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Smartphone Version - Société suisse de pédiatrie

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PAEDIATRICA Vol. 23 Nr. 1 II/2012<br />

Bulletin <strong>de</strong>r Schweizerischen Gesellschaft für Pädiatrie<br />

Vol. 23 Nr. 1 II/2012


Vol. 23 Nr. 1 2012<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Redaktion<br />

Dr. R. Tabin, Sierre (Schriftleiter)<br />

Dr. M. Diezi, Lausanne<br />

PD Dr. T. Kühne, Basel<br />

Dr. U. Lips, Zürich<br />

Dr. M. Losa, St. Gallen<br />

Prof. M. Mazouni, Lausanne<br />

Dr. M.-A. Panchard, Vevey<br />

Dr. P. Scalfaro, Lausanne<br />

Dr. R. Schlaepfer, La Chaux-<strong>de</strong>-Fonds<br />

Prof. A. Superti-Furga, Lausanne<br />

Dr. R. von Vigier, Bern<br />

Redaktionsadresse<br />

c/o Dr. R. Tabin<br />

Av. du Général Guisan 30<br />

Postfach 942<br />

CH-3960 Sierre<br />

Tel. 027 455 05 05<br />

Fax 027 455 59 55<br />

rene.tabin@swiss-paediatrics.org<br />

Copyright<br />

© Schweizerische Gesellschaft für Pädiatrie<br />

Verlag – Herausgeber<br />

Schweizerische Gesellschaft für Pädiatrie (SGP)<br />

www.swiss-paediatrics.org<br />

Sekretariat / Adressän<strong>de</strong>rungen<br />

Schweizerische Gesellschaft für Pädiatrie<br />

Postfach 1380<br />

1701 Fribourg<br />

Tel. 026 350 33 44<br />

Fax 026 350 33 03<br />

secretariat@swiss-paediatrics.org<br />

Layout und Druck<br />

s+z:gutzumdruck.<br />

Nellensta<strong>de</strong>l 1<br />

3902 Brig-Glis<br />

Tel. 027 924 30 03<br />

Fax 027 924 30 06<br />

info@sundz.ch<br />

Inserate<br />

Editions Mé<strong>de</strong>cine et Hygiène<br />

Hélène Bourgeois / Michaela Kirschner<br />

Chemin <strong>de</strong> la mousse 46<br />

1225 Chêne-Bourg<br />

Tel. 022 702 93 41<br />

pub@medhyg.ch<br />

Paediatrica<br />

Erscheint 5 x jährlich für die Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r SGP.<br />

Nicht-Mitglie<strong>de</strong>r können beim Sekretariat<br />

die Paediatrica gegen <strong>de</strong>n Betrag von Fr. 120.–<br />

jährlich abonnieren.<br />

Auflage<br />

1950 Ex. / ISSN 1421-2277<br />

Bestätigt durch WEMF<br />

Nächste Nr.<br />

Redaktionsschluss: 23.3.2012<br />

Erscheinungsdatum: Nr. 2: 21.5.2012<br />

Für <strong>de</strong>n Inhalt <strong>de</strong>r Texte übernimmt die Redaktion<br />

keine Verantwortung.<br />

Editorial<br />

3 · Patienten und Ärzte im Web<br />

C. Kind<br />

4 · Neues Titelbild von Rodrigo Pareja<br />

C. Maneff<br />

Stan<strong>de</strong>spolitik<br />

5 · Echo aus <strong>de</strong>m Vorstand<br />

C. Kind<br />

6 · Weiterbildungsprogramm (WBP) <strong>de</strong>r SGP<br />

C. Rudin<br />

7 · Q-Monitoring – wir Kin<strong>de</strong>rärzte sind weiterhin dabei!<br />

C. Kind, M.-A. Panchard, H. Zinggeler Fuhrer, D. Herren<br />

8 · Bericht <strong>de</strong>r Delegiertenpoolsitzung vom 15.12.11<br />

P. Jenny<br />

9 · Tarmed Info<br />

M. Belve<strong>de</strong>re<br />

Empfehlungen<br />

10 · Perinatale Betreuung an <strong>de</strong>r Grenze <strong>de</strong>r Lebensfähigkeit zwischen 22 und<br />

26 vollen<strong>de</strong>ten Schwangerschaftswochen<br />

T. Berger, V. Bernet, S. El Alama, J.-C. Fauchère, I. Hösli, O. Irion, C. Kind, B. Latal, M. Nelle, R. Pfister,<br />

D. Surbek, A. Truttmann, J. Wisser, R. Zimmermann<br />

13 · Die Betreuung und Reanimation <strong>de</strong>s Neugeborenen<br />

Schweizerische Gesellschaft für Neonatologie<br />

24 · Stationäre multiprofessionelle Therapie <strong>de</strong>r schweren Adipositas im Kin<strong>de</strong>sund<br />

Jugendalter<br />

D. l’Allemand<br />

Fortbildung<br />

25 · Betreuung <strong>de</strong>r hypoxisch-ischämischen Enzephalopathie <strong>de</strong>s Termingeborenen<br />

A. Truttmann, C. Hagmann<br />

Hinweise<br />

29 · För<strong>de</strong>rpreis <strong>de</strong>r Schweizerischen Gesellschaft für Neonatologie<br />

T. Berger<br />

29 · Kin<strong>de</strong>rärzte Schweiz<br />

R. Temperli<br />

Aktuelles aus <strong>de</strong>m pädiatrischen Fachbereich<br />

30 · Neonatologie<br />

T. Berger, R. Pfister<br />

31 · Pädiatrische Pneumologie<br />

A. Möller<br />

32 · Pädiatrische Endokrinologie/Diabetologie<br />

U. Zumsteg<br />

33 · Neuropädiatrie<br />

A. Capone Mori<br />

33 · Pädiatrische Gastroenterologie<br />

A. Ny<strong>de</strong>gger<br />

34 · Pädiatrische Rheumatologie<br />

M.-J. Sauvain<br />

35 · Kin<strong>de</strong>rkardiologie<br />

N. Sekarski, C. Balmer<br />

36 · Entwicklungs pädiatrie<br />

M. Bickle Graz<br />

36 · Stoffwechselkrankheiten<br />

M. Baumgartner<br />

37 · FMH-Quiz 47<br />

Zeitschriftenreview<br />

42 · Kin<strong>de</strong>runfälle<br />

O. Reinberg<br />

45 · Buchbesprechungen<br />

1


Vol. 23 Nr. 1 2012<br />

Editorial<br />

Patienten und Ärzte im Web<br />

Christian Kind, SGP-Präsi<strong>de</strong>nt, St. Gallen<br />

Liebe Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r SGP<br />

Wenn man in <strong>de</strong>r Tierwelt eine Umfrage<br />

über Nutzen und Risiken von Netzen durchführen<br />

wür<strong>de</strong>, wäre das Ergebnis stark davon<br />

beeinflusst, wie viele Spinnen und wie<br />

viele Fliegen unter <strong>de</strong>n Befragten wären.<br />

Bei von Menschen konstruierten Netzwerken<br />

und insbeson<strong>de</strong>re beim Internet wäre<br />

die Situation weit weniger ein<strong>de</strong>utig. Wir<br />

alle kennen die ungeheuren Möglichkeiten,<br />

im www einfach und rasch reiche Beute an<br />

nützlichen Informationen machen zu können,<br />

sind uns aber auch bewusst, in welche<br />

Fallstricke man sich bei <strong>de</strong>r Nutzung dieses<br />

globalen Netzes verwickeln kann.<br />

Gut bekannt, aber nicht einfach zu meistern<br />

sind die Risiken, wenn sensible Personendaten<br />

elektronisch ausgetauscht wer<strong>de</strong>n.<br />

Weniger vor<strong>de</strong>rgründig ist dagegen die<br />

grosse Schwierigkeit, <strong>de</strong>n Nutzen neuer<br />

Anwendungen abzuschätzen. Hier wird nur<br />

allzu oft auf die vollmundigen Versprechungen<br />

<strong>de</strong>r Anbieter und Promotoren abgestellt.<br />

Insbeson<strong>de</strong>re im Gesundheitswesen<br />

bestätigt sich dann aber immer wie<strong>de</strong>r die<br />

alte Regel, dass mit <strong>de</strong>m Einsatz von Informatikmitteln<br />

zwar sehr viel Nützliches erreicht,<br />

aber sicher nicht Geld und Zeit gespart<br />

wer<strong>de</strong>n kann.<br />

Die SGP wur<strong>de</strong> in letzter Zeit mit verschie<strong>de</strong>nen<br />

Projekten konfrontiert, durch die<br />

sensible persönliche Daten zur gezielten<br />

je<strong>de</strong>rzeitigen und ortsunabhängigen Nutzung<br />

durch Berechtigte online zur Verfügung<br />

gestellt wer<strong>de</strong>n sollen. Da ist einmal<br />

<strong>de</strong>r Entwurf zu einem Bun<strong>de</strong>sgesetz über<br />

das elektronische Patientendossier EPDG.<br />

An sich ist die I<strong>de</strong>e von e-Health bestechend,<br />

dass ein Patient je<strong>de</strong>rzeit und überall<br />

<strong>de</strong>m Arzt, <strong>de</strong>r ihn gera<strong>de</strong> behan<strong>de</strong>lt, alle<br />

relevanten Informationen über seine Gesundheit,<br />

die an verschie<strong>de</strong>nen Orten gespeichert<br />

sind, zur Verfügung stellen könnte.<br />

Die Schwierigkeiten auf <strong>de</strong>m Weg zur<br />

Verwirklichung dieser Vision im Praxisalltag<br />

wur<strong>de</strong>n allerdings in diesem Gesetzesentwurf<br />

zu wenig berücksichtigt. Insbeson<strong>de</strong>re<br />

ist die Rolle <strong>de</strong>s Haus- und Kin<strong>de</strong>rarztes als<br />

Hauptlieferant von Gesundheitsdaten nicht<br />

angemessen gewürdigt, so dass sich dieser<br />

viel eher als Fliege <strong>de</strong>nn als Spinne in diesem<br />

Netz wie<strong>de</strong>rfin<strong>de</strong>t. Die zahlreichen<br />

Schwachpunkte <strong>de</strong>r Gesetzesvorlage wur<strong>de</strong>n<br />

von <strong>de</strong>n Fachleuten bei MFE und FMH<br />

sorgfältig analysiert und kritisiert, so dass<br />

sich die SGP hier <strong>de</strong>ren Stellungnahmen<br />

anschliessen konnte.<br />

Ein sehr viel kleinräumigeres und weniger<br />

be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>s e-Projekt hat im Vorstand dagegen<br />

mehr zu re<strong>de</strong>n gegeben. Das SIWF<br />

bietet neuerdings über das Portal myFMH<br />

eine sogenannte Fortbildungsplattform an,<br />

über die Fachärzte ihre absolvierten Fortbildungen<br />

fortlaufend eintragen können. Nach<br />

Ablauf einer dreijährigen Fortbildungsperio<strong>de</strong><br />

kann dann auf Knopfdruck ein Antrag für<br />

ein Fortbildungsdiplom generiert und dieses<br />

nach Verifizierung durch die Fachgesellschaft<br />

ausgedruckt wer<strong>de</strong>n. Gleichzeitig<br />

erscheint darauf automatisch im öffentlichen<br />

Ärzteverzeichnis www.doctorfmh.ch<br />

<strong>de</strong>r Eintrag, dass Doktor XY seine Fortbildungspflicht<br />

erfüllt hat. Das SIWF ruft die<br />

Fachgesellschaften dazu auf, die Nutzung<br />

dieser Fortbildungsplattform für ihre Mitglie<strong>de</strong>r<br />

verbindlich zu erklären. Dies wür<strong>de</strong> dann<br />

bei allgemeiner Akzeptanz be<strong>de</strong>uten, dass<br />

je<strong>de</strong>r Facharzt, bei <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r entsprechen<strong>de</strong><br />

Eintrag im Ärzteverzeichnis fehlt, sofort im<br />

Verdacht stün<strong>de</strong>, seine Fortbildungspflicht<br />

nicht erfüllt zu haben. Dem Vorstand erschien<br />

es klüger, hier etwas Zurückhaltung<br />

zu üben und auch im revidierten Fortbildungsprogramm<br />

die altbewährte Möglichkeit<br />

zu erhalten, über seine Fortbildungen<br />

privat Buch zu führen und nur bei unmittelbarem<br />

Bedarf diese Unterlagen dann <strong>de</strong>r<br />

SGP einzureichen, um ein Fortbildungsdiplom<br />

zu bestellen. Die Nutzung <strong>de</strong>r elektronischen<br />

Plattform soll freiwillig bleiben.<br />

In einem weiteren Innovationsprojekt<br />

möchte nun das SIWF auch das Logbuch<br />

<strong>de</strong>r Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung<br />

fortlaufend online über das Portal myFMH<br />

führen lassen. Dies wür<strong>de</strong> be<strong>de</strong>uten, dass<br />

sämtliche Aufzeichnungen aller Kandidaten<br />

und Weiterbildner von Anfang bis En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />

Weiterbildung auf <strong>de</strong>n Servern <strong>de</strong>r FMH<br />

gespeichert wür<strong>de</strong>n. Selbstverständlich<br />

wird volle Vertraulichkeit und alleinige Datenhoheit<br />

für <strong>de</strong>n Weiterbildungskandidaten<br />

zugesichert. In <strong>de</strong>n FAQs auf <strong>de</strong>r FMH-<br />

Website heisst es aber auch, dass die Daten<br />

zu statistischen Zwecken periodisch «anonymisiert»,<br />

versehen mit <strong>de</strong>r Angabe von<br />

Geschlecht, Alter und Wohnort <strong>de</strong>s Kandidaten<br />

ans SIWF weitergeleitet wer<strong>de</strong>n …<br />

Unsere Anfrage ans SIWF, ob damit <strong>de</strong>m<br />

Datenschutz wirklich Genüge getan wür<strong>de</strong>,<br />

ist lei<strong>de</strong>r bis heute noch nicht beantwortet<br />

wor<strong>de</strong>n.<br />

Ich fürchte, dass wir uns wohl unwi<strong>de</strong>rruflich<br />

auf <strong>de</strong>n «gläsernen Patienten» und auf<br />

<strong>de</strong>n «gläsernen Arzt» zu bewegen. Es<br />

scheint mir aber klüger, diesen Weg im<br />

weltweiten Netz vorsichtig und überlegt zu<br />

beschreiten, damit wir daraus möglichst<br />

viel Nutzen ziehen ohne uns darin zu verstricken.<br />

3


Editorial<br />

Vol. 23 Nr. 1 2012<br />

Neues Titelbild von Rodrigo Pareja<br />

Christina Maneff, Carouge<br />

Ich bin diesem Künstler anlässlich eines<br />

Workshops für Kin<strong>de</strong>r begegnet. Als ich<br />

seine Zeichnungen sah, ent<strong>de</strong>ckte ich einen<br />

gewissen Spass an <strong>de</strong>r Kindheit, Geschichten<br />

zwischen erdachten Erinnerungen und<br />

vergessenen Träumen, und ich bat ihn,<br />

meine Kin<strong>de</strong>rarztkarten zu illustrieren …<br />

ihn in Paediatrica vorzustellen, lag dann auf<br />

<strong>de</strong>r Hand.<br />

Er beschreibt seine Arbeit<br />

wie folgt<br />

«Es ist eine persönliche Mythologie in welcher<br />

je<strong>de</strong>s Element seine Be<strong>de</strong>utung hat.<br />

Während ich schaffe, habe ich das Gefühl,<br />

die Bil<strong>de</strong>r in eine ungewohnte Wirklichkeit zu<br />

holen. Diese Erinnerungen haben die Ungenauigkeit,<br />

mit welcher man sich an einen<br />

Traum erinnert, daher <strong>de</strong>r sparsame Gebrauch<br />

an Farben. Es geht mir auch darum,<br />

eine möglichst umfassen<strong>de</strong> Aussage mit einem<br />

Minimum an Mitteln zu erreichen.»<br />

Rodrigo ist 1979 in Sao Paulo, Brasilien,<br />

geboren, seine Eltern stammen aus Uruguay.<br />

Er wuchs in <strong>de</strong>n Vereinigten Staaten, in<br />

Guatemala, Costa Rica, Spanien und <strong>de</strong>r<br />

Schweiz auf. Sehr früh zeigte sich sein Interesse<br />

für Skulptur und Zeichnung. Rodrigo<br />

besitzt ein Diplom <strong>de</strong>s Central Saint Martins<br />

College of Art and Design in London<br />

(2003). Er lebt <strong>de</strong>rzeit in Genf, wo er als<br />

Künstler und freelance Illustrator tätig ist.<br />

Weitere Werke dieses Künstlers können Sie<br />

auf <strong>de</strong>r Internetseite www.rodrigopareja.com<br />

ent<strong>de</strong>cken.<br />

Korrespon<strong>de</strong>nzadresse<br />

Drsse Christina Maneff<br />

Spécialiste FMH en pédiatrie<br />

1 Av. Cardinal Mermilod<br />

1227 Carouge<br />

4


Vol. 23 Nr. 1 2012<br />

Stan<strong>de</strong>spolitik<br />

Echo aus <strong>de</strong>m Vorstand<br />

Christian Kind, SGP-Präsi<strong>de</strong>nt, St. Gallen<br />

Der Nukleus hat am 14. November eine Sitzung<br />

gehalten und <strong>de</strong>r Vorstand tagte am 15.<br />

Dezember vor und nach <strong>de</strong>r Sitzung <strong>de</strong>s Delegiertenpools.<br />

Weiterbildung<br />

Die Revision <strong>de</strong>s Weiterbildungsprogramms ist<br />

abgeschlossen und seine Publikation auf <strong>de</strong>r<br />

Website <strong>de</strong>s SIWF wur<strong>de</strong> für anfangs 2012<br />

versprochen. Damit ist es nun möglich, sich in<br />

<strong>de</strong>r Aufbauweiterbildung in Spitalpädiatrie<br />

sowohl ein Jahr in einem Schwerpunkt als auch<br />

ein Jahr Option («Fremdjahr») und in Praxispädiatrie<br />

zwei Jahre Praxisassistenz (in min<strong>de</strong>stens<br />

zwei verschie<strong>de</strong>nen Praxen) anerkennen<br />

zu lassen. Für die wenigen Weiterbildungsstätten,<br />

<strong>de</strong>ren Anerkennungsdauer sich aufgrund<br />

<strong>de</strong>r neuen Kriterien nominell verringert hat,<br />

sind grosszügige Übergangsbestimmungen<br />

sowie die Möglichkeit sich aufgrund einer Visitation<br />

neu einstufen zu lassen anberaumt<br />

wor<strong>de</strong>n.<br />

Lei<strong>de</strong>r ergibt sich dagegen eine neuerliche<br />

Verzögerung beim neuen Logbuch. Nach <strong>de</strong>m<br />

die von Christoph Rudin mit grosser Mühe und<br />

Sorgfalt erarbeiteten Formulare im pdf-Format<br />

schon vor mehr als einem Jahr <strong>de</strong>m SIWF zur<br />

administrativen Bearbeitung und Übersetzung<br />

eingeschickt wor<strong>de</strong>n waren, wur<strong>de</strong> uns Mitte<br />

November mitgeteilt, dass nun generell auf<br />

elektronische Logbücher, die auf myFMH gehostet<br />

wür<strong>de</strong>n, umgestellt wer<strong>de</strong>n solle. Damit<br />

lohne sich eine Implementierung unserer pdf-<br />

<strong>Version</strong> nicht mehr. Bevor sich die SGP darauf<br />

einlässt, möchte <strong>de</strong>r Vorstand aber die Datenschutzbestimmungen<br />

geklärt haben (vgl. Editorial<br />

in dieser Nummer).<br />

Fortbildung<br />

Die Revision <strong>de</strong>s Fortbildungsreglements wur<strong>de</strong><br />

in ihren Grundzügen vom Vorstand verabschie<strong>de</strong>t.<br />

Sie umfasst folgen<strong>de</strong> praxisrelevanten<br />

Än<strong>de</strong>rungen:<br />

• Für Fortbildungen anerkannter pädiatrischer<br />

Fachvereinigungen sowie Weiterbildungsstätten<br />

muss keine Anerkennung <strong>de</strong>r Credits<br />

mehr eingeholt wer<strong>de</strong>n.<br />

• E-Learning kann bis zu 50% <strong>de</strong>r Kernfortbildung<br />

anerkannt wer<strong>de</strong>n.<br />

• Es besteht weiterhin das Prinzip <strong>de</strong>r Selbst<strong>de</strong>klaration,<br />

die periodisch vom Sekretariat<br />

mit einem Formular zur Unterschrift eingeholt<br />

wird.<br />

• Die Dokumentation <strong>de</strong>r eigenen Fortbildung<br />

kann wie bisher auf Papier erfolgen, neu<br />

aber auch über die elektronische Plattform<br />

von myFMH.<br />

• Wer ein Fortbildungsdiplom benötigt, kann<br />

dieses beim Sekretariat bestellen, schriftlich<br />

mit Einsendung <strong>de</strong>r Unterlagen o<strong>de</strong>r<br />

elektronisch über myFMH.<br />

DRG-Begleitforschung<br />

Eine erste elektronische Umfrage <strong>de</strong>s Instituts<br />

für biomedizinische Ethik <strong>de</strong>r Universität Zürich<br />

hat stattgefun<strong>de</strong>n. Diese erfolgte im<br />

Rahmen <strong>de</strong>r Befragung aller Spitalärzte. Spezifisch<br />

pädiatrische Aspekte wur<strong>de</strong>n lei<strong>de</strong>r<br />

nicht erfasst.<br />

Dagegen hat die DRG-Arbeitsgruppe <strong>de</strong>r SGP<br />

und SGKC eine Liste von Indikatoren erarbeitet,<br />

die <strong>de</strong>n Direktoren <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rkliniken zur<br />

Erfassung ab 2012 vorgeschlagen wer<strong>de</strong>n. Es<br />

ist zu hoffen, dass dieses Monitoring möglichst<br />

flächen<strong>de</strong>ckend erfolgen kann, damit wir allfällige<br />

Auswirkungen <strong>de</strong>s neuen Systems auf<br />

die Patientenbehandlung möglichst rasch und<br />

schlüssig dokumentieren können.<br />

Managed-Care-Referendum<br />

Da die SGP im Rahmen <strong>de</strong>s Zusammenarbeitsvertrages<br />

mit MFE die Bearbeitung politischer<br />

Geschäfte, soweit sie nicht ganz spezifisch<br />

pädiatrische Anliegen betreffen, an <strong>de</strong>n Berufsverband<br />

<strong>de</strong>r Haus- und Kin<strong>de</strong>rärzte <strong>de</strong>legiert<br />

hat, beschloss <strong>de</strong>r Vorstand zur Diskussion<br />

um die Managed-Care-Vorlage nicht<br />

Stellung zu nehmen. Den einzelnen Mitglie<strong>de</strong>rn<br />

<strong>de</strong>r SGP ist es selbstverständlich unbenommen<br />

sich auf <strong>de</strong>r einen o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren<br />

Seite aktiv zu engagieren.<br />

kin<strong>de</strong>rärzte.schweiz (alias Forum für<br />

Praxispädiatrie)<br />

Der neue Name <strong>de</strong>s Forums ist nicht überall<br />

auf Gegenliebe gestossen. Beim jährlichen<br />

Treffen <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Präsidien wur<strong>de</strong> dieser<br />

Umstand angesprochen. Es wur<strong>de</strong> uns glaubhaft<br />

versichert, dass <strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>n ersten Blick<br />

umfassen<strong>de</strong> Anspruch <strong>de</strong>s neuen Namens<br />

nicht so gemeint sei und keinesfalls als Spitze<br />

gegen die SGP o<strong>de</strong>r die «Haus- und Kin<strong>de</strong>rärz-<br />

te Schweiz» MFE interpretiert wer<strong>de</strong>n solle.<br />

Probleme bezüglich fehlen<strong>de</strong>r Abkürzung und<br />

Ein<strong>de</strong>utigkeit im mündlichen Gebrauch müssten<br />

noch gelöst wer<strong>de</strong>n.<br />

Im Übrigen entwickelt sich die Zusammenarbeit<br />

sehr erfreulich. Die Delegierten von MFE<br />

sprechen sich zuverlässig ab und sichern eine<br />

starke Vertretung <strong>de</strong>r Pädiatrie. Ebenso ist die<br />

Zusammenarbeit im Bereich Qualität von<br />

grosser Be<strong>de</strong>utung.<br />

Vernehmlassungen<br />

Der Vorstand ist zur Überzeugung gekommen,<br />

dass in <strong>de</strong>r Vernehmlassung zum Bun<strong>de</strong>sgesetz<br />

über das elektronische Patientendossier<br />

(EPDG) keine spezifisch pädiatrischen Aspekte<br />

zu behan<strong>de</strong>ln seien und hat sich <strong>de</strong>n ausführlichen<br />

und sehr kritischen Stellungnahmen von<br />

FMH und MFE angeschlossen. Informationen<br />

dazu fin<strong>de</strong>n Sie im Bericht über die Sitzung <strong>de</strong>s<br />

Delegiertenpools.<br />

Mitglie<strong>de</strong>rwesen, Finanzen<br />

Erfreulicherweise ist unsere Mitglie<strong>de</strong>rzahl<br />

weiter angestiegen auf nunmehr 2092, davon<br />

1507 or<strong>de</strong>ntliche Mitglie<strong>de</strong>r. Trotz<strong>de</strong>m bleibt<br />

unsere Finanzlage kritisch. Insbeson<strong>de</strong>re auch<br />

da <strong>de</strong>r Kongress in Montreux nur einen minimalen<br />

Gewinn zugunsten <strong>de</strong>r fPmh abgeworfen<br />

hat und trotz intensiver Bemühungen keine<br />

zusätzlichen Finanzquellen erschlossen wer<strong>de</strong>n<br />

konnten.<br />

Engagierte Mitglie<strong>de</strong>r gesucht!<br />

Immer noch suchen wir SGP-Mitglie<strong>de</strong>r, die<br />

bereit sind, einen Teil ihrer kostbaren Zeit für<br />

die Schweizer Pädiatrie einzusetzen.<br />

Dringend wird eine Praxispädiaterin o<strong>de</strong>r ein<br />

Praxispädiater gesucht, <strong>de</strong>r bereit ist, in <strong>de</strong>r<br />

Arbeitsgruppe Tarmed mitzuarbeiten. Die Einarbeitung<br />

jüngerer Kollegen in die hochkomplexe<br />

Materie, die von dieser kompetenten<br />

Gruppe bisher sehr effizient bewältigt wird, ist<br />

dringend notwendig, damit die Kontinuität<br />

gewahrt wer<strong>de</strong>n kann.<br />

Das Organisationskomitee für die Colloques<br />

Romands du CMPR (KHM) sucht ebenfalls eine<br />

Verjüngung. Mitglie<strong>de</strong>r mit organisatorischem<br />

Flair aus <strong>de</strong>r Romandie fin<strong>de</strong>n hier eine lohnen<strong>de</strong><br />

Aufgabe im Bereich <strong>de</strong>r Fortbildung.<br />

Interessierte mel<strong>de</strong>n sich bitte beim Sekretariat<br />

o<strong>de</strong>r bei einem Vorstandsmitglied.<br />

Erfreulicherweise liess sich nach langer Suche<br />

endlich ein Ersatz für Heini Haldi als Mitglied<br />

in <strong>de</strong>r Kommission <strong>de</strong>s KHM für <strong>de</strong>n Fähigkeitsausweis<br />

Praxislabor fin<strong>de</strong>n. Carlos Lorca,<br />

Winterthur, wird diese Aufgabe übernehmen,<br />

wofür wir ihm ganz herzlich danken.<br />

5


Stan<strong>de</strong>spolitik<br />

Vol. 23 Nr. 1 2012<br />

Weiterbildungsprogramm (WBP) <strong>de</strong>r SGP<br />

Christoph Rudin, Präsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>r Weiterbildungskommission, Basel<br />

Endlich ist es soweit. Das neue Weiterbildungsprogramm<br />

(WBP) <strong>de</strong>r SGP wur<strong>de</strong> per<br />

Anfangs 2012 in Kraft gesetzt und auf die<br />

Homepages von FMH und Schweizerischer<br />

Gesellschaft für Pädiatrie aufgeschaltet.<br />

Viele KollegInnen waren an <strong>de</strong>r Vernehmlassung<br />

<strong>de</strong>s neuen Programms beteiligt und<br />

die Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Weiterbildungskommission<br />

(WBK) haben sich zwei Jahre lang intensiv<br />

mit <strong>de</strong>r Revision <strong>de</strong>s WBP beschäftigt.<br />

Allen Beteiligten gebührt grosser<br />

Dank. Wir freuen uns, dass diese Arbeiten<br />

nun abgeschlossen sind. Das neue Programm<br />

schafft neue und vielfältigere Möglichkeiten<br />

zur Gestaltung <strong>de</strong>r Weiterbildung<br />

und klarere, auf <strong>de</strong>n Weiterbildungsangeboten<br />

basierte Vorgaben für die Weiterbildungsberechtigungen<br />

resp. Einteilung <strong>de</strong>r<br />

einzelnen Weiterbildungsstätten. Patrick<br />

Imahorn, <strong>de</strong>r Vertreter unserer Weiterbildungskommission<br />

in <strong>de</strong>r Titelkommission<br />

<strong>de</strong>r FMH, hat zum besseren Verständnis<br />

<strong>de</strong>s neuen WBP ein Va<strong>de</strong>mecum zusammengestellt,<br />

welches die wichtigsten Punkte<br />

zusammenfasst. Dieses ebenfalls auf<br />

<strong>de</strong>n erwähnten Homepages verfügbare<br />

Dokument wollen wir Ihnen hier in <strong>de</strong>r Pediatrica<br />

präsentieren.<br />

Korrespon<strong>de</strong>nzadresse<br />

Prof. Christoph Rudin<br />

University Children’s Hospital (UKBB)<br />

Spitalstrasse 33<br />

CH-4056 Basel<br />

Christoph.rudin@ukbb.ch<br />

Facharzt für Kin<strong>de</strong>r- und Jugendmedizin<br />

Charakteriska neues Weiterbildungprogramm 2012 (WBP)<br />

1. Die Weiterbildungsdauer beträgt 5 Jahre, welche sich in 3 Jahre Basis- und 2 Jahre Auau-WB aufglie<strong>de</strong>rn.<br />

2. In <strong>de</strong>r Basis-WB müssen 3-12 Monate Neonatologie ausgewiesen wer<strong>de</strong>n.<br />

3. Die Auau- wie auch die Schwerpunkt-WB können frühestens nach 2 absolvierten Basisjahren begonnen<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

4. Maximal 1 Jahr kann als fachfrem<strong>de</strong>s Oponsjahr zu je<strong>de</strong>m Zeitpunkt absolviert wer<strong>de</strong>n.<br />

5. Die Auau-WB kann als Curriculum Praxis- o<strong>de</strong>r Spitalpädiatrie absolviert wer<strong>de</strong>n. Bei<strong>de</strong> Curricula sind<br />

gleichwerg und qualifizieren zum Facharzt Kin<strong>de</strong>r- und Jugendmedizin.<br />

6. Im Curriculum Praxispädiatrie können zwei Jahre an einer WB-Stäe für Praxispädiatrie o<strong>de</strong>r Praxisassistenz<br />

(allerdings maximal 1 Jahr in <strong>de</strong>rselben Praxis) absolviert wer<strong>de</strong>n. Als Alternave wer<strong>de</strong>n 1 Jahr Opon o<strong>de</strong>r<br />

Schwerpunkt-WB anerkannt.<br />

7. Im Curriculum Spitalpädiatrie können neben 2 Jahren WB an einer WB-Stäe für Spitalpädiatrie maximal je 1<br />

Jahr als Opon und/o<strong>de</strong>r Schwerpunkt-WB angerechnet wer<strong>de</strong>n.<br />

8. Als fachfrem<strong>de</strong>s Oponsjahr wer<strong>de</strong>n alle vom SIW Fanerkannten Weiterbildungstel o<strong>de</strong>r auch ein<br />

Forschungsjahr in Kin<strong>de</strong>r- und Jugendmedizin anerkannt.<br />

9. Je<strong>de</strong>r Kandidat führt ein Logbuch gemäss Vorgaben <strong>de</strong>s SIWF.<br />

10. Strukturierte WB in Entwicklungspädiatrie, pädiatrischer Noallmedizin und Neonatologie sowie 10 Tage WB-<br />

Veranstaltungen von min<strong>de</strong>stens 1/2 Tagesdauer gehören zu <strong>de</strong>n weiteren Besmmungen.<br />

11. Das Kriterienraster für die Einteilung <strong>de</strong>r Weiterbildungsstäen wur<strong>de</strong> neu in 4 Kategorien, entsprechend <strong>de</strong>r<br />

Jahre Weiterbildungsberechgung aufgeteilt, und die maximale Anrechnung für die Basis- und Auau-WB<br />

wur<strong>de</strong> für je<strong>de</strong> Weiterbildungsstäe <strong>de</strong>finiert. Min<strong>de</strong>stens 2 Jahre <strong>de</strong>r fachspezifischen WB müssen an einer<br />

WB-Stäe <strong>de</strong>r Kategorie 3 o<strong>de</strong>r 4 absolviert wer<strong>de</strong>n.<br />

12. Min<strong>de</strong>stens 1 Jahr <strong>de</strong>r WB muss an einer zweiten Weiterbildungsstäe absolviert wer<strong>de</strong>n, wobei die WB in einer<br />

Praxis o<strong>de</strong>r das Oponsjahr nicht als Klinikwechsel gelten.<br />

Facharzt für Kin<strong>de</strong>r- und Jugendmedizin<br />

Curriculum Spitalpädiatrie/Praxispädiatrie<br />

Jahr 1 2 3 4 5<br />

Varianten<br />

WB-Stäe Spitalpädiatrie<br />

Opon<br />

Auau-WB Schwerpunkt WB-Stäe Spitalpädiatrie<br />

Spitalpädiatrie Schwerpunkt Opon<br />

WB-Stäe Spitalpädiatrie<br />

WB-Stäe Spitalpädiatrie<br />

Basis-Weiterbildung<br />

incl 3-12 Mte Neonatologie<br />

Praxisassistenz<br />

Praxisassistenz<br />

Praxisassistenz/WB-Stäe Praxis Opon<br />

Auau-WB Praxisassistenz/WB-Stäe Praxis Schwerpunkt<br />

Praxispädiatrie Praxisassistenz WB-Stäe Praxispädiatrie<br />

WB-Stäe Praxispädiatrie<br />

WB-Stäe Praxispädiatrie<br />

6


Vol. 23 Nr. 1 2012<br />

Stan<strong>de</strong>spolitik<br />

Q-Monitoring – wir Kin<strong>de</strong>rärzte<br />

sind weiterhin dabei!<br />

Christian Kind, Präsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>r SGP, St. Gallen<br />

Marc-Alain Panchard, Qualitätsverantwortlicher <strong>de</strong>r SGP,<br />

Arbeitsgruppe Qualität SGP/Kin<strong>de</strong>rärzte Schweiz, Vevey<br />

Heidi Zinggeler Fuhrer, Vorstand Kin<strong>de</strong>rärzte Schweiz (KIS),<br />

Arbeitsgruppe Qualität SGP/KIS, Kommission Qualität<br />

Haus- und Kin<strong>de</strong>rärzte Schweiz, Chur<br />

Daniel Herren MHA, Mitglied <strong>de</strong>s Zentralvorstands <strong>de</strong>r FMH, Bern<br />

Die Ärzteschaft<br />

sichert Qualität.<br />

Q-Monitoring<br />

macht dies sichtbar.<br />

Ärztinnen und Ärzte wollen ihre Patienten<br />

optimal versorgen – sie engagieren sich bei<br />

ihrer Arbeit daher täglich für die Qualitätssicherung,<br />

mittels Fallbesprechungen, in<br />

Fortbildungen, durch die Überprüfung von<br />

Behandlungsstandards usw. Noch ist dieses<br />

Engagement vor allem im ambulanten<br />

Sektor für die Öffentlichkeit und die Politik<br />

zu wenig sichtbar. Genau hier setzt das<br />

Projekt Q-Monitoring ambulante Medizin<br />

Schweiz an: Es will anhand von Zahlen das<br />

Spektrum an Qualitätsaktivitäten aufzeigen,<br />

welches bereits heute durch ambulant<br />

tätige Ärztinnen und Ärzte geleistet wird.<br />

Die Schweizerische Gesellschaft für Pädiatrie<br />

hat das von <strong>de</strong>r FMH lancierte Projekt<br />

bereits in seiner Pilotphase 2010 unterstützt,<br />

und die klaren Resultate gaben ihr<br />

Recht. Die SGP ist überzeugt, dass die<br />

Fortführung <strong>de</strong>s Q-Monitorings für die ambulant<br />

tätigen Fachärztinnen und -ärzte<br />

wertvoll ist und beteiligt sich 2012 gemeinsam<br />

mit neun weiteren Fachgesellschaften<br />

erneut daran. Auch Kin<strong>de</strong>rärzte Schweiz<br />

(KIS) unterstützt Q-Monitoring aktiv.<br />

Q-Monitoring ist we<strong>de</strong>r ein neues Qualitäts-<br />

Tool, noch bil<strong>de</strong>t es die Behandlungsqualität<br />

ab. Es geht ausschliesslich um die Erfassung<br />

aktuell getätigter Qualitätsaktivitäten, mit<br />

an<strong>de</strong>ren Worten: Um eine Bestan<strong>de</strong>saufnahme.<br />

Die Datenerhebung basiert auf freiwilliger<br />

Selbst<strong>de</strong>klaration, und die Vertraulichkeit<br />

<strong>de</strong>r Angaben wird streng gewahrt.<br />

Massgeschnei<strong>de</strong>rtes Feedback<br />

Die Pilotphase hat gezeigt, dass die Datenauswertung<br />

<strong>de</strong>n Teilnehmen<strong>de</strong>n eine nützliche<br />

individuelle Rückmeldung gibt: Sie<br />

ver<strong>de</strong>utlicht, in welchen Bereichen <strong>de</strong>r<br />

Qualitätssicherung sie bereits viel leisten<br />

und in welchen eventuell noch Optimierungspotential<br />

besteht.<br />

Ferner konnten sich die<br />

Auskunftswilligen mit <strong>de</strong>m<br />

Gesamt <strong>de</strong>r Antworten aller<br />

Fachkolleginnen und<br />

-kollegen anonym vergleichen<br />

und erhielten eine<br />

wertvolle Orientierung im<br />

Dschungel möglicher<br />

Qualitätsaktivitäten.<br />

Auch die beteiligten Fachgesellschaften<br />

profitierten<br />

von <strong>de</strong>r Projektteilnahme:<br />

Sie erhielten ein<br />

klares Bild, wo die Stärken<br />

und Schwächen <strong>de</strong>r<br />

Qualitätssicherung ihres<br />

Fachbereichs liegen, was<br />

wie<strong>de</strong>rum eine gute Entscheidungsgrundlage<br />

bspw. für zielgerichtete Fortbildungsangebote<br />

darstellt. Nicht zuletzt ermöglichte das<br />

Projekt <strong>de</strong>r FMH und <strong>de</strong>n beteiligten Fachgesellschaften<br />

eine datenbasierte Argumentation<br />

bei ihren stan<strong>de</strong>spolitischen Arbeiten.<br />

Starke Daten<br />

2011 hat die SGP gemeinsam mit <strong>de</strong>r Abteilung<br />

Daten, Demographie und Qualität<br />

(DDQ) <strong>de</strong>r FMH <strong>de</strong>n Fragebogen aus <strong>de</strong>r<br />

Pilotphase weiterentwickelt. Diese Arbeit<br />

ist zentral – <strong>de</strong>nn nur die Fachärztinnen und<br />

-ärzte kennen ihre fachspezifischen Qualitätsaktivitäten.<br />

Am 8. Februar 2012 hat nun<br />

die Datenerhebung für Q-Monitoring ambulante<br />

Medizin Schweiz begonnen.<br />

SGP- und KIS-Vorstand danken jenen Kolleginnen<br />

und Kollegen herzlich, die sich schon<br />

2010 an <strong>de</strong>r Q-Monitoring-Umfrage beteiligt<br />

haben und bittet sie, auch 2012 wie<strong>de</strong>r mitzumachen,<br />

<strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r Fragebogen ist in einigen<br />

Punkten verbessert wor<strong>de</strong>n. Damit<br />

Q-Monitoring ambulante Medizin Schweiz macht <strong>de</strong>utlich, wie<br />

stark sich Ärztinnen und Ärzte für die Qualität ihrer Arbeit<br />

engagieren.<br />

Q-Monitoring erneut zum Erfolg wird, hoffen<br />

die Vorstän<strong>de</strong> von SGP und KIS auf eine<br />

rege Umfrageteilnahme: Je soli<strong>de</strong>r die Daten,<br />

<strong>de</strong>sto gewichtiger die Argumente <strong>de</strong>r<br />

Ärzteschaft in <strong>de</strong>r Qualitätsdiskussion.<br />

Weitere Informationen zu Q-Monitoring<br />

ambulante Medizin CH fin<strong>de</strong>n Sie auf<br />

www.fmh.ch ➙ Qualität ➙ Q-Monitoring.<br />

Bei Fragen zum Projekt erteilt die FMH-<br />

Abteilung Daten, Demographie und Qualität<br />

DDQ gerne Auskunft: ddq@fmh.ch<br />

Korrespon<strong>de</strong>nzadresse<br />

FMH, Verbindung <strong>de</strong>r Schweizer Ärztinnen<br />

und Ärzte<br />

Daten, Demographie und Qualität DDQ<br />

Elfenstrasse 18<br />

Postfach 170<br />

3000 Bern 15<br />

ddq@fmh.ch<br />

7


Stan<strong>de</strong>spolitik<br />

Vol. 23 Nr. 1 2012<br />

Bericht <strong>de</strong>r Delegiertenpoolsitzung<br />

vom 15.12.11<br />

Philipp Jenny, Vorstandsmitglied <strong>de</strong>r SGP, Altstätten<br />

Als erstes informierte unser Fortbildungsverantwortlicher<br />

Pierre Klauser über <strong>de</strong>n<br />

Entwurf <strong>de</strong>s neuen Fortbildungsreglements,<br />

welches die SGP gemäss SIWF<br />

überarbeiten muss. Wie bisher wer<strong>de</strong>n 80<br />

Fortbildungsstun<strong>de</strong>n verlangt. 30 Stun<strong>de</strong>n<br />

im Selbststudium, 25 Stun<strong>de</strong>n Kernfortbildung<br />

und 25 Stun<strong>de</strong>n erweiterte Fortbildung<br />

(auch 50 Stun<strong>de</strong>n Kernfortbildung<br />

ohne erweiterte Fortbildung sind möglich).<br />

Für Veranstaltungen im Bereich <strong>de</strong>r pädiatrischen<br />

Kernfortbildung erteilt die SGP<br />

nach wie vor die Credits. Neu wer<strong>de</strong>n jedoch<br />

folgen<strong>de</strong> Veranstaltungen automatisch<br />

anerkannt (ohne Einreichen eines<br />

Gesuchs): Fortbildungsveranstaltungen <strong>de</strong>r<br />

SGP, <strong>de</strong>r Schwerpunktgesellschaften, <strong>de</strong>r<br />

kantonalen Gesellschaften, <strong>de</strong>r Weiterbildungsstätten<br />

sowie einer Reihe von <strong>de</strong>finierten<br />

nationalen Gesellschaften wie z. B.<br />

Kin<strong>de</strong>rärzte Schweiz. Neu kann auch z. B.<br />

E-Learning angerechnet wer<strong>de</strong>n. Ausser<strong>de</strong>m<br />

hat er das internetbasierte Fortbildungsprotokoll<br />

von myFMH vorgestellt.<br />

Dort könnte man je<strong>de</strong> besuchte Fortbildung<br />

eintragen und erhält dann automatisch sein<br />

Diplom. Das ganze käme für die Gesellschaft<br />

viel teurer und wür<strong>de</strong> <strong>de</strong>n Arzt sehr<br />

transparent machen. Der SGP-Vorstand hat<br />

sich daher für das «alte» bisherige Mo<strong>de</strong>ll<br />

entschie<strong>de</strong>n, es steht aber <strong>de</strong>m Mitglied<br />

offen die Internetplattform zu nutzen. (Anmerkung<br />

<strong>de</strong>s Autors: Sobald das Reglement<br />

verabschie<strong>de</strong>t ist, wer<strong>de</strong>n wir darüber berichten.)<br />

Unser Gast Heinz Bhend, Hausarzt mit zusätzlicher<br />

Informatikausbildung hat in einem<br />

kurzweiligen Referat und <strong>de</strong>r anschliessen<strong>de</strong>n<br />

angeregten Diskussion aufgezeigt,<br />

wo wir in <strong>de</strong>r Schweiz bezüglich Digitalisierung<br />

unserer Arztpraxen stehen, wohin<br />

wir gehen sollten und wo noch Steine im<br />

Weg liegen. Stossend für ihn ist die Tatsache,<br />

dass die Anbieter noch zu stark bestimmen<br />

was die Software kann. Dabei<br />

sollten wir Ärzte primär unsere Bedürfnisse<br />

äussern können und die Programmierer<br />

darauf abgestimmte Lösungen anbieten,<br />

die unseren Arbeitsabläufen entsprechen.<br />

Ausser<strong>de</strong>m könne es nicht sein, dass man<br />

die Daten bei einem Wechsel <strong>de</strong>r Software<br />

nur mit Mühe übernehmen kann o<strong>de</strong>r zum<br />

Teil sogar verliert.<br />

Auch bezüglich E-Health kann man sich<br />

zukünftige Vorteile vorstellen, aber die<br />

Probleme sind noch lange nicht gelöst.<br />

Zuerst müsste die Mehrheit <strong>de</strong>r Praxen eine<br />

digitale KG haben und garantiert sein, dass<br />

die Patientendaten korrekt, vollständig und<br />

gesichert übertragen wer<strong>de</strong>n. So verlange<br />

<strong>de</strong>r Datenschützer noch heute, dass <strong>de</strong>r PC<br />

auf <strong>de</strong>m die Praxissoftware läuft nicht mit<br />

<strong>de</strong>m Internet verbun<strong>de</strong>n ist … Damit wir<br />

Ärzte (mit)bestimmen können wie unsere<br />

Informatiklandschaft in Zukunft aussehen<br />

wird, will <strong>de</strong>r Berufsverband <strong>de</strong>r Haus- und<br />

Kin<strong>de</strong>rärzte Schweiz im nächsten Jahr zusammen<br />

mit <strong>de</strong>r FMH, KAeG usw. das Institut<br />

für Praxisinformatik grün<strong>de</strong>n.<br />

Der Autor als Vorstandsmitglied hat dargelegt,<br />

dass die SGP die politisch-gewerkschaftliche<br />

Arbeit für die praktizieren<strong>de</strong>n<br />

Kin<strong>de</strong>rärzte an <strong>de</strong>n Berufsverband <strong>de</strong>r<br />

Haus- und Kin<strong>de</strong>rärzte (MFE) übertragen<br />

hat. Deshalb nimmt <strong>de</strong>r Vorstand zur Managed-Care(MC)-Vorlage/Referendum<br />

keine Stellung.<br />

Der Autor als MFE-Delegierter hat <strong>de</strong>n<br />

SGP-Delegierten aufgezeigt wieso <strong>de</strong>r MFE<br />

das Referendum nicht unterstützt und<br />

<strong>de</strong>m Pro-Komitee beitreten wird: Ursprünglich<br />

wollte das Parlament <strong>de</strong>n Kontrahierungszwang<br />

aufheben. Um dies zu<br />

verhin<strong>de</strong>rn, schlugen die Ärzte (FMH,<br />

SGAM usw.) als Alternative <strong>de</strong>n Ausbau<br />

und gesetzliche Bevorzugung von MC-<br />

Mo<strong>de</strong>llen vor. Nach jahrelanger Kompromisssuche<br />

unter aktiver Mitwirkung <strong>de</strong>r<br />

Ärzteschaft haben die Räte sich im Herbst<br />

auf eine Vorlage geeinigt. Nach <strong>de</strong>r kurzfristig<br />

während <strong>de</strong>n Sommerferien durchgeführten<br />

Urabstimmung in Unkenntnis<br />

<strong>de</strong>s <strong>de</strong>finitiven Gesetzestextes musste <strong>de</strong>r<br />

FMH-Vorstand gegenüber <strong>de</strong>r Politik eine<br />

180 ° Kehrtwendung vornehmen und das<br />

Referendum dagegen ergreifen.<br />

Schauen wir die MC-Vorlage aus Sicht <strong>de</strong>s<br />

Haus- und Kin<strong>de</strong>rarztes an, so ist sie ein<br />

Kompromiss bei <strong>de</strong>m die Vor- die Nachteile<br />

überwiegen (z. B. Haus- und Kin<strong>de</strong>rarzt wird<br />

als erste Anlaufstelle geför<strong>de</strong>rt, Unabhängigkeit<br />

<strong>de</strong>r Ärztenetzwerke (keine SWICA-<br />

Zentren mehr möglich), <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>srat kann<br />

Versicherungen dazu zwingen, mit Ärzten<br />

Verträge einzugehen usw.). Unter <strong>de</strong>n<br />

Nachteilen ist für uns kein «No-Go».<br />

Daneben darf <strong>de</strong>r MFE auch die politische<br />

Ebene nicht vergessen. Was passiert wenn<br />

wir Haus- und Kin<strong>de</strong>rärzte die MC-Vorlage<br />

<strong>de</strong>s Parlaments ablehnen? Welche Politiker<br />

und Bun<strong>de</strong>sbeamte helfen uns Haus- und<br />

Kin<strong>de</strong>rärzten zukünftig in Bern, wenn wir<br />

jetzt diesen Vorschlag torpedieren? Wer<br />

unterstützt uns bei <strong>de</strong>r Hausarztinitiative,<br />

wenn wir jetzt eine parlamentarische Vorlage<br />

ablehnen, welche versucht die Stellung<br />

<strong>de</strong>s Haus- und Kin<strong>de</strong>rarztes zu stärken?<br />

Wer unterstützt uns bei <strong>de</strong>r Tarmed-Revision<br />

bezüglich <strong>de</strong>m neuen Kapitel 40 gegen<br />

die Interessen <strong>de</strong>r Santé<strong>suisse</strong> und <strong>de</strong>r<br />

an<strong>de</strong>ren Fachverbän<strong>de</strong>?<br />

Zusammenfassend löst diese Vorlage unsere<br />

Probleme nicht, aber sie geht in die<br />

richtige Richtung. Eine Ablehnung wäre<br />

politisch unklug und wür<strong>de</strong> unserer Sache<br />

in Zukunft noch lange scha<strong>de</strong>n! Für <strong>de</strong>n<br />

Autor überraschend teilten die Delegierten<br />

diese Ansicht o<strong>de</strong>r hatten Verständnis dafür,<br />

dass die SGP sich nicht offiziell zur<br />

MC-Vorlage äussert.<br />

Bezüglich Hausarztinitiative läuft nun die<br />

Beratung im Parlament. Die Räte haben 1<br />

Jahr Zeit, um darüber zu befin<strong>de</strong>n (können<br />

die Frist aber verlängern). Ziel wäre unsere<br />

Anliegen jetzt schon in die aktuelle Gesetzgebung<br />

einfliessen zu lassen, damit im<br />

I<strong>de</strong>alfall die Abstimmung über die Initiative<br />

nicht mehr nötig wür<strong>de</strong>. Um <strong>de</strong>n Druck<br />

aufrecht zu halten, bekommen die Mitglie<strong>de</strong>r<br />

ein Mail mit <strong>de</strong>m Hinweis, wo sie Plakate<br />

zum Aufhängen in <strong>de</strong>r Praxis bestellen<br />

können.<br />

Aus Regionen wur<strong>de</strong> mit Besorgnis berichtet,<br />

dass in einigen Bahnhöfen bzw. Stadtzentren<br />

Praxen durch Spitäler eröffnet<br />

und mit Steuergel<strong>de</strong>rn finanziert wer<strong>de</strong>n.<br />

Das Ganze ist jedoch eine komplexe Prob-<br />

8


Vol. 23 Nr. 1 2012<br />

Stan<strong>de</strong>spolitik<br />

lematik, in <strong>de</strong>r auch die Globalbudgets <strong>de</strong>r<br />

Spitäler eine Rolle spielen. Das Kantonsspital<br />

Aarau hat unter an<strong>de</strong>rem selber eine<br />

solche Kin<strong>de</strong>rarztpraxis eröffnet, um <strong>de</strong>m<br />

Kin<strong>de</strong>rarztmangel entgegenzuwirken und<br />

eine fachlich kompetente Alternative zu<br />

Praxen analog <strong>de</strong>rjenigen von «Die Zahnärzte»<br />

zu bieten.<br />

Am Schluss wur<strong>de</strong> noch die Frage aufgeworfen,<br />

ob <strong>de</strong>r Delegiertenpool, wie er<br />

heute funktioniert, noch eine sinnvolle<br />

Einrichtung ist. Nach kurzer Diskussion<br />

wünschten die Delegierten, die zukünftige<br />

Gestaltung <strong>de</strong>s Delegiertenpools an <strong>de</strong>r<br />

nächsten Sitzung zu traktandieren.<br />

Die Diskussion über die Öffnung <strong>de</strong>r Vorsorgeuntersuche<br />

im geplanten neuen Kapitel<br />

40.xxxx für alle Grundversorger<br />

musste aufgrund <strong>de</strong>r fortgeschrittenen Zeit<br />

unterbrochen und auf die nächste Sitzung<br />

verschoben wer<strong>de</strong>n.<br />

Tarmed Info<br />

Marco Belve<strong>de</strong>re, Tarif<strong>de</strong>legierter <strong>de</strong>r SGP, Zürich<br />

Schon vor einem Jahr habe ich berichtet,<br />

dass Titelträger <strong>de</strong>s Schwerpunktes Entwicklungspädiatrie<br />

die Positionen 03.0310<br />

bis 03.0340 auch ohne Besitzstandswahrung<br />

wer<strong>de</strong>n abrechnen können. Die Ergänzung<br />

<strong>de</strong>r Dignität wird im neuen Browser<br />

1.08 aufgeführt wer<strong>de</strong>n. Allerdings<br />

wird dieser Browser erst ab <strong>de</strong>m 1.6.2012<br />

in Kraft gesetzt. Letztes Jahr fand kein<br />

Update statt und für dieses Jahr wur<strong>de</strong>n<br />

die Anträge wie<strong>de</strong>r zu langsam umgesetzt.<br />

Bis zum Verfassen <strong>de</strong>s Artikels hat <strong>de</strong>r<br />

Bun<strong>de</strong>srat noch nicht mal seine Genehmigung<br />

formuliert.<br />

Im Projekt Tarvision <strong>de</strong>r FMH vertrete ich<br />

als Tarif<strong>de</strong>legierter <strong>de</strong>r SGP in <strong>de</strong>r Tarifkommission<br />

<strong>de</strong>r Hausärzte Schweiz MFE unsere<br />

Anliegen. Sämtliche Geschäfte wer<strong>de</strong>n auf<br />

ihre Auswirkungen für die Pädiater überprüft.<br />

Wo immer möglich wer<strong>de</strong>n Korrekturen<br />

o<strong>de</strong>r Ausgleiche eingebracht. Durch<br />

Ausarbeitung eines Kapitels 40 für Grundversorger<br />

(Fachärzte Allgemeine und Innere<br />

Medizin AIM und Pädiater) sollen diese<br />

berechtigt wer<strong>de</strong>n, im Rahmen <strong>de</strong>r Grundversorgung<br />

in diesem Kapitel abzurechnen.<br />

Damit soll unsere Tätigkeit angemessener<br />

entschädigen wer<strong>de</strong>n. Falls aber eine besser<br />

entschädigte Spezialität abgerechnet<br />

wird, können am gleichen Tag nicht umsatzsteigernd<br />

auch noch aus <strong>de</strong>m Kapitel 40<br />

Positionen kombiniert wer<strong>de</strong>n. Die genauen<br />

Restriktionen wer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>rzeit noch erarbeitet.<br />

Mit diesem Vorgehen soll eine gezielte<br />

Aufwertung <strong>de</strong>r Grundversorger möglich<br />

wer<strong>de</strong>n, da ihre Tätigkeit geson<strong>de</strong>rt abgebil<strong>de</strong>t<br />

wird.<br />

Bei Erscheinen <strong>de</strong>s Artikels sollte die<br />

Homepage <strong>de</strong>r SGP <strong>de</strong>n neuen Bereich Tarife<br />

enthalten, wo unsere Mitglie<strong>de</strong>r auf<br />

weitergehen<strong>de</strong> Informationen zu <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen<br />

Tarifen Zugriff haben wer<strong>de</strong>n.<br />

Wir haben uns bemüht, die wichtigen Informationen<br />

zu aktualisieren. Trotz<strong>de</strong>m gibt es<br />

immer wie<strong>de</strong>r Än<strong>de</strong>rungen, welche noch<br />

nicht erfasst wer<strong>de</strong>n konnten. Ergänzend<br />

sollen <strong>de</strong>shalb auch die aktuellen Publikationen<br />

<strong>de</strong>s BAG, <strong>de</strong>r FMH und <strong>de</strong>r Hausärzte<br />

Schweiz beachtet wer<strong>de</strong>n.<br />

Weitere Informationen fin<strong>de</strong>n sie in ausgesandten<br />

Unterlagen (z. B. SAeZ) und über<br />

folgen<strong>de</strong> Adressen:<br />

www.tarmed<strong>suisse</strong>.ch<br />

www.swiss-paediatrics.org<br />

www.hausaerzteschweiz.ch<br />

www.fmh.ch<br />

http://www.bag.admin.ch/themen/krankenversicherung/06492/06494/in<strong>de</strong>x.<br />

html?lang=<strong>de</strong><br />

Korrespon<strong>de</strong>nzadresse<br />

marco.belve<strong>de</strong>re@bluewin.ch<br />

Die nächsten Monate wer<strong>de</strong>n durch ausführliche<br />

Dispute geprägt wer<strong>de</strong>n. Wir arbeiten<br />

aber hoffnungsvoll und beharrlich<br />

weiter.<br />

9


Empfehlungen<br />

Vol. 23 Nr. 1 2012<br />

Perinatale Betreuung an <strong>de</strong>r Grenze <strong>de</strong>r<br />

Lebensfähigkeit zwischen 22 und 26<br />

vollen<strong>de</strong>ten Schwangerschaftswochen<br />

Revision <strong>de</strong>r Schweizer Empfehlungen aus <strong>de</strong>m Jahre 2002<br />

T. M. Berger*, V. Bernet*, S. El Alama***, J.-C. Fauchère*, I. Hösli**, O. Irion**, C. Kind*,<br />

B. Latal****, M. Nelle*, R. E. Pfister*, D. Surbek**, A. C. Truttmann*, J. Wisser**,<br />

R. Zimmermann**<br />

Einleitung<br />

Die ersten Empfehlungen zur Betreuung von<br />

Frühgeborenen an <strong>de</strong>r Grenze <strong>de</strong>r Lebensfähigkeit<br />

in <strong>de</strong>r Schweiz wur<strong>de</strong>n im Jahre<br />

2002 veröffentlicht 1) . Als Grundlage dienten<br />

damals unter an<strong>de</strong>rem Empfehlungen europäischer<br />

2), 3) und kanadischer Fachgruppen<br />

4) , sowie die relevanten medizinischethischen<br />

Richtlinien <strong>de</strong>r Schweizerischen<br />

Aka<strong>de</strong>mie <strong>de</strong>r Medizinischen Wissenschaften<br />

(SAMW) 5), 6) . Revidierte Empfehlungen<br />

aus Nordamerika und Europa 7)–11) , neue<br />

Empfehlungen aus weiteren Län<strong>de</strong>rn 12)–17)<br />

und neue Daten zu Mortalität und Morbidität<br />

18)–22) , insbeson<strong>de</strong>re auch aus <strong>de</strong>r<br />

Schweiz 23), 24) , haben Anlass dazu gegeben,<br />

die Empfehlungen für die Schweiz zu überarbeiten.<br />

* Schweizerische Gesellschaft für Neonatologie<br />

** Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe<br />

und Schweizerische Aka<strong>de</strong>mie für fetomaternale<br />

Medizin<br />

*** Schweizerischer Hebammenverband<br />

**** Schweizerischen Gesellschaft für Entwicklungs pädiatrie<br />

Nationale Empfehlungen sind notwendig, da<br />

ethische Entscheidungsfindungen nicht alleine<br />

auf allseits anerkannten ethischen<br />

Prinzipien basieren, son<strong>de</strong>rn durch gesellschaftliche,<br />

ökonomische und legale Überlegungen<br />

mit beeinflusst wer<strong>de</strong>n. Qualitativ<br />

gute Daten zu erzielbaren Langzeitresultaten<br />

sind ebenfalls wichtig und die verfügbaren<br />

Studien belegen, dass die Resultate<br />

zwischen verschie<strong>de</strong>nen Län<strong>de</strong>rn erheblich<br />

variieren 18)–24) . Aus diesen Grün<strong>de</strong>n ist davon<br />

auszugehen, dass Empfehlungen aus an<strong>de</strong>ren<br />

Län<strong>de</strong>rn nicht ohne weiteres auf die<br />

Schweiz übertragbar sind. Eine Akzeptanz<br />

<strong>de</strong>r Empfehlungen ist aber anzustreben, um<br />

die Behandlungsvariabilität zwischen <strong>de</strong>n<br />

Zentren, die Schwangere mit hohem Risiko<br />

für eine Frühgeburt und Frühgeborene an<br />

<strong>de</strong>r Grenze <strong>de</strong>r Lebensfähigkeit in <strong>de</strong>r<br />

Schweiz betreuen, zu minimieren.<br />

Die vorliegen<strong>de</strong>n Empfehlungen wur<strong>de</strong>n<br />

durch eine Kommission von erfahrenen<br />

Spezialisten ausgearbeitet. Die vorgeschlagenen<br />

Än<strong>de</strong>rungs- und Ergänzungsvorschläge<br />

wur<strong>de</strong>n an fünf Workshops in <strong>de</strong>n Jahren<br />

2009 und 2010 ausführlich diskutiert. Die<br />

neuen Empfehlungen wur<strong>de</strong>n von allen Mitglie<strong>de</strong>rn<br />

<strong>de</strong>r Arbeitsgruppe gutgeheissen<br />

und 2011 von <strong>de</strong>r Schweizerischen Gesellschaft<br />

für Gynäkologie und Geburtshilfe<br />

(SGGG), <strong>de</strong>r Aka<strong>de</strong>mie für fetomaternale<br />

Medizin (AFMM), <strong>de</strong>m Schweizerischen Hebammenverband<br />

(SHV), <strong>de</strong>r Schweizerischen<br />

Gesellschaft für Pädiatrie (SGP), <strong>de</strong>r Schweizerischen<br />

Gesellschaft für Neonatologie<br />

(SGN) und <strong>de</strong>r Schweizerischen Gesellschaft<br />

für Entwicklungspädiatrie (SGEP) genehmigt.<br />

Wie bereits im Jahre 2002 unterstützt<br />

die Zentrale Ethikkommission (ZEK) <strong>de</strong>r<br />

SAMW die neuen Empfehlungen. Die Empfehlungen<br />

wur<strong>de</strong>n im Swiss Medical Weekly<br />

in englischer Sprache publiziert 25) und können<br />

über www.smw.ch o<strong>de</strong>r via PubMed<br />

online gelesen o<strong>de</strong>r als PDF heruntergela<strong>de</strong>n<br />

wer<strong>de</strong>n (open access). An dieser Stelle sollen<br />

lediglich die wesentlichen Neuerungen<br />

hervorgehoben und eine <strong>de</strong>utsche <strong>Version</strong><br />

<strong>de</strong>r Zusammenfassung präsentiert wer<strong>de</strong>n.<br />

Was ist neu?<br />

Im Vergleich zur <strong>Version</strong> aus <strong>de</strong>m Jahre 2002<br />

enthalten die neuen Empfehlungen evi<strong>de</strong>nzbasierte<br />

Informationen über geburtsmedizinische<br />

Massnahmen, insbeson<strong>de</strong>re zur fetalen<br />

Lungenreifung und zum Stellenwert <strong>de</strong>r<br />

Sectio-Entbindung. In <strong>de</strong>n alten Empfehlungen<br />

basierten die vorgeschlagenen Vorgehensweisen<br />

in erster Linie auf <strong>de</strong>m Gestationsalter.<br />

In <strong>de</strong>n revidierten Empfehlungen<br />

wer<strong>de</strong>n neben <strong>de</strong>m Gestationsalter zusätzliche,<br />

pränatal eruierbare Faktoren, die einen<br />

erheblichen Einfluss auf die Prognose<br />

haben, mitberücksichtigt (Tabelle). Die Grauzone<br />

wird enger <strong>de</strong>finiert, ihre Grenzen aber<br />

wer<strong>de</strong>n weniger absolut gesehen, um eine<br />

individualisierte Vorgehensweise an <strong>de</strong>r<br />

Gestationsalter<br />

(SSW)<br />

Geschlecht<br />

Geburtsgewicht<br />

Einling LRI Überlebensrate<br />

1)<br />

Überleben ohne sehr Überleben<br />

1), 2)<br />

schwere Behin<strong>de</strong>rung<br />

ohne schwere<br />

1), 3)<br />

Behin<strong>de</strong>rung<br />

24 0/7–24 6/7 m 600 g nein nein 27% 15% 7%<br />

24 0/7–24 6/7 w 600 g nein nein 36% 24% 14%<br />

24 0/7–24 6/7 w 800 g nein nein 63% 48% 34%<br />

24 0/7–24 6/7 w 800 g ja nein 67% 53% 39%<br />

24 0/7–24 6/7 w 800 g ja ja 82% 71% 57%<br />

Tabelle: Einfluss von pränatal eruierbaren Zusatzfaktoren (Geschlecht, Lungenreifungsinduktion (LRI), Einling/Mehrling, Geburtsgewicht)<br />

auf Wahrscheinlichkeit eines Überlebens ohne schwere o<strong>de</strong>r sehr schwere Behin<strong>de</strong>rung (nach Tyson et al. 20) )<br />

1) in Prozent aller Lebendgeborenen (n = 4446)<br />

2) sehr schwere Behin<strong>de</strong>rung (profound impairment) im Alter von 18–22 Monaten: • Bayley score < 50 (nicht testbar)<br />

• level 5 für GMF (gross motor function)<br />

3) schwere Behin<strong>de</strong>rung (severe impairment) im Alter von 18–22 Monaten: • PDI und/o<strong>de</strong>r MDI ≤ 70<br />

• mittelschwere bis schwere CP<br />

• bilaterale Blindheit<br />

• bilaterale Schwerhörigkeit, die Hörgeräte erfor<strong>de</strong>rlich macht<br />

Diese Schätzungen basieren auf standardisierten Untersuchungen von ehemaligen Frühgeborenen im Alter von 18–22 Monaten, die zwischen 1998 und 2003 in einem<br />

Neonatal Research Network Zentrum <strong>de</strong>r NICHD mit einem Gestationslater von 22–25 SSW und einem Geburtsgewicht zwischen 401 und 1000 g geboren wur<strong>de</strong>n. Outborns<br />

und Frühgeborene mit schweren angeborenen Fehlbildungen wur<strong>de</strong>n ausgeschlossen.<br />

10


Vol. 23 Nr. 1 2012<br />

Empfehlungen<br />

23 0/7–23 6/7<br />

primäre Einschätzung<br />

Intensivmedizin nicht indiziert<br />

(Belastung nicht zumutbar)<br />

24 0/7–24 6/7<br />

primäre Einschätzung<br />

Intensivmedizin bedingt empfohlen<br />

(Belastung wahrscheinlich zumutbar)<br />

mehrere positive prognostische Faktoren<br />

sekundäre Einschätzung<br />

Intensivmedizin bedingt empfohlen<br />

(Belastung wahrscheinlich zumutbar)<br />

Entscheidungsfindung<br />

zusammen mit <strong>de</strong>n Eltern<br />

mehrere negative prognostische Faktoren<br />

sekundäre Einschätzung<br />

Intensivmedizin nicht empfohlen<br />

(Belastung wahrscheinlich nicht zumutbar)<br />

Entscheidungsfindung<br />

zusammen mit <strong>de</strong>n Eltern<br />

mehrere negative prognostische Faktoren<br />

sekundäre Einschätzung:<br />

Intensivmedizin empfohlen<br />

(Belastung zumutbar)<br />

Entscheidungsfindung<br />

zusammen mit <strong>de</strong>n Eltern<br />

palliative<br />

Massnahmen<br />

vorläufige<br />

Intensivmedizin<br />

Abb. 1: Einfluss positiver Zusatzfaktoren<br />

und Rolle <strong>de</strong>r elterlichen Autorität beim<br />

Abwägen <strong>de</strong>r Therapieoptionen für Frühgeborene<br />

mit einem Gestationsalter von<br />

23 0/7–23 6/7 SSW<br />

palliative<br />

Betreuung<br />

vorläufige<br />

Intensivmedizin<br />

palliative<br />

Betreuung<br />

vorläufige<br />

Intensivmedizin<br />

Abb. 2: Einfluss positiver, resp. negativer Zusatzfaktoren und Rolle <strong>de</strong>r elterlichen Autorität<br />

beim Abwägen <strong>de</strong>r Therapieoptionen für Frühgeborene mit einem Gestationsalter von<br />

24 0/7–24 6/7 SSW<br />

Grenze <strong>de</strong>r Lebensfähigkeit zu ermöglichen.<br />

Die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r Kommunikation wird erneut<br />

betont und die Rolle <strong>de</strong>r Eltern bei <strong>de</strong>r<br />

Entscheidungsfindung wird <strong>de</strong>taillierter dargestellt.<br />

Zusammenfassung<br />

Diese Empfehlungen beziehen sich auf die<br />

perinatale Betreuung von Schwangeren mit<br />

hohem Risiko für eine Frühgeburt und von<br />

Frühgeborenen an <strong>de</strong>r Grenze <strong>de</strong>r Lebensfähigkeit<br />

(Gestationsalter zwischen 22 und<br />

26 vollen<strong>de</strong>ten SSW). Sie richten sich an<br />

Ärzte, Hebammen, Pflegefachpersonen und<br />

Mitglie<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>rer Berufsgruppen, die bei<br />

dieser Betreuung mitwirken (zur sprachlichen<br />

Vereinfachung wird im folgen<strong>de</strong>n Text<br />

bei Personenangaben nur die männliche<br />

Form gebraucht).<br />

Die perinatale Betreuung von Schwangeren<br />

mit hohem Risiko für eine Frühgeburt und<br />

Frühgeborenen an <strong>de</strong>r Grenze <strong>de</strong>r Lebensfähigkeit<br />

(22–26 vollen<strong>de</strong>te Schwangerschaftswochen)<br />

muss multidisziplinär<br />

durch ein erfahrenes perinatologisches<br />

Team erfolgen. Dabei ist zu berücksichtigen,<br />

dass sowohl die eingeschränkte Präzision<br />

<strong>de</strong>r Bestimmung <strong>de</strong>s Gestationsalters<br />

und <strong>de</strong>s geschätzten fetalen Gewichtes als<br />

auch die biologische Variabilität das Vorgehen<br />

im individuellen Fall entschei<strong>de</strong>nd beeinflussen<br />

können.<br />

Die für die Schwangere und das Frühgeborene<br />

zu treffen<strong>de</strong>n Entscheidungen sind<br />

komplex und von weitreichen<strong>de</strong>r Be<strong>de</strong>utung.<br />

Ein möglichst umfassen<strong>de</strong>s und einfühlsames<br />

Pränatalgespräch, das in verständlicher<br />

Sprache von Neonatologen und<br />

Geburtshelfern gemeinsam mit <strong>de</strong>n Eltern<br />

geführt wird, ist wichtig, um eine Vertrauensbasis<br />

aufzubauen und Unterstützung zu<br />

bieten. Die Entscheidungen wer<strong>de</strong>n in einem<br />

kontinuierlichen Dialog zwischen allen<br />

Beteiligten (Ärzte, Hebammen, Pflegepersonal<br />

und Eltern) erarbeitet und haben zum<br />

Ziel, die Massnahmen zu ergreifen, die im<br />

Interesse <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s und <strong>de</strong>r Schwangeren<br />

als die besten erachtet wer<strong>de</strong>n.<br />

Die Kenntnis aktueller nach Gestationsalter<br />

abgestufter Mortalitäts- und Morbiditätsstatistiken,<br />

sowie <strong>de</strong>ren Beeinflussung<br />

durch pränatal eruierbare Zusatzfaktoren<br />

(fetales Gewicht, Geschlecht, Lungenreifungsinduktion<br />

erfolgt o<strong>de</strong>r nicht, Mehrlingsschwangerschaft<br />

o<strong>de</strong>r Einlingsschwangerschaft),<br />

und die Anwendung anerkannter<br />

ethischer Grundprinzipien bil<strong>de</strong>n dabei die<br />

Basis für ein verantwortungsvolles Vorgehen.<br />

Die Kommunikation zwischen <strong>de</strong>n<br />

beteiligten Entscheidungsträgern spielt<br />

eine zentrale Rolle.<br />

Die Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r interdisziplinären Arbeitsgruppe<br />

schlagen vor, dass sich die<br />

Betreuung von Frühgeborenen mit einem<br />

Gestationsalter < 24 SSW in <strong>de</strong>r Regel auf<br />

Palliativmassnahmen beschränken soll.<br />

Geburtsmedizinische Massnahmen (z. B.<br />

eine Sectioentbindung) sind aus fetaler Indikation<br />

in <strong>de</strong>r Regel nicht indiziert. Sie<br />

können kombiniert mit einer vorläufigen<br />

intensivmedizinischen Betreuung <strong>de</strong>s Frühgeborenen<br />

in ausgewählten Fällen sinnvoll<br />

sein, z. B. nach <strong>de</strong>r vollen<strong>de</strong>ten 23. SSW,<br />

wenn mehrere <strong>de</strong>r bereits erwähnten pränatal<br />

erkennbaren Zusatzfaktoren die Prognose<br />

günstig beeinflussen o<strong>de</strong>r zuvor<br />

eingehend aufgeklärte Eltern auf <strong>de</strong>m Einsatz<br />

lebenserhalten<strong>de</strong>r Massnahmen bestehen<br />

(Abb. 1).<br />

Bei Frühgeborenen mit einem Gestationsalter<br />

von 24 0/7–24 6/7 SSW kann die<br />

Beurteilung schwierig sein, ob das durch<br />

die geburtsmedizinischen Massnahmen<br />

(z. B. Sectioentbindung) und die intensivmedizinische<br />

Behandlung <strong>de</strong>s Frühgeborenen<br />

zugefügte Lei<strong>de</strong>n angesichts <strong>de</strong>r begrenzten<br />

Erfolgschancen zumutbar ist. Die<br />

Konstellation <strong>de</strong>r vorliegen<strong>de</strong>n prognostisch<br />

relevanten Zusatzfaktoren kann in<br />

dieser Situation für die gemeinsame Entscheidfindung<br />

mit <strong>de</strong>n Eltern richtungweisend<br />

sein (Abb. 2).<br />

Bei Frühgeborenen mit einem Gestationsalter<br />

zwischen 25 0/7 bis 25 6/7 SSW sind<br />

fetale Überwachung, geburtsmedizinische<br />

Massnahmen und eine intensivmedizini-<br />

11


Empfehlungen<br />

Vol. 23 Nr. 1 2012<br />

25 0/7–25 6/7<br />

primäre Einschätzung<br />

Intensivmedizin indiziert<br />

(Belastung zumutbar)<br />

mehrere negative prognostische Faktoren<br />

sekundäre Einschätzung<br />

Intensivmedizin bedingt empfohlen<br />

(Belastung wahrscheinlich zumutbar)<br />

Entscheidungsfindung<br />

zusammen mit <strong>de</strong>n Eltern<br />

palliative<br />

Massnahmen<br />

vorläufige<br />

Intensivmedizin<br />

Abb. 3: Einfluss negativer Zusatzfaktoren<br />

und Rolle <strong>de</strong>r elterlichen Autorität beim<br />

Abwägen <strong>de</strong>r Therapieoptionen für Frühgeborene<br />

mit einem Gestationsalter von<br />

25 0/7–25 6/7 SSW<br />

sche Betreuung <strong>de</strong>s Frühgeborenen in <strong>de</strong>r<br />

Regel indiziert. Liegen allerdings mehrere<br />

prognostisch ungünstige Zusatzfaktoren<br />

vor, kann bei <strong>de</strong>r gemeinsamen Entscheidfindung<br />

mit <strong>de</strong>n Eltern eine rein palliative<br />

Betreuung <strong>de</strong>s Frühgeborenen in Betracht<br />

gezogen wer<strong>de</strong>n (Abb. 3).<br />

Ein erfahrenes Neonatologie-Team sollte bei<br />

allen Geburten, die nach 23 0/7 SSW stattfin<strong>de</strong>n,<br />

involviert wer<strong>de</strong>n, um zusammen mit<br />

<strong>de</strong>n Eltern individuell zu entschei<strong>de</strong>n, ob <strong>de</strong>r<br />

Einsatz intensivmedizinischer Massnahmen<br />

gerechtfertigt erscheint o<strong>de</strong>r nur Palliativmassnahmen<br />

zur Anwendung kommen sollen<br />

(sog. primary non-intervention). Aus diesem<br />

Grun<strong>de</strong> müssen alle Schwangeren mit<br />

drohen<strong>de</strong>r Frühgeburt o<strong>de</strong>r vorzeitigem Blasensprung<br />

spätestens ab <strong>de</strong>r 23 0/7 SSW in<br />

ein perinatologisches Zentrum mit angeschlossener<br />

neonatologischer Intensivstation<br />

verlegt wer<strong>de</strong>n. In unklaren Fällen kann<br />

es sinnvoll sein, eine intensivmedizinische<br />

Betreuung zu beginnen und das Frühgeborene<br />

in die Neugeborenen-Intensivstation zu<br />

verlegen (provisional intensive care). Der<br />

klinische Verlauf und weitere Gespräche mit<br />

<strong>de</strong>n Eltern können dann Klarheit darüber<br />

verschaffen, ob die intensivmedizinischen<br />

Massnahmen fortgesetzt o<strong>de</strong>r abgebrochen<br />

wer<strong>de</strong>n sollen.<br />

Solange aufgrund engmaschiger Beurteilungen<br />

berechtigte Hoffnung darauf besteht,<br />

dass das Frühgeborene überleben<br />

kann und die begonnene Intensivtherapie<br />

für das Kind zumutbar ist, wer<strong>de</strong>n die ergriffenen<br />

Massnahmen fortgesetzt. Müssen<br />

das betreuen<strong>de</strong> Team und die Eltern<br />

jedoch erkennen, dass das durch die Therapie<br />

zugemutete Lei<strong>de</strong>n angesichts <strong>de</strong>r<br />

sehr ungünstig gewor<strong>de</strong>nen Prognose unverhältnismässig<br />

gewor<strong>de</strong>n ist, verlieren<br />

die intensivmedizinischen Massnahmen<br />

ihren Sinn, und an<strong>de</strong>re Aspekte <strong>de</strong>r Betreuung<br />

(Lin<strong>de</strong>rung von Schmerzen und Lei<strong>de</strong>n)<br />

wer<strong>de</strong>n prioritär (redirection of care). Wird<br />

auf lebenserhalten<strong>de</strong> Interventionen verzichtet<br />

(primär o<strong>de</strong>r sekundär), sollte alles<br />

getan wer<strong>de</strong>n, um <strong>de</strong>m Kind ein menschenwürdiges<br />

Sterben zu ermöglichen (comfort<br />

care) und die Eltern in <strong>de</strong>r Sterbebegleitung<br />

zu unterstützen.<br />

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Korrespon<strong>de</strong>nzadresse<br />

Prof. Dr. T. M. Berger<br />

Neonatologische und Pädiatrische Intensivpflegestation<br />

Kin<strong>de</strong>rspital Luzern<br />

6000 Luzern<br />

thomas.berger@luks.ch<br />

12


Vol. 23 Nr. 1 2012<br />

Empfehlungen<br />

Die Betreuung und Reanimation<br />

<strong>de</strong>s Neugeborenen<br />

Revidierte Empfehlungen <strong>de</strong>r Schweizerischen Gesellschaft<br />

für Neonatologie (2012)<br />

Erarbeitet von einer Arbeitsgruppe <strong>de</strong>r Schweizerischen Gesellschaft für Neonatologie<br />

bestehend aus (in alphabetischer Reihenfolge): T. M. Berger, Luzern; V. Bernet, Zürich;<br />

J.-C. Fauchère, Zürich; B. Laubscher, Neuenburg; A. Malzacher, St. Gallen; M. Nelle, Bern;<br />

R. E. Pfister, Genf; M. Roth-Kleiner, Lausanne; S. Schulzke, Basel; G. Zeilinger, Aarau;<br />

D. Surbek, Bern (Schweiz. Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe)<br />

Redaktionelle Verantwortung: J.-C. Fauchère, Zürich<br />

Einführung<br />

Entstehung und Anwendung<br />

dieser Empfehlungen<br />

Eine Arbeitsgruppe <strong>de</strong>r Schweizerischen<br />

Gesellschaft für Neonatologie (SGN) hat im<br />

Jahr 2000 Empfehlungen zur Betreuung und<br />

Reanimation von Neugeborenen für die<br />

Schweiz ausgearbeitet. Nach einer ersten<br />

Überarbeitung 2007 wer<strong>de</strong>n diese nun<br />

aufgrund neuerer Daten und Evi<strong>de</strong>nzen 1)<br />

sowie Revisionen internationaler Empfehlungen<br />

2)–7) erneut revidiert. Diese Leitlinien<br />

sollen als Empfehlungen verstan<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n,<br />

die im individuellen Fall angepasst<br />

wer<strong>de</strong>n können und sollen.<br />

Ziel und Zielpublikum<br />

dieser Empfehlungen<br />

Diese Empfehlungen beziehen sich in erster<br />

Linie auf die Betreuung von Neugeborenen<br />

älter als 34 0/7 Schwangerschaftswochen<br />

und mit einem Geburtsgewicht über<br />

2000 g. Sie haben Geltung für die Situation<br />

in <strong>de</strong>r Gebärabteilung sowie für die gesamte<br />

Perinatalzeit. Sie richten sich an alle<br />

Gebärkliniken <strong>de</strong>r Schweiz sowie an alle<br />

Pädiater, Neonatologen, Geburtshelfer, Anästhesisten,<br />

Hebammen und Neonatologie-<br />

Pflegefachfrauen.<br />

Wichtige Än<strong>de</strong>rungen<br />

in dieser Revision<br />

Folgen<strong>de</strong> wichtige Än<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r Empfehlungen<br />

wur<strong>de</strong>n seit <strong>de</strong>r letzten Revision<br />

2007 angebracht:<br />

• Bei allen Neugeborenen nach vaginaler<br />

Geburt ohne Reanimationsbedarf soll die<br />

Abnabelung erst 60 Sekun<strong>de</strong>n nach vollständiger<br />

Entwicklung vorgenommen<br />

wer<strong>de</strong>n, wenn keine mütterliche Indikation<br />

zur raschen Abnabelung besteht. Bei<br />

Frühgeborenen, welche durch Sectio<br />

entbun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n, soll die Nabelschnur<br />

vor Abnabelung drei- bis viermal ausgestrichen<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

• Termingeborene Kin<strong>de</strong>r sollen primär mit<br />

Raumluft reanimiert wer<strong>de</strong>n. Falls die<br />

Sauerstoffsättigung (präduktale Pulsoxymetrie)<br />

trotz adäquater Beatmung zu tief<br />

bleibt, soll eine zusätzliche Sauerstoffverabreichung<br />

in Betracht gezogen wer<strong>de</strong>n.<br />

Dabei wird ein normaler Sättigungsanstieg<br />

nach Geburt angestrebt<br />

(Algorithmus).<br />

• Adrenalin soll wenn immer möglich intravenös<br />

verabreicht wer<strong>de</strong>n. Im Fall einer<br />

intratrachealen Applikation sollen 50–<br />

100 µg/kg/Dosis gegeben wer<strong>de</strong>n.<br />

• Der zusätzlich zu <strong>de</strong>n klinischen Untersuchungen<br />

(Auskultation, Thoraxexkursionen)<br />

durchgeführte Nachweis <strong>de</strong>s expiratorischen<br />

CO 2<br />

ist die schnellste und<br />

zuverlässigste Metho<strong>de</strong> zur Sicherstellung<br />

<strong>de</strong>r intratrachealen Tubuslage.<br />

• Neugeborene Kin<strong>de</strong>r ≥ 36 SSW mit klinischen<br />

Zeichen einer mo<strong>de</strong>raten bis<br />

schweren hypoxisch-ischämischen Enzephalopathie<br />

sollen im Neonatologie-Zentrum<br />

mittels therapeutischer Hypothermie<br />

behan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n. Erst nach<br />

erfolgter Rücksprache mit <strong>de</strong>m Zentrum<br />

und bis Eintreffen <strong>de</strong>r Transport-Equipe<br />

sollen alle Wärmequellen (Wärmestrahler,<br />

-bett) ausgeschaltet wer<strong>de</strong>n.<br />

Organisation<br />

Allgemein<br />

Bis 10% aller Neugeborenen benötigen im<br />

Sinne einer Stabilisierung in <strong>de</strong>n ersten<br />

Lebensminuten einfache respiratorische<br />

Unterstützungsmassnahmen. Weiterführen<strong>de</strong><br />

Reanimationsmassnahmen sind hin-<br />

gegen nur bei etwa 1% <strong>de</strong>r Neugeborenen<br />

notwendig 3), 8) . Weil Risikosituationen nicht<br />

immer vorausgesehen wer<strong>de</strong>n können,<br />

müssen bei je<strong>de</strong>r Geburt ausgebil<strong>de</strong>tes<br />

Personal und die technische Ausrüstung für<br />

eine allfällige Reanimation vorhan<strong>de</strong>n sein.<br />

Eine optimale Betreuung<br />

von Neugeborenen erfor<strong>de</strong>rt:<br />

• Kommunikation zwischen Hebammen, Geburtshelfer<br />

und Pädiater (Neonatologen).<br />

• Ausreichen<strong>de</strong> Information über das neonatologische<br />

Risiko noch vor <strong>de</strong>r Geburt.<br />

• Antizipation <strong>de</strong>r zu erwarten<strong>de</strong>n Störungen.<br />

• Umsichtige Planung und Vorbereitung<br />

von Material und Personal.<br />

• Klare und ruhige Führung <strong>de</strong>r Reanimation<br />

durch eine in neonataler Reanimation<br />

kompetente Fachperson.<br />

Personal<br />

Im I<strong>de</strong>alfall ist eine Person ausschliesslich<br />

für die Versorgung <strong>de</strong>s Neugeborenen<br />

verantwortlich. Sie soll fähig sein, eine<br />

Reanimation einzuleiten, d. h. die Luftwege<br />

freizulegen und eine Maskenbeatmung<br />

durchzuführen. Für weitere Massnahmen,<br />

insbeson<strong>de</strong>re für eine intratracheale Intubation,<br />

soll Hilfe von einer in <strong>de</strong>r neonatalen<br />

Reanimation geübten Person (Neonatologe,<br />

Pädiater, Anästhesist) angefor<strong>de</strong>rt<br />

wer<strong>de</strong>n 3), 5) . Auch bei einer vermeintlich<br />

risikofreien Geburt können beim Neugeborenen<br />

unvorhersehbare Probleme auftreten.<br />

Daher sind ein funktionstüchtiger<br />

Reanimationsplatz inklusive Zubehör (Liste<br />

1) und die rasche Verfügbarkeit einer in<br />

<strong>de</strong>r neonatalen Reanimation geübten Person<br />

Voraussetzung für je<strong>de</strong> Gebärabteilung.<br />

In diesen liegt die primäre Verantwortung<br />

für das Neugeborene beim<br />

Geburtshelfer. Dieser kann die Verantwortung<br />

im Einzelfall an einen Kollegen einer<br />

an<strong>de</strong>ren Fachrichtung vorzugsweise <strong>de</strong>r<br />

Pädiatrie/Neonatologie übertragen.<br />

Im I<strong>de</strong>alfall sollen bei einer geplanten Hausgeburt<br />

eine Person für die Gebären<strong>de</strong> und<br />

eine in neonataler Reanimation kompetente<br />

Persone für das Neugeborene anwesend<br />

sein 5) .<br />

Ärzte, Hebammen und Pflegepersonal, welche<br />

Neugeborene bei <strong>de</strong>r Geburt betreuen,<br />

sollen regelmässig strukturierte Kurse bezüglich<br />

Standards und Fertigkeiten in <strong>de</strong>r<br />

neonatalen Reanimation besuchen 9) . Diese<br />

Kurse wer<strong>de</strong>n im Namen <strong>de</strong>r SGN vom jeweilig<br />

verantwortlichen Neonatologie-Zentrum<br />

durchgeführt.<br />

13


Empfehlungen<br />

Vol. 23 Nr. 1 2012<br />

Ausrüstung<br />

Eine Checkliste <strong>de</strong>r erfor<strong>de</strong>rlichen Ausrüstung<br />

für Spital- und Hausgeburt fin<strong>de</strong>t sich<br />

im Anhang (Liste 1 und 2).<br />

Antepartaler Transport<br />

von Risiko-Schwangeren<br />

Die Entbindung von bestimmten Risiko-<br />

Schwangeren benötigt im Hinblick auf die<br />

optimale Betreuung <strong>de</strong>r Mutter und <strong>de</strong>s<br />

Kin<strong>de</strong>s spezialisierte Kenntnisse, Fähigkeiten<br />

und Ausrüstung, die aus Häufigkeits-,<br />

Erfahrungs- und Kostengrün<strong>de</strong>n nicht in<br />

je<strong>de</strong>r Geburtsklinik vorhan<strong>de</strong>n sein können.<br />

Ein kleiner Teil von Schwangeren bedarf<br />

daher rechtzeitig vor <strong>de</strong>r geplanten o<strong>de</strong>r<br />

bevorstehen<strong>de</strong>n Entbindung einer Verlegung<br />

in ein perinatales Zentrum mit neonatologischer<br />

Intensivstation.<br />

Indikationen für eine pränatale<br />

Verlegung<br />

Eine intrauterine Verlegung in ein perinatales<br />

Zentrum ist in all jenen Situationen<br />

angezeigt, in <strong>de</strong>nen das Neugeborene voraussichtlich<br />

eine Reanimation o<strong>de</strong>r Intensivmassnahmen<br />

brauchen wird.<br />

A) Absolute Indikationen sind:<br />

• Drohen<strong>de</strong> Frühgeburt vor 32 0/7 Schwangerschaftswochen.<br />

• Falls keine Neonatologie-Abteilung in <strong>de</strong>r<br />

Klinik vorhan<strong>de</strong>n: Drohen<strong>de</strong> Frühgeburt<br />

vor 34 0/7–35 0/7 SSW o<strong>de</strong>r geschätztes<br />

Geburtsgewicht < 2000 g, ansonsten<br />

relative Indikation.<br />

• Voraussehbare schwere Anpassungsstörungen,<br />

die Intensivmassnahmen erfor<strong>de</strong>rn.<br />

• Höhergradige Mehrlinge (Drillinge und<br />

mehr).<br />

• Pränatal diagnostizierte, versorgungsbedürftige<br />

Fehlbildungen.<br />

B) Relative Indikationen (in Zweifelsfällen<br />

und je nach lokalen Verhältnissen soll mit<br />

<strong>de</strong>m Perinatalzentrum Rücksprache genommen<br />

wer<strong>de</strong>n) sind<br />

• Intrauterine Infektion.<br />

• Hämolytische Erkrankung <strong>de</strong>s Feten.<br />

• Fetale Rhythmusstörungen.<br />

• Intrauterine Mangelentwicklung (geschätztes<br />

fetales Gewicht < 5. Perzentile).<br />

• Chronische o<strong>de</strong>r instabile Erkrankung <strong>de</strong>r<br />

Mutter (Hypertonie, Präeklampsie,<br />

HELLP-Syndrom, Diabetes mellitus, Zustand<br />

nach Transplantation, Autoimmunopathien<br />

usw.).<br />

• Mütterlicher Suchtmittelkonsum.<br />

• Fetus mit letalen Fehlbildungen, bei <strong>de</strong>nen<br />

Intensivmassnahmen als nicht sinnvoll<br />

erachtet wer<strong>de</strong>n.<br />

Neonatale Adaptation<br />

Einleitung<br />

Die Umstellung vom intra- zum extrauterinen<br />

Leben erfor<strong>de</strong>rt eine Reihe von biologischen<br />

Anpassungsvorgängen, die für die<br />

Integrität vor allem <strong>de</strong>s Zentralnervensystems<br />

wichtig sind. Die Geburt und die<br />

ersten Lebenstage sind aber auch ein emotionales<br />

Ereignis, das einen prägen<strong>de</strong>n<br />

Einfluss auf die zukünftige Eltern-Kind-<br />

Beziehung hat. Die perinatale Betreuung<br />

muss diese biologischen und emotionalen<br />

Bedürfnisse einbeziehen und adäquat gewichten.<br />

Vorbereitung für die Erstversorgung<br />

• Gebärzimmer warm halten (möglichst<br />

≥ 25 °C).<br />

• Wärmelampe und Licht anschalten.<br />

• Unterlagen <strong>de</strong>r Mutter durchlesen und<br />

abwägen, ob Unterstützung von einer<br />

erfahrenen Person zur Betreuung <strong>de</strong>s<br />

Kin<strong>de</strong>s notwendig wer<strong>de</strong>n könnte.<br />

• Material überprüfen.<br />

• Hän<strong>de</strong> waschen, Handschuhe (nicht steril).<br />

• Stoppuhr/Apgar-Uhr nach vollständiger<br />

Entwicklung <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s starten 10) .<br />

Abnabeln<br />

Bei Früh- und Termingeborenen nach vaginaler<br />

Geburt ohne Reanimationsbedarf und<br />

ohne mütterliche Indikation zur raschen<br />

Abnabelung (z. B. Blutung), und insbeson<strong>de</strong>re<br />

bei Neugeborenen mit Hypovolämierisiko<br />

(v. a. nach Vakuum-Entbindung o<strong>de</strong>r<br />

Entwicklung aus Beckenendlage), kann<br />

durch eine Lagerung <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s etwa 20–<br />

30 cm unterhalb <strong>de</strong>s introitus vaginae und<br />

Abnabelung erst 60 Sekun<strong>de</strong>n nach <strong>de</strong>r<br />

Geburt eine plazento-neonatale Transfusion<br />

erreicht wer<strong>de</strong>n a); 3), 5), 11), 12) .<br />

Klinische Beurteilung <strong>de</strong>r Adaptation<br />

Folgen<strong>de</strong> 4 Kriterien sind für <strong>de</strong>n Einsatz<br />

allfälliger Reanimationsmassnahmen wegleitend<br />

(Algorithmus):<br />

• Atmung: Vorhan<strong>de</strong>n, nicht vorhan<strong>de</strong>n?<br />

Schnappatmung? In <strong>de</strong>r Regel beginnt ein<br />

gesun<strong>de</strong>s Neugeborenes innerhalb <strong>de</strong>r<br />

ersten 60 Sekun<strong>de</strong>n nach Entwicklung zu<br />

atmen o<strong>de</strong>r zu schreien.<br />

• Herzfrequenz: Vorzugsweise mit Stethoskop<br />

o<strong>de</strong>r durch Palpation an <strong>de</strong>r Basis<br />

<strong>de</strong>r Nabelschnur ermitteln. Ist die Herzfrequenz<br />

über 60/Min. bzw. über 100/<br />

Min.? Die Palpation <strong>de</strong>s peripheren Pulses<br />

ist zur Bestimmung <strong>de</strong>r Herzfrequenz<br />

nicht geeignet 6) .<br />

• Tonus: Ein sehr hypotones Neugeborenes<br />

wird mit grosser Wahrscheinlichkeit eine<br />

Atemunterstützung brauchen 5) .<br />

• Kolorit: Wird das Kind zentral rosig (Farbe<br />

<strong>de</strong>r Zunge beurteilen)? Die meisten Neugeborenen<br />

sind initial blass-zyanotisch,<br />

da die fetale O 2<br />

-Sättigung nur 40–60%<br />

beträgt und die Hautdurchblutung noch<br />

vermin<strong>de</strong>rt ist. Nach einigen Minuten<br />

breitet sich ein rosiges Kolorit über <strong>de</strong>n<br />

ganzen Körper aus. Die Beurteilung <strong>de</strong>r<br />

Oxygenierung anhand <strong>de</strong>s Hautkolorits<br />

kann schwierig sein 18) . Insbeson<strong>de</strong>re bei<br />

Vorliegen einer Anämie wird eine zentrale<br />

Zyanose erst bei tiefen Sauerstoffsättigungswerten<br />

klinisch fassbar. Falls ein<br />

Neugeborenes klinisch zyanotisch bleibt,<br />

sollte die Oxygenation spätestens nach 5<br />

Lebensminuten mittels Pulsoxymetrie<br />

gemessen wer<strong>de</strong>n 5) . Ein sehr blasses<br />

Hautkolorit an<strong>de</strong>rerseits kann ein guter<br />

Indikator für eine behandlungsbedürftige<br />

Situation bei Anämie o<strong>de</strong>r Azidose sein 5) .<br />

Apgar-Score<br />

Der Apgar-Score ist eine standardisierte Bewertung<br />

<strong>de</strong>r postnatalen Adaptation und <strong>de</strong>s<br />

Erfolges anfälliger Reanimationsmassnahmen.<br />

Der Apgar-Score ist jedoch ungeeignet<br />

für die unmittelbare Entscheidung über <strong>de</strong>n<br />

Einsatz therapeutischer Massnahmen.<br />

1, 5 und 10 Minuten nach <strong>de</strong>r vollständigen<br />

Entwicklung <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s wird je<strong>de</strong>r einzelne<br />

Apgar-Parameter mit einer Punktzahl beurteilt<br />

und protokolliert. Bei Zustandsän<strong>de</strong>run-<br />

a) Bei <strong>de</strong>r Spätabnabelung sollen kulturell geprägte,<br />

individuelle Wünsche <strong>de</strong>r Gebären<strong>de</strong>n bezüglich Abnabelungszeitpunkt<br />

auch berücksichtigt wer<strong>de</strong>n. Die<br />

Spätabnabelung bei Frühgeborenen ist mit einem<br />

höheren mittleren Blutdruck und Hämatokrit sowie<br />

mit einer reduzierten Hirnblutungshäufigkeit assoziiert,<br />

jedoch nicht mit einer besseren Stabilität in <strong>de</strong>n<br />

ersten 4–6 Lebensstun<strong>de</strong>n bei Neugeborenen 13)–16) .<br />

Deshalb kann keine Empfehlung bez. Abnabelungszeit<br />

formuliert wer<strong>de</strong>n bei Neugeborenen, die einer Reanimation<br />

bedürfen. 3), 5) . Bei Kaiserschnittentbindung<br />

von termingeborenen Kin<strong>de</strong>rn wird eine umgehen<strong>de</strong><br />

Abnabelung nach Kindsentwicklung empfohlen. Bei<br />

frühgeborenen Kin<strong>de</strong>rn kann die Nabelschnur vor<br />

Abnabelung drei- bis viermal Richtung Kind ausmassiert<br />

wer<strong>de</strong>n 17) . Bezüglich Verabreichung von Oxytocin<br />

vor Abnabelung bei Kaiserschnitteinbindung sind<br />

die Daten bezüglich optimalem Zeitpunkt, Dosierung<br />

und Effektivität dieser Massnahme unklar.<br />

14


Vol. 23 Nr. 1 2012<br />

Empfehlungen<br />

0 1 2<br />

Kolorit<br />

Stamm blau<br />

o<strong>de</strong>r blass<br />

Stamm rosig<br />

Extremitäten blau<br />

Stamm und<br />

Extremitäten rosig<br />

Atmung* keine oberflächlich kräftig schreiend<br />

Tonus schlaff mittel kräftig<br />

Reaktivität** keine träge lebhaft<br />

Herzfrequenz 0 < 100/Min. > 100/Min.<br />

Apgar-Score * Bei beatmeten Kin<strong>de</strong>rn Atmung mit einem Strich (-) beurteilen<br />

** Reaktivität = Spontanmotorik, Schreien, Niesen, Husten<br />

gen und nach therapeutischen Massnahmen<br />

können Zwischenbestimmungen innerhalb<br />

aber auch über die ersten 10 Lebensminuten<br />

hinaus durchgeführt wer<strong>de</strong>n 5) .<br />

Massnahmen<br />

bei normaler Adaptation<br />

Bei einer normalen Adaptation atmet das<br />

Neugeborene ab Geburt spontan; es hat<br />

eine Herzfrequenz über 100/Min., einen<br />

guten Tonus und wird im Verlauf <strong>de</strong>r ersten<br />

5–10 Lebensminuten rosig 19), 20) .<br />

• Dieses Kind wird mit vorgewärmten Tüchern<br />

sofort abgetrocknet und <strong>de</strong>r Mutter<br />

auf <strong>de</strong>n Bauch gegeben.<br />

• Absaugen ist nicht bei je<strong>de</strong>m Kind erfor<strong>de</strong>rlich.<br />

Wenn gesun<strong>de</strong> Termingeborene<br />

innerhalb <strong>de</strong>r ersten 60 Sekun<strong>de</strong>n nach<br />

<strong>de</strong>r Geburt regelmässig atmen, einen<br />

guten Muskeltonus entwickeln, und wenn<br />

das Fruchtwasser klar ist, soll auf das<br />

Absaugen von Mund, Rachen und Nase<br />

verzichtet wer<strong>de</strong>n. Unnötiges Absaugen<br />

ist für das Kind unangenehm, kann zu<br />

Schleimhautläsionen und reflektorisch zu<br />

Bradykardien und Apnoen führen.<br />

• Der Apgar-Score wird im Alter von 1, 5<br />

und 10 Minuten erhoben.<br />

• Kurz nach <strong>de</strong>r Geburt wird das Neugeborene<br />

bei guter Adaptation erstmalig an<br />

die Brust <strong>de</strong>r Mutter angelegt.<br />

I<strong>de</strong>alerweise sollen Mutter und Kind ein<br />

kontinuierlicher Haut-zu-Haut-Kontakt von<br />

2 Stun<strong>de</strong>n nach <strong>de</strong>r Geburt ermöglicht wer<strong>de</strong>n,<br />

min<strong>de</strong>stens jedoch bis nach <strong>de</strong>m ersten<br />

Ansetzen. In dieser Zeit muss von <strong>de</strong>r zuständigen<br />

Hebamme/Pflegefachfrau punktuell<br />

das Wohlergehen <strong>de</strong>s Neugeborenen<br />

überprüft wer<strong>de</strong>n 21) . Insbeson<strong>de</strong>re ist darauf<br />

zu achten, dass Mund und Nase <strong>de</strong>s Neugeborenen<br />

frei sind, wenn das Kind bei <strong>de</strong>r<br />

Mutter auf <strong>de</strong>r Brust liegt. Routinemassnahmen<br />

und die weitere Versorgung <strong>de</strong>s Neugeborenen<br />

erfolgen 2 Stun<strong>de</strong>n nach <strong>de</strong>r Geburt<br />

respektive frühestens nach <strong>de</strong>m ersten<br />

Ansetzen <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s 22) . Diese umfassen eine<br />

erstmalige Kontrolle <strong>de</strong>s Neugeborenen<br />

durch Hebamme, Geburtshelfer, Pädiater<br />

o<strong>de</strong>r Neonatologen; sie sind auf einem Wickeltisch<br />

und unter einem Wärmestrahler<br />

bei guten Lichtverhältnissen durchzuführen.<br />

Bei <strong>de</strong>r ersten Kontrolle wer<strong>de</strong>n die weitere<br />

Adaptation und die Körpermasse beurteilt sowie<br />

allfällige Fehlbildungen ausgeschlossen:<br />

• Körpermasse: Gewicht, Länge und<br />

Kopfumfang (auf Perzentilen-Kurven eintragen)<br />

23) .<br />

• Atmung: Atemfrequenz (normal 30–60/<br />

Min.), Zeichen eines Atemnotsyndroms<br />

(Einziehungen, Stöhnen, Nasenflügeln,<br />

Zyanose, Tachypnoe)?<br />

• Kreislauf: Herzfrequenz (normal 100–<br />

160/Min.), Peripherie warm und gut<br />

durchblutet?<br />

• Wärmehaushalt: Rektaltemperatur (Zielbereich<br />

36.5–37.5 °C). Durch Messung<br />

<strong>de</strong>r Rektaltemperatur lässt sich eine<br />

Analatresie frühzeitig diagnostizieren.<br />

Geburt<br />

0 s<br />

nach<br />

30 s<br />

nach<br />

60 s<br />

präduktale Pulsoximetrie zur<br />

Beurteilung <strong>de</strong>r Herzfrequenz und SaO2<br />

nein<br />

ja<br />

Apnoe o<strong>de</strong>r Schnappatmung<br />

und/o<strong>de</strong>r<br />

Herzfrequenz < 100/Min.<br />

Atemwege öffnen<br />

(Lagerung, evtl. Absaugen)<br />

Maskenbeatmung<br />

(Beginn mit FiO 2 21%)<br />

Neubeurteilung:<br />

Thoraxexkursion sichtbar?<br />

ja<br />

Neubeurteilung:<br />

Herzfrequenz > 100/Min.?<br />

nein<br />

Neubeurteilung:<br />

Herzfrequenz > 60/Min.?<br />

nein<br />

Herzmassage<br />

Beatmung mit FiO 2 100%<br />

bei fehlen<strong>de</strong>m Erfolg Adrenalin<br />

• Fehlbildungen: Extremitäten, Genitale,<br />

Rücken, Gaumen. Eine Magensondierung<br />

zum Ausschluss einer Oesophagusatresie<br />

o<strong>de</strong>r einer oberen intestinalen Obstruktion<br />

ist nur indiziert, wenn ein Polyhydramnion,<br />

ein schaumiger Speichelfluss<br />

o<strong>de</strong>r eine Atemstörung bestehen. Auf<br />

eine systematische Sondierung <strong>de</strong>r Nasengänge<br />

zum Ausschluss einer Choanalatresie<br />

ist zu verzichten. Die Beobachtungen<br />

und Massnahmen wer<strong>de</strong>n auf<br />

einem Überwachungsblatt für Neugeborene<br />

protokolliert.<br />

· Die Haut wird von Blut- und Mekoniumresten<br />

gereinigt, ohne dass die Vernix<br />

caseosa vollständig beseitigt wird.<br />

· Die Vitamin-K-Prophylaxe und bei Indikation<br />

eine aktive und passive Impfung<br />

gegen Hepatitis-B 24) wer<strong>de</strong>n gemäss<br />

gelten<strong>de</strong>n Richtlinien durchgeführt.<br />

Eine Gonoblenorrhoe-Prophylaxe mit<br />

Silbernitrat o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren <strong>de</strong>sinfizieren<strong>de</strong>n<br />

Augentropfen wird nicht mehr empfohlen.<br />

Vorgehen bei gestörter<br />

Adaptation<br />

Reanimationsplan<br />

Falls die klinische Beurteilung zeigt, dass<br />

ein Neugeborenes keine regelmässige Atmung<br />

aufweist, o<strong>de</strong>r dass seine Herzfrequenz<br />

< 100/Min. bleibt, kommen zu <strong>de</strong>n<br />

Wärmeverlust verhin<strong>de</strong>rn<br />

Beurteilung von:<br />

Atmung und Herzfrequenz<br />

ja<br />

Neubeurteilung:<br />

Spontanatmung?<br />

Algorithmus: Stabilisierung und Reanimation <strong>de</strong>s Neugeborenen<br />

nein<br />

ja<br />

Normale Atmung o<strong>de</strong>r Schreien<br />

und<br />

Herzfrequenz > 100/Min.<br />

SaO 2 sollte innerhalb von<br />

10 Min. auf > 90% ansteigen<br />

Bonding und Beobachtung<br />

Routinemassnahmen<br />

Präduktale SaO 2 Ziele<br />

3 Minuten<br />

5 Minuten<br />

10 Minuten<br />

70%<br />

80%<br />

> 90%<br />

15


Empfehlungen<br />

Vol. 23 Nr. 1 2012<br />

Massnahmen, die bei einer normalen Adaptation<br />

durchgeführt wer<strong>de</strong>n, je nach<br />

Zustand <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s weitere hinzu. Das<br />

Öffnen <strong>de</strong>r Atemwege und die Belüftung<br />

<strong>de</strong>r Lungen sind dabei die wichtigsten<br />

Massnahmen in <strong>de</strong>r neonatalen Reanimation.<br />

In <strong>de</strong>n meisten Fällen genügen diese<br />

auch, um ein Kind zu stabilisieren. Weitere<br />

komplexere Interventionen sind hingegen<br />

nutzlos bis diese zwei ersten Massnahmen<br />

korrekt durchgeführt wor<strong>de</strong>n sind 5) . Die<br />

möglichen Schritte und ihre Indikation sind<br />

in einer Synopsis im Algorithmus zusammengefasst.<br />

Kommentar zu <strong>de</strong>n einzelnen Schritten<br />

Wärmehaushalt<br />

• Die Reanimation wird in einem warmen<br />

Raum durchgeführt (möglichst um 25–<br />

26 °C) 3) . Luftzug wird vermie<strong>de</strong>n; Fenster<br />

und Türen sind geschlossen.<br />

• Der Wärmestrahler ist bereits 10 bis 15<br />

Minuten vor Geburt eingeschaltet.<br />

• Das Kind wird rasch abgetrocknet und<br />

dann in warmen Tüchern auf <strong>de</strong>n Reanimationstisch<br />

unter <strong>de</strong>n Wärmestrahler<br />

gebracht; feucht gewor<strong>de</strong>ne Unterlagen<br />

wer<strong>de</strong>n durch trockene, vorgewärmte<br />

Tücher ersetzt.<br />

Korrekte Lagerung (Abbildung 1)<br />

• Eine korrekte horizontale Lagerung auf<br />

<strong>de</strong>m Rücken mit <strong>de</strong>m Kopf in Mittelstellung<br />

mit leichter Deflexion ist wichtig für<br />

optimal durchgängige Atemwege. Hyperextension<br />

o<strong>de</strong>r eine Flexion <strong>de</strong>s Kopfes<br />

sollten vermie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n, da dadurch<br />

die Atemwege eingeengt wer<strong>de</strong>n.<br />

• Durch eine kleine Win<strong>de</strong>lrolle unter <strong>de</strong>n<br />

Schultern können die Atemwege besser<br />

offen gehalten wer<strong>de</strong>n.<br />

• Die traditionelle Kopftieflage hat keine<br />

bewiesenen Vorteile für die Lungenfunktion<br />

und soll nicht mehr durchgeführt<br />

wer<strong>de</strong>n 25) .<br />

Absaugen<br />

• Katheter Ch (Charrière) 10 ohne Seitenlöcher<br />

verwen<strong>de</strong>n. Mundsaugkolben o<strong>de</strong>r<br />

mechanische Vorrichtung mit Falle verwen<strong>de</strong>n<br />

(Sog ca. –2 m Wassersäule, entsprechend<br />

-200 mbar = –150 mm Hg =<br />

–20 kPa = –0.2 atm).<br />

• Mund und, wenn notwendig, bei<strong>de</strong> Nasenöffnungen<br />

absaugen.<br />

• Katheter nicht in die Nase einführen:<br />

Verletzungsgefahr und Anschwellen <strong>de</strong>r<br />

Nasenschleimhaut. Neugeborene sind<br />

präferentielle Nasenatmer.<br />

• Wie<strong>de</strong>rholtes langes Absaugen erschwert<br />

das Einsetzen einer Spontanatmung. Die<br />

Berührung <strong>de</strong>r Rachenhinterwand kann<br />

einen vagalen Reflex mit Bradykardie<br />

verursachen.<br />

• Ein Absaugmanöver sollte nicht länger als<br />

5 Sekun<strong>de</strong>n dauern. Der Magen wird nur<br />

bei adäquater Oxygenierung und stabilisierter<br />

Atmung und unter folgen<strong>de</strong>n Bedingungen<br />

abgesaugt:<br />

· Bei Polyhydramnion, Atemnotsyndrom<br />

o<strong>de</strong>r bei schaumigem Speichel.<br />

· Nach o<strong>de</strong>r unter Beutelbeatmung und<br />

vor einem Transport.<br />

• Gelingt es nicht, <strong>de</strong>n Katheter bis in <strong>de</strong>n<br />

Magen vorzuschieben, besteht <strong>de</strong>r Verdacht<br />

auf eine Oesophagusatresie. Das<br />

Kind sollte wegen Aspirationsgefahr auf<br />

<strong>de</strong>n Bauch gelegt und Mund und Rachen<br />

wie<strong>de</strong>rholt schonend abgesaugt wer<strong>de</strong>n.<br />

• Das Absaugen von mehr als 20 ml Magenflüssigkeit<br />

ist verdächtig für eine<br />

obere gastrointestinale Obstruktion. Bei<br />

einem solchen Verdacht muss eine offene<br />

Magenson<strong>de</strong> gelegt und alle 10 Minuten<br />

abgesaugt wer<strong>de</strong>n.<br />

• Mekoniumhaltiges Fruchtwasser: Das<br />

intrapartale oro-pharyngeale Absaugen<br />

hat keinen Einfluss auf das Outcome <strong>de</strong>s<br />

Neugeborenen 26)–28) ; <strong>de</strong>shalb wird diese<br />

Intervention als Routinemassnahme<br />

nicht mehr bei allen Neugeborenen mit<br />

mekoniumhaltigem Fruchtwasser empfohlen.<br />

In <strong>de</strong>n seltenen Situationen, in<br />

<strong>de</strong>nen dickes Mekonium die Atemwege<br />

<strong>de</strong>s Neugeborenen behin<strong>de</strong>rt, kann das<br />

intrapartale oro-pharyngeale Absaugen<br />

im Sinne einer Befreiung <strong>de</strong>r Atemwege<br />

einen Vorteil bringen.<br />

• Bei stark mekoniumhaltigem Fruchtwasser<br />

und <strong>de</strong>primierter Atmung sollte<br />

beson<strong>de</strong>rs vor einer allfälligen Beutelbeatmung<br />

das Mekonium unter laryngoskopischer<br />

Sicht abgesaugt wer<strong>de</strong>n. Vorausgesetzt,<br />

die betreuen<strong>de</strong> Person besitzt<br />

die dazu notwendige Fähigkeit und das<br />

entsprechen<strong>de</strong> Material ist vorhan<strong>de</strong>n,<br />

wird das Kind intratracheal intubiert.<br />

Dabei wird <strong>de</strong>r Endotrachealtubus mit<br />

einem Mekoniumaspirations-Adapter an<br />

das Vakuum angeschlossen und unter<br />

Sog entfernt (Abbildung 2). Dieser Absaugvorgang<br />

mit Einführen und Entfernen<br />

<strong>de</strong>s ganzen Tubus kann wie<strong>de</strong>rholt<br />

wer<strong>de</strong>n, sofern die Herzfrequenz normal<br />

bleibt. Ansonsten soll eine effiziente Be-<br />

atmung mit Beutel/Maske begonnen<br />

wer<strong>de</strong>n, insbeson<strong>de</strong>re bei anhalten<strong>de</strong>r<br />

Bradykardie 3), 5) . Das Absaugen mit einem<br />

Katheter durch <strong>de</strong>n Tubus ist bei dickem<br />

Mekonium meist unzureichend.<br />

Maskenbeatmung (Abbildung 3 und 4)<br />

Bei ungenügen<strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r fehlen<strong>de</strong>r Spontanatmung<br />

resp. bei Herzfrequenz < 100/<br />

Min. soll das Neugeborene mittels Beutel<br />

und Maske beatmet wer<strong>de</strong>n. Der Kopf wird<br />

dazu in Mittelstellung leicht <strong>de</strong>flektiert<br />

und <strong>de</strong>r Mund etwas geöffnet gehalten.<br />

Bei termingeborenen Kin<strong>de</strong>rn soll die Beamtung<br />

mit Raumluft begonnen wer<strong>de</strong>n<br />

3), 5) . Die ersten 5 Inflationen sollten<br />

über 2–3 Sekun<strong>de</strong>n angehalten wer<strong>de</strong>n um<br />

die Expansion <strong>de</strong>r Lungen zu unterstützen.<br />

Dabei wird <strong>de</strong>r Inspirationsdruck mittels<br />

Manometer am Beutel gemessen; oft genügt<br />

ein Inspirationsdruck zwischen 20–<br />

30 cm H 2<br />

O. Gelegentlich muss jedoch<br />

dieser bei Termingeborenen bis auf 30–40<br />

cm H 2<br />

O erhöht wer<strong>de</strong>n. Falls kein Druckmonitoring<br />

möglich ist, soll soviel Inspirationsdruck<br />

verabreicht wer<strong>de</strong>n, um einen<br />

Anstieg <strong>de</strong>r Herzfrequenz zu erreichen 3), 5) .<br />

Danach wird die Beatmung mit einem <strong>de</strong>n<br />

Bedürfnissen <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s angepassten<br />

Druck (sichtbare Thoraxbewegung, Anstieg<br />

<strong>de</strong>r Herzfrequenz?) und mit einer<br />

Frequenz zwischen 40–60/Min. durchgeführt.<br />

Obwohl bislang keine Studien spezifisch<br />

<strong>de</strong>n Einsatz eines zusätzlichen positiven<strong>de</strong>xpiratorischen<br />

Druckes (PEEP) bei<br />

positiver Druckbeatmung zum Aufbau einer<br />

funktionellen Residualkapazität unmittelbar<br />

nach <strong>de</strong>r Geburt untersucht haben, ist<br />

davon auszugehen, dass die Anwendung<br />

von PEEP vorteilhaft ist und somit benützt<br />

wer<strong>de</strong>n soll, insofern das notwendige Material<br />

vorhan<strong>de</strong>n ist. PEEP kann sehr einfach<br />

mittels T-Stück-Systeme verabreicht<br />

wer<strong>de</strong>n; bei Anwendung eines selbstexpandieren<strong>de</strong>n<br />

Beatmungsbeutels muss zusätzlich<br />

ein PEEP-Ventil aufgesetzt wer<strong>de</strong>n<br />

(Abbildung 4) 3) .<br />

Der Erfolg <strong>de</strong>r Beatmung wird aufgrund<br />

folgen<strong>de</strong>r Kriterien beurteilt:<br />

• Thoraxexkursionen sind sichtbar.<br />

• Als wichtigstes Erfolgszeichen steigt die<br />

Herzfrequenz > 100/Min. an.<br />

• Das Kolorit wird rosig.<br />

Die Beatmung wird solange fortgesetzt bis<br />

das Neugeborene eine regelmässige und<br />

suffiziente Atmung aufgenommen hat.<br />

16


Vol. 23 Nr. 1 2012<br />

Empfehlungen<br />

Abbildung 1: Korrekte Lagerung<br />

Unter fortgesetzter Maskenbeatmung soll<br />

eine Magenson<strong>de</strong> eingelegt wer<strong>de</strong>n, um in<br />

<strong>de</strong>n Magen abgewichene Luft abzuleiten 29) .<br />

Die Larynxmaske hat ihre Wirksamkeit bei<br />

Termingeborenen sowie bei Kin<strong>de</strong>rn<br />

≥ 34 SSW und > 2000 g Geburtsgewicht gezeigt<br />

30), 31) . Somit kann die Larynxmaske als<br />

Alternative für geschultes Personal zur Beatmung<br />

von Termingeborenen betrachtet wer<strong>de</strong>n,<br />

dies vor allem in Situationen, wo eine<br />

Maskenbeatmung o<strong>de</strong>r Intubation nicht erfolgreich<br />

durchgeführt wer<strong>de</strong>n kann b); 3), 5), 6), 32) .<br />

Die korrekt durchgeführte Beatmung mit<br />

Beutel und Maske führt jedoch in <strong>de</strong>n meisten<br />

Situationen zum Erfolg. Zu<strong>de</strong>m kann sie einfacher<br />

erlernt wer<strong>de</strong>n. Allenfalls kann ein<br />

Gü<strong>de</strong>ltubus eingesetzt wer<strong>de</strong>n (z. B. bei Pierre-Robin<br />

Sequenz, Choanalatresie).<br />

Rolle <strong>de</strong>s Sauerstoffes in <strong>de</strong>r<br />

neonatalen Reanimation<br />

Der Einsatz von reinem Sauerstoff (FiO 2<br />

1.0) in <strong>de</strong>r Neugeborenen-Reanimation ist<br />

durch neuere Untersuchungen in Frage<br />

gestellt wor<strong>de</strong>n, da tiefere Sauerstoffkonzentrationen<br />

o<strong>de</strong>r reine Luft (FiO 2<br />

0.21) bei<br />

<strong>de</strong>n meisten Neugeborenen nach <strong>de</strong>r Geburt<br />

ebenso effizient sind wie Sauerstoff in<br />

hoher Konzentration 33)–36) . Besorgnis besteht<br />

bezüglich <strong>de</strong>n möglichen Auswirkungen<br />

von 100% Sauerstoff auf die Atmung,<br />

auf die zerebrale Durchblutung sowie bezüglich<br />

<strong>de</strong>r potenziellen Zellschädigung<br />

durch toxische Sauerstoffradikale, insbeson<strong>de</strong>re<br />

wenn nach einem Zell- und Gewebescha<strong>de</strong>n<br />

durch Hypoxie hohe Sauerstoffkonzentrationen<br />

appliziert wer<strong>de</strong>n. Generell<br />

formuliert soll Sauerstoff als Medikament<br />

betrachtet und damit streng indiziert und<br />

Neugeborene mit Reanimationsbedarf<br />

Termingeborene Kin<strong>de</strong>r sollen primär mit<br />

Raumluft beatmet wer<strong>de</strong>n. Bei normokarb)<br />

Nicht aber bei: Frühgeborenen (< 34 SSW, < 2000 g),<br />

während Herzmassage, bei atem<strong>de</strong>primierten Neugeborenen<br />

mit dick grünem Fruchtwasser.<br />

dosiert wer<strong>de</strong>n. Die überwiegen<strong>de</strong> Mehrheit<br />

<strong>de</strong>r Neugeborenen braucht keinen zusätzlichen<br />

Sauerstoff unmittelbar nach <strong>de</strong>r<br />

Geburt. Eine isolierte periphere Zyanose<br />

bei einem reaktiven Neugeborenen mit<br />

normaler Herzfrequenz stellt keine Indikation<br />

für eine Sauerstoffapplikation dar.<br />

Neuere Daten zeigen, dass bei gesun<strong>de</strong>n<br />

Termingeborenen die präduktale transkutane<br />

Sauerstoffsättigung bei normaler Adaptation<br />

während <strong>de</strong>r ersten 10 Lebensminuten<br />

von 40–60% auf Werte > 90% ansteigt<br />

(Algorithmus) 37)–42) . Wenn Sauerstoff appliziert<br />

wird, muss dies immer mittels transkutaner<br />

präduktaler Sauerstoffsättigung<br />

(tcSaO 2<br />

) kontrolliert und dosiert wer<strong>de</strong>n.<br />

Die angestrebte präduktale tcSaO 2<br />

unter<br />

Sauerstoffapplikation soll nach <strong>de</strong>r 10. Lebensminute<br />

zwischen 90–95% liegen<br />

(FiO 2<br />

↑ wenn tcSaO 2<br />

< 90%, ↓ FiO 2<br />

wenn<br />

tcSaO 2<br />

> 95%).<br />

Neugeborene ohne Reanimationsbedarf<br />

Bei ungenügen<strong>de</strong>r Sauerstoffsättigung (siehe<br />

Algorithmus), respektive bei zentraler<br />

Zyanose nach <strong>de</strong>r 5. Lebensminute mit regelmässiger<br />

Atmung und normaler Herzfrequenz<br />

wird das Neugeborene stimuliert und<br />

Sauerstoff über eine Gesichtsmaske angeboten<br />

(Flow 4–5 l/Min., initale FiO 2<br />

0.30–<br />

0.40). Diese Sauerstoffmaske sollte dicht<br />

und gleichmässig über Mund und Nase<br />

gehalten wer<strong>de</strong>n. Unnötiges Hin- und Herbewegen<br />

<strong>de</strong>r Maske verursacht Fluktuationen<br />

<strong>de</strong>r Sauerstoffkonzentration. Die FiO 2<br />

wird in 10%-Schritten erhöht bis zur Normalisierung<br />

<strong>de</strong>r Sauerstoffsättigung.<br />

Abbildung 2: Mekoniumsapirations-Adapter zum<br />

intratrachealen Absaugen von Mekonium 29)<br />

Abbildung 3: Korrektes Platzieren <strong>de</strong>r Maske<br />

Abbildung 4: Beatmung mit Beutel und Maske.<br />

Achtung: Der Mittelfinger wird auf <strong>de</strong>n<br />

Unterkiefer platziert. Der Mund ist leicht<br />

geöffnet; es soll kein Druck auf <strong>de</strong>n Mundbo<strong>de</strong>n<br />

appliziert wer<strong>de</strong>n.<br />

<strong>de</strong>m, jedoch insuffzient atmen<strong>de</strong>n Kind<br />

richtet sich die Indikation nach zusätzlichem<br />

Sauerstoff nach <strong>de</strong>n transkutanen<br />

Sauerstoffsättigungswerten (mittels präduktaler<br />

Pulsoxymetrie gemessen). Bei<br />

normaler Herzfrequenz und persistieren<strong>de</strong>r<br />

Zyanose soll die Sauerstoffzufuhr so titriert<br />

17


Empfehlungen<br />

Vol. 23 Nr. 1 2012<br />

wer<strong>de</strong>n, dass die Sättigungswerte normal<br />

ansteigen (siehe Algorithmus) c), d); 3), 5) . An<strong>de</strong>rerseits,<br />

falls bei Bradykardie trotz adäquater<br />

Beatmung innert 30 Sekun<strong>de</strong>n keine<br />

Normalisierung <strong>de</strong>r Herzfrequenz eintritt,<br />

soll die Sauerstoffzufuhr rasch auf 100%<br />

erhöht wer<strong>de</strong>n.<br />

Tracheale Intubation<br />

(Abbildung 5, Tabelle)<br />

Bleibt die Herzfrequenz nach 30–60 Sekun<strong>de</strong>n<br />

korrekter Maskenbeatmung unter 100/<br />

Min. o<strong>de</strong>r setzt keine Spontanatmung o<strong>de</strong>r<br />

Besserung <strong>de</strong>s Hautkolorits ein, wird das<br />

Kind intratracheal intubiert. Die Indikation<br />

zur Intubation ist abhängig von <strong>de</strong>r klinischen<br />

Situation (wie z. B. Zwerchfellhernie),<br />

vom Ausmass <strong>de</strong>r Atem<strong>de</strong>pression, von<br />

Gestationsalter, Effizienz <strong>de</strong>r Maskenbeatmung<br />

und – nicht zuletzt – von <strong>de</strong>r Intubationserfahrung.<br />

Eine Intubation sollte nur<br />

durch eine geübte Person ausgeführt wer<strong>de</strong>n.<br />

Die orale Intubation ist einfacher und<br />

rascher; sie ist <strong>de</strong>swegen zur Behebung<br />

einer akuten Hypoxämie und/o<strong>de</strong>r Bradykardie<br />

<strong>de</strong>r nasotrachealen Intubation vorzuziehen.<br />

Die nasale Intubation erlaubt eine<br />

bessere Fixation für einen allfälligen Transport;<br />

sie ist jedoch technisch etwas anspruchsvoller<br />

als die orale Intubation und<br />

sollte nicht im Zustand einer akuten Hypoxie<br />

durchgeführt wer<strong>de</strong>n. Bei Nichtbeherrschen<br />

<strong>de</strong>r Intubation soll das Neugeborene<br />

bis zum Eintreffen einer trainierten Person<br />

Extubation in <strong>de</strong>r Gebärabteilung<br />

In <strong>de</strong>r Gebärabteilung intubierte Frühgeborene<br />

bleiben für <strong>de</strong>n Transport auf die Neonatologie-Abteilung<br />

intubiert. Ausnahmsweise<br />

kann bei Termingeborenen die<br />

Extubation erwogen wer<strong>de</strong>n, wenn die kardiopulmonale<br />

Situation sich normalisiert<br />

hat, das Kind rosig ist (Pulsoxymetrie) und<br />

die Blutgasanalyse normal ist. Bei liegenc)<br />

Neugeborene mit pulmonal-arterieller Hypertonie<br />

o<strong>de</strong>r mit Fehlbildungen wie z. B. Lungenhypoplasie<br />

(Oligohydramnios, Zwerchfellhernie) mögen aufgrund<br />

tierexperimenteller Daten von einer höheren FiO 2<br />

profitieren, wobei insgesamt ungenügend Daten<br />

vorliegen, um dazu präzisere Aussagen zu machen 41) .<br />

d) Die Hyperoxämie ist für Frühgeborene schädlich;<br />

diese können insbeson<strong>de</strong>re bei Sauerstoffsättigungswerten<br />

> 95% auftreten. Deshalb soll <strong>de</strong>r postnatale<br />

Sauerstoffsättigungsanstieg bei Frühgeborenen <strong>de</strong>njenigen<br />

Termingeborener nicht überschreiten. Obwohl<br />

die Datenlage noch nicht ganz klar ist, mag bei<br />

Frühgeborenen zusätzlicher Sauerstoff unmittelbar<br />

nach Geburt nötig und vorteilhaft sein 43)–45) .<br />

Der Einsatz eines Pulsoxymeters soll bei je<strong>de</strong>r Geburt<br />

in Betracht gezogen wer<strong>de</strong>n, wenn beim Neugeborenen<br />

mit Adaptationsstörungen, mit Atemunterstützung<br />

o<strong>de</strong>r mit einem Reanimationsbedarf gerechnet<br />

wer<strong>de</strong>n muss 6) . Mit mo<strong>de</strong>rnen Geräten können die<br />

Sauerstoffsättigung und die Herzfrequenz ab <strong>de</strong>n<br />

ersten Lebensminuten zuverlässig und kontinuierlich<br />

ermittelt wer<strong>de</strong>n 46) . Der Sensor wird dabei an <strong>de</strong>r<br />

rechten Hand o<strong>de</strong>r Handgelenk platziert; somit wird<br />

eine präzise Messung <strong>de</strong>r präduktalen Sauerstoffsättigung<br />

erreicht 39), 42) . Eine schnellere Signalakquisition<br />

kann dadurch erreicht wer<strong>de</strong>n, dass <strong>de</strong>r Sensor zuerst<br />

am Kind befestigt und erst danach mit <strong>de</strong>m Gerät<br />

verbun<strong>de</strong>n wird; in <strong>de</strong>n meisten Fällen kann damit<br />

bereits innert 90 Sekun<strong>de</strong>n eine zuverlässige Messung<br />

erreicht wer<strong>de</strong>n 47) .<br />

mittels Beutel/Maske weiterbeatmet wer<strong>de</strong>n.<br />

Während <strong>de</strong>r Intubation sollte die<br />

Herzfrequenz überwacht wer<strong>de</strong>n. Ein Intubationsversuch<br />

wird bei Auftreten einer<br />

Bradykardie o<strong>de</strong>r nach einem erfolglosen<br />

Versuch nach spätestens 30 Sekun<strong>de</strong>n<br />

abgebrochen.<br />

Die korrekte intratracheale Lage <strong>de</strong>s Endotrachealtubus<br />

muss nach je<strong>de</strong>r Intubation<br />

bestätigt wer<strong>de</strong>n. In <strong>de</strong>n meisten Fällen<br />

kann dies problemlos klinisch durchgeführt<br />

wer<strong>de</strong>n (visuell während <strong>de</strong>r Intubation,<br />

schneller Anstieg <strong>de</strong>r Herzfrequenz und <strong>de</strong>r<br />

Sauerstoffsättigung, Feuchtigkeitsbeschlag<br />

<strong>de</strong>s Tubus, Thoraxbewegung, auskultatorisch<br />

symmetrische Atemgeräusche).<br />

Die Messung <strong>de</strong>r exspiratorischen<br />

CO 2<br />

-Konzentration (z. B. kolorimetrisch) ist<br />

einfach und schnell; sie stellt <strong>de</strong>n Goldstandard<br />

zur Bestätigung <strong>de</strong>r intratrachealen<br />

Intubation dar e); 3), 5), 48) .<br />

Abbildung 5: Oro-tracheale Intubation.<br />

e) Es existieren wenige Daten zum Einsatz <strong>de</strong>r exspiratorischen<br />

CO 2<br />

-Konzentration in <strong>de</strong>r neonatalen<br />

Reanimation. Dennoch ist <strong>de</strong>r positive Nachweis<br />

von CO 2<br />

in <strong>de</strong>r Ausatmungsluft zusätzlich zur klinischen<br />

Beurteilung eine wertvolle Metho<strong>de</strong> zur Bestätigung<br />

<strong>de</strong>r intratrachealen Lage <strong>de</strong>s Tubus 3), 5) ;<br />

ein negatives Resultat weist auf eine ösophageale<br />

Intubation hin. Bei schlechter Lungenperfusion<br />

kann das Resultat <strong>de</strong>r Messung falsch negativ sein.<br />

Beim Einsatz einer kolorimetrischen Metho<strong>de</strong> kann<br />

bei Kontamination <strong>de</strong>s Materials mit Surfactant,<br />

Adrenalin o<strong>de</strong>r Atropin eine falsch positive Angabe<br />

entstehen 6) . In diesem Fall kommt es allerdings, im<br />

Gegensatz zur erfolgreichen Intubation zu einem<br />

dauerhaften, nicht atemsynchronen Farbsignal.<br />

<strong>de</strong>m Tubus soll die Atmung <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s immer<br />

unterstützt und ein PEEP von 5 cm H 2<br />

O<br />

appliziert wer<strong>de</strong>n. Eine Spontanatmung<br />

über <strong>de</strong>n intratracheal liegen<strong>de</strong>n Tubus<br />

kann ohne PEEP zu Atelektasen führen und<br />

soll zwingend vermie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n.<br />

Therapeutische Hypothermie<br />

Neugeborene Kin<strong>de</strong>r ≥ 36 0/7 SSW mit<br />

schwerer neonataler Azidose pH < 7.0 (NA<br />

o<strong>de</strong>r erste BGA postnatal < 1 Std.), BE mehr<br />

als –16 mmol/l und klinischen Zeichen einer<br />

mo<strong>de</strong>raten bis schweren hypoxisch-ischämischen<br />

Enzephalopathie sollten mittels<br />

therapeutischer Hypothermie behan<strong>de</strong>lt<br />

wer<strong>de</strong>n 49) . Dadurch können Mortalität und<br />

neurologisches Outcome signifikant verbessert<br />

wer<strong>de</strong>n 50) . Diese Behandlung soll in<strong>de</strong>s<br />

nur unter strengen Kriterien und nach striktem<br />

Protokoll in neonatalen Intensivabteilungen<br />

durchgeführt wer<strong>de</strong>n 5) . Da das therapeutische<br />

Fenster 6 Stun<strong>de</strong>n beträgt, kann<br />

in Absprache mit <strong>de</strong>m Neonatologie-Zentrum<br />

bis zum Eintreffen <strong>de</strong>r Transport-Equipe<br />

bereits vor Ort jegliche äussere Wärmequelle<br />

ausgeschaltet wer<strong>de</strong>n; und das Neugeborene<br />

soll abge<strong>de</strong>ckt bleiben 51) . Diese Massnahme<br />

soll die initiale Reanimation und<br />

Stabilisierung nicht beeinträchtigen; sie ist<br />

jedoch für die weitere Betreuung wichtig 5) .<br />

Es soll jedoch keine aktive Kühlung z. B.<br />

mittels Eispackungen u. a. m. durchgeführt<br />

wer<strong>de</strong>n, weil solche Eispackungen schnell zu<br />

Unterkühlung führen können. Die rektale<br />

Temperatur soll bis Eintreffen <strong>de</strong>r Transport-<br />

Equipe viertelstündlich kontrolliert wer<strong>de</strong>n;<br />

<strong>de</strong>r Zielbereich liegt zwischen 34–35 °C.<br />

Falls die rektale Temperatur unter diesen<br />

Zielbereich fällt, soll eine Gazewin<strong>de</strong>l auf das<br />

Kind gelegt wer<strong>de</strong>n und die Temperatur nach<br />

einer Viertelstun<strong>de</strong> wie<strong>de</strong>r geprüft wer<strong>de</strong>n.<br />

Die Kühlung während <strong>de</strong>m Transport ins<br />

Zentrum erfolgt gemäss nationalem Transportprotokoll<br />

(https://www.neonet.unibe.<br />

ch/forms_full_asp.html).<br />

Volumen-/Puffer-Therapie<br />

Venöser Zugang<br />

Bei intubierten o<strong>de</strong>r kardiopulmonal instabilen<br />

Neugeborenen muss ein venöser Zugang<br />

gelegt wer<strong>de</strong>n. In dringen<strong>de</strong>n Situationen<br />

und bei Schock wird am besten ein Nabelvenenkatheter<br />

eingelegt (Liste 1). Nach <strong>de</strong>r<br />

Stabilisierung <strong>de</strong>s Kreislaufs wird die Infusion<br />

mittels einer 10%-igen Glukoselösung mit<br />

3 ml/kg/Std. fortgesetzt, entsprechend einer<br />

Glukosezufuhr von 5 mg/kg/Min.<br />

18


Vol. 23 Nr. 1 2012<br />

Empfehlungen<br />

Volumen-Therapie<br />

Bei Vorliegen von Zeichen einer Hypovolämie<br />

o<strong>de</strong>r Kreislaufinsuffizienz wie vermin<strong>de</strong>rte<br />

periphere Durchblutung, schwach palpable<br />

Pulse, Blässe und Tachykardie, muss ein Volumenersatz<br />

(über 5–10 Minuten) erfolgen.<br />

Dazu kommen folgen<strong>de</strong> Lösungen in Frage:<br />

• NaCI 0.9% o<strong>de</strong>r Ringerlaktat (initial<br />

10 ml/kg, Wie<strong>de</strong>rholung je nach Blutdruck<br />

und Klinik).<br />

• Erythrozytenkonzentrat (bei akuter Anämie<br />

ungetestetes 0 Rh negatives Blut<br />

verwen<strong>de</strong>n). Dosierung: 10 ml/kg, evtl.<br />

wie<strong>de</strong>rholen.<br />

Albumin 5% ist als Volumenersatz in <strong>de</strong>r<br />

neonatalen Reanimation kontraindiziert 52) .<br />

Puffer-Therapie<br />

Bei einer metabolischen Azidose soll die<br />

Behandlung <strong>de</strong>r primären Ursache angestrebt<br />

wer<strong>de</strong>n. Die Gabe von Natrium-Bikarbonat<br />

kann schwere Nebenwirkungen verursachen<br />

(paradoxe intrazelluläre Azidose,<br />

osmotisch bedingte Myokard-Dysfunktion,<br />

Vermin<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s zerebralen Blutflusses<br />

und Hirnblutung v. a. bei Frühgeborenen). Es<br />

gibt keine Evi<strong>de</strong>nz für eine Wirksamkeit von<br />

Natrium-Bikarbonat in <strong>de</strong>r initialen Reanimation<br />

<strong>de</strong>s Neugeborenen; <strong>de</strong>swegen ist<br />

diese Behandlung in dieser Phase kontraindiziert<br />

6), 53)–56) .<br />

Herzmassage (Abbildung 6a–c)<br />

Die Beatmung stellt die wichtigste Massnahme<br />

in <strong>de</strong>r neonatalen Reanimation dar;<br />

wird die Beatmung nicht erfolgreich durchgeführt,<br />

wird auch die Herzmassage ineffektiv<br />

bleiben 5) . Eine Herzmassage ist in<br />

<strong>de</strong>r Neugeborenen-Reanimation nur selten<br />

notwendig (< 1 : 1000 Geburten).<br />

Indikationen für die Durchführung <strong>de</strong>r Herzmassage<br />

sind:<br />

• Fehlen<strong>de</strong> Herztöne (Asystolie) f) .<br />

• Bradykardie unter 60/Min. trotz adäquater<br />

Beatmung mit einer FiO 2<br />

von 1.0<br />

während 30 Sekun<strong>de</strong>n.<br />

f) Herzfrequenz durch Auskultation mittels Stethoskop<br />

ermitteln, behelfsmässig mittels Palpation an<br />

<strong>de</strong>r Basis <strong>de</strong>r Nabelschnur. Der Einsatz eines Pulsoxymeters<br />

o<strong>de</strong>r eines EKG-Gerätes ist unter Herzmassage<br />

sinnvoll und hilfreich.<br />

Technik: Bei<strong>de</strong> Daumen wer<strong>de</strong>n nebeno<strong>de</strong>r<br />

übereinan<strong>de</strong>r unterhalb einer Linie<br />

gelegt, die bei<strong>de</strong> Mamillen verbin<strong>de</strong>t (Abbildung<br />

6a, 6b), die an<strong>de</strong>ren Finger umfassen<br />

<strong>de</strong>n ganzen Thorax. Die Tiefe <strong>de</strong>r Kompression<br />

sollte min<strong>de</strong>stens 1/3 <strong>de</strong>s anteroposterioren<br />

Thoraxdurchmessers betragen<br />

(Abbildung 6c). Die Herzmassage kann eine<br />

effektive Beatmung erschweren; daher sollten<br />

bei<strong>de</strong> Massnahmen so koordiniert wer<strong>de</strong>n,<br />

dass sie nicht zusammenfallen 3), 5) . Sie<br />

sollen für die Neonatalzeit (bis 4 Wochen<br />

nach errechnetem Termin) in einem Verhältnis<br />

Kompression: Ventilation von 3 : 1<br />

durchgeführt wer<strong>de</strong>n, mit 90 Kompressionen<br />

und 30 Atemstössen pro Minute; die<br />

Beatmung soll dabei mit 100% Sauerstoff<br />

durchgeführt wer<strong>de</strong>n. Die Herzfrequenz<br />

soll erstmals nach 30 Sekun<strong>de</strong>n Herzmassage<br />

gemessen wer<strong>de</strong>n, ebenso alle 30<br />

Sekun<strong>de</strong>n danach. Die Herzmassage kann<br />

sistiert wer<strong>de</strong>n wenn die spontane Herzfrequenz<br />

> 60/Min. beträgt 5) .<br />

Abbruch <strong>de</strong>r Reanimationsmassnahmen<br />

Sind nach 10 Minuten kontinuierlicher und<br />

adäquater Reanimation keine Lebenszeichen<br />

vorhan<strong>de</strong>n (keine Herzaktion, keine Spontanatmung),<br />

kann ein Abbruch <strong>de</strong>r Reanimationsmassnahmen<br />

gerechtfertigt sein, da in dieser<br />

Situation ein Überleben unwahrscheinlich ist,<br />

respektive mit schwerster neurologischer<br />

Beeinträchtigung assoziiert wäre 3), 6), 57), 58) . Bei<br />

Unsicherheit sollen die Reanimationsmassnahmen<br />

bis zum Eintreffen einer in neonataler<br />

Reanimation kompetenten Person fortgesetzt<br />

und erst nach gemeinsamer Evaluation<br />

sistiert wer<strong>de</strong>n. Nach <strong>de</strong>m Abbruch soll mit<br />

<strong>de</strong>r Neonatologie-Abteilung Kontakt aufgenommen<br />

wer<strong>de</strong>n, um allfällige Abklärungen<br />

abzusprechen.<br />

Betreuung <strong>de</strong>s Neugeborenen<br />

nach Reanimation<br />

Neugeborene, welche einer Reanimation<br />

bedurften, können sich zu einem späteren<br />

Zeitpunkt erneut verschlechtern. Deshalb<br />

muss ein solches Kind nach Erreichen einer<br />

adäquaten Ventilation, Oxygenation und<br />

Kreislaufsituation in eine Umgebung verlegt<br />

wer<strong>de</strong>n, wo ein kontinuierliches Monitoring<br />

und Betreuung gewährleistet sind 3), 5) .<br />

Laboruntersuchungen<br />

in <strong>de</strong>r Gebärabteilung<br />

Die klinische Beurteilung <strong>de</strong>r Adaptation<br />

kann bei Bedarf durch folgen<strong>de</strong> «Labor-Trias»<br />

ergänzt wer<strong>de</strong>n:<br />

Abbildung 6a: Herzmassage (Daumen nebeneinan<strong>de</strong>r).<br />

Achtung: Die Daumen sollen<br />

im distalen Fingergelenk flektiert sein damit<br />

ein vertikaler Druck appliziert wer<strong>de</strong>n<br />

kann, um das Herz zwischen Sternum und<br />

Wirbelsäule zu komprimieren.<br />

Abbildung 6b: Herzmassage (Daumen aufeinan<strong>de</strong>r)<br />

Abbildung 6c: Herzmassage (Kompressionsphase).<br />

Achtung: Es soll soviel Druck<br />

appliziert wer<strong>de</strong>n, um das Sternum um einen<br />

Drittel <strong>de</strong>s antero-posterioren Thoraxdurchmessers<br />

zu senken.<br />

• Blutgasanalyse.<br />

• Hämatokrit.<br />

• Blutzucker.<br />

Eine Blutgasanalyse ist indiziert bei einem<br />

Nabelarterien-pH < 7.15 und bei klinischen<br />

Zeichen einer gestörten Adaptation (neonatale<br />

Warnzeichen).<br />

Ein Hämatokrit sollte bei Polyglobulie-<br />

(Übertragung, Dysmaturität o<strong>de</strong>r peripherer<br />

Zyanose) o<strong>de</strong>r bei Anämieverdacht<br />

19


Empfehlungen<br />

Vol. 23 Nr. 1 2012<br />

(Blässe, Kreislaufinstabilität) bestimmt<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

Eine Blutzuckerbestimmung im Gebärzimmer<br />

wird nur bei hypoglykämieverdächtigen<br />

Symptomen o<strong>de</strong>r bei Zeichen einer<br />

diabetischen Fetopathie durchgeführt. In<br />

<strong>de</strong>r frühen Anpassungsphase nach <strong>de</strong>r<br />

Geburt sind tiefe Glukosewerte häufig.<br />

Messungen <strong>de</strong>r Blutglukose in <strong>de</strong>n ersten<br />

2–3 Lebensstun<strong>de</strong>n sind daher bei asymptomatischen,<br />

normalgewichtigen Termingeborenen<br />

irreführend und klinisch nicht<br />

sinnvoll 59) . Bei Neugeborenen mit hypoxisch-ischämischer<br />

Enzephalopathie soll<br />

ein normaler Blutzucker angestrebt (3.0–<br />

4.5 mmol/l) wer<strong>de</strong>n 60) .<br />

Postnataler Transport<br />

von Risiko-Neugeborenen<br />

Ein neonataler Transport sollte, wenn möglich,<br />

durch eine antepartale Verlegung <strong>de</strong>r<br />

Mutter in ein Perinatalzentrum vermie<strong>de</strong>n<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

Verlegungsindikationen eines<br />

Neugeborenen in eine Neonatologie-<br />

Abteilung sind:<br />

• Frühgeborenes unter 34 0/7–35 0/7<br />

SSW.<br />

• Geburtsgewicht unter 2000 g.<br />

• Schwere neonatale metabolische Azidose<br />

pH < 7.0 (NA o<strong>de</strong>r erste postnatale<br />

BGA < 1 Lebensstun<strong>de</strong>), BE mehr als<br />

–16 mmol/l, ungeachtet <strong>de</strong>r klinischen<br />

Situation.<br />

• Neugeborene Kin<strong>de</strong>r ≥ 36 0/7 SSW mit<br />

Zeichen einer hypoxisch-ischämischen<br />

Enzephalopathie zur therapeutischen Hypothermie<br />

(nach Absprache mit <strong>de</strong>m<br />

Zentrumsspital, innert ersten 6 Std.)<br />

• Zustand nach Reanimation (Beutelbeatmung<br />

> 5 Min., Intubation, Volumentherapie,<br />

Herzmassage, Medikamente<br />

usw.).<br />

• Kardio-pulmonale Störungen, die 4 Stun<strong>de</strong>n<br />

nach Geburt persistieren.<br />

• Persistieren<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r rezidivieren<strong>de</strong> Hypoglykämie<br />

(< 2.5 mmol/L Schnelltest-Bestimmung)<br />

trotz Frühernährung 59) .<br />

• Verdacht auf Infektion (keine Antibiotika<br />

per os o<strong>de</strong>r i. m.) 61) .<br />

• Krampfanfälle, Entzugsymptomatik.<br />

• Ikterus bei Geburt 62) .<br />

Diese Liste ist nicht abschliessend; unklare<br />

Situationen sollen mit <strong>de</strong>m Perinatalzentrum,<br />

resp. mit <strong>de</strong>r Neonatologie-Abteilung<br />

besprochen wer<strong>de</strong>n. Der Transport soll<br />

durch eine geschulte Transportequipe mit<br />

Transportinkubator durchgeführt wer<strong>de</strong>n.<br />

Vorbereitungen vor <strong>de</strong>m Transport:<br />

• Personalien und Unterlagen <strong>de</strong>r Mutter,<br />

Reanimationsprotokoll.<br />

• Blut <strong>de</strong>r Mutter (10 ml EDTA) und Nabelschnurblut.<br />

• Plazenta asservieren.<br />

• Neonatologie-Abteilung vor Abfahrt telefonisch<br />

vororientieren.<br />

• Kind vor Abfahrt absaugen (inklusive<br />

Magen), Magenson<strong>de</strong> belassen.<br />

• Kind <strong>de</strong>r Mutter bzw. <strong>de</strong>n Eltern zeigen.<br />

• Den Eltern Adresse und Telefonnummer<br />

<strong>de</strong>r Neonatologie-Abteilung hinterlassen.<br />

Betreuung <strong>de</strong>r Eltern<br />

Die Betreuung <strong>de</strong>r Eltern während <strong>de</strong>r Geburt<br />

ist eine wichtige Aufgabe. Diese wird<br />

beson<strong>de</strong>rs anspruchsvoll, wenn die Adaptation<br />

eines Neugeborenen gestört ist, o<strong>de</strong>r<br />

wenn ein Kind mit Fehlbildungen auf die<br />

Welt kommt. Dabei beanspruchen Reanimationsmassnahmen<br />

oft einen breiten<br />

Raum und beeinträchtigen die Kontaktmöglichkeiten<br />

und die Interaktion zwischen<br />

Mutter und Kind. Diese sollte, wenn immer<br />

möglich auch in schwierigen Situationen<br />

geför<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n.<br />

Für viele Eltern ist das Miterleben von Wie<strong>de</strong>rbelebungsmassnahmen<br />

mit Ängsten<br />

und negativen Eindrücken verbun<strong>de</strong>n. In<br />

<strong>de</strong>r akuten Situation können Massnahmen<br />

nicht erklärt und besprochen wer<strong>de</strong>n. Aus<br />

diesen Grün<strong>de</strong>n wird ein Neugeborenes mit<br />

Vorteil in einem separaten Raum ohne Beisein<br />

<strong>de</strong>r Eltern reanimiert. Hier ist eine regelmässige<br />

Information <strong>de</strong>r Eltern über <strong>de</strong>n<br />

Zustand ihres Kin<strong>de</strong>s wie auch über die<br />

vorgenommenen Massnahmen durch das<br />

betreuen<strong>de</strong> Team wichtig 5) . Am besten<br />

wer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Ablauf <strong>de</strong>r Betreuung nach <strong>de</strong>r<br />

Geburt und mögliche Probleme noch vor<br />

<strong>de</strong>r Geburt mit <strong>de</strong>n Eltern besprochen.<br />

Dabei kann auch vereinbart wer<strong>de</strong>n, ob sie<br />

bei einer allfälligen Reanimation dabei sein<br />

können.<br />

fonnummer <strong>de</strong>r Neonatologie-Abteilung<br />

sowie Name einer Kontaktperson, an welche<br />

sich die Eltern für weitere Informationen<br />

wen<strong>de</strong>n können, sollen hinterlassen<br />

wer<strong>de</strong>n. Die Mutter und die Pflegen<strong>de</strong>n<br />

sollen daran erinnert wer<strong>de</strong>n, dass auch in<br />

Krisensituationen die Muttermilchproduktion<br />

durch Abpumpen stimuliert wer<strong>de</strong>n<br />

sollte.<br />

Liste 1<br />

Ausrüstung für eine Spitalgeburt<br />

Einrichtung <strong>de</strong>s Reanimationsplatzes<br />

• Mobile Reanimationseinheit o<strong>de</strong>r fest<br />

installierter Reanimationsplatz.<br />

• Wärmelampe, möglichst warme Umgebungstemperatur,<br />

nicht <strong>de</strong>m Luftzug ausgesetzt.<br />

• Anschlüsse für Strom, Sauerstoff/Druckluft<br />

g) , Vakuum.<br />

• Abstell-/Arbeitsfläche.<br />

• Stoppuhr/Apgar-Uhr.<br />

• Zugang für Transportinkubator.<br />

Beleuchtung<br />

• Helles Licht, wenn möglich im Wärmestrahler<br />

integriert.<br />

Wärmequellen<br />

• Regulierbare Wärmelampe mit festem<br />

Abstand zur Unterlage (keine Rotlichtlampe).<br />

• Genügend warme Tücher/Win<strong>de</strong>ln (keine<br />

elektrischen Wärmekissen).<br />

• Reanimationsplatz frühzeitig vorwärmen.<br />

Absaugvorrichtung<br />

• Mund-Absaugkatheter.<br />

• Vakuumpumpe mit Druckreduktionsventil<br />

auf -200 mbar (–20 kPa, ca. –0.2 atm,<br />

–2 mH 2<br />

O, –150 mmHg) eingestellt.<br />

• Schlauch und Adapter für Absaugkatheter.<br />

• Mekoniumsapirations-Adapter für endotracheales<br />

Absaugen.<br />

• Absaugkatheter Ch 6, 8 und 10.<br />

Sauerstoff- und Gaszufuhr<br />

• Sauerstoffquelle mit Flowmeter, Sauerstoff-Druckluft-Mischgerät<br />

g) , Gasschlauch<br />

zu Gesichtsmaske/Beatmungsbeutel.<br />

Nach einer schwierigen Reanimation soll<br />

genügend Zeit für ein Gespräch eingeräumt<br />

wer<strong>de</strong>n und <strong>de</strong>n Eltern Gelegenheit gegeben<br />

wer<strong>de</strong>n, das Kind zu sehen und zu berühren.<br />

Vor einer Trennung bzw. Verlegung<br />

<strong>de</strong>s Neugeborenen sollte ein Foto für die<br />

Eltern angefertigt wer<strong>de</strong>n. Adresse, Teleg)<br />

An je<strong>de</strong>m Neugeborenen-Reanimationsplatz (nicht<br />

jedoch am Neugeborenen-Platz im Gebärzimmer)<br />

sollen Sauerstoff- und Druckluftanschlüsse sowie<br />

ein Sauerstoff-Mischgerät wie auch ein Pulsoxymeter<br />

vorhan<strong>de</strong>n sein.<br />

20


Vol. 23 Nr. 1 2012<br />

Empfehlungen<br />

• Druckluft.<br />

• Pulsoxymeter h) .<br />

• Sauerstoff-Gesichtsmaske.<br />

Beatmungsausrüstung<br />

• Beatmungsbeutel mit Reservoir und<br />

PEEP-Ventil; plus 1 Beutel in Reserve i) .<br />

• Beatmungsmasken aus Silikon (Grösse<br />

00 und 01); plus 1 Set in Reserve.<br />

• Laryngoskop mit je 1 Spatel 0 und 1; plus<br />

Batterien in Reserve.<br />

• Tuben: Grössen 2.5/3.0/3.5 (mm Innendurchmesser)<br />

für orale und nasale Verwendung,<br />

mit Führungsdraht.<br />

• Magill-Zange.<br />

• Heftpflaster.<br />

• Säuglingsstethoskop.<br />

• Ev. Gue<strong>de</strong>ltubi 00/000.<br />

Ausrüstung zum Legen venöser Zugänge<br />

Periphere Leitung<br />

• Flügelna<strong>de</strong>l 25 und 27 G, Venenverweil-<br />

Kanülen 24 und 26 G.<br />

• Dreiweghahn.<br />

• Verlängerungsstück (spezielle Kin<strong>de</strong>rgrösse).<br />

• Pflaster.<br />

• Lagerungsschiene.<br />

• Je 5 Spritzen à 10 ml, 5 ml, 2 ml und 1 ml.<br />

• Aufziehna<strong>de</strong>ln (18 G).<br />

Nabelvenenkatheter<br />

• Sterile Handschuhe, diverse Grössen.<br />

• Desinfektionsmittel (alkoholisch o<strong>de</strong>r<br />

Octenidin-Phenoxyäthanol), sterile Tupfer.<br />

• Steriles Nabelvenenkatheter-Set: Nabelbändchen,<br />

steriles Schlitztuch, 2 Péan-<br />

Klemmen, grobe und feine anatomische<br />

Pinzette, Schere, Na<strong>de</strong>lhalter (optional),<br />

Skalpell, Fa<strong>de</strong>n (3.0 o<strong>de</strong>r 4.0, evtl. mit<br />

atraumatischer Na<strong>de</strong>l).<br />

• Nabelvenenkatheter Ch 3.5 und 5.<br />

Vorgehen Nabelvenenkatheter<br />

1. Hochhalten <strong>de</strong>r Nabelschnur durch Hilfsperson.<br />

2. Desinfektion.<br />

h) Die transkutane Sauerstoffsättigung zur Überwachung<br />

<strong>de</strong>r Sauerstoff-Therapie muss im Gebärsaal immer<br />

präduktal gemessen wer<strong>de</strong>n, dazu wird <strong>de</strong>r Sensor an<br />

<strong>de</strong>r rechten Hand/Unterarm platziert. Dies im Gegensatz<br />

zur später gemessenen postduktalen Sauerstoffsättigung<br />

zum Ausschluss kongenitaler Herzfehler 63) .<br />

i) Am Reanimationsplatz kann von geschultem Personal<br />

auch ein T-Stück-System eingesetzt wer<strong>de</strong>n. Da dieses<br />

Gerät eine gute Instruktion und einen regelmässigen<br />

Gebrauch bedingt, um sicher und effizient eingesetzt<br />

zu wer<strong>de</strong>n, soll an je<strong>de</strong>m Reanimationsplatz immer<br />

auch ein Beatmungsbeutel samt vollständigem Zubehör<br />

vorhan<strong>de</strong>n sein.<br />

3. Steriles Schlitztuch über Abdomen legen<br />

(Kind muss weiter beobachtet wer<strong>de</strong>n<br />

können).<br />

4. Steriles Nabelbändchen um Hautnabel<br />

bin<strong>de</strong>n, leicht anziehen.<br />

5. Durchtrennen <strong>de</strong>r Nabelschnur mit Skalpell,<br />

ca. 1 cm oberhalb <strong>de</strong>s Hautnabels.<br />

6. I<strong>de</strong>ntifizieren <strong>de</strong>r Nabelvene und <strong>de</strong>r<br />

zwei Nabelarterien.<br />

7. Einführen <strong>de</strong>s mit NaCl 0.9% luftleer<br />

gemachten Nabelvenenkatheters (in <strong>de</strong>r<br />

Regel Ch 5); zur Stabilisierung kann <strong>de</strong>r<br />

Nabel an <strong>de</strong>r Wharton’schen Sulze mit<br />

einer Péan-Klemme gefasst wer<strong>de</strong>n.<br />

8. Einführtiefe richtet sich nach Grösse <strong>de</strong>s<br />

Kin<strong>de</strong>s, im Notfall reichen 4–5 cm (Blut<br />

aspirierbar).<br />

9. Annähen <strong>de</strong>s Katheters mit 4.0 Fa<strong>de</strong>n an<br />

<strong>de</strong>r Wharton’schen Sulze (i<strong>de</strong>al für<br />

Transport) und nicht an <strong>de</strong>r Nabelhaut.<br />

Wenn kein Transport notwendig ist, ev.<br />

Sicherung mit Fa<strong>de</strong>n und Steristrip auf<br />

Bauchhaut.<br />

Übriges Material<br />

• Nabelklemmen.<br />

• Magenson<strong>de</strong>n Grösse Ch 6 und 8.<br />

• Venenverweil-Kanülen 18 G und 20 G (zur<br />

Drainage eines Pneumothorax).<br />

• Apgar-Timer (evtl. Stoppuhr).<br />

• Metermass.<br />

• Thermometer.<br />

Infusionslösungen<br />

• Glukose 10%-Flaschen à 100 ml und<br />

Ampullen à 10 ml.<br />

• NaCI 0.9%-Flaschen à 100 ml und Ampullen<br />

à 10 ml o<strong>de</strong>r Ringerlaktat Flaschen à 100 ml.<br />

Medikamente (Tabelle)<br />

In <strong>de</strong>r neonatalen Reanimation sind Medikamente<br />

selten notwendig, und wenn, dann<br />

am ehesten als Volumenersatz und Adrenalin<br />

3), 6) . Eine Bradykardie <strong>de</strong>s Neugeborenen<br />

ist in <strong>de</strong>r Regel durch eine ungenügen<strong>de</strong><br />

Lungenbelüftung o<strong>de</strong>r durch eine be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong><br />

Hypoxie bedingt 5) . Medikamente sollen<br />

<strong>de</strong>shalb nur nach Sicherstellen einer<br />

korrekten Beatmung in Betracht gezogen<br />

wer<strong>de</strong>n 46) .<br />

Adrenalin 1 : 1000 (1 mg/ml) j)<br />

Falls innert 30 Sekun<strong>de</strong>n trotz adäquater<br />

Beatmung mit 100% Sauerstoff und Herzmassage<br />

die Herzfrequenz < 60/Min.<br />

bleibt, ist die Verabreichung von Adrenalin<br />

sinnvoll 5) .<br />

Dosierung intravenös: 10–30 µg/kg/dosi<br />

(entsprechend 0.1–0.3 ml/kg einer Adrenalin-Lösung<br />

1 : 10000; 1 ml Adrenalin<br />

1 : 1000 + 9 ml NaCI 0.9%).<br />

Dosierung intratracheal: 50 bis maximal<br />

100 µg/kg/dosi 3), 5) .<br />

Naloxon (0.4 mg/ml)<br />

Es besteht keine Evi<strong>de</strong>nz für eine Wirksamkeit<br />

von Naloxon bezüglich Reversion einer<br />

opiatbedingten Atem<strong>de</strong>pression bei Geburt;<br />

unbekannt ist auch, ob Naloxon <strong>de</strong>n<br />

Bedarf an mechanischer Beatmung in <strong>de</strong>r<br />

Gebärabteilung reduziert. Auch existieren<br />

Be<strong>de</strong>nken bezüglich langfristiger Sicherheit;<br />

somit kann Naloxon nicht als Routinemedikation<br />

bei atem<strong>de</strong>primierten Neugeborenen<br />

in <strong>de</strong>r Gebärabteilung empfohlen<br />

wer<strong>de</strong>n 64) . Atemunterstützen<strong>de</strong> Massnahmen<br />

und mechanische Beatmung sollen in<br />

erster Linie eingesetzt wer<strong>de</strong>n. Allfällige<br />

Indikation: Bei Neugeborenen mit Atem<strong>de</strong>pression,<br />

<strong>de</strong>ren Mütter ein Opiat-Präparat<br />

innerhalb von 4 Stun<strong>de</strong>n vor <strong>de</strong>r Geburt<br />

erhalten haben. Dosierung: 0.1 mg/kg<br />

j) Es existieren keine Studien zur hochdosierten Adrenalin-Verabreichung<br />

(100 µg/kg/Dosis) beim<br />

Neugeborenen 56) . Deshalb und aufgrund potentieller<br />

Nebenwirkungen wird diese Dosierung nicht<br />

empfohlen. Obwohl in <strong>de</strong>r neonatalen Reanimation<br />

die Intubation meist vor <strong>de</strong>m Legen eines venösen<br />

Zuganges (Nabelvenenkatheter) durchgeführt wird,<br />

soll wo möglich die intravenöse Applikation von<br />

Adrenalin <strong>de</strong>r intratrachealen vorgezogen wer<strong>de</strong>n.<br />

Wird Adrenalin repetitiv intravenös gegeben, soll<br />

die normale Dosierung gewählt wer<strong>de</strong>n 3), 5) .<br />

21


Empfehlungen<br />

Vol. 23 Nr. 1 2012<br />

Trachealtubus<br />

2 kg<br />

34 SSW<br />

3 kg<br />

37 SSW<br />

4 kg<br />

40 SSW<br />

Tubusgrösse ID 3.0 ID 3.5 ID 3.5<br />

Einführtiefe oral 8 9 10<br />

Einführtiefe nasal 9.5 10.5 11.5<br />

Medikamente Dosis Zubereitung/Indikation 2 kg<br />

34 SSW<br />

Adrenalin 1 : 1000<br />

(Amp. à 1 mg/ml)<br />

NaCl 0.9%<br />

Ringerlaktat<br />

Glukose 10%<br />

Intravenöse Dosierung<br />

10–30 mcg/kg i. v.<br />

Intratracheale Dosierung<br />

50–100 mcg/kg i. tr.<br />

1 ml + 9 ml NaCl 0.9%<br />

(1 : 10 000 d. h. 1 ml = 100 mcg)<br />

3 kg<br />

37 SSW<br />

4 kg<br />

40 SSW<br />

0.2–0.6 ml 0.3–0.9 ml 0.4–1.2 ml<br />

1–2 ml 1.5–3 ml 2–4 ml<br />

10 ml/kg Volumenbolus 20 ml 30 ml 40 ml<br />

4–6 mg/kg/Min.<br />

2 ml/kg<br />

Glukose-Infusion<br />

symptomatische Hypoglykämie<br />

6 ml/h<br />

4 ml<br />

9 ml/h<br />

6 ml<br />

12 ml/h<br />

8 ml<br />

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o<strong>de</strong>r subkutan) k) . Die Halbwertszeit<br />

von Naloxon ist meistens kürzer als<br />

diejenige <strong>de</strong>s Opiat-Präparates, <strong>de</strong>swegen<br />

ist zwingend eine Monitor-Überwachung in<br />

<strong>de</strong>n ersten 24 Stun<strong>de</strong>n notwendig.<br />

Kontraindikation: Kin<strong>de</strong>r von opiat-abhängigen<br />

Müttern (Anamnese!).<br />

Cave: Naloxon-Neonatal (0.02 mg/ml) soll<br />

nicht mehr verwen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n.<br />

Liste 2<br />

Min<strong>de</strong>stausrüstung für eine Hausgeburt<br />

• Telefonverbindung (Nummer von Ambulanz<br />

und Spital bekannt).<br />

• Raumheizung und gutes Licht.<br />

• Gepolsterte Oberfläche auf Tischhöhe.<br />

• Handtücher und Handschuhe.<br />

• Mund-Absaugkatheter.<br />

• Beatmungsbeutel (z. B. Baby-Ambu- o<strong>de</strong>r<br />

Laerdal-Beutel mit Reservoir) und Masken<br />

(z. B. Laerdal-Masken Nr. 00 und 01).<br />

• Sauerstoff-Gesichtsmaske und O 2<br />

-Verbindungsschlauch.<br />

• Sauerstoffflasche mit Flowmeter (bis<br />

6–10 l/Min.).<br />

• Plastik-Folie.<br />

• Pulsoxymeter.<br />

• Reanimationsprotokoll.<br />

• Nabelklemme, Nabelschere.<br />

• Stoppuhr/Apgar-Uhr.<br />

• Stethoskop.<br />

• Thermometer.<br />

• Blutzuckermessgerät.<br />

k) Die von <strong>de</strong>r AAP empfohlene Naloxon-Dosierung<br />

von 0.1 mg/kg ist nicht evi<strong>de</strong>nzbasiert 65) .<br />

Dank<br />

Diese Empfehlungen wur<strong>de</strong>n allen Mitglie<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r<br />

Schweizerischen Gesellschaft für Neonatologie unterbreitet;<br />

ebenso wur<strong>de</strong>n diese Empfehlungen <strong>de</strong>m Vorstand<br />

<strong>de</strong>r Schweizerischen Gesellschaft für Gynäkologie<br />

und Geburtshilfe (SGGG), <strong>de</strong>r Schweizerischen Gesellschaft<br />

für Anästhesiologie und Reanimation (SGAR), <strong>de</strong>r<br />

Schweizerischen Gesellschaft für Pädiatrie (SGP) sowie<br />

<strong>de</strong>m Schweizerischen Hebammenverband (SHV) zur<br />

Vernehmlassung vorgelegt. Wir danken allen, die zur Revision<br />

dieser Empfehlungen beigetragen haben. Alle Figuren<br />

wur<strong>de</strong>n von Herrn Stefan Schwyter vom Graphik-<br />

Dienst <strong>de</strong>s Departements Chirurgie am Universitätsspital<br />

Zürich gezeichnet.<br />

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for infants and children: ad<strong>de</strong>ndum to emergency<br />

drug doses for infants and children. Pediatrics<br />

1990; 86: 484–5.<br />

Korrespon<strong>de</strong>nzadresse<br />

Prof. Dr. J.-C. Fauchère<br />

Klinik für Neonatologie Universitätsspital<br />

8091 Zürich<br />

Tel. 044 255 35 84<br />

Fax 044 255 44 42<br />

jean-clau<strong>de</strong>.fauchere@usz.ch<br />

23


Empfehlungen<br />

Vol. 23 Nr. 1 2012<br />

Stationäre multiprofessionelle Therapie<br />

<strong>de</strong>r schweren Adipositas im Kin<strong>de</strong>s- und<br />

Jugendalter<br />

Mitteilung zum Stand <strong>de</strong>r Vernehmlassung zum Vorschlag für einen<br />

Konsensus <strong>de</strong>r Schweizerischen Gesellschaft für Pädiatrie,<br />

Paediatrica 22 (4): 6–12.<br />

Dagmar l’Allemand, St. Gallen<br />

Zum o. g. Artikel, <strong>de</strong>r besser Vorschlag für<br />

einen Konsensus genannt wor<strong>de</strong>n wäre,<br />

gingen 2 Bemerkungen ein, die zu inhaltlichen<br />

Konkretisierungen führten, insbeson<strong>de</strong>re,<br />

dass die stationären Programme für<br />

Kin<strong>de</strong>r und Jugendliche bis zum 19. Geburtstag<br />

gelten sollen. Die A-Klinikchefs,<br />

<strong>de</strong>nen die Durchführung <strong>de</strong>r Therapieprogramme<br />

ja zur Hauptsache obliegen wird,<br />

wur<strong>de</strong>n geson<strong>de</strong>rt schriftlich informiert<br />

und um Stellungnahme angefragt. Die vollständigen<br />

Dokumente sind auf <strong>de</strong>r Webseite<br />

publiziert.<br />

Die weiteren Schritte beruhen nun, in Absprache<br />

mit <strong>de</strong>n A-Klinik-Chefs, in <strong>de</strong>r Beantragung<br />

<strong>de</strong>r neuen Leistung beim Bun<strong>de</strong>samt<br />

für Gesundheit, <strong>de</strong>m Erstellen eines<br />

Finanzierungsplanes und <strong>de</strong>n Krankenkassenverhandlungen.<br />

In Anbetracht <strong>de</strong>s damit<br />

verbun<strong>de</strong>nen Aufwands ist mit einer Umsetzung<br />

nicht vor 2015 zu rechnen.<br />

Wir danken <strong>de</strong>n Mitglie<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r SGP für die<br />

Unterstützung <strong>de</strong>r AG Adipositas.<br />

Korrespon<strong>de</strong>nzadresse<br />

Dagmar l’Allemand<br />

Pädiatrische Endokrinologie/Diabetologie<br />

Ostschweizer Kin<strong>de</strong>rspital<br />

9006 St. Gallen<br />

Josef Laimbacher<br />

Chefarzt Jugendmedizin<br />

Leiter AG Adipositas<br />

Ostschweizer Kin<strong>de</strong>rspital<br />

Claudiusstrasse 6<br />

9006 St. Gallen<br />

Bruno H. Knöpfli<br />

FMH Pädiatrie<br />

Pneumologie und Sportmedizin<br />

Albisrie<strong>de</strong>rplatz 10<br />

8004 Zürich<br />

24


Vol. 23 Nr. 1 2012<br />

Fortbildung<br />

Betreuung <strong>de</strong>r hypoxisch-ischämischen<br />

Enzephalopathie <strong>de</strong>s Termingeborenen<br />

Therapeutische Hypothermie und Schaffung eines nationalen<br />

Registers für neonatale Asphyxie<br />

Anita Truttmann, Lausanne, und Cornelia Hagmann, Zürich<br />

führen, die therapeutischen Massnahmen<br />

zugänglich sind (Latenzfenster). Die wesentliche<br />

Rolle <strong>de</strong>r therapeutischen Hypothermie<br />

besteht in <strong>de</strong>r Vermin<strong>de</strong>rung dieses<br />

sekundären Energie<strong>de</strong>fizites (second<br />

energy failure).<br />

Klinik <strong>de</strong>r hypoxischischämischen<br />

Enzephalopathie<br />

Einführung<br />

Die hypoxisch-ischämische Enzephalopathie<br />

(HIE) als Folge einer neonatalen Asphyxie<br />

stellt eine relativ häufige Komplikation dar,<br />

belastet mit einer be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>n Mortalität<br />

und neurologischen Morbidität. Die Inzi<strong>de</strong>nz<br />

wird in <strong>de</strong>n industrialisierten Län<strong>de</strong>rn auf 0.5<br />

bis 6‰ Lebendgeburten geschätzt, die mittel<br />

bis sehr schweren Fälle stellen dabei über die<br />

Hälfte dar 1) . Obwohl die Forschung laufend<br />

Fortschritte macht, hat sich bisher keine<br />

einzige pharmakologische Behandlung als<br />

erfolgreich erwiesen 2), 3) . Seit einigen Jahren<br />

belegen mehrere Studien, für die Zielgruppe<br />

<strong>de</strong>r mittelschwer betroffenen Patienten, die<br />

Wirksamkeit <strong>de</strong>r gemässigten Hypothermie<br />

4)–8) ; diese Therapie wird zurzeit in <strong>de</strong>r<br />

Mehrzahl <strong>de</strong>r neonatologischen Intensivstationen<br />

<strong>de</strong>r Schweiz und weltweit angewandt.<br />

Pathophysiologie<br />

Man unterschei<strong>de</strong>t bei <strong>de</strong>r Entstehung hypoxisch-ischämischer<br />

Läsionen zwei kritische<br />

Phasen: 1) die Hypoxie an sich, oft im<br />

Zusammenhang mit Ereignissen wie Uterusruptur,<br />

Nabelschnurvorfall, Plazentarablösung<br />

u. a., was auf Zellebene zu einem<br />

ersten Abfall <strong>de</strong>r energetischen Substrate<br />

(ATP, Phosphokreatin) führt, gemeinhin<br />

primäres Energie<strong>de</strong>fizit genannt, und in <strong>de</strong>n<br />

ersten Stun<strong>de</strong>n nach <strong>de</strong>m kritischen Ereignis<br />

eintritt und 2) die Wie<strong>de</strong>rherstellung <strong>de</strong>r<br />

Perfusion durch die Reanimation <strong>de</strong>s Neugeborenen,<br />

wodurch es auch zur Zirkulation<br />

toxischer Elemente kommt (z. B. oxidativer<br />

Stress durch freie Sauerstoffradikale) 2), 6) ,<br />

die in <strong>de</strong>n Zellen ein sekundäres Energie<strong>de</strong>fizit<br />

hervorrufen, mit einem Maximum zwischen<br />

24 und 48 Stun<strong>de</strong>n nach <strong>de</strong>m ursprünglichen<br />

Ereignis (siehe Schema 1). Je<br />

nach Schwere <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Phasen kann es<br />

zu verschie<strong>de</strong>nen Arten von Zelltod kommen<br />

2), 9) : Rasch eintreten<strong>de</strong> und irreversible<br />

neuronale Nekrose o<strong>de</strong>r sog. programmierte<br />

und verzögerte Formen von Zelltod<br />

(Apoptose und autophagisch hervorgerufener<br />

Zelltod) 10), 11) , die zu langsamer verlaufen<strong>de</strong>n,<br />

teilweise reversiblen Prozessen<br />

Die Klinik <strong>de</strong>r hypoxisch-ischämischen Enzephalopathie<br />

wur<strong>de</strong> durch <strong>de</strong>n Neuropathologen<br />

Harvey Sarnat in <strong>de</strong>n 70er Jahren<br />

genau beschrieben 13) und wird auf <strong>de</strong>m europäischen<br />

Kontinent noch oft benutzt.<br />

Sarnat beschrieb drei Stadien <strong>de</strong>s Hirnbefalls,<br />

I, II, III, vom leichteren bis hin zum<br />

schwersten Befall. Stadium I kennzeichnet<br />

sich durch neurologische Erregbarkeit,<br />

reichliche Sekretproduktion und Mydriase,<br />

dauert oft nur 24 Stun<strong>de</strong>n, ist we<strong>de</strong>r mit<br />

Krämpfen noch Hirnläsionen verbun<strong>de</strong>n<br />

und hat damit eine gute Prognose. Stadium<br />

III ist das schwerste; <strong>de</strong>r Patient ist komatös,<br />

lei<strong>de</strong>t an einer Dysregulation <strong>de</strong>s<br />

Atemzentrums, selten an Krampfanfällen,<br />

an einem Verlust <strong>de</strong>r archaischen und peripheren<br />

Reflexe, die elektrische Hirnaktivität<br />

ist häufig flach und die Prognose im<br />

Allgemeinen sehr schlecht, was oft zum<br />

Unterbruch <strong>de</strong>r Intensivbehandlung führt,<br />

mit einer Mortalität von über 90% einhergehend.<br />

Man schätzt die Zahl <strong>de</strong>r jährlich in<br />

<strong>de</strong>r Schweiz an einem Stadium Sarnat III<br />

infolge neonataler Asphyxie verstorbenen<br />

Kin<strong>de</strong>r auf ca. 20, wobei genaue Daten je-<br />

ATP + phosphocreatin<br />

Necrose<br />

Primärer<br />

Energie<strong>de</strong>fizit<br />

Therapeutisches<br />

Fenster<br />

Latenzphase<br />

Programmierter Zelltod<br />

Sekundärer<br />

Energie<strong>de</strong>fizit<br />

Hypoxie-<br />

Ischämie<br />

Reperfusion<br />

6 Stun<strong>de</strong>n<br />

Tage….<br />

Schema 1: Pathophysiologische Mechanismen <strong>de</strong>r perinatalen Asphyxie und neuroprotektive Wirkung <strong>de</strong>r Hypothermie. Dieses Schema<br />

illustriert die drei wichtigsten Phasen <strong>de</strong>r sekundären Mechanismen einer schweren Asphyxie: Primäres Energie<strong>de</strong>fizit, Latenzphase und<br />

sekundäres Energie<strong>de</strong>fizit. Das therapeutische Fenster liegt vor Beginn <strong>de</strong>s sekundären Energie<strong>de</strong>fizits.<br />

25


Fortbildung<br />

Vol. 23 Nr. 1 2012<br />

Abbildung 1 (A und B): Die Photos zeigen ein Neugeborenes im Alter von 24 Stun<strong>de</strong>n, unter aktiver Hypothermie, mit angeschlossenem<br />

aEEG-Monitoring. Das Kind ist in eine kühlen<strong>de</strong> Matratze gewickelt; man beachte, dass es lediglich leicht sediert ist und spontan atmet.<br />

doch fehlen. Das Stadium Sarnat II ist am<br />

problematischsten, sowohl diagnostisch<br />

als auch prognostisch. Der Befall ist mittelschwer:<br />

Erhebliche neurologische Befun<strong>de</strong>,<br />

eher hypoton o<strong>de</strong>r gar lethargisch, Tonus<br />

vorwiegend parasympathisch, Pupillen eher<br />

in Miosis, relative Bradycardie, wenig Sekretproduktion<br />

und in <strong>de</strong>n meisten Fällen<br />

elektroenzephalographisch sowie klinisch<br />

feststellbare Krämpfe bei abnormer Grundaktivität<br />

mit alternierend spannungsarmen<br />

Abschnitten; häufig en<strong>de</strong>nd in einem burst<br />

suppression Muster. Die Behandlung mittels<br />

Hypothermie richtet sich vor allem an<br />

diese Patientengruppe, lei<strong>de</strong>n doch ca. 50%<br />

<strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r mit einem Sarnat II langfristig an<br />

mittel bis schweren neurologischen Schä<strong>de</strong>n<br />

vom Typ motorische Zerebralparese,<br />

und/o<strong>de</strong>r Taubheit, und/o<strong>de</strong>r schwerer<br />

Entwicklungsrückstand mit o<strong>de</strong>r ohne Epilepsie,<br />

während 50% keine o<strong>de</strong>r nur leichtere<br />

neurologische Ausfälle aufweisen.<br />

Zur Beurteilung können auch klinische Scores<br />

wie <strong>de</strong>r Thompson Score 14) benutzt<br />

wer<strong>de</strong>n, ihre Validierung ist jedoch noch<br />

ungenügend. Die Langzeitprognose hat sich<br />

dank neuerer Techniken <strong>de</strong>r Bildgebung wie<br />

die Spektroskopie-Magnetresonanz (MRS)<br />

und die Diffusion-gewichtete Bildgebung<br />

(Diffusion-weighted Imaging), die eine frühzeitige<br />

Darstellung <strong>de</strong>r Hirnschä<strong>de</strong>n erlauben,<br />

verbessert, ihre Interpretation verlangt<br />

aber eine grosse Erfahrung und<br />

gehört in die Hän<strong>de</strong> von Experten <strong>de</strong>r Neugeborenenbildgebung<br />

15) .<br />

Evi<strong>de</strong>nz <strong>de</strong>r Hypothermie<br />

In <strong>de</strong>n letzten Jahren wur<strong>de</strong>n Studien zur<br />

mässigen Hypothermie beim Tier und Menschen<br />

durchgeführt 4), 5), 7), 8) . Die neuroprotektive<br />

Wirkung <strong>de</strong>r Hypothermie scheint multipel<br />

zu sein, z. B. Schutz gegen Exzitotoxine,<br />

freie Radikale, vor Krämpfen, vor allem aber<br />

durch Herabsetzung <strong>de</strong>s Hirnmetabolismus<br />

um 5–7% pro 1 °C Hypothermie 12) . Die Hypothermie<br />

stellt im übrigen beim Neugeborenen<br />

eine physiologische Antwort dar, die<br />

durch die Behandlung unterstützt wird.<br />

Es wur<strong>de</strong>n bisher 4 Hauptpunkte erwiesen:<br />

1. Der Behandlungsbeginn (≤ 6 Stun<strong>de</strong>n<br />

nach <strong>de</strong>m primären Ereignis).<br />

2. Dauer <strong>de</strong>r Behandlung (min<strong>de</strong>stens 72 Std.).<br />

3. Tiefe <strong>de</strong>r Hypothermie (33–34 °C rektal).<br />

4. Zielgruppe (Sarnat II und III).<br />

Schliesslich wur<strong>de</strong> nachgewiesen, dass die<br />

allgemeine Ganzkörper-Hypothermie <strong>de</strong>r<br />

lokalen Hirnhypothermie überlegen ist 8) . Die<br />

Studienresultate ergeben eine signifikante<br />

Vermin<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Mortalität sowie eine<br />

Verbesserung <strong>de</strong>r psychomotorischen Entwicklung<br />

bei diesen Patienten im Alter von<br />

18 Monaten. Es müssen im Durchschnitt 6<br />

Behandlungen durchgeführt wer<strong>de</strong>n, um einen<br />

Patienten zu verbessern (number nee<strong>de</strong>d<br />

to treat: 6) 8) . Die aktuellen Empfehlungen<br />

gehen dahin, die Hypothermiebehandlung<br />

bei Patienten mit einer hypoxisch-ischämische<br />

Enzephalopathie (HIE) Sarnat II und III<br />

im Rahmen eines standardisierten Protokolles<br />

auf Intensivpflegestationen Niveau III<br />

gemäss strikten klinischen und elektrophysiologischen<br />

Kriterien und unter Einschluss<br />

einer Langzeitbeobachtung durchzuführen.<br />

Kühlungsmetho<strong>de</strong>n<br />

Drei Phasen <strong>de</strong>r Hypothermietherapie wer<strong>de</strong>n<br />

unterschie<strong>de</strong>n: 1) Erreichen <strong>de</strong>r Zieltemperatur,<br />

2) Erhaltung <strong>de</strong>r Hypothermie<br />

während 72 Stun<strong>de</strong>n und 3) Wie<strong>de</strong>rerwärmung<br />

zur Normothermie während 8 Stun<strong>de</strong>n.<br />

Die i<strong>de</strong>ale Kühlungsmetho<strong>de</strong> sollte<br />

folgen<strong>de</strong> Eigenschaften haben: Die Zieltemperatur<br />

sollte so schnell wie möglich erreicht<br />

wer<strong>de</strong>n können (½ Stun<strong>de</strong>), die Körpertemperatur<br />

sollte während 72 Stun<strong>de</strong>n<br />

im Zielbereich ohne grosse Temperaturschwankungen<br />

erhalten wer<strong>de</strong>n können<br />

und eine langsame Erwärmung (0.2 bis<br />

0.5 °C pro Stun<strong>de</strong>) sollte möglich sein.<br />

Passive Kühlung beinhaltet, dass je<strong>de</strong> zusätzliche<br />

Wärmequelle wie z. B. Inkubatorheizung<br />

ausgeschaltet wird. Aktive Kühlung be<strong>de</strong>utet,<br />

dass eine manuell steuerbare, semi-automatische<br />

o<strong>de</strong>r servo-kontrollierte Kühlungsmetho<strong>de</strong><br />

verwen<strong>de</strong>t wird, um die Zieltemperatur<br />

zu erreichen und zu erhalten. Entwe<strong>de</strong>r wird<br />

eine Matratze o<strong>de</strong>r ein «wrap» verwen<strong>de</strong>t<br />

(Abbildung 1), welche durch zirkulieren<strong>de</strong>s<br />

Wasser gekühlt o<strong>de</strong>r erwärmt wer<strong>de</strong>n können<br />

16) . Servo-kontrollierte Metho<strong>de</strong>n zeigen<br />

eine bessere Kontrolle <strong>de</strong>r Körpertemperatur<br />

als semi-automatische Metho<strong>de</strong>n 17) .<br />

Für die selektive Kopfkühlung wird ein<br />

«cooling cap» verwen<strong>de</strong>t 7) ; diese Metho<strong>de</strong><br />

26


Vol. 23 Nr. 1 2012<br />

Fortbildung<br />

Abbildung 2: Karte <strong>de</strong>r Schweiz mit <strong>de</strong>n 9 Zentren mit Niveau III, welche die Hypothermietherapie<br />

beim Neugeborenen im Rahmen <strong>de</strong>s nationalen Registers durchführen.<br />

<strong>de</strong>r Kühlung ist sehr aufwendig. Wichtig ist,<br />

während je<strong>de</strong>r Phase <strong>de</strong>r Kühlung, die rektale<br />

Körpertemperatur kontinuierlich zu<br />

messen, um eine Unterkühlung zu vermei<strong>de</strong>n<br />

und während <strong>de</strong>r Erwärmungsphase<br />

eine Überwärmung zu vermei<strong>de</strong>n.<br />

«National cooling and asphyxia<br />

register»<br />

Obwohl genügend Evi<strong>de</strong>nz vorliegt, dass die<br />

Hypothermietherapie neuroprotektiv ist,<br />

sind die Langzeiteffekte dieser Metho<strong>de</strong><br />

noch nicht bekannt. Deshalb sollten alle<br />

Kin<strong>de</strong>r gemäss einem standardisierten Protokoll<br />

gekühlt und monitorisiert wer<strong>de</strong>n und<br />

in einem nationalen Register erfasst wer<strong>de</strong>n,<br />

sodass eine Qualitätskontrolle durchgeführt<br />

wer<strong>de</strong>n kann und adverse events<br />

und Langzeitverläufe erfasst wer<strong>de</strong>n können.<br />

Seit <strong>de</strong>m Frühjahr 2011 existiert in <strong>de</strong>r<br />

Schweiz ein solches «National cooling and<br />

asphyxia register». Ein Ziel dieses Registers<br />

ist es, alle asphyktischen Termingeborenen,<br />

gekühlt o<strong>de</strong>r nicht gekühlt, welche in<br />

<strong>de</strong>n tertiären neonatologischen Abteilungen<br />

<strong>de</strong>s Swiss Neonatal Network (siehe<br />

Abbildung 2) betreut wur<strong>de</strong>n, zu erfassen<br />

Abbildung 3 (A und B): Klassisches MRI eines Neugeborenen mit einer mittelschweren Enzephalopathie,<br />

80 Stun<strong>de</strong>n nach <strong>de</strong>m asphyktischen Ereignis. Diffusionsbil<strong>de</strong>r mit hyperintensen<br />

Zonen: Motorischer Kortex beidseits (A), Pallidum, Thalamus und Corpus callosum<br />

(B), die im Alter von 10 Tagen mit <strong>de</strong>r konventionellen Technik bestätigt wur<strong>de</strong>n. Das Kind<br />

lei<strong>de</strong>t im Alter von 3½ Jahren an einer schweren spastischen Cerebralparese. Das Kind<br />

wur<strong>de</strong> vor Einführung <strong>de</strong>r Hypothermiebehandlung geboren.<br />

und langzeit zu verfolgen. Ein Hypothermieprotokoll,<br />

Elterninformationsblätter und<br />

Datenerfassungsblätter wur<strong>de</strong>n verfasst<br />

und sind online erhältlich (http://www.neonet.unibe.ch/forms_full_asp.html).<br />

Termingeborene<br />

und «near term infants», welche<br />

weniger als 6 Stun<strong>de</strong>n alt sind und<br />

welche Behandlungskriterien (A und B) erfüllen,<br />

sollten für eine Hypothermiebehandlung<br />

beurteilt wer<strong>de</strong>n.<br />

A. Neugeborene ≥ 36 SSW, welche auf einer<br />

neonatologischen Abteilung aufgenommen<br />

wur<strong>de</strong>n und min<strong>de</strong>stens 2 <strong>de</strong>r<br />

folgen<strong>de</strong>n Kriterien erfüllen:<br />

1. Apgar ≤ 5 um (5)10 Minuten.<br />

2. Reanimationsmassnahmen im Alter<br />

von 10 Minuten nach Geburt: Intubation-<br />

o<strong>de</strong>r Maskenbeatmung (Zeichen<br />

einer sekundärer Apnoe).<br />

3. Azidose innert 60 Minuten nach Geburt<br />

<strong>de</strong>finiert als Nabelschnurblut-pH,<br />

arterieller o<strong>de</strong>r kapillärer pH < 7.00.<br />

4. Basen<strong>de</strong>fizit ≥ 16 mmol/l im Nabelschnurblut<br />

o<strong>de</strong>r in arteriellem, venösem<br />

o<strong>de</strong>r kapillärem Blut innert <strong>de</strong>n<br />

ersten 60 Minuten nach Geburt.<br />

5. Laktat ≥ 12 mmol/l im Nabelschnurblut<br />

o<strong>de</strong>r in arteriellem, venösem<br />

o<strong>de</strong>r kapillärem Blut innert <strong>de</strong>n ersten<br />

60 Minuten nach Geburt.<br />

B. Krampfanfälle o<strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rate/schwere<br />

Enzephalopathie <strong>de</strong>finiert als Sarnat (Stadium<br />

II o<strong>de</strong>r III) o<strong>de</strong>r Thompson Score ≥ 7.<br />

Neugeborene, welche diese Kriterien erfüllen,<br />

sollten nach Absprache mit diesem in<br />

ein tertiäres neonatologisches Zentrum<br />

verlegt wer<strong>de</strong>n zur weiteren Hypothermiebehandlung.<br />

Wichtig ist auch, dass die Hypothermie<br />

so schnell wie möglich begonnen<br />

wird, und <strong>de</strong>shalb ab Entschluss eines<br />

Transfers, eine passive Kühlung vor Ort initiiert<br />

wer<strong>de</strong>n soll unter kontinuierlicher<br />

Temperaturmonitorisierung (siehe Website).<br />

Während <strong>de</strong>r Hypothermiebehandlung und<br />

<strong>de</strong>r Aufwärmungsperio<strong>de</strong> sollte bei Termingeborenen<br />

und «near term infants» die<br />

Hirnfunktion monitorisiert wer<strong>de</strong>n. Das<br />

Hypothermieprotokoll schlägt eine Monitorisierung<br />

mittels kontinuierlichem Amplitu<strong>de</strong><br />

integriertem EEG (aEEG; Abbildung 1)<br />

vor, sowie regelmässige Schä<strong>de</strong>lsonographie-Kontrollen,<br />

neurologische Untersuchungen<br />

und ein formales EEG. Im Alter von<br />

5-14 Tage sollte ein MRI durchgeführt wer<strong>de</strong>n,<br />

um das Ausmass <strong>de</strong>r Hirnläsionen zu<br />

dokumentieren (Abbildung 3).<br />

27


Fortbildung<br />

Vol. 23 Nr. 1 2012<br />

Eine Registerkoordinatorin wird in regelmässigen<br />

Abstän<strong>de</strong>n Dateneingabe und <strong>de</strong>ren<br />

Vollständigkeit prüfen sowie das Follow-up<br />

koordinieren helfen.<br />

Zusammenfassung<br />

Zusammenfassend kann gesagt wer<strong>de</strong>n,<br />

dass die Einführung <strong>de</strong>r Hypothermiebehandlung<br />

für Kin<strong>de</strong>r mit einer HIE neue<br />

Hoffnungen weckt. Die Hypothermiebehandlung<br />

soll jedoch innerhalb von 6 Stun<strong>de</strong>n<br />

nach <strong>de</strong>m asphyktischen Ereignis begonnen<br />

wer<strong>de</strong>n, es ist <strong>de</strong>shalb wesentlich, dass die<br />

entsprechen<strong>de</strong>n Patienten innerhalb dieses<br />

Zeitabschnittes an ein Neonatologiezentrum<br />

Niveau III zugewiesen wer<strong>de</strong>n. Die Einführung<br />

eines nationalen Asphyxieregisters erlaubt<br />

es, kurz- und langfristige Nebenwirkungen,<br />

sowie auch schweizweit genauere<br />

epi<strong>de</strong>miologische Daten, die bisher weitgehend<br />

fehlen, zu erfassen.<br />

Diese Therapie kann nur im Zusammenhang<br />

mit einer guten Antizipation geburtshilflicher<br />

Komplikationen und einer optimalen neonatalen<br />

Reanimation betrachtet wer<strong>de</strong>n. Eine<br />

gründliche Ausbildung in neonataler Reanimation<br />

aller Ärzte, die Neugeborene betreuen,<br />

muss <strong>de</strong>shalb ein gesundheitspolitisches<br />

Ziel sein.<br />

their Relevance to Perinatal Brain Damage. In «Perinatal<br />

Brain Damage: from Pathogenesis to Neuroprotection»,<br />

chapter 3, Eds: L. A. Ramenghi, P.<br />

Evrard and E. Mercuri. Mariani Foundation Paediatric<br />

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Semin Fetal Neonatal Med. 2010; 15 (5): 276–86.<br />

17) Strohm B, Azzopardi D; UK TOBY Cooling Register<br />

Study Group. Temperature control during therapeutic<br />

mo<strong>de</strong>rate whole-body hypothermia for neonatal<br />

encephalopathy. Arch Dis Child Fetal Neonatal<br />

Ed. 2010; 95 (5): F 373–5.<br />

Referenzen<br />

1) García-Alix A, Martínez-Biarge M, Diez J, Gayá F.<br />

Neonatal hypoxic-ischemic encephalopathy: Inci<strong>de</strong>nce<br />

and prevalence in the first <strong>de</strong>ca<strong>de</strong> of the 21st<br />

century. An Pediatr. 2009; 71 (4): 319–26.<br />

2) Volpe JJ. Perinatal brain injury: from pathogenesis<br />

to neuroprotection. Ment Retard Dev Disabil Res<br />

Rev. 2001; 7 (1): 56–64.<br />

3) Perlman JM. Intervention strategies for neonatal<br />

hypoxic-ischemic cerebral injury. Clin Ther. 2006;<br />

28 (9): 1353–65.<br />

4) Shankaran S, Laptook AR, Ehrenkranz RA et al.<br />

Whole-Body Hypothermia for Neonates with Hypoxic–Ischemic<br />

Encephalopathy. N Engl J Med 2005;<br />

353: 1574–84.<br />

5) Azzopardi DV, Strohm B, Edwards AD et al; the<br />

TOBY study group. Mo<strong>de</strong>rate Hypothermia to Treat<br />

Perinatal Asphyxial Encephalopathy. N Engl J Med<br />

2009; 361: 1349–58.<br />

6) Shankaran Seetha. Neonatal encephalopathy:<br />

treatment with hypothermia. Journal of neurotrauma<br />

2009; 26: 437–43.<br />

7) Gluckman PD, Wyatt JS, Azzopardi D, Ballard R, and<br />

the cool cap trial group. Selective head cooling with<br />

mild systemic hypothermia after neonatal encephalopathy:<br />

multicentre randomised trial. Lancet.<br />

2005 Feb 19–25; 365 (9460): 663–70.<br />

8) Jacobs SE, Hunt R, Tarnow-Mordi WO, In<strong>de</strong>r TE,<br />

Davis PG. Cooling for newborns with hypoxic ischaemic<br />

encephalopathy. Cochrane Database of Systematic<br />

Reviews 2007, Issue 4. Art. No.: CD003311.<br />

9) Clarke PGH, Puyal J., Vaslin A., Ginet V., Truttmann<br />

A. C. Multiple Types of Programmed Cell Death and<br />

Korrespon<strong>de</strong>nzadresse<br />

Dr. med. Anita C. Truttmann PD<br />

anita.truttmann@chuv.ch<br />

Dr. med. Cornelia Hagmann PhD<br />

cornelia.hagmann@usz.ch<br />

28


Vol. 23 Nr. 1 2012<br />

Hinweise<br />

För<strong>de</strong>rpreis <strong>de</strong>r<br />

Schweizerischen<br />

Gesellschaft für<br />

Neonatologie<br />

Thomas M. Berger, Luzern<br />

Dieser För<strong>de</strong>rpreis wird einer Forscherin/Klinikerin<br />

o<strong>de</strong>r einem Forscher/Kliniker verliehen,<br />

die o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r eine hervorragen<strong>de</strong> wissenschaftliche<br />

Arbeit auf <strong>de</strong>m Gebiet <strong>de</strong>r<br />

Neonatologie verfasst hat und einen Studienaufenthalt<br />

im In- o<strong>de</strong>r Ausland plant. Der För<strong>de</strong>rpreis<br />

im Werte von Fr. 10 000.– wird von<br />

<strong>de</strong>r Firma Milupa SA Schweiz gestiftet und<br />

soll ein Beitrag an die Reise- und Lebenskosten<br />

während <strong>de</strong>s Studienaufenthaltes sein.<br />

Die Kandidatinnen und Kandidaten reichen<br />

einen Plan für einen Forschungsaufenthalt<br />

ein. Dieser Plan soll enthalten:<br />

• Ziel <strong>de</strong>s Studienaufenthaltes<br />

• Curriculum vitae<br />

• Bereits erbrachte Vorleistungen (min<strong>de</strong>stens<br />

eine relevante Arbeit in einem peer<br />

reviewed journal zum Druck angenommen)<br />

• Bestätigung <strong>de</strong>r Gastinstitution, in <strong>de</strong>r<br />

Unterstützung und Benützung <strong>de</strong>r Infrastruktur<br />

zugesagt wer<strong>de</strong>n<br />

Das Preisreglement kann beim Präsi<strong>de</strong>nten<br />

<strong>de</strong>r Schweizerischen Gesellschaft für Neonatologie<br />

angefor<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n. Diesem soll<br />

<strong>de</strong>r Forschungsplan samt Beilagen bis am<br />

1. Mai 2012 als PDF eingesandt wer<strong>de</strong>n<br />

(thomas.berger@luks.ch). Die Preisverleihung<br />

fin<strong>de</strong>t anlässlich <strong>de</strong>r Jahresversammlung<br />

<strong>de</strong>r Schweizerischen Gesellschaft für<br />

Pädiatrie am 31. Mai und 1. Juni 2012 in<br />

Luzern statt.<br />

Kin<strong>de</strong>rärzte Schweiz<br />

Rolf Temperli, Liebefeld<br />

Der neue Name ging aus einem I<strong>de</strong>enwettbewerb<br />

unter <strong>de</strong>n Mitglie<strong>de</strong>rn hervor und<br />

wur<strong>de</strong> an <strong>de</strong>r letzten Mitglie<strong>de</strong>rversammlung<br />

mit überwältigen<strong>de</strong>m Mehr und grosser<br />

Freu<strong>de</strong> gutgeheissen. An an<strong>de</strong>rer<br />

Stelle hat <strong>de</strong>r neue Name aber auch zu Irritationen<br />

geführt, so zum Beispiel im Verband<br />

<strong>de</strong>r Hausärzte MFE, welcher <strong>de</strong>n Anspruch<br />

erhebt, die in <strong>de</strong>r Grundversorgung<br />

tätigen Kin<strong>de</strong>rärzte zu vertreten (was er<br />

auch tut, wenn sich die Kin<strong>de</strong>rärzte im<br />

Verband eingeben). Zu rechnen war auch<br />

mit kritischen Stimmen aus <strong>de</strong>n Reihen <strong>de</strong>r<br />

SSP Société Suisse <strong>de</strong> Pédiatrie, vor allem<br />

aus <strong>de</strong>r Romandie.<br />

Der Namenswechsel wur<strong>de</strong> vor zwei Jahren<br />

in die Wege geleitet. Grund dafür war die<br />

Erkenntnis, dass «Foren» wie Pilze aus <strong>de</strong>m<br />

Bo<strong>de</strong>n schiessen und sich das «Forum Praxispädiatrie»<br />

ausserhalb <strong>de</strong>r Welt <strong>de</strong>r Pädiatrie<br />

kaum Gehör verschaffen konnte. Der<br />

Name war <strong>de</strong>n Politikern und Medien zu<br />

unverbindlich. Wir besannen uns zurück auf<br />

das, was wir sind: Kin<strong>de</strong>rärzte und Jugendärzte.<br />

Was lag also näher, als uns auch so<br />

zu nennen? Dies kommt auch <strong>de</strong>n Vorstellungen<br />

<strong>de</strong>r Bevölkerung entgegen, versteht<br />

sie doch unter «mein/unser Kin<strong>de</strong>rarzt»<br />

<strong>de</strong>n praktizieren<strong>de</strong>n Pädiater. Wir erachten<br />

es als sehr wichtig, dass das Wort «Kin<strong>de</strong>rarzt»<br />

nicht aus <strong>de</strong>r Welt verschwin<strong>de</strong>t, so<br />

wenig wie <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rarzt selbst.<br />

Je<strong>de</strong>r Namenswechsel bringt auch Nachteile<br />

mit sich. So lässt sich <strong>de</strong>r neue Name<br />

nicht mehr so gut aussprechen wie <strong>de</strong>r alte,<br />

insbeson<strong>de</strong>re nicht auf französisch. Interessierte<br />

Kolleginnen und Kollegen la<strong>de</strong>n wir<br />

gerne dazu ein, sich einen passen<strong>de</strong>n neuen<br />

Namen in ihrer Sprache auszu<strong>de</strong>nken.<br />

Die Ziele <strong>de</strong>s Verban<strong>de</strong>s bleiben auch mit<br />

neuem Namen unverän<strong>de</strong>rt: Wir vertreten<br />

diejenigen, welche die Bevölkerung mit <strong>de</strong>r<br />

Bezeichnung «Kin<strong>de</strong>rarzt» meint, nämlich<br />

die praktizieren<strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rärzte. Und wir<br />

bieten Fortbildungen nach <strong>de</strong>ren Wünschen<br />

an, von Kin<strong>de</strong>rärzten für Kin<strong>de</strong>rärzte. Einer<br />

optimalen Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>r SGP/<br />

SSP steht damit weiterhin nichts im Wege.<br />

Korrespon<strong>de</strong>nzadresse<br />

Kin<strong>de</strong>rärzte Schweiz<br />

(Berufsverband Kin<strong>de</strong>r- und Jugendärzte<br />

in <strong>de</strong>r Praxis)<br />

Hr. Simon Hubacher<br />

Generalsekretariat<br />

Ba<strong>de</strong>nerstrasse 21<br />

8004 Zürich<br />

Tel. +41 (0)44 520 27 17 (Mo–Do)<br />

Fax +41 (0)43 317 93 64<br />

Mobile +41 (0)79 355 67 52<br />

simon.hubacher@kin<strong>de</strong>raerzteschweiz.ch<br />

www.kin<strong>de</strong>raerzteschweiz.ch<br />

Korrespon<strong>de</strong>nzadresse<br />

Dr. med. Thomas M. Berger<br />

Präsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>r Schweizerischen<br />

Gesellschaft für Neonatologie<br />

Facharzt FMH für Pädiatrie<br />

Kin<strong>de</strong>rspital, 6000 Luzern 16<br />

Preis PIA-CH 2012<br />

Die Vereinigung <strong>de</strong>r Schweizer Pädiatrischen Immunologen und Allergologen (PIA-CH)<br />

vergibt ein jährliches Reisestipendium zur Teilnahme an einem <strong>de</strong>r europäischen<br />

EAACI Kongresse an junge Kin<strong>de</strong>rärzte in Allergologie- o<strong>de</strong>r Immunologie-Ausbildung.<br />

Informationen und Einsendung <strong>de</strong>r Kandidaturen bis zum 31. März 2012<br />

z. H. Dr. A. Regamey, Vorstand PIA-CH, Vergers <strong>de</strong> la Gottaz 19, 1110 Morges,<br />

alain.regamey@bluewin.ch<br />

29


Aktuelles aus <strong>de</strong>m pädiatrischen Fachbereich<br />

Vol. 23 Nr. 1 2012<br />

Neonatologie<br />

Thomas M. Berger, Luzern, und Riccardo Pfister, Genf<br />

Fachorganisation<br />

Schweizerische Gesellschaft für Neonatologie<br />

Vorstand<br />

Aktueller Präsi<strong>de</strong>nt<br />

Riccardo E. Pfister, Genf<br />

Designierter Präsi<strong>de</strong>nt<br />

Matthias Roth-Kleiner, Lausanne<br />

Gewesener Präsi<strong>de</strong>nt<br />

Thomas M. Berger, Luzern<br />

Quästor<br />

Andreas Malzacher, St. Gallen<br />

Romaine Arlettaz<br />

Mathias Nelle<br />

Sven Schulzke<br />

Mitglie<strong>de</strong>r<br />

Or<strong>de</strong>ntliche (Titelträger FMH Pädiatrie): 232<br />

Kollektivmitgliedschaften: 6<br />

Ehrenmitglie<strong>de</strong>r: 2<br />

Homepage<br />

www.neonet.ch<br />

Webmaster: Thomas M. Berger.<br />

Enthält folgen<strong>de</strong> Rubriken: About us, Neonatal<br />

Network, Case of the Month, Recommendations,<br />

Education, Contact. Seit<br />

Oktober 2000 wur<strong>de</strong>n über 135 neonatologische<br />

Fallberichte publiziert. Interessierte<br />

Personen können kostenlos einen Newsletter<br />

abonnieren, in welchem unter an<strong>de</strong>rem<br />

regelmässig auf neu publizierte Cases of<br />

the Month hingewiesen wird.<br />

Facharztprüfung<br />

Sanktionierend seit 1.1.2003<br />

Nächste Prüfung<br />

September 2012 in Basel<br />

(Organisation: Dr. med. R. Glanzmann).<br />

Details zur Prüfungsanmeldung unter<br />

www.neonet.ch: education.<br />

Neue Empfehlungen seit 2009<br />

(siehe www.neonet.ch: recommendations).<br />

Durch Schweizerische Gesellschaft für<br />

Neonatologie initiiert<br />

• 2011: Perinatal care at the limit of<br />

viability between 22 and 26 completed<br />

weeks of gestation in Switzerland<br />

– 2011 Revision of the Swiss<br />

recommendations<br />

T. M. Berger, V. Bernet, S. El Alama, J.-C.<br />

Fauchère, I. Hösli, O. Irion, C. Kind, B.<br />

Latal, M. Nelle, R. E. Pfister, D. Surbek,<br />

A. C. Truttmann, J. Wisser, R. Zimmermann.<br />

Von <strong>de</strong>r Schweizerischen Gesellschaft<br />

für Neonatologie unterstützt<br />

• 2010: Recommendations for the<br />

organization and operation of human<br />

milk banking in Switzerland<br />

K. Frischknecht, C. Wälchli, V. Annen,<br />

T. Fuhrer, P. Gianoli, M. Stocker.<br />

• 2009: HIV, pregnancy and <strong>de</strong>livery.<br />

An update of the recommendations<br />

for the prevention of vertical HIV<br />

transmission<br />

Fachkommission Klinik und Therapie<br />

HIV/AIDS.<br />

• 2009: Recommendations for the<br />

immunization of preterm infants<br />

Bun<strong>de</strong>samt für Gesundheit (BAG), Eidgenössische<br />

Kommission für Impffragen<br />

(EKIF), Schweizerische Gesellschaft für<br />

Neonatologie (SGN), Schweizerische Gesellschaft<br />

für Pädiatrie (SGP).<br />

Nationale Fortbildungsveranstaltungen<br />

31.3.2009, Bern (Organisatoren: R. E. Pfister,<br />

T. M. Berger, J. McDougall, M. Nelle).<br />

Thema: Iatrogenität in <strong>de</strong>r Neonatologie.<br />

19.1.2010, Bern (Organisatoren: R. E. Pfister,<br />

T. M. Berger, H. U. Bucher, J. McDougall,<br />

M. Nelle). Thema: Intrauterine Wachstumsrestriktion.<br />

17.1.2011, Aarau (Organisatoren: R. E. Pfister,<br />

T. M. Berger, M. Roth-Kleiner, A. Truttmann,<br />

G. Zeilinger).<br />

Thema: Bildgebung in <strong>de</strong>r Neonatologie.<br />

Versorgungsstufen<br />

Eine von <strong>de</strong>r SGN eingesetzte Kommission<br />

(CANU: Commission for the Accreditation<br />

of Neonatal Units) hat Daten gesammelt<br />

und eine provisorische Einteilung <strong>de</strong>r Neonatologie-Abteilungen<br />

in <strong>de</strong>r Schweiz vorgenommen<br />

(Level III abgeschlossen, Level<br />

II noch in Arbeit). Ziel ist es, die hohe Qualität<br />

<strong>de</strong>r neonatologischen Versorgung in<br />

<strong>de</strong>r Schweiz auch in Zukunft zu garantieren,<br />

in<strong>de</strong>m die Voraussetzungen für eine<br />

flächen<strong>de</strong>cken<strong>de</strong> Versorgung von Frühgeborenen<br />

und kranken Termingeborenen<br />

festgehalten wer<strong>de</strong>n (Strukturmerkmale,<br />

Prozess- und Ergebnisqualitätsmerkmale).<br />

Die Schweizerische Gesellschaft für Intensivmedizin<br />

anerkennt rein neonatologische<br />

Intensivstationen als ausseror<strong>de</strong>ntliche Intensivstationen.<br />

Versorgungsengpässe<br />

Die Neonatologiestationen in <strong>de</strong>r Schweiz<br />

sehen sich weiterhin mit Kapazitätsengpässen<br />

konfrontiert. Die Bettenauslastung<br />

in vielen Abteilungen liegt weit über 90%,<br />

was für <strong>de</strong>n Betrieb einer Intensivstation<br />

ausseror<strong>de</strong>ntlich hoch ist und immer wie<strong>de</strong>r<br />

dazu führt, dass akute Engpässe auftreten.<br />

In solchen Situationen müssen<br />

Kompromisse eingegangen und Verlegungsmöglichkeiten<br />

überprüft wer<strong>de</strong>n. Zu<br />

diesem Zweck betreibt die SGN seit über<br />

15 Jahren ein internetbasiertes Auskunftssystem<br />

(neu auf <strong>de</strong>r Homepage <strong>de</strong>r SGN),<br />

das in erster Linie dazu dient, pränatale<br />

Verlegungen von Risikoschwangeren an<br />

Zentren zu organisieren, die noch über<br />

freie Kapazitäten verfügen. Erst in zweiter<br />

Linie und wenn medizinisch verantwortbar,<br />

wer<strong>de</strong>n auch kranke Neugeboren postnatal<br />

verlegt. Die knappe Bettenzahl wird in<br />

<strong>de</strong>n letzten Jahren noch weiter durch die<br />

Tatsache verschärft, dass es zunehmend<br />

schwieriger wird, qualifiziertes Pflegepersonal<br />

zu rekrutieren, sodass häufig weniger<br />

Betten betrieben wer<strong>de</strong>n können als<br />

effektiv vorhan<strong>de</strong>n sind. Der Aus- und<br />

Weiterbildung von qualifiziertem Neonatologie-Pflegepersonal<br />

muss in <strong>de</strong>r Schweiz<br />

allerhöchste Priorität gegeben wer<strong>de</strong>n.<br />

Die SGN setzt alles daran, dieses Anliegen<br />

in die Diskussionen um die Reformen in<br />

<strong>de</strong>r Pflegeausbildung (Nachdiplomstudium,<br />

Nachdiplomkurse) einzubringen und<br />

die relevanten Fachorganisationen und<br />

politischen Instanzen darauf aufmerksam<br />

zu machen.<br />

30


Vol. 23 Nr. 1 2012<br />

Aktuelles aus <strong>de</strong>m pädiatrischen Fachbereich<br />

Pädiatrische Pneumologie<br />

Alexan<strong>de</strong>r Möller, Zürich<br />

Fachorganisation<br />

Schweizerische Gesellschaft für Pädiatrische<br />

Pneumologie<br />

Vorstand<br />

Präsi<strong>de</strong>nt<br />

Alexan<strong>de</strong>r Möller, Zürich<br />

Vizepräsi<strong>de</strong>ntin<br />

Daniela Stefanutti, La Chaux-<strong>de</strong>-Fonds<br />

Pastpräsi<strong>de</strong>nt<br />

Peter Eng, Aarau<br />

Sekretär<br />

Jürg Barben, St. Gallen<br />

Kassier<br />

Gau<strong>de</strong>nz Hafen, Lausanne<br />

Sekretariat<br />

PD Dr. med. J. Barben<br />

Leiten<strong>de</strong>r Arzt Pneumologie/Allergologie<br />

Ostschweizer Kin<strong>de</strong>rspital<br />

9006 St. Gallen<br />

Homepage<br />

www.kin<strong>de</strong>rlunge.ch<br />

Anzahl Titelträger<br />

34<br />

Anzahl Mitglie<strong>de</strong>r SGPP<br />

77<br />

Facharztprüfung 2011<br />

kein Kandidat 2011<br />

Hauptaktivitäten 2011<br />

Es wur<strong>de</strong>n erfolgreich Verhandlungen über<br />

das WZW-Verfahren mit <strong>de</strong>r Santé<strong>suisse</strong><br />

geführt, welche zur Anerkennung <strong>de</strong>s<br />

Schwerpunkts pädiatrische Pneumologie<br />

geführt haben. Dies be<strong>de</strong>utet, dass nun<br />

endlich anerkannt wird, dass die Schwerpunktsträger,<br />

die selbe quantitative und<br />

qualitative Dignität, wie die Träger <strong>de</strong>s FMH-<br />

Titels haben und entsprechend die Berechnungsgrundlage<br />

für das WZW-Verfahren <strong>de</strong>r<br />

in <strong>de</strong>r Praxis tätigen pädiatrischen Pneumologen<br />

in <strong>de</strong>r Schweiz korrigiert wird.<br />

Nach einer 4-jährigen Planungs- und Vorbereitungsphase<br />

wur<strong>de</strong> am 1.1.2011 die<br />

Pilotphase <strong>de</strong>s Neugeborenenscreenings<br />

für Cystische Fibrose erfolgreich gestartet.<br />

Das Pilotprojekt ist so angelegt, dass die<br />

Cut-off-Werte <strong>de</strong>r Messungen <strong>de</strong>s immunreaktiven<br />

Trypsinogens (IRT) je<strong>de</strong>rzeit angepasst<br />

wer<strong>de</strong>n können. Ziel eines je<strong>de</strong>n<br />

Screenings ist es, die Zahl <strong>de</strong>r falsch positiven<br />

Resultate klein zu halten und falsch<br />

negative zu vermei<strong>de</strong>n sowie die Zahl <strong>de</strong>r<br />

weitergehen<strong>de</strong>n Untersuchungen zu minimieren.<br />

Zusätzlich wer<strong>de</strong>n die gesamten<br />

Abläufe <strong>de</strong>s Screenings von <strong>de</strong>r ersten Information<br />

über das NGS bis zur Konsultation<br />

im CF-Zentrum bei positivem Screeningtest<br />

evaluiert.<br />

Im Dezember 2011 wur<strong>de</strong> die Schweizerische<br />

Arbeitsgruppe für pädiatrische Schlafmedizin<br />

und Schlafforschung (SAPPS) ins<br />

Leben gerufen. Ziele dieser Gruppe sind <strong>de</strong>r<br />

Austausch zwischen <strong>de</strong>n Kliniken/Zentren<br />

in welchen Schlafuntersuchungen bei Kin<strong>de</strong>rn<br />

und Säuglingen durchgeführt wer<strong>de</strong>n,<br />

eine bessere Visibilität <strong>de</strong>r pädiatrischen<br />

Schlafmedizin in <strong>de</strong>r Schweiz sowie die Einbindung<br />

<strong>de</strong>r pädiatrischen Schlafmedizin in<br />

die SGSSC. Sie soll ein Forum bieten für<br />

Qualitätssicherung aber auch Fortbildung.<br />

Ansprechperson ist PD Dr. Alexan<strong>de</strong>r Möller<br />

alexan<strong>de</strong>r.moeller@kispi.uzh.ch<br />

Korrespon<strong>de</strong>nzadresse<br />

PD Dr. med. A. Möller<br />

Leiter Pneumologie<br />

Kin<strong>de</strong>rspital Zürich<br />

Steinwiesstrasse 75<br />

CH-8032 Zürich<br />

alexan<strong>de</strong>r.moeller@kispi.uzh.ch<br />

31


Aktuelles aus <strong>de</strong>m pädiatrischen Fachbereich<br />

Vol. 23 Nr. 1 2012<br />

Pädiatrische Endokrinologie/Diabetologie<br />

Urs Zumsteg, Basel<br />

Fachorganisation<br />

Schweizerische Gesellschaft für Pädiatrische<br />

Endokrinologie und Diabetologie<br />

(SGPED/SSEDP)<br />

Präsi<strong>de</strong>nt 2012<br />

Urs Zumsteg, UKBB Basel<br />

Internet<br />

www.swiss-paediatrics.org<br />

www.SGEDSSED.ch<br />

Anzahl Titelträger<br />

38<br />

Facharztprüfung<br />

sanktionierend seit 1.1.2005<br />

• Beitrittsbedingungen<br />

Facharzt für Kin<strong>de</strong>r- und Jugendmedizin<br />

sowie Schwerpunkttitel Pädiatrische Endokrinologie/Diabetologie<br />

(o<strong>de</strong>r einen<br />

äquivalenten Titel) sowie Wissenschafter<br />

mit nichtmedizinischer Ausbildung, die<br />

im Arbeitsgebiet <strong>de</strong>r Pädiatrischen Endokrinologie/Diabetologie<br />

aktiv sind.<br />

• Facharztprüfung<br />

1-mal jährlich in einer <strong>de</strong>r Zentrumskliniken<br />

mit schriftlichem Anteil (90 MC-Fragen)<br />

sowie Fallbesprechung/Kolloquium<br />

anhand von Zuweisungsschreiben und<br />

Patientenbil<strong>de</strong>rn.<br />

Hauptaktivitäten 2012<br />

Die Fachgesellschaft befasst sich mit sämtlichen<br />

Hormonkrankheiten inkl. Diabetes<br />

mellitus bei Kin<strong>de</strong>rn und Jugendlichen.<br />

Neben Dienstleistung, Lehre und Forschung<br />

in diesem Bereich wer<strong>de</strong>n wir im<br />

laufen<strong>de</strong>n Jahr die Erstellung von Patientenregistern<br />

für die häufigsten Diagnosen angehen.<br />

Dazu gehören Kin<strong>de</strong>r mit Kleinwuchs<br />

und Wachstumshormonbehandlung,<br />

Kin<strong>de</strong>r mit kongenitaler Hypothyreose, mit<br />

monogenem Diabetes mellitus sowie Adrenogenitalem<br />

Syndrom (AGS) und Störungen<br />

<strong>de</strong>r Geschlechtsdifferenzierung. An <strong>de</strong>r<br />

Jahresversammlung im Januar in Lausanne<br />

war ein Schwerpunkt die Transitionsmedizin,<br />

insbeson<strong>de</strong>re bei Patientinnen und<br />

Patienten mit Diabetes mellitus sowie bei<br />

Turner-Patientinnen. Im Weiteren wur<strong>de</strong> ein<br />

europäisches Forschungsprojekt zum Thema<br />

Pubertas tarda/Kallmann-Syndrom<br />

präsentiert. In <strong>de</strong>r Klinik ist die fortlaufen<strong>de</strong><br />

Kontrolle und Evaluation <strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>nen<br />

Wachstumshormon-Indikationen weiterhin<br />

ein zentrales Thema, ebenso <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r<br />

Häufigkeit weiterhin zunehmen<strong>de</strong> Diabetes<br />

mellitus mit <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen Formen <strong>de</strong>r<br />

intensivierten Insulintherapie sowie zunehmend<br />

auch <strong>de</strong>r kontinuierlichen Messung<br />

von Blutzuckerprofilen. Diese mo<strong>de</strong>rnen<br />

Technologien müssen in ihrer Konsequenz<br />

für die Führung und Betreuung von Patienten<br />

evaluiert wer<strong>de</strong>n. Die meisten Mitglie<strong>de</strong>r<br />

sind national und international in <strong>de</strong>r<br />

Weiter- und Fortbildung im Fachgebiet aktiv<br />

involviert, bzgl. Therapierichtlinien hält man<br />

sich an die Gui<strong>de</strong>lines <strong>de</strong>r internationalen<br />

Fachgesellschaften ESPE (European Society<br />

for Pediatric Endocrinology and Diabetology)<br />

und ISPAD (International Society for<br />

Pediatric and Adolescent Diabetes) sowie<br />

diejenigen <strong>de</strong>r amerikanischen Fachgesellschaften<br />

Endocrine Society und American<br />

Diabetes Association.<br />

Korrespon<strong>de</strong>nzadresse<br />

Prof. Dr. Urs Zumsteg<br />

Leiten<strong>de</strong>r Arzt Endokrinologie/Diabetologie<br />

Universitäts-Kin<strong>de</strong>rspital bei<strong>de</strong>r Basel (UKBB)<br />

Spitalstrasse 33<br />

Postfach<br />

CH-4031 Basel<br />

urs.zumsteg@ukbb.ch<br />

32


Vol. 23 Nr. 1 2012<br />

Aktuelles aus <strong>de</strong>m pädiatrischen Fachbereich<br />

Neuropädiatrie<br />

Andrea Capone Mori, Aarau<br />

Pädiatrische Gastroenterologie<br />

Andreas Ny<strong>de</strong>gger, Lausanne<br />

Fachorganisation<br />

Schweizerische Gesellschaft für Neuropädiatrie<br />

(SGNP)<br />

Präsi<strong>de</strong>ntin 2011<br />

Andrea Capone Mori<br />

Homepage<br />

www.neuropaediatrie.ch<br />

Anzahl Titelträger<br />

62<br />

Facharztprüfungen<br />

4 Kandiaten haben die Facharztprüfung<br />

erfolgreich bestan<strong>de</strong>n<br />

Informationen 2011<br />

Im Juli 2011 ist Hansruedi Hirt im Alter von<br />

87 Jahren verstorben. Hansruedi Hirt war<br />

während vieler Jahre Leiter <strong>de</strong>r Abteilung<br />

Neuropädiatrie am Universitätskin<strong>de</strong>rspital<br />

Basel. Er ging 1988 in <strong>de</strong>n Ruhestand.<br />

Erstmals wur<strong>de</strong>n die neuropädiatrischen<br />

«Fahrschulen» gesamtschweizerisch durchgeführt.<br />

Sowohl die zwei <strong>de</strong>utschsprachigen<br />

Kurse wie auch <strong>de</strong>r französischsprachige<br />

Kurs waren sehr gut besucht und das<br />

Feedback von Seiten <strong>de</strong>r Kursbesucher wie<br />

auch von Seiten <strong>de</strong>r Teacher war sehr positiv.<br />

Die Kurse dauern jeweils 2 Tage und<br />

vermitteln ein strukturiertes neuropädiatrisches<br />

Basiswissen und Untersuchungstechnik.<br />

Die Kurse wer<strong>de</strong>n weiterhin angeboten.<br />

Im Herbst 2011 hat Eugen Boltshauser<br />

seine aktive berufliche Tätigkeit am Universitätskin<strong>de</strong>rspital<br />

Zürich been<strong>de</strong>t. Als<br />

Nachfolgerin wur<strong>de</strong> Frau Barbara Plecko<br />

aus Graz gewählt. Sie hat ihre Arbeit am<br />

1.11.2011 aufgenommen.<br />

Korrespon<strong>de</strong>nzadresse<br />

Dr. med. Andrea Capone Mori<br />

Präsi<strong>de</strong>ntin SGNP<br />

Leiten<strong>de</strong> Ärztin Neuropädiatrie<br />

Kin<strong>de</strong>rklinik, 5001 Aarau<br />

www.kin<strong>de</strong>rklinik.ksa.ch<br />

Vorstand 2011/2012<br />

Fachorganisation<br />

Schweizerische Gesellschaft für pädiatrische<br />

Gastroenterologie, Hepatologie und<br />

Ernährung<br />

Präsi<strong>de</strong>nt<br />

Andreas Ny<strong>de</strong>gger, Lausanne<br />

Sekretär<br />

Michela Tempia-Caliera, Genf<br />

Kassier<br />

Susanne Schibli, Bern<br />

Mitglie<strong>de</strong>rstatistik<br />

Die Schweizerische Gesellschaft für Pädiatrische<br />

Gastroenterologie, Hepatologie<br />

und Ernährung wur<strong>de</strong> 1997 gegrün<strong>de</strong>t und<br />

zählt aktuell 23 or<strong>de</strong>ntliche Mitglie<strong>de</strong>r, 4<br />

assoziierte Mitglie<strong>de</strong>r, 4 Freimitglie<strong>de</strong>r<br />

(davon 2 Ehrenmitglie<strong>de</strong>r) sowie 8 Kollektivmitglie<strong>de</strong>r.<br />

Tätigkeitsgebiet<br />

Die Gesellschaft trifft sich zweimal jährlich<br />

zu Plenarsitzungen mit jeweils einem administrativen/stan<strong>de</strong>spolitischen<br />

sowie einem<br />

wissenschaftlichen Teil.<br />

Ziel <strong>de</strong>r Gesellschaft ist es, Kin<strong>de</strong>rn und<br />

Jugendlichen mit akuten und chronischen<br />

Erkrankungen <strong>de</strong>s Gastrointestinaltraktes<br />

und <strong>de</strong>r Leber und Ernährungsfragen eine<br />

kin<strong>de</strong>rgerechte Abklärung und Behandlungsmöglichkeit<br />

anzubieten sowie das<br />

Fachgebiet in <strong>de</strong>r Schweiz zu för<strong>de</strong>rn und<br />

Forschung, Weiter- und Fortbildung zu unterstützen.<br />

Weiterbildung<br />

Mit <strong>de</strong>r Schaffung <strong>de</strong>s Schwerpunkttitels<br />

«Pädiatrische Gastroenterologie und Ernährung»<br />

im Jahr 2002 wur<strong>de</strong> die Basis gelegt,<br />

die entsprechen<strong>de</strong> Weiterbildung in <strong>de</strong>r<br />

Schweiz zu strukturieren und regelmässig<br />

zu evaluieren. Im Jahre 2009 wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />

Schwerpunkttitel ergänzt und lautet seither<br />

«Pädiatrische Gastroenterologie, Hepatologie<br />

und Ernährung».<br />

Die Weiterbildung zum Schwerpunkttitel ist<br />

im entsprechen<strong>de</strong>n Weiterbildungsprogramm<br />

festgelegt und wird mit einer sanktionieren<strong>de</strong>n<br />

Prüfung abgeschlossen, welche<br />

seit 2006 durchgeführt wird.<br />

Nationale und internationale<br />

Vernetzung<br />

Es besteht eine enge Zusammenarbeit<br />

zwischen <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen Zentren sowohl<br />

klinisch (z. B. gemeinsame Protokolle<br />

zur Behandlung <strong>de</strong>r viralen Hepatitis, Vorbereitung<br />

<strong>de</strong>s Darmes zur Kolonoskopie<br />

usw.), als auch wissenschaftlich (z. B. Beteiligung<br />

am nationalen Projekt <strong>de</strong>r entzündlichen<br />

Darmerkrankungen; Swiss IBD cohort<br />

study: http://www.ibdcohort.ch; Pädiatrische<br />

Datenback bezüglich eosinophile Oesophagitis;<br />

SPEED).<br />

Als pädiatrische Subspezialität ist eine<br />

enge Zusammenarbeit im Rahmen <strong>de</strong>r SGP<br />

vorgegeben, insbeson<strong>de</strong>re mit <strong>de</strong>r Ernährungskommission<br />

<strong>de</strong>r SGP, in <strong>de</strong>r einige<br />

Mitglie<strong>de</strong>r unserer Gesellschaft vertreten<br />

sind. Viele pädiatrische Gastroenterologen<br />

besitzen zu<strong>de</strong>m eine Mitgliedschaft in <strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>utschen o<strong>de</strong>r französischen Gesellschaft<br />

für pädiatrische Gastroenterologie (GPGE<br />

und GFHGNP).<br />

Bezüglich Therapierichtlinien wer<strong>de</strong>n die<br />

Gui<strong>de</strong>lines <strong>de</strong>r europäischen Fachgesellschaft<br />

ESPGHAN (European Society of Pediatric<br />

Gastroenterology, Hepatology and<br />

Nutrition) angewandt.<br />

Korrespon<strong>de</strong>nzadresse<br />

Dr. A. Ny<strong>de</strong>gger, Präsi<strong>de</strong>nt SGPGHE<br />

Leiter <strong>de</strong>r Abteilung für pädiatrische<br />

Gastroenterologie<br />

DMCP, Centre Hospitalier Universitaire<br />

Vaudois CHUV<br />

1011 Lausanne<br />

andreas.ny<strong>de</strong>gger@chuv.ch<br />

33


Aktuelles aus <strong>de</strong>m pädiatrischen Fachbereich<br />

Vol. 23 Nr. 1 2012<br />

Pädiatrische Rheumatologie<br />

Marie-Josèphe Sauvain, Belfaux<br />

Fachorganisation<br />

Schweizerische Arbeitsgruppe für pädiatrische<br />

Rheumatologie<br />

Gegrün<strong>de</strong>t 1998<br />

• Präsi<strong>de</strong>ntin: M. J. Sauvain, Freiburg<br />

• Sekretär: M. Hofer, Lausanne<br />

• Quästorin: T. Saurenmann, Zürich<br />

Ziele<br />

• Verbesserung <strong>de</strong>r Qualität <strong>de</strong>r Behandlung<br />

von Kin<strong>de</strong>rn und Adoleszenten mit Krankheiten<br />

<strong>de</strong>s Bewegungsapparates und systemischen<br />

Entzündungskrankheiten und<br />

die Sicherstellung eines optimalen Übergangs<br />

zur Erwachsenen-Rheumatologie.<br />

• För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Forschung insbeson<strong>de</strong>re<br />

durch nationale und internationale Zusammenarbeit.<br />

• Festlegung <strong>de</strong>r Qualitätskriterien für multidisziplinäre<br />

kin<strong>de</strong>rrheumatologische<br />

Zentren.<br />

• För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Ausbildung in Kin<strong>de</strong>rrheumatologie<br />

sowohl bei <strong>de</strong>n Ärzten wie bei<br />

allen Mitglie<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>s Behandlungsteams.<br />

• Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>n Schweizerischen<br />

Gesellschaften für Pädiatrie und<br />

Rheumatologie und mit <strong>de</strong>n Patientenvereinigungen.<br />

Aktivitäten<br />

• Führung eines schweizerischen Registers<br />

<strong>de</strong>r rheumatischen Erkrankungen im Kin<strong>de</strong>salter<br />

(verantwortlich M. Hofer).<br />

• Gründung eines Langzeitregisters für<br />

Kin<strong>de</strong>r mit rheumatischen Erkrankungen,<br />

die mit «Biologika» behan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n<br />

(verantwortlich I. Bolt) und eines Registers<br />

<strong>de</strong>r Uveiti<strong>de</strong>n im Kin<strong>de</strong>salter (vor<br />

allem in Zusammenhang mit rheumatischen<br />

Erkrankungen) (verantwortlich<br />

T. Saurenmann).<br />

• Informationsbroschüre für Eltern über<br />

juvenile idiopathische Arthriti<strong>de</strong>n, in <strong>de</strong>n<br />

3 nationalen Sprachen erhältlich (Autorin<br />

D. Kaiser. Herausgeber: Schweizerische<br />

Rheumaliga).<br />

• Organisation von Veranstaltungen zur<br />

Information und zum Austausch für Familien<br />

mit einem an juveniler idiopathischer<br />

Arthritis erkrankten Kind:<br />

· In <strong>de</strong>r Romandie: Ligue genevoise contre<br />

le rhumatisme/M. Hofer.<br />

· In <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Schweiz: Schweizerische<br />

Rheumaliga/I. Bolt/T. Saurenmann.<br />

· Die Genfer Rheumaliga organisiert<br />

während <strong>de</strong>n Osterferien ein Lager für<br />

Kin<strong>de</strong>r mit rheumatischen Erkrankungen<br />

(B. Fonjallaz, Genfer Rheumaliga).<br />

Schwerpunkt seit 2010<br />

Die Leiter <strong>de</strong>r meisten Sprechstun<strong>de</strong>n haben<br />

im Rahmen <strong>de</strong>r Übergangsbestimmungen<br />

diesen Schwerpunkt erhalten: Nähere<br />

Informationen siehe: FMH/doctorfmh.ch/<br />

Kin<strong>de</strong>r und Jugendmedizin/pädiatrische<br />

Rheumatologie.<br />

Ausbildung zum Schwerpunkt:<br />

Siehe homepage<br />

Homepage: www.childrheum.ch: insbeson<strong>de</strong>re<br />

für die Liste von Veranstaltungen<br />

und Kurse in <strong>de</strong>r Schweiz und im<br />

Ausland.<br />

Korrespon<strong>de</strong>nzadresse<br />

sauvain.family@sunrise.ch<br />

34


Vol. 23 Nr. 1 2012<br />

Aktuelles aus <strong>de</strong>m pädiatrischen Fachbereich<br />

Kin<strong>de</strong>rkardiologie<br />

Nicole Sekarski, Lausanne; Christian Balmer, Zürich<br />

kardiologen sind Mitglie<strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>ner<br />

Arbeitsgruppen und Komitees dieser Gesellschaft<br />

und nehmen so an <strong>de</strong>r Zukunftsorientierung<br />

<strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rkardiologie teil.<br />

Organisation<br />

Schweizerische Gesellschaft für Pädiatrische<br />

Kardiologie (SGPK)<br />

Komittee 2012/2013<br />

Präsi<strong>de</strong>nt<br />

Nicole Sekarski, Lausanne<br />

Sekretär<br />

Anna Cavigelli, Zürich<br />

Wissenschaftlicher Sekretär<br />

Stefano Di Bernardo, Lausanne<br />

Präpräsi<strong>de</strong>nt<br />

Christian Balmer, Zürich<br />

Pastpräsi<strong>de</strong>nt<br />

Jean-Pierre Pfammatter, Bern<br />

Mitglie<strong>de</strong>rstatistik<br />

Die schweizerische Gesellschaft für Pädiatrische<br />

Kardiologie hat 66 Mitglie<strong>de</strong>r, wovon<br />

7 Juniormitglie<strong>de</strong>r in Ausbildung für<br />

pädiatrische Kardiologie, 10 Seniorenmitglie<strong>de</strong>r<br />

nach Pensionierung, 4 Korrespon<strong>de</strong>nzmitglie<strong>de</strong>r<br />

im Ausland und 9 ausseror<strong>de</strong>ntliche<br />

Mitgli<strong>de</strong>r sind.<br />

Aktivitäten<br />

Die Gesellschaft trifft sich 2-mal im Jahr zu<br />

einer or<strong>de</strong>ntlichen Sitzung. Die Frühlingssitzung<br />

ist eine administrative Sitzung, die<br />

im Rahmen <strong>de</strong>s jährlichen schweizerischen<br />

Kardiologiekongresses stattfin<strong>de</strong>t. Die<br />

Herbstsitzung ist ein wissenschaftliches<br />

Symposium, das alternativ in je<strong>de</strong>m schweizerischen<br />

Kin<strong>de</strong>rkardiologiezentrum organisiert<br />

wird.<br />

Der Zweck <strong>de</strong>r Gesellschaft ist die För<strong>de</strong>rung<br />

<strong>de</strong>r Grundlagen- und angewandten<br />

Forschung sowie die Weiter- und Fortbildung<br />

auf <strong>de</strong>m Gebiet <strong>de</strong>r pädiatrischen<br />

Kardiologie. Die Gesellschaft wahrt die Interessen<br />

ihrer Mitglie<strong>de</strong>r und bezweckt<br />

eine enge Zusammenarbeit und Meinungsaustausch<br />

auf <strong>de</strong>m Gebiet <strong>de</strong>r pädiatrischen<br />

Kardiologie im In- und Ausland. Sie<br />

ist um eine fachspezifische Qualitätssicherung<br />

besorgt.<br />

Die Gesellschaft hat sich auch zum Ziel<br />

gemacht, die wissenschaftliche Arbeit auf<br />

<strong>de</strong>m Gebiet <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rkardiologie zu stimulieren<br />

und multizentrische Studien zu unterstützen.<br />

Ein schweizerisches Register für<br />

kongenitale Herzfehler wird dazu realisiert.<br />

Vernetzung<br />

Schweizerische Gesellschaft<br />

für Pädiatrie<br />

Die Kin<strong>de</strong>rkardiologie ist zurzeit ein<br />

Schwerpunkt <strong>de</strong>r Pädiatrie und pflegt eine<br />

enge Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>r schweizerischen<br />

Gesellschaft für Pädiatrie. Die Kin<strong>de</strong>rkardiologen<br />

sind überzeugt, dass eine<br />

gute Grundausbildung in Pädiatrie wichtig<br />

ist, um <strong>de</strong>n Schwerpunkttitel zu erhalten.<br />

Jedoch erstrebt die schweizerische Gesellschaft<br />

für pädiatrische Kardiologie, wie auf<br />

europäischer Ebene, einen eigenen Titel zu<br />

haben.<br />

Schweizerische Gesellschaft<br />

für Kardiologie<br />

Die Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>r schweizerischen<br />

Gesellschaft für Kardiologie ist ebenso<br />

eng. Diese Zusammenarbeit hat sich in<br />

<strong>de</strong>n letzten Jahren noch verstärkt mit <strong>de</strong>r<br />

gemeinsamen Behandlung <strong>de</strong>r Erwachsenen<br />

mit angeborenen Herzfehlern, <strong>de</strong>ren<br />

Anzahl in <strong>de</strong>n nächsten Jahren noch wachsen<br />

wird. Die SGPK ist auch je<strong>de</strong>s Jahr eine<br />

eingela<strong>de</strong>ne Gesellschaft bei ihrem jährlichen<br />

Kongress.<br />

Europäische Gesellschaft<br />

für Pädiatrische Kardiologie (AEPC)<br />

Die AEPC ist die europäische Muttergesellschaft,<br />

die sich um die Standardisierung<br />

<strong>de</strong>r Ausbildung in Kin<strong>de</strong>rkardiologie und <strong>de</strong>r<br />

Erhaltung <strong>de</strong>s Subspezialistentitels auf europäischer<br />

Ebene kümmert. Die SGPK orientiert<br />

sich an diesen Standards. Die AEPC<br />

trifft sich 1-mal im Jahr zu einem wissenschaftlichen<br />

Kongress mit administrativen<br />

Sitzungen. Mehrere schweizerische Kin<strong>de</strong>r-<br />

Korrespon<strong>de</strong>nzadresse<br />

Dr. A. Cavigelli, Sekretärin<br />

Universitätskin<strong>de</strong>rspital<br />

Steinwiestrasse 75<br />

8032 Zürich<br />

Anna.Cavigelli@kispi.uzh.ch<br />

35


Aktuelles aus <strong>de</strong>m pädiatrischen Fachbereich<br />

Vol. 23 Nr. 1 2012<br />

Entwicklungspädiatrie<br />

Stoffwechselkrankheiten<br />

Matthias Baumgartner, Zürich<br />

Myriam Bickle Graz, Lausanne<br />

Fachorganisation<br />

Schweizerische Gesellschaft für Entwicklungspädiatrie<br />

Präsi<strong>de</strong>ntin 2011<br />

Myriam Bickle Graz<br />

Homepage<br />

http://www.entwicklungspaediatrie.ch/<br />

Anzahl Titelträger<br />

39, wovon 18 in <strong>de</strong>r Praxis<br />

Facharztprüfung<br />

Informationen unter:<br />

info@entwicklungspaediatrie.ch<br />

Hauptaktivitäten 2011<br />

• Jahresversammlung und entwicklungspädiatrische<br />

Jahrestagung am 3. November<br />

in Olten, zum Thema Gui<strong>de</strong>lines in Entwicklungspädiatrie.<br />

Die Referenten waren<br />

Françoise Bovet-Boone (Sprachstörungen),<br />

Sébastien Jacquemont (Entwicklungsrückstand),<br />

Felicitas Steiner (motorische<br />

Ungeschicklichkeit).<br />

• Organisation <strong>de</strong>r ersten mündlich-theoretischen<br />

Prüfung (Übergangsbestimmungen<br />

6.6) am 20. Januar 2012 im<br />

Kin<strong>de</strong>rspital Zürich, Abteilung Entwicklungspädiatrie).<br />

• Aufbau <strong>de</strong>r Webseite www.entwicklungspaediatrie.ch.<br />

Korrespon<strong>de</strong>nzadresse<br />

Dr Myriam Bickle Graz<br />

Chef <strong>de</strong> Clinique<br />

Unité <strong>de</strong> Développement<br />

Néonatologie<br />

1011 CHUV Lausanne<br />

Fachorganisation<br />

Swiss Group for Inborn Errors of Metabolism<br />

(SGIEM)<br />

Präsi<strong>de</strong>nt 2011<br />

Brian Fowler, Basel<br />

Sekretär 2011<br />

Matthias Baumgartner, Zürich<br />

Homepage<br />

keine<br />

Anzahl Titelträger<br />

kein eigenständiger Titel<br />

Facharztprüfung<br />

keine eigenständige Facharztprüfung<br />

Hauptaktivitäten 2011<br />

• Organisation und Ausrichtung <strong>de</strong>r Jahreskongresses<br />

<strong>de</strong>r «Society for the Study of<br />

Inborn Errors of Metabolism» (SSIEM)<br />

30.8.–2.9.2011 in Genf.<br />

• Organisation und Ausrichtung <strong>de</strong>r Jahrestagung<br />

<strong>de</strong>r Arbeitsgemeinschaft für<br />

pädiatrische Stoffwechselstörungen<br />

(APS, Deutschland, Österreich, Schweiz)<br />

9.–11.3.2011 in Fulda.<br />

• Koordination <strong>de</strong>r klinischen Versorgung<br />

von Patienten mit angeborenen Stoffwechselkrankheiten<br />

in Zusammenarbeit<br />

mit <strong>de</strong>n pädiatrischen A- und B-Kliniken.<br />

· Metabolisches Netzwerk Südwest (Koordinatoren<br />

Bern-Lausanne).<br />

· Metabolisches Netzwerk Nordost (Koordinator<br />

Zürich).<br />

• Koordination <strong>de</strong>s Angebots an Stoffwechsel-Spezialanalytik<br />

an <strong>de</strong>n Universitätsspitälern.<br />

• Koordination <strong>de</strong>s Neugeborenen-Screenings<br />

für angeborene Stoffwechselkrankheiten<br />

inkl. Entwicklung von Konzepten<br />

zur Erweiterung <strong>de</strong>s Neugeborenenscreenings<br />

und <strong>de</strong>ren Präsentation bei <strong>de</strong>n<br />

Chefärzten <strong>de</strong>r A-Kliniken sowie beim<br />

BAG.<br />

• Beantragung <strong>de</strong>r Übernahme von notifizierten<br />

diätetischen Lebensmitteln für<br />

beson<strong>de</strong>re medizinische Zwecke (FSMP)<br />

in die GGML und damit zur Kostenübernahme<br />

durch Krankenkasse und IV.<br />

• Schweizerische Arbeitsgruppe für Lysosomale<br />

Speicherkrankheiten (SALS,<br />

http://sals.ch/i6/sals/iSix_sals.cgi).<br />

• Akkreditierung/Anerkennung <strong>de</strong>s Stoffwechselzentrums<br />

am Kin<strong>de</strong>rspital Zürich<br />

als «European training centre for inborn<br />

errors of metabolism» durch die European<br />

Aca<strong>de</strong>my of Paediatrics.<br />

Korrespon<strong>de</strong>nzadresse<br />

Prof. Dr. med. Matthias Baumgartner<br />

Abteilung für Stoffwechselkrankheiten<br />

Universitäts-Kin<strong>de</strong>rspital<br />

Steinwiesstrasse 75<br />

8032 Zürich<br />

Matthias.Baumgartner@kispi.uzh.ch<br />

36


Vol. 23 Nr. 1 2012<br />

FMH-Quiz<br />

FMH-Quiz 47<br />

Fallvorstellung<br />

Der 8-jährige Fernando wird <strong>de</strong>m Neuropädiater<br />

wegen seit mehreren Wochen rezidivieren<strong>de</strong>n<br />

Kopfschmerzen vorgestellt,<br />

welche multiple Schulabwesenheiten verursacht<br />

haben. Die Schmerzen sind frontal<br />

links lokalisiert, pulsierend und manchmal<br />

von Nausea und Erbrechen begleitet. Die<br />

Schmerzen dauern eine bis mehrere Stun<strong>de</strong>n<br />

und Fernando ist dabei gezwungen,<br />

seine Tätigkeiten zu unterbrechen und sich<br />

hinzulegen. Die «Krisen» treten 5–6-Mal<br />

alle 15 Tage auf mit Remissionen dazwischen.<br />

Er bekommt je<strong>de</strong>s Mal eine effiziente<br />

Schmerztherapie. Die vollständige körperliche<br />

Untersuchung ist normal; <strong>de</strong>r<br />

Blutdruck beträgt 100/60 mm Hg.<br />

Frage 1<br />

Nennen Sie 5 Ursachen akuter Kopfschmerzen<br />

im Kin<strong>de</strong>salter.<br />

Frage 2<br />

Welche ist Ihre Verdachtsdiagnose bei<br />

Fernando? Bitte geben Sie 5 Argumente<br />

dafür.<br />

Frage 3<br />

Nennen Sie 3 allgemeine (nicht-medikamentöse)<br />

therapeutische Massnahmen.<br />

Frage 4<br />

Nennen Sie 2 Klassen von wirksamen Medikamenten<br />

für die Akutphase.<br />

37


FMH-Quiz<br />

Vol. 23 Nr. 1 2012<br />

Antwort 1<br />

Ursachen akuter Kopfschmerzen:<br />

• Obere Luftwegsinfektionen<br />

• Migräneattacke<br />

• Meningitis<br />

• Posttraumatische Kopfschmerzen<br />

• Vaskulär (Hirnblutung, TIA/Schlaganfall)<br />

Kopfschmerzen: Primär vs. sekundär<br />

Die primären o<strong>de</strong>r sogenannten «idiopathischen»<br />

Kopfschmerzen wer<strong>de</strong>n auch im<br />

Kin<strong>de</strong>s- und Jugendalter überwiegend<br />

durch Migräne und Spannungskopfschmerzen<br />

mit einer Prävalenz von 10–15% resp.<br />

25% im Alter von 10 Jahren repräsentiert.<br />

Konsensusartikel <strong>de</strong>r amerikanischen Kin<strong>de</strong>r-<br />

und Erwachsenenneurologen bestätigt,<br />

dass Zusatzuntersuchungen wie Labor,<br />

LP, EEG o<strong>de</strong>r Bildgebung ohne «Alarmzeichen»<br />

in <strong>de</strong>r Anamnese und bei normaler,<br />

neurologischer Untersuchung (inklusive<br />

Fundoskopie) nicht indiziert sind 3) .<br />

Antwort 2<br />

1. Verdachtsdiagnose: Migräne ohne Aura.<br />

2. Diagnostische Kriterien:<br />

• Anzahl Attacken: Min<strong>de</strong>stens 5<br />

• Dauer: Mind. 1 Std. bis mehrere (max.<br />

72) Std.<br />

• Lokalisation: Einseitig und frontal<br />

• Besserung: Liegen resp. Schonhaltung<br />

• Schmerzqualität: Pulsierend<br />

• Begleitsymptome: Nausea und Erbrechen<br />

Antwort 3<br />

Allgemeine, nichtmedikamentöse Massnahmen:<br />

• Liegen/Schonhaltung/Schlaf<br />

• Reizabschirmung von Licht und Lärm<br />

• Lokale Kälteapplikation<br />

Antwort 4<br />

In <strong>de</strong>r Akutphase wirksam:<br />

• Analgetika (Ibuprofen, Paracetamol)<br />

• Triptane (Schweiz: Erst ab 12 Jahren Sumatriptan<br />

Nasenspray 20 mg)<br />

Kommentar<br />

Dr. med. Tobias Iff, Zürich<br />

Akute Kopfschmerzen<br />

In pädiatrischen Notfallstationen stellen<br />

akute Kopfschmerzen 0.8% aller Konsultationsgrün<strong>de</strong><br />

dar. Sie können sowohl primärer<br />

als auch sekundärer Genese sein. Die<br />

häufigsten Ursachen <strong>de</strong>r akuten Kopfschmerzen<br />

sind obere Luftwegsinfektionen<br />

mit Fieber (total 57%), meist viraler<br />

Ätiologie (39%), aber auch Sinusitis (9%)<br />

und Streptokokkentonsillitis (9%). Am<br />

zweithäufigsten sind Migräneattacken<br />

ohne Aura (18%), gefolgt von viralen Meningiti<strong>de</strong>n<br />

(9%) und je nach Studie posttraumatische<br />

Kopfschmerzen nach Hirnerschütterung<br />

(1.3–8.6%).<br />

Auch akut interventionsbedürftige Ursachen<br />

wie Hirntumore (2.6%), intrakranielle<br />

Blutungen bei arteriovenöser Malformation<br />

(1.3%) und VP-Shuntdysfunktionen (2%)<br />

können sich selten in Form akuter Kopfschmerzen<br />

äussern 1) .<br />

Ihre Diagnose erfolgt auf klinischer Basis mit<br />

Hilfe <strong>de</strong>r anamnestischen Klassifikationskriterien<br />

<strong>de</strong>r Internationalen Kopfschmerzgesellschaft<br />

(International Headache<br />

Society=IHS 2) ) und <strong>de</strong>r allgemeinpädiatrischen<br />

und neurologischen Untersuchung.<br />

Im Folgen<strong>de</strong>n wird nur auf die Migräne eingegangen.<br />

Sekundäre Kopfschmerzen treten als Begleiterscheinung<br />

o<strong>de</strong>r als Folge einer an<strong>de</strong>ren<br />

Erkrankung auf. Mehrere Studien haben<br />

gezeigt, dass es sowohl bei akuten als auch<br />

rezidivieren<strong>de</strong>n Kopfschmerzen klinisch<br />

zuverlässig und mit grosser Wahrscheinlichkeit<br />

gelingt 1), 3) , sekundäre Kopfschmerzen<br />

erkennen respektive ausschliessen zu<br />

können. Die in Tabelle 1 aufgeführten<br />

«Alarmzeichen» in Anamnese und Status<br />

können auf sekundäre, interventionsbedürftige<br />

Kopfschmerzen hinweisen und<br />

sollten zu einer Weiterabklärung führen. Ein<br />

Migräne<br />

1. Diagnose: Die Migräne zeigt einen rezidivieren<strong>de</strong>n<br />

Verlauf mit einer Prävalenz von<br />

3% bei 3- bis 7-Jährigen, gefolgt von 4–11%<br />

bei 7- bis 11-Jährigen und 8–23% bei 11- bis<br />

15-Jährigen 3) . Sie beginnt bei Knaben häufig<br />

präpuberal, bei Mädchen meist im/nach<br />

<strong>de</strong>m Pubertätsalter. Die in Finnland zwischen<br />

1974 und 2002 fast 4-fach zunehmen<strong>de</strong><br />

Migräneinzi<strong>de</strong>nz wird in Zusammenhang<br />

mit heutigen «lifestyle»-Faktoren wie<br />

vermin<strong>de</strong>rte Schlafdauer, Medienkonsum,<br />

energy drinks u. a. in Zusammenhang gebracht<br />

4) .<br />

Auch im Kin<strong>de</strong>salter wird die Diagnose an<br />

Hand <strong>de</strong>r internationalen Klassifikationskriterien<br />

(Tabelle 2 und 2) ) gestellt, die Manifestation<br />

unterschei<strong>de</strong>t sich jedoch in folgen<strong>de</strong>n<br />

Punkten von <strong>de</strong>n Kriterien im<br />

Erwachsenenalter: Die fünf gefor<strong>de</strong>rten Episo<strong>de</strong>n<br />

mittel bis starker Intensität zeigen:<br />

Alarmzeichen in <strong>de</strong>r Anamnese<br />

• Alter < 3 Jahre<br />

• Perakute Kopfschmerzen<br />

• Nächtliches Erwachen wegen Kopfschmerzen<br />

• Nüchtern Erbrechen, wie<strong>de</strong>rholtes Erbrechen bei vorher gesun<strong>de</strong>m Kind<br />

• Progrediente Kopfschmerzen ohne Ansprechen auf Therapie<br />

• Kürzlicher Beginn eines intensiven Kopfschmerzes<br />

• Än<strong>de</strong>rung eines lange vorbestehen<strong>de</strong>n Kopfschmerzes<br />

• Wesensän<strong>de</strong>rung und Schulleistungsabfall<br />

• Occipitale Lokalisation (kann auf Pathologie in hinterer Schä<strong>de</strong>lgrube hinweisen)<br />

• Neurologische Auffälligkeiten: Bewusstseinsän<strong>de</strong>rungen, epileptische Anfälle, Sehstörungen<br />

wie Doppelbil<strong>de</strong>r, Gangauffälligkeiten, Sensibilitätsstörungen, Paresen u. a.<br />

Alarmzeichen im Status<br />

• Makrozephalie (v. a. ohne bekannte, familiäre Makrozephalie)<br />

• Meningismus, v. a. mit Fieber<br />

• Stauungspapillen<br />

• Augenmotilitätsstörungen, v. a. Abducens-, Okulomotoriusparese, Nystagmus u. a.<br />

• An<strong>de</strong>re Hirnnervenausfälle wie Fazialisparese<br />

• Schiefhals<br />

• Gang- und/o<strong>de</strong>r Extremitätenataxie, Intentionstremor<br />

• Fokale Ausfälle wie Hemiparesen, Sensibilitätsstörungen, Pyrami<strong>de</strong>nbahnzeichen<br />

(Babinski!) u. a.<br />

Tabelle 1: «Alarmzeichen» bei Kopfschmerzen<br />

38


Vol. 23 Nr. 1 2012<br />

FMH-Quiz<br />

1. Kürzere Dauer von min<strong>de</strong>stens 1 Std.,<br />

unbehan<strong>de</strong>lt (im Vorschulalter häufig<br />

nur ½ Std.).<br />

2. Meist beidseitige, fronto-temporale Lokalisation.<br />

3. Kopfschmerzverstärkung durch körperliche<br />

Aktivität führt meist zu einer<br />

Schonhaltung.<br />

4. Pulsieren<strong>de</strong> Charakter meist erst ab<br />

Adoleszenz.<br />

5. Begleitsymptome: Nausea (und Schwin<strong>de</strong>l)<br />

häufig, Erbrechen eher selten, Photo-<br />

und Phonophobie häufig in Form<br />

einer Vermeidungshaltung.<br />

Das letzte diagnostische Kriterium ist <strong>de</strong>r<br />

Ausschluss einer Grun<strong>de</strong>rkankung, weil<br />

kein biologischer Marker zur Bestätigung<br />

<strong>de</strong>r Migränediagnose besteht.<br />

Pathophysiologisch spielt eine genetische<br />

Prädisposition eine wichtige Rolle, da bei ¾<br />

<strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rn mit einer Migräne auch ein Elternteil<br />

eine solche Symptomatik zeigt(e).<br />

Die Familienanamnese ist <strong>de</strong>mnach ein<br />

wichtiges Indiz, obwohl sie nicht als valables<br />

Kriterium in die IHS-Klassifikation mit<br />

einbezogen wird.<br />

Die Migräne mit Aura (früher: Migraine<br />

accompagnée) tritt im Kin<strong>de</strong>salter seltener<br />

auf und kommt meistens erst ab<br />

Jugendalter vor, wobei wie im Erwachsenenalter<br />

die visuellen Reiz- o<strong>de</strong>r Ausfallssymptome<br />

am häufigsten sind,<br />

gefolgt von sensorischen und dysarthrischen<br />

Symptomen je > 5 Min. und<br />

< 60 Min. Dauer (Tabelle 2). Das <strong>de</strong>r Aura<br />

zugrun<strong>de</strong>liegen<strong>de</strong> Phänomen <strong>de</strong>r «cortical<br />

spreading <strong>de</strong>pression», einer von<br />

occipital nach frontal mit 2–6 mm/Minute<br />

verlaufen<strong>de</strong>n Welle mit Induktion einer<br />

Nervenzellaktivitätsmin<strong>de</strong>rung, erklärt<br />

die charakteristische, häufig<br />

zeitlich und örtlich wan<strong>de</strong>rn<strong>de</strong> Aurasymptomatik<br />

(z. B. aufsteigen<strong>de</strong> Parästhesien<br />

von <strong>de</strong>r Hand zum Unterarm und zur<br />

ipsilateralen Zungenhälfte 5) ).<br />

Im Kin<strong>de</strong>salter fin<strong>de</strong>n sich zu<strong>de</strong>m seltene,<br />

wahrscheinliche «Migräneäquivalente» in<br />

Form von paroxysmalen Krankheitsbil<strong>de</strong>rn:<br />

Benigne, paroxysmale Tortikollis und Vertigo,<br />

Abdominalmigräne, «confusional migraine»<br />

und das zyklische Erbrechen 6) .<br />

2. Therapie<br />

Im Kin<strong>de</strong>s- und Jugendalter existieren nur<br />

wenige evi<strong>de</strong>nzbasierte, auf randomisierten,<br />

doppelblind-placebokontrollierten Studien<br />

aufbauen<strong>de</strong> Therapierichtlinien. Diese<br />

sollten unter Berücksichtigung <strong>de</strong>r individuellen<br />

Faktoren und allfällig zu beachten<strong>de</strong>r<br />

Nebenwirkungen zum individuellen Therapieplan<br />

führen.<br />

Allgemeine Massnahmen: Das Vermei<strong>de</strong>n<br />

auslösen<strong>de</strong>r Faktoren (ungenügen<strong>de</strong> Trinkmenge,<br />

direkte Sonnenbestrahlung u. a.),<br />

gesundheitshygienische Massnahmen (regelmässiger<br />

Mahlzeiten-/Schlafrhythmus)<br />

sowie zurückhalten<strong>de</strong>r Konsum von koffeinhaltigen<br />

Getränken können <strong>de</strong>n Verlauf<br />

39


FMH-Quiz<br />

Vol. 23 Nr. 1 2012<br />

Migräne ohne Aura<br />

A Min<strong>de</strong>stens 5 Attacken, welche die Kriterien B–D erfüllen.<br />

B Kopfschmerzattacken, die (unbehan<strong>de</strong>lt o<strong>de</strong>r erfolglos behan<strong>de</strong>lt) 4–72 Stun<strong>de</strong>n dauern.<br />

C Der Kopfschmerz weist min<strong>de</strong>stens zwei <strong>de</strong>r folgen<strong>de</strong>n Charakteristika auf:<br />

• Einseitige Lokalisation<br />

• Pulsieren<strong>de</strong>r Charakter<br />

• Mittlere o<strong>de</strong>r starke Schmerzintensität<br />

• Verstärkung durch körperliche Routineaktivitäten (z. B. Treppensteigen) o<strong>de</strong>r führt<br />

zu <strong>de</strong>ren Vermeidung<br />

D Während <strong>de</strong>s Kopfschmerzes besteht min<strong>de</strong>stens eines:<br />

• Übelkeit und/o<strong>de</strong>r Erbrechen<br />

• Photophobie und Phonophobie<br />

E Nicht auf eine an<strong>de</strong>re Erkrankung zurückzuführen, d. h. nicht auf sekundäre Ursachen<br />

wie im Kapitel 5 bis 12 beschrieben.<br />

Aura mit Migräne<br />

A Min<strong>de</strong>stens 2 Attacken, welche die Kriterien B–D erfüllen.<br />

B Die Aura besteht aus min<strong>de</strong>stens einem <strong>de</strong>r folgen<strong>de</strong>n Symptome, nicht aber aus<br />

einer motorischen Schwäche:<br />

1. Vollständig reversible visuelle Symptome mit positiven (z. B. flackern<strong>de</strong> Lichter,<br />

Punkte o<strong>de</strong>r Linien) und/o<strong>de</strong>r negativen Merkmalen (d. h. Sehverlust).<br />

2. Vollständig reversible sensible Symptome mit positiven (d. h. Kribbelmissempfindungen)<br />

und/o<strong>de</strong>r negativen Merkmalen (d. h. Taubheitsgefühl)<br />

3. Vollständig reversible dysphasische Sprachstörung<br />

C Wenigstens 2 <strong>de</strong>r folgen<strong>de</strong>n Punkte sind erfüllt:<br />

1. Homonyme visuelle Symptome und/o<strong>de</strong>r einseitige sensible Symptome<br />

2. Wenigstens ein Aurasymptom entwickelt sich allmählich über ≥ 5 Minuten hinweg<br />

und/o<strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>ne Aurasymptome treten nacheinan<strong>de</strong>r in Abstän<strong>de</strong>n von<br />

≥ 5 Minuten auf<br />

3. Je<strong>de</strong>s Symptom hält ≥ 5 Minuten und ≤ 60 Minuten an.<br />

D Kopfschmerzen, die die Kriterien B–D für eine Migräne ohne Aura erfüllen, beginnen<br />

noch während <strong>de</strong>r Aura o<strong>de</strong>r folgen <strong>de</strong>r Aura innerhalb von 60 Minuten.<br />

E Nicht auf eine an<strong>de</strong>re Erkrankung zurückzuführen.<br />

Tabelle 2: IHS-Klassifikation: Diagnosekriterien für Migräne ohne Aura und Aura mit Migräne<br />

1. Attackentherapie Dosierung Nebenwirkungen (NW)<br />

Kontraindikationen (KI)<br />

1. Paracetamol 15 mg/kg KG/Dosis selten Nebenwirkungen<br />

2. Ibuprofen 10 mg/kg KG/Dosis selten Nebenwirkungen<br />

3. Sumatriptan 20 mg nasal CH: Nur ab 12 Jahren zugelassen. Häufige<br />

NW: Übelkeit bis Erbrechen, Müdigkeit,<br />

Engegefühl Brust. KI: nicht in Migräneaura,<br />

nicht bei Patienten mit Gefässrisiko wegen<br />

Ischämiegefahr<br />

4. Zolmitriptan 5 mg nasal CH: «off-label». NW: Übelkeit<br />

5. Antiemetikum:<br />

Domperidon<br />

2. Migräneprophylaxe<br />

0.25 mg/kg KG/<br />

Dosis po<br />

Tabelle 3: Therapieempfehlungen bei Migräne<br />

Selten NW<br />

1. Flunarizin 5 bis 10 mg abends NW: Gewichtszunahme, Somnolenz,<br />

Depressive Verstimmung<br />

2. Propranolol 3 mg/kg KG/Tag NW: Orthostatische Symptomatik,<br />

<strong>de</strong>pressive Verstimmung, Leistungsbegrenzung.<br />

KI: Asthma u. a.<br />

3. Topiramat 12.5 bis 225 mg/Tag NW: neurokognitiv, dosisabhängig.<br />

Gewichtsabnahme<br />

4. Magnesium 9 mg/kg/Tag NW: Durchfall<br />

5. Vitamin B2 100–400 mg/Tag NW: Verstärkte Gelbverfärbung <strong>de</strong>s Urins<br />

günstig beeinflussen. Im Vorschulalter sind<br />

bei kurzen Attacken < ½-Stun<strong>de</strong>-Dauer in<br />

<strong>de</strong>r Regel Schonhaltung o<strong>de</strong>r Schlaf und<br />

Reizabschirmung (Licht, Lärm) meist ausreichend.<br />

Bei längerer Dauer sollte eine<br />

medikamentöse Therapie angewen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n,<br />

welche möglichst frühzeitig im Attackenablauf<br />

eingesetzt und ausreichend<br />

dosiert wer<strong>de</strong>n sollte. Dieser Grundsatz <strong>de</strong>r<br />

Attackentherapie wird häufig aus Angst vor<br />

Überdosierung o<strong>de</strong>r «Schmerzmittelabhängigkeit»<br />

ungenügend beachtet.<br />

Bei <strong>de</strong>r medikamentösen Therapie wird<br />

zwischen Attackentherapie und Prophylaxe<br />

unterschie<strong>de</strong>n (Tabelle 3):<br />

Therapie <strong>de</strong>r Migräneattacken: Die beste<br />

Evi<strong>de</strong>nz zur Attackentherapie ist für die<br />

Medikamente Ibuprofen in einer Dosierung<br />

von 10 mg/kg KG/Einzeldosis sowie Paracetamol<br />

15 mg/kg KG/Einzeldosis belegt 7) .<br />

Erfahrungsgemäss wer<strong>de</strong>n individuell aber<br />

häufig höhere Dosen zur wirksamen, initialen<br />

Attackencoupierung benötigt. Triptane<br />

sind die wirksamste Medikamentengruppe,<br />

mehrheitlich im Jugendalter erprobt und<br />

zugelassen, und sollten erst bei ungenügen<strong>de</strong>r<br />

Schmerzreduktion (< 50% Schmerzverbesserung<br />

innerhalb 1 Stun<strong>de</strong>) durch die<br />

oben erwähnten Schmerzmittel eingesetzt<br />

wer<strong>de</strong>n. Sie sind bei Migräne mit Aura aber<br />

in <strong>de</strong>r häufig vor <strong>de</strong>n Schmerzen auftreten<strong>de</strong>n<br />

Auraphase kontraindiziert. Am besten<br />

belegt und wirksam ist das in <strong>de</strong>r Schweiz<br />

ab 12 Jahren zugelassene Sumatriptan nasal<br />

20 mg. Als Alternative kann «off-label» auch<br />

Zolmitriptan 5 mg nasal eingesetzt wer<strong>de</strong>n<br />

7) . Für gewisse Kin<strong>de</strong>r können die vegetativen<br />

Begleitsymptome unangenehmer als<br />

die Kopfschmerzen sein. Empirisch kann bei<br />

Übelkeit trotz fehlen<strong>de</strong>r Evi<strong>de</strong>nz im Kin<strong>de</strong>salter<br />

Domperidon eingesetzt wer<strong>de</strong>n.<br />

Migräneprophylaxe: Bei zu starker Lebensqualitätseinschränkung<br />

(3–4 mittel bis<br />

starke Attacken pro Monat, meist mit<br />

Schul-/Freizeitausfall), langer Attackendauer<br />

o<strong>de</strong>r unwirksamer Attackentherapie<br />

ist eine medikamentöse Prophylaxe angebracht.<br />

Einzig mit <strong>de</strong>m Calciumantagonisten<br />

Flunarizin (Dosierung 5 mg/Tag bei<br />

5–11-Jährigen) konnte eine signifikante<br />

Wirksamkeit erzielt wer<strong>de</strong>n. Der nichtselektive<br />

Betablocker Propranolol wird auf Grund<br />

unterschiedlicher Datenlagen in Klasse-II-<br />

Studien nicht generell empfohlen, zeigt<br />

aber erfahrungsgemäss häufig eine gute<br />

40


Vol. 23 Nr. 1 2012<br />

FMH-Quiz<br />

Wirkung in einer Dosierung von 3 mg/kg<br />

KG/Tag 7) . Weniger evi<strong>de</strong>nzbasiert, aber<br />

wahrscheinlich auch wirksam ist das Antiepileptikum<br />

Topiramat bei Kin<strong>de</strong>rn im Alter<br />

von 6–15 Jahren 7) . Vergleichbares gilt für<br />

weitere Antiepileptika (Valproinsäure, Levetiracetam)<br />

sowie das Anti<strong>de</strong>pressivum<br />

Amitryptilin 7) . Häufig eingesetzt, aber wenig<br />

evi<strong>de</strong>nzbasiert sind Magnesium (signifikante<br />

Frequenzbesserung mit 9 mg/kg/Tag<br />

nur in <strong>de</strong>n ersten 2 Monaten, nicht aber<br />

über 4 Monate) 8) sowie Vitamin B2 (100–<br />

400 mg) 9) .<br />

Nichtpharmakologische Behandlungen wie<br />

Relaxationstechniken o<strong>de</strong>r Biofeedbackmetho<strong>de</strong>n<br />

zeigen in einzelnen Studien ebenfalls<br />

eine Wirkung bei Migräne 10) .<br />

3. Prognose<br />

Eine schwedische Follow-up-Studie über<br />

40 Jahre, welche an 73 Kin<strong>de</strong>rn im Alter von<br />

7–13 Jahren mit diagnostizierter Migräne<br />

gestartet wur<strong>de</strong>, zeigte, dass 23% <strong>de</strong>r Patienten<br />

vor <strong>de</strong>m Alter von 25 Jahren migränefrei<br />

waren, im Alter von rund 50 Jahren aber<br />

immer noch nur 46% 11) .<br />

Referenzen<br />

1) Acute Headache in Children and Adolescents presenting<br />

to the Emergency Department. Lewis,<br />

Qureshi. Headache 2000; 40: 202–203.<br />

2) The international classification of headache disor<strong>de</strong>rs.<br />

Classification Subcommitte of the International<br />

Headache Society. Cephalalgia 2004; 24: 9–160.<br />

3) Practice Parameter: Evaluation of children and<br />

adolescents with recurrent headaches. Lewis D et<br />

al. Neurology 2002; 59: 490–498.<br />

4) Long-term Trends in the Indicen<strong>de</strong> of Headache in<br />

Finnish Schoolchildren. Anttila et al. Pediatrics<br />

2006; 117; e 1197–e 1201.<br />

5) Migraine-Current Un<strong>de</strong>rstanding and Treatment.<br />

Goadsby, Lipton and Ferrari. N Engl J Med 2002;<br />

346 (4): 257–270.<br />

6) Pediatric migraine equivalents: occurence and clinical<br />

features in practice. Twaijri, Shevell. Pediatr<br />

Neurol 2002; 26: 365–368.<br />

7) Practice Parameter: Pharmacological treatment of<br />

migraine headaches in children and adolescents.<br />

Lewis D et al. Neurology 2004; 63: 2215–2224.<br />

8) Oral magnesium oxi<strong>de</strong> prophylaxis of frequent migrainous<br />

headache in children: a randomized,<br />

double-blind, placebo-controlled trial. Wang et al.<br />

Headache 2003; 43: 601–610.<br />

9) Treatment of Childhood Headaches. Gupta and<br />

Rothner. Current Neurology and Neuroscience Reports<br />

2001; 1: 144–154. The evaluation and management<br />

of paediatric headaches. Dooley JM. Paediatr<br />

Child Health Vol 14 No 1 January 2009: 24–30.<br />

10) Overview of diagnosis and management of paediatric<br />

headache. Part II: therapeutic management<br />

Termine C et al J Headache Pain 2011; 12: 25–34.<br />

11) A 40-year follow-up of school children with migraine.<br />

Bille B. Cephalalgia 1997; 17: 488–491.<br />

Korrespon<strong>de</strong>nzadresse<br />

Dr. med. Tobias Iff<br />

FMH Kin<strong>de</strong>r- und Jugendmedizin<br />

Schwerpunkt Neuropädiatrie<br />

Konsiliararzt Neuropädiatrie<br />

Stadtspital Triemli, Zürich<br />

Praxis für Kin<strong>de</strong>rneurologie<br />

Lavaterstrasse 83<br />

8002 Zürich<br />

Tel. 044 280 33 77<br />

Fax 044 280 33 78<br />

info@kin<strong>de</strong>rneurologie.ch<br />

41


Zeitschriftenreview<br />

Vol. 23 Nr. 1 2012<br />

Kin<strong>de</strong>runfälle<br />

Olivier Reinberg, Lausanne<br />

Übersetzung: Rudolf Schlaepfer, La Chaux-<strong>de</strong>-Fonds<br />

Sturzhelme beim Skifahren:<br />

Anwendung, Ten<strong>de</strong>nzen und<br />

Einstellung<br />

Dieser aus Australien stammen<strong>de</strong> Artikel<br />

interessiert uns, da er Fragen beantwortet,<br />

die uns betreffen. Die Autoren erinnern<br />

daran, dass bei Wintersportarten (Ski,<br />

Snowboard) das Tragen eines Sturzhelmes<br />

die Anzahl Schä<strong>de</strong>lhirntraumen je nach<br />

Studie um 16 bis 30% reduziert. Die US<br />

Consumer Product Safety Commission kam<br />

zum Schluss, dass 44% <strong>de</strong>r beim Skifahren<br />

aufgetretenen Schä<strong>de</strong>lhirntraumen beim<br />

Erwachsenen und 53% beim Kind hätten<br />

verhin<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n können. Trägt man nun<br />

einen Sturzhelm, wenn ja, weshalb, und<br />

wenn nicht, mit welchen Argumenten?<br />

In Australien tragen 16% Erwachsene und<br />

67% Kin<strong>de</strong>r bei Gleitsportarten einen Sturzhelm.<br />

Von 2003 bis 2008 war die Zunahme<br />

an Personen, die einen Sturzhelm tragen,<br />

beson<strong>de</strong>rs hoch, am eindrücklichsten war<br />

dies bei Kin<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Fall. Hat man sich ans<br />

Tragen <strong>de</strong>s Sturzhelmes gewöhnt, wird er<br />

regelmässig getragen (86% regelmässiges<br />

Tragen in <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen Gruppen).<br />

Kin<strong>de</strong>r, Männer und Snowboar<strong>de</strong>r zeigen<br />

eine ein<strong>de</strong>utig grössere Bereitschaft, einen<br />

Sturzhelm zu tragen, als die übrigen untersuchten<br />

Gruppen.<br />

Die Wahrscheinlichkeit, einen Sturzhelm zu<br />

tragen ist beim Kind 2.3 mal grösser als beim<br />

Erwachsenen, bei Männern 1.7 mal grösser<br />

als bei Frauen, und bei Snowboar<strong>de</strong>rn 1.5 mal<br />

grösser als bei Skifahrern. Begünstigt wird<br />

das Sturzhelmtragen durch Erfahrung, vorangegangenen<br />

Unfall, Skischule und Materialmiete.<br />

Von Kin<strong>de</strong>rn am meisten geschätzt<br />

wer<strong>de</strong>n die freestyle-Helme, von Erwachsenen<br />

die Standardhelme.<br />

Folgen<strong>de</strong> Grün<strong>de</strong> wer<strong>de</strong>n von Kin<strong>de</strong>rn, in<br />

abnehmen<strong>de</strong>r Häufigkeit, für das Tragen<br />

eines Sturzhelmes angegeben (die Argumente<br />

unterschei<strong>de</strong>n sich von <strong>de</strong>nen Erwachsener):<br />

Meine Eltern zwingen mich<br />

dazu, ich will nicht, dass mir etwas passiert,<br />

<strong>de</strong>r Helm hält meinen Kopf warm, meine<br />

grossen Brillen halten damit besser, meine<br />

Freun<strong>de</strong> tragen einen. Umgekehrt wer<strong>de</strong>n<br />

folgen<strong>de</strong> Grün<strong>de</strong> für das Nichttragen angegeben<br />

(auch hier unterschei<strong>de</strong>n sich die<br />

Grün<strong>de</strong> von <strong>de</strong>nen, die Erwachsene angeben):<br />

Sturzhelmtragen ist nicht obligatorisch,<br />

es ist unangenehm, ich fahre nur auf<br />

einfachen Anfängerpisten, ich mag <strong>de</strong>n<br />

look <strong>de</strong>r Helme nicht, ich kann gut Skilaufen<br />

und riskiere keine Kopfverletzung, keiner<br />

in meiner Familie/meiner Freun<strong>de</strong> trägt<br />

einen Sturzhelm.<br />

Die Autoren vergleichen ihre Resultate mit<br />

früher, in <strong>de</strong>r nördlichen Hemisphäre publizierten<br />

Studien und stellen keine grossen<br />

Unterschie<strong>de</strong> fest. Sie erinnern daran, dass<br />

die Argumente <strong>de</strong>r Kritiker <strong>de</strong>s Sturzhelmtragens<br />

bei Wintersportarten (Einschränkung<br />

<strong>de</strong>s Gehörs und <strong>de</strong>s Gesichtsfel<strong>de</strong>s,<br />

vermehrtes Risikoverhalten durch grösseres<br />

Sicherheitsgefühl, im Kin<strong>de</strong>salter mögliche<br />

Verletzungen <strong>de</strong>r Halswirbelsäule)<br />

durch 6 gut geführte Studien ausführlich<br />

verworfen wur<strong>de</strong>n.<br />

Die Autoren weisen auf die stark begünstigen<strong>de</strong>n<br />

Faktoren hin, wie das Beispiel <strong>de</strong>r<br />

Instruktoren und Patrouilleure und das<br />

Sturzhelmtragen in Skischulen. Sie werfen<br />

die politische Frage nach einem Obligatorium<br />

<strong>de</strong>s Sturzhelmtragens auf (zur Erinnerung:<br />

Australien gehörte zu <strong>de</strong>n Pionieren<br />

bezüglich Helmobligatorium für Fahrradfahrer).<br />

Referenz<br />

Cundy TP, Systermans BJ, Cundy WJ, Cundy<br />

PJ, Briggs NE, Robinson JB.<br />

Helmets for snow sports: Prevalence,<br />

trends, predictors and attitu<strong>de</strong>s to use.<br />

J Trauma 2010; 69 (6): 1486–1490.<br />

Studienzentrum: University of A<strong>de</strong>lai<strong>de</strong>,<br />

South Australia.<br />

Schlittelunfälle<br />

Die Autoren analysierten 403 in Schottland<br />

während 12 Tagen mit guten Schneever-<br />

hältnissen geschehene Schlittelunfälle. Es<br />

gab 36% Frakturen und 29% Schä<strong>de</strong>lhirntraumen.<br />

Die meisten Verletzungen wur<strong>de</strong>n<br />

ambulant behan<strong>de</strong>lt, 18% <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r wur<strong>de</strong>n<br />

jedoch hospitalisiert und 7% mussten<br />

operiert wer<strong>de</strong>n.<br />

Häufigste Unfallursache war ein Zusammenstoss<br />

mit einem unbewegten Objekt,<br />

gefolgt von unangepasster Stellung <strong>de</strong>s<br />

Rodlers (sic) o<strong>de</strong>r Benutzung einer Sprungschanze.<br />

Kein einziger Rodler trug einen<br />

Sturzhelm.<br />

Die Autoren halten es für sinnvoll, Eltern an<br />

Sicherheitsmassnahmen zu erinnern, die<br />

Unfälle verhin<strong>de</strong>rn «ohne die Freu<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s<br />

Schlittelns zu min<strong>de</strong>rn» (nochmals sic).<br />

Referenz<br />

Sledging is still a seasonal source of serious<br />

injury in Scottish children.<br />

Regan LA, Cooper JG.<br />

Scott Med J 2011; 56 (4): 188–190.<br />

Studienzentrum: Emergency Department,<br />

Aber<strong>de</strong>en Royal Infirmary, Aber<strong>de</strong>en AB25<br />

2ZN, Scotland, UK.<br />

Risiken im Zusammenhang mit<br />

verschluckten Knopfbatterien<br />

Die Autoren <strong>de</strong>s ersten Artikels berichten<br />

über <strong>de</strong>n Fall eines 3-monatigen Kin<strong>de</strong>s,<br />

das eine Knopfbatterie verschluckte, die<br />

ihm seine Schwester 2 Tage zuvor, in einem<br />

unüberwachten Moment, in <strong>de</strong>n Mund gelegt<br />

hatte. Die Batterie konnte durch eine<br />

Radiographie <strong>de</strong>s Abdomens lokalisiert<br />

wer<strong>de</strong>n. Die endoskopische Entfernung<br />

erwies sich als unmöglich, da die Batterie<br />

sich bereits in die Magenwand eingenistet<br />

hatte. Sie wur<strong>de</strong> durch Laparotomie entfernt.<br />

Bei <strong>de</strong>r Öffnung <strong>de</strong>s Magens hatte die<br />

10 mm grosse Batterie bereits die Magenwand<br />

durchschritten und war in Berührung<br />

<strong>de</strong>r Serosa und von nekrotischem Gewebe<br />

umgeben. Die Batterie war intakt und die<br />

Dichtung zwischen Ano<strong>de</strong> und Katho<strong>de</strong><br />

hatte sich nicht geöffnet. Das Kind verbrachte<br />

23 Tage im Spital bis eine vollständige<br />

enterale Ernährung wie<strong>de</strong>r aufgenommen<br />

wer<strong>de</strong>n konnte.<br />

Die Autoren unterstreichen die Tatsache,<br />

dass <strong>de</strong>r durch die Batterie erzeugte elektrische<br />

Strom und/o<strong>de</strong>r die chemische Verbrennung<br />

insbeson<strong>de</strong>re beim Kleinkind zu<br />

einer Ulzeration <strong>de</strong>r Magenschleimhaut<br />

42


Vol. 23 Nr. 1 2012<br />

Zeitschriftenreview<br />

führen können. Es besteht die einhellige<br />

Auffassung, dass ein Fremdkörper im Oesophagus<br />

notfallmässig entfernt wer<strong>de</strong>n<br />

muss, hingegen gehen die Meinungen bezüglich<br />

Fremdkörper, insbeson<strong>de</strong>re Knopfbatterien,<br />

im Magen auseinan<strong>de</strong>r. Die Autoren<br />

empfehlen ein ebenfalls rasches<br />

Entfernen (eine Haltung, die wir teilen).<br />

Der zweite Artikel berichtet über eine ähnliche<br />

Erfahrung: Auf 10 Kin<strong>de</strong>r, die eine<br />

Knopfbatterie verschluckt hatten, wiesen<br />

5 schwere Verletzungen <strong>de</strong>r Oesophaguso<strong>de</strong>r<br />

Magenmuskulatur auf, bei 2 war es<br />

zur Perforation gekommen, wovon eine bis<br />

in die Trachea, mit oeso-trachealer Fistelbildung.<br />

Die Autoren insistieren auf <strong>de</strong>r Tatsache,<br />

dass diese Verletzungen nicht nur <strong>de</strong>kubitus-,<br />

son<strong>de</strong>rn durch die beson<strong>de</strong>ren Eigenschaften<br />

<strong>de</strong>r Knopfbatterien bedingt sind,<br />

die <strong>de</strong>shalb notfallmässig entfernt wer<strong>de</strong>n<br />

müssen.<br />

Referenzen<br />

Severe gastric damage caused by button<br />

battery ingestion in a 3-month-old infant.<br />

S Honda, M Shinkai, Y Usui, et al.<br />

J Pediatr Surg 2010; 45 (9): e 23–e 26.<br />

Studienzentrum: Department of Surgery,<br />

Kanagawa Children’s Medical Center, Yokohama,<br />

Japon.<br />

Kimball SJ, Park AH, Rollins MD, Grimmer<br />

JF, Muntz H.<br />

A review of esophageal disc battery ingestions<br />

and a protocol for management.<br />

Arch Otolaryngol Head Neck Surg. 2010;<br />

136 (9): 866–871.<br />

Studienzentrum: University of Utah School<br />

of Medicine, Division of Otolaryngology-<br />

Head and Neck Surgery, Salt Lake, USA.<br />

Beinverletzungen durch<br />

Fahrradspeichen<br />

Diese nicht immer harmlosen Verletzungen<br />

sind in pädiatrischen Notfallstationen gut<br />

bekannt; es erstaunt mich <strong>de</strong>shalb, wie<br />

wenig bisher darüber berichtet wur<strong>de</strong>. Hier<br />

zwei Beiträge zu diesem Thema.<br />

Der erste beschreibt 3 4–6-jährige Kin<strong>de</strong>r,<br />

alle Passagiere auf <strong>de</strong>m Hintersitz eines<br />

Fahrra<strong>de</strong>s, <strong>de</strong>ren Beine in die sich drehen<strong>de</strong>n<br />

Speichen gerieten. Nur das jüngste war<br />

in einem Kin<strong>de</strong>rsitz mit einer Schutzvorrichtung.<br />

Alle drei erlitten eine Tibiafraktur,<br />

wobei in einem Fall eine Ostesynthese<br />

notwendig wur<strong>de</strong>.<br />

Im Zusammenhang mit diesen 3 schweren<br />

Fällen berichten die Autoren, dass in <strong>de</strong>n<br />

Nie<strong>de</strong>rlan<strong>de</strong>n (<strong>de</strong>m Veloland!) jährlich etwa<br />

4500 Kin<strong>de</strong>r in Notfallstationen versorgt<br />

wer<strong>de</strong>n, die sich als Passagier durch Kontakt<br />

mit <strong>de</strong>m Hinterrad verletzt haben. Sie<br />

betonen, wie wichtig es ist, Fahrradsitze zu<br />

benutzen, die die Beine <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r vor <strong>de</strong>n<br />

sich drehen<strong>de</strong>n Radspeichen schützen.<br />

Im zweiten Bericht aus Indien geht es um<br />

41 4–12-jährige Kin<strong>de</strong>r mit solchen Verletzungen,<br />

7 durch das Vor<strong>de</strong>r-, die übrigen<br />

34 durch das Hinterrad. Es kam zu 8 Frakturen,<br />

vor allem aber zu zahlreichen Hautable<strong>de</strong>rungen,<br />

wobei in mehreren Fällen<br />

die Achillessehne o<strong>de</strong>r Gelenke freigelegt<br />

wur<strong>de</strong>n. Fünf dieser Hautlappen wur<strong>de</strong>n<br />

nekrotisch.<br />

Die Autoren betonen, dass die Schwere<br />

dieser Verletzungen oft unterschätzt wird,<br />

da sie anfänglich harmloser aussehen als<br />

sie in Tatsache sind. Es wird empfohlen, sie<br />

systematisch nach 48 Stun<strong>de</strong>n nachzukontrollieren.<br />

Die Vorbeugung besteht selbstverständlich<br />

in kin<strong>de</strong>rgerechten Velositzen,<br />

aber auch im Tragen angepasster Schuhe.<br />

Referenzen<br />

Bicycle spoke-related injuries in children:<br />

Emphasise prevention.<br />

Kramer WL, Haaring GJ.<br />

Ned Tijdschr Geneeskd 2011; 155 (30–31):<br />

A 3736.<br />

Studienzentrum: Universitair Medisch Centrum<br />

– Wilhelmina Kin<strong>de</strong>rziekenhuis, afd.<br />

Kin<strong>de</strong>rchirurgie, Utrecht.<br />

Agarwal A, Pruthi M.<br />

Bicycle-spoke injuries of the foot in children.<br />

J Orthop Surg (Hong Kong). 2010 Dec; 18<br />

(3): 338–41.<br />

Studienzentrum: Department of Orthopaedics,<br />

Chacha Nehru Bal Chikitsalaya, Delhi,<br />

India.<br />

Hun<strong>de</strong> verursachen bei Kin<strong>de</strong>rn<br />

nicht nur Bissverletzungen<br />

In <strong>de</strong>n USA wer<strong>de</strong>n je<strong>de</strong>s Jahr 4.7 Millionen<br />

Kin<strong>de</strong>r von einem Hund gebissen. Vieles<br />

wur<strong>de</strong> zu Hun<strong>de</strong>bissen gesagt, überlegt<br />

und geschrieben. Aber an<strong>de</strong>re, durch <strong>de</strong>n<br />

Kontakt zwischen Kin<strong>de</strong>rn und Hun<strong>de</strong>n<br />

bedingte Verletzungsarten wur<strong>de</strong>n nie untersucht.<br />

Die Autoren haben alle Aufnahmen in ihrer<br />

Notfallstation untersucht, die mit solchen<br />

Verletzungen zusammenhingen. Die im Zusammenhang<br />

mit einem Hund stehen<strong>de</strong>n<br />

Aufnahmen stellten 2% <strong>de</strong>r traumabedingten<br />

Notfälle dar, entsprechend 191<br />

0–20-jährige Kin<strong>de</strong>r im Zeitabschnitt 2001<br />

bis 2007. Davon waren 18% keine Bissverletzungen.<br />

Die Mehrzahl (76%) ergab sich<br />

aus direktem Kontakt mit einem Hund. In<br />

12% <strong>de</strong>r Fälle stürzte das Kind in <strong>de</strong>n Armen<br />

eines Erwachsenen weil ein Hund sie<br />

gestos sen hatte o<strong>de</strong>r sich zwischen <strong>de</strong>n<br />

Beinen hindurchzwängte. Zusammenstösse<br />

zwischen Hund und verschie<strong>de</strong>nen Fahrzeugen<br />

(Fahrrad, Roller usw.) waren in 12%<br />

<strong>de</strong>r Fälle Unfallursache. Häufigste Verletzungen<br />

waren Prellungen, Schä<strong>de</strong>lverletzungen,<br />

Frakturen von Extremitäten, am<br />

häufigsten <strong>de</strong>s Femurs.<br />

Die Autoren schliessen daraus , dass diese<br />

weite Gruppe von Verletzungen bei Analyse<br />

und Vorbeugung von hun<strong>de</strong>bedingten Unfällen<br />

nicht mehr unbeachtet bleiben sollte.<br />

Referenz<br />

«Non-bite dog-related» injuries: An overlooked<br />

injury mechanism in the pediatric<br />

population.<br />

Juang D, Sippey M, Zuckerbraun N, Rutkoski<br />

JD, Gaines BA.<br />

J Trauma 2011; 71 (5 Suppl 2): S 531–S 533.<br />

Studienzentrum: From the Department of<br />

Surgery, Children’s Mercy Hospital, Kansas<br />

City, Missouri; Department of Surgery<br />

(M.S., J.D.R., B.A.G.), and Department of<br />

Emergency Medicine (N.Z.), Children’s Hospital<br />

of Pittsburgh of UPMC, Pittsburgh,<br />

Pennsylvania.<br />

Aerosolsprays:<br />

Schützt Kin<strong>de</strong>raugen!<br />

Die Autoren dieses Artikels stützen sich auf<br />

eine grosse Datenbank (National Electronic<br />

Injury Surveillance System) um auf die Gefahren<br />

im Zusammenhang mit Aerosolsprays<br />

bei Kin<strong>de</strong>rn aufmerksam zu machen.<br />

Von 41 869 Notfallaufnahmen im Zusammenhang<br />

mit Aerosolsprays, betrafen im<br />

Verlauf <strong>de</strong>r über 12 Jahre (1997–2009) geführten<br />

Studie 10 765 (26%) die Augen.<br />

Kin<strong>de</strong>r von 0–18 Jahren waren in über <strong>de</strong>r<br />

43


Zeitschriftenreview<br />

Vol. 23 Nr. 1 2012<br />

Hälfte <strong>de</strong>r Fälle (55%) betroffen, 26% waren<br />

unter 4-jährig. Die Autoren vermuten, dass<br />

die Zahl <strong>de</strong>r dokumentierten Verletzungen<br />

wahrscheinlich unterschätzt wird.<br />

Die meisten Unfälle geschehen zuhause<br />

(71%). Farbsprays sind die häufigste Ursache<br />

(19%), gefolgt von kosmetischen o<strong>de</strong>r<br />

Pflegeprodukten, Reinigungsmitteln, Insektizi<strong>de</strong>n.<br />

Meist geschieht <strong>de</strong>r Unfall, weil <strong>de</strong>r<br />

Spray gegen das Opfer gerichtet ist. Es<br />

kommt zu chemischer Bin<strong>de</strong>hautentzündung<br />

(36%), chemischer Verbrennung (30%),<br />

Erosionen o<strong>de</strong>r fremdkörperartigen Verletzungen<br />

<strong>de</strong>r Augen (16%).<br />

Die Autoren weisen darauf hin, dass die<br />

Gefahr, welche diese gasangetriebenen<br />

Aerosolsprays darstellen, verkannt wird,<br />

und dass sie durch Kin<strong>de</strong>rhän<strong>de</strong> unerreichbar<br />

aufbewahrt wer<strong>de</strong>n müssen. Wir möchten<br />

beifügen, dass sie im Sinne <strong>de</strong>r Unfallverhütung,<br />

aber auch aus ökologischen<br />

Grün<strong>de</strong>n durch treibgasfreie Sprühdosen<br />

ersetzt wer<strong>de</strong>n sollten.<br />

Referenz<br />

CJ Seidman, JG Linakis, MJ Mello, PB<br />

Greenberg.<br />

Aerosol container-related eye injuries in the<br />

United States: 1997–2009.<br />

Am J Ophthalmol 2011; 151 (6): 1041–1046.<br />

Studienzentrum: Ophtalmology, Rho<strong>de</strong> Island<br />

Hospital, Provi<strong>de</strong>nce, RI, USA.<br />

Sie legen dar, dass Mütter ein proaktiveres<br />

Verhalten in Bezug auf Unfallverhütung<br />

haben als überwachen<strong>de</strong> Kin<strong>de</strong>r, insbeson<strong>de</strong>re<br />

durch Entfernen möglicher Unfallquellen,<br />

während die überwachten Kin<strong>de</strong>r eher<br />

dazu neigen, mögliche Gefahren zu suchen,<br />

die ihr älteres Geschwister zu entfernen<br />

versucht hatte. Das Verhalten <strong>de</strong>s überwachten<br />

Kin<strong>de</strong>s ist in Gegenwart eines älteren<br />

Geschwisters gewagter als unter <strong>de</strong>r<br />

Überwachung durch die Mutter; das überwachen<strong>de</strong><br />

Geschwister seinerseits achtet<br />

weniger auf ein solches Verhalten als die<br />

Mutter. Das überwachte Kind folgt auch<br />

<strong>de</strong>utlich weniger <strong>de</strong>n Auffor<strong>de</strong>rungen seines<br />

älteren Geschwisters als <strong>de</strong>nen seiner<br />

Mutter, wenn es darum geht, auf ein Risikoverhalten<br />

zu verzichten.<br />

Zusammenfassend kann gesagt wer<strong>de</strong>n,<br />

dass, wird einem älteren die Aufgabe übertragen,<br />

sein jüngeres Geschwister zu überwachen,<br />

die Haltung <strong>de</strong>s überwachen<strong>de</strong>n<br />

wie auch die <strong>de</strong>s überwachten Geschwisters<br />

das Risikoverhalten erhöht.<br />

Referenz<br />

Morrongiello BA, Schell SL, Schmidt S.<br />

«Please keep an eye on your younger sister»:<br />

sibling supervision and young children’s risk<br />

of unintentional injury. Inj Prev 2010; 16 (6):<br />

398–402.<br />

Studienzentrum: Psychology Department, University<br />

of Guelph, Guelph, Ontario, Canada.<br />

Korrespon<strong>de</strong>nzadresse<br />

Prof. Dr. Olivier Reinberg<br />

Service <strong>de</strong> Chirurgie Pédiatrique<br />

Centre Hospitalier Universitaire Vaudois<br />

1011 Lausanne CHUV<br />

Olivier.reinberg@chuv.ch<br />

«Pass auf <strong>de</strong>ine kleine<br />

Schwester auf»<br />

Mit dieser Studie wollten die Autoren untersuchen,<br />

ob das Anvertrauen von jüngeren<br />

Geschwistern an ein älteres Kind zu einem<br />

erhöhten Unfallrisiko führt.<br />

44


Vol. 23 Nr. 1 2012<br />

Buchbesprechungen<br />

Aufgeklärt aber ahnungslos?<br />

Fit fürs Leben? Ein Test <strong>de</strong>r Wissen schafft für Jugendliche,<br />

Eltern, Lehrer und Erzieher<br />

Christoph Hilsberg, Verlag Spielberg Regensburg,<br />

ISBN 978-3-940609-38-0<br />

Marianne Caflisch, Genève<br />

Der Autor ist Kin<strong>de</strong>r- und Jugendarzt und<br />

stark in die Aufklärung Jugendlicher involviert.<br />

Dieses Buch ist als eine Hilfestellung<br />

zur Beantwortung alltäglicher, sexualspezifischer<br />

Fragen gedacht und richtet sich an<br />

Kin<strong>de</strong>r, Jugendliche und Eltern.<br />

Der Aufbau <strong>de</strong>s Buches ist sehr didaktisch,<br />

etwas zu schülerhaft und lei<strong>de</strong>r ohne jegliche<br />

Illustrationen (zum Beispiel Beschreibung<br />

<strong>de</strong>r Tannerstadien ohne Abbildungen).<br />

Der Vorschlag dieses Buch könnte von <strong>de</strong>n<br />

Jugendlichen im Freun<strong>de</strong>skreis o<strong>de</strong>r mit<br />

<strong>de</strong>n Eltern als Diskussionsgrundlage genutzt<br />

wer<strong>de</strong>n, scheint mir schwierig realisierbar.<br />

Viel eher scheint mir dieses Buch<br />

für jene Erwachsene sehr nützlich, die mit<br />

Jugendlichen arbeiten (Erzieher, Lehrer,<br />

Eltern) und wissen möchten, welche Fragen<br />

Adoleszente in Bezug auf ihre Sexualität<br />

haben könnten.<br />

Durch <strong>de</strong>n «Frage-Antwort-Stil» <strong>de</strong>s Buches<br />

wer<strong>de</strong>n interessante Aspekte <strong>de</strong>r Sexualität<br />

ohne Abschweifungen direkt angegangen,<br />

so unter an<strong>de</strong>rem Fragen zu Petting,<br />

Erektion, Selbstbefriedigung, Gynäkomastie,<br />

Impotenz o<strong>de</strong>r Unfruchtbarkeit. Interessant<br />

sind auch die Hinweise an Jugendliche,<br />

was sie selbst an sich beobachten<br />

können und wie körperliche Entwicklung<br />

sowie psychische und soziale Aspekte miteinan<strong>de</strong>r<br />

verknüpft sind.<br />

Gewisse Antworten stimmen hingegen<br />

nicht ganz mit <strong>de</strong>r hierzulan<strong>de</strong> üblichen<br />

Vorgehensweise überein, so wird zum Beispiel<br />

bei uns nicht empfohlen bald nach <strong>de</strong>n<br />

ersten Regelblutungen einen Frauenarzt<br />

aufzusuchen, zu<strong>de</strong>m wer<strong>de</strong>n keine systematischen<br />

Ultraschalluntersuchungen<br />

durchgeführt. Fragen zu mehr juristischen<br />

Aspekten (darunter auch zum Arztgeheimnis<br />

o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Mel<strong>de</strong>pflicht) bräuchten ein<strong>de</strong>utig<br />

differenziertere Antworten und mehrere<br />

Stellungsnahmen zu gynäkologischen<br />

Aspekten stimmen ebenfalls nicht mit unser<br />

Wissensvermittlung überein (z. B. Wirksamkeit<br />

<strong>de</strong>r Pille danach, Indikationen <strong>de</strong>s<br />

Intrauterinpessars).<br />

Es wird zu stark auf Hygiene und «Gefahren»<br />

eingegangen und bei <strong>de</strong>n Themen Beschneidung<br />

und Homosexualität unter an<strong>de</strong>rem<br />

auf die Bibel hingewiesen – dies<br />

scheint mir im Hinblick auf die neusten Erkenntnisse<br />

und auf <strong>de</strong>n multikulturellen<br />

Hintergrund unserer Jugendlichen ein Risiko<br />

für Missverständnisse darzustellen. Zu<strong>de</strong>m<br />

fehlen meines Erachtens Fragen zu<br />

Erotik, Pornographie und Internet – Fragen<br />

die heutzutage Jugendliche in Hinblick auf<br />

ihre Sexualität sehr beschäftigen.<br />

Somit wür<strong>de</strong> ich dieses Buch als eine wertvolle<br />

Grundlage für die Diskussion von Erwachsenen<br />

mit Jugendlichen empfehlen,<br />

hingegen wür<strong>de</strong> ich es nicht unbedingt Jugendlichen<br />

direkt abgeben.<br />

Korrespon<strong>de</strong>nzadresse<br />

Marianne Caflisch, Genève<br />

Marianne.Caflisch@hcuge.ch<br />

45


Buchbesprechungen<br />

Vol. 23 Nr. 1 2012<br />

«Les humiliations <strong>de</strong> l’exil»<br />

Les pathologies <strong>de</strong> la honte chez les enfants migrants<br />

Francine Rosenbaum, Collection «Psychothérapie créatives»,<br />

Editions Fabert, 2009, 177 p., ISBN 978-2-84922-088-7<br />

Dominique Tzogalis-Briner, Lausanne<br />

sont souvent amenées à œuvrer dans un<br />

champ bien plus vaste que le seul langage<br />

oral ou écrit du pays d’accueil où vit l’enfant.<br />

www.ethnoclinique.ch/fr/<br />

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»<br />

En couverture : à définir XXXXXXXXXXX<br />

Les humiliations <strong>de</strong> l’exil Francine Rosenbaum<br />

Les pathologies <strong>de</strong> la honte chez les enfants migrants<br />

Psychothérapies créatives<br />

Psychothérapies créatives<br />

Francine Rosenbaum<br />

Les humiliations<br />

<strong>de</strong> l’exil<br />

Les pathologies<br />

<strong>de</strong> la honte chez<br />

les enfants migrants<br />

Ecrit par une logopédiste/orthophoniste<br />

ethno-clinicienne, «Les humiliations <strong>de</strong><br />

l’exil», <strong>de</strong> Francine Rosenbaum, est fertile<br />

en enseignement pour les pédiatres car il<br />

dévoile une façon différente d’abor<strong>de</strong>r les<br />

familles migrantes, souvent victimes <strong>de</strong><br />

violence ou <strong>de</strong> paupérisation dans leur pays<br />

d’origine.<br />

turc, kosovare etc.) qui se charge d’effectuer<br />

tant bien que mal la traduction afin que<br />

parents et pédiatre se comprennent. La<br />

situation tient parfois du paradoxe lorsque<br />

les parents consultent pour <strong>de</strong>s «problèmes<br />

à l’école, en particulier en français»!<br />

Articulé en trois chapitres principaux, le<br />

livre est illustré par <strong>de</strong>s cas cliniques qui<br />

permettent <strong>de</strong> présenter <strong>de</strong>s concepts, tels<br />

la construction d’un génogramme.<br />

1. Les pathologies langagières <strong>de</strong> la<br />

honte où sont développées quatre histoires<br />

cliniques édifiantes.<br />

2. L’errance <strong>de</strong>s soignants dans l’approche<br />

<strong>de</strong>s migrants victimes <strong>de</strong> la<br />

violence.<br />

Dans ce chapitre, Mme Rosenbaum décrit<br />

avec humilité et sagesse son parcours<br />

<strong>de</strong> thérapeute du langage et <strong>de</strong> la<br />

communication. Elle décrit sa pratique<br />

comme transdisciplinaire, telle une passerelle<br />

entre l’ethno-psychologie et la<br />

pédagogie au sens large.<br />

3. Les passeurs <strong>de</strong> parole<br />

Ce chapitre insiste sur l’importance <strong>de</strong> la<br />

présence d’un traducteur grâce auquel<br />

peut s’effectuer une véritable médiation<br />

linguistico-culturelle. Celle-ci est essentielle<br />

au travail clinique, social et psychopédagogique.<br />

Correspondance<br />

Dresse Dominique Tzogalis-Briner<br />

Pédiatre FMH<br />

Avenue d’Echallens 63<br />

1004 Lausanne<br />

d.tzogal@bluewin.ch<br />

Fruit <strong>de</strong> sa propre expérience et enrichi par<br />

une vie professionnelle consacrée aux<br />

troubles <strong>de</strong> la communication chez les enfants<br />

multiculturels, cet ouvrage est particulièrement<br />

captivant et stimulant. Il nous<br />

conduit à une réflexion originale sur la prise<br />

en charge <strong>de</strong>s enfants aux origines diverses.<br />

Pratiquant la pédiatrie à Lausanne dans un<br />

quartier à forte <strong>de</strong>nsité <strong>de</strong> migrants, je suis<br />

confrontée quotidiennement à un «voyage<br />

culturel». Lors <strong>de</strong> nombreuses consultations,<br />

c’est le jeune patient (sri-lankais,<br />

Dans sa postface, Clau<strong>de</strong> Mamin, psychologue<br />

clinicienne, souligne: «Francine Rosenbaum<br />

nous donne, à travers les récits<br />

<strong>de</strong> son travail élaboré <strong>de</strong>puis <strong>de</strong> nombreuses<br />

années, la certitu<strong>de</strong> que nous ne<br />

pouvons agir avec les enfants et leur famille<br />

qu’à partir <strong>de</strong> leurs attachements multiples<br />

à <strong>de</strong>s langues, <strong>de</strong>s lieux, <strong>de</strong>s ancêtres, <strong>de</strong>s<br />

manières <strong>de</strong> faire …»<br />

Je recomman<strong>de</strong> vivement cette lecture qui<br />

nous permet par ailleurs <strong>de</strong> mieux comprendre<br />

le travail <strong>de</strong>s logopédistes/orthophonistes<br />

qui, sans être ethno-cliniciennes,<br />

46


Vol. 23 Nr. 1 2012<br />

Buchbesprechungen<br />

«Être parents après la séparation»<br />

Construire une coparentalité sereine pour préserver l’enfant<br />

Jacques Biolley, Éditions Hachette, 2012, 212 p.<br />

ISBN 978-2-0123-0548-9<br />

Jacques Salomé<br />

trouver ou à maintenir une cohésion ou une<br />

qualité <strong>de</strong> relation qu’il pourrait mettre au<br />

service <strong>de</strong> l’enfant.<br />

Avec beaucoup <strong>de</strong> pertinence et <strong>de</strong> clarté,<br />

il pose <strong>de</strong>s jalons pour inviter les parents<br />

séparés à créer une nouvelle alliance et <strong>de</strong><br />

nouveaux accords favorables à une coparentalité<br />

susceptible <strong>de</strong> répondre aux besoins<br />

<strong>de</strong> leurs enfants: une coparentalité<br />

qui leur permettra <strong>de</strong> dépasser les culpabilités<br />

ou les ressentiments accumulés avant,<br />

pendant ou après la séparation.<br />

<strong>de</strong> mieux définir les nouveaux réseaux <strong>de</strong><br />

relations et les rôles à assumer, comment<br />

aussi en accepter les limites et les possibles<br />

pour pouvoir les vivifier au lieu <strong>de</strong> les<br />

déformer ou les maltraiter!<br />

Un livre à utiliser comme un manuel familier<br />

(que l’on peut tenir en main), comme un<br />

support à <strong>de</strong>s échanges et à <strong>de</strong>s partages<br />

entre ex-conjoint et nouveaux conjoints.<br />

Correspondance<br />

Jacques Salomé<br />

Psychosociologue<br />

Formateur en Relations humaines<br />

www.j-salome.com<br />

Même si nous avons tendance à l’oublier,<br />

l’amour que nous avons pour nos enfants<br />

ne suffit pas pour les élever et leur permettre<br />

d’avancer dans la vie en développant<br />

le maximum <strong>de</strong> leurs ressources.<br />

L’amour parental ne peut pas remplacer les<br />

gran<strong>de</strong>s fonctions parentales qui sont à<br />

exercer à leur égard sur plusieurs plans:<br />

fonction maman et mère, fonction papa et<br />

père, fonctions <strong>de</strong> coordination et <strong>de</strong> cohérence<br />

pour leur permettre d’affronter la vie<br />

qui les attend. C’est bien l’exercice d’une<br />

coparentalité équilibrée, acceptée sans<br />

ambivalence, qui donnera à un enfant les<br />

moyens <strong>de</strong> vivre les différentes contradictions<br />

et découvertes plus ou moins positives,<br />

plus ou moins gratifiantes ou blessantes<br />

qui vont jalonner sa vie.<br />

Le livre <strong>de</strong> Jacques Biolley vient à point<br />

nommé pour nous rappeler justement que,<br />

trop fréquemment, le duo parental n’arrive<br />

pas, après une séparation <strong>de</strong> couple, à<br />

Cet ouvrage extrêmement concret <strong>de</strong>vrait<br />

pouvoir ai<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s femmes et <strong>de</strong>s hommes<br />

– et à travers eux <strong>de</strong>s enfants – à assumer<br />

le réveil <strong>de</strong>s blessures liées à la séparation,<br />

à retrouver l’estime <strong>de</strong> soi, à maintenir une<br />

fidélité envers soi-même, à retrouver,<br />

quand c’est possible, un respect mutuel et<br />

une reconnaissance <strong>de</strong> leurs apports respectifs.<br />

En rappelant les gran<strong>de</strong>s fonctions<br />

parentales, c’est-à-dire l’ensemble <strong>de</strong>s attitu<strong>de</strong>s,<br />

comportements et ajustements qui<br />

seront autant <strong>de</strong> réponses adaptées aux<br />

besoins relationnels d’un enfant et à ses<br />

attentes existentielles, l’auteur pose <strong>de</strong>s<br />

balises et structure <strong>de</strong>s démarches possibles<br />

pour préserver l’enfant <strong>de</strong>s retombées,<br />

trop souvent douloureuses, <strong>de</strong> la séparation<br />

<strong>de</strong>s parents.<br />

Avec beaucoup <strong>de</strong> finesse et <strong>de</strong> savoir, avec<br />

une gran<strong>de</strong> sensibilité toute proche <strong>de</strong><br />

l’intime, Jacques Biolley témoigne pour<br />

chaque enfant <strong>de</strong> parents séparés. Il sait<br />

non seulement reconnaître leur malaise<br />

mais aussi l’exprimer et énoncer les pièges<br />

dans lesquels les parents peuvent s’enfermer.<br />

Il montre comment, par fidélité, loyauté<br />

invisible et tenace, un enfant peut<br />

prendre sur lui <strong>de</strong> vouloir réparer les souffrances<br />

qu’il perçoit chez l’un ou l’autre <strong>de</strong><br />

ses parents. Il abor<strong>de</strong> avec une gran<strong>de</strong> intelligence<br />

la question <strong>de</strong>s couples reconstitués,<br />

et montre comment il serait possible<br />

47


Buchbesprechungen<br />

Vol. 23 Nr. 1 2012<br />

Kraft für Kids<br />

Kin<strong>de</strong>r brauchen Bewegung<br />

Urs Eiholzer, ISBN 978-3-909095-02-5<br />

Paul W. Meier, Solothurn<br />

In einem ersten, allgemeinen Teil wird beschrieben,<br />

wie wichtig Bewegung für die<br />

kindliche Entwicklung ist. Es wird <strong>de</strong>tailliert<br />

aufgezeigt und belegt, warum Bewegung<br />

sowohl für die künftige Gesundheit als auch<br />

die allgemeine Entwicklung wichtig ist. Ein<br />

beson<strong>de</strong>rer Stellenwert wird dabei <strong>de</strong>r<br />

Kraftentwicklung eingeräumt. Dass spezifisches<br />

Krafttraining bereits im Primarschulalter<br />

positive Effekte hat und dadurch die<br />

allgemeine Bewegungslust massiv gesteigert<br />

wer<strong>de</strong>n kann, war für mich neu. Der<br />

Autor weist auch nachdrücklich auf die<br />

Mängel in <strong>de</strong>r heutigen Bewegungsför<strong>de</strong>rung<br />

unserer Kin<strong>de</strong>r hin und formuliert<br />

konkrete Vorschläge, wie sowohl im öffentlichen<br />

Leben als auch in <strong>de</strong>r Familie angesetzt<br />

wer<strong>de</strong>n könnte und sollte.<br />

Der zweite Teil widmet sich spezifischen<br />

Themen wie z. B. <strong>de</strong>r hormonellen Steuerung<br />

von Hunger und Bewegungslust, Übergewicht,<br />

<strong>de</strong>r Talentselektion im Spitzensport<br />

o<strong>de</strong>r einem speziellen, vom Autoren<br />

selbst entwickelten «Entwicklungsorientierten<br />

Muskeltraining» für Kin<strong>de</strong>r und Jugendliche<br />

(EOM).<br />

kreten Literaturverweisen. Ausser<strong>de</strong>m entsteht<br />

ein bisschen <strong>de</strong>r Eindruck eines Einzelkämpfers.<br />

Der Autor beklagt sich über<br />

mangeln<strong>de</strong> staatliche För<strong>de</strong>rgel<strong>de</strong>r für seine<br />

private Institution o<strong>de</strong>r über das Bun<strong>de</strong>samt<br />

für Sport, das zwar gute Initiativen<br />

zeige, diese aber nicht umsetze. Um wirklich<br />

etwas zu verän<strong>de</strong>rn, braucht es wohl<br />

die intensive Zusammenarbeit zwischen<br />

öffentlichen Institutionen und <strong>de</strong>n «privaten»<br />

Experten. Es ist zu hoffen, dass dieses<br />

Buch ein erster Schritt ist, die wichtigen<br />

Stellen zusammen zu bringen. Der Autor<br />

schreibt im Vorwort ausdrücklich, dieses<br />

Buch sei kein Schluss-, son<strong>de</strong>rn erst ein<br />

Zwischenrapport. Die Lektüre lohnt sich<br />

alleweil und auf die Fortsetzung kann man<br />

gespannt sein.<br />

Korrespon<strong>de</strong>nzadresse<br />

Dr. med. Paul W. Meier<br />

paul.meier@me.com<br />

Ein Buch zu Bewegung und Kraft bei Kin<strong>de</strong>rn<br />

von einem Schweizer Kin<strong>de</strong>rendokrinologen?<br />

Das tönt interessant. Gemäss<br />

Vorwort richtet sich das Buch an alle interessierten<br />

Kreise aus Politik, Sport, Schule<br />

und Medizin. Ziel ist es, wissenschaftliche<br />

Ansichten zum Thema Kind und Bewegung<br />

einem weiten Publikum bekannt zu machen.<br />

Im ganzen Buch spürt man <strong>de</strong>n Enthusiasmus<br />

<strong>de</strong>s Autors für das Thema Bewegung<br />

und Kind. Er engagiert sich seit Jahren von<br />

Spitzensport bis Schulsport, um wissenschaftliche<br />

Erkenntnisse zu gewinnen und<br />

wie<strong>de</strong>r in die Praxis einfliessen zu lassen.<br />

Diesem Zweck dient auch das vorliegen<strong>de</strong><br />

Buch. Es soll die öffentliche Wahrnehmung<br />

dafür sensibilisieren, was Kin<strong>de</strong>r i<strong>de</strong>alerweise<br />

brauchen und wo Verän<strong>de</strong>rungen<br />

dringend nötig wären. Dies gelingt auf anschauliche<br />

und überzeugen<strong>de</strong> Art. Es ist<br />

beeindruckend auf welchen Fundus an eigenen<br />

wissenschaftlichen Untersuchungen<br />

<strong>de</strong>r Autor zurückgreifen kann. Es bleibt allerdings<br />

ein Wermutstropfen. Die meisten<br />

zitierten Studien stammen aus <strong>de</strong>r Fe<strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>s Autoren selbst und es mangelt an kon-<br />

Zwei freie Plätze in <strong>de</strong>r Supervisionsgruppe in Zürich Wollishofen<br />

In <strong>de</strong>r entwicklungspädiatrischen Supervisionsgruppe in Zürich Wollishofen<br />

sind zwei Plätze neu frei gewor<strong>de</strong>n. Wir (8 Pädiater Innen)<br />

treffen uns 4-mal/Jahr an einem Donnerstagabend von 18.30–21.30<br />

Uhr. Jeweils zwei Pädiater stellen pro Abend je ein Kind auf Vi<strong>de</strong>o vor.<br />

Die Fragestellungen umfassen entwicklungspädiatrische Themen aus<br />

<strong>de</strong>m allgemeinpädiatrischen Alltag (z. B. Vorsorge) bis hin zu spezifisch<br />

entwicklungspädiatrischen Fragestellungen. Die Kosten betragen CHF<br />

420.–/Jahr. Für Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Schweizerischen Gesellschaft für Entwicklungspädiatrie<br />

ist die Teilnahme vorerst noch kostenlos. Leitung<br />

und weitere Infos: KD Dr. med. Sepp Holtz, holtz@cyberlink.ch<br />

48

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