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Heft 2 - Sauerländer Heimatbund e.V.

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Sauerländer <strong>Heimatbund</strong><br />

SAUERLAND<br />

Grenzbegehung:<br />

Pflicht und<br />

Vergnugen<br />

Aus alten Urkunden,<br />

Aufzeichnungen und BiJchern<br />

Von Klemens Propper<br />

Schnadezijge sind immer noch beliebt.<br />

Sie erfiJIIten in langen Jahrhunderten,<br />

als es noch keine Flurkarten<br />

gab, ihren besonderen Zweck, namlich<br />

sich die Grenzen einzupragen,<br />

sie zu sichern, ilire Riclntigkeit zu<br />

uberprufen, Grenzstreitigkeiten zu<br />

schlichten und niclit zuletzt auch der<br />

nachwachsenden Generation Kenntnis<br />

iJber Grenzverlaufe zu vermitteln.<br />

Der Sclnnadegang (Grenzbegehung,<br />

von Schnad, Schnod, Schneise,<br />

Schneide), aus kurkolnischer Zeit<br />

auch oft „Ljmitenzug" (franz. limite<br />

= Grenze) genannt, war eine PflichtiJbung,<br />

der sich BiJrgermeister und<br />

Rat derGemeinden, nebst jungen und<br />

alten Burgern von Zeit zu Zeit unterziehen<br />

muBten.<br />

Neheim: Einblauen<br />

In Neheim versammeite sich dereinst<br />

die gesamte Bijrgerschaft am Rathaus<br />

und zog „unter BCirgermeister und<br />

••~*(P»-l»w««,s«> ,,.<br />

Graf Gottfried IV. vor) Arnsberg fiat der Stadt Nehe/m-Husten einen groCen Wald<br />

geschenkt. Dies ist ein Foto der Originalurkunde von 1368.<br />

Rat mit fliegendem Fahnlein und<br />

Trommelschlag" urn die Grenzen der<br />

Stadtmark, wobei auch Vertreter der<br />

Nachbargemeinden zugegen waren.<br />

Unkenntlich gewordene Zeichen wurden<br />

aufgefrischt, Malsteine zurechtgeruckt<br />

und strittige Grenzfragen an<br />

Ort und Stelle geklart. Jungeren<br />

Leuten und auch Neuburgern, die<br />

zum ersten Mai am Grenzzug teilnahmen,<br />

wurden wichtige Merkpunkte<br />

unsanft durch eine Ohrfeige (man soil<br />

es sich hinter die Ohren schreiben)<br />

Oder durch „Pohlasen" (mit dem As,<br />

d. i. Hintern, mehrmals kraftig auf<br />

den Pohl, d. h. Stutzen, Grenzpfahl,<br />

Stein stoBen) „eingeblaut".<br />

Wenn die Waldhorner das Ende der<br />

Grenzbegehung und „Sammeln" bliesen,<br />

gab es ein lustiges Spiel und<br />

250 Jahre Wendenerhiitte (SchluB)<br />

der zu etwa einem Drittel auf dem<br />

Spendenwege aufgebracht werden<br />

muB.<br />

Dem Gelingen dieses Vorhabens<br />

kann mit Zuversicht entgegengesehen<br />

werden; schlieBlich haben allein<br />

die Burger der Stadt OIpe in den<br />

letzten Jahrzehnten fur verschiedene<br />

Anilegen welt groBere Betrage gesammelt<br />

als sie hier notwendig sind.<br />

Nach der Restaurierung der Bauten<br />

und der in diesen und urn sie herum<br />

gelegenen Aniagen soil den Gebauden<br />

eine sinnentsprechende Ausstattung<br />

gegeben werden. In einem der<br />

Nebengebaude soil eine museale<br />

Darstellung von Industrie und Wirtschaft<br />

des Kreises untergebracht<br />

werden, fur welche im Kreisheimatmuseum<br />

in Attendorn sich ohnehin<br />

kein Raum mehr bietet. Es ist also<br />

ein recht anspruchsvolles Programm,<br />

das sich die Freunde und Forderer<br />

der Wendenerhiitte vorgenommen<br />

haben, eine Dokumentation der Wirtschaftsgeschichte<br />

des sijdlichen Westfalen,<br />

wie sie in gleicher Weise noch<br />

nicht besteht, die nicht nur den Fachmann,<br />

sondern auch den Laien zu<br />

interessieren vermag und somit auch<br />

— wie alle Museen — ein zusatzliches<br />

Angebot fiJr den Fremdenverkettr<br />

bedeutet. Theo Hundt<br />

frohliches Gelage. Die letzte „alte"<br />

Neheimer Grenzbegehung war 1830.<br />

Erst 1921 lieB sie Bernhard Bahnschulte<br />

mit dem <strong>Heimatbund</strong> als<br />

Brauchtum wieder aufleben. Rat und<br />

Burger errichteten 1924 eintrachtig<br />

einen Schnadezug-Gedenkstein an<br />

der Stelle, wo zumeist in feierlicher<br />

Pause laut und eindringlich jene<br />

Schenkungsurkunde verlesen wurde,<br />

wonach Graf Gottfried IV. von Arnsberg<br />

den Neheimern den groBen<br />

Stadtwald vermachte. —<br />

Sitten und Gebrauche zu den Grenzbegehungen<br />

ahnein sich uberall sehr,<br />

selbst in Bonn, wo man wegen fehlenden<br />

Waldes anstatt Schnadegang<br />

(Schneisegang) einfach Bannbegang<br />

(MM Bannsteine, Grenzsteinebegehen)<br />

sagt, „suchte man der Jugend<br />

die Lage der Bannsteine recht nachdriJcklich<br />

einzupragen. In humaner<br />

Weise geschah dies durch Bildchen,<br />

welche an die Kinder verteilt wurden,<br />

in handgreiflicher Form dadurch, daB<br />

man einen Jungen auf den Bannstein<br />

setzte und Ihm eine tiJchtige Ohrfeige<br />

verabreichte Oder zwei Jungen mit<br />

den Kopfen aneinander stieB" (K.<br />

Hoch, Grau-Rheindorf 1949).<br />

HiJsten: Streit mit dem Pastor<br />

Von den Schnadezugen in Hiisten<br />

berichtet das zum GliJck noch heute<br />

erhaltene Bijrgerbuch der Freiheit<br />

(Stadtarchiv Neheim-Husten), und<br />

zwar erstmalig aus der Zeit nach dem<br />

SOjahrigen Krieg: „Anno 1646 den<br />

1. Juniy bey regirung Burgermeister<br />

Cort Graeses ist die feldtmarck umbzogen,<br />

alle Burger und Burgerskinder<br />

an die vor disen streitigen Ohrtern die<br />

dariJber gefaBete revers, TauB- und<br />

andere nottige Brife (schriftliche Ver-<br />

33<br />

SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong><br />

© Copyright Sauerlander <strong>Heimatbund</strong>

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