Jahresgutachten 1990/91 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...
Jahresgutachten 1990/91 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...
Jahresgutachten 1990/91 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Drucksache 11/8472 Deutscher Bundestag - 11. Wahlperiode<br />
der staatspolitischen Aufgabe lösen, also dafür SO[<br />
gen, daß die Erneuerung der Wirtschaft und die Beseitigung<br />
der Schäden an der natürlichen Umwelt im<br />
Osten Deutschlands schnell vorankommen und heide<br />
Teile auch wirtschaftlich mehr und mehr zu einer Einheit<br />
werden.<br />
67·. Hier wie dort ist die Investitionstätigkeit die<br />
Schlüsselgröße. Der wachstumspolitischen Aufgabe<br />
wird die Wirtschaftspolitik am besten gerecht, wenn<br />
sie darauf bedacht ist, daß sich die Investitionsbedingungen<br />
im Westen Deutschlands nicht verschlechtern<br />
und daß sie sich im Osten rasch verbessern. Mit Blick<br />
auf die privaten lnvestitionen in der westdeutschen<br />
Wirtschaft heißt das vor allem zu venneiden, daß die<br />
Erträge, mit denen Unternehmen rechnen können,<br />
wenn sie ihre Kapazitäten ausbauen und in neue Verfahren,<br />
Produkte und Märkte investieren von den Kosten<br />
und den staatlichen AbgabeanspIÜchen her unter<br />
Druck geraten und die Zinsen nicht mehr hergeben,<br />
die an den Kapitalmärkten verlangt werden. In<br />
der ostdeutschen Wirtschaft 19i1t es vor allem, die Investitionshemmnisse<br />
abzubauen, die aus ungeklärten<br />
Eigentumsverhältnissen wie aus den vielfältigen .41tlasten<br />
des früheren Wirtschaftssystems rühren. Wichtig<br />
und dringlich ist es auch, die staatliche Investitionsfähigkeit<br />
überall dort zu stärken, wo es darum<br />
geht, mit Verbesserungen der Infrastrukturausstattung<br />
die gesamtwirtschaftliche Produktivität zu erhöhen.<br />
Bei solchen Investitionen zu sparen, hieße daher<br />
am falschen Platz sparen, was nicht ausschließt, daß<br />
die Prioritäten in Ansehung der unterschiedlichen<br />
Dringlichkeit des Investitionsbedarfs ün Osten und ün<br />
Westen Deutschlands neu gesetzt werden. Zu achten<br />
ist dabei auch auf eine den jeweiligen Aufgaben angemessene<br />
Mittelverteilung zwischen den einzelnen<br />
staatlichen Ebenen; verbesserungsbedürftig ist in dieser<br />
Hinsicht nicht nur der Finanzausgleich zwischen<br />
den alten und den neuen Bundesländern, sondern<br />
auch die Finanzausstattung der Kommunen.<br />
68*, Einbußen an möglichem und gewolltem Wirtschattswachstum<br />
ergeben sich nicht nur, wenn nicht<br />
genügend Neues entsteht, sondern auch, wenn zu viel<br />
Überholtes erhalten bleibt, der wirtschaftliche Strukturwandel<br />
also zu langsam Fortschritte macht und<br />
Kapital wie Arbeitskräfte gesarntwirtschaftlich gesehen<br />
nicht so ertragreich, wie es möglich wäre, eingesetzt<br />
werden. Dem notwendigen Strukturwandel Hindernisse<br />
aus dem Weg zu räumen, ist in den neuen<br />
Bundesländern eine der wichtigsten Aufgaben, als<br />
gelöst kann sie auch In den alten Bundesländem ünmer<br />
noch nicht gelten. Mehr Zielstrebigkeit beün A.bbau<br />
von Erhaltungssubventionen und von staatlichen<br />
Regulierungen, die nicht mehr zeitgemäß sind, ist<br />
weiterhin anzumahnen.<br />
69*. Ein Bereich, der besonders ins Gewicht fällt,<br />
wenn es um den effizienten Einsatz von Ressourcen<br />
geht, ist die Wobnungspolitik. Hier hat der Staat ün<br />
Verlauf der achtziger Jahre zu einer vermehrt auf die<br />
Marktkräfte setzenden Grundlinie gefunden. :tv1it der<br />
sprunghaft gestiegenen Anspannung auf dem westdeutschen<br />
Wohnungsmarkt ist eine neue Lage entstanden.<br />
Angesichts illrer politischen Brisanz droht<br />
jetzt die Gefabr, daß die staatliche Wohnungspolitik<br />
wieder Zuflucht bei vennehrten Eingriffen sucht und<br />
16<br />
auch den Bau von Wohnungen wieder verstärkt selbst<br />
in die Hand nimmt. Vergessen scheint die Erfahrung,<br />
wie ineffizient die frühere Wohnungspolitik sowohl<br />
bezüglich der Bereitstellung als auch der Nutzung von<br />
Wohnungen war; vergessen scheint überdies die Erfahrung,<br />
daß Behlnderungen einer marktgerechten<br />
Mietpreisbildung, Versorgungsengpässe nicht beseitigen,<br />
sondern verstärken, weil sie falsche Signale für<br />
Investoren setzen. Aus diesem Grunde muß gerade<br />
auch in den neuen Bundesländern die Reform des<br />
Mietrechts obenan stehen.<br />
70*. Weit vorn auf der wachstumspolitischen Tagesordnung<br />
steht der Umweltschutz. Dabei wird es zunächst<br />
mit Vorrang darum gehen müssen, im Osten<br />
die laufenden Schadstoffemissionen zu senken und<br />
die in der Vergangenheit aufgebauten Altlasten abzutragen.<br />
Dies ist jedoch kein Grund, im Westen mit den<br />
ökologischen Anstrengungen nachzulassen. Nur in<br />
wenigen Fällen wird sich die Option stellen, Geld im<br />
Osten statt im Westen einzusetzen, weil man damit<br />
mehr Umweltschutz nkaufen" kann. Angesichts des<br />
hohen Defizits in den öffentlichen Haushalten sollte es<br />
möglich sein, die Kosten der Vermeidung von Umweltschäden<br />
noch konsequenter als bisher den Verursachern<br />
anzulasten. Da mit steigenden Standards die<br />
Kosten der Emissionsvenneidung progressiv zunehmen,<br />
wird es auch immer dringlicher, das starre und<br />
administrativ aufwendige Ordnungsrecht durch Instrumente<br />
zu ergänzen, mit denen die ökologischen<br />
Ziele ökonomisch effizient erreicht werden, weil sie<br />
Anreize zu vermehrten Eigenanstrengungen für den<br />
Umweltschutz setzen.<br />
Die Aufgabe in den neuen Bundesländern -<br />
AufholprozeB breit in Gang setzen<br />
(Ziffern 336ft.)<br />
den<br />
71". Damit sich die Nachteile der ostdeutschen Regionen<br />
als Wohnorte für mobile Arbeitskräfte und als<br />
Standorte für Unternehmen rasch verringern, sind alsbald<br />
die Voraussetzungen für die Sanierung, die Modemisierung<br />
und den Ausbau des Wohnungsbestandes<br />
zu schaffen und sind auf breiter Front Maßnahmen<br />
<strong>zur</strong> Regeneration der durch Raubbau geschädigten<br />
Umwelt einzuleiten. Ein Zurückstecken ökologischer<br />
Ziele zugunsten von umweltbelastenden Produktionsstätten<br />
vermag selbst vorübergehend nicht<br />
Arbeitslosigkeit zu venneiden, wenn dadurch ansiedlungswillige<br />
Unternehmen abgeschreckt werden.<br />
Auch die Erneuerung der vernachlässigten Infrastruktur<br />
verbessert die Wohnortqualität und die Standortqualität.<br />
Sie ist überdies Vorbedingung für arbeitsplatzschaftende<br />
und produktivitätssteigernde private<br />
Investitionen. Im Fernstraßenbau hat der Bund, beim<br />
Aufbau eines leistungsfähigen Telefonnetzes die Bundespost<br />
und bei der Sanierung des Schienennetzes die<br />
Bundesbahn In Kooperation rlJ.it der Reichsbahn die<br />
finanziellen und materiellen Ressourcen bereitzustellen<br />
und notfalls die Prioritäten zu setzen. Für die<br />
Landstraßen und Gemeindestraßen, den öffentlichen<br />
Nahverkehr, die kommunale Versorgung und Entsorgung,<br />
Krankenhäuser und Schulen und für die Erschließung<br />
von Bauland und Gewerbeflächen sind jedoch<br />
die Länder und insbesondere die Gemeinden<br />
I