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LITERATUR & MEDIEN<br />

214<br />

recht kritisierten Kirche. Der von Hartmann gegen<br />

Grass, Hochhuth, „Linke“, „Neo-Linke“ und<br />

die „linkskatholische Selbstkritik“ vorgetragene<br />

Gegenangriff trägt <strong>de</strong>n Zug einer persönlichen<br />

Verletztheit, die er mit <strong>de</strong>m Diktum vom „Katholiken<br />

Adolf Hitler“ selbst auf <strong>de</strong>n Punkt bringt. Bei<br />

<strong>de</strong>m insgesamt streitschriftartigen Prolog muss es<br />

nicht verwun<strong>de</strong>rt, dass Hartmann auch sein Ergebnis<br />

mit großer Gewissheit in <strong>de</strong>r Einleitung vorwegnimmt,<br />

dass nämlich die Kirche „die nation<strong>als</strong>ozialistische<br />

Herausfor<strong>de</strong>rung in Theorie [...] und<br />

in <strong>de</strong>r Praxis gemeistert“ habe. Auf <strong>de</strong>n darauf folgen<strong>de</strong>n<br />

79 Seiten in neun im Wesentlichen chronologisch<br />

vorgehen<strong>de</strong>n Hauptkapiteln widmet er<br />

sich dann zunächst weiter im Stil seiner Einleitung<br />

<strong>de</strong>r Suche nach <strong>de</strong>n Schuldigen für <strong>de</strong>n nation<strong>als</strong>ozialistischen<br />

Erfolg und fin<strong>de</strong>t sie – nach <strong>de</strong>m feigenblattartigen<br />

Hinweis auf Dietrich Bonhoeffer –<br />

im Protestantismus. Dem stellt er exemplarisch gemeinte<br />

Kurzporträts entgegen, die die katholische<br />

Resistenz gegen die „Bewegung“ ver<strong>de</strong>utlichen<br />

sollen. Was Wun<strong>de</strong>r, dass <strong>de</strong>r Zentrums-Apostat<br />

und Vizekanzler Hitlers von Papen nicht vorkommt<br />

und <strong>de</strong>r verbreitete antijudaistische Affekt<br />

im Katholizismus <strong>als</strong> solcher nicht thematisiert<br />

wird. Jedoch verschweigt Hartmann keineswegs<br />

die katholischen Versuche <strong>de</strong>s « Brückenbaus »<br />

zum NS, aber er malt auch hier schwarz-weiß und<br />

wen<strong>de</strong>t die nun eigene Kritik gegen die hierarchienahe<br />

Katholische Aktion und die Bischöfe, <strong>de</strong>ren<br />

politischer Bandbreite von von Preysing bis Gröber<br />

er nicht gerecht wird. Nach<strong>de</strong>m Hartmann sich<br />

so verbandsnah und konservativ <strong>als</strong> eine Art später<br />

Anhänger Adam Stegerwalds offenbart hat, folgen<br />

knapp und informativ geschriebene Abschnitte etwa<br />

zu <strong>de</strong>n Sittlichkeitsprozessen und zur Enzyklika<br />

„Mit brennen<strong>de</strong>r Sorge“, in <strong>de</strong>nen die Qualität<br />

<strong>de</strong>r rezipierten Literatur aufscheint. Insgesamt<br />

wird man <strong>de</strong>m kenntnisreich geschriebenen Bändchen<br />

seine Einseitigkeit und sein innerkatholisch<br />

aufdringlich-aufrechnerisches Bedürfnis anlasten<br />

müssen, während die zu oft vernachlässigte österreichische<br />

Perspektive und ein knappes, aber gut<br />

gemachtes Literaturverzeichnis zu <strong>de</strong>n Pluspunkten<br />

gehören.<br />

Michael Habersack<br />

Berger, Klaus / Niemann, Ulrich<br />

/ Wagner, Marion<br />

Das Böse und<br />

die Sprachlosigkeit<br />

<strong>de</strong>r Theologie<br />

– Regensburg: Verlag Friedrich Pustet. 2007. 128 S.,<br />

€ 16,90 (ISBN 978-3-7917-2064-7)<br />

„Der Theologe scheut die Beschäftigung mit<br />

<strong>de</strong>m Teufel inzwischen so wie <strong>de</strong>r Teufel das<br />

Weihwasser.“ <strong>Diese</strong> Diagnose mag für die Beschäftigung<br />

<strong>de</strong>r gegenwärtigen theologischen<br />

„Szene“ speziell mit <strong>de</strong>m Teufel zutreffen, wenn<br />

man von einigen allerdings gewichtigen Ausnahmen<br />

absieht. Sie gilt nicht für die theologische<br />

und philosophische Beschäftigung mit <strong>de</strong>m Bösen<br />

im Allgemeinen und seinen vielfältigen<br />

Schattierungen und Facetten im Beson<strong>de</strong>ren.<br />

Dies zeigt das vorliegen<strong>de</strong> Buch, das sich in eine<br />

ganze Reihe von Diskussions- und Tagungsbän<strong>de</strong>n<br />

einglie<strong>de</strong>rt, die in <strong>de</strong>n letzten Jahren zum<br />

Thema erschienen sind. Unter <strong>de</strong>m Titel „Das<br />

Böse und die Sprachlosigkeit <strong>de</strong>r Theologie“<br />

wird eine Tagung zum Thema „Das Böse und das<br />

En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Moraltheologie“ dokumentiert. Es versammeln<br />

sich sieben anspruchsvolle Beiträge<br />

namhafter Vertreter <strong>de</strong>r Theologie und Philosophie,<br />

<strong>de</strong>r Medizin und <strong>de</strong>s Gesundheitswesens.<br />

Begriffsgeschichte, begrifflich-analytische Schärfung<br />

<strong>de</strong>s Bösen und systematisch zentrale Fragestellungen<br />

(Freiheit, praktische Vernunft; Theodizee;<br />

Sün<strong>de</strong>, Erbsün<strong>de</strong>) kommen ebenso in <strong>de</strong>n<br />

Blick wie die Analyse verschie<strong>de</strong>ner Menschenbil<strong>de</strong>r<br />

in Exegese und Ethik o<strong>de</strong>r die Untersuchung<br />

konkreter Phänomene in psychotherapeutischer<br />

Theorie und Praxis sowie gesellschaftlicher<br />

Realität. Die Autoren machen <strong>de</strong>utlich, dass<br />

das Phänomen <strong>de</strong>s menschlich/moralisch Bösen<br />

in seiner unübersehbaren Bedrängnis we<strong>de</strong>r durch<br />

seine schleichen<strong>de</strong> Banalisierung und Naturalisierung<br />

noch durch eine Dekonstruktion <strong>de</strong>s Freiheitsbegriffs<br />

adäquat zur Sprache gebracht wird,<br />

wie sie gegenwärtig in <strong>de</strong>n Life Sciences und Gesellschaftswissenschaften<br />

häufig geschieht.<br />

Was einer <strong>de</strong>r Autoren <strong>als</strong> Anliegen seines<br />

Beitrags beschreibt, nämlich „das Thema <strong>de</strong>s Bösen<br />

... exemplarisch zu betrachten und einzuordnen“<br />

(71), charakterisiert <strong>de</strong>n Band im Ganzen.<br />

Sein Reiz liegt in <strong>de</strong>r Zusammenführung ganz<br />

verschie<strong>de</strong>ner Perspektiven, die eine facettenreiche<br />

Sichtung <strong>de</strong>s Themas ermöglicht. Die Beiträge<br />

unterschei<strong>de</strong>n sich dabei <strong>de</strong>utlich in Zielsetzung,<br />

thematischer Fokussierung, formaler Gestalt,<br />

(fach-) sprachlicher Durchführung und Lesbarkeit<br />

für <strong>de</strong>n Laien. Während einige Beiträge<br />

einen konkreten Ausschnitt, ein konkretes philosophisches<br />

Problem o<strong>de</strong>r eine fachinterne Diskussion<br />

behan<strong>de</strong>ln, argumentieren an<strong>de</strong>re grundsätzlich<br />

und systematisch. Wie<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re unternehmen<br />

phänomenologische Streifzüge durch<br />

Gesellschaft und ärztliche Praxis o<strong>de</strong>r analysieren<br />

die biblische Überlieferung. Der Band spiegelt<br />

so die Atmosphäre einer interdisziplinären<br />

Fachtagung wi<strong>de</strong>r, ohne gleichwohl <strong>als</strong> gedrucktes<br />

Buch das Gesprächsforum einer solchen Tagung<br />

bieten zu können, so dass etwaiger Klärungsbedarf<br />

und vor allem eine Synthese <strong>de</strong>s dokumentierten<br />

Gesprächs vom Leser selbst zu leisten<br />

ist.<br />

Julia Knop<br />

Polak, Regina<br />

Religion kehrt wie<strong>de</strong>r<br />

Handlungsoptionen in Kirche und<br />

Gesellschaft. – Ostfil<strong>de</strong>rn: Schwabenverlag. 2006.<br />

389 S., € 35,00 (ISBN 978-3-7966-1057-8)<br />

Die allgegenwärtige medienwirksame Präsenz<br />

von Religion ist mehr <strong>als</strong> nur ein flüchtiger<br />

Medienhype. Das ist die Überzeugung <strong>de</strong>r Leiterin<br />

<strong>de</strong>s pastoraltheologischen Instituts <strong>de</strong>r Universität<br />

Wien, Regina Polak, die sie in ihrer pastor<strong>als</strong>oziologischen<br />

Studie erläutert. Religion<br />

kehrt <strong>de</strong>mnach allerorten zurück und das nachhaltig.<br />

Sie wer<strong>de</strong> <strong>als</strong> reine Privatsache zunehmend<br />

abgelegt und erhalte im öffentlichen Raum<br />

wie im persönlichen Leben vieler Menschen wie<strong>de</strong>r<br />

neue Relevanz.<br />

<strong>Diese</strong>r überraschen<strong>de</strong> Be<strong>de</strong>utungsgewinn geschieht<br />

für das Phänomen „Religion“ allerdings<br />

nicht rückstandsfrei: Traditionelle Religion wan<strong>de</strong>lt<br />

sich hierbei nicht nur in ihrem Phänotyp,<br />

auch ihr Genotyp ist betroffen. Religion – folgt<br />

man <strong>de</strong>r These Polaks – transformiert sich in ihrer<br />

Gestalt, ihrer Funktion und ihrem Sinn. Und hier<br />

liegt genau <strong>de</strong>r Punkt, an <strong>de</strong>m kritische Rückfragen<br />

an die diagnostizierten Heils- und Hoffnungszeichen<br />

<strong>de</strong>r Wiener Theologin erlaubt sein<br />

müssen: Polaks Religionsbegriff ist etwas zu<br />

flach und damit zeitdiagnostisch zu unscharf geraten.<br />

Religion ist mehr <strong>als</strong> Sehnsucht nach Sinn<br />

und „spiritueller Wellness“. Ein Religionsbegriff,<br />

bei <strong>de</strong>m Gott zu einem Epiphänomen verkommt,<br />

verbrämt und verdoppelt lediglich das ökonomisch-ästhetische<br />

Selbstverständnis <strong>de</strong>s mo<strong>de</strong>rnen<br />

Menschen (Hans-Joachim Höhn) und kommt<br />

einer Religion <strong>de</strong>r Bedürfnisbefriedigung gleich.<br />

Dennoch müssen seitens <strong>de</strong>r Kirche Antworten<br />

und Strategien auf die gesellschaftlich offene<br />

Situation im „religiösen Feld“ (Pierre Bourdieu)<br />

gefun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n. Der handlungsorientierte dritte<br />

Teil „Kirche gestalten“ weist hier Wege auf. Interessant<br />

sind z.B. die Überlegungen <strong>de</strong>r Autorin zu<br />

einer erneuerten Riten-Kultur. Trotz <strong>de</strong>s eingangs<br />

formulierten Vorbehalts lohnt sich die Lektüre.<br />

Die Studie macht Mut, sich auf die gegenwärtige<br />

neue Lage neugierig und kreativ einzulassen. Beson<strong>de</strong>rs<br />

Religionslehrer wer<strong>de</strong>n sicher bei folgen<strong>de</strong>r<br />

Einschätzung aufmerken: „Die Zeit <strong>de</strong>r<br />

Kirchenhäme wird zu En<strong>de</strong> gehen. Kirchen wer<strong>de</strong>n<br />

in <strong>de</strong>n nächsten Jahren im Sog <strong>de</strong>r Wie<strong>de</strong>rkehr<br />

<strong>de</strong>r Religion Gehör und neue Chancen fin<strong>de</strong>n.<br />

In Europa wird es viele, vor allem junge<br />

Menschen geben, die fernab von <strong>de</strong>r Kirche aufgewachsen<br />

sind, und <strong>de</strong>ren Interesse man wird<br />

wecken können abseits <strong>de</strong>r gegenwärtig festgefahrenen<br />

binnenkirchlichen Streitereien.“<br />

Martin W. Ramb<br />

INFO 36 · 4/2007

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