'Loccumer Pelikan' 2/2003 als pdf-Datei - Religionspädagogisches ...
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praktisches<br />
können. Marggraf führt in dem zitierten<br />
Artikel ein Unterrichtsmodell vor,<br />
das mit einem Fallbeispiel beginnt. Aus<br />
den genannten Gründen halte ich diesen<br />
Einstieg für ungünstig, da die zunächst<br />
spontanen und „stark emotional”<br />
eingefärbten Urteile der Lernenden, so<br />
Marggraf selbst, meines Erachtens den<br />
Prozess ethischer Urteilsfindung, besonders<br />
im Rahmen meiner Thematik,<br />
eher behindern <strong>als</strong> fördern.<br />
Das Konzept des erprobten Unterrichtsversuches<br />
könnte jedoch auf die Thematik<br />
der Organspende übertragen werden,<br />
da Marggraf treffend feststellt,<br />
dass „grundlegende Positionen der Anthropologie”<br />
ebenfalls am Problemfeld<br />
der Organtransplantation diskutiert<br />
werden könnten: „Das Leib-Seele-Problem,<br />
das Verständnis der Person, das<br />
Verständnis von Leben und Tod, die<br />
Fragestellungen der Grenze menschlichen<br />
Lebens und die Todesdefinitionen.”<br />
18 Dieser Problemhorizont wurde<br />
in dem vorliegenden Unterrichtsversuch<br />
behandelt, verbunden mit dem<br />
Thema Organspende hätte durch die<br />
stärkere Anbindung an die Lebenswelt<br />
der Schüler vielleicht bereits zu einem<br />
früheren Zeitpunkt eine persönlichere<br />
Auseinandersetzung stattgefunden.<br />
‘Der Mensch – Herr über Leben und<br />
Tod?’ ist ein eher schlagwortartig klingender<br />
Titel des vorliegenden Unterrichtsversuches.<br />
Er bringt allerdings das<br />
motivierende Potenzial der Einheit auf<br />
den Punkt. So hat sich gezeigt, dass dahinter<br />
ethische Probleme zu finden sind,<br />
die die Schüler interessieren und angehen.<br />
Für die Lerngruppe hat sich positiv<br />
herausgestellt, ein in der öffentlichen<br />
Diskussion befindliches Thema zum<br />
Gegenstand von Unterricht zu machen.<br />
Unterricht und Schule insgesamt simulieren<br />
so nicht nur Lebenswirklichkeit,<br />
sondern machen sich zum Teil von dieser.<br />
Die Lernenden haben die Einsicht<br />
gewonnen, dass auf der Grundlage eines<br />
individuellen Ethos, welches ihnen<br />
bewusst gemacht und erweitert wurde,<br />
ein erfolgreiches Eintreten in den Diskurs<br />
möglich ist. Für die Zukunft ist <strong>als</strong><br />
langfristiger Effekt der Unterrichtsreihe<br />
darauf zu hoffen, dass die Schülerinnen<br />
und Schüler eigenständig Gelegenheiten<br />
antizipieren, solches zu tun.<br />
Anmerkungen<br />
1. Tacheles- Die Talkshow der evangelischen Kirche:<br />
Wird der Mensch zum Schöpfer? Umstrittene Gentechnik.<br />
Marktkirche Hannover, 20. März 2001, 19<br />
Uhr. Ausstrahlung: 21. März 2001, 17 Uhr u. 25. März<br />
2001, 11 Uhr auf PHOENIX.<br />
2. Kraus, Hans-Joachim (1960): Psalmen Bd.XV/2.<br />
Neukirchen Kreis Moers, 920.<br />
3. ‘Erkennen’ umschreibt in der hebräischen Sprache<br />
das theoretische und praktische Erkennen, Wissen<br />
und Wahrnehmen; mit dem Verb wird Nähe, Vertrautheit<br />
und Begegnung zur Sprache gebracht. Praktisches<br />
Erkennen setzt interessiertes Mitsein, Anteilnahme<br />
voraus. Häufig hat es auch die Bedeutung von<br />
Fürsorge und des liebevollen Begleitens. „Erkennen<br />
schafft intensive Beziehung zwischen Erkennendem<br />
und Erkanntem, Interesse im ursprünglichen Sinne<br />
von Dabeisein”. Vgl. dazu Schneider-Flume, G.<br />
(1998): Glaubenserfahrung in den Psalmen: Leben<br />
in der Geschichte mit Gott. Göttingen, 144; Gunkel,<br />
Hermann (1968): Die Psalmen. Göttingen, 586.<br />
4. Schneider-Flume (1998), 144.<br />
5. Schneider-Flume (1998), 145.<br />
6. Die Auslegung Tilmann Mosers in seinem Buch „Gottesvergiftung”,<br />
es handele sich hier um einen Gott,<br />
der uns Angst macht und uns hindert, wir selbst zu<br />
werden, hat meines Erachtens Erich Zenger sehr treffend<br />
widerlegt: Zenger, Erich (1994): Die Nacht wird<br />
leuchten wie der Tag. Psalmenauslegungen, 466f.<br />
7. Zenger (1994), 468; 472ff.<br />
8. Zur Kompositionsidee des Davidpsalters 138-145<br />
Zenger (1994), 473ff.<br />
9. Hier werde ich die drei in der Schule zur Verfügung<br />
stehenden Bibelausgaben verwenden: Die Bibel<br />
(1980): Altes und Neues Testament. Einheitsübersetzung.<br />
Herausgegeben im Auftrag der Bischöfe<br />
Deutschlands u.a. Stuttgart; Die Bibel (1985): Nach<br />
der Übersetzung Martin Luthers. Herausgegeben von<br />
der Evangelischen Kirche in Deutschland. Stuttgart;<br />
Die Heilige Schrift des Alten und des Neuen Testaments<br />
(1987): Herausgegeben vom Kirchenrat des<br />
Kantons Zürich. Zürich/ Stuttgart.<br />
10. Zürcher Bibelübersetzung 19 1987.<br />
11. Kreß, Hartmut (1997): Verantwortungsethik <strong>als</strong> Ethik<br />
der Person. In: H. Kreß/ W.E. Müller: Verantwortungsethik<br />
heute. Grundlagen und Konkretionen einer<br />
Ethik der Person. Stuttgart u.a., 115-238. Vgl.<br />
Frey, Christofer (1998): Natur und Schöpfung aus<br />
der Perspektive einer Verantwortungsethik am Beispiel<br />
der Gentechnologie. In: Ders.: Konfliktfelder<br />
des Lebens. Theologische Studien zur Bioethik. Göttingen,<br />
126-141.<br />
12. Graupner (2001), 12.<br />
13. Dpa (2001): Bei Gentechnik soll nur Gewissen entscheiden.<br />
In: Süddeutsche Zeitung. Montag, 19. Februar,<br />
4.<br />
14. In den Monaten Dezember bis März, den brisantesten<br />
in der öffentlichen Auseinandersetzung mit der Gentechnik,<br />
findet sich nur eine Reportage über einen Facharzt<br />
aus Hannover, der vorgeburtliche Untersuchungen<br />
bei schwangeren Frauen durchführt. Auch in diesem<br />
Bericht werden die Problembereiche der Gentechnik<br />
wenig deutlich, anthropologische Schwierigkeiten<br />
lediglich angedeutet. Ein am Rand abgedrucktes ‘Lexikon<br />
der Genforschung’ zeigt, dass der Bericht hauptsächlich<br />
Informationscharakter hat. Vgl. Stief, Gabi<br />
(2001): Die Botschaft der Gene und ihr Übersetzer.<br />
In: Schaumburger Nachrichten. Freitag, 2. Februar, 3.<br />
15. TV Movie (5.5. bis 18. 5. 2001), 268f.<br />
16. RRL, 5.<br />
17. Marggraf, Eckhart (1996): Sittliche Urteilsfindungkonkretisiert<br />
an der Frage der Organspende. In:<br />
Adam/ Schweitzer (1996), 281-297, hier zit. 295.<br />
18. ebd., 282.<br />
Tabellarische Verlaufsübersicht der Unterrichtseinheit<br />
Fazit<br />
Phase<br />
Inhalt/ Material<br />
Methode/ Form<br />
1. Doppelstunde<br />
Einstieg/ Problematisierung<br />
Übergeordnete Leitfrage: ‘Was ist der<br />
Mensch?’<br />
2. Doppelstunde<br />
Weiterführung der Leitfrage ‘Was ist<br />
der Mensch?’<br />
Problematisierung durch die übergeordnete<br />
Leitfrage ‘Was darf der Mensch?’<br />
3. Doppelstunde<br />
Problematisierung durch die übergeordnete<br />
Leitfrage ‘Was darf der Mensch<br />
hoffen?’<br />
4. Doppelstunde<br />
Plateauphase: Eigene Stellungnahmen<br />
zum weiteren Umgang mit der Gentechnik<br />
Vorbereitung auf das Expertengespräch<br />
mit Herrn Neitzke<br />
Abschluss der Unterrichtseinheit:<br />
Expertengespräch mit Herrn Neitzke<br />
Talk-show: Gentechnik<br />
Psalm 139<br />
Positionen Nida-Rümelin<br />
und Spaemann<br />
Embryonenschutzgesetz<br />
Gen. 1,28 und Gen. 2,15<br />
im Zusammenhang der<br />
biblischen Schöpfungsberichte<br />
Position Gerhard<br />
Schröders<br />
‘Pufferstunde’<br />
Schülertexte<br />
Streitgespräch zwischen<br />
Christian Judith und<br />
Gisela Steinert<br />
Konzept Gerald Neitzke<br />
UG<br />
Textarbeit/ UG<br />
Präsentation der<br />
Ergebnisse der<br />
Gruppenarbeit/ UG/<br />
Stillarbeit/ UG<br />
Stillarbeit/ UG<br />
Stillarbeit/ UG<br />
Schülervortrag/ UG<br />
Stillarbeit/ UG<br />
Expertengespräch<br />
90 Loccumer Pelikan 2/03