29.07.2014 Aufrufe

SPRACHROHR 3/2003

Zeitung des ver.di-Landesfachbereichs Medien, Kunst und Industrie Berlin-Brandenburg.

Zeitung des ver.di-Landesfachbereichs Medien, Kunst und Industrie Berlin-Brandenburg.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

3|03 sprachrohr<br />

Einfühlsam und pointiert<br />

Zum Tod des Filmemachers Uwe Belz<br />

wir über uns<br />

Foto: Privat<br />

Am 29. und 30. März dieses<br />

Jahres nahmen Filmfreunde mit<br />

einer Retrospektive im Berliner Kino<br />

„Babylon“ Abschied von dem<br />

Dokumentaristen und Filmemacher<br />

Uwe Belz. Er war nach<br />

schwerer Krankheit am 17. Dezember<br />

2002 gestorben.<br />

Rund 150 Streifen hat Uwe Belz<br />

als Regisseur und Autor geschaffen,<br />

die meisten bei der ostdeutschen<br />

DEFA. Eine erstaunliche<br />

Zahl, nimmt man die Gesamtproduktion<br />

der DDR-Filmstudios zum<br />

Vergleich. Dass Uwe Belz dennoch<br />

kein Star im landläufigen Sinne<br />

war, ist seinem Genre geschuldet.<br />

Der klassische Dokumentarfilm<br />

war und ist etwas für die kleineren<br />

Säle. Dabei war Regisseur gar<br />

nicht die erste Berufswahl für den<br />

1937 geborenen Berliner. Uwe<br />

Belz wurde zunächst Optiker und<br />

Fotograf. Dann folgte das Regie-<br />

Studium an der Hochschule für<br />

Film und Fernsehen in Babelsberg.<br />

1961 dann die Anstellung bei der<br />

Künstlerischen Arbeitsgruppe<br />

„document“ im DEFA Studio für<br />

Dokumentarfilme.<br />

In allen ver.di-Vorgängerorganisationen<br />

war es Brauch, und so<br />

folgte auch der Bezirksvorstand<br />

Berlin des Fachbereiches 8 der<br />

guten Tradition, seine langjährigen<br />

Mitglieder für Engagement<br />

und Treue zu ehren und ihnen<br />

Dank für ihre ausdauernde Mitarbeit<br />

zu sagen.<br />

150 ver.di-Gewerkschafterinnen<br />

und Gewerkschafter, die auf<br />

eine 25-, 40- oder gar 50jährige<br />

oder längere Mitgliedschaft<br />

zurückblicken können, waren am<br />

19. Mai ins Casino der Firma De<br />

Te We nach Kreuzberg geladen.<br />

Andreas Köhn, Leiter des Fachbereiches<br />

Medien, Kunst und Industrie,<br />

begrüßte die Jubilare und<br />

wies darauf hin, dass ver.di seine<br />

treuesten Mitstreiter gerade zu<br />

einem Zeitpunkt ehrt, da die Gewerkschaften<br />

in unserem Land in<br />

bisher nicht gekanntem Maße<br />

Diese Arbeit führte Uwe Belz<br />

an Orte und in Bereiche, die unterschiedlicher<br />

nicht sein konnten.<br />

Mal porträtierte er mit tiefer<br />

Einfühlsamkeit die „kleinen Leute“,<br />

wie die Rostocker Fischfrau<br />

in „Min Herzing“ oder den Marine-Koch<br />

in „Smutje Baubi“. Mal<br />

zeigte er auf seine ganz eigene,<br />

pointierte und gefällige Art die<br />

„Großen“, wie den westdeutschen<br />

Ex-General Gerd Bastian<br />

oder Pablo Neruda. Er suchte und<br />

zeigte in unzähligen Alltagsporträts<br />

„Helden, die ehrlich sind und<br />

sich mit Humor, Schlagfertigkeit<br />

und Mutterwitz mitteilen“. Das<br />

konnten eine junge Schäferin sein,<br />

Tiefseetaucher, Travestiekünstler<br />

aber auch Karl Marx, Heinrich<br />

Heine, Karel Gott oder Manfred<br />

Krug, den er bereits 1973 als<br />

Swing- und Jazzinterpreten zeigte<br />

und noch einmal 1999 in dem<br />

eindrucksvollen abendfüllenden<br />

Special „Wenn ich singe“. Aber<br />

auch der Altstofferfassung in der<br />

DDR widmete Belz sich mit der<br />

ihm eigenen subtilen Ironie und<br />

feinsinnigem Humor.<br />

Besondere Vorliebe galt jedoch<br />

den Reisereportagen, die den Filmemacher<br />

vor allem nach Asien<br />

führten. Unterhaltsam und mit<br />

originellem Blickwinkel präsentierte<br />

er etwa Jakutien, mehrfach<br />

Vietnam und Laos und schließlich<br />

1988 in einer neunteiligen Serie<br />

die weite Reise „Stromabwärts<br />

nach Schanghai“. Daneben standen<br />

Regiearbeiten am Friedrichstadtpalast<br />

und der Volksbühne,<br />

Dozententätigkeit an der Filmhochschule<br />

in Potsdam-Babelsberg<br />

und immer wieder Beiträge<br />

für das Fernsehen. Mit zahlreichen<br />

Personalityshows, Fernsehfilmen,<br />

Künstlerporträts und der<br />

legendären Kultsendung „Showkolade“<br />

gelang Belz der damals<br />

recht schwierige Balanceakt unangepasster<br />

niveauvoll-vergnüglicher<br />

Fernsehunterhaltung.<br />

Nach der Wende und dem Ende<br />

der DEFA widmete sich Uwe<br />

Belz ausschließlich der Fernseharbeit,<br />

vor allem bei ORB und MDR.<br />

Vom „Heim für Tiere“ über Dostojewskis<br />

Urenkel, die vierteilige<br />

Reihe „Das war die DDR“, „Die<br />

Dank und Ermunterung<br />

ver.di Berlin ehrte 150 langjährige Gewerkschaftsmitglieder<br />

Ehrung und Blumen auch für Alfred Fleischhacker (links)<br />

Foto: transit/v.Polentz<br />

von vielen Seiten scharf angegriffen<br />

und diskriminiert werden,<br />

weil sie sich drastischem Sozialabbau<br />

im Interesse der Arbeitnehmer<br />

entgegenstellen.<br />

Der stellvertretende Vorsitzende<br />

des Bezirksvorstandes Berlin<br />

des Fachbereiches 8 Dr. Kurt Stephan<br />

überreichte den Jubilaren<br />

Urkunden, Ehrennadeln und Geschenke.<br />

Zu den Geehrten zählten<br />

zwei Kollegen, die bereits seit<br />

Suchte den originellen Blickwinkel:<br />

Uwe Belz<br />

Ufa Stars“ bis „Bäume für Simbabwe“,<br />

reicht der Bogen nur einiger<br />

Produktionen. Besondere<br />

Freude machte ihm in den letzten<br />

Jahren die Mitarbeit am Kinderkanal<br />

von ARD und ZDF.<br />

Mit der Reportage über den<br />

Volksstamm der Jukagiren im<br />

Jahre 2001 erfüllte sich für Uwe<br />

Belz noch einmal seine lebenslange<br />

Leidenschaft: die Neugier auf<br />

Menschen und das liebevolle Offenlegen<br />

des Subjektiven und<br />

Überraschenden, des Einfachen<br />

wie Komplizierten, stets stilistisch,<br />

inhaltlich und optisch perfekt,<br />

heiter-besinnlich und zutiefst<br />

humanistisch. MM<br />

einem Dreivierteljahrhundert in<br />

der Gewerkschaft sind: der 96-<br />

jährige Walter Voß arbeitete<br />

beim Rundfunk der DDR, zuletzt<br />

als Gestalter von geschichtlichen<br />

Sendungen für Jugendliche; der<br />

92 Jahre alte Hans Möricke war<br />

beim Sender Radio Berlin International<br />

für Personal und Nachwuchs<br />

zuständig. Ein weiterer<br />

ehemaliger Rundfunkkollege, Alfred<br />

Fleischhacker, wurde für 60<br />

Jahre Gewerkschaftszugehörigkeit<br />

geehrt.<br />

Ein kleines Programm mit bekannten<br />

frechen Berliner Liedern<br />

lockerte die Atmosphäre und inspirierte<br />

die nachfolgenden Gespräche<br />

bei Speis und Trank. So<br />

konnte man auch erfahren, dass<br />

die beiden 75jährigen Jubilare regelmäßig<br />

an den Veranstaltungen<br />

der Seniorengruppe Funkhaus<br />

teilnehmen und auch am<br />

Wohnort noch aktiv sind. Alle<br />

Geehrten begleiteten gute Wünsche<br />

für Gesundheit und Schaffenskraft,<br />

damit sie sich auch<br />

künftig streitbar in das gesellschaftliche<br />

Leben einmischen<br />

können. Hans-Peter Enderlein<br />

14

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!