstandes ausüben. Bei Möbeln ist ein wertbildender Faktor,<br />
ob das Möbelstück nur dem Alltagsgebrauch dienen soll oder ob es<br />
als kulturelle Antiquität anzusehen ist. K glaubte, der Schrank<br />
stamme aus der Barockzeit und sei wegen seines Alters von 200 bis<br />
300 Jahren eine Antiquität. Er irrte über die Antiquitätseigenschaft<br />
des Schrankes, also einen wertbildenden Faktor. Dieser Irrtum war<br />
folglich ein Irrtum über eine Eigenschaft.<br />
(c) Verkehrswesentlichkeit<br />
Die Eigenschaft muss auch verkehrswesentlich sein.<br />
Verkehrswesentlich ist eine Eigenschaft mindestens dann, wenn sie<br />
nach der Verkehrsanschauung für das konkrete Rechtsgeschäft<br />
erheblich ist. Möbelstücken, die als Antiquität anzusehen sind, wird<br />
grundsätzlich im Rechtsverkehr ein höherer Wert beigemessen als<br />
gewöhnlichen Alltagsmöbeln. Die Antiquitätseigenschaft ist somit<br />
verkehrswesentlich.<br />
(d) Kausalität<br />
Die Abgabe der Willenserklärung muss mit dem Irrtum auch kausal<br />
zusammenhängen. Subjektiv erheblich ist der Irrtum dann, wenn der<br />
Erklärende die Erklärung ohne Irrtum nicht oder nicht in dieser Weise<br />
abgegeben haben würde. K war in dem Glauben, mit dem Schrank<br />
eine Antiquität zu k<strong>auf</strong>en. Hätte er gewusst, dass es sich um ein erst<br />
kürzlich hergestelltes Möbelstück handelt, hätte er vom K<strong>auf</strong><br />
Abstand genommen oder aber zumindest einen deutlich geringeren<br />
K<strong>auf</strong>preis ausgehandelt. Der Irrtum war also subjektiv erheblich.<br />
Objektive Erheblichkeit liegt dann vor, wenn die Berufung <strong>auf</strong> den<br />
Irrtum frei von Willkür, Eigensinn und törichten Anschauungen ist. K<br />
wurde von S die falsche Information gegeben, der Schrank sei „echt<br />
barock“. Er konnte <strong>auf</strong> die Richtigkeit dieser Aussage aber vertrauen,<br />
somit hätte er einen vernünftigen und nachvollziehbaren Grund für<br />
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