'Loccumer Pelikan' 2/2003 als pdf-Datei - Religionspädagogisches ...
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praktisches<br />
(...)<br />
Manche Philosophen und Mediziner sind der Meinung, ich<br />
hätte mich für und nicht gegen die Freigabe des therapeutischen<br />
Klonens nach britischem Muster aussprechen sollen.<br />
Mein hypothetisches, nicht kategorisches Argument<br />
gegen die Freigabe zum jetzigen Zeitpunkt ist: Während<br />
sich mit therapeutischem Klonen die Chance verbindet,<br />
menschliches Leid zu mindern, sehe ich keinen einzigen<br />
Grund, der für die Zulassung von reproduktivem Klonen<br />
beim Menschen spricht. Im Gegenteil, die freie Wählbarkeit<br />
der genetischen Ausstattung künftiger Menschen birgt<br />
große Risiken für eine humane Gesellschaft und speziell<br />
für das Selbstverständnis der einzelnen Person. Da die Freigabe<br />
therapeutischen Klonens möglicherweise die Option<br />
des reproduktiven Klonens öffnen würde, bin ich in der Tat<br />
der Auffassung, dass Deutschland der britischen Entscheidung<br />
jetzt nicht unbesehen folgen sollte.<br />
Hypothetische Gründe wie die derzeitige Unabschätzbarkeit<br />
der Folgen des therapeutischen Klonens gelten allerdings<br />
in Abhängigkeit von konkreten empirischen Bedingungen.<br />
Die Freigabe therapeutischen Klonens könnte sich<br />
in der Tat dann <strong>als</strong> sinnvoll herausstellen, wenn sich zuverlässige<br />
ethische, rechtliche und politische Barrieren gegen<br />
reproduktives Menschenklonen errichten lassen. Selbst für<br />
Mediziner ist nicht einschätzbar, ob die Erwartungen, die<br />
in das therapeutische Klonen gesetzt werden, berechtigt<br />
sind. Immerhin geht es um nicht weniger, <strong>als</strong> im günstigen<br />
Falle menschliches Leid von sehr vielen Menschen zu mildern.<br />
Wohlgemerkt: In dieser Diskussion steht nicht Ökonomie<br />
oder Medizin gegen Ethik, die Abwägung muss in<br />
letzter Instanz immer eine ethische sein. Wenn man kranken<br />
Menschen helfen, ja viele vor dem Tod bewahren könnte<br />
und dieses unterlässt, ist das rechtfertigungsbedürftig.<br />
Es muss gravierende moralische Gründe geben, die die<br />
moralische Verpflichtung aufwiegen, Kranken und vom Tode<br />
Bedrohten zu helfen. Ob diese bestehen, kann nur unter<br />
Einbeziehung des Sachverstandes unterschiedlicher Disziplinen<br />
und begleitet von einer öffentlichen forschungs- und<br />
gesundheitspolitischen Diskussion geklärt werden. Meine<br />
Empfehlung ist, das in den kommenden Jahren sorgfältig<br />
und unaufgeregt zu tun.<br />
Julian Nida-Rümelin<br />
Der Autor ist Kulturstaatsminister im Bundeskanzleramt.<br />
M2<br />
Süddeutsche Zeitung, 3./4. Februar 2001<br />
setzung mit beispielhaften Elementen<br />
findet nicht statt. 14 Sowohl bei Fernseh-<br />
Dokumentationen <strong>als</strong> auch bei Übertragungen<br />
von Diskussionsrunden wird die<br />
Thematik sehr oberflächlich, werbewirksam<br />
und schlagwortartig behandelt,<br />
so dass der Unterhaltungscharakter eher<br />
im Vordergrund zu stehen scheint <strong>als</strong><br />
eine tiefergehende Auseinandersetzung<br />
mit ethischen Fragestellungen. Bilder<br />
und Slogans wie aus einer Werbekampagne<br />
für die Fachzeitschrift ‘Focus’,<br />
die mit der Zukunftsvision von Kindern<br />
aus einem Wunschkatalog wirbt, könnten<br />
für die Wahrnehmung der Lernenden<br />
maßgeblich sein. 15 Ernsthaftere<br />
Analysen und Stellungnahmen wie sie<br />
in ‘DIE ZEIT’ oder anderen auch mehr<br />
kritisch reflektierenden Printmedien zu<br />
finden sind, werden wahrscheinlich wenige<br />
Schüler verfolgt haben. Aus diesem<br />
Grund gehe ich von einem vordergründigen<br />
Kenntnisstand der Lernenden aus,<br />
eventuell haben einige sogar eine Fragehaltung<br />
aufgrund der undurchsichtigen<br />
Darbietung in den Medien entwikkelt,<br />
die produktiv im Unterricht umgesetzt<br />
werden kann.<br />
In ihrer ersten Auseinandersetzung mit<br />
dem Semesterthema ‘Bioethik’ habe ich<br />
beobachtet, dass die Lernenden eine<br />
starke Dissonanz zwischen der Position<br />
der Wissenschaft/Wirtschaft auf der einen<br />
und der Ethik/Religion auf der anderen<br />
Seite vermuten, einige sogar einen<br />
scheinbar unvereinbaren Gegensatz<br />
annehmen. Die Begrifflichkeiten wurden<br />
dabei nicht klar getrennt, was genau<br />
Positionen der Wissenschaft bzw.<br />
Wirtschaft sein könnten, ging über die<br />
Annahme eines ‘Machtstrebens’ nicht<br />
sehr weit hinaus. Inwiefern Ethik und<br />
Religion miteinander korrelieren war<br />
ebenfalls unklar. Auf die Erweiterung<br />
und Differenzierung dieser Voreinstellungen<br />
wird zu achten sein.<br />
3. Methodische Überlegungen<br />
Einstieg<br />
Den Talkshow-Ausschnitt werde ich per<br />
Video präsentieren. Die anschließende<br />
Diskussion wird von einer anfangs sehr<br />
offenen bis hin zu einer zielgerichteten<br />
Lernsituation wechseln, wobei ich nach<br />
der ersten Begegnung mit der neuen<br />
Thematik die Aufmerksamkeit der Lernenden<br />
auf die theologischen Argumente<br />
hin lenken werde. Die drei Leitfragen,<br />
deren Ideengehalt ich bereits in dieser<br />
Phase erwarte, werde ich an der Tafel<br />
notieren, damit sie später immer wieder<br />
ins Gedächtnis gerufen werden können.<br />
Die Überleitung zur Erarbeitungsphase<br />
an Psalm 139 werde ich von den<br />
Schüleräußerungen her vornehmen und<br />
durch einen Schülervortrag des Psalms<br />
einleiten, um dieser speziellen Textgattung<br />
der Bibel gerecht zu werden.<br />
Erarbeitung von Psalm 139 und<br />
der philosophischen Positionen<br />
Nach einer ersten offenen Auseinandersetzung<br />
mit dem Psalm werde ich ihn in<br />
einer Stillarbeit mit dem Arbeitsauftrag<br />
bearbeiten lassen, die Interpretation Frau<br />
Käßmanns anhand des Textes zu überprüfen.<br />
Die Ergebnisse werde ich während<br />
der anschließenden Diskussion an<br />
der Tafel schriftlich festhalten.<br />
Die Überleitung zu der Beschäftigung<br />
mit den Texten von Nida-Rümelin und<br />
Spaemann werde ich mit dem erwartungsgemäß<br />
bereits thematisierten Begriff<br />
‘Menschenwürde’ durchführen<br />
und die Texte mit dem Auftrag bearbeiten<br />
lassen, die Argumentationen der<br />
beiden Philosophen bezüglich der Leitfrage<br />
‘Was ist der Mensch’ zu untersuchen.<br />
Dies werde ich in einer arbeitsteiligen<br />
Gruppenarbeit durchführen lassen,<br />
wobei die Texte zunächst in Stillarbeit<br />
gelesen und anschließend in der<br />
Gruppe besprochen und präsentationsfähig<br />
vorbereitet werden sollen. Da der<br />
Textumfang unterschiedlich ist, werde<br />
ich die Gruppe, die sich mit der Position<br />
von Robert Spaemann beschäftigt,<br />
86 Loccumer Pelikan 2/03