Smartphone Version - Société suisse de pédiatrie
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Vol. 23 Nr. 1 2012<br />
Editorial<br />
Patienten und Ärzte im Web<br />
Christian Kind, SGP-Präsi<strong>de</strong>nt, St. Gallen<br />
Liebe Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r SGP<br />
Wenn man in <strong>de</strong>r Tierwelt eine Umfrage<br />
über Nutzen und Risiken von Netzen durchführen<br />
wür<strong>de</strong>, wäre das Ergebnis stark davon<br />
beeinflusst, wie viele Spinnen und wie<br />
viele Fliegen unter <strong>de</strong>n Befragten wären.<br />
Bei von Menschen konstruierten Netzwerken<br />
und insbeson<strong>de</strong>re beim Internet wäre<br />
die Situation weit weniger ein<strong>de</strong>utig. Wir<br />
alle kennen die ungeheuren Möglichkeiten,<br />
im www einfach und rasch reiche Beute an<br />
nützlichen Informationen machen zu können,<br />
sind uns aber auch bewusst, in welche<br />
Fallstricke man sich bei <strong>de</strong>r Nutzung dieses<br />
globalen Netzes verwickeln kann.<br />
Gut bekannt, aber nicht einfach zu meistern<br />
sind die Risiken, wenn sensible Personendaten<br />
elektronisch ausgetauscht wer<strong>de</strong>n.<br />
Weniger vor<strong>de</strong>rgründig ist dagegen die<br />
grosse Schwierigkeit, <strong>de</strong>n Nutzen neuer<br />
Anwendungen abzuschätzen. Hier wird nur<br />
allzu oft auf die vollmundigen Versprechungen<br />
<strong>de</strong>r Anbieter und Promotoren abgestellt.<br />
Insbeson<strong>de</strong>re im Gesundheitswesen<br />
bestätigt sich dann aber immer wie<strong>de</strong>r die<br />
alte Regel, dass mit <strong>de</strong>m Einsatz von Informatikmitteln<br />
zwar sehr viel Nützliches erreicht,<br />
aber sicher nicht Geld und Zeit gespart<br />
wer<strong>de</strong>n kann.<br />
Die SGP wur<strong>de</strong> in letzter Zeit mit verschie<strong>de</strong>nen<br />
Projekten konfrontiert, durch die<br />
sensible persönliche Daten zur gezielten<br />
je<strong>de</strong>rzeitigen und ortsunabhängigen Nutzung<br />
durch Berechtigte online zur Verfügung<br />
gestellt wer<strong>de</strong>n sollen. Da ist einmal<br />
<strong>de</strong>r Entwurf zu einem Bun<strong>de</strong>sgesetz über<br />
das elektronische Patientendossier EPDG.<br />
An sich ist die I<strong>de</strong>e von e-Health bestechend,<br />
dass ein Patient je<strong>de</strong>rzeit und überall<br />
<strong>de</strong>m Arzt, <strong>de</strong>r ihn gera<strong>de</strong> behan<strong>de</strong>lt, alle<br />
relevanten Informationen über seine Gesundheit,<br />
die an verschie<strong>de</strong>nen Orten gespeichert<br />
sind, zur Verfügung stellen könnte.<br />
Die Schwierigkeiten auf <strong>de</strong>m Weg zur<br />
Verwirklichung dieser Vision im Praxisalltag<br />
wur<strong>de</strong>n allerdings in diesem Gesetzesentwurf<br />
zu wenig berücksichtigt. Insbeson<strong>de</strong>re<br />
ist die Rolle <strong>de</strong>s Haus- und Kin<strong>de</strong>rarztes als<br />
Hauptlieferant von Gesundheitsdaten nicht<br />
angemessen gewürdigt, so dass sich dieser<br />
viel eher als Fliege <strong>de</strong>nn als Spinne in diesem<br />
Netz wie<strong>de</strong>rfin<strong>de</strong>t. Die zahlreichen<br />
Schwachpunkte <strong>de</strong>r Gesetzesvorlage wur<strong>de</strong>n<br />
von <strong>de</strong>n Fachleuten bei MFE und FMH<br />
sorgfältig analysiert und kritisiert, so dass<br />
sich die SGP hier <strong>de</strong>ren Stellungnahmen<br />
anschliessen konnte.<br />
Ein sehr viel kleinräumigeres und weniger<br />
be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>s e-Projekt hat im Vorstand dagegen<br />
mehr zu re<strong>de</strong>n gegeben. Das SIWF<br />
bietet neuerdings über das Portal myFMH<br />
eine sogenannte Fortbildungsplattform an,<br />
über die Fachärzte ihre absolvierten Fortbildungen<br />
fortlaufend eintragen können. Nach<br />
Ablauf einer dreijährigen Fortbildungsperio<strong>de</strong><br />
kann dann auf Knopfdruck ein Antrag für<br />
ein Fortbildungsdiplom generiert und dieses<br />
nach Verifizierung durch die Fachgesellschaft<br />
ausgedruckt wer<strong>de</strong>n. Gleichzeitig<br />
erscheint darauf automatisch im öffentlichen<br />
Ärzteverzeichnis www.doctorfmh.ch<br />
<strong>de</strong>r Eintrag, dass Doktor XY seine Fortbildungspflicht<br />
erfüllt hat. Das SIWF ruft die<br />
Fachgesellschaften dazu auf, die Nutzung<br />
dieser Fortbildungsplattform für ihre Mitglie<strong>de</strong>r<br />
verbindlich zu erklären. Dies wür<strong>de</strong> dann<br />
bei allgemeiner Akzeptanz be<strong>de</strong>uten, dass<br />
je<strong>de</strong>r Facharzt, bei <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r entsprechen<strong>de</strong><br />
Eintrag im Ärzteverzeichnis fehlt, sofort im<br />
Verdacht stün<strong>de</strong>, seine Fortbildungspflicht<br />
nicht erfüllt zu haben. Dem Vorstand erschien<br />
es klüger, hier etwas Zurückhaltung<br />
zu üben und auch im revidierten Fortbildungsprogramm<br />
die altbewährte Möglichkeit<br />
zu erhalten, über seine Fortbildungen<br />
privat Buch zu führen und nur bei unmittelbarem<br />
Bedarf diese Unterlagen dann <strong>de</strong>r<br />
SGP einzureichen, um ein Fortbildungsdiplom<br />
zu bestellen. Die Nutzung <strong>de</strong>r elektronischen<br />
Plattform soll freiwillig bleiben.<br />
In einem weiteren Innovationsprojekt<br />
möchte nun das SIWF auch das Logbuch<br />
<strong>de</strong>r Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung<br />
fortlaufend online über das Portal myFMH<br />
führen lassen. Dies wür<strong>de</strong> be<strong>de</strong>uten, dass<br />
sämtliche Aufzeichnungen aller Kandidaten<br />
und Weiterbildner von Anfang bis En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />
Weiterbildung auf <strong>de</strong>n Servern <strong>de</strong>r FMH<br />
gespeichert wür<strong>de</strong>n. Selbstverständlich<br />
wird volle Vertraulichkeit und alleinige Datenhoheit<br />
für <strong>de</strong>n Weiterbildungskandidaten<br />
zugesichert. In <strong>de</strong>n FAQs auf <strong>de</strong>r FMH-<br />
Website heisst es aber auch, dass die Daten<br />
zu statistischen Zwecken periodisch «anonymisiert»,<br />
versehen mit <strong>de</strong>r Angabe von<br />
Geschlecht, Alter und Wohnort <strong>de</strong>s Kandidaten<br />
ans SIWF weitergeleitet wer<strong>de</strong>n …<br />
Unsere Anfrage ans SIWF, ob damit <strong>de</strong>m<br />
Datenschutz wirklich Genüge getan wür<strong>de</strong>,<br />
ist lei<strong>de</strong>r bis heute noch nicht beantwortet<br />
wor<strong>de</strong>n.<br />
Ich fürchte, dass wir uns wohl unwi<strong>de</strong>rruflich<br />
auf <strong>de</strong>n «gläsernen Patienten» und auf<br />
<strong>de</strong>n «gläsernen Arzt» zu bewegen. Es<br />
scheint mir aber klüger, diesen Weg im<br />
weltweiten Netz vorsichtig und überlegt zu<br />
beschreiten, damit wir daraus möglichst<br />
viel Nutzen ziehen ohne uns darin zu verstricken.<br />
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