Smartphone Version - Société suisse de pédiatrie
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PAEDIATRICA Vol. 23 Nr. 1 II/2012<br />
Bulletin <strong>de</strong>r Schweizerischen Gesellschaft für Pädiatrie<br />
Vol. 23 Nr. 1 II/2012
Vol. 23 Nr. 1 2012<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
Redaktion<br />
Dr. R. Tabin, Sierre (Schriftleiter)<br />
Dr. M. Diezi, Lausanne<br />
PD Dr. T. Kühne, Basel<br />
Dr. U. Lips, Zürich<br />
Dr. M. Losa, St. Gallen<br />
Prof. M. Mazouni, Lausanne<br />
Dr. M.-A. Panchard, Vevey<br />
Dr. P. Scalfaro, Lausanne<br />
Dr. R. Schlaepfer, La Chaux-<strong>de</strong>-Fonds<br />
Prof. A. Superti-Furga, Lausanne<br />
Dr. R. von Vigier, Bern<br />
Redaktionsadresse<br />
c/o Dr. R. Tabin<br />
Av. du Général Guisan 30<br />
Postfach 942<br />
CH-3960 Sierre<br />
Tel. 027 455 05 05<br />
Fax 027 455 59 55<br />
rene.tabin@swiss-paediatrics.org<br />
Copyright<br />
© Schweizerische Gesellschaft für Pädiatrie<br />
Verlag – Herausgeber<br />
Schweizerische Gesellschaft für Pädiatrie (SGP)<br />
www.swiss-paediatrics.org<br />
Sekretariat / Adressän<strong>de</strong>rungen<br />
Schweizerische Gesellschaft für Pädiatrie<br />
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1701 Fribourg<br />
Tel. 026 350 33 44<br />
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1225 Chêne-Bourg<br />
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Paediatrica<br />
Erscheint 5 x jährlich für die Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r SGP.<br />
Nicht-Mitglie<strong>de</strong>r können beim Sekretariat<br />
die Paediatrica gegen <strong>de</strong>n Betrag von Fr. 120.–<br />
jährlich abonnieren.<br />
Auflage<br />
1950 Ex. / ISSN 1421-2277<br />
Bestätigt durch WEMF<br />
Nächste Nr.<br />
Redaktionsschluss: 23.3.2012<br />
Erscheinungsdatum: Nr. 2: 21.5.2012<br />
Für <strong>de</strong>n Inhalt <strong>de</strong>r Texte übernimmt die Redaktion<br />
keine Verantwortung.<br />
Editorial<br />
3 · Patienten und Ärzte im Web<br />
C. Kind<br />
4 · Neues Titelbild von Rodrigo Pareja<br />
C. Maneff<br />
Stan<strong>de</strong>spolitik<br />
5 · Echo aus <strong>de</strong>m Vorstand<br />
C. Kind<br />
6 · Weiterbildungsprogramm (WBP) <strong>de</strong>r SGP<br />
C. Rudin<br />
7 · Q-Monitoring – wir Kin<strong>de</strong>rärzte sind weiterhin dabei!<br />
C. Kind, M.-A. Panchard, H. Zinggeler Fuhrer, D. Herren<br />
8 · Bericht <strong>de</strong>r Delegiertenpoolsitzung vom 15.12.11<br />
P. Jenny<br />
9 · Tarmed Info<br />
M. Belve<strong>de</strong>re<br />
Empfehlungen<br />
10 · Perinatale Betreuung an <strong>de</strong>r Grenze <strong>de</strong>r Lebensfähigkeit zwischen 22 und<br />
26 vollen<strong>de</strong>ten Schwangerschaftswochen<br />
T. Berger, V. Bernet, S. El Alama, J.-C. Fauchère, I. Hösli, O. Irion, C. Kind, B. Latal, M. Nelle, R. Pfister,<br />
D. Surbek, A. Truttmann, J. Wisser, R. Zimmermann<br />
13 · Die Betreuung und Reanimation <strong>de</strong>s Neugeborenen<br />
Schweizerische Gesellschaft für Neonatologie<br />
24 · Stationäre multiprofessionelle Therapie <strong>de</strong>r schweren Adipositas im Kin<strong>de</strong>sund<br />
Jugendalter<br />
D. l’Allemand<br />
Fortbildung<br />
25 · Betreuung <strong>de</strong>r hypoxisch-ischämischen Enzephalopathie <strong>de</strong>s Termingeborenen<br />
A. Truttmann, C. Hagmann<br />
Hinweise<br />
29 · För<strong>de</strong>rpreis <strong>de</strong>r Schweizerischen Gesellschaft für Neonatologie<br />
T. Berger<br />
29 · Kin<strong>de</strong>rärzte Schweiz<br />
R. Temperli<br />
Aktuelles aus <strong>de</strong>m pädiatrischen Fachbereich<br />
30 · Neonatologie<br />
T. Berger, R. Pfister<br />
31 · Pädiatrische Pneumologie<br />
A. Möller<br />
32 · Pädiatrische Endokrinologie/Diabetologie<br />
U. Zumsteg<br />
33 · Neuropädiatrie<br />
A. Capone Mori<br />
33 · Pädiatrische Gastroenterologie<br />
A. Ny<strong>de</strong>gger<br />
34 · Pädiatrische Rheumatologie<br />
M.-J. Sauvain<br />
35 · Kin<strong>de</strong>rkardiologie<br />
N. Sekarski, C. Balmer<br />
36 · Entwicklungs pädiatrie<br />
M. Bickle Graz<br />
36 · Stoffwechselkrankheiten<br />
M. Baumgartner<br />
37 · FMH-Quiz 47<br />
Zeitschriftenreview<br />
42 · Kin<strong>de</strong>runfälle<br />
O. Reinberg<br />
45 · Buchbesprechungen<br />
1
Vol. 23 Nr. 1 2012<br />
Editorial<br />
Patienten und Ärzte im Web<br />
Christian Kind, SGP-Präsi<strong>de</strong>nt, St. Gallen<br />
Liebe Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r SGP<br />
Wenn man in <strong>de</strong>r Tierwelt eine Umfrage<br />
über Nutzen und Risiken von Netzen durchführen<br />
wür<strong>de</strong>, wäre das Ergebnis stark davon<br />
beeinflusst, wie viele Spinnen und wie<br />
viele Fliegen unter <strong>de</strong>n Befragten wären.<br />
Bei von Menschen konstruierten Netzwerken<br />
und insbeson<strong>de</strong>re beim Internet wäre<br />
die Situation weit weniger ein<strong>de</strong>utig. Wir<br />
alle kennen die ungeheuren Möglichkeiten,<br />
im www einfach und rasch reiche Beute an<br />
nützlichen Informationen machen zu können,<br />
sind uns aber auch bewusst, in welche<br />
Fallstricke man sich bei <strong>de</strong>r Nutzung dieses<br />
globalen Netzes verwickeln kann.<br />
Gut bekannt, aber nicht einfach zu meistern<br />
sind die Risiken, wenn sensible Personendaten<br />
elektronisch ausgetauscht wer<strong>de</strong>n.<br />
Weniger vor<strong>de</strong>rgründig ist dagegen die<br />
grosse Schwierigkeit, <strong>de</strong>n Nutzen neuer<br />
Anwendungen abzuschätzen. Hier wird nur<br />
allzu oft auf die vollmundigen Versprechungen<br />
<strong>de</strong>r Anbieter und Promotoren abgestellt.<br />
Insbeson<strong>de</strong>re im Gesundheitswesen<br />
bestätigt sich dann aber immer wie<strong>de</strong>r die<br />
alte Regel, dass mit <strong>de</strong>m Einsatz von Informatikmitteln<br />
zwar sehr viel Nützliches erreicht,<br />
aber sicher nicht Geld und Zeit gespart<br />
wer<strong>de</strong>n kann.<br />
Die SGP wur<strong>de</strong> in letzter Zeit mit verschie<strong>de</strong>nen<br />
Projekten konfrontiert, durch die<br />
sensible persönliche Daten zur gezielten<br />
je<strong>de</strong>rzeitigen und ortsunabhängigen Nutzung<br />
durch Berechtigte online zur Verfügung<br />
gestellt wer<strong>de</strong>n sollen. Da ist einmal<br />
<strong>de</strong>r Entwurf zu einem Bun<strong>de</strong>sgesetz über<br />
das elektronische Patientendossier EPDG.<br />
An sich ist die I<strong>de</strong>e von e-Health bestechend,<br />
dass ein Patient je<strong>de</strong>rzeit und überall<br />
<strong>de</strong>m Arzt, <strong>de</strong>r ihn gera<strong>de</strong> behan<strong>de</strong>lt, alle<br />
relevanten Informationen über seine Gesundheit,<br />
die an verschie<strong>de</strong>nen Orten gespeichert<br />
sind, zur Verfügung stellen könnte.<br />
Die Schwierigkeiten auf <strong>de</strong>m Weg zur<br />
Verwirklichung dieser Vision im Praxisalltag<br />
wur<strong>de</strong>n allerdings in diesem Gesetzesentwurf<br />
zu wenig berücksichtigt. Insbeson<strong>de</strong>re<br />
ist die Rolle <strong>de</strong>s Haus- und Kin<strong>de</strong>rarztes als<br />
Hauptlieferant von Gesundheitsdaten nicht<br />
angemessen gewürdigt, so dass sich dieser<br />
viel eher als Fliege <strong>de</strong>nn als Spinne in diesem<br />
Netz wie<strong>de</strong>rfin<strong>de</strong>t. Die zahlreichen<br />
Schwachpunkte <strong>de</strong>r Gesetzesvorlage wur<strong>de</strong>n<br />
von <strong>de</strong>n Fachleuten bei MFE und FMH<br />
sorgfältig analysiert und kritisiert, so dass<br />
sich die SGP hier <strong>de</strong>ren Stellungnahmen<br />
anschliessen konnte.<br />
Ein sehr viel kleinräumigeres und weniger<br />
be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>s e-Projekt hat im Vorstand dagegen<br />
mehr zu re<strong>de</strong>n gegeben. Das SIWF<br />
bietet neuerdings über das Portal myFMH<br />
eine sogenannte Fortbildungsplattform an,<br />
über die Fachärzte ihre absolvierten Fortbildungen<br />
fortlaufend eintragen können. Nach<br />
Ablauf einer dreijährigen Fortbildungsperio<strong>de</strong><br />
kann dann auf Knopfdruck ein Antrag für<br />
ein Fortbildungsdiplom generiert und dieses<br />
nach Verifizierung durch die Fachgesellschaft<br />
ausgedruckt wer<strong>de</strong>n. Gleichzeitig<br />
erscheint darauf automatisch im öffentlichen<br />
Ärzteverzeichnis www.doctorfmh.ch<br />
<strong>de</strong>r Eintrag, dass Doktor XY seine Fortbildungspflicht<br />
erfüllt hat. Das SIWF ruft die<br />
Fachgesellschaften dazu auf, die Nutzung<br />
dieser Fortbildungsplattform für ihre Mitglie<strong>de</strong>r<br />
verbindlich zu erklären. Dies wür<strong>de</strong> dann<br />
bei allgemeiner Akzeptanz be<strong>de</strong>uten, dass<br />
je<strong>de</strong>r Facharzt, bei <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r entsprechen<strong>de</strong><br />
Eintrag im Ärzteverzeichnis fehlt, sofort im<br />
Verdacht stün<strong>de</strong>, seine Fortbildungspflicht<br />
nicht erfüllt zu haben. Dem Vorstand erschien<br />
es klüger, hier etwas Zurückhaltung<br />
zu üben und auch im revidierten Fortbildungsprogramm<br />
die altbewährte Möglichkeit<br />
zu erhalten, über seine Fortbildungen<br />
privat Buch zu führen und nur bei unmittelbarem<br />
Bedarf diese Unterlagen dann <strong>de</strong>r<br />
SGP einzureichen, um ein Fortbildungsdiplom<br />
zu bestellen. Die Nutzung <strong>de</strong>r elektronischen<br />
Plattform soll freiwillig bleiben.<br />
In einem weiteren Innovationsprojekt<br />
möchte nun das SIWF auch das Logbuch<br />
<strong>de</strong>r Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung<br />
fortlaufend online über das Portal myFMH<br />
führen lassen. Dies wür<strong>de</strong> be<strong>de</strong>uten, dass<br />
sämtliche Aufzeichnungen aller Kandidaten<br />
und Weiterbildner von Anfang bis En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />
Weiterbildung auf <strong>de</strong>n Servern <strong>de</strong>r FMH<br />
gespeichert wür<strong>de</strong>n. Selbstverständlich<br />
wird volle Vertraulichkeit und alleinige Datenhoheit<br />
für <strong>de</strong>n Weiterbildungskandidaten<br />
zugesichert. In <strong>de</strong>n FAQs auf <strong>de</strong>r FMH-<br />
Website heisst es aber auch, dass die Daten<br />
zu statistischen Zwecken periodisch «anonymisiert»,<br />
versehen mit <strong>de</strong>r Angabe von<br />
Geschlecht, Alter und Wohnort <strong>de</strong>s Kandidaten<br />
ans SIWF weitergeleitet wer<strong>de</strong>n …<br />
Unsere Anfrage ans SIWF, ob damit <strong>de</strong>m<br />
Datenschutz wirklich Genüge getan wür<strong>de</strong>,<br />
ist lei<strong>de</strong>r bis heute noch nicht beantwortet<br />
wor<strong>de</strong>n.<br />
Ich fürchte, dass wir uns wohl unwi<strong>de</strong>rruflich<br />
auf <strong>de</strong>n «gläsernen Patienten» und auf<br />
<strong>de</strong>n «gläsernen Arzt» zu bewegen. Es<br />
scheint mir aber klüger, diesen Weg im<br />
weltweiten Netz vorsichtig und überlegt zu<br />
beschreiten, damit wir daraus möglichst<br />
viel Nutzen ziehen ohne uns darin zu verstricken.<br />
3
Editorial<br />
Vol. 23 Nr. 1 2012<br />
Neues Titelbild von Rodrigo Pareja<br />
Christina Maneff, Carouge<br />
Ich bin diesem Künstler anlässlich eines<br />
Workshops für Kin<strong>de</strong>r begegnet. Als ich<br />
seine Zeichnungen sah, ent<strong>de</strong>ckte ich einen<br />
gewissen Spass an <strong>de</strong>r Kindheit, Geschichten<br />
zwischen erdachten Erinnerungen und<br />
vergessenen Träumen, und ich bat ihn,<br />
meine Kin<strong>de</strong>rarztkarten zu illustrieren …<br />
ihn in Paediatrica vorzustellen, lag dann auf<br />
<strong>de</strong>r Hand.<br />
Er beschreibt seine Arbeit<br />
wie folgt<br />
«Es ist eine persönliche Mythologie in welcher<br />
je<strong>de</strong>s Element seine Be<strong>de</strong>utung hat.<br />
Während ich schaffe, habe ich das Gefühl,<br />
die Bil<strong>de</strong>r in eine ungewohnte Wirklichkeit zu<br />
holen. Diese Erinnerungen haben die Ungenauigkeit,<br />
mit welcher man sich an einen<br />
Traum erinnert, daher <strong>de</strong>r sparsame Gebrauch<br />
an Farben. Es geht mir auch darum,<br />
eine möglichst umfassen<strong>de</strong> Aussage mit einem<br />
Minimum an Mitteln zu erreichen.»<br />
Rodrigo ist 1979 in Sao Paulo, Brasilien,<br />
geboren, seine Eltern stammen aus Uruguay.<br />
Er wuchs in <strong>de</strong>n Vereinigten Staaten, in<br />
Guatemala, Costa Rica, Spanien und <strong>de</strong>r<br />
Schweiz auf. Sehr früh zeigte sich sein Interesse<br />
für Skulptur und Zeichnung. Rodrigo<br />
besitzt ein Diplom <strong>de</strong>s Central Saint Martins<br />
College of Art and Design in London<br />
(2003). Er lebt <strong>de</strong>rzeit in Genf, wo er als<br />
Künstler und freelance Illustrator tätig ist.<br />
Weitere Werke dieses Künstlers können Sie<br />
auf <strong>de</strong>r Internetseite www.rodrigopareja.com<br />
ent<strong>de</strong>cken.<br />
Korrespon<strong>de</strong>nzadresse<br />
Drsse Christina Maneff<br />
Spécialiste FMH en pédiatrie<br />
1 Av. Cardinal Mermilod<br />
1227 Carouge<br />
4
Vol. 23 Nr. 1 2012<br />
Stan<strong>de</strong>spolitik<br />
Echo aus <strong>de</strong>m Vorstand<br />
Christian Kind, SGP-Präsi<strong>de</strong>nt, St. Gallen<br />
Der Nukleus hat am 14. November eine Sitzung<br />
gehalten und <strong>de</strong>r Vorstand tagte am 15.<br />
Dezember vor und nach <strong>de</strong>r Sitzung <strong>de</strong>s Delegiertenpools.<br />
Weiterbildung<br />
Die Revision <strong>de</strong>s Weiterbildungsprogramms ist<br />
abgeschlossen und seine Publikation auf <strong>de</strong>r<br />
Website <strong>de</strong>s SIWF wur<strong>de</strong> für anfangs 2012<br />
versprochen. Damit ist es nun möglich, sich in<br />
<strong>de</strong>r Aufbauweiterbildung in Spitalpädiatrie<br />
sowohl ein Jahr in einem Schwerpunkt als auch<br />
ein Jahr Option («Fremdjahr») und in Praxispädiatrie<br />
zwei Jahre Praxisassistenz (in min<strong>de</strong>stens<br />
zwei verschie<strong>de</strong>nen Praxen) anerkennen<br />
zu lassen. Für die wenigen Weiterbildungsstätten,<br />
<strong>de</strong>ren Anerkennungsdauer sich aufgrund<br />
<strong>de</strong>r neuen Kriterien nominell verringert hat,<br />
sind grosszügige Übergangsbestimmungen<br />
sowie die Möglichkeit sich aufgrund einer Visitation<br />
neu einstufen zu lassen anberaumt<br />
wor<strong>de</strong>n.<br />
Lei<strong>de</strong>r ergibt sich dagegen eine neuerliche<br />
Verzögerung beim neuen Logbuch. Nach <strong>de</strong>m<br />
die von Christoph Rudin mit grosser Mühe und<br />
Sorgfalt erarbeiteten Formulare im pdf-Format<br />
schon vor mehr als einem Jahr <strong>de</strong>m SIWF zur<br />
administrativen Bearbeitung und Übersetzung<br />
eingeschickt wor<strong>de</strong>n waren, wur<strong>de</strong> uns Mitte<br />
November mitgeteilt, dass nun generell auf<br />
elektronische Logbücher, die auf myFMH gehostet<br />
wür<strong>de</strong>n, umgestellt wer<strong>de</strong>n solle. Damit<br />
lohne sich eine Implementierung unserer pdf-<br />
<strong>Version</strong> nicht mehr. Bevor sich die SGP darauf<br />
einlässt, möchte <strong>de</strong>r Vorstand aber die Datenschutzbestimmungen<br />
geklärt haben (vgl. Editorial<br />
in dieser Nummer).<br />
Fortbildung<br />
Die Revision <strong>de</strong>s Fortbildungsreglements wur<strong>de</strong><br />
in ihren Grundzügen vom Vorstand verabschie<strong>de</strong>t.<br />
Sie umfasst folgen<strong>de</strong> praxisrelevanten<br />
Än<strong>de</strong>rungen:<br />
• Für Fortbildungen anerkannter pädiatrischer<br />
Fachvereinigungen sowie Weiterbildungsstätten<br />
muss keine Anerkennung <strong>de</strong>r Credits<br />
mehr eingeholt wer<strong>de</strong>n.<br />
• E-Learning kann bis zu 50% <strong>de</strong>r Kernfortbildung<br />
anerkannt wer<strong>de</strong>n.<br />
• Es besteht weiterhin das Prinzip <strong>de</strong>r Selbst<strong>de</strong>klaration,<br />
die periodisch vom Sekretariat<br />
mit einem Formular zur Unterschrift eingeholt<br />
wird.<br />
• Die Dokumentation <strong>de</strong>r eigenen Fortbildung<br />
kann wie bisher auf Papier erfolgen, neu<br />
aber auch über die elektronische Plattform<br />
von myFMH.<br />
• Wer ein Fortbildungsdiplom benötigt, kann<br />
dieses beim Sekretariat bestellen, schriftlich<br />
mit Einsendung <strong>de</strong>r Unterlagen o<strong>de</strong>r<br />
elektronisch über myFMH.<br />
DRG-Begleitforschung<br />
Eine erste elektronische Umfrage <strong>de</strong>s Instituts<br />
für biomedizinische Ethik <strong>de</strong>r Universität Zürich<br />
hat stattgefun<strong>de</strong>n. Diese erfolgte im<br />
Rahmen <strong>de</strong>r Befragung aller Spitalärzte. Spezifisch<br />
pädiatrische Aspekte wur<strong>de</strong>n lei<strong>de</strong>r<br />
nicht erfasst.<br />
Dagegen hat die DRG-Arbeitsgruppe <strong>de</strong>r SGP<br />
und SGKC eine Liste von Indikatoren erarbeitet,<br />
die <strong>de</strong>n Direktoren <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rkliniken zur<br />
Erfassung ab 2012 vorgeschlagen wer<strong>de</strong>n. Es<br />
ist zu hoffen, dass dieses Monitoring möglichst<br />
flächen<strong>de</strong>ckend erfolgen kann, damit wir allfällige<br />
Auswirkungen <strong>de</strong>s neuen Systems auf<br />
die Patientenbehandlung möglichst rasch und<br />
schlüssig dokumentieren können.<br />
Managed-Care-Referendum<br />
Da die SGP im Rahmen <strong>de</strong>s Zusammenarbeitsvertrages<br />
mit MFE die Bearbeitung politischer<br />
Geschäfte, soweit sie nicht ganz spezifisch<br />
pädiatrische Anliegen betreffen, an <strong>de</strong>n Berufsverband<br />
<strong>de</strong>r Haus- und Kin<strong>de</strong>rärzte <strong>de</strong>legiert<br />
hat, beschloss <strong>de</strong>r Vorstand zur Diskussion<br />
um die Managed-Care-Vorlage nicht<br />
Stellung zu nehmen. Den einzelnen Mitglie<strong>de</strong>rn<br />
<strong>de</strong>r SGP ist es selbstverständlich unbenommen<br />
sich auf <strong>de</strong>r einen o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren<br />
Seite aktiv zu engagieren.<br />
kin<strong>de</strong>rärzte.schweiz (alias Forum für<br />
Praxispädiatrie)<br />
Der neue Name <strong>de</strong>s Forums ist nicht überall<br />
auf Gegenliebe gestossen. Beim jährlichen<br />
Treffen <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Präsidien wur<strong>de</strong> dieser<br />
Umstand angesprochen. Es wur<strong>de</strong> uns glaubhaft<br />
versichert, dass <strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>n ersten Blick<br />
umfassen<strong>de</strong> Anspruch <strong>de</strong>s neuen Namens<br />
nicht so gemeint sei und keinesfalls als Spitze<br />
gegen die SGP o<strong>de</strong>r die «Haus- und Kin<strong>de</strong>rärz-<br />
te Schweiz» MFE interpretiert wer<strong>de</strong>n solle.<br />
Probleme bezüglich fehlen<strong>de</strong>r Abkürzung und<br />
Ein<strong>de</strong>utigkeit im mündlichen Gebrauch müssten<br />
noch gelöst wer<strong>de</strong>n.<br />
Im Übrigen entwickelt sich die Zusammenarbeit<br />
sehr erfreulich. Die Delegierten von MFE<br />
sprechen sich zuverlässig ab und sichern eine<br />
starke Vertretung <strong>de</strong>r Pädiatrie. Ebenso ist die<br />
Zusammenarbeit im Bereich Qualität von<br />
grosser Be<strong>de</strong>utung.<br />
Vernehmlassungen<br />
Der Vorstand ist zur Überzeugung gekommen,<br />
dass in <strong>de</strong>r Vernehmlassung zum Bun<strong>de</strong>sgesetz<br />
über das elektronische Patientendossier<br />
(EPDG) keine spezifisch pädiatrischen Aspekte<br />
zu behan<strong>de</strong>ln seien und hat sich <strong>de</strong>n ausführlichen<br />
und sehr kritischen Stellungnahmen von<br />
FMH und MFE angeschlossen. Informationen<br />
dazu fin<strong>de</strong>n Sie im Bericht über die Sitzung <strong>de</strong>s<br />
Delegiertenpools.<br />
Mitglie<strong>de</strong>rwesen, Finanzen<br />
Erfreulicherweise ist unsere Mitglie<strong>de</strong>rzahl<br />
weiter angestiegen auf nunmehr 2092, davon<br />
1507 or<strong>de</strong>ntliche Mitglie<strong>de</strong>r. Trotz<strong>de</strong>m bleibt<br />
unsere Finanzlage kritisch. Insbeson<strong>de</strong>re auch<br />
da <strong>de</strong>r Kongress in Montreux nur einen minimalen<br />
Gewinn zugunsten <strong>de</strong>r fPmh abgeworfen<br />
hat und trotz intensiver Bemühungen keine<br />
zusätzlichen Finanzquellen erschlossen wer<strong>de</strong>n<br />
konnten.<br />
Engagierte Mitglie<strong>de</strong>r gesucht!<br />
Immer noch suchen wir SGP-Mitglie<strong>de</strong>r, die<br />
bereit sind, einen Teil ihrer kostbaren Zeit für<br />
die Schweizer Pädiatrie einzusetzen.<br />
Dringend wird eine Praxispädiaterin o<strong>de</strong>r ein<br />
Praxispädiater gesucht, <strong>de</strong>r bereit ist, in <strong>de</strong>r<br />
Arbeitsgruppe Tarmed mitzuarbeiten. Die Einarbeitung<br />
jüngerer Kollegen in die hochkomplexe<br />
Materie, die von dieser kompetenten<br />
Gruppe bisher sehr effizient bewältigt wird, ist<br />
dringend notwendig, damit die Kontinuität<br />
gewahrt wer<strong>de</strong>n kann.<br />
Das Organisationskomitee für die Colloques<br />
Romands du CMPR (KHM) sucht ebenfalls eine<br />
Verjüngung. Mitglie<strong>de</strong>r mit organisatorischem<br />
Flair aus <strong>de</strong>r Romandie fin<strong>de</strong>n hier eine lohnen<strong>de</strong><br />
Aufgabe im Bereich <strong>de</strong>r Fortbildung.<br />
Interessierte mel<strong>de</strong>n sich bitte beim Sekretariat<br />
o<strong>de</strong>r bei einem Vorstandsmitglied.<br />
Erfreulicherweise liess sich nach langer Suche<br />
endlich ein Ersatz für Heini Haldi als Mitglied<br />
in <strong>de</strong>r Kommission <strong>de</strong>s KHM für <strong>de</strong>n Fähigkeitsausweis<br />
Praxislabor fin<strong>de</strong>n. Carlos Lorca,<br />
Winterthur, wird diese Aufgabe übernehmen,<br />
wofür wir ihm ganz herzlich danken.<br />
5
Stan<strong>de</strong>spolitik<br />
Vol. 23 Nr. 1 2012<br />
Weiterbildungsprogramm (WBP) <strong>de</strong>r SGP<br />
Christoph Rudin, Präsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>r Weiterbildungskommission, Basel<br />
Endlich ist es soweit. Das neue Weiterbildungsprogramm<br />
(WBP) <strong>de</strong>r SGP wur<strong>de</strong> per<br />
Anfangs 2012 in Kraft gesetzt und auf die<br />
Homepages von FMH und Schweizerischer<br />
Gesellschaft für Pädiatrie aufgeschaltet.<br />
Viele KollegInnen waren an <strong>de</strong>r Vernehmlassung<br />
<strong>de</strong>s neuen Programms beteiligt und<br />
die Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Weiterbildungskommission<br />
(WBK) haben sich zwei Jahre lang intensiv<br />
mit <strong>de</strong>r Revision <strong>de</strong>s WBP beschäftigt.<br />
Allen Beteiligten gebührt grosser<br />
Dank. Wir freuen uns, dass diese Arbeiten<br />
nun abgeschlossen sind. Das neue Programm<br />
schafft neue und vielfältigere Möglichkeiten<br />
zur Gestaltung <strong>de</strong>r Weiterbildung<br />
und klarere, auf <strong>de</strong>n Weiterbildungsangeboten<br />
basierte Vorgaben für die Weiterbildungsberechtigungen<br />
resp. Einteilung <strong>de</strong>r<br />
einzelnen Weiterbildungsstätten. Patrick<br />
Imahorn, <strong>de</strong>r Vertreter unserer Weiterbildungskommission<br />
in <strong>de</strong>r Titelkommission<br />
<strong>de</strong>r FMH, hat zum besseren Verständnis<br />
<strong>de</strong>s neuen WBP ein Va<strong>de</strong>mecum zusammengestellt,<br />
welches die wichtigsten Punkte<br />
zusammenfasst. Dieses ebenfalls auf<br />
<strong>de</strong>n erwähnten Homepages verfügbare<br />
Dokument wollen wir Ihnen hier in <strong>de</strong>r Pediatrica<br />
präsentieren.<br />
Korrespon<strong>de</strong>nzadresse<br />
Prof. Christoph Rudin<br />
University Children’s Hospital (UKBB)<br />
Spitalstrasse 33<br />
CH-4056 Basel<br />
Christoph.rudin@ukbb.ch<br />
Facharzt für Kin<strong>de</strong>r- und Jugendmedizin<br />
Charakteriska neues Weiterbildungprogramm 2012 (WBP)<br />
1. Die Weiterbildungsdauer beträgt 5 Jahre, welche sich in 3 Jahre Basis- und 2 Jahre Auau-WB aufglie<strong>de</strong>rn.<br />
2. In <strong>de</strong>r Basis-WB müssen 3-12 Monate Neonatologie ausgewiesen wer<strong>de</strong>n.<br />
3. Die Auau- wie auch die Schwerpunkt-WB können frühestens nach 2 absolvierten Basisjahren begonnen<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
4. Maximal 1 Jahr kann als fachfrem<strong>de</strong>s Oponsjahr zu je<strong>de</strong>m Zeitpunkt absolviert wer<strong>de</strong>n.<br />
5. Die Auau-WB kann als Curriculum Praxis- o<strong>de</strong>r Spitalpädiatrie absolviert wer<strong>de</strong>n. Bei<strong>de</strong> Curricula sind<br />
gleichwerg und qualifizieren zum Facharzt Kin<strong>de</strong>r- und Jugendmedizin.<br />
6. Im Curriculum Praxispädiatrie können zwei Jahre an einer WB-Stäe für Praxispädiatrie o<strong>de</strong>r Praxisassistenz<br />
(allerdings maximal 1 Jahr in <strong>de</strong>rselben Praxis) absolviert wer<strong>de</strong>n. Als Alternave wer<strong>de</strong>n 1 Jahr Opon o<strong>de</strong>r<br />
Schwerpunkt-WB anerkannt.<br />
7. Im Curriculum Spitalpädiatrie können neben 2 Jahren WB an einer WB-Stäe für Spitalpädiatrie maximal je 1<br />
Jahr als Opon und/o<strong>de</strong>r Schwerpunkt-WB angerechnet wer<strong>de</strong>n.<br />
8. Als fachfrem<strong>de</strong>s Oponsjahr wer<strong>de</strong>n alle vom SIW Fanerkannten Weiterbildungstel o<strong>de</strong>r auch ein<br />
Forschungsjahr in Kin<strong>de</strong>r- und Jugendmedizin anerkannt.<br />
9. Je<strong>de</strong>r Kandidat führt ein Logbuch gemäss Vorgaben <strong>de</strong>s SIWF.<br />
10. Strukturierte WB in Entwicklungspädiatrie, pädiatrischer Noallmedizin und Neonatologie sowie 10 Tage WB-<br />
Veranstaltungen von min<strong>de</strong>stens 1/2 Tagesdauer gehören zu <strong>de</strong>n weiteren Besmmungen.<br />
11. Das Kriterienraster für die Einteilung <strong>de</strong>r Weiterbildungsstäen wur<strong>de</strong> neu in 4 Kategorien, entsprechend <strong>de</strong>r<br />
Jahre Weiterbildungsberechgung aufgeteilt, und die maximale Anrechnung für die Basis- und Auau-WB<br />
wur<strong>de</strong> für je<strong>de</strong> Weiterbildungsstäe <strong>de</strong>finiert. Min<strong>de</strong>stens 2 Jahre <strong>de</strong>r fachspezifischen WB müssen an einer<br />
WB-Stäe <strong>de</strong>r Kategorie 3 o<strong>de</strong>r 4 absolviert wer<strong>de</strong>n.<br />
12. Min<strong>de</strong>stens 1 Jahr <strong>de</strong>r WB muss an einer zweiten Weiterbildungsstäe absolviert wer<strong>de</strong>n, wobei die WB in einer<br />
Praxis o<strong>de</strong>r das Oponsjahr nicht als Klinikwechsel gelten.<br />
Facharzt für Kin<strong>de</strong>r- und Jugendmedizin<br />
Curriculum Spitalpädiatrie/Praxispädiatrie<br />
Jahr 1 2 3 4 5<br />
Varianten<br />
WB-Stäe Spitalpädiatrie<br />
Opon<br />
Auau-WB Schwerpunkt WB-Stäe Spitalpädiatrie<br />
Spitalpädiatrie Schwerpunkt Opon<br />
WB-Stäe Spitalpädiatrie<br />
WB-Stäe Spitalpädiatrie<br />
Basis-Weiterbildung<br />
incl 3-12 Mte Neonatologie<br />
Praxisassistenz<br />
Praxisassistenz<br />
Praxisassistenz/WB-Stäe Praxis Opon<br />
Auau-WB Praxisassistenz/WB-Stäe Praxis Schwerpunkt<br />
Praxispädiatrie Praxisassistenz WB-Stäe Praxispädiatrie<br />
WB-Stäe Praxispädiatrie<br />
WB-Stäe Praxispädiatrie<br />
6
Vol. 23 Nr. 1 2012<br />
Stan<strong>de</strong>spolitik<br />
Q-Monitoring – wir Kin<strong>de</strong>rärzte<br />
sind weiterhin dabei!<br />
Christian Kind, Präsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>r SGP, St. Gallen<br />
Marc-Alain Panchard, Qualitätsverantwortlicher <strong>de</strong>r SGP,<br />
Arbeitsgruppe Qualität SGP/Kin<strong>de</strong>rärzte Schweiz, Vevey<br />
Heidi Zinggeler Fuhrer, Vorstand Kin<strong>de</strong>rärzte Schweiz (KIS),<br />
Arbeitsgruppe Qualität SGP/KIS, Kommission Qualität<br />
Haus- und Kin<strong>de</strong>rärzte Schweiz, Chur<br />
Daniel Herren MHA, Mitglied <strong>de</strong>s Zentralvorstands <strong>de</strong>r FMH, Bern<br />
Die Ärzteschaft<br />
sichert Qualität.<br />
Q-Monitoring<br />
macht dies sichtbar.<br />
Ärztinnen und Ärzte wollen ihre Patienten<br />
optimal versorgen – sie engagieren sich bei<br />
ihrer Arbeit daher täglich für die Qualitätssicherung,<br />
mittels Fallbesprechungen, in<br />
Fortbildungen, durch die Überprüfung von<br />
Behandlungsstandards usw. Noch ist dieses<br />
Engagement vor allem im ambulanten<br />
Sektor für die Öffentlichkeit und die Politik<br />
zu wenig sichtbar. Genau hier setzt das<br />
Projekt Q-Monitoring ambulante Medizin<br />
Schweiz an: Es will anhand von Zahlen das<br />
Spektrum an Qualitätsaktivitäten aufzeigen,<br />
welches bereits heute durch ambulant<br />
tätige Ärztinnen und Ärzte geleistet wird.<br />
Die Schweizerische Gesellschaft für Pädiatrie<br />
hat das von <strong>de</strong>r FMH lancierte Projekt<br />
bereits in seiner Pilotphase 2010 unterstützt,<br />
und die klaren Resultate gaben ihr<br />
Recht. Die SGP ist überzeugt, dass die<br />
Fortführung <strong>de</strong>s Q-Monitorings für die ambulant<br />
tätigen Fachärztinnen und -ärzte<br />
wertvoll ist und beteiligt sich 2012 gemeinsam<br />
mit neun weiteren Fachgesellschaften<br />
erneut daran. Auch Kin<strong>de</strong>rärzte Schweiz<br />
(KIS) unterstützt Q-Monitoring aktiv.<br />
Q-Monitoring ist we<strong>de</strong>r ein neues Qualitäts-<br />
Tool, noch bil<strong>de</strong>t es die Behandlungsqualität<br />
ab. Es geht ausschliesslich um die Erfassung<br />
aktuell getätigter Qualitätsaktivitäten, mit<br />
an<strong>de</strong>ren Worten: Um eine Bestan<strong>de</strong>saufnahme.<br />
Die Datenerhebung basiert auf freiwilliger<br />
Selbst<strong>de</strong>klaration, und die Vertraulichkeit<br />
<strong>de</strong>r Angaben wird streng gewahrt.<br />
Massgeschnei<strong>de</strong>rtes Feedback<br />
Die Pilotphase hat gezeigt, dass die Datenauswertung<br />
<strong>de</strong>n Teilnehmen<strong>de</strong>n eine nützliche<br />
individuelle Rückmeldung gibt: Sie<br />
ver<strong>de</strong>utlicht, in welchen Bereichen <strong>de</strong>r<br />
Qualitätssicherung sie bereits viel leisten<br />
und in welchen eventuell noch Optimierungspotential<br />
besteht.<br />
Ferner konnten sich die<br />
Auskunftswilligen mit <strong>de</strong>m<br />
Gesamt <strong>de</strong>r Antworten aller<br />
Fachkolleginnen und<br />
-kollegen anonym vergleichen<br />
und erhielten eine<br />
wertvolle Orientierung im<br />
Dschungel möglicher<br />
Qualitätsaktivitäten.<br />
Auch die beteiligten Fachgesellschaften<br />
profitierten<br />
von <strong>de</strong>r Projektteilnahme:<br />
Sie erhielten ein<br />
klares Bild, wo die Stärken<br />
und Schwächen <strong>de</strong>r<br />
Qualitätssicherung ihres<br />
Fachbereichs liegen, was<br />
wie<strong>de</strong>rum eine gute Entscheidungsgrundlage<br />
bspw. für zielgerichtete Fortbildungsangebote<br />
darstellt. Nicht zuletzt ermöglichte das<br />
Projekt <strong>de</strong>r FMH und <strong>de</strong>n beteiligten Fachgesellschaften<br />
eine datenbasierte Argumentation<br />
bei ihren stan<strong>de</strong>spolitischen Arbeiten.<br />
Starke Daten<br />
2011 hat die SGP gemeinsam mit <strong>de</strong>r Abteilung<br />
Daten, Demographie und Qualität<br />
(DDQ) <strong>de</strong>r FMH <strong>de</strong>n Fragebogen aus <strong>de</strong>r<br />
Pilotphase weiterentwickelt. Diese Arbeit<br />
ist zentral – <strong>de</strong>nn nur die Fachärztinnen und<br />
-ärzte kennen ihre fachspezifischen Qualitätsaktivitäten.<br />
Am 8. Februar 2012 hat nun<br />
die Datenerhebung für Q-Monitoring ambulante<br />
Medizin Schweiz begonnen.<br />
SGP- und KIS-Vorstand danken jenen Kolleginnen<br />
und Kollegen herzlich, die sich schon<br />
2010 an <strong>de</strong>r Q-Monitoring-Umfrage beteiligt<br />
haben und bittet sie, auch 2012 wie<strong>de</strong>r mitzumachen,<br />
<strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r Fragebogen ist in einigen<br />
Punkten verbessert wor<strong>de</strong>n. Damit<br />
Q-Monitoring ambulante Medizin Schweiz macht <strong>de</strong>utlich, wie<br />
stark sich Ärztinnen und Ärzte für die Qualität ihrer Arbeit<br />
engagieren.<br />
Q-Monitoring erneut zum Erfolg wird, hoffen<br />
die Vorstän<strong>de</strong> von SGP und KIS auf eine<br />
rege Umfrageteilnahme: Je soli<strong>de</strong>r die Daten,<br />
<strong>de</strong>sto gewichtiger die Argumente <strong>de</strong>r<br />
Ärzteschaft in <strong>de</strong>r Qualitätsdiskussion.<br />
Weitere Informationen zu Q-Monitoring<br />
ambulante Medizin CH fin<strong>de</strong>n Sie auf<br />
www.fmh.ch ➙ Qualität ➙ Q-Monitoring.<br />
Bei Fragen zum Projekt erteilt die FMH-<br />
Abteilung Daten, Demographie und Qualität<br />
DDQ gerne Auskunft: ddq@fmh.ch<br />
Korrespon<strong>de</strong>nzadresse<br />
FMH, Verbindung <strong>de</strong>r Schweizer Ärztinnen<br />
und Ärzte<br />
Daten, Demographie und Qualität DDQ<br />
Elfenstrasse 18<br />
Postfach 170<br />
3000 Bern 15<br />
ddq@fmh.ch<br />
7
Stan<strong>de</strong>spolitik<br />
Vol. 23 Nr. 1 2012<br />
Bericht <strong>de</strong>r Delegiertenpoolsitzung<br />
vom 15.12.11<br />
Philipp Jenny, Vorstandsmitglied <strong>de</strong>r SGP, Altstätten<br />
Als erstes informierte unser Fortbildungsverantwortlicher<br />
Pierre Klauser über <strong>de</strong>n<br />
Entwurf <strong>de</strong>s neuen Fortbildungsreglements,<br />
welches die SGP gemäss SIWF<br />
überarbeiten muss. Wie bisher wer<strong>de</strong>n 80<br />
Fortbildungsstun<strong>de</strong>n verlangt. 30 Stun<strong>de</strong>n<br />
im Selbststudium, 25 Stun<strong>de</strong>n Kernfortbildung<br />
und 25 Stun<strong>de</strong>n erweiterte Fortbildung<br />
(auch 50 Stun<strong>de</strong>n Kernfortbildung<br />
ohne erweiterte Fortbildung sind möglich).<br />
Für Veranstaltungen im Bereich <strong>de</strong>r pädiatrischen<br />
Kernfortbildung erteilt die SGP<br />
nach wie vor die Credits. Neu wer<strong>de</strong>n jedoch<br />
folgen<strong>de</strong> Veranstaltungen automatisch<br />
anerkannt (ohne Einreichen eines<br />
Gesuchs): Fortbildungsveranstaltungen <strong>de</strong>r<br />
SGP, <strong>de</strong>r Schwerpunktgesellschaften, <strong>de</strong>r<br />
kantonalen Gesellschaften, <strong>de</strong>r Weiterbildungsstätten<br />
sowie einer Reihe von <strong>de</strong>finierten<br />
nationalen Gesellschaften wie z. B.<br />
Kin<strong>de</strong>rärzte Schweiz. Neu kann auch z. B.<br />
E-Learning angerechnet wer<strong>de</strong>n. Ausser<strong>de</strong>m<br />
hat er das internetbasierte Fortbildungsprotokoll<br />
von myFMH vorgestellt.<br />
Dort könnte man je<strong>de</strong> besuchte Fortbildung<br />
eintragen und erhält dann automatisch sein<br />
Diplom. Das ganze käme für die Gesellschaft<br />
viel teurer und wür<strong>de</strong> <strong>de</strong>n Arzt sehr<br />
transparent machen. Der SGP-Vorstand hat<br />
sich daher für das «alte» bisherige Mo<strong>de</strong>ll<br />
entschie<strong>de</strong>n, es steht aber <strong>de</strong>m Mitglied<br />
offen die Internetplattform zu nutzen. (Anmerkung<br />
<strong>de</strong>s Autors: Sobald das Reglement<br />
verabschie<strong>de</strong>t ist, wer<strong>de</strong>n wir darüber berichten.)<br />
Unser Gast Heinz Bhend, Hausarzt mit zusätzlicher<br />
Informatikausbildung hat in einem<br />
kurzweiligen Referat und <strong>de</strong>r anschliessen<strong>de</strong>n<br />
angeregten Diskussion aufgezeigt,<br />
wo wir in <strong>de</strong>r Schweiz bezüglich Digitalisierung<br />
unserer Arztpraxen stehen, wohin<br />
wir gehen sollten und wo noch Steine im<br />
Weg liegen. Stossend für ihn ist die Tatsache,<br />
dass die Anbieter noch zu stark bestimmen<br />
was die Software kann. Dabei<br />
sollten wir Ärzte primär unsere Bedürfnisse<br />
äussern können und die Programmierer<br />
darauf abgestimmte Lösungen anbieten,<br />
die unseren Arbeitsabläufen entsprechen.<br />
Ausser<strong>de</strong>m könne es nicht sein, dass man<br />
die Daten bei einem Wechsel <strong>de</strong>r Software<br />
nur mit Mühe übernehmen kann o<strong>de</strong>r zum<br />
Teil sogar verliert.<br />
Auch bezüglich E-Health kann man sich<br />
zukünftige Vorteile vorstellen, aber die<br />
Probleme sind noch lange nicht gelöst.<br />
Zuerst müsste die Mehrheit <strong>de</strong>r Praxen eine<br />
digitale KG haben und garantiert sein, dass<br />
die Patientendaten korrekt, vollständig und<br />
gesichert übertragen wer<strong>de</strong>n. So verlange<br />
<strong>de</strong>r Datenschützer noch heute, dass <strong>de</strong>r PC<br />
auf <strong>de</strong>m die Praxissoftware läuft nicht mit<br />
<strong>de</strong>m Internet verbun<strong>de</strong>n ist … Damit wir<br />
Ärzte (mit)bestimmen können wie unsere<br />
Informatiklandschaft in Zukunft aussehen<br />
wird, will <strong>de</strong>r Berufsverband <strong>de</strong>r Haus- und<br />
Kin<strong>de</strong>rärzte Schweiz im nächsten Jahr zusammen<br />
mit <strong>de</strong>r FMH, KAeG usw. das Institut<br />
für Praxisinformatik grün<strong>de</strong>n.<br />
Der Autor als Vorstandsmitglied hat dargelegt,<br />
dass die SGP die politisch-gewerkschaftliche<br />
Arbeit für die praktizieren<strong>de</strong>n<br />
Kin<strong>de</strong>rärzte an <strong>de</strong>n Berufsverband <strong>de</strong>r<br />
Haus- und Kin<strong>de</strong>rärzte (MFE) übertragen<br />
hat. Deshalb nimmt <strong>de</strong>r Vorstand zur Managed-Care(MC)-Vorlage/Referendum<br />
keine Stellung.<br />
Der Autor als MFE-Delegierter hat <strong>de</strong>n<br />
SGP-Delegierten aufgezeigt wieso <strong>de</strong>r MFE<br />
das Referendum nicht unterstützt und<br />
<strong>de</strong>m Pro-Komitee beitreten wird: Ursprünglich<br />
wollte das Parlament <strong>de</strong>n Kontrahierungszwang<br />
aufheben. Um dies zu<br />
verhin<strong>de</strong>rn, schlugen die Ärzte (FMH,<br />
SGAM usw.) als Alternative <strong>de</strong>n Ausbau<br />
und gesetzliche Bevorzugung von MC-<br />
Mo<strong>de</strong>llen vor. Nach jahrelanger Kompromisssuche<br />
unter aktiver Mitwirkung <strong>de</strong>r<br />
Ärzteschaft haben die Räte sich im Herbst<br />
auf eine Vorlage geeinigt. Nach <strong>de</strong>r kurzfristig<br />
während <strong>de</strong>n Sommerferien durchgeführten<br />
Urabstimmung in Unkenntnis<br />
<strong>de</strong>s <strong>de</strong>finitiven Gesetzestextes musste <strong>de</strong>r<br />
FMH-Vorstand gegenüber <strong>de</strong>r Politik eine<br />
180 ° Kehrtwendung vornehmen und das<br />
Referendum dagegen ergreifen.<br />
Schauen wir die MC-Vorlage aus Sicht <strong>de</strong>s<br />
Haus- und Kin<strong>de</strong>rarztes an, so ist sie ein<br />
Kompromiss bei <strong>de</strong>m die Vor- die Nachteile<br />
überwiegen (z. B. Haus- und Kin<strong>de</strong>rarzt wird<br />
als erste Anlaufstelle geför<strong>de</strong>rt, Unabhängigkeit<br />
<strong>de</strong>r Ärztenetzwerke (keine SWICA-<br />
Zentren mehr möglich), <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>srat kann<br />
Versicherungen dazu zwingen, mit Ärzten<br />
Verträge einzugehen usw.). Unter <strong>de</strong>n<br />
Nachteilen ist für uns kein «No-Go».<br />
Daneben darf <strong>de</strong>r MFE auch die politische<br />
Ebene nicht vergessen. Was passiert wenn<br />
wir Haus- und Kin<strong>de</strong>rärzte die MC-Vorlage<br />
<strong>de</strong>s Parlaments ablehnen? Welche Politiker<br />
und Bun<strong>de</strong>sbeamte helfen uns Haus- und<br />
Kin<strong>de</strong>rärzten zukünftig in Bern, wenn wir<br />
jetzt diesen Vorschlag torpedieren? Wer<br />
unterstützt uns bei <strong>de</strong>r Hausarztinitiative,<br />
wenn wir jetzt eine parlamentarische Vorlage<br />
ablehnen, welche versucht die Stellung<br />
<strong>de</strong>s Haus- und Kin<strong>de</strong>rarztes zu stärken?<br />
Wer unterstützt uns bei <strong>de</strong>r Tarmed-Revision<br />
bezüglich <strong>de</strong>m neuen Kapitel 40 gegen<br />
die Interessen <strong>de</strong>r Santé<strong>suisse</strong> und <strong>de</strong>r<br />
an<strong>de</strong>ren Fachverbän<strong>de</strong>?<br />
Zusammenfassend löst diese Vorlage unsere<br />
Probleme nicht, aber sie geht in die<br />
richtige Richtung. Eine Ablehnung wäre<br />
politisch unklug und wür<strong>de</strong> unserer Sache<br />
in Zukunft noch lange scha<strong>de</strong>n! Für <strong>de</strong>n<br />
Autor überraschend teilten die Delegierten<br />
diese Ansicht o<strong>de</strong>r hatten Verständnis dafür,<br />
dass die SGP sich nicht offiziell zur<br />
MC-Vorlage äussert.<br />
Bezüglich Hausarztinitiative läuft nun die<br />
Beratung im Parlament. Die Räte haben 1<br />
Jahr Zeit, um darüber zu befin<strong>de</strong>n (können<br />
die Frist aber verlängern). Ziel wäre unsere<br />
Anliegen jetzt schon in die aktuelle Gesetzgebung<br />
einfliessen zu lassen, damit im<br />
I<strong>de</strong>alfall die Abstimmung über die Initiative<br />
nicht mehr nötig wür<strong>de</strong>. Um <strong>de</strong>n Druck<br />
aufrecht zu halten, bekommen die Mitglie<strong>de</strong>r<br />
ein Mail mit <strong>de</strong>m Hinweis, wo sie Plakate<br />
zum Aufhängen in <strong>de</strong>r Praxis bestellen<br />
können.<br />
Aus Regionen wur<strong>de</strong> mit Besorgnis berichtet,<br />
dass in einigen Bahnhöfen bzw. Stadtzentren<br />
Praxen durch Spitäler eröffnet<br />
und mit Steuergel<strong>de</strong>rn finanziert wer<strong>de</strong>n.<br />
Das Ganze ist jedoch eine komplexe Prob-<br />
8
Vol. 23 Nr. 1 2012<br />
Stan<strong>de</strong>spolitik<br />
lematik, in <strong>de</strong>r auch die Globalbudgets <strong>de</strong>r<br />
Spitäler eine Rolle spielen. Das Kantonsspital<br />
Aarau hat unter an<strong>de</strong>rem selber eine<br />
solche Kin<strong>de</strong>rarztpraxis eröffnet, um <strong>de</strong>m<br />
Kin<strong>de</strong>rarztmangel entgegenzuwirken und<br />
eine fachlich kompetente Alternative zu<br />
Praxen analog <strong>de</strong>rjenigen von «Die Zahnärzte»<br />
zu bieten.<br />
Am Schluss wur<strong>de</strong> noch die Frage aufgeworfen,<br />
ob <strong>de</strong>r Delegiertenpool, wie er<br />
heute funktioniert, noch eine sinnvolle<br />
Einrichtung ist. Nach kurzer Diskussion<br />
wünschten die Delegierten, die zukünftige<br />
Gestaltung <strong>de</strong>s Delegiertenpools an <strong>de</strong>r<br />
nächsten Sitzung zu traktandieren.<br />
Die Diskussion über die Öffnung <strong>de</strong>r Vorsorgeuntersuche<br />
im geplanten neuen Kapitel<br />
40.xxxx für alle Grundversorger<br />
musste aufgrund <strong>de</strong>r fortgeschrittenen Zeit<br />
unterbrochen und auf die nächste Sitzung<br />
verschoben wer<strong>de</strong>n.<br />
Tarmed Info<br />
Marco Belve<strong>de</strong>re, Tarif<strong>de</strong>legierter <strong>de</strong>r SGP, Zürich<br />
Schon vor einem Jahr habe ich berichtet,<br />
dass Titelträger <strong>de</strong>s Schwerpunktes Entwicklungspädiatrie<br />
die Positionen 03.0310<br />
bis 03.0340 auch ohne Besitzstandswahrung<br />
wer<strong>de</strong>n abrechnen können. Die Ergänzung<br />
<strong>de</strong>r Dignität wird im neuen Browser<br />
1.08 aufgeführt wer<strong>de</strong>n. Allerdings<br />
wird dieser Browser erst ab <strong>de</strong>m 1.6.2012<br />
in Kraft gesetzt. Letztes Jahr fand kein<br />
Update statt und für dieses Jahr wur<strong>de</strong>n<br />
die Anträge wie<strong>de</strong>r zu langsam umgesetzt.<br />
Bis zum Verfassen <strong>de</strong>s Artikels hat <strong>de</strong>r<br />
Bun<strong>de</strong>srat noch nicht mal seine Genehmigung<br />
formuliert.<br />
Im Projekt Tarvision <strong>de</strong>r FMH vertrete ich<br />
als Tarif<strong>de</strong>legierter <strong>de</strong>r SGP in <strong>de</strong>r Tarifkommission<br />
<strong>de</strong>r Hausärzte Schweiz MFE unsere<br />
Anliegen. Sämtliche Geschäfte wer<strong>de</strong>n auf<br />
ihre Auswirkungen für die Pädiater überprüft.<br />
Wo immer möglich wer<strong>de</strong>n Korrekturen<br />
o<strong>de</strong>r Ausgleiche eingebracht. Durch<br />
Ausarbeitung eines Kapitels 40 für Grundversorger<br />
(Fachärzte Allgemeine und Innere<br />
Medizin AIM und Pädiater) sollen diese<br />
berechtigt wer<strong>de</strong>n, im Rahmen <strong>de</strong>r Grundversorgung<br />
in diesem Kapitel abzurechnen.<br />
Damit soll unsere Tätigkeit angemessener<br />
entschädigen wer<strong>de</strong>n. Falls aber eine besser<br />
entschädigte Spezialität abgerechnet<br />
wird, können am gleichen Tag nicht umsatzsteigernd<br />
auch noch aus <strong>de</strong>m Kapitel 40<br />
Positionen kombiniert wer<strong>de</strong>n. Die genauen<br />
Restriktionen wer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>rzeit noch erarbeitet.<br />
Mit diesem Vorgehen soll eine gezielte<br />
Aufwertung <strong>de</strong>r Grundversorger möglich<br />
wer<strong>de</strong>n, da ihre Tätigkeit geson<strong>de</strong>rt abgebil<strong>de</strong>t<br />
wird.<br />
Bei Erscheinen <strong>de</strong>s Artikels sollte die<br />
Homepage <strong>de</strong>r SGP <strong>de</strong>n neuen Bereich Tarife<br />
enthalten, wo unsere Mitglie<strong>de</strong>r auf<br />
weitergehen<strong>de</strong> Informationen zu <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen<br />
Tarifen Zugriff haben wer<strong>de</strong>n.<br />
Wir haben uns bemüht, die wichtigen Informationen<br />
zu aktualisieren. Trotz<strong>de</strong>m gibt es<br />
immer wie<strong>de</strong>r Än<strong>de</strong>rungen, welche noch<br />
nicht erfasst wer<strong>de</strong>n konnten. Ergänzend<br />
sollen <strong>de</strong>shalb auch die aktuellen Publikationen<br />
<strong>de</strong>s BAG, <strong>de</strong>r FMH und <strong>de</strong>r Hausärzte<br />
Schweiz beachtet wer<strong>de</strong>n.<br />
Weitere Informationen fin<strong>de</strong>n sie in ausgesandten<br />
Unterlagen (z. B. SAeZ) und über<br />
folgen<strong>de</strong> Adressen:<br />
www.tarmed<strong>suisse</strong>.ch<br />
www.swiss-paediatrics.org<br />
www.hausaerzteschweiz.ch<br />
www.fmh.ch<br />
http://www.bag.admin.ch/themen/krankenversicherung/06492/06494/in<strong>de</strong>x.<br />
html?lang=<strong>de</strong><br />
Korrespon<strong>de</strong>nzadresse<br />
marco.belve<strong>de</strong>re@bluewin.ch<br />
Die nächsten Monate wer<strong>de</strong>n durch ausführliche<br />
Dispute geprägt wer<strong>de</strong>n. Wir arbeiten<br />
aber hoffnungsvoll und beharrlich<br />
weiter.<br />
9
Empfehlungen<br />
Vol. 23 Nr. 1 2012<br />
Perinatale Betreuung an <strong>de</strong>r Grenze <strong>de</strong>r<br />
Lebensfähigkeit zwischen 22 und 26<br />
vollen<strong>de</strong>ten Schwangerschaftswochen<br />
Revision <strong>de</strong>r Schweizer Empfehlungen aus <strong>de</strong>m Jahre 2002<br />
T. M. Berger*, V. Bernet*, S. El Alama***, J.-C. Fauchère*, I. Hösli**, O. Irion**, C. Kind*,<br />
B. Latal****, M. Nelle*, R. E. Pfister*, D. Surbek**, A. C. Truttmann*, J. Wisser**,<br />
R. Zimmermann**<br />
Einleitung<br />
Die ersten Empfehlungen zur Betreuung von<br />
Frühgeborenen an <strong>de</strong>r Grenze <strong>de</strong>r Lebensfähigkeit<br />
in <strong>de</strong>r Schweiz wur<strong>de</strong>n im Jahre<br />
2002 veröffentlicht 1) . Als Grundlage dienten<br />
damals unter an<strong>de</strong>rem Empfehlungen europäischer<br />
2), 3) und kanadischer Fachgruppen<br />
4) , sowie die relevanten medizinischethischen<br />
Richtlinien <strong>de</strong>r Schweizerischen<br />
Aka<strong>de</strong>mie <strong>de</strong>r Medizinischen Wissenschaften<br />
(SAMW) 5), 6) . Revidierte Empfehlungen<br />
aus Nordamerika und Europa 7)–11) , neue<br />
Empfehlungen aus weiteren Län<strong>de</strong>rn 12)–17)<br />
und neue Daten zu Mortalität und Morbidität<br />
18)–22) , insbeson<strong>de</strong>re auch aus <strong>de</strong>r<br />
Schweiz 23), 24) , haben Anlass dazu gegeben,<br />
die Empfehlungen für die Schweiz zu überarbeiten.<br />
* Schweizerische Gesellschaft für Neonatologie<br />
** Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe<br />
und Schweizerische Aka<strong>de</strong>mie für fetomaternale<br />
Medizin<br />
*** Schweizerischer Hebammenverband<br />
**** Schweizerischen Gesellschaft für Entwicklungs pädiatrie<br />
Nationale Empfehlungen sind notwendig, da<br />
ethische Entscheidungsfindungen nicht alleine<br />
auf allseits anerkannten ethischen<br />
Prinzipien basieren, son<strong>de</strong>rn durch gesellschaftliche,<br />
ökonomische und legale Überlegungen<br />
mit beeinflusst wer<strong>de</strong>n. Qualitativ<br />
gute Daten zu erzielbaren Langzeitresultaten<br />
sind ebenfalls wichtig und die verfügbaren<br />
Studien belegen, dass die Resultate<br />
zwischen verschie<strong>de</strong>nen Län<strong>de</strong>rn erheblich<br />
variieren 18)–24) . Aus diesen Grün<strong>de</strong>n ist davon<br />
auszugehen, dass Empfehlungen aus an<strong>de</strong>ren<br />
Län<strong>de</strong>rn nicht ohne weiteres auf die<br />
Schweiz übertragbar sind. Eine Akzeptanz<br />
<strong>de</strong>r Empfehlungen ist aber anzustreben, um<br />
die Behandlungsvariabilität zwischen <strong>de</strong>n<br />
Zentren, die Schwangere mit hohem Risiko<br />
für eine Frühgeburt und Frühgeborene an<br />
<strong>de</strong>r Grenze <strong>de</strong>r Lebensfähigkeit in <strong>de</strong>r<br />
Schweiz betreuen, zu minimieren.<br />
Die vorliegen<strong>de</strong>n Empfehlungen wur<strong>de</strong>n<br />
durch eine Kommission von erfahrenen<br />
Spezialisten ausgearbeitet. Die vorgeschlagenen<br />
Än<strong>de</strong>rungs- und Ergänzungsvorschläge<br />
wur<strong>de</strong>n an fünf Workshops in <strong>de</strong>n Jahren<br />
2009 und 2010 ausführlich diskutiert. Die<br />
neuen Empfehlungen wur<strong>de</strong>n von allen Mitglie<strong>de</strong>rn<br />
<strong>de</strong>r Arbeitsgruppe gutgeheissen<br />
und 2011 von <strong>de</strong>r Schweizerischen Gesellschaft<br />
für Gynäkologie und Geburtshilfe<br />
(SGGG), <strong>de</strong>r Aka<strong>de</strong>mie für fetomaternale<br />
Medizin (AFMM), <strong>de</strong>m Schweizerischen Hebammenverband<br />
(SHV), <strong>de</strong>r Schweizerischen<br />
Gesellschaft für Pädiatrie (SGP), <strong>de</strong>r Schweizerischen<br />
Gesellschaft für Neonatologie<br />
(SGN) und <strong>de</strong>r Schweizerischen Gesellschaft<br />
für Entwicklungspädiatrie (SGEP) genehmigt.<br />
Wie bereits im Jahre 2002 unterstützt<br />
die Zentrale Ethikkommission (ZEK) <strong>de</strong>r<br />
SAMW die neuen Empfehlungen. Die Empfehlungen<br />
wur<strong>de</strong>n im Swiss Medical Weekly<br />
in englischer Sprache publiziert 25) und können<br />
über www.smw.ch o<strong>de</strong>r via PubMed<br />
online gelesen o<strong>de</strong>r als PDF heruntergela<strong>de</strong>n<br />
wer<strong>de</strong>n (open access). An dieser Stelle sollen<br />
lediglich die wesentlichen Neuerungen<br />
hervorgehoben und eine <strong>de</strong>utsche <strong>Version</strong><br />
<strong>de</strong>r Zusammenfassung präsentiert wer<strong>de</strong>n.<br />
Was ist neu?<br />
Im Vergleich zur <strong>Version</strong> aus <strong>de</strong>m Jahre 2002<br />
enthalten die neuen Empfehlungen evi<strong>de</strong>nzbasierte<br />
Informationen über geburtsmedizinische<br />
Massnahmen, insbeson<strong>de</strong>re zur fetalen<br />
Lungenreifung und zum Stellenwert <strong>de</strong>r<br />
Sectio-Entbindung. In <strong>de</strong>n alten Empfehlungen<br />
basierten die vorgeschlagenen Vorgehensweisen<br />
in erster Linie auf <strong>de</strong>m Gestationsalter.<br />
In <strong>de</strong>n revidierten Empfehlungen<br />
wer<strong>de</strong>n neben <strong>de</strong>m Gestationsalter zusätzliche,<br />
pränatal eruierbare Faktoren, die einen<br />
erheblichen Einfluss auf die Prognose<br />
haben, mitberücksichtigt (Tabelle). Die Grauzone<br />
wird enger <strong>de</strong>finiert, ihre Grenzen aber<br />
wer<strong>de</strong>n weniger absolut gesehen, um eine<br />
individualisierte Vorgehensweise an <strong>de</strong>r<br />
Gestationsalter<br />
(SSW)<br />
Geschlecht<br />
Geburtsgewicht<br />
Einling LRI Überlebensrate<br />
1)<br />
Überleben ohne sehr Überleben<br />
1), 2)<br />
schwere Behin<strong>de</strong>rung<br />
ohne schwere<br />
1), 3)<br />
Behin<strong>de</strong>rung<br />
24 0/7–24 6/7 m 600 g nein nein 27% 15% 7%<br />
24 0/7–24 6/7 w 600 g nein nein 36% 24% 14%<br />
24 0/7–24 6/7 w 800 g nein nein 63% 48% 34%<br />
24 0/7–24 6/7 w 800 g ja nein 67% 53% 39%<br />
24 0/7–24 6/7 w 800 g ja ja 82% 71% 57%<br />
Tabelle: Einfluss von pränatal eruierbaren Zusatzfaktoren (Geschlecht, Lungenreifungsinduktion (LRI), Einling/Mehrling, Geburtsgewicht)<br />
auf Wahrscheinlichkeit eines Überlebens ohne schwere o<strong>de</strong>r sehr schwere Behin<strong>de</strong>rung (nach Tyson et al. 20) )<br />
1) in Prozent aller Lebendgeborenen (n = 4446)<br />
2) sehr schwere Behin<strong>de</strong>rung (profound impairment) im Alter von 18–22 Monaten: • Bayley score < 50 (nicht testbar)<br />
• level 5 für GMF (gross motor function)<br />
3) schwere Behin<strong>de</strong>rung (severe impairment) im Alter von 18–22 Monaten: • PDI und/o<strong>de</strong>r MDI ≤ 70<br />
• mittelschwere bis schwere CP<br />
• bilaterale Blindheit<br />
• bilaterale Schwerhörigkeit, die Hörgeräte erfor<strong>de</strong>rlich macht<br />
Diese Schätzungen basieren auf standardisierten Untersuchungen von ehemaligen Frühgeborenen im Alter von 18–22 Monaten, die zwischen 1998 und 2003 in einem<br />
Neonatal Research Network Zentrum <strong>de</strong>r NICHD mit einem Gestationslater von 22–25 SSW und einem Geburtsgewicht zwischen 401 und 1000 g geboren wur<strong>de</strong>n. Outborns<br />
und Frühgeborene mit schweren angeborenen Fehlbildungen wur<strong>de</strong>n ausgeschlossen.<br />
10
Vol. 23 Nr. 1 2012<br />
Empfehlungen<br />
23 0/7–23 6/7<br />
primäre Einschätzung<br />
Intensivmedizin nicht indiziert<br />
(Belastung nicht zumutbar)<br />
24 0/7–24 6/7<br />
primäre Einschätzung<br />
Intensivmedizin bedingt empfohlen<br />
(Belastung wahrscheinlich zumutbar)<br />
mehrere positive prognostische Faktoren<br />
sekundäre Einschätzung<br />
Intensivmedizin bedingt empfohlen<br />
(Belastung wahrscheinlich zumutbar)<br />
Entscheidungsfindung<br />
zusammen mit <strong>de</strong>n Eltern<br />
mehrere negative prognostische Faktoren<br />
sekundäre Einschätzung<br />
Intensivmedizin nicht empfohlen<br />
(Belastung wahrscheinlich nicht zumutbar)<br />
Entscheidungsfindung<br />
zusammen mit <strong>de</strong>n Eltern<br />
mehrere negative prognostische Faktoren<br />
sekundäre Einschätzung:<br />
Intensivmedizin empfohlen<br />
(Belastung zumutbar)<br />
Entscheidungsfindung<br />
zusammen mit <strong>de</strong>n Eltern<br />
palliative<br />
Massnahmen<br />
vorläufige<br />
Intensivmedizin<br />
Abb. 1: Einfluss positiver Zusatzfaktoren<br />
und Rolle <strong>de</strong>r elterlichen Autorität beim<br />
Abwägen <strong>de</strong>r Therapieoptionen für Frühgeborene<br />
mit einem Gestationsalter von<br />
23 0/7–23 6/7 SSW<br />
palliative<br />
Betreuung<br />
vorläufige<br />
Intensivmedizin<br />
palliative<br />
Betreuung<br />
vorläufige<br />
Intensivmedizin<br />
Abb. 2: Einfluss positiver, resp. negativer Zusatzfaktoren und Rolle <strong>de</strong>r elterlichen Autorität<br />
beim Abwägen <strong>de</strong>r Therapieoptionen für Frühgeborene mit einem Gestationsalter von<br />
24 0/7–24 6/7 SSW<br />
Grenze <strong>de</strong>r Lebensfähigkeit zu ermöglichen.<br />
Die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r Kommunikation wird erneut<br />
betont und die Rolle <strong>de</strong>r Eltern bei <strong>de</strong>r<br />
Entscheidungsfindung wird <strong>de</strong>taillierter dargestellt.<br />
Zusammenfassung<br />
Diese Empfehlungen beziehen sich auf die<br />
perinatale Betreuung von Schwangeren mit<br />
hohem Risiko für eine Frühgeburt und von<br />
Frühgeborenen an <strong>de</strong>r Grenze <strong>de</strong>r Lebensfähigkeit<br />
(Gestationsalter zwischen 22 und<br />
26 vollen<strong>de</strong>ten SSW). Sie richten sich an<br />
Ärzte, Hebammen, Pflegefachpersonen und<br />
Mitglie<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>rer Berufsgruppen, die bei<br />
dieser Betreuung mitwirken (zur sprachlichen<br />
Vereinfachung wird im folgen<strong>de</strong>n Text<br />
bei Personenangaben nur die männliche<br />
Form gebraucht).<br />
Die perinatale Betreuung von Schwangeren<br />
mit hohem Risiko für eine Frühgeburt und<br />
Frühgeborenen an <strong>de</strong>r Grenze <strong>de</strong>r Lebensfähigkeit<br />
(22–26 vollen<strong>de</strong>te Schwangerschaftswochen)<br />
muss multidisziplinär<br />
durch ein erfahrenes perinatologisches<br />
Team erfolgen. Dabei ist zu berücksichtigen,<br />
dass sowohl die eingeschränkte Präzision<br />
<strong>de</strong>r Bestimmung <strong>de</strong>s Gestationsalters<br />
und <strong>de</strong>s geschätzten fetalen Gewichtes als<br />
auch die biologische Variabilität das Vorgehen<br />
im individuellen Fall entschei<strong>de</strong>nd beeinflussen<br />
können.<br />
Die für die Schwangere und das Frühgeborene<br />
zu treffen<strong>de</strong>n Entscheidungen sind<br />
komplex und von weitreichen<strong>de</strong>r Be<strong>de</strong>utung.<br />
Ein möglichst umfassen<strong>de</strong>s und einfühlsames<br />
Pränatalgespräch, das in verständlicher<br />
Sprache von Neonatologen und<br />
Geburtshelfern gemeinsam mit <strong>de</strong>n Eltern<br />
geführt wird, ist wichtig, um eine Vertrauensbasis<br />
aufzubauen und Unterstützung zu<br />
bieten. Die Entscheidungen wer<strong>de</strong>n in einem<br />
kontinuierlichen Dialog zwischen allen<br />
Beteiligten (Ärzte, Hebammen, Pflegepersonal<br />
und Eltern) erarbeitet und haben zum<br />
Ziel, die Massnahmen zu ergreifen, die im<br />
Interesse <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s und <strong>de</strong>r Schwangeren<br />
als die besten erachtet wer<strong>de</strong>n.<br />
Die Kenntnis aktueller nach Gestationsalter<br />
abgestufter Mortalitäts- und Morbiditätsstatistiken,<br />
sowie <strong>de</strong>ren Beeinflussung<br />
durch pränatal eruierbare Zusatzfaktoren<br />
(fetales Gewicht, Geschlecht, Lungenreifungsinduktion<br />
erfolgt o<strong>de</strong>r nicht, Mehrlingsschwangerschaft<br />
o<strong>de</strong>r Einlingsschwangerschaft),<br />
und die Anwendung anerkannter<br />
ethischer Grundprinzipien bil<strong>de</strong>n dabei die<br />
Basis für ein verantwortungsvolles Vorgehen.<br />
Die Kommunikation zwischen <strong>de</strong>n<br />
beteiligten Entscheidungsträgern spielt<br />
eine zentrale Rolle.<br />
Die Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r interdisziplinären Arbeitsgruppe<br />
schlagen vor, dass sich die<br />
Betreuung von Frühgeborenen mit einem<br />
Gestationsalter < 24 SSW in <strong>de</strong>r Regel auf<br />
Palliativmassnahmen beschränken soll.<br />
Geburtsmedizinische Massnahmen (z. B.<br />
eine Sectioentbindung) sind aus fetaler Indikation<br />
in <strong>de</strong>r Regel nicht indiziert. Sie<br />
können kombiniert mit einer vorläufigen<br />
intensivmedizinischen Betreuung <strong>de</strong>s Frühgeborenen<br />
in ausgewählten Fällen sinnvoll<br />
sein, z. B. nach <strong>de</strong>r vollen<strong>de</strong>ten 23. SSW,<br />
wenn mehrere <strong>de</strong>r bereits erwähnten pränatal<br />
erkennbaren Zusatzfaktoren die Prognose<br />
günstig beeinflussen o<strong>de</strong>r zuvor<br />
eingehend aufgeklärte Eltern auf <strong>de</strong>m Einsatz<br />
lebenserhalten<strong>de</strong>r Massnahmen bestehen<br />
(Abb. 1).<br />
Bei Frühgeborenen mit einem Gestationsalter<br />
von 24 0/7–24 6/7 SSW kann die<br />
Beurteilung schwierig sein, ob das durch<br />
die geburtsmedizinischen Massnahmen<br />
(z. B. Sectioentbindung) und die intensivmedizinische<br />
Behandlung <strong>de</strong>s Frühgeborenen<br />
zugefügte Lei<strong>de</strong>n angesichts <strong>de</strong>r begrenzten<br />
Erfolgschancen zumutbar ist. Die<br />
Konstellation <strong>de</strong>r vorliegen<strong>de</strong>n prognostisch<br />
relevanten Zusatzfaktoren kann in<br />
dieser Situation für die gemeinsame Entscheidfindung<br />
mit <strong>de</strong>n Eltern richtungweisend<br />
sein (Abb. 2).<br />
Bei Frühgeborenen mit einem Gestationsalter<br />
zwischen 25 0/7 bis 25 6/7 SSW sind<br />
fetale Überwachung, geburtsmedizinische<br />
Massnahmen und eine intensivmedizini-<br />
11
Empfehlungen<br />
Vol. 23 Nr. 1 2012<br />
25 0/7–25 6/7<br />
primäre Einschätzung<br />
Intensivmedizin indiziert<br />
(Belastung zumutbar)<br />
mehrere negative prognostische Faktoren<br />
sekundäre Einschätzung<br />
Intensivmedizin bedingt empfohlen<br />
(Belastung wahrscheinlich zumutbar)<br />
Entscheidungsfindung<br />
zusammen mit <strong>de</strong>n Eltern<br />
palliative<br />
Massnahmen<br />
vorläufige<br />
Intensivmedizin<br />
Abb. 3: Einfluss negativer Zusatzfaktoren<br />
und Rolle <strong>de</strong>r elterlichen Autorität beim<br />
Abwägen <strong>de</strong>r Therapieoptionen für Frühgeborene<br />
mit einem Gestationsalter von<br />
25 0/7–25 6/7 SSW<br />
sche Betreuung <strong>de</strong>s Frühgeborenen in <strong>de</strong>r<br />
Regel indiziert. Liegen allerdings mehrere<br />
prognostisch ungünstige Zusatzfaktoren<br />
vor, kann bei <strong>de</strong>r gemeinsamen Entscheidfindung<br />
mit <strong>de</strong>n Eltern eine rein palliative<br />
Betreuung <strong>de</strong>s Frühgeborenen in Betracht<br />
gezogen wer<strong>de</strong>n (Abb. 3).<br />
Ein erfahrenes Neonatologie-Team sollte bei<br />
allen Geburten, die nach 23 0/7 SSW stattfin<strong>de</strong>n,<br />
involviert wer<strong>de</strong>n, um zusammen mit<br />
<strong>de</strong>n Eltern individuell zu entschei<strong>de</strong>n, ob <strong>de</strong>r<br />
Einsatz intensivmedizinischer Massnahmen<br />
gerechtfertigt erscheint o<strong>de</strong>r nur Palliativmassnahmen<br />
zur Anwendung kommen sollen<br />
(sog. primary non-intervention). Aus diesem<br />
Grun<strong>de</strong> müssen alle Schwangeren mit<br />
drohen<strong>de</strong>r Frühgeburt o<strong>de</strong>r vorzeitigem Blasensprung<br />
spätestens ab <strong>de</strong>r 23 0/7 SSW in<br />
ein perinatologisches Zentrum mit angeschlossener<br />
neonatologischer Intensivstation<br />
verlegt wer<strong>de</strong>n. In unklaren Fällen kann<br />
es sinnvoll sein, eine intensivmedizinische<br />
Betreuung zu beginnen und das Frühgeborene<br />
in die Neugeborenen-Intensivstation zu<br />
verlegen (provisional intensive care). Der<br />
klinische Verlauf und weitere Gespräche mit<br />
<strong>de</strong>n Eltern können dann Klarheit darüber<br />
verschaffen, ob die intensivmedizinischen<br />
Massnahmen fortgesetzt o<strong>de</strong>r abgebrochen<br />
wer<strong>de</strong>n sollen.<br />
Solange aufgrund engmaschiger Beurteilungen<br />
berechtigte Hoffnung darauf besteht,<br />
dass das Frühgeborene überleben<br />
kann und die begonnene Intensivtherapie<br />
für das Kind zumutbar ist, wer<strong>de</strong>n die ergriffenen<br />
Massnahmen fortgesetzt. Müssen<br />
das betreuen<strong>de</strong> Team und die Eltern<br />
jedoch erkennen, dass das durch die Therapie<br />
zugemutete Lei<strong>de</strong>n angesichts <strong>de</strong>r<br />
sehr ungünstig gewor<strong>de</strong>nen Prognose unverhältnismässig<br />
gewor<strong>de</strong>n ist, verlieren<br />
die intensivmedizinischen Massnahmen<br />
ihren Sinn, und an<strong>de</strong>re Aspekte <strong>de</strong>r Betreuung<br />
(Lin<strong>de</strong>rung von Schmerzen und Lei<strong>de</strong>n)<br />
wer<strong>de</strong>n prioritär (redirection of care). Wird<br />
auf lebenserhalten<strong>de</strong> Interventionen verzichtet<br />
(primär o<strong>de</strong>r sekundär), sollte alles<br />
getan wer<strong>de</strong>n, um <strong>de</strong>m Kind ein menschenwürdiges<br />
Sterben zu ermöglichen (comfort<br />
care) und die Eltern in <strong>de</strong>r Sterbebegleitung<br />
zu unterstützen.<br />
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Korrespon<strong>de</strong>nzadresse<br />
Prof. Dr. T. M. Berger<br />
Neonatologische und Pädiatrische Intensivpflegestation<br />
Kin<strong>de</strong>rspital Luzern<br />
6000 Luzern<br />
thomas.berger@luks.ch<br />
12
Vol. 23 Nr. 1 2012<br />
Empfehlungen<br />
Die Betreuung und Reanimation<br />
<strong>de</strong>s Neugeborenen<br />
Revidierte Empfehlungen <strong>de</strong>r Schweizerischen Gesellschaft<br />
für Neonatologie (2012)<br />
Erarbeitet von einer Arbeitsgruppe <strong>de</strong>r Schweizerischen Gesellschaft für Neonatologie<br />
bestehend aus (in alphabetischer Reihenfolge): T. M. Berger, Luzern; V. Bernet, Zürich;<br />
J.-C. Fauchère, Zürich; B. Laubscher, Neuenburg; A. Malzacher, St. Gallen; M. Nelle, Bern;<br />
R. E. Pfister, Genf; M. Roth-Kleiner, Lausanne; S. Schulzke, Basel; G. Zeilinger, Aarau;<br />
D. Surbek, Bern (Schweiz. Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe)<br />
Redaktionelle Verantwortung: J.-C. Fauchère, Zürich<br />
Einführung<br />
Entstehung und Anwendung<br />
dieser Empfehlungen<br />
Eine Arbeitsgruppe <strong>de</strong>r Schweizerischen<br />
Gesellschaft für Neonatologie (SGN) hat im<br />
Jahr 2000 Empfehlungen zur Betreuung und<br />
Reanimation von Neugeborenen für die<br />
Schweiz ausgearbeitet. Nach einer ersten<br />
Überarbeitung 2007 wer<strong>de</strong>n diese nun<br />
aufgrund neuerer Daten und Evi<strong>de</strong>nzen 1)<br />
sowie Revisionen internationaler Empfehlungen<br />
2)–7) erneut revidiert. Diese Leitlinien<br />
sollen als Empfehlungen verstan<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n,<br />
die im individuellen Fall angepasst<br />
wer<strong>de</strong>n können und sollen.<br />
Ziel und Zielpublikum<br />
dieser Empfehlungen<br />
Diese Empfehlungen beziehen sich in erster<br />
Linie auf die Betreuung von Neugeborenen<br />
älter als 34 0/7 Schwangerschaftswochen<br />
und mit einem Geburtsgewicht über<br />
2000 g. Sie haben Geltung für die Situation<br />
in <strong>de</strong>r Gebärabteilung sowie für die gesamte<br />
Perinatalzeit. Sie richten sich an alle<br />
Gebärkliniken <strong>de</strong>r Schweiz sowie an alle<br />
Pädiater, Neonatologen, Geburtshelfer, Anästhesisten,<br />
Hebammen und Neonatologie-<br />
Pflegefachfrauen.<br />
Wichtige Än<strong>de</strong>rungen<br />
in dieser Revision<br />
Folgen<strong>de</strong> wichtige Än<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r Empfehlungen<br />
wur<strong>de</strong>n seit <strong>de</strong>r letzten Revision<br />
2007 angebracht:<br />
• Bei allen Neugeborenen nach vaginaler<br />
Geburt ohne Reanimationsbedarf soll die<br />
Abnabelung erst 60 Sekun<strong>de</strong>n nach vollständiger<br />
Entwicklung vorgenommen<br />
wer<strong>de</strong>n, wenn keine mütterliche Indikation<br />
zur raschen Abnabelung besteht. Bei<br />
Frühgeborenen, welche durch Sectio<br />
entbun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n, soll die Nabelschnur<br />
vor Abnabelung drei- bis viermal ausgestrichen<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
• Termingeborene Kin<strong>de</strong>r sollen primär mit<br />
Raumluft reanimiert wer<strong>de</strong>n. Falls die<br />
Sauerstoffsättigung (präduktale Pulsoxymetrie)<br />
trotz adäquater Beatmung zu tief<br />
bleibt, soll eine zusätzliche Sauerstoffverabreichung<br />
in Betracht gezogen wer<strong>de</strong>n.<br />
Dabei wird ein normaler Sättigungsanstieg<br />
nach Geburt angestrebt<br />
(Algorithmus).<br />
• Adrenalin soll wenn immer möglich intravenös<br />
verabreicht wer<strong>de</strong>n. Im Fall einer<br />
intratrachealen Applikation sollen 50–<br />
100 µg/kg/Dosis gegeben wer<strong>de</strong>n.<br />
• Der zusätzlich zu <strong>de</strong>n klinischen Untersuchungen<br />
(Auskultation, Thoraxexkursionen)<br />
durchgeführte Nachweis <strong>de</strong>s expiratorischen<br />
CO 2<br />
ist die schnellste und<br />
zuverlässigste Metho<strong>de</strong> zur Sicherstellung<br />
<strong>de</strong>r intratrachealen Tubuslage.<br />
• Neugeborene Kin<strong>de</strong>r ≥ 36 SSW mit klinischen<br />
Zeichen einer mo<strong>de</strong>raten bis<br />
schweren hypoxisch-ischämischen Enzephalopathie<br />
sollen im Neonatologie-Zentrum<br />
mittels therapeutischer Hypothermie<br />
behan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n. Erst nach<br />
erfolgter Rücksprache mit <strong>de</strong>m Zentrum<br />
und bis Eintreffen <strong>de</strong>r Transport-Equipe<br />
sollen alle Wärmequellen (Wärmestrahler,<br />
-bett) ausgeschaltet wer<strong>de</strong>n.<br />
Organisation<br />
Allgemein<br />
Bis 10% aller Neugeborenen benötigen im<br />
Sinne einer Stabilisierung in <strong>de</strong>n ersten<br />
Lebensminuten einfache respiratorische<br />
Unterstützungsmassnahmen. Weiterführen<strong>de</strong><br />
Reanimationsmassnahmen sind hin-<br />
gegen nur bei etwa 1% <strong>de</strong>r Neugeborenen<br />
notwendig 3), 8) . Weil Risikosituationen nicht<br />
immer vorausgesehen wer<strong>de</strong>n können,<br />
müssen bei je<strong>de</strong>r Geburt ausgebil<strong>de</strong>tes<br />
Personal und die technische Ausrüstung für<br />
eine allfällige Reanimation vorhan<strong>de</strong>n sein.<br />
Eine optimale Betreuung<br />
von Neugeborenen erfor<strong>de</strong>rt:<br />
• Kommunikation zwischen Hebammen, Geburtshelfer<br />
und Pädiater (Neonatologen).<br />
• Ausreichen<strong>de</strong> Information über das neonatologische<br />
Risiko noch vor <strong>de</strong>r Geburt.<br />
• Antizipation <strong>de</strong>r zu erwarten<strong>de</strong>n Störungen.<br />
• Umsichtige Planung und Vorbereitung<br />
von Material und Personal.<br />
• Klare und ruhige Führung <strong>de</strong>r Reanimation<br />
durch eine in neonataler Reanimation<br />
kompetente Fachperson.<br />
Personal<br />
Im I<strong>de</strong>alfall ist eine Person ausschliesslich<br />
für die Versorgung <strong>de</strong>s Neugeborenen<br />
verantwortlich. Sie soll fähig sein, eine<br />
Reanimation einzuleiten, d. h. die Luftwege<br />
freizulegen und eine Maskenbeatmung<br />
durchzuführen. Für weitere Massnahmen,<br />
insbeson<strong>de</strong>re für eine intratracheale Intubation,<br />
soll Hilfe von einer in <strong>de</strong>r neonatalen<br />
Reanimation geübten Person (Neonatologe,<br />
Pädiater, Anästhesist) angefor<strong>de</strong>rt<br />
wer<strong>de</strong>n 3), 5) . Auch bei einer vermeintlich<br />
risikofreien Geburt können beim Neugeborenen<br />
unvorhersehbare Probleme auftreten.<br />
Daher sind ein funktionstüchtiger<br />
Reanimationsplatz inklusive Zubehör (Liste<br />
1) und die rasche Verfügbarkeit einer in<br />
<strong>de</strong>r neonatalen Reanimation geübten Person<br />
Voraussetzung für je<strong>de</strong> Gebärabteilung.<br />
In diesen liegt die primäre Verantwortung<br />
für das Neugeborene beim<br />
Geburtshelfer. Dieser kann die Verantwortung<br />
im Einzelfall an einen Kollegen einer<br />
an<strong>de</strong>ren Fachrichtung vorzugsweise <strong>de</strong>r<br />
Pädiatrie/Neonatologie übertragen.<br />
Im I<strong>de</strong>alfall sollen bei einer geplanten Hausgeburt<br />
eine Person für die Gebären<strong>de</strong> und<br />
eine in neonataler Reanimation kompetente<br />
Persone für das Neugeborene anwesend<br />
sein 5) .<br />
Ärzte, Hebammen und Pflegepersonal, welche<br />
Neugeborene bei <strong>de</strong>r Geburt betreuen,<br />
sollen regelmässig strukturierte Kurse bezüglich<br />
Standards und Fertigkeiten in <strong>de</strong>r<br />
neonatalen Reanimation besuchen 9) . Diese<br />
Kurse wer<strong>de</strong>n im Namen <strong>de</strong>r SGN vom jeweilig<br />
verantwortlichen Neonatologie-Zentrum<br />
durchgeführt.<br />
13
Empfehlungen<br />
Vol. 23 Nr. 1 2012<br />
Ausrüstung<br />
Eine Checkliste <strong>de</strong>r erfor<strong>de</strong>rlichen Ausrüstung<br />
für Spital- und Hausgeburt fin<strong>de</strong>t sich<br />
im Anhang (Liste 1 und 2).<br />
Antepartaler Transport<br />
von Risiko-Schwangeren<br />
Die Entbindung von bestimmten Risiko-<br />
Schwangeren benötigt im Hinblick auf die<br />
optimale Betreuung <strong>de</strong>r Mutter und <strong>de</strong>s<br />
Kin<strong>de</strong>s spezialisierte Kenntnisse, Fähigkeiten<br />
und Ausrüstung, die aus Häufigkeits-,<br />
Erfahrungs- und Kostengrün<strong>de</strong>n nicht in<br />
je<strong>de</strong>r Geburtsklinik vorhan<strong>de</strong>n sein können.<br />
Ein kleiner Teil von Schwangeren bedarf<br />
daher rechtzeitig vor <strong>de</strong>r geplanten o<strong>de</strong>r<br />
bevorstehen<strong>de</strong>n Entbindung einer Verlegung<br />
in ein perinatales Zentrum mit neonatologischer<br />
Intensivstation.<br />
Indikationen für eine pränatale<br />
Verlegung<br />
Eine intrauterine Verlegung in ein perinatales<br />
Zentrum ist in all jenen Situationen<br />
angezeigt, in <strong>de</strong>nen das Neugeborene voraussichtlich<br />
eine Reanimation o<strong>de</strong>r Intensivmassnahmen<br />
brauchen wird.<br />
A) Absolute Indikationen sind:<br />
• Drohen<strong>de</strong> Frühgeburt vor 32 0/7 Schwangerschaftswochen.<br />
• Falls keine Neonatologie-Abteilung in <strong>de</strong>r<br />
Klinik vorhan<strong>de</strong>n: Drohen<strong>de</strong> Frühgeburt<br />
vor 34 0/7–35 0/7 SSW o<strong>de</strong>r geschätztes<br />
Geburtsgewicht < 2000 g, ansonsten<br />
relative Indikation.<br />
• Voraussehbare schwere Anpassungsstörungen,<br />
die Intensivmassnahmen erfor<strong>de</strong>rn.<br />
• Höhergradige Mehrlinge (Drillinge und<br />
mehr).<br />
• Pränatal diagnostizierte, versorgungsbedürftige<br />
Fehlbildungen.<br />
B) Relative Indikationen (in Zweifelsfällen<br />
und je nach lokalen Verhältnissen soll mit<br />
<strong>de</strong>m Perinatalzentrum Rücksprache genommen<br />
wer<strong>de</strong>n) sind<br />
• Intrauterine Infektion.<br />
• Hämolytische Erkrankung <strong>de</strong>s Feten.<br />
• Fetale Rhythmusstörungen.<br />
• Intrauterine Mangelentwicklung (geschätztes<br />
fetales Gewicht < 5. Perzentile).<br />
• Chronische o<strong>de</strong>r instabile Erkrankung <strong>de</strong>r<br />
Mutter (Hypertonie, Präeklampsie,<br />
HELLP-Syndrom, Diabetes mellitus, Zustand<br />
nach Transplantation, Autoimmunopathien<br />
usw.).<br />
• Mütterlicher Suchtmittelkonsum.<br />
• Fetus mit letalen Fehlbildungen, bei <strong>de</strong>nen<br />
Intensivmassnahmen als nicht sinnvoll<br />
erachtet wer<strong>de</strong>n.<br />
Neonatale Adaptation<br />
Einleitung<br />
Die Umstellung vom intra- zum extrauterinen<br />
Leben erfor<strong>de</strong>rt eine Reihe von biologischen<br />
Anpassungsvorgängen, die für die<br />
Integrität vor allem <strong>de</strong>s Zentralnervensystems<br />
wichtig sind. Die Geburt und die<br />
ersten Lebenstage sind aber auch ein emotionales<br />
Ereignis, das einen prägen<strong>de</strong>n<br />
Einfluss auf die zukünftige Eltern-Kind-<br />
Beziehung hat. Die perinatale Betreuung<br />
muss diese biologischen und emotionalen<br />
Bedürfnisse einbeziehen und adäquat gewichten.<br />
Vorbereitung für die Erstversorgung<br />
• Gebärzimmer warm halten (möglichst<br />
≥ 25 °C).<br />
• Wärmelampe und Licht anschalten.<br />
• Unterlagen <strong>de</strong>r Mutter durchlesen und<br />
abwägen, ob Unterstützung von einer<br />
erfahrenen Person zur Betreuung <strong>de</strong>s<br />
Kin<strong>de</strong>s notwendig wer<strong>de</strong>n könnte.<br />
• Material überprüfen.<br />
• Hän<strong>de</strong> waschen, Handschuhe (nicht steril).<br />
• Stoppuhr/Apgar-Uhr nach vollständiger<br />
Entwicklung <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s starten 10) .<br />
Abnabeln<br />
Bei Früh- und Termingeborenen nach vaginaler<br />
Geburt ohne Reanimationsbedarf und<br />
ohne mütterliche Indikation zur raschen<br />
Abnabelung (z. B. Blutung), und insbeson<strong>de</strong>re<br />
bei Neugeborenen mit Hypovolämierisiko<br />
(v. a. nach Vakuum-Entbindung o<strong>de</strong>r<br />
Entwicklung aus Beckenendlage), kann<br />
durch eine Lagerung <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s etwa 20–<br />
30 cm unterhalb <strong>de</strong>s introitus vaginae und<br />
Abnabelung erst 60 Sekun<strong>de</strong>n nach <strong>de</strong>r<br />
Geburt eine plazento-neonatale Transfusion<br />
erreicht wer<strong>de</strong>n a); 3), 5), 11), 12) .<br />
Klinische Beurteilung <strong>de</strong>r Adaptation<br />
Folgen<strong>de</strong> 4 Kriterien sind für <strong>de</strong>n Einsatz<br />
allfälliger Reanimationsmassnahmen wegleitend<br />
(Algorithmus):<br />
• Atmung: Vorhan<strong>de</strong>n, nicht vorhan<strong>de</strong>n?<br />
Schnappatmung? In <strong>de</strong>r Regel beginnt ein<br />
gesun<strong>de</strong>s Neugeborenes innerhalb <strong>de</strong>r<br />
ersten 60 Sekun<strong>de</strong>n nach Entwicklung zu<br />
atmen o<strong>de</strong>r zu schreien.<br />
• Herzfrequenz: Vorzugsweise mit Stethoskop<br />
o<strong>de</strong>r durch Palpation an <strong>de</strong>r Basis<br />
<strong>de</strong>r Nabelschnur ermitteln. Ist die Herzfrequenz<br />
über 60/Min. bzw. über 100/<br />
Min.? Die Palpation <strong>de</strong>s peripheren Pulses<br />
ist zur Bestimmung <strong>de</strong>r Herzfrequenz<br />
nicht geeignet 6) .<br />
• Tonus: Ein sehr hypotones Neugeborenes<br />
wird mit grosser Wahrscheinlichkeit eine<br />
Atemunterstützung brauchen 5) .<br />
• Kolorit: Wird das Kind zentral rosig (Farbe<br />
<strong>de</strong>r Zunge beurteilen)? Die meisten Neugeborenen<br />
sind initial blass-zyanotisch,<br />
da die fetale O 2<br />
-Sättigung nur 40–60%<br />
beträgt und die Hautdurchblutung noch<br />
vermin<strong>de</strong>rt ist. Nach einigen Minuten<br />
breitet sich ein rosiges Kolorit über <strong>de</strong>n<br />
ganzen Körper aus. Die Beurteilung <strong>de</strong>r<br />
Oxygenierung anhand <strong>de</strong>s Hautkolorits<br />
kann schwierig sein 18) . Insbeson<strong>de</strong>re bei<br />
Vorliegen einer Anämie wird eine zentrale<br />
Zyanose erst bei tiefen Sauerstoffsättigungswerten<br />
klinisch fassbar. Falls ein<br />
Neugeborenes klinisch zyanotisch bleibt,<br />
sollte die Oxygenation spätestens nach 5<br />
Lebensminuten mittels Pulsoxymetrie<br />
gemessen wer<strong>de</strong>n 5) . Ein sehr blasses<br />
Hautkolorit an<strong>de</strong>rerseits kann ein guter<br />
Indikator für eine behandlungsbedürftige<br />
Situation bei Anämie o<strong>de</strong>r Azidose sein 5) .<br />
Apgar-Score<br />
Der Apgar-Score ist eine standardisierte Bewertung<br />
<strong>de</strong>r postnatalen Adaptation und <strong>de</strong>s<br />
Erfolges anfälliger Reanimationsmassnahmen.<br />
Der Apgar-Score ist jedoch ungeeignet<br />
für die unmittelbare Entscheidung über <strong>de</strong>n<br />
Einsatz therapeutischer Massnahmen.<br />
1, 5 und 10 Minuten nach <strong>de</strong>r vollständigen<br />
Entwicklung <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s wird je<strong>de</strong>r einzelne<br />
Apgar-Parameter mit einer Punktzahl beurteilt<br />
und protokolliert. Bei Zustandsän<strong>de</strong>run-<br />
a) Bei <strong>de</strong>r Spätabnabelung sollen kulturell geprägte,<br />
individuelle Wünsche <strong>de</strong>r Gebären<strong>de</strong>n bezüglich Abnabelungszeitpunkt<br />
auch berücksichtigt wer<strong>de</strong>n. Die<br />
Spätabnabelung bei Frühgeborenen ist mit einem<br />
höheren mittleren Blutdruck und Hämatokrit sowie<br />
mit einer reduzierten Hirnblutungshäufigkeit assoziiert,<br />
jedoch nicht mit einer besseren Stabilität in <strong>de</strong>n<br />
ersten 4–6 Lebensstun<strong>de</strong>n bei Neugeborenen 13)–16) .<br />
Deshalb kann keine Empfehlung bez. Abnabelungszeit<br />
formuliert wer<strong>de</strong>n bei Neugeborenen, die einer Reanimation<br />
bedürfen. 3), 5) . Bei Kaiserschnittentbindung<br />
von termingeborenen Kin<strong>de</strong>rn wird eine umgehen<strong>de</strong><br />
Abnabelung nach Kindsentwicklung empfohlen. Bei<br />
frühgeborenen Kin<strong>de</strong>rn kann die Nabelschnur vor<br />
Abnabelung drei- bis viermal Richtung Kind ausmassiert<br />
wer<strong>de</strong>n 17) . Bezüglich Verabreichung von Oxytocin<br />
vor Abnabelung bei Kaiserschnitteinbindung sind<br />
die Daten bezüglich optimalem Zeitpunkt, Dosierung<br />
und Effektivität dieser Massnahme unklar.<br />
14
Vol. 23 Nr. 1 2012<br />
Empfehlungen<br />
0 1 2<br />
Kolorit<br />
Stamm blau<br />
o<strong>de</strong>r blass<br />
Stamm rosig<br />
Extremitäten blau<br />
Stamm und<br />
Extremitäten rosig<br />
Atmung* keine oberflächlich kräftig schreiend<br />
Tonus schlaff mittel kräftig<br />
Reaktivität** keine träge lebhaft<br />
Herzfrequenz 0 < 100/Min. > 100/Min.<br />
Apgar-Score * Bei beatmeten Kin<strong>de</strong>rn Atmung mit einem Strich (-) beurteilen<br />
** Reaktivität = Spontanmotorik, Schreien, Niesen, Husten<br />
gen und nach therapeutischen Massnahmen<br />
können Zwischenbestimmungen innerhalb<br />
aber auch über die ersten 10 Lebensminuten<br />
hinaus durchgeführt wer<strong>de</strong>n 5) .<br />
Massnahmen<br />
bei normaler Adaptation<br />
Bei einer normalen Adaptation atmet das<br />
Neugeborene ab Geburt spontan; es hat<br />
eine Herzfrequenz über 100/Min., einen<br />
guten Tonus und wird im Verlauf <strong>de</strong>r ersten<br />
5–10 Lebensminuten rosig 19), 20) .<br />
• Dieses Kind wird mit vorgewärmten Tüchern<br />
sofort abgetrocknet und <strong>de</strong>r Mutter<br />
auf <strong>de</strong>n Bauch gegeben.<br />
• Absaugen ist nicht bei je<strong>de</strong>m Kind erfor<strong>de</strong>rlich.<br />
Wenn gesun<strong>de</strong> Termingeborene<br />
innerhalb <strong>de</strong>r ersten 60 Sekun<strong>de</strong>n nach<br />
<strong>de</strong>r Geburt regelmässig atmen, einen<br />
guten Muskeltonus entwickeln, und wenn<br />
das Fruchtwasser klar ist, soll auf das<br />
Absaugen von Mund, Rachen und Nase<br />
verzichtet wer<strong>de</strong>n. Unnötiges Absaugen<br />
ist für das Kind unangenehm, kann zu<br />
Schleimhautläsionen und reflektorisch zu<br />
Bradykardien und Apnoen führen.<br />
• Der Apgar-Score wird im Alter von 1, 5<br />
und 10 Minuten erhoben.<br />
• Kurz nach <strong>de</strong>r Geburt wird das Neugeborene<br />
bei guter Adaptation erstmalig an<br />
die Brust <strong>de</strong>r Mutter angelegt.<br />
I<strong>de</strong>alerweise sollen Mutter und Kind ein<br />
kontinuierlicher Haut-zu-Haut-Kontakt von<br />
2 Stun<strong>de</strong>n nach <strong>de</strong>r Geburt ermöglicht wer<strong>de</strong>n,<br />
min<strong>de</strong>stens jedoch bis nach <strong>de</strong>m ersten<br />
Ansetzen. In dieser Zeit muss von <strong>de</strong>r zuständigen<br />
Hebamme/Pflegefachfrau punktuell<br />
das Wohlergehen <strong>de</strong>s Neugeborenen<br />
überprüft wer<strong>de</strong>n 21) . Insbeson<strong>de</strong>re ist darauf<br />
zu achten, dass Mund und Nase <strong>de</strong>s Neugeborenen<br />
frei sind, wenn das Kind bei <strong>de</strong>r<br />
Mutter auf <strong>de</strong>r Brust liegt. Routinemassnahmen<br />
und die weitere Versorgung <strong>de</strong>s Neugeborenen<br />
erfolgen 2 Stun<strong>de</strong>n nach <strong>de</strong>r Geburt<br />
respektive frühestens nach <strong>de</strong>m ersten<br />
Ansetzen <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s 22) . Diese umfassen eine<br />
erstmalige Kontrolle <strong>de</strong>s Neugeborenen<br />
durch Hebamme, Geburtshelfer, Pädiater<br />
o<strong>de</strong>r Neonatologen; sie sind auf einem Wickeltisch<br />
und unter einem Wärmestrahler<br />
bei guten Lichtverhältnissen durchzuführen.<br />
Bei <strong>de</strong>r ersten Kontrolle wer<strong>de</strong>n die weitere<br />
Adaptation und die Körpermasse beurteilt sowie<br />
allfällige Fehlbildungen ausgeschlossen:<br />
• Körpermasse: Gewicht, Länge und<br />
Kopfumfang (auf Perzentilen-Kurven eintragen)<br />
23) .<br />
• Atmung: Atemfrequenz (normal 30–60/<br />
Min.), Zeichen eines Atemnotsyndroms<br />
(Einziehungen, Stöhnen, Nasenflügeln,<br />
Zyanose, Tachypnoe)?<br />
• Kreislauf: Herzfrequenz (normal 100–<br />
160/Min.), Peripherie warm und gut<br />
durchblutet?<br />
• Wärmehaushalt: Rektaltemperatur (Zielbereich<br />
36.5–37.5 °C). Durch Messung<br />
<strong>de</strong>r Rektaltemperatur lässt sich eine<br />
Analatresie frühzeitig diagnostizieren.<br />
Geburt<br />
0 s<br />
nach<br />
30 s<br />
nach<br />
60 s<br />
präduktale Pulsoximetrie zur<br />
Beurteilung <strong>de</strong>r Herzfrequenz und SaO2<br />
nein<br />
ja<br />
Apnoe o<strong>de</strong>r Schnappatmung<br />
und/o<strong>de</strong>r<br />
Herzfrequenz < 100/Min.<br />
Atemwege öffnen<br />
(Lagerung, evtl. Absaugen)<br />
Maskenbeatmung<br />
(Beginn mit FiO 2 21%)<br />
Neubeurteilung:<br />
Thoraxexkursion sichtbar?<br />
ja<br />
Neubeurteilung:<br />
Herzfrequenz > 100/Min.?<br />
nein<br />
Neubeurteilung:<br />
Herzfrequenz > 60/Min.?<br />
nein<br />
Herzmassage<br />
Beatmung mit FiO 2 100%<br />
bei fehlen<strong>de</strong>m Erfolg Adrenalin<br />
• Fehlbildungen: Extremitäten, Genitale,<br />
Rücken, Gaumen. Eine Magensondierung<br />
zum Ausschluss einer Oesophagusatresie<br />
o<strong>de</strong>r einer oberen intestinalen Obstruktion<br />
ist nur indiziert, wenn ein Polyhydramnion,<br />
ein schaumiger Speichelfluss<br />
o<strong>de</strong>r eine Atemstörung bestehen. Auf<br />
eine systematische Sondierung <strong>de</strong>r Nasengänge<br />
zum Ausschluss einer Choanalatresie<br />
ist zu verzichten. Die Beobachtungen<br />
und Massnahmen wer<strong>de</strong>n auf<br />
einem Überwachungsblatt für Neugeborene<br />
protokolliert.<br />
· Die Haut wird von Blut- und Mekoniumresten<br />
gereinigt, ohne dass die Vernix<br />
caseosa vollständig beseitigt wird.<br />
· Die Vitamin-K-Prophylaxe und bei Indikation<br />
eine aktive und passive Impfung<br />
gegen Hepatitis-B 24) wer<strong>de</strong>n gemäss<br />
gelten<strong>de</strong>n Richtlinien durchgeführt.<br />
Eine Gonoblenorrhoe-Prophylaxe mit<br />
Silbernitrat o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren <strong>de</strong>sinfizieren<strong>de</strong>n<br />
Augentropfen wird nicht mehr empfohlen.<br />
Vorgehen bei gestörter<br />
Adaptation<br />
Reanimationsplan<br />
Falls die klinische Beurteilung zeigt, dass<br />
ein Neugeborenes keine regelmässige Atmung<br />
aufweist, o<strong>de</strong>r dass seine Herzfrequenz<br />
< 100/Min. bleibt, kommen zu <strong>de</strong>n<br />
Wärmeverlust verhin<strong>de</strong>rn<br />
Beurteilung von:<br />
Atmung und Herzfrequenz<br />
ja<br />
Neubeurteilung:<br />
Spontanatmung?<br />
Algorithmus: Stabilisierung und Reanimation <strong>de</strong>s Neugeborenen<br />
nein<br />
ja<br />
Normale Atmung o<strong>de</strong>r Schreien<br />
und<br />
Herzfrequenz > 100/Min.<br />
SaO 2 sollte innerhalb von<br />
10 Min. auf > 90% ansteigen<br />
Bonding und Beobachtung<br />
Routinemassnahmen<br />
Präduktale SaO 2 Ziele<br />
3 Minuten<br />
5 Minuten<br />
10 Minuten<br />
70%<br />
80%<br />
> 90%<br />
15
Empfehlungen<br />
Vol. 23 Nr. 1 2012<br />
Massnahmen, die bei einer normalen Adaptation<br />
durchgeführt wer<strong>de</strong>n, je nach<br />
Zustand <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s weitere hinzu. Das<br />
Öffnen <strong>de</strong>r Atemwege und die Belüftung<br />
<strong>de</strong>r Lungen sind dabei die wichtigsten<br />
Massnahmen in <strong>de</strong>r neonatalen Reanimation.<br />
In <strong>de</strong>n meisten Fällen genügen diese<br />
auch, um ein Kind zu stabilisieren. Weitere<br />
komplexere Interventionen sind hingegen<br />
nutzlos bis diese zwei ersten Massnahmen<br />
korrekt durchgeführt wor<strong>de</strong>n sind 5) . Die<br />
möglichen Schritte und ihre Indikation sind<br />
in einer Synopsis im Algorithmus zusammengefasst.<br />
Kommentar zu <strong>de</strong>n einzelnen Schritten<br />
Wärmehaushalt<br />
• Die Reanimation wird in einem warmen<br />
Raum durchgeführt (möglichst um 25–<br />
26 °C) 3) . Luftzug wird vermie<strong>de</strong>n; Fenster<br />
und Türen sind geschlossen.<br />
• Der Wärmestrahler ist bereits 10 bis 15<br />
Minuten vor Geburt eingeschaltet.<br />
• Das Kind wird rasch abgetrocknet und<br />
dann in warmen Tüchern auf <strong>de</strong>n Reanimationstisch<br />
unter <strong>de</strong>n Wärmestrahler<br />
gebracht; feucht gewor<strong>de</strong>ne Unterlagen<br />
wer<strong>de</strong>n durch trockene, vorgewärmte<br />
Tücher ersetzt.<br />
Korrekte Lagerung (Abbildung 1)<br />
• Eine korrekte horizontale Lagerung auf<br />
<strong>de</strong>m Rücken mit <strong>de</strong>m Kopf in Mittelstellung<br />
mit leichter Deflexion ist wichtig für<br />
optimal durchgängige Atemwege. Hyperextension<br />
o<strong>de</strong>r eine Flexion <strong>de</strong>s Kopfes<br />
sollten vermie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n, da dadurch<br />
die Atemwege eingeengt wer<strong>de</strong>n.<br />
• Durch eine kleine Win<strong>de</strong>lrolle unter <strong>de</strong>n<br />
Schultern können die Atemwege besser<br />
offen gehalten wer<strong>de</strong>n.<br />
• Die traditionelle Kopftieflage hat keine<br />
bewiesenen Vorteile für die Lungenfunktion<br />
und soll nicht mehr durchgeführt<br />
wer<strong>de</strong>n 25) .<br />
Absaugen<br />
• Katheter Ch (Charrière) 10 ohne Seitenlöcher<br />
verwen<strong>de</strong>n. Mundsaugkolben o<strong>de</strong>r<br />
mechanische Vorrichtung mit Falle verwen<strong>de</strong>n<br />
(Sog ca. –2 m Wassersäule, entsprechend<br />
-200 mbar = –150 mm Hg =<br />
–20 kPa = –0.2 atm).<br />
• Mund und, wenn notwendig, bei<strong>de</strong> Nasenöffnungen<br />
absaugen.<br />
• Katheter nicht in die Nase einführen:<br />
Verletzungsgefahr und Anschwellen <strong>de</strong>r<br />
Nasenschleimhaut. Neugeborene sind<br />
präferentielle Nasenatmer.<br />
• Wie<strong>de</strong>rholtes langes Absaugen erschwert<br />
das Einsetzen einer Spontanatmung. Die<br />
Berührung <strong>de</strong>r Rachenhinterwand kann<br />
einen vagalen Reflex mit Bradykardie<br />
verursachen.<br />
• Ein Absaugmanöver sollte nicht länger als<br />
5 Sekun<strong>de</strong>n dauern. Der Magen wird nur<br />
bei adäquater Oxygenierung und stabilisierter<br />
Atmung und unter folgen<strong>de</strong>n Bedingungen<br />
abgesaugt:<br />
· Bei Polyhydramnion, Atemnotsyndrom<br />
o<strong>de</strong>r bei schaumigem Speichel.<br />
· Nach o<strong>de</strong>r unter Beutelbeatmung und<br />
vor einem Transport.<br />
• Gelingt es nicht, <strong>de</strong>n Katheter bis in <strong>de</strong>n<br />
Magen vorzuschieben, besteht <strong>de</strong>r Verdacht<br />
auf eine Oesophagusatresie. Das<br />
Kind sollte wegen Aspirationsgefahr auf<br />
<strong>de</strong>n Bauch gelegt und Mund und Rachen<br />
wie<strong>de</strong>rholt schonend abgesaugt wer<strong>de</strong>n.<br />
• Das Absaugen von mehr als 20 ml Magenflüssigkeit<br />
ist verdächtig für eine<br />
obere gastrointestinale Obstruktion. Bei<br />
einem solchen Verdacht muss eine offene<br />
Magenson<strong>de</strong> gelegt und alle 10 Minuten<br />
abgesaugt wer<strong>de</strong>n.<br />
• Mekoniumhaltiges Fruchtwasser: Das<br />
intrapartale oro-pharyngeale Absaugen<br />
hat keinen Einfluss auf das Outcome <strong>de</strong>s<br />
Neugeborenen 26)–28) ; <strong>de</strong>shalb wird diese<br />
Intervention als Routinemassnahme<br />
nicht mehr bei allen Neugeborenen mit<br />
mekoniumhaltigem Fruchtwasser empfohlen.<br />
In <strong>de</strong>n seltenen Situationen, in<br />
<strong>de</strong>nen dickes Mekonium die Atemwege<br />
<strong>de</strong>s Neugeborenen behin<strong>de</strong>rt, kann das<br />
intrapartale oro-pharyngeale Absaugen<br />
im Sinne einer Befreiung <strong>de</strong>r Atemwege<br />
einen Vorteil bringen.<br />
• Bei stark mekoniumhaltigem Fruchtwasser<br />
und <strong>de</strong>primierter Atmung sollte<br />
beson<strong>de</strong>rs vor einer allfälligen Beutelbeatmung<br />
das Mekonium unter laryngoskopischer<br />
Sicht abgesaugt wer<strong>de</strong>n. Vorausgesetzt,<br />
die betreuen<strong>de</strong> Person besitzt<br />
die dazu notwendige Fähigkeit und das<br />
entsprechen<strong>de</strong> Material ist vorhan<strong>de</strong>n,<br />
wird das Kind intratracheal intubiert.<br />
Dabei wird <strong>de</strong>r Endotrachealtubus mit<br />
einem Mekoniumaspirations-Adapter an<br />
das Vakuum angeschlossen und unter<br />
Sog entfernt (Abbildung 2). Dieser Absaugvorgang<br />
mit Einführen und Entfernen<br />
<strong>de</strong>s ganzen Tubus kann wie<strong>de</strong>rholt<br />
wer<strong>de</strong>n, sofern die Herzfrequenz normal<br />
bleibt. Ansonsten soll eine effiziente Be-<br />
atmung mit Beutel/Maske begonnen<br />
wer<strong>de</strong>n, insbeson<strong>de</strong>re bei anhalten<strong>de</strong>r<br />
Bradykardie 3), 5) . Das Absaugen mit einem<br />
Katheter durch <strong>de</strong>n Tubus ist bei dickem<br />
Mekonium meist unzureichend.<br />
Maskenbeatmung (Abbildung 3 und 4)<br />
Bei ungenügen<strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r fehlen<strong>de</strong>r Spontanatmung<br />
resp. bei Herzfrequenz < 100/<br />
Min. soll das Neugeborene mittels Beutel<br />
und Maske beatmet wer<strong>de</strong>n. Der Kopf wird<br />
dazu in Mittelstellung leicht <strong>de</strong>flektiert<br />
und <strong>de</strong>r Mund etwas geöffnet gehalten.<br />
Bei termingeborenen Kin<strong>de</strong>rn soll die Beamtung<br />
mit Raumluft begonnen wer<strong>de</strong>n<br />
3), 5) . Die ersten 5 Inflationen sollten<br />
über 2–3 Sekun<strong>de</strong>n angehalten wer<strong>de</strong>n um<br />
die Expansion <strong>de</strong>r Lungen zu unterstützen.<br />
Dabei wird <strong>de</strong>r Inspirationsdruck mittels<br />
Manometer am Beutel gemessen; oft genügt<br />
ein Inspirationsdruck zwischen 20–<br />
30 cm H 2<br />
O. Gelegentlich muss jedoch<br />
dieser bei Termingeborenen bis auf 30–40<br />
cm H 2<br />
O erhöht wer<strong>de</strong>n. Falls kein Druckmonitoring<br />
möglich ist, soll soviel Inspirationsdruck<br />
verabreicht wer<strong>de</strong>n, um einen<br />
Anstieg <strong>de</strong>r Herzfrequenz zu erreichen 3), 5) .<br />
Danach wird die Beatmung mit einem <strong>de</strong>n<br />
Bedürfnissen <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s angepassten<br />
Druck (sichtbare Thoraxbewegung, Anstieg<br />
<strong>de</strong>r Herzfrequenz?) und mit einer<br />
Frequenz zwischen 40–60/Min. durchgeführt.<br />
Obwohl bislang keine Studien spezifisch<br />
<strong>de</strong>n Einsatz eines zusätzlichen positiven<strong>de</strong>xpiratorischen<br />
Druckes (PEEP) bei<br />
positiver Druckbeatmung zum Aufbau einer<br />
funktionellen Residualkapazität unmittelbar<br />
nach <strong>de</strong>r Geburt untersucht haben, ist<br />
davon auszugehen, dass die Anwendung<br />
von PEEP vorteilhaft ist und somit benützt<br />
wer<strong>de</strong>n soll, insofern das notwendige Material<br />
vorhan<strong>de</strong>n ist. PEEP kann sehr einfach<br />
mittels T-Stück-Systeme verabreicht<br />
wer<strong>de</strong>n; bei Anwendung eines selbstexpandieren<strong>de</strong>n<br />
Beatmungsbeutels muss zusätzlich<br />
ein PEEP-Ventil aufgesetzt wer<strong>de</strong>n<br />
(Abbildung 4) 3) .<br />
Der Erfolg <strong>de</strong>r Beatmung wird aufgrund<br />
folgen<strong>de</strong>r Kriterien beurteilt:<br />
• Thoraxexkursionen sind sichtbar.<br />
• Als wichtigstes Erfolgszeichen steigt die<br />
Herzfrequenz > 100/Min. an.<br />
• Das Kolorit wird rosig.<br />
Die Beatmung wird solange fortgesetzt bis<br />
das Neugeborene eine regelmässige und<br />
suffiziente Atmung aufgenommen hat.<br />
16
Vol. 23 Nr. 1 2012<br />
Empfehlungen<br />
Abbildung 1: Korrekte Lagerung<br />
Unter fortgesetzter Maskenbeatmung soll<br />
eine Magenson<strong>de</strong> eingelegt wer<strong>de</strong>n, um in<br />
<strong>de</strong>n Magen abgewichene Luft abzuleiten 29) .<br />
Die Larynxmaske hat ihre Wirksamkeit bei<br />
Termingeborenen sowie bei Kin<strong>de</strong>rn<br />
≥ 34 SSW und > 2000 g Geburtsgewicht gezeigt<br />
30), 31) . Somit kann die Larynxmaske als<br />
Alternative für geschultes Personal zur Beatmung<br />
von Termingeborenen betrachtet wer<strong>de</strong>n,<br />
dies vor allem in Situationen, wo eine<br />
Maskenbeatmung o<strong>de</strong>r Intubation nicht erfolgreich<br />
durchgeführt wer<strong>de</strong>n kann b); 3), 5), 6), 32) .<br />
Die korrekt durchgeführte Beatmung mit<br />
Beutel und Maske führt jedoch in <strong>de</strong>n meisten<br />
Situationen zum Erfolg. Zu<strong>de</strong>m kann sie einfacher<br />
erlernt wer<strong>de</strong>n. Allenfalls kann ein<br />
Gü<strong>de</strong>ltubus eingesetzt wer<strong>de</strong>n (z. B. bei Pierre-Robin<br />
Sequenz, Choanalatresie).<br />
Rolle <strong>de</strong>s Sauerstoffes in <strong>de</strong>r<br />
neonatalen Reanimation<br />
Der Einsatz von reinem Sauerstoff (FiO 2<br />
1.0) in <strong>de</strong>r Neugeborenen-Reanimation ist<br />
durch neuere Untersuchungen in Frage<br />
gestellt wor<strong>de</strong>n, da tiefere Sauerstoffkonzentrationen<br />
o<strong>de</strong>r reine Luft (FiO 2<br />
0.21) bei<br />
<strong>de</strong>n meisten Neugeborenen nach <strong>de</strong>r Geburt<br />
ebenso effizient sind wie Sauerstoff in<br />
hoher Konzentration 33)–36) . Besorgnis besteht<br />
bezüglich <strong>de</strong>n möglichen Auswirkungen<br />
von 100% Sauerstoff auf die Atmung,<br />
auf die zerebrale Durchblutung sowie bezüglich<br />
<strong>de</strong>r potenziellen Zellschädigung<br />
durch toxische Sauerstoffradikale, insbeson<strong>de</strong>re<br />
wenn nach einem Zell- und Gewebescha<strong>de</strong>n<br />
durch Hypoxie hohe Sauerstoffkonzentrationen<br />
appliziert wer<strong>de</strong>n. Generell<br />
formuliert soll Sauerstoff als Medikament<br />
betrachtet und damit streng indiziert und<br />
Neugeborene mit Reanimationsbedarf<br />
Termingeborene Kin<strong>de</strong>r sollen primär mit<br />
Raumluft beatmet wer<strong>de</strong>n. Bei normokarb)<br />
Nicht aber bei: Frühgeborenen (< 34 SSW, < 2000 g),<br />
während Herzmassage, bei atem<strong>de</strong>primierten Neugeborenen<br />
mit dick grünem Fruchtwasser.<br />
dosiert wer<strong>de</strong>n. Die überwiegen<strong>de</strong> Mehrheit<br />
<strong>de</strong>r Neugeborenen braucht keinen zusätzlichen<br />
Sauerstoff unmittelbar nach <strong>de</strong>r<br />
Geburt. Eine isolierte periphere Zyanose<br />
bei einem reaktiven Neugeborenen mit<br />
normaler Herzfrequenz stellt keine Indikation<br />
für eine Sauerstoffapplikation dar.<br />
Neuere Daten zeigen, dass bei gesun<strong>de</strong>n<br />
Termingeborenen die präduktale transkutane<br />
Sauerstoffsättigung bei normaler Adaptation<br />
während <strong>de</strong>r ersten 10 Lebensminuten<br />
von 40–60% auf Werte > 90% ansteigt<br />
(Algorithmus) 37)–42) . Wenn Sauerstoff appliziert<br />
wird, muss dies immer mittels transkutaner<br />
präduktaler Sauerstoffsättigung<br />
(tcSaO 2<br />
) kontrolliert und dosiert wer<strong>de</strong>n.<br />
Die angestrebte präduktale tcSaO 2<br />
unter<br />
Sauerstoffapplikation soll nach <strong>de</strong>r 10. Lebensminute<br />
zwischen 90–95% liegen<br />
(FiO 2<br />
↑ wenn tcSaO 2<br />
< 90%, ↓ FiO 2<br />
wenn<br />
tcSaO 2<br />
> 95%).<br />
Neugeborene ohne Reanimationsbedarf<br />
Bei ungenügen<strong>de</strong>r Sauerstoffsättigung (siehe<br />
Algorithmus), respektive bei zentraler<br />
Zyanose nach <strong>de</strong>r 5. Lebensminute mit regelmässiger<br />
Atmung und normaler Herzfrequenz<br />
wird das Neugeborene stimuliert und<br />
Sauerstoff über eine Gesichtsmaske angeboten<br />
(Flow 4–5 l/Min., initale FiO 2<br />
0.30–<br />
0.40). Diese Sauerstoffmaske sollte dicht<br />
und gleichmässig über Mund und Nase<br />
gehalten wer<strong>de</strong>n. Unnötiges Hin- und Herbewegen<br />
<strong>de</strong>r Maske verursacht Fluktuationen<br />
<strong>de</strong>r Sauerstoffkonzentration. Die FiO 2<br />
wird in 10%-Schritten erhöht bis zur Normalisierung<br />
<strong>de</strong>r Sauerstoffsättigung.<br />
Abbildung 2: Mekoniumsapirations-Adapter zum<br />
intratrachealen Absaugen von Mekonium 29)<br />
Abbildung 3: Korrektes Platzieren <strong>de</strong>r Maske<br />
Abbildung 4: Beatmung mit Beutel und Maske.<br />
Achtung: Der Mittelfinger wird auf <strong>de</strong>n<br />
Unterkiefer platziert. Der Mund ist leicht<br />
geöffnet; es soll kein Druck auf <strong>de</strong>n Mundbo<strong>de</strong>n<br />
appliziert wer<strong>de</strong>n.<br />
<strong>de</strong>m, jedoch insuffzient atmen<strong>de</strong>n Kind<br />
richtet sich die Indikation nach zusätzlichem<br />
Sauerstoff nach <strong>de</strong>n transkutanen<br />
Sauerstoffsättigungswerten (mittels präduktaler<br />
Pulsoxymetrie gemessen). Bei<br />
normaler Herzfrequenz und persistieren<strong>de</strong>r<br />
Zyanose soll die Sauerstoffzufuhr so titriert<br />
17
Empfehlungen<br />
Vol. 23 Nr. 1 2012<br />
wer<strong>de</strong>n, dass die Sättigungswerte normal<br />
ansteigen (siehe Algorithmus) c), d); 3), 5) . An<strong>de</strong>rerseits,<br />
falls bei Bradykardie trotz adäquater<br />
Beatmung innert 30 Sekun<strong>de</strong>n keine<br />
Normalisierung <strong>de</strong>r Herzfrequenz eintritt,<br />
soll die Sauerstoffzufuhr rasch auf 100%<br />
erhöht wer<strong>de</strong>n.<br />
Tracheale Intubation<br />
(Abbildung 5, Tabelle)<br />
Bleibt die Herzfrequenz nach 30–60 Sekun<strong>de</strong>n<br />
korrekter Maskenbeatmung unter 100/<br />
Min. o<strong>de</strong>r setzt keine Spontanatmung o<strong>de</strong>r<br />
Besserung <strong>de</strong>s Hautkolorits ein, wird das<br />
Kind intratracheal intubiert. Die Indikation<br />
zur Intubation ist abhängig von <strong>de</strong>r klinischen<br />
Situation (wie z. B. Zwerchfellhernie),<br />
vom Ausmass <strong>de</strong>r Atem<strong>de</strong>pression, von<br />
Gestationsalter, Effizienz <strong>de</strong>r Maskenbeatmung<br />
und – nicht zuletzt – von <strong>de</strong>r Intubationserfahrung.<br />
Eine Intubation sollte nur<br />
durch eine geübte Person ausgeführt wer<strong>de</strong>n.<br />
Die orale Intubation ist einfacher und<br />
rascher; sie ist <strong>de</strong>swegen zur Behebung<br />
einer akuten Hypoxämie und/o<strong>de</strong>r Bradykardie<br />
<strong>de</strong>r nasotrachealen Intubation vorzuziehen.<br />
Die nasale Intubation erlaubt eine<br />
bessere Fixation für einen allfälligen Transport;<br />
sie ist jedoch technisch etwas anspruchsvoller<br />
als die orale Intubation und<br />
sollte nicht im Zustand einer akuten Hypoxie<br />
durchgeführt wer<strong>de</strong>n. Bei Nichtbeherrschen<br />
<strong>de</strong>r Intubation soll das Neugeborene<br />
bis zum Eintreffen einer trainierten Person<br />
Extubation in <strong>de</strong>r Gebärabteilung<br />
In <strong>de</strong>r Gebärabteilung intubierte Frühgeborene<br />
bleiben für <strong>de</strong>n Transport auf die Neonatologie-Abteilung<br />
intubiert. Ausnahmsweise<br />
kann bei Termingeborenen die<br />
Extubation erwogen wer<strong>de</strong>n, wenn die kardiopulmonale<br />
Situation sich normalisiert<br />
hat, das Kind rosig ist (Pulsoxymetrie) und<br />
die Blutgasanalyse normal ist. Bei liegenc)<br />
Neugeborene mit pulmonal-arterieller Hypertonie<br />
o<strong>de</strong>r mit Fehlbildungen wie z. B. Lungenhypoplasie<br />
(Oligohydramnios, Zwerchfellhernie) mögen aufgrund<br />
tierexperimenteller Daten von einer höheren FiO 2<br />
profitieren, wobei insgesamt ungenügend Daten<br />
vorliegen, um dazu präzisere Aussagen zu machen 41) .<br />
d) Die Hyperoxämie ist für Frühgeborene schädlich;<br />
diese können insbeson<strong>de</strong>re bei Sauerstoffsättigungswerten<br />
> 95% auftreten. Deshalb soll <strong>de</strong>r postnatale<br />
Sauerstoffsättigungsanstieg bei Frühgeborenen <strong>de</strong>njenigen<br />
Termingeborener nicht überschreiten. Obwohl<br />
die Datenlage noch nicht ganz klar ist, mag bei<br />
Frühgeborenen zusätzlicher Sauerstoff unmittelbar<br />
nach Geburt nötig und vorteilhaft sein 43)–45) .<br />
Der Einsatz eines Pulsoxymeters soll bei je<strong>de</strong>r Geburt<br />
in Betracht gezogen wer<strong>de</strong>n, wenn beim Neugeborenen<br />
mit Adaptationsstörungen, mit Atemunterstützung<br />
o<strong>de</strong>r mit einem Reanimationsbedarf gerechnet<br />
wer<strong>de</strong>n muss 6) . Mit mo<strong>de</strong>rnen Geräten können die<br />
Sauerstoffsättigung und die Herzfrequenz ab <strong>de</strong>n<br />
ersten Lebensminuten zuverlässig und kontinuierlich<br />
ermittelt wer<strong>de</strong>n 46) . Der Sensor wird dabei an <strong>de</strong>r<br />
rechten Hand o<strong>de</strong>r Handgelenk platziert; somit wird<br />
eine präzise Messung <strong>de</strong>r präduktalen Sauerstoffsättigung<br />
erreicht 39), 42) . Eine schnellere Signalakquisition<br />
kann dadurch erreicht wer<strong>de</strong>n, dass <strong>de</strong>r Sensor zuerst<br />
am Kind befestigt und erst danach mit <strong>de</strong>m Gerät<br />
verbun<strong>de</strong>n wird; in <strong>de</strong>n meisten Fällen kann damit<br />
bereits innert 90 Sekun<strong>de</strong>n eine zuverlässige Messung<br />
erreicht wer<strong>de</strong>n 47) .<br />
mittels Beutel/Maske weiterbeatmet wer<strong>de</strong>n.<br />
Während <strong>de</strong>r Intubation sollte die<br />
Herzfrequenz überwacht wer<strong>de</strong>n. Ein Intubationsversuch<br />
wird bei Auftreten einer<br />
Bradykardie o<strong>de</strong>r nach einem erfolglosen<br />
Versuch nach spätestens 30 Sekun<strong>de</strong>n<br />
abgebrochen.<br />
Die korrekte intratracheale Lage <strong>de</strong>s Endotrachealtubus<br />
muss nach je<strong>de</strong>r Intubation<br />
bestätigt wer<strong>de</strong>n. In <strong>de</strong>n meisten Fällen<br />
kann dies problemlos klinisch durchgeführt<br />
wer<strong>de</strong>n (visuell während <strong>de</strong>r Intubation,<br />
schneller Anstieg <strong>de</strong>r Herzfrequenz und <strong>de</strong>r<br />
Sauerstoffsättigung, Feuchtigkeitsbeschlag<br />
<strong>de</strong>s Tubus, Thoraxbewegung, auskultatorisch<br />
symmetrische Atemgeräusche).<br />
Die Messung <strong>de</strong>r exspiratorischen<br />
CO 2<br />
-Konzentration (z. B. kolorimetrisch) ist<br />
einfach und schnell; sie stellt <strong>de</strong>n Goldstandard<br />
zur Bestätigung <strong>de</strong>r intratrachealen<br />
Intubation dar e); 3), 5), 48) .<br />
Abbildung 5: Oro-tracheale Intubation.<br />
e) Es existieren wenige Daten zum Einsatz <strong>de</strong>r exspiratorischen<br />
CO 2<br />
-Konzentration in <strong>de</strong>r neonatalen<br />
Reanimation. Dennoch ist <strong>de</strong>r positive Nachweis<br />
von CO 2<br />
in <strong>de</strong>r Ausatmungsluft zusätzlich zur klinischen<br />
Beurteilung eine wertvolle Metho<strong>de</strong> zur Bestätigung<br />
<strong>de</strong>r intratrachealen Lage <strong>de</strong>s Tubus 3), 5) ;<br />
ein negatives Resultat weist auf eine ösophageale<br />
Intubation hin. Bei schlechter Lungenperfusion<br />
kann das Resultat <strong>de</strong>r Messung falsch negativ sein.<br />
Beim Einsatz einer kolorimetrischen Metho<strong>de</strong> kann<br />
bei Kontamination <strong>de</strong>s Materials mit Surfactant,<br />
Adrenalin o<strong>de</strong>r Atropin eine falsch positive Angabe<br />
entstehen 6) . In diesem Fall kommt es allerdings, im<br />
Gegensatz zur erfolgreichen Intubation zu einem<br />
dauerhaften, nicht atemsynchronen Farbsignal.<br />
<strong>de</strong>m Tubus soll die Atmung <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s immer<br />
unterstützt und ein PEEP von 5 cm H 2<br />
O<br />
appliziert wer<strong>de</strong>n. Eine Spontanatmung<br />
über <strong>de</strong>n intratracheal liegen<strong>de</strong>n Tubus<br />
kann ohne PEEP zu Atelektasen führen und<br />
soll zwingend vermie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n.<br />
Therapeutische Hypothermie<br />
Neugeborene Kin<strong>de</strong>r ≥ 36 0/7 SSW mit<br />
schwerer neonataler Azidose pH < 7.0 (NA<br />
o<strong>de</strong>r erste BGA postnatal < 1 Std.), BE mehr<br />
als –16 mmol/l und klinischen Zeichen einer<br />
mo<strong>de</strong>raten bis schweren hypoxisch-ischämischen<br />
Enzephalopathie sollten mittels<br />
therapeutischer Hypothermie behan<strong>de</strong>lt<br />
wer<strong>de</strong>n 49) . Dadurch können Mortalität und<br />
neurologisches Outcome signifikant verbessert<br />
wer<strong>de</strong>n 50) . Diese Behandlung soll in<strong>de</strong>s<br />
nur unter strengen Kriterien und nach striktem<br />
Protokoll in neonatalen Intensivabteilungen<br />
durchgeführt wer<strong>de</strong>n 5) . Da das therapeutische<br />
Fenster 6 Stun<strong>de</strong>n beträgt, kann<br />
in Absprache mit <strong>de</strong>m Neonatologie-Zentrum<br />
bis zum Eintreffen <strong>de</strong>r Transport-Equipe<br />
bereits vor Ort jegliche äussere Wärmequelle<br />
ausgeschaltet wer<strong>de</strong>n; und das Neugeborene<br />
soll abge<strong>de</strong>ckt bleiben 51) . Diese Massnahme<br />
soll die initiale Reanimation und<br />
Stabilisierung nicht beeinträchtigen; sie ist<br />
jedoch für die weitere Betreuung wichtig 5) .<br />
Es soll jedoch keine aktive Kühlung z. B.<br />
mittels Eispackungen u. a. m. durchgeführt<br />
wer<strong>de</strong>n, weil solche Eispackungen schnell zu<br />
Unterkühlung führen können. Die rektale<br />
Temperatur soll bis Eintreffen <strong>de</strong>r Transport-<br />
Equipe viertelstündlich kontrolliert wer<strong>de</strong>n;<br />
<strong>de</strong>r Zielbereich liegt zwischen 34–35 °C.<br />
Falls die rektale Temperatur unter diesen<br />
Zielbereich fällt, soll eine Gazewin<strong>de</strong>l auf das<br />
Kind gelegt wer<strong>de</strong>n und die Temperatur nach<br />
einer Viertelstun<strong>de</strong> wie<strong>de</strong>r geprüft wer<strong>de</strong>n.<br />
Die Kühlung während <strong>de</strong>m Transport ins<br />
Zentrum erfolgt gemäss nationalem Transportprotokoll<br />
(https://www.neonet.unibe.<br />
ch/forms_full_asp.html).<br />
Volumen-/Puffer-Therapie<br />
Venöser Zugang<br />
Bei intubierten o<strong>de</strong>r kardiopulmonal instabilen<br />
Neugeborenen muss ein venöser Zugang<br />
gelegt wer<strong>de</strong>n. In dringen<strong>de</strong>n Situationen<br />
und bei Schock wird am besten ein Nabelvenenkatheter<br />
eingelegt (Liste 1). Nach <strong>de</strong>r<br />
Stabilisierung <strong>de</strong>s Kreislaufs wird die Infusion<br />
mittels einer 10%-igen Glukoselösung mit<br />
3 ml/kg/Std. fortgesetzt, entsprechend einer<br />
Glukosezufuhr von 5 mg/kg/Min.<br />
18
Vol. 23 Nr. 1 2012<br />
Empfehlungen<br />
Volumen-Therapie<br />
Bei Vorliegen von Zeichen einer Hypovolämie<br />
o<strong>de</strong>r Kreislaufinsuffizienz wie vermin<strong>de</strong>rte<br />
periphere Durchblutung, schwach palpable<br />
Pulse, Blässe und Tachykardie, muss ein Volumenersatz<br />
(über 5–10 Minuten) erfolgen.<br />
Dazu kommen folgen<strong>de</strong> Lösungen in Frage:<br />
• NaCI 0.9% o<strong>de</strong>r Ringerlaktat (initial<br />
10 ml/kg, Wie<strong>de</strong>rholung je nach Blutdruck<br />
und Klinik).<br />
• Erythrozytenkonzentrat (bei akuter Anämie<br />
ungetestetes 0 Rh negatives Blut<br />
verwen<strong>de</strong>n). Dosierung: 10 ml/kg, evtl.<br />
wie<strong>de</strong>rholen.<br />
Albumin 5% ist als Volumenersatz in <strong>de</strong>r<br />
neonatalen Reanimation kontraindiziert 52) .<br />
Puffer-Therapie<br />
Bei einer metabolischen Azidose soll die<br />
Behandlung <strong>de</strong>r primären Ursache angestrebt<br />
wer<strong>de</strong>n. Die Gabe von Natrium-Bikarbonat<br />
kann schwere Nebenwirkungen verursachen<br />
(paradoxe intrazelluläre Azidose,<br />
osmotisch bedingte Myokard-Dysfunktion,<br />
Vermin<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s zerebralen Blutflusses<br />
und Hirnblutung v. a. bei Frühgeborenen). Es<br />
gibt keine Evi<strong>de</strong>nz für eine Wirksamkeit von<br />
Natrium-Bikarbonat in <strong>de</strong>r initialen Reanimation<br />
<strong>de</strong>s Neugeborenen; <strong>de</strong>swegen ist<br />
diese Behandlung in dieser Phase kontraindiziert<br />
6), 53)–56) .<br />
Herzmassage (Abbildung 6a–c)<br />
Die Beatmung stellt die wichtigste Massnahme<br />
in <strong>de</strong>r neonatalen Reanimation dar;<br />
wird die Beatmung nicht erfolgreich durchgeführt,<br />
wird auch die Herzmassage ineffektiv<br />
bleiben 5) . Eine Herzmassage ist in<br />
<strong>de</strong>r Neugeborenen-Reanimation nur selten<br />
notwendig (< 1 : 1000 Geburten).<br />
Indikationen für die Durchführung <strong>de</strong>r Herzmassage<br />
sind:<br />
• Fehlen<strong>de</strong> Herztöne (Asystolie) f) .<br />
• Bradykardie unter 60/Min. trotz adäquater<br />
Beatmung mit einer FiO 2<br />
von 1.0<br />
während 30 Sekun<strong>de</strong>n.<br />
f) Herzfrequenz durch Auskultation mittels Stethoskop<br />
ermitteln, behelfsmässig mittels Palpation an<br />
<strong>de</strong>r Basis <strong>de</strong>r Nabelschnur. Der Einsatz eines Pulsoxymeters<br />
o<strong>de</strong>r eines EKG-Gerätes ist unter Herzmassage<br />
sinnvoll und hilfreich.<br />
Technik: Bei<strong>de</strong> Daumen wer<strong>de</strong>n nebeno<strong>de</strong>r<br />
übereinan<strong>de</strong>r unterhalb einer Linie<br />
gelegt, die bei<strong>de</strong> Mamillen verbin<strong>de</strong>t (Abbildung<br />
6a, 6b), die an<strong>de</strong>ren Finger umfassen<br />
<strong>de</strong>n ganzen Thorax. Die Tiefe <strong>de</strong>r Kompression<br />
sollte min<strong>de</strong>stens 1/3 <strong>de</strong>s anteroposterioren<br />
Thoraxdurchmessers betragen<br />
(Abbildung 6c). Die Herzmassage kann eine<br />
effektive Beatmung erschweren; daher sollten<br />
bei<strong>de</strong> Massnahmen so koordiniert wer<strong>de</strong>n,<br />
dass sie nicht zusammenfallen 3), 5) . Sie<br />
sollen für die Neonatalzeit (bis 4 Wochen<br />
nach errechnetem Termin) in einem Verhältnis<br />
Kompression: Ventilation von 3 : 1<br />
durchgeführt wer<strong>de</strong>n, mit 90 Kompressionen<br />
und 30 Atemstössen pro Minute; die<br />
Beatmung soll dabei mit 100% Sauerstoff<br />
durchgeführt wer<strong>de</strong>n. Die Herzfrequenz<br />
soll erstmals nach 30 Sekun<strong>de</strong>n Herzmassage<br />
gemessen wer<strong>de</strong>n, ebenso alle 30<br />
Sekun<strong>de</strong>n danach. Die Herzmassage kann<br />
sistiert wer<strong>de</strong>n wenn die spontane Herzfrequenz<br />
> 60/Min. beträgt 5) .<br />
Abbruch <strong>de</strong>r Reanimationsmassnahmen<br />
Sind nach 10 Minuten kontinuierlicher und<br />
adäquater Reanimation keine Lebenszeichen<br />
vorhan<strong>de</strong>n (keine Herzaktion, keine Spontanatmung),<br />
kann ein Abbruch <strong>de</strong>r Reanimationsmassnahmen<br />
gerechtfertigt sein, da in dieser<br />
Situation ein Überleben unwahrscheinlich ist,<br />
respektive mit schwerster neurologischer<br />
Beeinträchtigung assoziiert wäre 3), 6), 57), 58) . Bei<br />
Unsicherheit sollen die Reanimationsmassnahmen<br />
bis zum Eintreffen einer in neonataler<br />
Reanimation kompetenten Person fortgesetzt<br />
und erst nach gemeinsamer Evaluation<br />
sistiert wer<strong>de</strong>n. Nach <strong>de</strong>m Abbruch soll mit<br />
<strong>de</strong>r Neonatologie-Abteilung Kontakt aufgenommen<br />
wer<strong>de</strong>n, um allfällige Abklärungen<br />
abzusprechen.<br />
Betreuung <strong>de</strong>s Neugeborenen<br />
nach Reanimation<br />
Neugeborene, welche einer Reanimation<br />
bedurften, können sich zu einem späteren<br />
Zeitpunkt erneut verschlechtern. Deshalb<br />
muss ein solches Kind nach Erreichen einer<br />
adäquaten Ventilation, Oxygenation und<br />
Kreislaufsituation in eine Umgebung verlegt<br />
wer<strong>de</strong>n, wo ein kontinuierliches Monitoring<br />
und Betreuung gewährleistet sind 3), 5) .<br />
Laboruntersuchungen<br />
in <strong>de</strong>r Gebärabteilung<br />
Die klinische Beurteilung <strong>de</strong>r Adaptation<br />
kann bei Bedarf durch folgen<strong>de</strong> «Labor-Trias»<br />
ergänzt wer<strong>de</strong>n:<br />
Abbildung 6a: Herzmassage (Daumen nebeneinan<strong>de</strong>r).<br />
Achtung: Die Daumen sollen<br />
im distalen Fingergelenk flektiert sein damit<br />
ein vertikaler Druck appliziert wer<strong>de</strong>n<br />
kann, um das Herz zwischen Sternum und<br />
Wirbelsäule zu komprimieren.<br />
Abbildung 6b: Herzmassage (Daumen aufeinan<strong>de</strong>r)<br />
Abbildung 6c: Herzmassage (Kompressionsphase).<br />
Achtung: Es soll soviel Druck<br />
appliziert wer<strong>de</strong>n, um das Sternum um einen<br />
Drittel <strong>de</strong>s antero-posterioren Thoraxdurchmessers<br />
zu senken.<br />
• Blutgasanalyse.<br />
• Hämatokrit.<br />
• Blutzucker.<br />
Eine Blutgasanalyse ist indiziert bei einem<br />
Nabelarterien-pH < 7.15 und bei klinischen<br />
Zeichen einer gestörten Adaptation (neonatale<br />
Warnzeichen).<br />
Ein Hämatokrit sollte bei Polyglobulie-<br />
(Übertragung, Dysmaturität o<strong>de</strong>r peripherer<br />
Zyanose) o<strong>de</strong>r bei Anämieverdacht<br />
19
Empfehlungen<br />
Vol. 23 Nr. 1 2012<br />
(Blässe, Kreislaufinstabilität) bestimmt<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Eine Blutzuckerbestimmung im Gebärzimmer<br />
wird nur bei hypoglykämieverdächtigen<br />
Symptomen o<strong>de</strong>r bei Zeichen einer<br />
diabetischen Fetopathie durchgeführt. In<br />
<strong>de</strong>r frühen Anpassungsphase nach <strong>de</strong>r<br />
Geburt sind tiefe Glukosewerte häufig.<br />
Messungen <strong>de</strong>r Blutglukose in <strong>de</strong>n ersten<br />
2–3 Lebensstun<strong>de</strong>n sind daher bei asymptomatischen,<br />
normalgewichtigen Termingeborenen<br />
irreführend und klinisch nicht<br />
sinnvoll 59) . Bei Neugeborenen mit hypoxisch-ischämischer<br />
Enzephalopathie soll<br />
ein normaler Blutzucker angestrebt (3.0–<br />
4.5 mmol/l) wer<strong>de</strong>n 60) .<br />
Postnataler Transport<br />
von Risiko-Neugeborenen<br />
Ein neonataler Transport sollte, wenn möglich,<br />
durch eine antepartale Verlegung <strong>de</strong>r<br />
Mutter in ein Perinatalzentrum vermie<strong>de</strong>n<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Verlegungsindikationen eines<br />
Neugeborenen in eine Neonatologie-<br />
Abteilung sind:<br />
• Frühgeborenes unter 34 0/7–35 0/7<br />
SSW.<br />
• Geburtsgewicht unter 2000 g.<br />
• Schwere neonatale metabolische Azidose<br />
pH < 7.0 (NA o<strong>de</strong>r erste postnatale<br />
BGA < 1 Lebensstun<strong>de</strong>), BE mehr als<br />
–16 mmol/l, ungeachtet <strong>de</strong>r klinischen<br />
Situation.<br />
• Neugeborene Kin<strong>de</strong>r ≥ 36 0/7 SSW mit<br />
Zeichen einer hypoxisch-ischämischen<br />
Enzephalopathie zur therapeutischen Hypothermie<br />
(nach Absprache mit <strong>de</strong>m<br />
Zentrumsspital, innert ersten 6 Std.)<br />
• Zustand nach Reanimation (Beutelbeatmung<br />
> 5 Min., Intubation, Volumentherapie,<br />
Herzmassage, Medikamente<br />
usw.).<br />
• Kardio-pulmonale Störungen, die 4 Stun<strong>de</strong>n<br />
nach Geburt persistieren.<br />
• Persistieren<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r rezidivieren<strong>de</strong> Hypoglykämie<br />
(< 2.5 mmol/L Schnelltest-Bestimmung)<br />
trotz Frühernährung 59) .<br />
• Verdacht auf Infektion (keine Antibiotika<br />
per os o<strong>de</strong>r i. m.) 61) .<br />
• Krampfanfälle, Entzugsymptomatik.<br />
• Ikterus bei Geburt 62) .<br />
Diese Liste ist nicht abschliessend; unklare<br />
Situationen sollen mit <strong>de</strong>m Perinatalzentrum,<br />
resp. mit <strong>de</strong>r Neonatologie-Abteilung<br />
besprochen wer<strong>de</strong>n. Der Transport soll<br />
durch eine geschulte Transportequipe mit<br />
Transportinkubator durchgeführt wer<strong>de</strong>n.<br />
Vorbereitungen vor <strong>de</strong>m Transport:<br />
• Personalien und Unterlagen <strong>de</strong>r Mutter,<br />
Reanimationsprotokoll.<br />
• Blut <strong>de</strong>r Mutter (10 ml EDTA) und Nabelschnurblut.<br />
• Plazenta asservieren.<br />
• Neonatologie-Abteilung vor Abfahrt telefonisch<br />
vororientieren.<br />
• Kind vor Abfahrt absaugen (inklusive<br />
Magen), Magenson<strong>de</strong> belassen.<br />
• Kind <strong>de</strong>r Mutter bzw. <strong>de</strong>n Eltern zeigen.<br />
• Den Eltern Adresse und Telefonnummer<br />
<strong>de</strong>r Neonatologie-Abteilung hinterlassen.<br />
Betreuung <strong>de</strong>r Eltern<br />
Die Betreuung <strong>de</strong>r Eltern während <strong>de</strong>r Geburt<br />
ist eine wichtige Aufgabe. Diese wird<br />
beson<strong>de</strong>rs anspruchsvoll, wenn die Adaptation<br />
eines Neugeborenen gestört ist, o<strong>de</strong>r<br />
wenn ein Kind mit Fehlbildungen auf die<br />
Welt kommt. Dabei beanspruchen Reanimationsmassnahmen<br />
oft einen breiten<br />
Raum und beeinträchtigen die Kontaktmöglichkeiten<br />
und die Interaktion zwischen<br />
Mutter und Kind. Diese sollte, wenn immer<br />
möglich auch in schwierigen Situationen<br />
geför<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n.<br />
Für viele Eltern ist das Miterleben von Wie<strong>de</strong>rbelebungsmassnahmen<br />
mit Ängsten<br />
und negativen Eindrücken verbun<strong>de</strong>n. In<br />
<strong>de</strong>r akuten Situation können Massnahmen<br />
nicht erklärt und besprochen wer<strong>de</strong>n. Aus<br />
diesen Grün<strong>de</strong>n wird ein Neugeborenes mit<br />
Vorteil in einem separaten Raum ohne Beisein<br />
<strong>de</strong>r Eltern reanimiert. Hier ist eine regelmässige<br />
Information <strong>de</strong>r Eltern über <strong>de</strong>n<br />
Zustand ihres Kin<strong>de</strong>s wie auch über die<br />
vorgenommenen Massnahmen durch das<br />
betreuen<strong>de</strong> Team wichtig 5) . Am besten<br />
wer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Ablauf <strong>de</strong>r Betreuung nach <strong>de</strong>r<br />
Geburt und mögliche Probleme noch vor<br />
<strong>de</strong>r Geburt mit <strong>de</strong>n Eltern besprochen.<br />
Dabei kann auch vereinbart wer<strong>de</strong>n, ob sie<br />
bei einer allfälligen Reanimation dabei sein<br />
können.<br />
fonnummer <strong>de</strong>r Neonatologie-Abteilung<br />
sowie Name einer Kontaktperson, an welche<br />
sich die Eltern für weitere Informationen<br />
wen<strong>de</strong>n können, sollen hinterlassen<br />
wer<strong>de</strong>n. Die Mutter und die Pflegen<strong>de</strong>n<br />
sollen daran erinnert wer<strong>de</strong>n, dass auch in<br />
Krisensituationen die Muttermilchproduktion<br />
durch Abpumpen stimuliert wer<strong>de</strong>n<br />
sollte.<br />
Liste 1<br />
Ausrüstung für eine Spitalgeburt<br />
Einrichtung <strong>de</strong>s Reanimationsplatzes<br />
• Mobile Reanimationseinheit o<strong>de</strong>r fest<br />
installierter Reanimationsplatz.<br />
• Wärmelampe, möglichst warme Umgebungstemperatur,<br />
nicht <strong>de</strong>m Luftzug ausgesetzt.<br />
• Anschlüsse für Strom, Sauerstoff/Druckluft<br />
g) , Vakuum.<br />
• Abstell-/Arbeitsfläche.<br />
• Stoppuhr/Apgar-Uhr.<br />
• Zugang für Transportinkubator.<br />
Beleuchtung<br />
• Helles Licht, wenn möglich im Wärmestrahler<br />
integriert.<br />
Wärmequellen<br />
• Regulierbare Wärmelampe mit festem<br />
Abstand zur Unterlage (keine Rotlichtlampe).<br />
• Genügend warme Tücher/Win<strong>de</strong>ln (keine<br />
elektrischen Wärmekissen).<br />
• Reanimationsplatz frühzeitig vorwärmen.<br />
Absaugvorrichtung<br />
• Mund-Absaugkatheter.<br />
• Vakuumpumpe mit Druckreduktionsventil<br />
auf -200 mbar (–20 kPa, ca. –0.2 atm,<br />
–2 mH 2<br />
O, –150 mmHg) eingestellt.<br />
• Schlauch und Adapter für Absaugkatheter.<br />
• Mekoniumsapirations-Adapter für endotracheales<br />
Absaugen.<br />
• Absaugkatheter Ch 6, 8 und 10.<br />
Sauerstoff- und Gaszufuhr<br />
• Sauerstoffquelle mit Flowmeter, Sauerstoff-Druckluft-Mischgerät<br />
g) , Gasschlauch<br />
zu Gesichtsmaske/Beatmungsbeutel.<br />
Nach einer schwierigen Reanimation soll<br />
genügend Zeit für ein Gespräch eingeräumt<br />
wer<strong>de</strong>n und <strong>de</strong>n Eltern Gelegenheit gegeben<br />
wer<strong>de</strong>n, das Kind zu sehen und zu berühren.<br />
Vor einer Trennung bzw. Verlegung<br />
<strong>de</strong>s Neugeborenen sollte ein Foto für die<br />
Eltern angefertigt wer<strong>de</strong>n. Adresse, Teleg)<br />
An je<strong>de</strong>m Neugeborenen-Reanimationsplatz (nicht<br />
jedoch am Neugeborenen-Platz im Gebärzimmer)<br />
sollen Sauerstoff- und Druckluftanschlüsse sowie<br />
ein Sauerstoff-Mischgerät wie auch ein Pulsoxymeter<br />
vorhan<strong>de</strong>n sein.<br />
20
Vol. 23 Nr. 1 2012<br />
Empfehlungen<br />
• Druckluft.<br />
• Pulsoxymeter h) .<br />
• Sauerstoff-Gesichtsmaske.<br />
Beatmungsausrüstung<br />
• Beatmungsbeutel mit Reservoir und<br />
PEEP-Ventil; plus 1 Beutel in Reserve i) .<br />
• Beatmungsmasken aus Silikon (Grösse<br />
00 und 01); plus 1 Set in Reserve.<br />
• Laryngoskop mit je 1 Spatel 0 und 1; plus<br />
Batterien in Reserve.<br />
• Tuben: Grössen 2.5/3.0/3.5 (mm Innendurchmesser)<br />
für orale und nasale Verwendung,<br />
mit Führungsdraht.<br />
• Magill-Zange.<br />
• Heftpflaster.<br />
• Säuglingsstethoskop.<br />
• Ev. Gue<strong>de</strong>ltubi 00/000.<br />
Ausrüstung zum Legen venöser Zugänge<br />
Periphere Leitung<br />
• Flügelna<strong>de</strong>l 25 und 27 G, Venenverweil-<br />
Kanülen 24 und 26 G.<br />
• Dreiweghahn.<br />
• Verlängerungsstück (spezielle Kin<strong>de</strong>rgrösse).<br />
• Pflaster.<br />
• Lagerungsschiene.<br />
• Je 5 Spritzen à 10 ml, 5 ml, 2 ml und 1 ml.<br />
• Aufziehna<strong>de</strong>ln (18 G).<br />
Nabelvenenkatheter<br />
• Sterile Handschuhe, diverse Grössen.<br />
• Desinfektionsmittel (alkoholisch o<strong>de</strong>r<br />
Octenidin-Phenoxyäthanol), sterile Tupfer.<br />
• Steriles Nabelvenenkatheter-Set: Nabelbändchen,<br />
steriles Schlitztuch, 2 Péan-<br />
Klemmen, grobe und feine anatomische<br />
Pinzette, Schere, Na<strong>de</strong>lhalter (optional),<br />
Skalpell, Fa<strong>de</strong>n (3.0 o<strong>de</strong>r 4.0, evtl. mit<br />
atraumatischer Na<strong>de</strong>l).<br />
• Nabelvenenkatheter Ch 3.5 und 5.<br />
Vorgehen Nabelvenenkatheter<br />
1. Hochhalten <strong>de</strong>r Nabelschnur durch Hilfsperson.<br />
2. Desinfektion.<br />
h) Die transkutane Sauerstoffsättigung zur Überwachung<br />
<strong>de</strong>r Sauerstoff-Therapie muss im Gebärsaal immer<br />
präduktal gemessen wer<strong>de</strong>n, dazu wird <strong>de</strong>r Sensor an<br />
<strong>de</strong>r rechten Hand/Unterarm platziert. Dies im Gegensatz<br />
zur später gemessenen postduktalen Sauerstoffsättigung<br />
zum Ausschluss kongenitaler Herzfehler 63) .<br />
i) Am Reanimationsplatz kann von geschultem Personal<br />
auch ein T-Stück-System eingesetzt wer<strong>de</strong>n. Da dieses<br />
Gerät eine gute Instruktion und einen regelmässigen<br />
Gebrauch bedingt, um sicher und effizient eingesetzt<br />
zu wer<strong>de</strong>n, soll an je<strong>de</strong>m Reanimationsplatz immer<br />
auch ein Beatmungsbeutel samt vollständigem Zubehör<br />
vorhan<strong>de</strong>n sein.<br />
3. Steriles Schlitztuch über Abdomen legen<br />
(Kind muss weiter beobachtet wer<strong>de</strong>n<br />
können).<br />
4. Steriles Nabelbändchen um Hautnabel<br />
bin<strong>de</strong>n, leicht anziehen.<br />
5. Durchtrennen <strong>de</strong>r Nabelschnur mit Skalpell,<br />
ca. 1 cm oberhalb <strong>de</strong>s Hautnabels.<br />
6. I<strong>de</strong>ntifizieren <strong>de</strong>r Nabelvene und <strong>de</strong>r<br />
zwei Nabelarterien.<br />
7. Einführen <strong>de</strong>s mit NaCl 0.9% luftleer<br />
gemachten Nabelvenenkatheters (in <strong>de</strong>r<br />
Regel Ch 5); zur Stabilisierung kann <strong>de</strong>r<br />
Nabel an <strong>de</strong>r Wharton’schen Sulze mit<br />
einer Péan-Klemme gefasst wer<strong>de</strong>n.<br />
8. Einführtiefe richtet sich nach Grösse <strong>de</strong>s<br />
Kin<strong>de</strong>s, im Notfall reichen 4–5 cm (Blut<br />
aspirierbar).<br />
9. Annähen <strong>de</strong>s Katheters mit 4.0 Fa<strong>de</strong>n an<br />
<strong>de</strong>r Wharton’schen Sulze (i<strong>de</strong>al für<br />
Transport) und nicht an <strong>de</strong>r Nabelhaut.<br />
Wenn kein Transport notwendig ist, ev.<br />
Sicherung mit Fa<strong>de</strong>n und Steristrip auf<br />
Bauchhaut.<br />
Übriges Material<br />
• Nabelklemmen.<br />
• Magenson<strong>de</strong>n Grösse Ch 6 und 8.<br />
• Venenverweil-Kanülen 18 G und 20 G (zur<br />
Drainage eines Pneumothorax).<br />
• Apgar-Timer (evtl. Stoppuhr).<br />
• Metermass.<br />
• Thermometer.<br />
Infusionslösungen<br />
• Glukose 10%-Flaschen à 100 ml und<br />
Ampullen à 10 ml.<br />
• NaCI 0.9%-Flaschen à 100 ml und Ampullen<br />
à 10 ml o<strong>de</strong>r Ringerlaktat Flaschen à 100 ml.<br />
Medikamente (Tabelle)<br />
In <strong>de</strong>r neonatalen Reanimation sind Medikamente<br />
selten notwendig, und wenn, dann<br />
am ehesten als Volumenersatz und Adrenalin<br />
3), 6) . Eine Bradykardie <strong>de</strong>s Neugeborenen<br />
ist in <strong>de</strong>r Regel durch eine ungenügen<strong>de</strong><br />
Lungenbelüftung o<strong>de</strong>r durch eine be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong><br />
Hypoxie bedingt 5) . Medikamente sollen<br />
<strong>de</strong>shalb nur nach Sicherstellen einer<br />
korrekten Beatmung in Betracht gezogen<br />
wer<strong>de</strong>n 46) .<br />
Adrenalin 1 : 1000 (1 mg/ml) j)<br />
Falls innert 30 Sekun<strong>de</strong>n trotz adäquater<br />
Beatmung mit 100% Sauerstoff und Herzmassage<br />
die Herzfrequenz < 60/Min.<br />
bleibt, ist die Verabreichung von Adrenalin<br />
sinnvoll 5) .<br />
Dosierung intravenös: 10–30 µg/kg/dosi<br />
(entsprechend 0.1–0.3 ml/kg einer Adrenalin-Lösung<br />
1 : 10000; 1 ml Adrenalin<br />
1 : 1000 + 9 ml NaCI 0.9%).<br />
Dosierung intratracheal: 50 bis maximal<br />
100 µg/kg/dosi 3), 5) .<br />
Naloxon (0.4 mg/ml)<br />
Es besteht keine Evi<strong>de</strong>nz für eine Wirksamkeit<br />
von Naloxon bezüglich Reversion einer<br />
opiatbedingten Atem<strong>de</strong>pression bei Geburt;<br />
unbekannt ist auch, ob Naloxon <strong>de</strong>n<br />
Bedarf an mechanischer Beatmung in <strong>de</strong>r<br />
Gebärabteilung reduziert. Auch existieren<br />
Be<strong>de</strong>nken bezüglich langfristiger Sicherheit;<br />
somit kann Naloxon nicht als Routinemedikation<br />
bei atem<strong>de</strong>primierten Neugeborenen<br />
in <strong>de</strong>r Gebärabteilung empfohlen<br />
wer<strong>de</strong>n 64) . Atemunterstützen<strong>de</strong> Massnahmen<br />
und mechanische Beatmung sollen in<br />
erster Linie eingesetzt wer<strong>de</strong>n. Allfällige<br />
Indikation: Bei Neugeborenen mit Atem<strong>de</strong>pression,<br />
<strong>de</strong>ren Mütter ein Opiat-Präparat<br />
innerhalb von 4 Stun<strong>de</strong>n vor <strong>de</strong>r Geburt<br />
erhalten haben. Dosierung: 0.1 mg/kg<br />
j) Es existieren keine Studien zur hochdosierten Adrenalin-Verabreichung<br />
(100 µg/kg/Dosis) beim<br />
Neugeborenen 56) . Deshalb und aufgrund potentieller<br />
Nebenwirkungen wird diese Dosierung nicht<br />
empfohlen. Obwohl in <strong>de</strong>r neonatalen Reanimation<br />
die Intubation meist vor <strong>de</strong>m Legen eines venösen<br />
Zuganges (Nabelvenenkatheter) durchgeführt wird,<br />
soll wo möglich die intravenöse Applikation von<br />
Adrenalin <strong>de</strong>r intratrachealen vorgezogen wer<strong>de</strong>n.<br />
Wird Adrenalin repetitiv intravenös gegeben, soll<br />
die normale Dosierung gewählt wer<strong>de</strong>n 3), 5) .<br />
21
Empfehlungen<br />
Vol. 23 Nr. 1 2012<br />
Trachealtubus<br />
2 kg<br />
34 SSW<br />
3 kg<br />
37 SSW<br />
4 kg<br />
40 SSW<br />
Tubusgrösse ID 3.0 ID 3.5 ID 3.5<br />
Einführtiefe oral 8 9 10<br />
Einführtiefe nasal 9.5 10.5 11.5<br />
Medikamente Dosis Zubereitung/Indikation 2 kg<br />
34 SSW<br />
Adrenalin 1 : 1000<br />
(Amp. à 1 mg/ml)<br />
NaCl 0.9%<br />
Ringerlaktat<br />
Glukose 10%<br />
Intravenöse Dosierung<br />
10–30 mcg/kg i. v.<br />
Intratracheale Dosierung<br />
50–100 mcg/kg i. tr.<br />
1 ml + 9 ml NaCl 0.9%<br />
(1 : 10 000 d. h. 1 ml = 100 mcg)<br />
3 kg<br />
37 SSW<br />
4 kg<br />
40 SSW<br />
0.2–0.6 ml 0.3–0.9 ml 0.4–1.2 ml<br />
1–2 ml 1.5–3 ml 2–4 ml<br />
10 ml/kg Volumenbolus 20 ml 30 ml 40 ml<br />
4–6 mg/kg/Min.<br />
2 ml/kg<br />
Glukose-Infusion<br />
symptomatische Hypoglykämie<br />
6 ml/h<br />
4 ml<br />
9 ml/h<br />
6 ml<br />
12 ml/h<br />
8 ml<br />
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o<strong>de</strong>r subkutan) k) . Die Halbwertszeit<br />
von Naloxon ist meistens kürzer als<br />
diejenige <strong>de</strong>s Opiat-Präparates, <strong>de</strong>swegen<br />
ist zwingend eine Monitor-Überwachung in<br />
<strong>de</strong>n ersten 24 Stun<strong>de</strong>n notwendig.<br />
Kontraindikation: Kin<strong>de</strong>r von opiat-abhängigen<br />
Müttern (Anamnese!).<br />
Cave: Naloxon-Neonatal (0.02 mg/ml) soll<br />
nicht mehr verwen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n.<br />
Liste 2<br />
Min<strong>de</strong>stausrüstung für eine Hausgeburt<br />
• Telefonverbindung (Nummer von Ambulanz<br />
und Spital bekannt).<br />
• Raumheizung und gutes Licht.<br />
• Gepolsterte Oberfläche auf Tischhöhe.<br />
• Handtücher und Handschuhe.<br />
• Mund-Absaugkatheter.<br />
• Beatmungsbeutel (z. B. Baby-Ambu- o<strong>de</strong>r<br />
Laerdal-Beutel mit Reservoir) und Masken<br />
(z. B. Laerdal-Masken Nr. 00 und 01).<br />
• Sauerstoff-Gesichtsmaske und O 2<br />
-Verbindungsschlauch.<br />
• Sauerstoffflasche mit Flowmeter (bis<br />
6–10 l/Min.).<br />
• Plastik-Folie.<br />
• Pulsoxymeter.<br />
• Reanimationsprotokoll.<br />
• Nabelklemme, Nabelschere.<br />
• Stoppuhr/Apgar-Uhr.<br />
• Stethoskop.<br />
• Thermometer.<br />
• Blutzuckermessgerät.<br />
k) Die von <strong>de</strong>r AAP empfohlene Naloxon-Dosierung<br />
von 0.1 mg/kg ist nicht evi<strong>de</strong>nzbasiert 65) .<br />
Dank<br />
Diese Empfehlungen wur<strong>de</strong>n allen Mitglie<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r<br />
Schweizerischen Gesellschaft für Neonatologie unterbreitet;<br />
ebenso wur<strong>de</strong>n diese Empfehlungen <strong>de</strong>m Vorstand<br />
<strong>de</strong>r Schweizerischen Gesellschaft für Gynäkologie<br />
und Geburtshilfe (SGGG), <strong>de</strong>r Schweizerischen Gesellschaft<br />
für Anästhesiologie und Reanimation (SGAR), <strong>de</strong>r<br />
Schweizerischen Gesellschaft für Pädiatrie (SGP) sowie<br />
<strong>de</strong>m Schweizerischen Hebammenverband (SHV) zur<br />
Vernehmlassung vorgelegt. Wir danken allen, die zur Revision<br />
dieser Empfehlungen beigetragen haben. Alle Figuren<br />
wur<strong>de</strong>n von Herrn Stefan Schwyter vom Graphik-<br />
Dienst <strong>de</strong>s Departements Chirurgie am Universitätsspital<br />
Zürich gezeichnet.<br />
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Database of Systematic Reviews 2006: CD004864.<br />
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55) Lokesh L, Kumar P, Murki S, Narang A. A randomized<br />
controlled trial of sodium bicarbonate in<br />
neonatal resuscitation-effect on immediate outcome.<br />
Resuscitation 2004; 60: 219–23.<br />
56) Wyckoff MH, Perlman JM. Use of high-dose epinephrine<br />
and sodium bicarbonate during neonatal<br />
resuscitation: is there proven benefit? Clin Perinatol<br />
2006; 33: 141–51.<br />
57) Haddad B, Mercer BM, Livingston JC, Talati A, Sibai<br />
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babies born with apgar scores of 0 at both 1 and 5<br />
minutes. Am J Obstet Gynecol 2000; 182: 1210–4.<br />
58) Jain L, Ferre C, Vidyasagar D, Nath S, Sheftel D.<br />
Cardiopulmonary resuscitation of apparently stillborn<br />
infants: survival and long-term outcome. J<br />
Pediatr 1991; 118: 778–82.<br />
59) Schweizerische Gesellschaft für Neonatologie.<br />
Betreuung von Neugeborenen ≥ 34 0/7 SSW mit<br />
erhöhtem Hypoglykämierisiko o<strong>de</strong>r Hypoglykämie<br />
im Gebärsaal und in <strong>de</strong>r Wochenbettstation. Paediatrica<br />
2007; 18: 15–7.<br />
60) Salhab WA, Wyckoff MH, Laptook AR, Perlman JM.<br />
Initial hypoglycemia and neonatal brain injury in<br />
term infants with severe fetal aci<strong>de</strong>mia. Pediatrics<br />
2004; 114: 361–6.<br />
61) Kind C. Betreuung <strong>de</strong>s Neugeborenen von Müttern,<br />
die mit Streptokokken <strong>de</strong>r Gruppe B kolonisiert<br />
sind. Paediatrica 2002; 11: 28–9.<br />
62) Schweizerische Gesellschaft für Neonatologie. Abklärung<br />
und Behandlung von ikterischen Neugeborenen<br />
ab 35 0/7 Schwangerschaftswochen. Revidierte<br />
Empfehlungen <strong>de</strong>r Schweizerichen Gesellschaft für<br />
Neonatologie. Paediatrica 2006; 17: 26–9.<br />
63) Arlettaz R, Bauersfeld U. Empfehlungen zum neonatalen<br />
Screening kongenitaler Herzfehler. Paediatrica<br />
2005; 16: 34–7.<br />
64) Guinsburg R, Wyckoff MH. Naloxone during neonatal<br />
resuscitation: acknowledging the unknown. Clin<br />
Perinatol 2006; 33: 121–32.<br />
65) American Aca<strong>de</strong>my of Pediatrics Committee on<br />
Drugs. Naloxone dosage and route of administration<br />
for infants and children: ad<strong>de</strong>ndum to emergency<br />
drug doses for infants and children. Pediatrics<br />
1990; 86: 484–5.<br />
Korrespon<strong>de</strong>nzadresse<br />
Prof. Dr. J.-C. Fauchère<br />
Klinik für Neonatologie Universitätsspital<br />
8091 Zürich<br />
Tel. 044 255 35 84<br />
Fax 044 255 44 42<br />
jean-clau<strong>de</strong>.fauchere@usz.ch<br />
23
Empfehlungen<br />
Vol. 23 Nr. 1 2012<br />
Stationäre multiprofessionelle Therapie<br />
<strong>de</strong>r schweren Adipositas im Kin<strong>de</strong>s- und<br />
Jugendalter<br />
Mitteilung zum Stand <strong>de</strong>r Vernehmlassung zum Vorschlag für einen<br />
Konsensus <strong>de</strong>r Schweizerischen Gesellschaft für Pädiatrie,<br />
Paediatrica 22 (4): 6–12.<br />
Dagmar l’Allemand, St. Gallen<br />
Zum o. g. Artikel, <strong>de</strong>r besser Vorschlag für<br />
einen Konsensus genannt wor<strong>de</strong>n wäre,<br />
gingen 2 Bemerkungen ein, die zu inhaltlichen<br />
Konkretisierungen führten, insbeson<strong>de</strong>re,<br />
dass die stationären Programme für<br />
Kin<strong>de</strong>r und Jugendliche bis zum 19. Geburtstag<br />
gelten sollen. Die A-Klinikchefs,<br />
<strong>de</strong>nen die Durchführung <strong>de</strong>r Therapieprogramme<br />
ja zur Hauptsache obliegen wird,<br />
wur<strong>de</strong>n geson<strong>de</strong>rt schriftlich informiert<br />
und um Stellungnahme angefragt. Die vollständigen<br />
Dokumente sind auf <strong>de</strong>r Webseite<br />
publiziert.<br />
Die weiteren Schritte beruhen nun, in Absprache<br />
mit <strong>de</strong>n A-Klinik-Chefs, in <strong>de</strong>r Beantragung<br />
<strong>de</strong>r neuen Leistung beim Bun<strong>de</strong>samt<br />
für Gesundheit, <strong>de</strong>m Erstellen eines<br />
Finanzierungsplanes und <strong>de</strong>n Krankenkassenverhandlungen.<br />
In Anbetracht <strong>de</strong>s damit<br />
verbun<strong>de</strong>nen Aufwands ist mit einer Umsetzung<br />
nicht vor 2015 zu rechnen.<br />
Wir danken <strong>de</strong>n Mitglie<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r SGP für die<br />
Unterstützung <strong>de</strong>r AG Adipositas.<br />
Korrespon<strong>de</strong>nzadresse<br />
Dagmar l’Allemand<br />
Pädiatrische Endokrinologie/Diabetologie<br />
Ostschweizer Kin<strong>de</strong>rspital<br />
9006 St. Gallen<br />
Josef Laimbacher<br />
Chefarzt Jugendmedizin<br />
Leiter AG Adipositas<br />
Ostschweizer Kin<strong>de</strong>rspital<br />
Claudiusstrasse 6<br />
9006 St. Gallen<br />
Bruno H. Knöpfli<br />
FMH Pädiatrie<br />
Pneumologie und Sportmedizin<br />
Albisrie<strong>de</strong>rplatz 10<br />
8004 Zürich<br />
24
Vol. 23 Nr. 1 2012<br />
Fortbildung<br />
Betreuung <strong>de</strong>r hypoxisch-ischämischen<br />
Enzephalopathie <strong>de</strong>s Termingeborenen<br />
Therapeutische Hypothermie und Schaffung eines nationalen<br />
Registers für neonatale Asphyxie<br />
Anita Truttmann, Lausanne, und Cornelia Hagmann, Zürich<br />
führen, die therapeutischen Massnahmen<br />
zugänglich sind (Latenzfenster). Die wesentliche<br />
Rolle <strong>de</strong>r therapeutischen Hypothermie<br />
besteht in <strong>de</strong>r Vermin<strong>de</strong>rung dieses<br />
sekundären Energie<strong>de</strong>fizites (second<br />
energy failure).<br />
Klinik <strong>de</strong>r hypoxischischämischen<br />
Enzephalopathie<br />
Einführung<br />
Die hypoxisch-ischämische Enzephalopathie<br />
(HIE) als Folge einer neonatalen Asphyxie<br />
stellt eine relativ häufige Komplikation dar,<br />
belastet mit einer be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>n Mortalität<br />
und neurologischen Morbidität. Die Inzi<strong>de</strong>nz<br />
wird in <strong>de</strong>n industrialisierten Län<strong>de</strong>rn auf 0.5<br />
bis 6‰ Lebendgeburten geschätzt, die mittel<br />
bis sehr schweren Fälle stellen dabei über die<br />
Hälfte dar 1) . Obwohl die Forschung laufend<br />
Fortschritte macht, hat sich bisher keine<br />
einzige pharmakologische Behandlung als<br />
erfolgreich erwiesen 2), 3) . Seit einigen Jahren<br />
belegen mehrere Studien, für die Zielgruppe<br />
<strong>de</strong>r mittelschwer betroffenen Patienten, die<br />
Wirksamkeit <strong>de</strong>r gemässigten Hypothermie<br />
4)–8) ; diese Therapie wird zurzeit in <strong>de</strong>r<br />
Mehrzahl <strong>de</strong>r neonatologischen Intensivstationen<br />
<strong>de</strong>r Schweiz und weltweit angewandt.<br />
Pathophysiologie<br />
Man unterschei<strong>de</strong>t bei <strong>de</strong>r Entstehung hypoxisch-ischämischer<br />
Läsionen zwei kritische<br />
Phasen: 1) die Hypoxie an sich, oft im<br />
Zusammenhang mit Ereignissen wie Uterusruptur,<br />
Nabelschnurvorfall, Plazentarablösung<br />
u. a., was auf Zellebene zu einem<br />
ersten Abfall <strong>de</strong>r energetischen Substrate<br />
(ATP, Phosphokreatin) führt, gemeinhin<br />
primäres Energie<strong>de</strong>fizit genannt, und in <strong>de</strong>n<br />
ersten Stun<strong>de</strong>n nach <strong>de</strong>m kritischen Ereignis<br />
eintritt und 2) die Wie<strong>de</strong>rherstellung <strong>de</strong>r<br />
Perfusion durch die Reanimation <strong>de</strong>s Neugeborenen,<br />
wodurch es auch zur Zirkulation<br />
toxischer Elemente kommt (z. B. oxidativer<br />
Stress durch freie Sauerstoffradikale) 2), 6) ,<br />
die in <strong>de</strong>n Zellen ein sekundäres Energie<strong>de</strong>fizit<br />
hervorrufen, mit einem Maximum zwischen<br />
24 und 48 Stun<strong>de</strong>n nach <strong>de</strong>m ursprünglichen<br />
Ereignis (siehe Schema 1). Je<br />
nach Schwere <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Phasen kann es<br />
zu verschie<strong>de</strong>nen Arten von Zelltod kommen<br />
2), 9) : Rasch eintreten<strong>de</strong> und irreversible<br />
neuronale Nekrose o<strong>de</strong>r sog. programmierte<br />
und verzögerte Formen von Zelltod<br />
(Apoptose und autophagisch hervorgerufener<br />
Zelltod) 10), 11) , die zu langsamer verlaufen<strong>de</strong>n,<br />
teilweise reversiblen Prozessen<br />
Die Klinik <strong>de</strong>r hypoxisch-ischämischen Enzephalopathie<br />
wur<strong>de</strong> durch <strong>de</strong>n Neuropathologen<br />
Harvey Sarnat in <strong>de</strong>n 70er Jahren<br />
genau beschrieben 13) und wird auf <strong>de</strong>m europäischen<br />
Kontinent noch oft benutzt.<br />
Sarnat beschrieb drei Stadien <strong>de</strong>s Hirnbefalls,<br />
I, II, III, vom leichteren bis hin zum<br />
schwersten Befall. Stadium I kennzeichnet<br />
sich durch neurologische Erregbarkeit,<br />
reichliche Sekretproduktion und Mydriase,<br />
dauert oft nur 24 Stun<strong>de</strong>n, ist we<strong>de</strong>r mit<br />
Krämpfen noch Hirnläsionen verbun<strong>de</strong>n<br />
und hat damit eine gute Prognose. Stadium<br />
III ist das schwerste; <strong>de</strong>r Patient ist komatös,<br />
lei<strong>de</strong>t an einer Dysregulation <strong>de</strong>s<br />
Atemzentrums, selten an Krampfanfällen,<br />
an einem Verlust <strong>de</strong>r archaischen und peripheren<br />
Reflexe, die elektrische Hirnaktivität<br />
ist häufig flach und die Prognose im<br />
Allgemeinen sehr schlecht, was oft zum<br />
Unterbruch <strong>de</strong>r Intensivbehandlung führt,<br />
mit einer Mortalität von über 90% einhergehend.<br />
Man schätzt die Zahl <strong>de</strong>r jährlich in<br />
<strong>de</strong>r Schweiz an einem Stadium Sarnat III<br />
infolge neonataler Asphyxie verstorbenen<br />
Kin<strong>de</strong>r auf ca. 20, wobei genaue Daten je-<br />
ATP + phosphocreatin<br />
Necrose<br />
Primärer<br />
Energie<strong>de</strong>fizit<br />
Therapeutisches<br />
Fenster<br />
Latenzphase<br />
Programmierter Zelltod<br />
Sekundärer<br />
Energie<strong>de</strong>fizit<br />
Hypoxie-<br />
Ischämie<br />
Reperfusion<br />
6 Stun<strong>de</strong>n<br />
Tage….<br />
Schema 1: Pathophysiologische Mechanismen <strong>de</strong>r perinatalen Asphyxie und neuroprotektive Wirkung <strong>de</strong>r Hypothermie. Dieses Schema<br />
illustriert die drei wichtigsten Phasen <strong>de</strong>r sekundären Mechanismen einer schweren Asphyxie: Primäres Energie<strong>de</strong>fizit, Latenzphase und<br />
sekundäres Energie<strong>de</strong>fizit. Das therapeutische Fenster liegt vor Beginn <strong>de</strong>s sekundären Energie<strong>de</strong>fizits.<br />
25
Fortbildung<br />
Vol. 23 Nr. 1 2012<br />
Abbildung 1 (A und B): Die Photos zeigen ein Neugeborenes im Alter von 24 Stun<strong>de</strong>n, unter aktiver Hypothermie, mit angeschlossenem<br />
aEEG-Monitoring. Das Kind ist in eine kühlen<strong>de</strong> Matratze gewickelt; man beachte, dass es lediglich leicht sediert ist und spontan atmet.<br />
doch fehlen. Das Stadium Sarnat II ist am<br />
problematischsten, sowohl diagnostisch<br />
als auch prognostisch. Der Befall ist mittelschwer:<br />
Erhebliche neurologische Befun<strong>de</strong>,<br />
eher hypoton o<strong>de</strong>r gar lethargisch, Tonus<br />
vorwiegend parasympathisch, Pupillen eher<br />
in Miosis, relative Bradycardie, wenig Sekretproduktion<br />
und in <strong>de</strong>n meisten Fällen<br />
elektroenzephalographisch sowie klinisch<br />
feststellbare Krämpfe bei abnormer Grundaktivität<br />
mit alternierend spannungsarmen<br />
Abschnitten; häufig en<strong>de</strong>nd in einem burst<br />
suppression Muster. Die Behandlung mittels<br />
Hypothermie richtet sich vor allem an<br />
diese Patientengruppe, lei<strong>de</strong>n doch ca. 50%<br />
<strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r mit einem Sarnat II langfristig an<br />
mittel bis schweren neurologischen Schä<strong>de</strong>n<br />
vom Typ motorische Zerebralparese,<br />
und/o<strong>de</strong>r Taubheit, und/o<strong>de</strong>r schwerer<br />
Entwicklungsrückstand mit o<strong>de</strong>r ohne Epilepsie,<br />
während 50% keine o<strong>de</strong>r nur leichtere<br />
neurologische Ausfälle aufweisen.<br />
Zur Beurteilung können auch klinische Scores<br />
wie <strong>de</strong>r Thompson Score 14) benutzt<br />
wer<strong>de</strong>n, ihre Validierung ist jedoch noch<br />
ungenügend. Die Langzeitprognose hat sich<br />
dank neuerer Techniken <strong>de</strong>r Bildgebung wie<br />
die Spektroskopie-Magnetresonanz (MRS)<br />
und die Diffusion-gewichtete Bildgebung<br />
(Diffusion-weighted Imaging), die eine frühzeitige<br />
Darstellung <strong>de</strong>r Hirnschä<strong>de</strong>n erlauben,<br />
verbessert, ihre Interpretation verlangt<br />
aber eine grosse Erfahrung und<br />
gehört in die Hän<strong>de</strong> von Experten <strong>de</strong>r Neugeborenenbildgebung<br />
15) .<br />
Evi<strong>de</strong>nz <strong>de</strong>r Hypothermie<br />
In <strong>de</strong>n letzten Jahren wur<strong>de</strong>n Studien zur<br />
mässigen Hypothermie beim Tier und Menschen<br />
durchgeführt 4), 5), 7), 8) . Die neuroprotektive<br />
Wirkung <strong>de</strong>r Hypothermie scheint multipel<br />
zu sein, z. B. Schutz gegen Exzitotoxine,<br />
freie Radikale, vor Krämpfen, vor allem aber<br />
durch Herabsetzung <strong>de</strong>s Hirnmetabolismus<br />
um 5–7% pro 1 °C Hypothermie 12) . Die Hypothermie<br />
stellt im übrigen beim Neugeborenen<br />
eine physiologische Antwort dar, die<br />
durch die Behandlung unterstützt wird.<br />
Es wur<strong>de</strong>n bisher 4 Hauptpunkte erwiesen:<br />
1. Der Behandlungsbeginn (≤ 6 Stun<strong>de</strong>n<br />
nach <strong>de</strong>m primären Ereignis).<br />
2. Dauer <strong>de</strong>r Behandlung (min<strong>de</strong>stens 72 Std.).<br />
3. Tiefe <strong>de</strong>r Hypothermie (33–34 °C rektal).<br />
4. Zielgruppe (Sarnat II und III).<br />
Schliesslich wur<strong>de</strong> nachgewiesen, dass die<br />
allgemeine Ganzkörper-Hypothermie <strong>de</strong>r<br />
lokalen Hirnhypothermie überlegen ist 8) . Die<br />
Studienresultate ergeben eine signifikante<br />
Vermin<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Mortalität sowie eine<br />
Verbesserung <strong>de</strong>r psychomotorischen Entwicklung<br />
bei diesen Patienten im Alter von<br />
18 Monaten. Es müssen im Durchschnitt 6<br />
Behandlungen durchgeführt wer<strong>de</strong>n, um einen<br />
Patienten zu verbessern (number nee<strong>de</strong>d<br />
to treat: 6) 8) . Die aktuellen Empfehlungen<br />
gehen dahin, die Hypothermiebehandlung<br />
bei Patienten mit einer hypoxisch-ischämische<br />
Enzephalopathie (HIE) Sarnat II und III<br />
im Rahmen eines standardisierten Protokolles<br />
auf Intensivpflegestationen Niveau III<br />
gemäss strikten klinischen und elektrophysiologischen<br />
Kriterien und unter Einschluss<br />
einer Langzeitbeobachtung durchzuführen.<br />
Kühlungsmetho<strong>de</strong>n<br />
Drei Phasen <strong>de</strong>r Hypothermietherapie wer<strong>de</strong>n<br />
unterschie<strong>de</strong>n: 1) Erreichen <strong>de</strong>r Zieltemperatur,<br />
2) Erhaltung <strong>de</strong>r Hypothermie<br />
während 72 Stun<strong>de</strong>n und 3) Wie<strong>de</strong>rerwärmung<br />
zur Normothermie während 8 Stun<strong>de</strong>n.<br />
Die i<strong>de</strong>ale Kühlungsmetho<strong>de</strong> sollte<br />
folgen<strong>de</strong> Eigenschaften haben: Die Zieltemperatur<br />
sollte so schnell wie möglich erreicht<br />
wer<strong>de</strong>n können (½ Stun<strong>de</strong>), die Körpertemperatur<br />
sollte während 72 Stun<strong>de</strong>n<br />
im Zielbereich ohne grosse Temperaturschwankungen<br />
erhalten wer<strong>de</strong>n können<br />
und eine langsame Erwärmung (0.2 bis<br />
0.5 °C pro Stun<strong>de</strong>) sollte möglich sein.<br />
Passive Kühlung beinhaltet, dass je<strong>de</strong> zusätzliche<br />
Wärmequelle wie z. B. Inkubatorheizung<br />
ausgeschaltet wird. Aktive Kühlung be<strong>de</strong>utet,<br />
dass eine manuell steuerbare, semi-automatische<br />
o<strong>de</strong>r servo-kontrollierte Kühlungsmetho<strong>de</strong><br />
verwen<strong>de</strong>t wird, um die Zieltemperatur<br />
zu erreichen und zu erhalten. Entwe<strong>de</strong>r wird<br />
eine Matratze o<strong>de</strong>r ein «wrap» verwen<strong>de</strong>t<br />
(Abbildung 1), welche durch zirkulieren<strong>de</strong>s<br />
Wasser gekühlt o<strong>de</strong>r erwärmt wer<strong>de</strong>n können<br />
16) . Servo-kontrollierte Metho<strong>de</strong>n zeigen<br />
eine bessere Kontrolle <strong>de</strong>r Körpertemperatur<br />
als semi-automatische Metho<strong>de</strong>n 17) .<br />
Für die selektive Kopfkühlung wird ein<br />
«cooling cap» verwen<strong>de</strong>t 7) ; diese Metho<strong>de</strong><br />
26
Vol. 23 Nr. 1 2012<br />
Fortbildung<br />
Abbildung 2: Karte <strong>de</strong>r Schweiz mit <strong>de</strong>n 9 Zentren mit Niveau III, welche die Hypothermietherapie<br />
beim Neugeborenen im Rahmen <strong>de</strong>s nationalen Registers durchführen.<br />
<strong>de</strong>r Kühlung ist sehr aufwendig. Wichtig ist,<br />
während je<strong>de</strong>r Phase <strong>de</strong>r Kühlung, die rektale<br />
Körpertemperatur kontinuierlich zu<br />
messen, um eine Unterkühlung zu vermei<strong>de</strong>n<br />
und während <strong>de</strong>r Erwärmungsphase<br />
eine Überwärmung zu vermei<strong>de</strong>n.<br />
«National cooling and asphyxia<br />
register»<br />
Obwohl genügend Evi<strong>de</strong>nz vorliegt, dass die<br />
Hypothermietherapie neuroprotektiv ist,<br />
sind die Langzeiteffekte dieser Metho<strong>de</strong><br />
noch nicht bekannt. Deshalb sollten alle<br />
Kin<strong>de</strong>r gemäss einem standardisierten Protokoll<br />
gekühlt und monitorisiert wer<strong>de</strong>n und<br />
in einem nationalen Register erfasst wer<strong>de</strong>n,<br />
sodass eine Qualitätskontrolle durchgeführt<br />
wer<strong>de</strong>n kann und adverse events<br />
und Langzeitverläufe erfasst wer<strong>de</strong>n können.<br />
Seit <strong>de</strong>m Frühjahr 2011 existiert in <strong>de</strong>r<br />
Schweiz ein solches «National cooling and<br />
asphyxia register». Ein Ziel dieses Registers<br />
ist es, alle asphyktischen Termingeborenen,<br />
gekühlt o<strong>de</strong>r nicht gekühlt, welche in<br />
<strong>de</strong>n tertiären neonatologischen Abteilungen<br />
<strong>de</strong>s Swiss Neonatal Network (siehe<br />
Abbildung 2) betreut wur<strong>de</strong>n, zu erfassen<br />
Abbildung 3 (A und B): Klassisches MRI eines Neugeborenen mit einer mittelschweren Enzephalopathie,<br />
80 Stun<strong>de</strong>n nach <strong>de</strong>m asphyktischen Ereignis. Diffusionsbil<strong>de</strong>r mit hyperintensen<br />
Zonen: Motorischer Kortex beidseits (A), Pallidum, Thalamus und Corpus callosum<br />
(B), die im Alter von 10 Tagen mit <strong>de</strong>r konventionellen Technik bestätigt wur<strong>de</strong>n. Das Kind<br />
lei<strong>de</strong>t im Alter von 3½ Jahren an einer schweren spastischen Cerebralparese. Das Kind<br />
wur<strong>de</strong> vor Einführung <strong>de</strong>r Hypothermiebehandlung geboren.<br />
und langzeit zu verfolgen. Ein Hypothermieprotokoll,<br />
Elterninformationsblätter und<br />
Datenerfassungsblätter wur<strong>de</strong>n verfasst<br />
und sind online erhältlich (http://www.neonet.unibe.ch/forms_full_asp.html).<br />
Termingeborene<br />
und «near term infants», welche<br />
weniger als 6 Stun<strong>de</strong>n alt sind und<br />
welche Behandlungskriterien (A und B) erfüllen,<br />
sollten für eine Hypothermiebehandlung<br />
beurteilt wer<strong>de</strong>n.<br />
A. Neugeborene ≥ 36 SSW, welche auf einer<br />
neonatologischen Abteilung aufgenommen<br />
wur<strong>de</strong>n und min<strong>de</strong>stens 2 <strong>de</strong>r<br />
folgen<strong>de</strong>n Kriterien erfüllen:<br />
1. Apgar ≤ 5 um (5)10 Minuten.<br />
2. Reanimationsmassnahmen im Alter<br />
von 10 Minuten nach Geburt: Intubation-<br />
o<strong>de</strong>r Maskenbeatmung (Zeichen<br />
einer sekundärer Apnoe).<br />
3. Azidose innert 60 Minuten nach Geburt<br />
<strong>de</strong>finiert als Nabelschnurblut-pH,<br />
arterieller o<strong>de</strong>r kapillärer pH < 7.00.<br />
4. Basen<strong>de</strong>fizit ≥ 16 mmol/l im Nabelschnurblut<br />
o<strong>de</strong>r in arteriellem, venösem<br />
o<strong>de</strong>r kapillärem Blut innert <strong>de</strong>n<br />
ersten 60 Minuten nach Geburt.<br />
5. Laktat ≥ 12 mmol/l im Nabelschnurblut<br />
o<strong>de</strong>r in arteriellem, venösem<br />
o<strong>de</strong>r kapillärem Blut innert <strong>de</strong>n ersten<br />
60 Minuten nach Geburt.<br />
B. Krampfanfälle o<strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rate/schwere<br />
Enzephalopathie <strong>de</strong>finiert als Sarnat (Stadium<br />
II o<strong>de</strong>r III) o<strong>de</strong>r Thompson Score ≥ 7.<br />
Neugeborene, welche diese Kriterien erfüllen,<br />
sollten nach Absprache mit diesem in<br />
ein tertiäres neonatologisches Zentrum<br />
verlegt wer<strong>de</strong>n zur weiteren Hypothermiebehandlung.<br />
Wichtig ist auch, dass die Hypothermie<br />
so schnell wie möglich begonnen<br />
wird, und <strong>de</strong>shalb ab Entschluss eines<br />
Transfers, eine passive Kühlung vor Ort initiiert<br />
wer<strong>de</strong>n soll unter kontinuierlicher<br />
Temperaturmonitorisierung (siehe Website).<br />
Während <strong>de</strong>r Hypothermiebehandlung und<br />
<strong>de</strong>r Aufwärmungsperio<strong>de</strong> sollte bei Termingeborenen<br />
und «near term infants» die<br />
Hirnfunktion monitorisiert wer<strong>de</strong>n. Das<br />
Hypothermieprotokoll schlägt eine Monitorisierung<br />
mittels kontinuierlichem Amplitu<strong>de</strong><br />
integriertem EEG (aEEG; Abbildung 1)<br />
vor, sowie regelmässige Schä<strong>de</strong>lsonographie-Kontrollen,<br />
neurologische Untersuchungen<br />
und ein formales EEG. Im Alter von<br />
5-14 Tage sollte ein MRI durchgeführt wer<strong>de</strong>n,<br />
um das Ausmass <strong>de</strong>r Hirnläsionen zu<br />
dokumentieren (Abbildung 3).<br />
27
Fortbildung<br />
Vol. 23 Nr. 1 2012<br />
Eine Registerkoordinatorin wird in regelmässigen<br />
Abstän<strong>de</strong>n Dateneingabe und <strong>de</strong>ren<br />
Vollständigkeit prüfen sowie das Follow-up<br />
koordinieren helfen.<br />
Zusammenfassung<br />
Zusammenfassend kann gesagt wer<strong>de</strong>n,<br />
dass die Einführung <strong>de</strong>r Hypothermiebehandlung<br />
für Kin<strong>de</strong>r mit einer HIE neue<br />
Hoffnungen weckt. Die Hypothermiebehandlung<br />
soll jedoch innerhalb von 6 Stun<strong>de</strong>n<br />
nach <strong>de</strong>m asphyktischen Ereignis begonnen<br />
wer<strong>de</strong>n, es ist <strong>de</strong>shalb wesentlich, dass die<br />
entsprechen<strong>de</strong>n Patienten innerhalb dieses<br />
Zeitabschnittes an ein Neonatologiezentrum<br />
Niveau III zugewiesen wer<strong>de</strong>n. Die Einführung<br />
eines nationalen Asphyxieregisters erlaubt<br />
es, kurz- und langfristige Nebenwirkungen,<br />
sowie auch schweizweit genauere<br />
epi<strong>de</strong>miologische Daten, die bisher weitgehend<br />
fehlen, zu erfassen.<br />
Diese Therapie kann nur im Zusammenhang<br />
mit einer guten Antizipation geburtshilflicher<br />
Komplikationen und einer optimalen neonatalen<br />
Reanimation betrachtet wer<strong>de</strong>n. Eine<br />
gründliche Ausbildung in neonataler Reanimation<br />
aller Ärzte, die Neugeborene betreuen,<br />
muss <strong>de</strong>shalb ein gesundheitspolitisches<br />
Ziel sein.<br />
their Relevance to Perinatal Brain Damage. In «Perinatal<br />
Brain Damage: from Pathogenesis to Neuroprotection»,<br />
chapter 3, Eds: L. A. Ramenghi, P.<br />
Evrard and E. Mercuri. Mariani Foundation Paediatric<br />
Neurology Series 19, John Libbey Eurotext,<br />
Montrouge, France. 2008.<br />
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Study Group. Temperature control during therapeutic<br />
mo<strong>de</strong>rate whole-body hypothermia for neonatal<br />
encephalopathy. Arch Dis Child Fetal Neonatal<br />
Ed. 2010; 95 (5): F 373–5.<br />
Referenzen<br />
1) García-Alix A, Martínez-Biarge M, Diez J, Gayá F.<br />
Neonatal hypoxic-ischemic encephalopathy: Inci<strong>de</strong>nce<br />
and prevalence in the first <strong>de</strong>ca<strong>de</strong> of the 21st<br />
century. An Pediatr. 2009; 71 (4): 319–26.<br />
2) Volpe JJ. Perinatal brain injury: from pathogenesis<br />
to neuroprotection. Ment Retard Dev Disabil Res<br />
Rev. 2001; 7 (1): 56–64.<br />
3) Perlman JM. Intervention strategies for neonatal<br />
hypoxic-ischemic cerebral injury. Clin Ther. 2006;<br />
28 (9): 1353–65.<br />
4) Shankaran S, Laptook AR, Ehrenkranz RA et al.<br />
Whole-Body Hypothermia for Neonates with Hypoxic–Ischemic<br />
Encephalopathy. N Engl J Med 2005;<br />
353: 1574–84.<br />
5) Azzopardi DV, Strohm B, Edwards AD et al; the<br />
TOBY study group. Mo<strong>de</strong>rate Hypothermia to Treat<br />
Perinatal Asphyxial Encephalopathy. N Engl J Med<br />
2009; 361: 1349–58.<br />
6) Shankaran Seetha. Neonatal encephalopathy:<br />
treatment with hypothermia. Journal of neurotrauma<br />
2009; 26: 437–43.<br />
7) Gluckman PD, Wyatt JS, Azzopardi D, Ballard R, and<br />
the cool cap trial group. Selective head cooling with<br />
mild systemic hypothermia after neonatal encephalopathy:<br />
multicentre randomised trial. Lancet.<br />
2005 Feb 19–25; 365 (9460): 663–70.<br />
8) Jacobs SE, Hunt R, Tarnow-Mordi WO, In<strong>de</strong>r TE,<br />
Davis PG. Cooling for newborns with hypoxic ischaemic<br />
encephalopathy. Cochrane Database of Systematic<br />
Reviews 2007, Issue 4. Art. No.: CD003311.<br />
9) Clarke PGH, Puyal J., Vaslin A., Ginet V., Truttmann<br />
A. C. Multiple Types of Programmed Cell Death and<br />
Korrespon<strong>de</strong>nzadresse<br />
Dr. med. Anita C. Truttmann PD<br />
anita.truttmann@chuv.ch<br />
Dr. med. Cornelia Hagmann PhD<br />
cornelia.hagmann@usz.ch<br />
28
Vol. 23 Nr. 1 2012<br />
Hinweise<br />
För<strong>de</strong>rpreis <strong>de</strong>r<br />
Schweizerischen<br />
Gesellschaft für<br />
Neonatologie<br />
Thomas M. Berger, Luzern<br />
Dieser För<strong>de</strong>rpreis wird einer Forscherin/Klinikerin<br />
o<strong>de</strong>r einem Forscher/Kliniker verliehen,<br />
die o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r eine hervorragen<strong>de</strong> wissenschaftliche<br />
Arbeit auf <strong>de</strong>m Gebiet <strong>de</strong>r<br />
Neonatologie verfasst hat und einen Studienaufenthalt<br />
im In- o<strong>de</strong>r Ausland plant. Der För<strong>de</strong>rpreis<br />
im Werte von Fr. 10 000.– wird von<br />
<strong>de</strong>r Firma Milupa SA Schweiz gestiftet und<br />
soll ein Beitrag an die Reise- und Lebenskosten<br />
während <strong>de</strong>s Studienaufenthaltes sein.<br />
Die Kandidatinnen und Kandidaten reichen<br />
einen Plan für einen Forschungsaufenthalt<br />
ein. Dieser Plan soll enthalten:<br />
• Ziel <strong>de</strong>s Studienaufenthaltes<br />
• Curriculum vitae<br />
• Bereits erbrachte Vorleistungen (min<strong>de</strong>stens<br />
eine relevante Arbeit in einem peer<br />
reviewed journal zum Druck angenommen)<br />
• Bestätigung <strong>de</strong>r Gastinstitution, in <strong>de</strong>r<br />
Unterstützung und Benützung <strong>de</strong>r Infrastruktur<br />
zugesagt wer<strong>de</strong>n<br />
Das Preisreglement kann beim Präsi<strong>de</strong>nten<br />
<strong>de</strong>r Schweizerischen Gesellschaft für Neonatologie<br />
angefor<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n. Diesem soll<br />
<strong>de</strong>r Forschungsplan samt Beilagen bis am<br />
1. Mai 2012 als PDF eingesandt wer<strong>de</strong>n<br />
(thomas.berger@luks.ch). Die Preisverleihung<br />
fin<strong>de</strong>t anlässlich <strong>de</strong>r Jahresversammlung<br />
<strong>de</strong>r Schweizerischen Gesellschaft für<br />
Pädiatrie am 31. Mai und 1. Juni 2012 in<br />
Luzern statt.<br />
Kin<strong>de</strong>rärzte Schweiz<br />
Rolf Temperli, Liebefeld<br />
Der neue Name ging aus einem I<strong>de</strong>enwettbewerb<br />
unter <strong>de</strong>n Mitglie<strong>de</strong>rn hervor und<br />
wur<strong>de</strong> an <strong>de</strong>r letzten Mitglie<strong>de</strong>rversammlung<br />
mit überwältigen<strong>de</strong>m Mehr und grosser<br />
Freu<strong>de</strong> gutgeheissen. An an<strong>de</strong>rer<br />
Stelle hat <strong>de</strong>r neue Name aber auch zu Irritationen<br />
geführt, so zum Beispiel im Verband<br />
<strong>de</strong>r Hausärzte MFE, welcher <strong>de</strong>n Anspruch<br />
erhebt, die in <strong>de</strong>r Grundversorgung<br />
tätigen Kin<strong>de</strong>rärzte zu vertreten (was er<br />
auch tut, wenn sich die Kin<strong>de</strong>rärzte im<br />
Verband eingeben). Zu rechnen war auch<br />
mit kritischen Stimmen aus <strong>de</strong>n Reihen <strong>de</strong>r<br />
SSP Société Suisse <strong>de</strong> Pédiatrie, vor allem<br />
aus <strong>de</strong>r Romandie.<br />
Der Namenswechsel wur<strong>de</strong> vor zwei Jahren<br />
in die Wege geleitet. Grund dafür war die<br />
Erkenntnis, dass «Foren» wie Pilze aus <strong>de</strong>m<br />
Bo<strong>de</strong>n schiessen und sich das «Forum Praxispädiatrie»<br />
ausserhalb <strong>de</strong>r Welt <strong>de</strong>r Pädiatrie<br />
kaum Gehör verschaffen konnte. Der<br />
Name war <strong>de</strong>n Politikern und Medien zu<br />
unverbindlich. Wir besannen uns zurück auf<br />
das, was wir sind: Kin<strong>de</strong>rärzte und Jugendärzte.<br />
Was lag also näher, als uns auch so<br />
zu nennen? Dies kommt auch <strong>de</strong>n Vorstellungen<br />
<strong>de</strong>r Bevölkerung entgegen, versteht<br />
sie doch unter «mein/unser Kin<strong>de</strong>rarzt»<br />
<strong>de</strong>n praktizieren<strong>de</strong>n Pädiater. Wir erachten<br />
es als sehr wichtig, dass das Wort «Kin<strong>de</strong>rarzt»<br />
nicht aus <strong>de</strong>r Welt verschwin<strong>de</strong>t, so<br />
wenig wie <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rarzt selbst.<br />
Je<strong>de</strong>r Namenswechsel bringt auch Nachteile<br />
mit sich. So lässt sich <strong>de</strong>r neue Name<br />
nicht mehr so gut aussprechen wie <strong>de</strong>r alte,<br />
insbeson<strong>de</strong>re nicht auf französisch. Interessierte<br />
Kolleginnen und Kollegen la<strong>de</strong>n wir<br />
gerne dazu ein, sich einen passen<strong>de</strong>n neuen<br />
Namen in ihrer Sprache auszu<strong>de</strong>nken.<br />
Die Ziele <strong>de</strong>s Verban<strong>de</strong>s bleiben auch mit<br />
neuem Namen unverän<strong>de</strong>rt: Wir vertreten<br />
diejenigen, welche die Bevölkerung mit <strong>de</strong>r<br />
Bezeichnung «Kin<strong>de</strong>rarzt» meint, nämlich<br />
die praktizieren<strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rärzte. Und wir<br />
bieten Fortbildungen nach <strong>de</strong>ren Wünschen<br />
an, von Kin<strong>de</strong>rärzten für Kin<strong>de</strong>rärzte. Einer<br />
optimalen Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>r SGP/<br />
SSP steht damit weiterhin nichts im Wege.<br />
Korrespon<strong>de</strong>nzadresse<br />
Kin<strong>de</strong>rärzte Schweiz<br />
(Berufsverband Kin<strong>de</strong>r- und Jugendärzte<br />
in <strong>de</strong>r Praxis)<br />
Hr. Simon Hubacher<br />
Generalsekretariat<br />
Ba<strong>de</strong>nerstrasse 21<br />
8004 Zürich<br />
Tel. +41 (0)44 520 27 17 (Mo–Do)<br />
Fax +41 (0)43 317 93 64<br />
Mobile +41 (0)79 355 67 52<br />
simon.hubacher@kin<strong>de</strong>raerzteschweiz.ch<br />
www.kin<strong>de</strong>raerzteschweiz.ch<br />
Korrespon<strong>de</strong>nzadresse<br />
Dr. med. Thomas M. Berger<br />
Präsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>r Schweizerischen<br />
Gesellschaft für Neonatologie<br />
Facharzt FMH für Pädiatrie<br />
Kin<strong>de</strong>rspital, 6000 Luzern 16<br />
Preis PIA-CH 2012<br />
Die Vereinigung <strong>de</strong>r Schweizer Pädiatrischen Immunologen und Allergologen (PIA-CH)<br />
vergibt ein jährliches Reisestipendium zur Teilnahme an einem <strong>de</strong>r europäischen<br />
EAACI Kongresse an junge Kin<strong>de</strong>rärzte in Allergologie- o<strong>de</strong>r Immunologie-Ausbildung.<br />
Informationen und Einsendung <strong>de</strong>r Kandidaturen bis zum 31. März 2012<br />
z. H. Dr. A. Regamey, Vorstand PIA-CH, Vergers <strong>de</strong> la Gottaz 19, 1110 Morges,<br />
alain.regamey@bluewin.ch<br />
29
Aktuelles aus <strong>de</strong>m pädiatrischen Fachbereich<br />
Vol. 23 Nr. 1 2012<br />
Neonatologie<br />
Thomas M. Berger, Luzern, und Riccardo Pfister, Genf<br />
Fachorganisation<br />
Schweizerische Gesellschaft für Neonatologie<br />
Vorstand<br />
Aktueller Präsi<strong>de</strong>nt<br />
Riccardo E. Pfister, Genf<br />
Designierter Präsi<strong>de</strong>nt<br />
Matthias Roth-Kleiner, Lausanne<br />
Gewesener Präsi<strong>de</strong>nt<br />
Thomas M. Berger, Luzern<br />
Quästor<br />
Andreas Malzacher, St. Gallen<br />
Romaine Arlettaz<br />
Mathias Nelle<br />
Sven Schulzke<br />
Mitglie<strong>de</strong>r<br />
Or<strong>de</strong>ntliche (Titelträger FMH Pädiatrie): 232<br />
Kollektivmitgliedschaften: 6<br />
Ehrenmitglie<strong>de</strong>r: 2<br />
Homepage<br />
www.neonet.ch<br />
Webmaster: Thomas M. Berger.<br />
Enthält folgen<strong>de</strong> Rubriken: About us, Neonatal<br />
Network, Case of the Month, Recommendations,<br />
Education, Contact. Seit<br />
Oktober 2000 wur<strong>de</strong>n über 135 neonatologische<br />
Fallberichte publiziert. Interessierte<br />
Personen können kostenlos einen Newsletter<br />
abonnieren, in welchem unter an<strong>de</strong>rem<br />
regelmässig auf neu publizierte Cases of<br />
the Month hingewiesen wird.<br />
Facharztprüfung<br />
Sanktionierend seit 1.1.2003<br />
Nächste Prüfung<br />
September 2012 in Basel<br />
(Organisation: Dr. med. R. Glanzmann).<br />
Details zur Prüfungsanmeldung unter<br />
www.neonet.ch: education.<br />
Neue Empfehlungen seit 2009<br />
(siehe www.neonet.ch: recommendations).<br />
Durch Schweizerische Gesellschaft für<br />
Neonatologie initiiert<br />
• 2011: Perinatal care at the limit of<br />
viability between 22 and 26 completed<br />
weeks of gestation in Switzerland<br />
– 2011 Revision of the Swiss<br />
recommendations<br />
T. M. Berger, V. Bernet, S. El Alama, J.-C.<br />
Fauchère, I. Hösli, O. Irion, C. Kind, B.<br />
Latal, M. Nelle, R. E. Pfister, D. Surbek,<br />
A. C. Truttmann, J. Wisser, R. Zimmermann.<br />
Von <strong>de</strong>r Schweizerischen Gesellschaft<br />
für Neonatologie unterstützt<br />
• 2010: Recommendations for the<br />
organization and operation of human<br />
milk banking in Switzerland<br />
K. Frischknecht, C. Wälchli, V. Annen,<br />
T. Fuhrer, P. Gianoli, M. Stocker.<br />
• 2009: HIV, pregnancy and <strong>de</strong>livery.<br />
An update of the recommendations<br />
for the prevention of vertical HIV<br />
transmission<br />
Fachkommission Klinik und Therapie<br />
HIV/AIDS.<br />
• 2009: Recommendations for the<br />
immunization of preterm infants<br />
Bun<strong>de</strong>samt für Gesundheit (BAG), Eidgenössische<br />
Kommission für Impffragen<br />
(EKIF), Schweizerische Gesellschaft für<br />
Neonatologie (SGN), Schweizerische Gesellschaft<br />
für Pädiatrie (SGP).<br />
Nationale Fortbildungsveranstaltungen<br />
31.3.2009, Bern (Organisatoren: R. E. Pfister,<br />
T. M. Berger, J. McDougall, M. Nelle).<br />
Thema: Iatrogenität in <strong>de</strong>r Neonatologie.<br />
19.1.2010, Bern (Organisatoren: R. E. Pfister,<br />
T. M. Berger, H. U. Bucher, J. McDougall,<br />
M. Nelle). Thema: Intrauterine Wachstumsrestriktion.<br />
17.1.2011, Aarau (Organisatoren: R. E. Pfister,<br />
T. M. Berger, M. Roth-Kleiner, A. Truttmann,<br />
G. Zeilinger).<br />
Thema: Bildgebung in <strong>de</strong>r Neonatologie.<br />
Versorgungsstufen<br />
Eine von <strong>de</strong>r SGN eingesetzte Kommission<br />
(CANU: Commission for the Accreditation<br />
of Neonatal Units) hat Daten gesammelt<br />
und eine provisorische Einteilung <strong>de</strong>r Neonatologie-Abteilungen<br />
in <strong>de</strong>r Schweiz vorgenommen<br />
(Level III abgeschlossen, Level<br />
II noch in Arbeit). Ziel ist es, die hohe Qualität<br />
<strong>de</strong>r neonatologischen Versorgung in<br />
<strong>de</strong>r Schweiz auch in Zukunft zu garantieren,<br />
in<strong>de</strong>m die Voraussetzungen für eine<br />
flächen<strong>de</strong>cken<strong>de</strong> Versorgung von Frühgeborenen<br />
und kranken Termingeborenen<br />
festgehalten wer<strong>de</strong>n (Strukturmerkmale,<br />
Prozess- und Ergebnisqualitätsmerkmale).<br />
Die Schweizerische Gesellschaft für Intensivmedizin<br />
anerkennt rein neonatologische<br />
Intensivstationen als ausseror<strong>de</strong>ntliche Intensivstationen.<br />
Versorgungsengpässe<br />
Die Neonatologiestationen in <strong>de</strong>r Schweiz<br />
sehen sich weiterhin mit Kapazitätsengpässen<br />
konfrontiert. Die Bettenauslastung<br />
in vielen Abteilungen liegt weit über 90%,<br />
was für <strong>de</strong>n Betrieb einer Intensivstation<br />
ausseror<strong>de</strong>ntlich hoch ist und immer wie<strong>de</strong>r<br />
dazu führt, dass akute Engpässe auftreten.<br />
In solchen Situationen müssen<br />
Kompromisse eingegangen und Verlegungsmöglichkeiten<br />
überprüft wer<strong>de</strong>n. Zu<br />
diesem Zweck betreibt die SGN seit über<br />
15 Jahren ein internetbasiertes Auskunftssystem<br />
(neu auf <strong>de</strong>r Homepage <strong>de</strong>r SGN),<br />
das in erster Linie dazu dient, pränatale<br />
Verlegungen von Risikoschwangeren an<br />
Zentren zu organisieren, die noch über<br />
freie Kapazitäten verfügen. Erst in zweiter<br />
Linie und wenn medizinisch verantwortbar,<br />
wer<strong>de</strong>n auch kranke Neugeboren postnatal<br />
verlegt. Die knappe Bettenzahl wird in<br />
<strong>de</strong>n letzten Jahren noch weiter durch die<br />
Tatsache verschärft, dass es zunehmend<br />
schwieriger wird, qualifiziertes Pflegepersonal<br />
zu rekrutieren, sodass häufig weniger<br />
Betten betrieben wer<strong>de</strong>n können als<br />
effektiv vorhan<strong>de</strong>n sind. Der Aus- und<br />
Weiterbildung von qualifiziertem Neonatologie-Pflegepersonal<br />
muss in <strong>de</strong>r Schweiz<br />
allerhöchste Priorität gegeben wer<strong>de</strong>n.<br />
Die SGN setzt alles daran, dieses Anliegen<br />
in die Diskussionen um die Reformen in<br />
<strong>de</strong>r Pflegeausbildung (Nachdiplomstudium,<br />
Nachdiplomkurse) einzubringen und<br />
die relevanten Fachorganisationen und<br />
politischen Instanzen darauf aufmerksam<br />
zu machen.<br />
30
Vol. 23 Nr. 1 2012<br />
Aktuelles aus <strong>de</strong>m pädiatrischen Fachbereich<br />
Pädiatrische Pneumologie<br />
Alexan<strong>de</strong>r Möller, Zürich<br />
Fachorganisation<br />
Schweizerische Gesellschaft für Pädiatrische<br />
Pneumologie<br />
Vorstand<br />
Präsi<strong>de</strong>nt<br />
Alexan<strong>de</strong>r Möller, Zürich<br />
Vizepräsi<strong>de</strong>ntin<br />
Daniela Stefanutti, La Chaux-<strong>de</strong>-Fonds<br />
Pastpräsi<strong>de</strong>nt<br />
Peter Eng, Aarau<br />
Sekretär<br />
Jürg Barben, St. Gallen<br />
Kassier<br />
Gau<strong>de</strong>nz Hafen, Lausanne<br />
Sekretariat<br />
PD Dr. med. J. Barben<br />
Leiten<strong>de</strong>r Arzt Pneumologie/Allergologie<br />
Ostschweizer Kin<strong>de</strong>rspital<br />
9006 St. Gallen<br />
Homepage<br />
www.kin<strong>de</strong>rlunge.ch<br />
Anzahl Titelträger<br />
34<br />
Anzahl Mitglie<strong>de</strong>r SGPP<br />
77<br />
Facharztprüfung 2011<br />
kein Kandidat 2011<br />
Hauptaktivitäten 2011<br />
Es wur<strong>de</strong>n erfolgreich Verhandlungen über<br />
das WZW-Verfahren mit <strong>de</strong>r Santé<strong>suisse</strong><br />
geführt, welche zur Anerkennung <strong>de</strong>s<br />
Schwerpunkts pädiatrische Pneumologie<br />
geführt haben. Dies be<strong>de</strong>utet, dass nun<br />
endlich anerkannt wird, dass die Schwerpunktsträger,<br />
die selbe quantitative und<br />
qualitative Dignität, wie die Träger <strong>de</strong>s FMH-<br />
Titels haben und entsprechend die Berechnungsgrundlage<br />
für das WZW-Verfahren <strong>de</strong>r<br />
in <strong>de</strong>r Praxis tätigen pädiatrischen Pneumologen<br />
in <strong>de</strong>r Schweiz korrigiert wird.<br />
Nach einer 4-jährigen Planungs- und Vorbereitungsphase<br />
wur<strong>de</strong> am 1.1.2011 die<br />
Pilotphase <strong>de</strong>s Neugeborenenscreenings<br />
für Cystische Fibrose erfolgreich gestartet.<br />
Das Pilotprojekt ist so angelegt, dass die<br />
Cut-off-Werte <strong>de</strong>r Messungen <strong>de</strong>s immunreaktiven<br />
Trypsinogens (IRT) je<strong>de</strong>rzeit angepasst<br />
wer<strong>de</strong>n können. Ziel eines je<strong>de</strong>n<br />
Screenings ist es, die Zahl <strong>de</strong>r falsch positiven<br />
Resultate klein zu halten und falsch<br />
negative zu vermei<strong>de</strong>n sowie die Zahl <strong>de</strong>r<br />
weitergehen<strong>de</strong>n Untersuchungen zu minimieren.<br />
Zusätzlich wer<strong>de</strong>n die gesamten<br />
Abläufe <strong>de</strong>s Screenings von <strong>de</strong>r ersten Information<br />
über das NGS bis zur Konsultation<br />
im CF-Zentrum bei positivem Screeningtest<br />
evaluiert.<br />
Im Dezember 2011 wur<strong>de</strong> die Schweizerische<br />
Arbeitsgruppe für pädiatrische Schlafmedizin<br />
und Schlafforschung (SAPPS) ins<br />
Leben gerufen. Ziele dieser Gruppe sind <strong>de</strong>r<br />
Austausch zwischen <strong>de</strong>n Kliniken/Zentren<br />
in welchen Schlafuntersuchungen bei Kin<strong>de</strong>rn<br />
und Säuglingen durchgeführt wer<strong>de</strong>n,<br />
eine bessere Visibilität <strong>de</strong>r pädiatrischen<br />
Schlafmedizin in <strong>de</strong>r Schweiz sowie die Einbindung<br />
<strong>de</strong>r pädiatrischen Schlafmedizin in<br />
die SGSSC. Sie soll ein Forum bieten für<br />
Qualitätssicherung aber auch Fortbildung.<br />
Ansprechperson ist PD Dr. Alexan<strong>de</strong>r Möller<br />
alexan<strong>de</strong>r.moeller@kispi.uzh.ch<br />
Korrespon<strong>de</strong>nzadresse<br />
PD Dr. med. A. Möller<br />
Leiter Pneumologie<br />
Kin<strong>de</strong>rspital Zürich<br />
Steinwiesstrasse 75<br />
CH-8032 Zürich<br />
alexan<strong>de</strong>r.moeller@kispi.uzh.ch<br />
31
Aktuelles aus <strong>de</strong>m pädiatrischen Fachbereich<br />
Vol. 23 Nr. 1 2012<br />
Pädiatrische Endokrinologie/Diabetologie<br />
Urs Zumsteg, Basel<br />
Fachorganisation<br />
Schweizerische Gesellschaft für Pädiatrische<br />
Endokrinologie und Diabetologie<br />
(SGPED/SSEDP)<br />
Präsi<strong>de</strong>nt 2012<br />
Urs Zumsteg, UKBB Basel<br />
Internet<br />
www.swiss-paediatrics.org<br />
www.SGEDSSED.ch<br />
Anzahl Titelträger<br />
38<br />
Facharztprüfung<br />
sanktionierend seit 1.1.2005<br />
• Beitrittsbedingungen<br />
Facharzt für Kin<strong>de</strong>r- und Jugendmedizin<br />
sowie Schwerpunkttitel Pädiatrische Endokrinologie/Diabetologie<br />
(o<strong>de</strong>r einen<br />
äquivalenten Titel) sowie Wissenschafter<br />
mit nichtmedizinischer Ausbildung, die<br />
im Arbeitsgebiet <strong>de</strong>r Pädiatrischen Endokrinologie/Diabetologie<br />
aktiv sind.<br />
• Facharztprüfung<br />
1-mal jährlich in einer <strong>de</strong>r Zentrumskliniken<br />
mit schriftlichem Anteil (90 MC-Fragen)<br />
sowie Fallbesprechung/Kolloquium<br />
anhand von Zuweisungsschreiben und<br />
Patientenbil<strong>de</strong>rn.<br />
Hauptaktivitäten 2012<br />
Die Fachgesellschaft befasst sich mit sämtlichen<br />
Hormonkrankheiten inkl. Diabetes<br />
mellitus bei Kin<strong>de</strong>rn und Jugendlichen.<br />
Neben Dienstleistung, Lehre und Forschung<br />
in diesem Bereich wer<strong>de</strong>n wir im<br />
laufen<strong>de</strong>n Jahr die Erstellung von Patientenregistern<br />
für die häufigsten Diagnosen angehen.<br />
Dazu gehören Kin<strong>de</strong>r mit Kleinwuchs<br />
und Wachstumshormonbehandlung,<br />
Kin<strong>de</strong>r mit kongenitaler Hypothyreose, mit<br />
monogenem Diabetes mellitus sowie Adrenogenitalem<br />
Syndrom (AGS) und Störungen<br />
<strong>de</strong>r Geschlechtsdifferenzierung. An <strong>de</strong>r<br />
Jahresversammlung im Januar in Lausanne<br />
war ein Schwerpunkt die Transitionsmedizin,<br />
insbeson<strong>de</strong>re bei Patientinnen und<br />
Patienten mit Diabetes mellitus sowie bei<br />
Turner-Patientinnen. Im Weiteren wur<strong>de</strong> ein<br />
europäisches Forschungsprojekt zum Thema<br />
Pubertas tarda/Kallmann-Syndrom<br />
präsentiert. In <strong>de</strong>r Klinik ist die fortlaufen<strong>de</strong><br />
Kontrolle und Evaluation <strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>nen<br />
Wachstumshormon-Indikationen weiterhin<br />
ein zentrales Thema, ebenso <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r<br />
Häufigkeit weiterhin zunehmen<strong>de</strong> Diabetes<br />
mellitus mit <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen Formen <strong>de</strong>r<br />
intensivierten Insulintherapie sowie zunehmend<br />
auch <strong>de</strong>r kontinuierlichen Messung<br />
von Blutzuckerprofilen. Diese mo<strong>de</strong>rnen<br />
Technologien müssen in ihrer Konsequenz<br />
für die Führung und Betreuung von Patienten<br />
evaluiert wer<strong>de</strong>n. Die meisten Mitglie<strong>de</strong>r<br />
sind national und international in <strong>de</strong>r<br />
Weiter- und Fortbildung im Fachgebiet aktiv<br />
involviert, bzgl. Therapierichtlinien hält man<br />
sich an die Gui<strong>de</strong>lines <strong>de</strong>r internationalen<br />
Fachgesellschaften ESPE (European Society<br />
for Pediatric Endocrinology and Diabetology)<br />
und ISPAD (International Society for<br />
Pediatric and Adolescent Diabetes) sowie<br />
diejenigen <strong>de</strong>r amerikanischen Fachgesellschaften<br />
Endocrine Society und American<br />
Diabetes Association.<br />
Korrespon<strong>de</strong>nzadresse<br />
Prof. Dr. Urs Zumsteg<br />
Leiten<strong>de</strong>r Arzt Endokrinologie/Diabetologie<br />
Universitäts-Kin<strong>de</strong>rspital bei<strong>de</strong>r Basel (UKBB)<br />
Spitalstrasse 33<br />
Postfach<br />
CH-4031 Basel<br />
urs.zumsteg@ukbb.ch<br />
32
Vol. 23 Nr. 1 2012<br />
Aktuelles aus <strong>de</strong>m pädiatrischen Fachbereich<br />
Neuropädiatrie<br />
Andrea Capone Mori, Aarau<br />
Pädiatrische Gastroenterologie<br />
Andreas Ny<strong>de</strong>gger, Lausanne<br />
Fachorganisation<br />
Schweizerische Gesellschaft für Neuropädiatrie<br />
(SGNP)<br />
Präsi<strong>de</strong>ntin 2011<br />
Andrea Capone Mori<br />
Homepage<br />
www.neuropaediatrie.ch<br />
Anzahl Titelträger<br />
62<br />
Facharztprüfungen<br />
4 Kandiaten haben die Facharztprüfung<br />
erfolgreich bestan<strong>de</strong>n<br />
Informationen 2011<br />
Im Juli 2011 ist Hansruedi Hirt im Alter von<br />
87 Jahren verstorben. Hansruedi Hirt war<br />
während vieler Jahre Leiter <strong>de</strong>r Abteilung<br />
Neuropädiatrie am Universitätskin<strong>de</strong>rspital<br />
Basel. Er ging 1988 in <strong>de</strong>n Ruhestand.<br />
Erstmals wur<strong>de</strong>n die neuropädiatrischen<br />
«Fahrschulen» gesamtschweizerisch durchgeführt.<br />
Sowohl die zwei <strong>de</strong>utschsprachigen<br />
Kurse wie auch <strong>de</strong>r französischsprachige<br />
Kurs waren sehr gut besucht und das<br />
Feedback von Seiten <strong>de</strong>r Kursbesucher wie<br />
auch von Seiten <strong>de</strong>r Teacher war sehr positiv.<br />
Die Kurse dauern jeweils 2 Tage und<br />
vermitteln ein strukturiertes neuropädiatrisches<br />
Basiswissen und Untersuchungstechnik.<br />
Die Kurse wer<strong>de</strong>n weiterhin angeboten.<br />
Im Herbst 2011 hat Eugen Boltshauser<br />
seine aktive berufliche Tätigkeit am Universitätskin<strong>de</strong>rspital<br />
Zürich been<strong>de</strong>t. Als<br />
Nachfolgerin wur<strong>de</strong> Frau Barbara Plecko<br />
aus Graz gewählt. Sie hat ihre Arbeit am<br />
1.11.2011 aufgenommen.<br />
Korrespon<strong>de</strong>nzadresse<br />
Dr. med. Andrea Capone Mori<br />
Präsi<strong>de</strong>ntin SGNP<br />
Leiten<strong>de</strong> Ärztin Neuropädiatrie<br />
Kin<strong>de</strong>rklinik, 5001 Aarau<br />
www.kin<strong>de</strong>rklinik.ksa.ch<br />
Vorstand 2011/2012<br />
Fachorganisation<br />
Schweizerische Gesellschaft für pädiatrische<br />
Gastroenterologie, Hepatologie und<br />
Ernährung<br />
Präsi<strong>de</strong>nt<br />
Andreas Ny<strong>de</strong>gger, Lausanne<br />
Sekretär<br />
Michela Tempia-Caliera, Genf<br />
Kassier<br />
Susanne Schibli, Bern<br />
Mitglie<strong>de</strong>rstatistik<br />
Die Schweizerische Gesellschaft für Pädiatrische<br />
Gastroenterologie, Hepatologie<br />
und Ernährung wur<strong>de</strong> 1997 gegrün<strong>de</strong>t und<br />
zählt aktuell 23 or<strong>de</strong>ntliche Mitglie<strong>de</strong>r, 4<br />
assoziierte Mitglie<strong>de</strong>r, 4 Freimitglie<strong>de</strong>r<br />
(davon 2 Ehrenmitglie<strong>de</strong>r) sowie 8 Kollektivmitglie<strong>de</strong>r.<br />
Tätigkeitsgebiet<br />
Die Gesellschaft trifft sich zweimal jährlich<br />
zu Plenarsitzungen mit jeweils einem administrativen/stan<strong>de</strong>spolitischen<br />
sowie einem<br />
wissenschaftlichen Teil.<br />
Ziel <strong>de</strong>r Gesellschaft ist es, Kin<strong>de</strong>rn und<br />
Jugendlichen mit akuten und chronischen<br />
Erkrankungen <strong>de</strong>s Gastrointestinaltraktes<br />
und <strong>de</strong>r Leber und Ernährungsfragen eine<br />
kin<strong>de</strong>rgerechte Abklärung und Behandlungsmöglichkeit<br />
anzubieten sowie das<br />
Fachgebiet in <strong>de</strong>r Schweiz zu för<strong>de</strong>rn und<br />
Forschung, Weiter- und Fortbildung zu unterstützen.<br />
Weiterbildung<br />
Mit <strong>de</strong>r Schaffung <strong>de</strong>s Schwerpunkttitels<br />
«Pädiatrische Gastroenterologie und Ernährung»<br />
im Jahr 2002 wur<strong>de</strong> die Basis gelegt,<br />
die entsprechen<strong>de</strong> Weiterbildung in <strong>de</strong>r<br />
Schweiz zu strukturieren und regelmässig<br />
zu evaluieren. Im Jahre 2009 wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />
Schwerpunkttitel ergänzt und lautet seither<br />
«Pädiatrische Gastroenterologie, Hepatologie<br />
und Ernährung».<br />
Die Weiterbildung zum Schwerpunkttitel ist<br />
im entsprechen<strong>de</strong>n Weiterbildungsprogramm<br />
festgelegt und wird mit einer sanktionieren<strong>de</strong>n<br />
Prüfung abgeschlossen, welche<br />
seit 2006 durchgeführt wird.<br />
Nationale und internationale<br />
Vernetzung<br />
Es besteht eine enge Zusammenarbeit<br />
zwischen <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen Zentren sowohl<br />
klinisch (z. B. gemeinsame Protokolle<br />
zur Behandlung <strong>de</strong>r viralen Hepatitis, Vorbereitung<br />
<strong>de</strong>s Darmes zur Kolonoskopie<br />
usw.), als auch wissenschaftlich (z. B. Beteiligung<br />
am nationalen Projekt <strong>de</strong>r entzündlichen<br />
Darmerkrankungen; Swiss IBD cohort<br />
study: http://www.ibdcohort.ch; Pädiatrische<br />
Datenback bezüglich eosinophile Oesophagitis;<br />
SPEED).<br />
Als pädiatrische Subspezialität ist eine<br />
enge Zusammenarbeit im Rahmen <strong>de</strong>r SGP<br />
vorgegeben, insbeson<strong>de</strong>re mit <strong>de</strong>r Ernährungskommission<br />
<strong>de</strong>r SGP, in <strong>de</strong>r einige<br />
Mitglie<strong>de</strong>r unserer Gesellschaft vertreten<br />
sind. Viele pädiatrische Gastroenterologen<br />
besitzen zu<strong>de</strong>m eine Mitgliedschaft in <strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>utschen o<strong>de</strong>r französischen Gesellschaft<br />
für pädiatrische Gastroenterologie (GPGE<br />
und GFHGNP).<br />
Bezüglich Therapierichtlinien wer<strong>de</strong>n die<br />
Gui<strong>de</strong>lines <strong>de</strong>r europäischen Fachgesellschaft<br />
ESPGHAN (European Society of Pediatric<br />
Gastroenterology, Hepatology and<br />
Nutrition) angewandt.<br />
Korrespon<strong>de</strong>nzadresse<br />
Dr. A. Ny<strong>de</strong>gger, Präsi<strong>de</strong>nt SGPGHE<br />
Leiter <strong>de</strong>r Abteilung für pädiatrische<br />
Gastroenterologie<br />
DMCP, Centre Hospitalier Universitaire<br />
Vaudois CHUV<br />
1011 Lausanne<br />
andreas.ny<strong>de</strong>gger@chuv.ch<br />
33
Aktuelles aus <strong>de</strong>m pädiatrischen Fachbereich<br />
Vol. 23 Nr. 1 2012<br />
Pädiatrische Rheumatologie<br />
Marie-Josèphe Sauvain, Belfaux<br />
Fachorganisation<br />
Schweizerische Arbeitsgruppe für pädiatrische<br />
Rheumatologie<br />
Gegrün<strong>de</strong>t 1998<br />
• Präsi<strong>de</strong>ntin: M. J. Sauvain, Freiburg<br />
• Sekretär: M. Hofer, Lausanne<br />
• Quästorin: T. Saurenmann, Zürich<br />
Ziele<br />
• Verbesserung <strong>de</strong>r Qualität <strong>de</strong>r Behandlung<br />
von Kin<strong>de</strong>rn und Adoleszenten mit Krankheiten<br />
<strong>de</strong>s Bewegungsapparates und systemischen<br />
Entzündungskrankheiten und<br />
die Sicherstellung eines optimalen Übergangs<br />
zur Erwachsenen-Rheumatologie.<br />
• För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Forschung insbeson<strong>de</strong>re<br />
durch nationale und internationale Zusammenarbeit.<br />
• Festlegung <strong>de</strong>r Qualitätskriterien für multidisziplinäre<br />
kin<strong>de</strong>rrheumatologische<br />
Zentren.<br />
• För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Ausbildung in Kin<strong>de</strong>rrheumatologie<br />
sowohl bei <strong>de</strong>n Ärzten wie bei<br />
allen Mitglie<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>s Behandlungsteams.<br />
• Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>n Schweizerischen<br />
Gesellschaften für Pädiatrie und<br />
Rheumatologie und mit <strong>de</strong>n Patientenvereinigungen.<br />
Aktivitäten<br />
• Führung eines schweizerischen Registers<br />
<strong>de</strong>r rheumatischen Erkrankungen im Kin<strong>de</strong>salter<br />
(verantwortlich M. Hofer).<br />
• Gründung eines Langzeitregisters für<br />
Kin<strong>de</strong>r mit rheumatischen Erkrankungen,<br />
die mit «Biologika» behan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n<br />
(verantwortlich I. Bolt) und eines Registers<br />
<strong>de</strong>r Uveiti<strong>de</strong>n im Kin<strong>de</strong>salter (vor<br />
allem in Zusammenhang mit rheumatischen<br />
Erkrankungen) (verantwortlich<br />
T. Saurenmann).<br />
• Informationsbroschüre für Eltern über<br />
juvenile idiopathische Arthriti<strong>de</strong>n, in <strong>de</strong>n<br />
3 nationalen Sprachen erhältlich (Autorin<br />
D. Kaiser. Herausgeber: Schweizerische<br />
Rheumaliga).<br />
• Organisation von Veranstaltungen zur<br />
Information und zum Austausch für Familien<br />
mit einem an juveniler idiopathischer<br />
Arthritis erkrankten Kind:<br />
· In <strong>de</strong>r Romandie: Ligue genevoise contre<br />
le rhumatisme/M. Hofer.<br />
· In <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Schweiz: Schweizerische<br />
Rheumaliga/I. Bolt/T. Saurenmann.<br />
· Die Genfer Rheumaliga organisiert<br />
während <strong>de</strong>n Osterferien ein Lager für<br />
Kin<strong>de</strong>r mit rheumatischen Erkrankungen<br />
(B. Fonjallaz, Genfer Rheumaliga).<br />
Schwerpunkt seit 2010<br />
Die Leiter <strong>de</strong>r meisten Sprechstun<strong>de</strong>n haben<br />
im Rahmen <strong>de</strong>r Übergangsbestimmungen<br />
diesen Schwerpunkt erhalten: Nähere<br />
Informationen siehe: FMH/doctorfmh.ch/<br />
Kin<strong>de</strong>r und Jugendmedizin/pädiatrische<br />
Rheumatologie.<br />
Ausbildung zum Schwerpunkt:<br />
Siehe homepage<br />
Homepage: www.childrheum.ch: insbeson<strong>de</strong>re<br />
für die Liste von Veranstaltungen<br />
und Kurse in <strong>de</strong>r Schweiz und im<br />
Ausland.<br />
Korrespon<strong>de</strong>nzadresse<br />
sauvain.family@sunrise.ch<br />
34
Vol. 23 Nr. 1 2012<br />
Aktuelles aus <strong>de</strong>m pädiatrischen Fachbereich<br />
Kin<strong>de</strong>rkardiologie<br />
Nicole Sekarski, Lausanne; Christian Balmer, Zürich<br />
kardiologen sind Mitglie<strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>ner<br />
Arbeitsgruppen und Komitees dieser Gesellschaft<br />
und nehmen so an <strong>de</strong>r Zukunftsorientierung<br />
<strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rkardiologie teil.<br />
Organisation<br />
Schweizerische Gesellschaft für Pädiatrische<br />
Kardiologie (SGPK)<br />
Komittee 2012/2013<br />
Präsi<strong>de</strong>nt<br />
Nicole Sekarski, Lausanne<br />
Sekretär<br />
Anna Cavigelli, Zürich<br />
Wissenschaftlicher Sekretär<br />
Stefano Di Bernardo, Lausanne<br />
Präpräsi<strong>de</strong>nt<br />
Christian Balmer, Zürich<br />
Pastpräsi<strong>de</strong>nt<br />
Jean-Pierre Pfammatter, Bern<br />
Mitglie<strong>de</strong>rstatistik<br />
Die schweizerische Gesellschaft für Pädiatrische<br />
Kardiologie hat 66 Mitglie<strong>de</strong>r, wovon<br />
7 Juniormitglie<strong>de</strong>r in Ausbildung für<br />
pädiatrische Kardiologie, 10 Seniorenmitglie<strong>de</strong>r<br />
nach Pensionierung, 4 Korrespon<strong>de</strong>nzmitglie<strong>de</strong>r<br />
im Ausland und 9 ausseror<strong>de</strong>ntliche<br />
Mitgli<strong>de</strong>r sind.<br />
Aktivitäten<br />
Die Gesellschaft trifft sich 2-mal im Jahr zu<br />
einer or<strong>de</strong>ntlichen Sitzung. Die Frühlingssitzung<br />
ist eine administrative Sitzung, die<br />
im Rahmen <strong>de</strong>s jährlichen schweizerischen<br />
Kardiologiekongresses stattfin<strong>de</strong>t. Die<br />
Herbstsitzung ist ein wissenschaftliches<br />
Symposium, das alternativ in je<strong>de</strong>m schweizerischen<br />
Kin<strong>de</strong>rkardiologiezentrum organisiert<br />
wird.<br />
Der Zweck <strong>de</strong>r Gesellschaft ist die För<strong>de</strong>rung<br />
<strong>de</strong>r Grundlagen- und angewandten<br />
Forschung sowie die Weiter- und Fortbildung<br />
auf <strong>de</strong>m Gebiet <strong>de</strong>r pädiatrischen<br />
Kardiologie. Die Gesellschaft wahrt die Interessen<br />
ihrer Mitglie<strong>de</strong>r und bezweckt<br />
eine enge Zusammenarbeit und Meinungsaustausch<br />
auf <strong>de</strong>m Gebiet <strong>de</strong>r pädiatrischen<br />
Kardiologie im In- und Ausland. Sie<br />
ist um eine fachspezifische Qualitätssicherung<br />
besorgt.<br />
Die Gesellschaft hat sich auch zum Ziel<br />
gemacht, die wissenschaftliche Arbeit auf<br />
<strong>de</strong>m Gebiet <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rkardiologie zu stimulieren<br />
und multizentrische Studien zu unterstützen.<br />
Ein schweizerisches Register für<br />
kongenitale Herzfehler wird dazu realisiert.<br />
Vernetzung<br />
Schweizerische Gesellschaft<br />
für Pädiatrie<br />
Die Kin<strong>de</strong>rkardiologie ist zurzeit ein<br />
Schwerpunkt <strong>de</strong>r Pädiatrie und pflegt eine<br />
enge Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>r schweizerischen<br />
Gesellschaft für Pädiatrie. Die Kin<strong>de</strong>rkardiologen<br />
sind überzeugt, dass eine<br />
gute Grundausbildung in Pädiatrie wichtig<br />
ist, um <strong>de</strong>n Schwerpunkttitel zu erhalten.<br />
Jedoch erstrebt die schweizerische Gesellschaft<br />
für pädiatrische Kardiologie, wie auf<br />
europäischer Ebene, einen eigenen Titel zu<br />
haben.<br />
Schweizerische Gesellschaft<br />
für Kardiologie<br />
Die Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>r schweizerischen<br />
Gesellschaft für Kardiologie ist ebenso<br />
eng. Diese Zusammenarbeit hat sich in<br />
<strong>de</strong>n letzten Jahren noch verstärkt mit <strong>de</strong>r<br />
gemeinsamen Behandlung <strong>de</strong>r Erwachsenen<br />
mit angeborenen Herzfehlern, <strong>de</strong>ren<br />
Anzahl in <strong>de</strong>n nächsten Jahren noch wachsen<br />
wird. Die SGPK ist auch je<strong>de</strong>s Jahr eine<br />
eingela<strong>de</strong>ne Gesellschaft bei ihrem jährlichen<br />
Kongress.<br />
Europäische Gesellschaft<br />
für Pädiatrische Kardiologie (AEPC)<br />
Die AEPC ist die europäische Muttergesellschaft,<br />
die sich um die Standardisierung<br />
<strong>de</strong>r Ausbildung in Kin<strong>de</strong>rkardiologie und <strong>de</strong>r<br />
Erhaltung <strong>de</strong>s Subspezialistentitels auf europäischer<br />
Ebene kümmert. Die SGPK orientiert<br />
sich an diesen Standards. Die AEPC<br />
trifft sich 1-mal im Jahr zu einem wissenschaftlichen<br />
Kongress mit administrativen<br />
Sitzungen. Mehrere schweizerische Kin<strong>de</strong>r-<br />
Korrespon<strong>de</strong>nzadresse<br />
Dr. A. Cavigelli, Sekretärin<br />
Universitätskin<strong>de</strong>rspital<br />
Steinwiestrasse 75<br />
8032 Zürich<br />
Anna.Cavigelli@kispi.uzh.ch<br />
35
Aktuelles aus <strong>de</strong>m pädiatrischen Fachbereich<br />
Vol. 23 Nr. 1 2012<br />
Entwicklungspädiatrie<br />
Stoffwechselkrankheiten<br />
Matthias Baumgartner, Zürich<br />
Myriam Bickle Graz, Lausanne<br />
Fachorganisation<br />
Schweizerische Gesellschaft für Entwicklungspädiatrie<br />
Präsi<strong>de</strong>ntin 2011<br />
Myriam Bickle Graz<br />
Homepage<br />
http://www.entwicklungspaediatrie.ch/<br />
Anzahl Titelträger<br />
39, wovon 18 in <strong>de</strong>r Praxis<br />
Facharztprüfung<br />
Informationen unter:<br />
info@entwicklungspaediatrie.ch<br />
Hauptaktivitäten 2011<br />
• Jahresversammlung und entwicklungspädiatrische<br />
Jahrestagung am 3. November<br />
in Olten, zum Thema Gui<strong>de</strong>lines in Entwicklungspädiatrie.<br />
Die Referenten waren<br />
Françoise Bovet-Boone (Sprachstörungen),<br />
Sébastien Jacquemont (Entwicklungsrückstand),<br />
Felicitas Steiner (motorische<br />
Ungeschicklichkeit).<br />
• Organisation <strong>de</strong>r ersten mündlich-theoretischen<br />
Prüfung (Übergangsbestimmungen<br />
6.6) am 20. Januar 2012 im<br />
Kin<strong>de</strong>rspital Zürich, Abteilung Entwicklungspädiatrie).<br />
• Aufbau <strong>de</strong>r Webseite www.entwicklungspaediatrie.ch.<br />
Korrespon<strong>de</strong>nzadresse<br />
Dr Myriam Bickle Graz<br />
Chef <strong>de</strong> Clinique<br />
Unité <strong>de</strong> Développement<br />
Néonatologie<br />
1011 CHUV Lausanne<br />
Fachorganisation<br />
Swiss Group for Inborn Errors of Metabolism<br />
(SGIEM)<br />
Präsi<strong>de</strong>nt 2011<br />
Brian Fowler, Basel<br />
Sekretär 2011<br />
Matthias Baumgartner, Zürich<br />
Homepage<br />
keine<br />
Anzahl Titelträger<br />
kein eigenständiger Titel<br />
Facharztprüfung<br />
keine eigenständige Facharztprüfung<br />
Hauptaktivitäten 2011<br />
• Organisation und Ausrichtung <strong>de</strong>r Jahreskongresses<br />
<strong>de</strong>r «Society for the Study of<br />
Inborn Errors of Metabolism» (SSIEM)<br />
30.8.–2.9.2011 in Genf.<br />
• Organisation und Ausrichtung <strong>de</strong>r Jahrestagung<br />
<strong>de</strong>r Arbeitsgemeinschaft für<br />
pädiatrische Stoffwechselstörungen<br />
(APS, Deutschland, Österreich, Schweiz)<br />
9.–11.3.2011 in Fulda.<br />
• Koordination <strong>de</strong>r klinischen Versorgung<br />
von Patienten mit angeborenen Stoffwechselkrankheiten<br />
in Zusammenarbeit<br />
mit <strong>de</strong>n pädiatrischen A- und B-Kliniken.<br />
· Metabolisches Netzwerk Südwest (Koordinatoren<br />
Bern-Lausanne).<br />
· Metabolisches Netzwerk Nordost (Koordinator<br />
Zürich).<br />
• Koordination <strong>de</strong>s Angebots an Stoffwechsel-Spezialanalytik<br />
an <strong>de</strong>n Universitätsspitälern.<br />
• Koordination <strong>de</strong>s Neugeborenen-Screenings<br />
für angeborene Stoffwechselkrankheiten<br />
inkl. Entwicklung von Konzepten<br />
zur Erweiterung <strong>de</strong>s Neugeborenenscreenings<br />
und <strong>de</strong>ren Präsentation bei <strong>de</strong>n<br />
Chefärzten <strong>de</strong>r A-Kliniken sowie beim<br />
BAG.<br />
• Beantragung <strong>de</strong>r Übernahme von notifizierten<br />
diätetischen Lebensmitteln für<br />
beson<strong>de</strong>re medizinische Zwecke (FSMP)<br />
in die GGML und damit zur Kostenübernahme<br />
durch Krankenkasse und IV.<br />
• Schweizerische Arbeitsgruppe für Lysosomale<br />
Speicherkrankheiten (SALS,<br />
http://sals.ch/i6/sals/iSix_sals.cgi).<br />
• Akkreditierung/Anerkennung <strong>de</strong>s Stoffwechselzentrums<br />
am Kin<strong>de</strong>rspital Zürich<br />
als «European training centre for inborn<br />
errors of metabolism» durch die European<br />
Aca<strong>de</strong>my of Paediatrics.<br />
Korrespon<strong>de</strong>nzadresse<br />
Prof. Dr. med. Matthias Baumgartner<br />
Abteilung für Stoffwechselkrankheiten<br />
Universitäts-Kin<strong>de</strong>rspital<br />
Steinwiesstrasse 75<br />
8032 Zürich<br />
Matthias.Baumgartner@kispi.uzh.ch<br />
36
Vol. 23 Nr. 1 2012<br />
FMH-Quiz<br />
FMH-Quiz 47<br />
Fallvorstellung<br />
Der 8-jährige Fernando wird <strong>de</strong>m Neuropädiater<br />
wegen seit mehreren Wochen rezidivieren<strong>de</strong>n<br />
Kopfschmerzen vorgestellt,<br />
welche multiple Schulabwesenheiten verursacht<br />
haben. Die Schmerzen sind frontal<br />
links lokalisiert, pulsierend und manchmal<br />
von Nausea und Erbrechen begleitet. Die<br />
Schmerzen dauern eine bis mehrere Stun<strong>de</strong>n<br />
und Fernando ist dabei gezwungen,<br />
seine Tätigkeiten zu unterbrechen und sich<br />
hinzulegen. Die «Krisen» treten 5–6-Mal<br />
alle 15 Tage auf mit Remissionen dazwischen.<br />
Er bekommt je<strong>de</strong>s Mal eine effiziente<br />
Schmerztherapie. Die vollständige körperliche<br />
Untersuchung ist normal; <strong>de</strong>r<br />
Blutdruck beträgt 100/60 mm Hg.<br />
Frage 1<br />
Nennen Sie 5 Ursachen akuter Kopfschmerzen<br />
im Kin<strong>de</strong>salter.<br />
Frage 2<br />
Welche ist Ihre Verdachtsdiagnose bei<br />
Fernando? Bitte geben Sie 5 Argumente<br />
dafür.<br />
Frage 3<br />
Nennen Sie 3 allgemeine (nicht-medikamentöse)<br />
therapeutische Massnahmen.<br />
Frage 4<br />
Nennen Sie 2 Klassen von wirksamen Medikamenten<br />
für die Akutphase.<br />
37
FMH-Quiz<br />
Vol. 23 Nr. 1 2012<br />
Antwort 1<br />
Ursachen akuter Kopfschmerzen:<br />
• Obere Luftwegsinfektionen<br />
• Migräneattacke<br />
• Meningitis<br />
• Posttraumatische Kopfschmerzen<br />
• Vaskulär (Hirnblutung, TIA/Schlaganfall)<br />
Kopfschmerzen: Primär vs. sekundär<br />
Die primären o<strong>de</strong>r sogenannten «idiopathischen»<br />
Kopfschmerzen wer<strong>de</strong>n auch im<br />
Kin<strong>de</strong>s- und Jugendalter überwiegend<br />
durch Migräne und Spannungskopfschmerzen<br />
mit einer Prävalenz von 10–15% resp.<br />
25% im Alter von 10 Jahren repräsentiert.<br />
Konsensusartikel <strong>de</strong>r amerikanischen Kin<strong>de</strong>r-<br />
und Erwachsenenneurologen bestätigt,<br />
dass Zusatzuntersuchungen wie Labor,<br />
LP, EEG o<strong>de</strong>r Bildgebung ohne «Alarmzeichen»<br />
in <strong>de</strong>r Anamnese und bei normaler,<br />
neurologischer Untersuchung (inklusive<br />
Fundoskopie) nicht indiziert sind 3) .<br />
Antwort 2<br />
1. Verdachtsdiagnose: Migräne ohne Aura.<br />
2. Diagnostische Kriterien:<br />
• Anzahl Attacken: Min<strong>de</strong>stens 5<br />
• Dauer: Mind. 1 Std. bis mehrere (max.<br />
72) Std.<br />
• Lokalisation: Einseitig und frontal<br />
• Besserung: Liegen resp. Schonhaltung<br />
• Schmerzqualität: Pulsierend<br />
• Begleitsymptome: Nausea und Erbrechen<br />
Antwort 3<br />
Allgemeine, nichtmedikamentöse Massnahmen:<br />
• Liegen/Schonhaltung/Schlaf<br />
• Reizabschirmung von Licht und Lärm<br />
• Lokale Kälteapplikation<br />
Antwort 4<br />
In <strong>de</strong>r Akutphase wirksam:<br />
• Analgetika (Ibuprofen, Paracetamol)<br />
• Triptane (Schweiz: Erst ab 12 Jahren Sumatriptan<br />
Nasenspray 20 mg)<br />
Kommentar<br />
Dr. med. Tobias Iff, Zürich<br />
Akute Kopfschmerzen<br />
In pädiatrischen Notfallstationen stellen<br />
akute Kopfschmerzen 0.8% aller Konsultationsgrün<strong>de</strong><br />
dar. Sie können sowohl primärer<br />
als auch sekundärer Genese sein. Die<br />
häufigsten Ursachen <strong>de</strong>r akuten Kopfschmerzen<br />
sind obere Luftwegsinfektionen<br />
mit Fieber (total 57%), meist viraler<br />
Ätiologie (39%), aber auch Sinusitis (9%)<br />
und Streptokokkentonsillitis (9%). Am<br />
zweithäufigsten sind Migräneattacken<br />
ohne Aura (18%), gefolgt von viralen Meningiti<strong>de</strong>n<br />
(9%) und je nach Studie posttraumatische<br />
Kopfschmerzen nach Hirnerschütterung<br />
(1.3–8.6%).<br />
Auch akut interventionsbedürftige Ursachen<br />
wie Hirntumore (2.6%), intrakranielle<br />
Blutungen bei arteriovenöser Malformation<br />
(1.3%) und VP-Shuntdysfunktionen (2%)<br />
können sich selten in Form akuter Kopfschmerzen<br />
äussern 1) .<br />
Ihre Diagnose erfolgt auf klinischer Basis mit<br />
Hilfe <strong>de</strong>r anamnestischen Klassifikationskriterien<br />
<strong>de</strong>r Internationalen Kopfschmerzgesellschaft<br />
(International Headache<br />
Society=IHS 2) ) und <strong>de</strong>r allgemeinpädiatrischen<br />
und neurologischen Untersuchung.<br />
Im Folgen<strong>de</strong>n wird nur auf die Migräne eingegangen.<br />
Sekundäre Kopfschmerzen treten als Begleiterscheinung<br />
o<strong>de</strong>r als Folge einer an<strong>de</strong>ren<br />
Erkrankung auf. Mehrere Studien haben<br />
gezeigt, dass es sowohl bei akuten als auch<br />
rezidivieren<strong>de</strong>n Kopfschmerzen klinisch<br />
zuverlässig und mit grosser Wahrscheinlichkeit<br />
gelingt 1), 3) , sekundäre Kopfschmerzen<br />
erkennen respektive ausschliessen zu<br />
können. Die in Tabelle 1 aufgeführten<br />
«Alarmzeichen» in Anamnese und Status<br />
können auf sekundäre, interventionsbedürftige<br />
Kopfschmerzen hinweisen und<br />
sollten zu einer Weiterabklärung führen. Ein<br />
Migräne<br />
1. Diagnose: Die Migräne zeigt einen rezidivieren<strong>de</strong>n<br />
Verlauf mit einer Prävalenz von<br />
3% bei 3- bis 7-Jährigen, gefolgt von 4–11%<br />
bei 7- bis 11-Jährigen und 8–23% bei 11- bis<br />
15-Jährigen 3) . Sie beginnt bei Knaben häufig<br />
präpuberal, bei Mädchen meist im/nach<br />
<strong>de</strong>m Pubertätsalter. Die in Finnland zwischen<br />
1974 und 2002 fast 4-fach zunehmen<strong>de</strong><br />
Migräneinzi<strong>de</strong>nz wird in Zusammenhang<br />
mit heutigen «lifestyle»-Faktoren wie<br />
vermin<strong>de</strong>rte Schlafdauer, Medienkonsum,<br />
energy drinks u. a. in Zusammenhang gebracht<br />
4) .<br />
Auch im Kin<strong>de</strong>salter wird die Diagnose an<br />
Hand <strong>de</strong>r internationalen Klassifikationskriterien<br />
(Tabelle 2 und 2) ) gestellt, die Manifestation<br />
unterschei<strong>de</strong>t sich jedoch in folgen<strong>de</strong>n<br />
Punkten von <strong>de</strong>n Kriterien im<br />
Erwachsenenalter: Die fünf gefor<strong>de</strong>rten Episo<strong>de</strong>n<br />
mittel bis starker Intensität zeigen:<br />
Alarmzeichen in <strong>de</strong>r Anamnese<br />
• Alter < 3 Jahre<br />
• Perakute Kopfschmerzen<br />
• Nächtliches Erwachen wegen Kopfschmerzen<br />
• Nüchtern Erbrechen, wie<strong>de</strong>rholtes Erbrechen bei vorher gesun<strong>de</strong>m Kind<br />
• Progrediente Kopfschmerzen ohne Ansprechen auf Therapie<br />
• Kürzlicher Beginn eines intensiven Kopfschmerzes<br />
• Än<strong>de</strong>rung eines lange vorbestehen<strong>de</strong>n Kopfschmerzes<br />
• Wesensän<strong>de</strong>rung und Schulleistungsabfall<br />
• Occipitale Lokalisation (kann auf Pathologie in hinterer Schä<strong>de</strong>lgrube hinweisen)<br />
• Neurologische Auffälligkeiten: Bewusstseinsän<strong>de</strong>rungen, epileptische Anfälle, Sehstörungen<br />
wie Doppelbil<strong>de</strong>r, Gangauffälligkeiten, Sensibilitätsstörungen, Paresen u. a.<br />
Alarmzeichen im Status<br />
• Makrozephalie (v. a. ohne bekannte, familiäre Makrozephalie)<br />
• Meningismus, v. a. mit Fieber<br />
• Stauungspapillen<br />
• Augenmotilitätsstörungen, v. a. Abducens-, Okulomotoriusparese, Nystagmus u. a.<br />
• An<strong>de</strong>re Hirnnervenausfälle wie Fazialisparese<br />
• Schiefhals<br />
• Gang- und/o<strong>de</strong>r Extremitätenataxie, Intentionstremor<br />
• Fokale Ausfälle wie Hemiparesen, Sensibilitätsstörungen, Pyrami<strong>de</strong>nbahnzeichen<br />
(Babinski!) u. a.<br />
Tabelle 1: «Alarmzeichen» bei Kopfschmerzen<br />
38
Vol. 23 Nr. 1 2012<br />
FMH-Quiz<br />
1. Kürzere Dauer von min<strong>de</strong>stens 1 Std.,<br />
unbehan<strong>de</strong>lt (im Vorschulalter häufig<br />
nur ½ Std.).<br />
2. Meist beidseitige, fronto-temporale Lokalisation.<br />
3. Kopfschmerzverstärkung durch körperliche<br />
Aktivität führt meist zu einer<br />
Schonhaltung.<br />
4. Pulsieren<strong>de</strong> Charakter meist erst ab<br />
Adoleszenz.<br />
5. Begleitsymptome: Nausea (und Schwin<strong>de</strong>l)<br />
häufig, Erbrechen eher selten, Photo-<br />
und Phonophobie häufig in Form<br />
einer Vermeidungshaltung.<br />
Das letzte diagnostische Kriterium ist <strong>de</strong>r<br />
Ausschluss einer Grun<strong>de</strong>rkankung, weil<br />
kein biologischer Marker zur Bestätigung<br />
<strong>de</strong>r Migränediagnose besteht.<br />
Pathophysiologisch spielt eine genetische<br />
Prädisposition eine wichtige Rolle, da bei ¾<br />
<strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rn mit einer Migräne auch ein Elternteil<br />
eine solche Symptomatik zeigt(e).<br />
Die Familienanamnese ist <strong>de</strong>mnach ein<br />
wichtiges Indiz, obwohl sie nicht als valables<br />
Kriterium in die IHS-Klassifikation mit<br />
einbezogen wird.<br />
Die Migräne mit Aura (früher: Migraine<br />
accompagnée) tritt im Kin<strong>de</strong>salter seltener<br />
auf und kommt meistens erst ab<br />
Jugendalter vor, wobei wie im Erwachsenenalter<br />
die visuellen Reiz- o<strong>de</strong>r Ausfallssymptome<br />
am häufigsten sind,<br />
gefolgt von sensorischen und dysarthrischen<br />
Symptomen je > 5 Min. und<br />
< 60 Min. Dauer (Tabelle 2). Das <strong>de</strong>r Aura<br />
zugrun<strong>de</strong>liegen<strong>de</strong> Phänomen <strong>de</strong>r «cortical<br />
spreading <strong>de</strong>pression», einer von<br />
occipital nach frontal mit 2–6 mm/Minute<br />
verlaufen<strong>de</strong>n Welle mit Induktion einer<br />
Nervenzellaktivitätsmin<strong>de</strong>rung, erklärt<br />
die charakteristische, häufig<br />
zeitlich und örtlich wan<strong>de</strong>rn<strong>de</strong> Aurasymptomatik<br />
(z. B. aufsteigen<strong>de</strong> Parästhesien<br />
von <strong>de</strong>r Hand zum Unterarm und zur<br />
ipsilateralen Zungenhälfte 5) ).<br />
Im Kin<strong>de</strong>salter fin<strong>de</strong>n sich zu<strong>de</strong>m seltene,<br />
wahrscheinliche «Migräneäquivalente» in<br />
Form von paroxysmalen Krankheitsbil<strong>de</strong>rn:<br />
Benigne, paroxysmale Tortikollis und Vertigo,<br />
Abdominalmigräne, «confusional migraine»<br />
und das zyklische Erbrechen 6) .<br />
2. Therapie<br />
Im Kin<strong>de</strong>s- und Jugendalter existieren nur<br />
wenige evi<strong>de</strong>nzbasierte, auf randomisierten,<br />
doppelblind-placebokontrollierten Studien<br />
aufbauen<strong>de</strong> Therapierichtlinien. Diese<br />
sollten unter Berücksichtigung <strong>de</strong>r individuellen<br />
Faktoren und allfällig zu beachten<strong>de</strong>r<br />
Nebenwirkungen zum individuellen Therapieplan<br />
führen.<br />
Allgemeine Massnahmen: Das Vermei<strong>de</strong>n<br />
auslösen<strong>de</strong>r Faktoren (ungenügen<strong>de</strong> Trinkmenge,<br />
direkte Sonnenbestrahlung u. a.),<br />
gesundheitshygienische Massnahmen (regelmässiger<br />
Mahlzeiten-/Schlafrhythmus)<br />
sowie zurückhalten<strong>de</strong>r Konsum von koffeinhaltigen<br />
Getränken können <strong>de</strong>n Verlauf<br />
39
FMH-Quiz<br />
Vol. 23 Nr. 1 2012<br />
Migräne ohne Aura<br />
A Min<strong>de</strong>stens 5 Attacken, welche die Kriterien B–D erfüllen.<br />
B Kopfschmerzattacken, die (unbehan<strong>de</strong>lt o<strong>de</strong>r erfolglos behan<strong>de</strong>lt) 4–72 Stun<strong>de</strong>n dauern.<br />
C Der Kopfschmerz weist min<strong>de</strong>stens zwei <strong>de</strong>r folgen<strong>de</strong>n Charakteristika auf:<br />
• Einseitige Lokalisation<br />
• Pulsieren<strong>de</strong>r Charakter<br />
• Mittlere o<strong>de</strong>r starke Schmerzintensität<br />
• Verstärkung durch körperliche Routineaktivitäten (z. B. Treppensteigen) o<strong>de</strong>r führt<br />
zu <strong>de</strong>ren Vermeidung<br />
D Während <strong>de</strong>s Kopfschmerzes besteht min<strong>de</strong>stens eines:<br />
• Übelkeit und/o<strong>de</strong>r Erbrechen<br />
• Photophobie und Phonophobie<br />
E Nicht auf eine an<strong>de</strong>re Erkrankung zurückzuführen, d. h. nicht auf sekundäre Ursachen<br />
wie im Kapitel 5 bis 12 beschrieben.<br />
Aura mit Migräne<br />
A Min<strong>de</strong>stens 2 Attacken, welche die Kriterien B–D erfüllen.<br />
B Die Aura besteht aus min<strong>de</strong>stens einem <strong>de</strong>r folgen<strong>de</strong>n Symptome, nicht aber aus<br />
einer motorischen Schwäche:<br />
1. Vollständig reversible visuelle Symptome mit positiven (z. B. flackern<strong>de</strong> Lichter,<br />
Punkte o<strong>de</strong>r Linien) und/o<strong>de</strong>r negativen Merkmalen (d. h. Sehverlust).<br />
2. Vollständig reversible sensible Symptome mit positiven (d. h. Kribbelmissempfindungen)<br />
und/o<strong>de</strong>r negativen Merkmalen (d. h. Taubheitsgefühl)<br />
3. Vollständig reversible dysphasische Sprachstörung<br />
C Wenigstens 2 <strong>de</strong>r folgen<strong>de</strong>n Punkte sind erfüllt:<br />
1. Homonyme visuelle Symptome und/o<strong>de</strong>r einseitige sensible Symptome<br />
2. Wenigstens ein Aurasymptom entwickelt sich allmählich über ≥ 5 Minuten hinweg<br />
und/o<strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>ne Aurasymptome treten nacheinan<strong>de</strong>r in Abstän<strong>de</strong>n von<br />
≥ 5 Minuten auf<br />
3. Je<strong>de</strong>s Symptom hält ≥ 5 Minuten und ≤ 60 Minuten an.<br />
D Kopfschmerzen, die die Kriterien B–D für eine Migräne ohne Aura erfüllen, beginnen<br />
noch während <strong>de</strong>r Aura o<strong>de</strong>r folgen <strong>de</strong>r Aura innerhalb von 60 Minuten.<br />
E Nicht auf eine an<strong>de</strong>re Erkrankung zurückzuführen.<br />
Tabelle 2: IHS-Klassifikation: Diagnosekriterien für Migräne ohne Aura und Aura mit Migräne<br />
1. Attackentherapie Dosierung Nebenwirkungen (NW)<br />
Kontraindikationen (KI)<br />
1. Paracetamol 15 mg/kg KG/Dosis selten Nebenwirkungen<br />
2. Ibuprofen 10 mg/kg KG/Dosis selten Nebenwirkungen<br />
3. Sumatriptan 20 mg nasal CH: Nur ab 12 Jahren zugelassen. Häufige<br />
NW: Übelkeit bis Erbrechen, Müdigkeit,<br />
Engegefühl Brust. KI: nicht in Migräneaura,<br />
nicht bei Patienten mit Gefässrisiko wegen<br />
Ischämiegefahr<br />
4. Zolmitriptan 5 mg nasal CH: «off-label». NW: Übelkeit<br />
5. Antiemetikum:<br />
Domperidon<br />
2. Migräneprophylaxe<br />
0.25 mg/kg KG/<br />
Dosis po<br />
Tabelle 3: Therapieempfehlungen bei Migräne<br />
Selten NW<br />
1. Flunarizin 5 bis 10 mg abends NW: Gewichtszunahme, Somnolenz,<br />
Depressive Verstimmung<br />
2. Propranolol 3 mg/kg KG/Tag NW: Orthostatische Symptomatik,<br />
<strong>de</strong>pressive Verstimmung, Leistungsbegrenzung.<br />
KI: Asthma u. a.<br />
3. Topiramat 12.5 bis 225 mg/Tag NW: neurokognitiv, dosisabhängig.<br />
Gewichtsabnahme<br />
4. Magnesium 9 mg/kg/Tag NW: Durchfall<br />
5. Vitamin B2 100–400 mg/Tag NW: Verstärkte Gelbverfärbung <strong>de</strong>s Urins<br />
günstig beeinflussen. Im Vorschulalter sind<br />
bei kurzen Attacken < ½-Stun<strong>de</strong>-Dauer in<br />
<strong>de</strong>r Regel Schonhaltung o<strong>de</strong>r Schlaf und<br />
Reizabschirmung (Licht, Lärm) meist ausreichend.<br />
Bei längerer Dauer sollte eine<br />
medikamentöse Therapie angewen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n,<br />
welche möglichst frühzeitig im Attackenablauf<br />
eingesetzt und ausreichend<br />
dosiert wer<strong>de</strong>n sollte. Dieser Grundsatz <strong>de</strong>r<br />
Attackentherapie wird häufig aus Angst vor<br />
Überdosierung o<strong>de</strong>r «Schmerzmittelabhängigkeit»<br />
ungenügend beachtet.<br />
Bei <strong>de</strong>r medikamentösen Therapie wird<br />
zwischen Attackentherapie und Prophylaxe<br />
unterschie<strong>de</strong>n (Tabelle 3):<br />
Therapie <strong>de</strong>r Migräneattacken: Die beste<br />
Evi<strong>de</strong>nz zur Attackentherapie ist für die<br />
Medikamente Ibuprofen in einer Dosierung<br />
von 10 mg/kg KG/Einzeldosis sowie Paracetamol<br />
15 mg/kg KG/Einzeldosis belegt 7) .<br />
Erfahrungsgemäss wer<strong>de</strong>n individuell aber<br />
häufig höhere Dosen zur wirksamen, initialen<br />
Attackencoupierung benötigt. Triptane<br />
sind die wirksamste Medikamentengruppe,<br />
mehrheitlich im Jugendalter erprobt und<br />
zugelassen, und sollten erst bei ungenügen<strong>de</strong>r<br />
Schmerzreduktion (< 50% Schmerzverbesserung<br />
innerhalb 1 Stun<strong>de</strong>) durch die<br />
oben erwähnten Schmerzmittel eingesetzt<br />
wer<strong>de</strong>n. Sie sind bei Migräne mit Aura aber<br />
in <strong>de</strong>r häufig vor <strong>de</strong>n Schmerzen auftreten<strong>de</strong>n<br />
Auraphase kontraindiziert. Am besten<br />
belegt und wirksam ist das in <strong>de</strong>r Schweiz<br />
ab 12 Jahren zugelassene Sumatriptan nasal<br />
20 mg. Als Alternative kann «off-label» auch<br />
Zolmitriptan 5 mg nasal eingesetzt wer<strong>de</strong>n<br />
7) . Für gewisse Kin<strong>de</strong>r können die vegetativen<br />
Begleitsymptome unangenehmer als<br />
die Kopfschmerzen sein. Empirisch kann bei<br />
Übelkeit trotz fehlen<strong>de</strong>r Evi<strong>de</strong>nz im Kin<strong>de</strong>salter<br />
Domperidon eingesetzt wer<strong>de</strong>n.<br />
Migräneprophylaxe: Bei zu starker Lebensqualitätseinschränkung<br />
(3–4 mittel bis<br />
starke Attacken pro Monat, meist mit<br />
Schul-/Freizeitausfall), langer Attackendauer<br />
o<strong>de</strong>r unwirksamer Attackentherapie<br />
ist eine medikamentöse Prophylaxe angebracht.<br />
Einzig mit <strong>de</strong>m Calciumantagonisten<br />
Flunarizin (Dosierung 5 mg/Tag bei<br />
5–11-Jährigen) konnte eine signifikante<br />
Wirksamkeit erzielt wer<strong>de</strong>n. Der nichtselektive<br />
Betablocker Propranolol wird auf Grund<br />
unterschiedlicher Datenlagen in Klasse-II-<br />
Studien nicht generell empfohlen, zeigt<br />
aber erfahrungsgemäss häufig eine gute<br />
40
Vol. 23 Nr. 1 2012<br />
FMH-Quiz<br />
Wirkung in einer Dosierung von 3 mg/kg<br />
KG/Tag 7) . Weniger evi<strong>de</strong>nzbasiert, aber<br />
wahrscheinlich auch wirksam ist das Antiepileptikum<br />
Topiramat bei Kin<strong>de</strong>rn im Alter<br />
von 6–15 Jahren 7) . Vergleichbares gilt für<br />
weitere Antiepileptika (Valproinsäure, Levetiracetam)<br />
sowie das Anti<strong>de</strong>pressivum<br />
Amitryptilin 7) . Häufig eingesetzt, aber wenig<br />
evi<strong>de</strong>nzbasiert sind Magnesium (signifikante<br />
Frequenzbesserung mit 9 mg/kg/Tag<br />
nur in <strong>de</strong>n ersten 2 Monaten, nicht aber<br />
über 4 Monate) 8) sowie Vitamin B2 (100–<br />
400 mg) 9) .<br />
Nichtpharmakologische Behandlungen wie<br />
Relaxationstechniken o<strong>de</strong>r Biofeedbackmetho<strong>de</strong>n<br />
zeigen in einzelnen Studien ebenfalls<br />
eine Wirkung bei Migräne 10) .<br />
3. Prognose<br />
Eine schwedische Follow-up-Studie über<br />
40 Jahre, welche an 73 Kin<strong>de</strong>rn im Alter von<br />
7–13 Jahren mit diagnostizierter Migräne<br />
gestartet wur<strong>de</strong>, zeigte, dass 23% <strong>de</strong>r Patienten<br />
vor <strong>de</strong>m Alter von 25 Jahren migränefrei<br />
waren, im Alter von rund 50 Jahren aber<br />
immer noch nur 46% 11) .<br />
Referenzen<br />
1) Acute Headache in Children and Adolescents presenting<br />
to the Emergency Department. Lewis,<br />
Qureshi. Headache 2000; 40: 202–203.<br />
2) The international classification of headache disor<strong>de</strong>rs.<br />
Classification Subcommitte of the International<br />
Headache Society. Cephalalgia 2004; 24: 9–160.<br />
3) Practice Parameter: Evaluation of children and<br />
adolescents with recurrent headaches. Lewis D et<br />
al. Neurology 2002; 59: 490–498.<br />
4) Long-term Trends in the Indicen<strong>de</strong> of Headache in<br />
Finnish Schoolchildren. Anttila et al. Pediatrics<br />
2006; 117; e 1197–e 1201.<br />
5) Migraine-Current Un<strong>de</strong>rstanding and Treatment.<br />
Goadsby, Lipton and Ferrari. N Engl J Med 2002;<br />
346 (4): 257–270.<br />
6) Pediatric migraine equivalents: occurence and clinical<br />
features in practice. Twaijri, Shevell. Pediatr<br />
Neurol 2002; 26: 365–368.<br />
7) Practice Parameter: Pharmacological treatment of<br />
migraine headaches in children and adolescents.<br />
Lewis D et al. Neurology 2004; 63: 2215–2224.<br />
8) Oral magnesium oxi<strong>de</strong> prophylaxis of frequent migrainous<br />
headache in children: a randomized,<br />
double-blind, placebo-controlled trial. Wang et al.<br />
Headache 2003; 43: 601–610.<br />
9) Treatment of Childhood Headaches. Gupta and<br />
Rothner. Current Neurology and Neuroscience Reports<br />
2001; 1: 144–154. The evaluation and management<br />
of paediatric headaches. Dooley JM. Paediatr<br />
Child Health Vol 14 No 1 January 2009: 24–30.<br />
10) Overview of diagnosis and management of paediatric<br />
headache. Part II: therapeutic management<br />
Termine C et al J Headache Pain 2011; 12: 25–34.<br />
11) A 40-year follow-up of school children with migraine.<br />
Bille B. Cephalalgia 1997; 17: 488–491.<br />
Korrespon<strong>de</strong>nzadresse<br />
Dr. med. Tobias Iff<br />
FMH Kin<strong>de</strong>r- und Jugendmedizin<br />
Schwerpunkt Neuropädiatrie<br />
Konsiliararzt Neuropädiatrie<br />
Stadtspital Triemli, Zürich<br />
Praxis für Kin<strong>de</strong>rneurologie<br />
Lavaterstrasse 83<br />
8002 Zürich<br />
Tel. 044 280 33 77<br />
Fax 044 280 33 78<br />
info@kin<strong>de</strong>rneurologie.ch<br />
41
Zeitschriftenreview<br />
Vol. 23 Nr. 1 2012<br />
Kin<strong>de</strong>runfälle<br />
Olivier Reinberg, Lausanne<br />
Übersetzung: Rudolf Schlaepfer, La Chaux-<strong>de</strong>-Fonds<br />
Sturzhelme beim Skifahren:<br />
Anwendung, Ten<strong>de</strong>nzen und<br />
Einstellung<br />
Dieser aus Australien stammen<strong>de</strong> Artikel<br />
interessiert uns, da er Fragen beantwortet,<br />
die uns betreffen. Die Autoren erinnern<br />
daran, dass bei Wintersportarten (Ski,<br />
Snowboard) das Tragen eines Sturzhelmes<br />
die Anzahl Schä<strong>de</strong>lhirntraumen je nach<br />
Studie um 16 bis 30% reduziert. Die US<br />
Consumer Product Safety Commission kam<br />
zum Schluss, dass 44% <strong>de</strong>r beim Skifahren<br />
aufgetretenen Schä<strong>de</strong>lhirntraumen beim<br />
Erwachsenen und 53% beim Kind hätten<br />
verhin<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n können. Trägt man nun<br />
einen Sturzhelm, wenn ja, weshalb, und<br />
wenn nicht, mit welchen Argumenten?<br />
In Australien tragen 16% Erwachsene und<br />
67% Kin<strong>de</strong>r bei Gleitsportarten einen Sturzhelm.<br />
Von 2003 bis 2008 war die Zunahme<br />
an Personen, die einen Sturzhelm tragen,<br />
beson<strong>de</strong>rs hoch, am eindrücklichsten war<br />
dies bei Kin<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Fall. Hat man sich ans<br />
Tragen <strong>de</strong>s Sturzhelmes gewöhnt, wird er<br />
regelmässig getragen (86% regelmässiges<br />
Tragen in <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen Gruppen).<br />
Kin<strong>de</strong>r, Männer und Snowboar<strong>de</strong>r zeigen<br />
eine ein<strong>de</strong>utig grössere Bereitschaft, einen<br />
Sturzhelm zu tragen, als die übrigen untersuchten<br />
Gruppen.<br />
Die Wahrscheinlichkeit, einen Sturzhelm zu<br />
tragen ist beim Kind 2.3 mal grösser als beim<br />
Erwachsenen, bei Männern 1.7 mal grösser<br />
als bei Frauen, und bei Snowboar<strong>de</strong>rn 1.5 mal<br />
grösser als bei Skifahrern. Begünstigt wird<br />
das Sturzhelmtragen durch Erfahrung, vorangegangenen<br />
Unfall, Skischule und Materialmiete.<br />
Von Kin<strong>de</strong>rn am meisten geschätzt<br />
wer<strong>de</strong>n die freestyle-Helme, von Erwachsenen<br />
die Standardhelme.<br />
Folgen<strong>de</strong> Grün<strong>de</strong> wer<strong>de</strong>n von Kin<strong>de</strong>rn, in<br />
abnehmen<strong>de</strong>r Häufigkeit, für das Tragen<br />
eines Sturzhelmes angegeben (die Argumente<br />
unterschei<strong>de</strong>n sich von <strong>de</strong>nen Erwachsener):<br />
Meine Eltern zwingen mich<br />
dazu, ich will nicht, dass mir etwas passiert,<br />
<strong>de</strong>r Helm hält meinen Kopf warm, meine<br />
grossen Brillen halten damit besser, meine<br />
Freun<strong>de</strong> tragen einen. Umgekehrt wer<strong>de</strong>n<br />
folgen<strong>de</strong> Grün<strong>de</strong> für das Nichttragen angegeben<br />
(auch hier unterschei<strong>de</strong>n sich die<br />
Grün<strong>de</strong> von <strong>de</strong>nen, die Erwachsene angeben):<br />
Sturzhelmtragen ist nicht obligatorisch,<br />
es ist unangenehm, ich fahre nur auf<br />
einfachen Anfängerpisten, ich mag <strong>de</strong>n<br />
look <strong>de</strong>r Helme nicht, ich kann gut Skilaufen<br />
und riskiere keine Kopfverletzung, keiner<br />
in meiner Familie/meiner Freun<strong>de</strong> trägt<br />
einen Sturzhelm.<br />
Die Autoren vergleichen ihre Resultate mit<br />
früher, in <strong>de</strong>r nördlichen Hemisphäre publizierten<br />
Studien und stellen keine grossen<br />
Unterschie<strong>de</strong> fest. Sie erinnern daran, dass<br />
die Argumente <strong>de</strong>r Kritiker <strong>de</strong>s Sturzhelmtragens<br />
bei Wintersportarten (Einschränkung<br />
<strong>de</strong>s Gehörs und <strong>de</strong>s Gesichtsfel<strong>de</strong>s,<br />
vermehrtes Risikoverhalten durch grösseres<br />
Sicherheitsgefühl, im Kin<strong>de</strong>salter mögliche<br />
Verletzungen <strong>de</strong>r Halswirbelsäule)<br />
durch 6 gut geführte Studien ausführlich<br />
verworfen wur<strong>de</strong>n.<br />
Die Autoren weisen auf die stark begünstigen<strong>de</strong>n<br />
Faktoren hin, wie das Beispiel <strong>de</strong>r<br />
Instruktoren und Patrouilleure und das<br />
Sturzhelmtragen in Skischulen. Sie werfen<br />
die politische Frage nach einem Obligatorium<br />
<strong>de</strong>s Sturzhelmtragens auf (zur Erinnerung:<br />
Australien gehörte zu <strong>de</strong>n Pionieren<br />
bezüglich Helmobligatorium für Fahrradfahrer).<br />
Referenz<br />
Cundy TP, Systermans BJ, Cundy WJ, Cundy<br />
PJ, Briggs NE, Robinson JB.<br />
Helmets for snow sports: Prevalence,<br />
trends, predictors and attitu<strong>de</strong>s to use.<br />
J Trauma 2010; 69 (6): 1486–1490.<br />
Studienzentrum: University of A<strong>de</strong>lai<strong>de</strong>,<br />
South Australia.<br />
Schlittelunfälle<br />
Die Autoren analysierten 403 in Schottland<br />
während 12 Tagen mit guten Schneever-<br />
hältnissen geschehene Schlittelunfälle. Es<br />
gab 36% Frakturen und 29% Schä<strong>de</strong>lhirntraumen.<br />
Die meisten Verletzungen wur<strong>de</strong>n<br />
ambulant behan<strong>de</strong>lt, 18% <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r wur<strong>de</strong>n<br />
jedoch hospitalisiert und 7% mussten<br />
operiert wer<strong>de</strong>n.<br />
Häufigste Unfallursache war ein Zusammenstoss<br />
mit einem unbewegten Objekt,<br />
gefolgt von unangepasster Stellung <strong>de</strong>s<br />
Rodlers (sic) o<strong>de</strong>r Benutzung einer Sprungschanze.<br />
Kein einziger Rodler trug einen<br />
Sturzhelm.<br />
Die Autoren halten es für sinnvoll, Eltern an<br />
Sicherheitsmassnahmen zu erinnern, die<br />
Unfälle verhin<strong>de</strong>rn «ohne die Freu<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s<br />
Schlittelns zu min<strong>de</strong>rn» (nochmals sic).<br />
Referenz<br />
Sledging is still a seasonal source of serious<br />
injury in Scottish children.<br />
Regan LA, Cooper JG.<br />
Scott Med J 2011; 56 (4): 188–190.<br />
Studienzentrum: Emergency Department,<br />
Aber<strong>de</strong>en Royal Infirmary, Aber<strong>de</strong>en AB25<br />
2ZN, Scotland, UK.<br />
Risiken im Zusammenhang mit<br />
verschluckten Knopfbatterien<br />
Die Autoren <strong>de</strong>s ersten Artikels berichten<br />
über <strong>de</strong>n Fall eines 3-monatigen Kin<strong>de</strong>s,<br />
das eine Knopfbatterie verschluckte, die<br />
ihm seine Schwester 2 Tage zuvor, in einem<br />
unüberwachten Moment, in <strong>de</strong>n Mund gelegt<br />
hatte. Die Batterie konnte durch eine<br />
Radiographie <strong>de</strong>s Abdomens lokalisiert<br />
wer<strong>de</strong>n. Die endoskopische Entfernung<br />
erwies sich als unmöglich, da die Batterie<br />
sich bereits in die Magenwand eingenistet<br />
hatte. Sie wur<strong>de</strong> durch Laparotomie entfernt.<br />
Bei <strong>de</strong>r Öffnung <strong>de</strong>s Magens hatte die<br />
10 mm grosse Batterie bereits die Magenwand<br />
durchschritten und war in Berührung<br />
<strong>de</strong>r Serosa und von nekrotischem Gewebe<br />
umgeben. Die Batterie war intakt und die<br />
Dichtung zwischen Ano<strong>de</strong> und Katho<strong>de</strong><br />
hatte sich nicht geöffnet. Das Kind verbrachte<br />
23 Tage im Spital bis eine vollständige<br />
enterale Ernährung wie<strong>de</strong>r aufgenommen<br />
wer<strong>de</strong>n konnte.<br />
Die Autoren unterstreichen die Tatsache,<br />
dass <strong>de</strong>r durch die Batterie erzeugte elektrische<br />
Strom und/o<strong>de</strong>r die chemische Verbrennung<br />
insbeson<strong>de</strong>re beim Kleinkind zu<br />
einer Ulzeration <strong>de</strong>r Magenschleimhaut<br />
42
Vol. 23 Nr. 1 2012<br />
Zeitschriftenreview<br />
führen können. Es besteht die einhellige<br />
Auffassung, dass ein Fremdkörper im Oesophagus<br />
notfallmässig entfernt wer<strong>de</strong>n<br />
muss, hingegen gehen die Meinungen bezüglich<br />
Fremdkörper, insbeson<strong>de</strong>re Knopfbatterien,<br />
im Magen auseinan<strong>de</strong>r. Die Autoren<br />
empfehlen ein ebenfalls rasches<br />
Entfernen (eine Haltung, die wir teilen).<br />
Der zweite Artikel berichtet über eine ähnliche<br />
Erfahrung: Auf 10 Kin<strong>de</strong>r, die eine<br />
Knopfbatterie verschluckt hatten, wiesen<br />
5 schwere Verletzungen <strong>de</strong>r Oesophaguso<strong>de</strong>r<br />
Magenmuskulatur auf, bei 2 war es<br />
zur Perforation gekommen, wovon eine bis<br />
in die Trachea, mit oeso-trachealer Fistelbildung.<br />
Die Autoren insistieren auf <strong>de</strong>r Tatsache,<br />
dass diese Verletzungen nicht nur <strong>de</strong>kubitus-,<br />
son<strong>de</strong>rn durch die beson<strong>de</strong>ren Eigenschaften<br />
<strong>de</strong>r Knopfbatterien bedingt sind,<br />
die <strong>de</strong>shalb notfallmässig entfernt wer<strong>de</strong>n<br />
müssen.<br />
Referenzen<br />
Severe gastric damage caused by button<br />
battery ingestion in a 3-month-old infant.<br />
S Honda, M Shinkai, Y Usui, et al.<br />
J Pediatr Surg 2010; 45 (9): e 23–e 26.<br />
Studienzentrum: Department of Surgery,<br />
Kanagawa Children’s Medical Center, Yokohama,<br />
Japon.<br />
Kimball SJ, Park AH, Rollins MD, Grimmer<br />
JF, Muntz H.<br />
A review of esophageal disc battery ingestions<br />
and a protocol for management.<br />
Arch Otolaryngol Head Neck Surg. 2010;<br />
136 (9): 866–871.<br />
Studienzentrum: University of Utah School<br />
of Medicine, Division of Otolaryngology-<br />
Head and Neck Surgery, Salt Lake, USA.<br />
Beinverletzungen durch<br />
Fahrradspeichen<br />
Diese nicht immer harmlosen Verletzungen<br />
sind in pädiatrischen Notfallstationen gut<br />
bekannt; es erstaunt mich <strong>de</strong>shalb, wie<br />
wenig bisher darüber berichtet wur<strong>de</strong>. Hier<br />
zwei Beiträge zu diesem Thema.<br />
Der erste beschreibt 3 4–6-jährige Kin<strong>de</strong>r,<br />
alle Passagiere auf <strong>de</strong>m Hintersitz eines<br />
Fahrra<strong>de</strong>s, <strong>de</strong>ren Beine in die sich drehen<strong>de</strong>n<br />
Speichen gerieten. Nur das jüngste war<br />
in einem Kin<strong>de</strong>rsitz mit einer Schutzvorrichtung.<br />
Alle drei erlitten eine Tibiafraktur,<br />
wobei in einem Fall eine Ostesynthese<br />
notwendig wur<strong>de</strong>.<br />
Im Zusammenhang mit diesen 3 schweren<br />
Fällen berichten die Autoren, dass in <strong>de</strong>n<br />
Nie<strong>de</strong>rlan<strong>de</strong>n (<strong>de</strong>m Veloland!) jährlich etwa<br />
4500 Kin<strong>de</strong>r in Notfallstationen versorgt<br />
wer<strong>de</strong>n, die sich als Passagier durch Kontakt<br />
mit <strong>de</strong>m Hinterrad verletzt haben. Sie<br />
betonen, wie wichtig es ist, Fahrradsitze zu<br />
benutzen, die die Beine <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r vor <strong>de</strong>n<br />
sich drehen<strong>de</strong>n Radspeichen schützen.<br />
Im zweiten Bericht aus Indien geht es um<br />
41 4–12-jährige Kin<strong>de</strong>r mit solchen Verletzungen,<br />
7 durch das Vor<strong>de</strong>r-, die übrigen<br />
34 durch das Hinterrad. Es kam zu 8 Frakturen,<br />
vor allem aber zu zahlreichen Hautable<strong>de</strong>rungen,<br />
wobei in mehreren Fällen<br />
die Achillessehne o<strong>de</strong>r Gelenke freigelegt<br />
wur<strong>de</strong>n. Fünf dieser Hautlappen wur<strong>de</strong>n<br />
nekrotisch.<br />
Die Autoren betonen, dass die Schwere<br />
dieser Verletzungen oft unterschätzt wird,<br />
da sie anfänglich harmloser aussehen als<br />
sie in Tatsache sind. Es wird empfohlen, sie<br />
systematisch nach 48 Stun<strong>de</strong>n nachzukontrollieren.<br />
Die Vorbeugung besteht selbstverständlich<br />
in kin<strong>de</strong>rgerechten Velositzen,<br />
aber auch im Tragen angepasster Schuhe.<br />
Referenzen<br />
Bicycle spoke-related injuries in children:<br />
Emphasise prevention.<br />
Kramer WL, Haaring GJ.<br />
Ned Tijdschr Geneeskd 2011; 155 (30–31):<br />
A 3736.<br />
Studienzentrum: Universitair Medisch Centrum<br />
– Wilhelmina Kin<strong>de</strong>rziekenhuis, afd.<br />
Kin<strong>de</strong>rchirurgie, Utrecht.<br />
Agarwal A, Pruthi M.<br />
Bicycle-spoke injuries of the foot in children.<br />
J Orthop Surg (Hong Kong). 2010 Dec; 18<br />
(3): 338–41.<br />
Studienzentrum: Department of Orthopaedics,<br />
Chacha Nehru Bal Chikitsalaya, Delhi,<br />
India.<br />
Hun<strong>de</strong> verursachen bei Kin<strong>de</strong>rn<br />
nicht nur Bissverletzungen<br />
In <strong>de</strong>n USA wer<strong>de</strong>n je<strong>de</strong>s Jahr 4.7 Millionen<br />
Kin<strong>de</strong>r von einem Hund gebissen. Vieles<br />
wur<strong>de</strong> zu Hun<strong>de</strong>bissen gesagt, überlegt<br />
und geschrieben. Aber an<strong>de</strong>re, durch <strong>de</strong>n<br />
Kontakt zwischen Kin<strong>de</strong>rn und Hun<strong>de</strong>n<br />
bedingte Verletzungsarten wur<strong>de</strong>n nie untersucht.<br />
Die Autoren haben alle Aufnahmen in ihrer<br />
Notfallstation untersucht, die mit solchen<br />
Verletzungen zusammenhingen. Die im Zusammenhang<br />
mit einem Hund stehen<strong>de</strong>n<br />
Aufnahmen stellten 2% <strong>de</strong>r traumabedingten<br />
Notfälle dar, entsprechend 191<br />
0–20-jährige Kin<strong>de</strong>r im Zeitabschnitt 2001<br />
bis 2007. Davon waren 18% keine Bissverletzungen.<br />
Die Mehrzahl (76%) ergab sich<br />
aus direktem Kontakt mit einem Hund. In<br />
12% <strong>de</strong>r Fälle stürzte das Kind in <strong>de</strong>n Armen<br />
eines Erwachsenen weil ein Hund sie<br />
gestos sen hatte o<strong>de</strong>r sich zwischen <strong>de</strong>n<br />
Beinen hindurchzwängte. Zusammenstösse<br />
zwischen Hund und verschie<strong>de</strong>nen Fahrzeugen<br />
(Fahrrad, Roller usw.) waren in 12%<br />
<strong>de</strong>r Fälle Unfallursache. Häufigste Verletzungen<br />
waren Prellungen, Schä<strong>de</strong>lverletzungen,<br />
Frakturen von Extremitäten, am<br />
häufigsten <strong>de</strong>s Femurs.<br />
Die Autoren schliessen daraus , dass diese<br />
weite Gruppe von Verletzungen bei Analyse<br />
und Vorbeugung von hun<strong>de</strong>bedingten Unfällen<br />
nicht mehr unbeachtet bleiben sollte.<br />
Referenz<br />
«Non-bite dog-related» injuries: An overlooked<br />
injury mechanism in the pediatric<br />
population.<br />
Juang D, Sippey M, Zuckerbraun N, Rutkoski<br />
JD, Gaines BA.<br />
J Trauma 2011; 71 (5 Suppl 2): S 531–S 533.<br />
Studienzentrum: From the Department of<br />
Surgery, Children’s Mercy Hospital, Kansas<br />
City, Missouri; Department of Surgery<br />
(M.S., J.D.R., B.A.G.), and Department of<br />
Emergency Medicine (N.Z.), Children’s Hospital<br />
of Pittsburgh of UPMC, Pittsburgh,<br />
Pennsylvania.<br />
Aerosolsprays:<br />
Schützt Kin<strong>de</strong>raugen!<br />
Die Autoren dieses Artikels stützen sich auf<br />
eine grosse Datenbank (National Electronic<br />
Injury Surveillance System) um auf die Gefahren<br />
im Zusammenhang mit Aerosolsprays<br />
bei Kin<strong>de</strong>rn aufmerksam zu machen.<br />
Von 41 869 Notfallaufnahmen im Zusammenhang<br />
mit Aerosolsprays, betrafen im<br />
Verlauf <strong>de</strong>r über 12 Jahre (1997–2009) geführten<br />
Studie 10 765 (26%) die Augen.<br />
Kin<strong>de</strong>r von 0–18 Jahren waren in über <strong>de</strong>r<br />
43
Zeitschriftenreview<br />
Vol. 23 Nr. 1 2012<br />
Hälfte <strong>de</strong>r Fälle (55%) betroffen, 26% waren<br />
unter 4-jährig. Die Autoren vermuten, dass<br />
die Zahl <strong>de</strong>r dokumentierten Verletzungen<br />
wahrscheinlich unterschätzt wird.<br />
Die meisten Unfälle geschehen zuhause<br />
(71%). Farbsprays sind die häufigste Ursache<br />
(19%), gefolgt von kosmetischen o<strong>de</strong>r<br />
Pflegeprodukten, Reinigungsmitteln, Insektizi<strong>de</strong>n.<br />
Meist geschieht <strong>de</strong>r Unfall, weil <strong>de</strong>r<br />
Spray gegen das Opfer gerichtet ist. Es<br />
kommt zu chemischer Bin<strong>de</strong>hautentzündung<br />
(36%), chemischer Verbrennung (30%),<br />
Erosionen o<strong>de</strong>r fremdkörperartigen Verletzungen<br />
<strong>de</strong>r Augen (16%).<br />
Die Autoren weisen darauf hin, dass die<br />
Gefahr, welche diese gasangetriebenen<br />
Aerosolsprays darstellen, verkannt wird,<br />
und dass sie durch Kin<strong>de</strong>rhän<strong>de</strong> unerreichbar<br />
aufbewahrt wer<strong>de</strong>n müssen. Wir möchten<br />
beifügen, dass sie im Sinne <strong>de</strong>r Unfallverhütung,<br />
aber auch aus ökologischen<br />
Grün<strong>de</strong>n durch treibgasfreie Sprühdosen<br />
ersetzt wer<strong>de</strong>n sollten.<br />
Referenz<br />
CJ Seidman, JG Linakis, MJ Mello, PB<br />
Greenberg.<br />
Aerosol container-related eye injuries in the<br />
United States: 1997–2009.<br />
Am J Ophthalmol 2011; 151 (6): 1041–1046.<br />
Studienzentrum: Ophtalmology, Rho<strong>de</strong> Island<br />
Hospital, Provi<strong>de</strong>nce, RI, USA.<br />
Sie legen dar, dass Mütter ein proaktiveres<br />
Verhalten in Bezug auf Unfallverhütung<br />
haben als überwachen<strong>de</strong> Kin<strong>de</strong>r, insbeson<strong>de</strong>re<br />
durch Entfernen möglicher Unfallquellen,<br />
während die überwachten Kin<strong>de</strong>r eher<br />
dazu neigen, mögliche Gefahren zu suchen,<br />
die ihr älteres Geschwister zu entfernen<br />
versucht hatte. Das Verhalten <strong>de</strong>s überwachten<br />
Kin<strong>de</strong>s ist in Gegenwart eines älteren<br />
Geschwisters gewagter als unter <strong>de</strong>r<br />
Überwachung durch die Mutter; das überwachen<strong>de</strong><br />
Geschwister seinerseits achtet<br />
weniger auf ein solches Verhalten als die<br />
Mutter. Das überwachte Kind folgt auch<br />
<strong>de</strong>utlich weniger <strong>de</strong>n Auffor<strong>de</strong>rungen seines<br />
älteren Geschwisters als <strong>de</strong>nen seiner<br />
Mutter, wenn es darum geht, auf ein Risikoverhalten<br />
zu verzichten.<br />
Zusammenfassend kann gesagt wer<strong>de</strong>n,<br />
dass, wird einem älteren die Aufgabe übertragen,<br />
sein jüngeres Geschwister zu überwachen,<br />
die Haltung <strong>de</strong>s überwachen<strong>de</strong>n<br />
wie auch die <strong>de</strong>s überwachten Geschwisters<br />
das Risikoverhalten erhöht.<br />
Referenz<br />
Morrongiello BA, Schell SL, Schmidt S.<br />
«Please keep an eye on your younger sister»:<br />
sibling supervision and young children’s risk<br />
of unintentional injury. Inj Prev 2010; 16 (6):<br />
398–402.<br />
Studienzentrum: Psychology Department, University<br />
of Guelph, Guelph, Ontario, Canada.<br />
Korrespon<strong>de</strong>nzadresse<br />
Prof. Dr. Olivier Reinberg<br />
Service <strong>de</strong> Chirurgie Pédiatrique<br />
Centre Hospitalier Universitaire Vaudois<br />
1011 Lausanne CHUV<br />
Olivier.reinberg@chuv.ch<br />
«Pass auf <strong>de</strong>ine kleine<br />
Schwester auf»<br />
Mit dieser Studie wollten die Autoren untersuchen,<br />
ob das Anvertrauen von jüngeren<br />
Geschwistern an ein älteres Kind zu einem<br />
erhöhten Unfallrisiko führt.<br />
44
Vol. 23 Nr. 1 2012<br />
Buchbesprechungen<br />
Aufgeklärt aber ahnungslos?<br />
Fit fürs Leben? Ein Test <strong>de</strong>r Wissen schafft für Jugendliche,<br />
Eltern, Lehrer und Erzieher<br />
Christoph Hilsberg, Verlag Spielberg Regensburg,<br />
ISBN 978-3-940609-38-0<br />
Marianne Caflisch, Genève<br />
Der Autor ist Kin<strong>de</strong>r- und Jugendarzt und<br />
stark in die Aufklärung Jugendlicher involviert.<br />
Dieses Buch ist als eine Hilfestellung<br />
zur Beantwortung alltäglicher, sexualspezifischer<br />
Fragen gedacht und richtet sich an<br />
Kin<strong>de</strong>r, Jugendliche und Eltern.<br />
Der Aufbau <strong>de</strong>s Buches ist sehr didaktisch,<br />
etwas zu schülerhaft und lei<strong>de</strong>r ohne jegliche<br />
Illustrationen (zum Beispiel Beschreibung<br />
<strong>de</strong>r Tannerstadien ohne Abbildungen).<br />
Der Vorschlag dieses Buch könnte von <strong>de</strong>n<br />
Jugendlichen im Freun<strong>de</strong>skreis o<strong>de</strong>r mit<br />
<strong>de</strong>n Eltern als Diskussionsgrundlage genutzt<br />
wer<strong>de</strong>n, scheint mir schwierig realisierbar.<br />
Viel eher scheint mir dieses Buch<br />
für jene Erwachsene sehr nützlich, die mit<br />
Jugendlichen arbeiten (Erzieher, Lehrer,<br />
Eltern) und wissen möchten, welche Fragen<br />
Adoleszente in Bezug auf ihre Sexualität<br />
haben könnten.<br />
Durch <strong>de</strong>n «Frage-Antwort-Stil» <strong>de</strong>s Buches<br />
wer<strong>de</strong>n interessante Aspekte <strong>de</strong>r Sexualität<br />
ohne Abschweifungen direkt angegangen,<br />
so unter an<strong>de</strong>rem Fragen zu Petting,<br />
Erektion, Selbstbefriedigung, Gynäkomastie,<br />
Impotenz o<strong>de</strong>r Unfruchtbarkeit. Interessant<br />
sind auch die Hinweise an Jugendliche,<br />
was sie selbst an sich beobachten<br />
können und wie körperliche Entwicklung<br />
sowie psychische und soziale Aspekte miteinan<strong>de</strong>r<br />
verknüpft sind.<br />
Gewisse Antworten stimmen hingegen<br />
nicht ganz mit <strong>de</strong>r hierzulan<strong>de</strong> üblichen<br />
Vorgehensweise überein, so wird zum Beispiel<br />
bei uns nicht empfohlen bald nach <strong>de</strong>n<br />
ersten Regelblutungen einen Frauenarzt<br />
aufzusuchen, zu<strong>de</strong>m wer<strong>de</strong>n keine systematischen<br />
Ultraschalluntersuchungen<br />
durchgeführt. Fragen zu mehr juristischen<br />
Aspekten (darunter auch zum Arztgeheimnis<br />
o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Mel<strong>de</strong>pflicht) bräuchten ein<strong>de</strong>utig<br />
differenziertere Antworten und mehrere<br />
Stellungsnahmen zu gynäkologischen<br />
Aspekten stimmen ebenfalls nicht mit unser<br />
Wissensvermittlung überein (z. B. Wirksamkeit<br />
<strong>de</strong>r Pille danach, Indikationen <strong>de</strong>s<br />
Intrauterinpessars).<br />
Es wird zu stark auf Hygiene und «Gefahren»<br />
eingegangen und bei <strong>de</strong>n Themen Beschneidung<br />
und Homosexualität unter an<strong>de</strong>rem<br />
auf die Bibel hingewiesen – dies<br />
scheint mir im Hinblick auf die neusten Erkenntnisse<br />
und auf <strong>de</strong>n multikulturellen<br />
Hintergrund unserer Jugendlichen ein Risiko<br />
für Missverständnisse darzustellen. Zu<strong>de</strong>m<br />
fehlen meines Erachtens Fragen zu<br />
Erotik, Pornographie und Internet – Fragen<br />
die heutzutage Jugendliche in Hinblick auf<br />
ihre Sexualität sehr beschäftigen.<br />
Somit wür<strong>de</strong> ich dieses Buch als eine wertvolle<br />
Grundlage für die Diskussion von Erwachsenen<br />
mit Jugendlichen empfehlen,<br />
hingegen wür<strong>de</strong> ich es nicht unbedingt Jugendlichen<br />
direkt abgeben.<br />
Korrespon<strong>de</strong>nzadresse<br />
Marianne Caflisch, Genève<br />
Marianne.Caflisch@hcuge.ch<br />
45
Buchbesprechungen<br />
Vol. 23 Nr. 1 2012<br />
«Les humiliations <strong>de</strong> l’exil»<br />
Les pathologies <strong>de</strong> la honte chez les enfants migrants<br />
Francine Rosenbaum, Collection «Psychothérapie créatives»,<br />
Editions Fabert, 2009, 177 p., ISBN 978-2-84922-088-7<br />
Dominique Tzogalis-Briner, Lausanne<br />
sont souvent amenées à œuvrer dans un<br />
champ bien plus vaste que le seul langage<br />
oral ou écrit du pays d’accueil où vit l’enfant.<br />
www.ethnoclinique.ch/fr/<br />
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»<br />
En couverture : à définir XXXXXXXXXXX<br />
Les humiliations <strong>de</strong> l’exil Francine Rosenbaum<br />
Les pathologies <strong>de</strong> la honte chez les enfants migrants<br />
Psychothérapies créatives<br />
Psychothérapies créatives<br />
Francine Rosenbaum<br />
Les humiliations<br />
<strong>de</strong> l’exil<br />
Les pathologies<br />
<strong>de</strong> la honte chez<br />
les enfants migrants<br />
Ecrit par une logopédiste/orthophoniste<br />
ethno-clinicienne, «Les humiliations <strong>de</strong><br />
l’exil», <strong>de</strong> Francine Rosenbaum, est fertile<br />
en enseignement pour les pédiatres car il<br />
dévoile une façon différente d’abor<strong>de</strong>r les<br />
familles migrantes, souvent victimes <strong>de</strong><br />
violence ou <strong>de</strong> paupérisation dans leur pays<br />
d’origine.<br />
turc, kosovare etc.) qui se charge d’effectuer<br />
tant bien que mal la traduction afin que<br />
parents et pédiatre se comprennent. La<br />
situation tient parfois du paradoxe lorsque<br />
les parents consultent pour <strong>de</strong>s «problèmes<br />
à l’école, en particulier en français»!<br />
Articulé en trois chapitres principaux, le<br />
livre est illustré par <strong>de</strong>s cas cliniques qui<br />
permettent <strong>de</strong> présenter <strong>de</strong>s concepts, tels<br />
la construction d’un génogramme.<br />
1. Les pathologies langagières <strong>de</strong> la<br />
honte où sont développées quatre histoires<br />
cliniques édifiantes.<br />
2. L’errance <strong>de</strong>s soignants dans l’approche<br />
<strong>de</strong>s migrants victimes <strong>de</strong> la<br />
violence.<br />
Dans ce chapitre, Mme Rosenbaum décrit<br />
avec humilité et sagesse son parcours<br />
<strong>de</strong> thérapeute du langage et <strong>de</strong> la<br />
communication. Elle décrit sa pratique<br />
comme transdisciplinaire, telle une passerelle<br />
entre l’ethno-psychologie et la<br />
pédagogie au sens large.<br />
3. Les passeurs <strong>de</strong> parole<br />
Ce chapitre insiste sur l’importance <strong>de</strong> la<br />
présence d’un traducteur grâce auquel<br />
peut s’effectuer une véritable médiation<br />
linguistico-culturelle. Celle-ci est essentielle<br />
au travail clinique, social et psychopédagogique.<br />
Correspondance<br />
Dresse Dominique Tzogalis-Briner<br />
Pédiatre FMH<br />
Avenue d’Echallens 63<br />
1004 Lausanne<br />
d.tzogal@bluewin.ch<br />
Fruit <strong>de</strong> sa propre expérience et enrichi par<br />
une vie professionnelle consacrée aux<br />
troubles <strong>de</strong> la communication chez les enfants<br />
multiculturels, cet ouvrage est particulièrement<br />
captivant et stimulant. Il nous<br />
conduit à une réflexion originale sur la prise<br />
en charge <strong>de</strong>s enfants aux origines diverses.<br />
Pratiquant la pédiatrie à Lausanne dans un<br />
quartier à forte <strong>de</strong>nsité <strong>de</strong> migrants, je suis<br />
confrontée quotidiennement à un «voyage<br />
culturel». Lors <strong>de</strong> nombreuses consultations,<br />
c’est le jeune patient (sri-lankais,<br />
Dans sa postface, Clau<strong>de</strong> Mamin, psychologue<br />
clinicienne, souligne: «Francine Rosenbaum<br />
nous donne, à travers les récits<br />
<strong>de</strong> son travail élaboré <strong>de</strong>puis <strong>de</strong> nombreuses<br />
années, la certitu<strong>de</strong> que nous ne<br />
pouvons agir avec les enfants et leur famille<br />
qu’à partir <strong>de</strong> leurs attachements multiples<br />
à <strong>de</strong>s langues, <strong>de</strong>s lieux, <strong>de</strong>s ancêtres, <strong>de</strong>s<br />
manières <strong>de</strong> faire …»<br />
Je recomman<strong>de</strong> vivement cette lecture qui<br />
nous permet par ailleurs <strong>de</strong> mieux comprendre<br />
le travail <strong>de</strong>s logopédistes/orthophonistes<br />
qui, sans être ethno-cliniciennes,<br />
46
Vol. 23 Nr. 1 2012<br />
Buchbesprechungen<br />
«Être parents après la séparation»<br />
Construire une coparentalité sereine pour préserver l’enfant<br />
Jacques Biolley, Éditions Hachette, 2012, 212 p.<br />
ISBN 978-2-0123-0548-9<br />
Jacques Salomé<br />
trouver ou à maintenir une cohésion ou une<br />
qualité <strong>de</strong> relation qu’il pourrait mettre au<br />
service <strong>de</strong> l’enfant.<br />
Avec beaucoup <strong>de</strong> pertinence et <strong>de</strong> clarté,<br />
il pose <strong>de</strong>s jalons pour inviter les parents<br />
séparés à créer une nouvelle alliance et <strong>de</strong><br />
nouveaux accords favorables à une coparentalité<br />
susceptible <strong>de</strong> répondre aux besoins<br />
<strong>de</strong> leurs enfants: une coparentalité<br />
qui leur permettra <strong>de</strong> dépasser les culpabilités<br />
ou les ressentiments accumulés avant,<br />
pendant ou après la séparation.<br />
<strong>de</strong> mieux définir les nouveaux réseaux <strong>de</strong><br />
relations et les rôles à assumer, comment<br />
aussi en accepter les limites et les possibles<br />
pour pouvoir les vivifier au lieu <strong>de</strong> les<br />
déformer ou les maltraiter!<br />
Un livre à utiliser comme un manuel familier<br />
(que l’on peut tenir en main), comme un<br />
support à <strong>de</strong>s échanges et à <strong>de</strong>s partages<br />
entre ex-conjoint et nouveaux conjoints.<br />
Correspondance<br />
Jacques Salomé<br />
Psychosociologue<br />
Formateur en Relations humaines<br />
www.j-salome.com<br />
Même si nous avons tendance à l’oublier,<br />
l’amour que nous avons pour nos enfants<br />
ne suffit pas pour les élever et leur permettre<br />
d’avancer dans la vie en développant<br />
le maximum <strong>de</strong> leurs ressources.<br />
L’amour parental ne peut pas remplacer les<br />
gran<strong>de</strong>s fonctions parentales qui sont à<br />
exercer à leur égard sur plusieurs plans:<br />
fonction maman et mère, fonction papa et<br />
père, fonctions <strong>de</strong> coordination et <strong>de</strong> cohérence<br />
pour leur permettre d’affronter la vie<br />
qui les attend. C’est bien l’exercice d’une<br />
coparentalité équilibrée, acceptée sans<br />
ambivalence, qui donnera à un enfant les<br />
moyens <strong>de</strong> vivre les différentes contradictions<br />
et découvertes plus ou moins positives,<br />
plus ou moins gratifiantes ou blessantes<br />
qui vont jalonner sa vie.<br />
Le livre <strong>de</strong> Jacques Biolley vient à point<br />
nommé pour nous rappeler justement que,<br />
trop fréquemment, le duo parental n’arrive<br />
pas, après une séparation <strong>de</strong> couple, à<br />
Cet ouvrage extrêmement concret <strong>de</strong>vrait<br />
pouvoir ai<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s femmes et <strong>de</strong>s hommes<br />
– et à travers eux <strong>de</strong>s enfants – à assumer<br />
le réveil <strong>de</strong>s blessures liées à la séparation,<br />
à retrouver l’estime <strong>de</strong> soi, à maintenir une<br />
fidélité envers soi-même, à retrouver,<br />
quand c’est possible, un respect mutuel et<br />
une reconnaissance <strong>de</strong> leurs apports respectifs.<br />
En rappelant les gran<strong>de</strong>s fonctions<br />
parentales, c’est-à-dire l’ensemble <strong>de</strong>s attitu<strong>de</strong>s,<br />
comportements et ajustements qui<br />
seront autant <strong>de</strong> réponses adaptées aux<br />
besoins relationnels d’un enfant et à ses<br />
attentes existentielles, l’auteur pose <strong>de</strong>s<br />
balises et structure <strong>de</strong>s démarches possibles<br />
pour préserver l’enfant <strong>de</strong>s retombées,<br />
trop souvent douloureuses, <strong>de</strong> la séparation<br />
<strong>de</strong>s parents.<br />
Avec beaucoup <strong>de</strong> finesse et <strong>de</strong> savoir, avec<br />
une gran<strong>de</strong> sensibilité toute proche <strong>de</strong><br />
l’intime, Jacques Biolley témoigne pour<br />
chaque enfant <strong>de</strong> parents séparés. Il sait<br />
non seulement reconnaître leur malaise<br />
mais aussi l’exprimer et énoncer les pièges<br />
dans lesquels les parents peuvent s’enfermer.<br />
Il montre comment, par fidélité, loyauté<br />
invisible et tenace, un enfant peut<br />
prendre sur lui <strong>de</strong> vouloir réparer les souffrances<br />
qu’il perçoit chez l’un ou l’autre <strong>de</strong><br />
ses parents. Il abor<strong>de</strong> avec une gran<strong>de</strong> intelligence<br />
la question <strong>de</strong>s couples reconstitués,<br />
et montre comment il serait possible<br />
47
Buchbesprechungen<br />
Vol. 23 Nr. 1 2012<br />
Kraft für Kids<br />
Kin<strong>de</strong>r brauchen Bewegung<br />
Urs Eiholzer, ISBN 978-3-909095-02-5<br />
Paul W. Meier, Solothurn<br />
In einem ersten, allgemeinen Teil wird beschrieben,<br />
wie wichtig Bewegung für die<br />
kindliche Entwicklung ist. Es wird <strong>de</strong>tailliert<br />
aufgezeigt und belegt, warum Bewegung<br />
sowohl für die künftige Gesundheit als auch<br />
die allgemeine Entwicklung wichtig ist. Ein<br />
beson<strong>de</strong>rer Stellenwert wird dabei <strong>de</strong>r<br />
Kraftentwicklung eingeräumt. Dass spezifisches<br />
Krafttraining bereits im Primarschulalter<br />
positive Effekte hat und dadurch die<br />
allgemeine Bewegungslust massiv gesteigert<br />
wer<strong>de</strong>n kann, war für mich neu. Der<br />
Autor weist auch nachdrücklich auf die<br />
Mängel in <strong>de</strong>r heutigen Bewegungsför<strong>de</strong>rung<br />
unserer Kin<strong>de</strong>r hin und formuliert<br />
konkrete Vorschläge, wie sowohl im öffentlichen<br />
Leben als auch in <strong>de</strong>r Familie angesetzt<br />
wer<strong>de</strong>n könnte und sollte.<br />
Der zweite Teil widmet sich spezifischen<br />
Themen wie z. B. <strong>de</strong>r hormonellen Steuerung<br />
von Hunger und Bewegungslust, Übergewicht,<br />
<strong>de</strong>r Talentselektion im Spitzensport<br />
o<strong>de</strong>r einem speziellen, vom Autoren<br />
selbst entwickelten «Entwicklungsorientierten<br />
Muskeltraining» für Kin<strong>de</strong>r und Jugendliche<br />
(EOM).<br />
kreten Literaturverweisen. Ausser<strong>de</strong>m entsteht<br />
ein bisschen <strong>de</strong>r Eindruck eines Einzelkämpfers.<br />
Der Autor beklagt sich über<br />
mangeln<strong>de</strong> staatliche För<strong>de</strong>rgel<strong>de</strong>r für seine<br />
private Institution o<strong>de</strong>r über das Bun<strong>de</strong>samt<br />
für Sport, das zwar gute Initiativen<br />
zeige, diese aber nicht umsetze. Um wirklich<br />
etwas zu verän<strong>de</strong>rn, braucht es wohl<br />
die intensive Zusammenarbeit zwischen<br />
öffentlichen Institutionen und <strong>de</strong>n «privaten»<br />
Experten. Es ist zu hoffen, dass dieses<br />
Buch ein erster Schritt ist, die wichtigen<br />
Stellen zusammen zu bringen. Der Autor<br />
schreibt im Vorwort ausdrücklich, dieses<br />
Buch sei kein Schluss-, son<strong>de</strong>rn erst ein<br />
Zwischenrapport. Die Lektüre lohnt sich<br />
alleweil und auf die Fortsetzung kann man<br />
gespannt sein.<br />
Korrespon<strong>de</strong>nzadresse<br />
Dr. med. Paul W. Meier<br />
paul.meier@me.com<br />
Ein Buch zu Bewegung und Kraft bei Kin<strong>de</strong>rn<br />
von einem Schweizer Kin<strong>de</strong>rendokrinologen?<br />
Das tönt interessant. Gemäss<br />
Vorwort richtet sich das Buch an alle interessierten<br />
Kreise aus Politik, Sport, Schule<br />
und Medizin. Ziel ist es, wissenschaftliche<br />
Ansichten zum Thema Kind und Bewegung<br />
einem weiten Publikum bekannt zu machen.<br />
Im ganzen Buch spürt man <strong>de</strong>n Enthusiasmus<br />
<strong>de</strong>s Autors für das Thema Bewegung<br />
und Kind. Er engagiert sich seit Jahren von<br />
Spitzensport bis Schulsport, um wissenschaftliche<br />
Erkenntnisse zu gewinnen und<br />
wie<strong>de</strong>r in die Praxis einfliessen zu lassen.<br />
Diesem Zweck dient auch das vorliegen<strong>de</strong><br />
Buch. Es soll die öffentliche Wahrnehmung<br />
dafür sensibilisieren, was Kin<strong>de</strong>r i<strong>de</strong>alerweise<br />
brauchen und wo Verän<strong>de</strong>rungen<br />
dringend nötig wären. Dies gelingt auf anschauliche<br />
und überzeugen<strong>de</strong> Art. Es ist<br />
beeindruckend auf welchen Fundus an eigenen<br />
wissenschaftlichen Untersuchungen<br />
<strong>de</strong>r Autor zurückgreifen kann. Es bleibt allerdings<br />
ein Wermutstropfen. Die meisten<br />
zitierten Studien stammen aus <strong>de</strong>r Fe<strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>s Autoren selbst und es mangelt an kon-<br />
Zwei freie Plätze in <strong>de</strong>r Supervisionsgruppe in Zürich Wollishofen<br />
In <strong>de</strong>r entwicklungspädiatrischen Supervisionsgruppe in Zürich Wollishofen<br />
sind zwei Plätze neu frei gewor<strong>de</strong>n. Wir (8 Pädiater Innen)<br />
treffen uns 4-mal/Jahr an einem Donnerstagabend von 18.30–21.30<br />
Uhr. Jeweils zwei Pädiater stellen pro Abend je ein Kind auf Vi<strong>de</strong>o vor.<br />
Die Fragestellungen umfassen entwicklungspädiatrische Themen aus<br />
<strong>de</strong>m allgemeinpädiatrischen Alltag (z. B. Vorsorge) bis hin zu spezifisch<br />
entwicklungspädiatrischen Fragestellungen. Die Kosten betragen CHF<br />
420.–/Jahr. Für Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Schweizerischen Gesellschaft für Entwicklungspädiatrie<br />
ist die Teilnahme vorerst noch kostenlos. Leitung<br />
und weitere Infos: KD Dr. med. Sepp Holtz, holtz@cyberlink.ch<br />
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