Smartphone Version - Société suisse de pédiatrie
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Empfehlungen<br />
Vol. 23 Nr. 1 2012<br />
Ausrüstung<br />
Eine Checkliste <strong>de</strong>r erfor<strong>de</strong>rlichen Ausrüstung<br />
für Spital- und Hausgeburt fin<strong>de</strong>t sich<br />
im Anhang (Liste 1 und 2).<br />
Antepartaler Transport<br />
von Risiko-Schwangeren<br />
Die Entbindung von bestimmten Risiko-<br />
Schwangeren benötigt im Hinblick auf die<br />
optimale Betreuung <strong>de</strong>r Mutter und <strong>de</strong>s<br />
Kin<strong>de</strong>s spezialisierte Kenntnisse, Fähigkeiten<br />
und Ausrüstung, die aus Häufigkeits-,<br />
Erfahrungs- und Kostengrün<strong>de</strong>n nicht in<br />
je<strong>de</strong>r Geburtsklinik vorhan<strong>de</strong>n sein können.<br />
Ein kleiner Teil von Schwangeren bedarf<br />
daher rechtzeitig vor <strong>de</strong>r geplanten o<strong>de</strong>r<br />
bevorstehen<strong>de</strong>n Entbindung einer Verlegung<br />
in ein perinatales Zentrum mit neonatologischer<br />
Intensivstation.<br />
Indikationen für eine pränatale<br />
Verlegung<br />
Eine intrauterine Verlegung in ein perinatales<br />
Zentrum ist in all jenen Situationen<br />
angezeigt, in <strong>de</strong>nen das Neugeborene voraussichtlich<br />
eine Reanimation o<strong>de</strong>r Intensivmassnahmen<br />
brauchen wird.<br />
A) Absolute Indikationen sind:<br />
• Drohen<strong>de</strong> Frühgeburt vor 32 0/7 Schwangerschaftswochen.<br />
• Falls keine Neonatologie-Abteilung in <strong>de</strong>r<br />
Klinik vorhan<strong>de</strong>n: Drohen<strong>de</strong> Frühgeburt<br />
vor 34 0/7–35 0/7 SSW o<strong>de</strong>r geschätztes<br />
Geburtsgewicht < 2000 g, ansonsten<br />
relative Indikation.<br />
• Voraussehbare schwere Anpassungsstörungen,<br />
die Intensivmassnahmen erfor<strong>de</strong>rn.<br />
• Höhergradige Mehrlinge (Drillinge und<br />
mehr).<br />
• Pränatal diagnostizierte, versorgungsbedürftige<br />
Fehlbildungen.<br />
B) Relative Indikationen (in Zweifelsfällen<br />
und je nach lokalen Verhältnissen soll mit<br />
<strong>de</strong>m Perinatalzentrum Rücksprache genommen<br />
wer<strong>de</strong>n) sind<br />
• Intrauterine Infektion.<br />
• Hämolytische Erkrankung <strong>de</strong>s Feten.<br />
• Fetale Rhythmusstörungen.<br />
• Intrauterine Mangelentwicklung (geschätztes<br />
fetales Gewicht < 5. Perzentile).<br />
• Chronische o<strong>de</strong>r instabile Erkrankung <strong>de</strong>r<br />
Mutter (Hypertonie, Präeklampsie,<br />
HELLP-Syndrom, Diabetes mellitus, Zustand<br />
nach Transplantation, Autoimmunopathien<br />
usw.).<br />
• Mütterlicher Suchtmittelkonsum.<br />
• Fetus mit letalen Fehlbildungen, bei <strong>de</strong>nen<br />
Intensivmassnahmen als nicht sinnvoll<br />
erachtet wer<strong>de</strong>n.<br />
Neonatale Adaptation<br />
Einleitung<br />
Die Umstellung vom intra- zum extrauterinen<br />
Leben erfor<strong>de</strong>rt eine Reihe von biologischen<br />
Anpassungsvorgängen, die für die<br />
Integrität vor allem <strong>de</strong>s Zentralnervensystems<br />
wichtig sind. Die Geburt und die<br />
ersten Lebenstage sind aber auch ein emotionales<br />
Ereignis, das einen prägen<strong>de</strong>n<br />
Einfluss auf die zukünftige Eltern-Kind-<br />
Beziehung hat. Die perinatale Betreuung<br />
muss diese biologischen und emotionalen<br />
Bedürfnisse einbeziehen und adäquat gewichten.<br />
Vorbereitung für die Erstversorgung<br />
• Gebärzimmer warm halten (möglichst<br />
≥ 25 °C).<br />
• Wärmelampe und Licht anschalten.<br />
• Unterlagen <strong>de</strong>r Mutter durchlesen und<br />
abwägen, ob Unterstützung von einer<br />
erfahrenen Person zur Betreuung <strong>de</strong>s<br />
Kin<strong>de</strong>s notwendig wer<strong>de</strong>n könnte.<br />
• Material überprüfen.<br />
• Hän<strong>de</strong> waschen, Handschuhe (nicht steril).<br />
• Stoppuhr/Apgar-Uhr nach vollständiger<br />
Entwicklung <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s starten 10) .<br />
Abnabeln<br />
Bei Früh- und Termingeborenen nach vaginaler<br />
Geburt ohne Reanimationsbedarf und<br />
ohne mütterliche Indikation zur raschen<br />
Abnabelung (z. B. Blutung), und insbeson<strong>de</strong>re<br />
bei Neugeborenen mit Hypovolämierisiko<br />
(v. a. nach Vakuum-Entbindung o<strong>de</strong>r<br />
Entwicklung aus Beckenendlage), kann<br />
durch eine Lagerung <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s etwa 20–<br />
30 cm unterhalb <strong>de</strong>s introitus vaginae und<br />
Abnabelung erst 60 Sekun<strong>de</strong>n nach <strong>de</strong>r<br />
Geburt eine plazento-neonatale Transfusion<br />
erreicht wer<strong>de</strong>n a); 3), 5), 11), 12) .<br />
Klinische Beurteilung <strong>de</strong>r Adaptation<br />
Folgen<strong>de</strong> 4 Kriterien sind für <strong>de</strong>n Einsatz<br />
allfälliger Reanimationsmassnahmen wegleitend<br />
(Algorithmus):<br />
• Atmung: Vorhan<strong>de</strong>n, nicht vorhan<strong>de</strong>n?<br />
Schnappatmung? In <strong>de</strong>r Regel beginnt ein<br />
gesun<strong>de</strong>s Neugeborenes innerhalb <strong>de</strong>r<br />
ersten 60 Sekun<strong>de</strong>n nach Entwicklung zu<br />
atmen o<strong>de</strong>r zu schreien.<br />
• Herzfrequenz: Vorzugsweise mit Stethoskop<br />
o<strong>de</strong>r durch Palpation an <strong>de</strong>r Basis<br />
<strong>de</strong>r Nabelschnur ermitteln. Ist die Herzfrequenz<br />
über 60/Min. bzw. über 100/<br />
Min.? Die Palpation <strong>de</strong>s peripheren Pulses<br />
ist zur Bestimmung <strong>de</strong>r Herzfrequenz<br />
nicht geeignet 6) .<br />
• Tonus: Ein sehr hypotones Neugeborenes<br />
wird mit grosser Wahrscheinlichkeit eine<br />
Atemunterstützung brauchen 5) .<br />
• Kolorit: Wird das Kind zentral rosig (Farbe<br />
<strong>de</strong>r Zunge beurteilen)? Die meisten Neugeborenen<br />
sind initial blass-zyanotisch,<br />
da die fetale O 2<br />
-Sättigung nur 40–60%<br />
beträgt und die Hautdurchblutung noch<br />
vermin<strong>de</strong>rt ist. Nach einigen Minuten<br />
breitet sich ein rosiges Kolorit über <strong>de</strong>n<br />
ganzen Körper aus. Die Beurteilung <strong>de</strong>r<br />
Oxygenierung anhand <strong>de</strong>s Hautkolorits<br />
kann schwierig sein 18) . Insbeson<strong>de</strong>re bei<br />
Vorliegen einer Anämie wird eine zentrale<br />
Zyanose erst bei tiefen Sauerstoffsättigungswerten<br />
klinisch fassbar. Falls ein<br />
Neugeborenes klinisch zyanotisch bleibt,<br />
sollte die Oxygenation spätestens nach 5<br />
Lebensminuten mittels Pulsoxymetrie<br />
gemessen wer<strong>de</strong>n 5) . Ein sehr blasses<br />
Hautkolorit an<strong>de</strong>rerseits kann ein guter<br />
Indikator für eine behandlungsbedürftige<br />
Situation bei Anämie o<strong>de</strong>r Azidose sein 5) .<br />
Apgar-Score<br />
Der Apgar-Score ist eine standardisierte Bewertung<br />
<strong>de</strong>r postnatalen Adaptation und <strong>de</strong>s<br />
Erfolges anfälliger Reanimationsmassnahmen.<br />
Der Apgar-Score ist jedoch ungeeignet<br />
für die unmittelbare Entscheidung über <strong>de</strong>n<br />
Einsatz therapeutischer Massnahmen.<br />
1, 5 und 10 Minuten nach <strong>de</strong>r vollständigen<br />
Entwicklung <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s wird je<strong>de</strong>r einzelne<br />
Apgar-Parameter mit einer Punktzahl beurteilt<br />
und protokolliert. Bei Zustandsän<strong>de</strong>run-<br />
a) Bei <strong>de</strong>r Spätabnabelung sollen kulturell geprägte,<br />
individuelle Wünsche <strong>de</strong>r Gebären<strong>de</strong>n bezüglich Abnabelungszeitpunkt<br />
auch berücksichtigt wer<strong>de</strong>n. Die<br />
Spätabnabelung bei Frühgeborenen ist mit einem<br />
höheren mittleren Blutdruck und Hämatokrit sowie<br />
mit einer reduzierten Hirnblutungshäufigkeit assoziiert,<br />
jedoch nicht mit einer besseren Stabilität in <strong>de</strong>n<br />
ersten 4–6 Lebensstun<strong>de</strong>n bei Neugeborenen 13)–16) .<br />
Deshalb kann keine Empfehlung bez. Abnabelungszeit<br />
formuliert wer<strong>de</strong>n bei Neugeborenen, die einer Reanimation<br />
bedürfen. 3), 5) . Bei Kaiserschnittentbindung<br />
von termingeborenen Kin<strong>de</strong>rn wird eine umgehen<strong>de</strong><br />
Abnabelung nach Kindsentwicklung empfohlen. Bei<br />
frühgeborenen Kin<strong>de</strong>rn kann die Nabelschnur vor<br />
Abnabelung drei- bis viermal Richtung Kind ausmassiert<br />
wer<strong>de</strong>n 17) . Bezüglich Verabreichung von Oxytocin<br />
vor Abnabelung bei Kaiserschnitteinbindung sind<br />
die Daten bezüglich optimalem Zeitpunkt, Dosierung<br />
und Effektivität dieser Massnahme unklar.<br />
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