01.11.2012 Aufrufe

Februar 2012 - Der Neusser

Februar 2012 - Der Neusser

Februar 2012 - Der Neusser

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Der</strong> <strong>Neusser</strong> 02.<strong>2012</strong><br />

Premiere von Goethes „Iphigenie auf Tauris“ im Rheinischen Landestheater<br />

Humanismus am Altar der Fremde<br />

Ja, es ist eine gewaltige Wörterschlacht, die einen<br />

bei Goethes Iphigenie erwartet: in Vers gefasste<br />

Dialoge gefüllt mit tragischen Geschichten, familiären<br />

Bürden und menschlicher Zerrissenheit.<br />

Ein antikes Thema nach Euripides, bei dem Goethe<br />

den Humanismus nach vorne rückt. Weniger<br />

ein Werk für die Augen, eines für die Ohren – und<br />

den Geist. Da tut es gut, dass Regisseurin Antje<br />

Thoms für ihre Bühnenfassung am RLT mit dem<br />

Iphigenie wurde in die<br />

Fremde auf die Insel Tauris<br />

verschleppt. Dort dient<br />

sie als Priesterin der Göttin<br />

Diana, die sie einst vorm Opfertod<br />

bewahrte und sie weit<br />

weg von ihrer griechischen<br />

Heimat zu den barbarischen<br />

Taurern führte. Doch obwohl<br />

Iphigenies Vater Agamemnon<br />

seine Tochter für guten Seewind<br />

im Feldzug gegen Troja<br />

opferte und ein blutiger Fluch<br />

auf ihrer Familie liegt, sehnt<br />

sie sich zurück nach Griechenland.<br />

Auch die Wertschätzung, die sie durch die Taurer und ihren König<br />

Thoas erfährt, kann sie nicht umstimmen. Ihr zuliebe wurde der<br />

blutige Brauch, alle Fremden, die die Insel betreten, der Göttin zu<br />

opfern, aufgehoben. Thoas wirbt um Iphigenie, will sie zu seiner Frau<br />

machen und mit ihr seine Thronfolge sichern. Doch Iphigenie lehnt<br />

ab und erzürnt Thoas, der zur Folge den Opfertod wieder einführt.<br />

Dieser soll an zwei Gestrandeten erstmals wieder vollzogen werden.<br />

Ausgerechnet an zwei Griechen, die sich später als Iphigenies Bruder<br />

Orest und dessen Freund Pylades zu erkennen geben. Ein heftiger<br />

Zwiespalt in Iphigenie entbrennt. Sie, gänzlich ein guter, pflichtbewusster<br />

und humaner Mensch, soll durch List dem Bruder, Pylades<br />

und sich selbst zur Flucht verhelfen. Doch kann sie lügen und betrügen,<br />

den, der für sie Jahre über ein väterlicher Schutzpatron war und<br />

ihr gastfreundlich Zuflucht gewährte?<br />

Menschlicher Zwiespalt<br />

Das Menschenideal seiner Protagonistin ist es, das Goethe in den<br />

Vordergrund seines Iphigenie-Dramas stellt, dabei die klassische<br />

Einheit von Handlung, Zeit und Ort wahrend. Im Kern dreht es sich<br />

um die Frage, wie ein einzelner trotz Schuld und Schicksal zu reiner<br />

und edler Menschlichkeit finden kann. Iphigenie ist verbannt Widerwillen.<br />

Dennoch dient sie treu und aufrecht, folgt in ihrer reinen Wesensart<br />

ihrem Herzen, ist wie Goethe äußerte: „verteufelt human“.<br />

Die barbarischen Taurer lehnt sie ab, obwohl sie ihr ergeben sind.<br />

Doch im Augenblick des Fluchtplans und der inneren Krise, zwischen<br />

Vertrauensbruch oder Wahrheitsbekenntnis, wandelt sich Iphigenies<br />

unschuldiges Wirken um in moralisches Handeln.<br />

Regisseurin Antje Thoms baut auf die Menschlichkeit, legt aber in ihrer<br />

RLT-Inszenierung mehr Augenmerk auf die Taurer und damit auf<br />

<strong>Neusser</strong> Kultur<br />

Rotstift kräftig einstreicht und weitestgehend<br />

auf Goethes Prosafassung zurückgreift. Dazu<br />

baut sie Passagen aus modernen Iphigenie-Interpretationen<br />

und Neueinlagen ein und lockert<br />

vereinzelt mit zartem Humor. Das erleichtert den<br />

Einstieg in den komplexen Abiturstoff und lässt<br />

den Zuschauer ohne Längen einem interessanten<br />

Theaterabend folgen.<br />

Marion Stuckstätte<br />

den Einfluss fremder, unverstandener<br />

Kulturen. Ein Volk,<br />

das anders ist, das Iphigenie<br />

ablehnt, weil es andere Sitten<br />

und Bräuche hat, die sie nicht<br />

begreift. Aber ein Volk, das ihr<br />

dennoch Zugang bietet und<br />

sich von ihr bekehren lässt.<br />

Die Schuld wird relativ, wankt<br />

zwischen griechischer Familienrache<br />

und archaischen<br />

Bräuchen hin und her. Auch<br />

Thoms Ende will sich nicht in<br />

Goethes heiles humanes Zugeständnis<br />

fügen. Trällernde<br />

Liebessehnsucht als Wink zu ungeniertem trivialen Zeitgeist? Drohende<br />

Rachegelöbnisse in Zeiten anpassungsfähiger Machtinstanzen?<br />

Ein Abend mit Überraschungen. Eine Darbietung mit im kraftvollen<br />

Spiel durchweg überzeugenden Darstellern. Ein Orest, verkörpert<br />

von Michael Großschädl, dem man an den Lippen haftet. Eine<br />

Iphigenie, gespielt von Katharina Dalichau, die trotz mädchenhaft<br />

naiven Ansätzen in ihrer Intensität ans Schauspiel bindet. Thoms Inszenierung<br />

ist ein kreativer, nicht nur in den Kostümen lebhaft bunt<br />

eingefärbter Cocktail aus antikem Mythos, klassischem Drama und<br />

modernem Esprit. So wundert es nicht, dass der Taurer Arkas mit einem<br />

Landsmann von Zeit zu Zeit das Schauspiel verlässt, um es von<br />

außen zu kommentieren. Schade nur, dass der Abgesang am Schluss<br />

zu sehr die Stimmung bricht.<br />

NEU... ab sofort auch "Versilbertes"<br />

Zahngold - Altgold<br />

Sofort<br />

Faire Preise!<br />

Barauszahlung!<br />

auch mit Zähnen<br />

Schmuck - Münzen - Silber - Zinn - Platin<br />

- alle Edelmetalle -<br />

Wir sind immer da...<br />

Neuss<br />

Büchel 44<br />

Mo.-Fr.: 9.00 - 13.00 u. 14.00 - 18.00 Uhr, Sa.: 9.00 - 14.00 Uhr<br />

Schwäbische<br />

Goldverwertung Reutlingen<br />

Waimer GmbH<br />

Foto: Anke Sundermeier/ Stage Picture<br />

seit 30 Jahren<br />

schwäbisch solide, fleißig und schnell<br />

Tel. 07121/381301 Fax 07121/380325<br />

www.waimergold.de<br />

19

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!