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Jahresgutachten 1990/91 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

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Drucksache 11/8472 Deutscher Bundestag - 11. Wahlperiode<br />

ERSTES KAPITEL<br />

Die wirtschaftliche Lage<br />

TeilA<br />

Der internationale Rahmen<br />

1. Die konjunkturellen Antriebskräfte in den lndustrieländern<br />

haben <strong>1990</strong> weiter nachgelassen; die<br />

Wirtschaftsleistung wurde im Jahresdurchschnitt nur<br />

noch um gut 2V2 vH ausgeweitet, nach 3 1 /2 vH im Vorjahr.<br />

Ursache tür die geringere Dynamik waren nur zu<br />

einem kleineren Teil die ab August stark gestiegenen<br />

Ölpreise, entscheidend war die Nachfrageschwäche<br />

in einigen Ländern, die sowohl vom Privaten Verbrauch<br />

als auch von den Anlageinvestitionen ausging.<br />

Die Differenzierung in der Konjunkturentwicklung,<br />

die schon im letzten Jahr zu beobachten war, hat sich<br />

in diesem Jahr fühlbar verstärkt.<br />

Günstig verlief die wirtschaftliche Entwicklung in<br />

Japan, wo die Produktion kräftiger als im Vorjahr<br />

ausgeweitet wurde, und in den meisten europäischen<br />

Industrieländern, wenn sich auch das hohe<br />

Expansionstempo der letzten Jahre nicht überall<br />

halten ließ. lnfolge der kräftigen Ausweitung der<br />

Beschäftigung sank die Arbeitslosigkeit; in Japan<br />

verharrte sie auf dem bereits vorher erreichten<br />

niedrigen Niveau. Die Produktionskapazitäten<br />

blieben im Durchschnitt hoch ausgelastet, ohne<br />

daß es jedoch zu gravierenden Verspannungen<br />

gekommen wäre.<br />

In einigen Ländern haben sich in diesem Jahr rezessive<br />

Tendenzen durchgesetzt, nachdem dort<br />

bereits im Vorjahr die Expansionsdynamik nachgelassen<br />

hatte, Vor allem in den Vereinigten Staaten<br />

sind die Auftriebskräfte fast vollständig zum<br />

Erliegen gekommen, aber auch in Großbritannien,<br />

Kanada, Schweden und Finnland sind allenfalls<br />

noch geringe Zuwachsraten des Sozialprodukts zu<br />

beobachten. Die Ausweitung der Beschäftigung<br />

hat vielfach so stark nachgelassen, daß'tiie Arbeitslosigkeit<br />

nach Jahren des Rückgangs erstmals wie·<br />

der anstieg.<br />

Trotz der schwächeren Nachfrageexpansion und trotz<br />

überwiegend straffer Geldpolitik hat sich der Preisauftrieb<br />

auf der Verbraucherstute in nahezu allen<br />

Ländern beschleUnigt. Belastend wirkten sich höhere<br />

Lohnstückkosten und in der zweiten Jahreshälfte drastisch<br />

gestiegene Ölpreise aus. Neben einigen kleineren<br />

europäischen Volkswirtschaften waren vor allem<br />

Großbritannien und Schweden mit gravierenden Inflationsproblemen<br />

konfrontiert. In diesen beiden Ländern<br />

verstärkte sich der Lohnkostendruck trotz der<br />

schwachen Konjunktur.<br />

Die differenzierte Konjunkturentwicklung begünstigte<br />

die Reduzierung der Leistungsbilanzsaiden. Die<br />

überschüsse Japans und der Bundesrepublik verringerten<br />

sich, wobei im Falle der Bundesrepublik die<br />

deutsche Vereinigung neben der Konjunkturabschwächung<br />

in den Partnerländern eine bedeutende<br />

Rolle gespielt hat. In den Vereinigten Staaten und in<br />

Großbritannien bewirkten steigende Exporte und<br />

schwache Importe einen Rückgang der allerdings immer<br />

noch hohen Leistungsbilanzdefizite.<br />

Die Abschwächung der Autwärtsentwicklung in den<br />

Industrieländern führte zu einer etwas weniger starken<br />

Ausweitung des Welthandels als in den Vorjahren.<br />

Auch von den Entwicklungsländern kamen für<br />

den Welthandel angesichts der bekannten binnenwirtschaftlichen<br />

Probleme und wegen der teilweise<br />

hohen Auslandsverschuldung keine stärkeren Impulse.<br />

Immerhin nahmen die grenzüberschreitenden<br />

Güterströme um knapp 6 vH zu, mehr als doppelt so<br />

rasch wie die Produktion. Der Handel zwischen den<br />

Industrieländern dürfte dabei noch etwas schneller<br />

gestiegen sein.<br />

2. In der ersten Hälfte der achtziger Jahre machte<br />

das Schlagwort von der "Eurosklerose" die Runde. Es<br />

sollte die vermutete oder tatsächliche wirtschaftliche<br />

Trägheit des alten Kontinents, sein Zurückbleiben<br />

hinter den dynamisch expandierenden Volkswirtschaften<br />

Asiens und der Vereinigten Staaten, ausdrücken.<br />

Mittlerweile ist hiervon kaum mehr die<br />

Rede. Es gibt Gründe für die Annahme, daß die Binnenmarktinitiative<br />

der Europäischen Gemeinschaft<br />

den entscheidenden Anstoß zu einem neuen Aufbruch<br />

in den europäischen Ländern gegeben hat. In<br />

den letzten Jahren hat sich jedenfalls das durchschnittliche<br />

Expansionstempo unter Führung der lnvestitionstätigkeit<br />

merklich belebt, die Beschäftigung<br />

Tabelle 1<br />

Zur Entw1cklung von Wachstum und Beschäftigung<br />

Durchschnittliche jährliche Veränderung in vH<br />

Sozialprodukt<br />

Beschäftigung<br />

Land 1983 1988 1983 1988<br />

bis bis bis bis<br />

1985 <strong>1990</strong>') 1985 <strong>1990</strong> 1 )<br />

Vereinigte Staaten +4,6 +2 1 /2 +2,5 +1 1 /1<br />

Japan . ...... .... . +4,4 +5 1 /2 +t,O +2<br />

Europäische<br />

OECD-Länder 2) +2,3 +3 1 12 +0,3 +1112<br />

1) <strong>1990</strong> eigene Schätzung.<br />

2) Bundesrepublik Deutschland, Irland und Türkei Bruttosozialprodukt;<br />

übrige Länder Bruttoinlandsprodukt<br />

Quelle: OECD<br />

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