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Heft 2 - Sauerländer Heimatbund e.V.

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Sauerländer <strong>Heimatbund</strong><br />

SAUERLAND<br />

Belecker<br />

Sturmtag<br />

Von Peter Wessel<br />

Am 10. Mai wurden die Burger der<br />

Stadt Belecke — wie immer am Mittwoch<br />

vor Pfingsten — bereits morgens<br />

um 4 Uhr durch BollerschiJsse<br />

aus dem Schlaf gerissen. Dieser<br />

Brauch erinnert an den Tag im Jahre<br />

1448, als wahrend der Soester Fehde<br />

(1444 - 1449) eine Streitmacht von<br />

Soest die befestigte Stadt und Burg<br />

Belecke erstijrmen wollte. Bis vor<br />

wenigen Jahren riefen die BollerschiJsse<br />

die Bevolkerung zum Sturmhochamt<br />

schon um 5 Uhr in der FrCih'<br />

in dem des gefallenen BiJrgermeisters<br />

Wilke gedacht wurde, der 1448 sein<br />

Leben fiJr die Heimat einsetzte und<br />

verier.<br />

Heuer wahrte sich der Tag zum 530.<br />

Mai. Ein Grund, ihn festlicher als gew/ohnlich<br />

zu begehen. Nach dem<br />

Sturmhochamt — diesmal am Abend<br />

um 18.30 Uhr — zog die Gemeinde<br />

in die Schutzenhalle. Ein Heimatabend,<br />

gestaltet von den heimischen<br />

Vereinen, war der Rahmen fiJr die<br />

historische Feierstunde, zu der auch<br />

eine Abordnung Soests unter Fijhrung<br />

ihres BiJrgermeisters Frau Dr.<br />

Kipper geladen war.<br />

Man kann mit Recht fragen, ob dieser<br />

Tag in der Geschichte der Stadt so<br />

wichtig ist, ihn nun schon ununterbrochen<br />

530 Jahre zu begehen. Ist<br />

er nicht nur eine Episode am Rande<br />

der nun 1000-jahrigen Geschichte<br />

Beleckes? Waren nicht andere Ereignisse<br />

folgenschwerer? Nur einige<br />

seien hier genannt:<br />

• 1599 raffte die Pest 13 Stiegen<br />

Menschen hinw/eg (260 Personen)<br />

bei einer Einwohnerzahl von ca.<br />

450 bis 500.<br />

• Im 30-jahrigen Krieg (1618 - 1648)<br />

geriet Belecke in groBte Not. Vor<br />

allem der Tolle Christian von<br />

Braunschweig und die Hessen<br />

hausten barbarisch in dem Stadtchen.<br />

• GroB war das Leid im Siebenjahrigen<br />

Krieg (1756 - 1763) durch<br />

Einquartierung, Brandschatzung<br />

und PliJnderung.<br />

• Verheerende Folgen hatte der<br />

„GroBe Brand" von 1805, als 58<br />

von 76 Hausern und Hofstatten<br />

niederbrannten einschlieBlich des<br />

Rathauses mit alien Dokumenten.<br />

• Letztlich sei erinnert an die Tage<br />

vom 5. bis 7. April 1945, als Belecke<br />

3Tage unter PanzerbeschuB lag,<br />

der groBte Tell der Altstadt schwer<br />

beschadigt war und auch Tote zu<br />

beklagen waren.<br />

Wer die Aufzeichnungen ijber die<br />

Soester Fehde intensiv studiert, muB<br />

den „Sturmtag" als historisches Ereignis<br />

ernst nehmen. Um die Soester<br />

Fehde verstehen zu konnen, soil kurz<br />

der geschichtliche Hintergrund behandelt<br />

werden.<br />

Bis zur Zeit des Kaisers Friedrich<br />

Barbarossa (1152-1190) gehorte<br />

Westfalen einschlieBlich des Sauerlandes<br />

zum Herzogtum Sachsen. Als<br />

Heinrich der Lowe, Herzog von Sachsen<br />

und Bayern, dem Kaiser die Gefolgschaft<br />

verweigerte, setzte Friedrich<br />

ihn ab und verwies ihn des<br />

Landes. Er teilte die HerzogtiJmer auf<br />

und verlieh das Herzogtum Westfalen<br />

und Engern 1180 den Erzbischofen<br />

von Koln, die vor allem in Soest<br />

und im Sauerland erhebliche Besitzungen<br />

hatten. Sie befestigten die<br />

Orte RiJthen, Kallenhardt, Werl, Warstein<br />

und Belecke und verliehen ihnen<br />

Stadtrechte, so z. B. Ruthen<br />

schon im Jahre 1200, Werl 1272, Warstein<br />

1276 und Belecke 1296.<br />

Im Jahre 1437 schlossen sich die<br />

Stadte und Ritter des Herzogtums<br />

Westfalen gegen ihren Landesnerrn,<br />

den Erzbischof und Kurfurslen Diedrich<br />

von Koln zusammen. Die FiJhrung<br />

in diesem Bund, aenanrit ..Erblandsvereinigung",<br />

ijbernahm Soest,<br />

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Noch auf dieser Lithographie<br />

von 1860 erkennt man, daR Belecke<br />

mit Mauern und Toren<br />

einmal „ein harter Brocken" fur<br />

Eroberer gewesen sein muli.<br />

eine stoize und reiche Hansesiadt<br />

erster Ordnung. Durch ausgedehnte<br />

Kriegfuhrung hatte der Kolner Herrscher<br />

sein Land in Schulden gestijrzt,<br />

die er durch maBlose, erhohte Steuerlasten<br />

zu tilgen versuchte.<br />

Soest aber wollte mehr als nur die<br />

ZuriJcknahme der Steuerlast. Es sagte<br />

sich IDS von Koln und erwahlte sich<br />

den (schwacheren) Herzog von Cleve<br />

zum Landesherrn. Die ijbrigen Stadte<br />

des Herzogtums schlossen sich dem<br />

Abfall von Kurkoln nicht an.<br />

Nun begann ein 5-jahriger Kampf,<br />

genannt die „Soester Fehde", dessen<br />

Resultat fiir Soest die Loslosung von<br />

Koln bedeutete. Fiir das Grenzland<br />

aber begann eine Zeit des erbarmungslosen<br />

Krieges. Eine nicht abreiBende<br />

Kette von gegenseitigen<br />

Pliinderungen, Zerstorungen, Raubzijgen<br />

mit Morden und Brandschatzungen<br />

verheerten das Gebiet zwischen<br />

Neheim - Werl - Hamm im Westen<br />

und Anrochte - RiJthen - Kallenhardt<br />

im Osten.<br />

Der Soester „Secretarius" Bartholomaus<br />

van de Lake ist'Augenzeuge<br />

und Berichterstatter zumindest der<br />

mit Heeresmacht „to Vote und to<br />

Perde" gefiJhrten KriegsziJge.<br />

Er laBt an den „C6lschen" kein gutes<br />

Haar, wahrend er Soest immer als die<br />

„erlike, geredige und frombe Stadt"<br />

bezeichnet. Von ihm wissen wir, daB<br />

36<br />

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SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong>

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