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BLICKPUNKT<br />
METALL<br />
■ Edgar Brandt<br />
Als „Cellini des Kunstschmiedens" hat<br />
man Edgar Brandt in den 1920er-Jahren<br />
gefeiert. Dass man den Pariser Art déco-<br />
Künstler mit dem italienischen Renaissance-Bildhauer<br />
und Goldschmied vergleicht,<br />
dessen Saliera heute zum Besten<br />
des Kunsthistorischen Museums in Wien<br />
gehört, kommt nicht von ungefähr. Beide<br />
waren zu ihrer Zeit die großen Meister ihres<br />
Fachs. Wie Cellini hat auch Edgar<br />
Brandt das Ornamentale und das Skulpturale<br />
miteinander verbunden und hat die<br />
Grenzen zwischen Kunst und Kunsthandwerk<br />
aufgelöst. Edgar Brandts Material<br />
aber waren nicht Edelmetalle und Steine.<br />
Edgar Brandt war ein Virtuose des Eisens,<br />
ein Ferronnier d’art, wie man in Frankreich<br />
sagt. Er hat unvergleichlich effektvolle und<br />
zeitlos schöne Gitter, Tore, Treppengeländer<br />
und Eisenmöbel hervorgebracht und<br />
ebenso Sinn für die handlicheren Dinge<br />
gezeigt, wenn er Lampenfüße und Briefbeschwerer<br />
produzierte.<br />
Paris schwelgte nach dem Ersten Weltkrieg<br />
wieder in Luxus. Der Jugendstil hatte<br />
seinen Reiz und sein avantgardistisches<br />
Potenzial verloren. Die neuen Villen, Banken,<br />
Kinopaläste entstanden in einem klareren,<br />
eher klassischen Stil, der an Prächtigkeit<br />
aber nichts einbüßte. In dieses Konzept,<br />
das ab 1925 knapp Art déco genannt<br />
wurde, passten die silhouettenhaften,<br />
schmiedeeisernen Arbeiten von Edgar<br />
Edgar Brandt, Paar Pelikan-Buchstützen, geschmiedetes<br />
Eisen, um 1925, H 17,2 cm, gestempelt<br />
„E. Brandt". Auktionspreis inkl. Aufgeld bei Christie’s<br />
in London: 4.750 Pfund (Foto: Christie’s / ©<br />
Christie’s Images Limited)<br />
Brandt bestens hinein. Kein anderer konnte<br />
die neue mondäne Sprache der Kunst<br />
so subtil in Eisen umsetzen wie er. Man<br />
sprach von einer Mischung aus Kühnheit<br />
und viriler Einfachheit. Seine Werke wirkten<br />
in ihrer Strenge und Luftigkeit modern<br />
und besaßen mit ihren klassischen Ornamenten<br />
große dekorative Ausstrahlung. In<br />
den Jahren 1920 bis 1925 war der 1880<br />
geborene Edgar Brandt sowohl künstlerisch<br />
als auch technisch auf dem Höhepunkt<br />
seiner Karriere. In dieser Zeit schuf<br />
er Meisterwerke, die ihm für immer einen<br />
Platz unter den führenden Art déco-Kunsthandwerkern<br />
sichern. Drei davon aber ragen<br />
besonders aus seinem breiten Oeuvre<br />
heraus: 1923 zum Beispiel fertigte er mit<br />
dem Bildhauerfreund Max Blondat das<br />
vier Meter breite Gitter „L’Age d’Or", eine<br />
Hommage an Sandro Botticellis Gemälde<br />
„Primavera" mit den drei Grazien. Die Figuren<br />
Blondats in den Kartuschen reflektieren<br />
einerseits die Rückbesinnung auf<br />
die Klassik, während Edgar Brandt mit<br />
dem Gebilde aus Rosetten und Reifen ein<br />
Dekor zwischen floraler Attitüde und Maschinenzeitalter<br />
entwarf. Die Kombination<br />
von Ornament und Figur, von Archaischem<br />
und Moderne kennzeichnet auch<br />
seinen Ofenschirm „La Biche au foret / Reh<br />
im Wald". Zentral in eine stark stilisierte,<br />
fast naiv angeordnete Hecke setzte Brandt<br />
ein Reh mit nach hinten gedrehtem Kopf,<br />
das in seiner Betonung der Umrisse fast<br />
an Höhlenmalerei erinnert – ein zartes, unübertroffenes<br />
Art déco-Stück. Und nicht<br />
zuletzt gilt seine 1922 entstandene Komposition<br />
„Les Cigognes d’ Alsace", die drei<br />
Störche zeigt, die an einer Sonne vorbeiziehen,<br />
als Markstein der Dekorationsgeschichte.<br />
Der englische Kaufhausbesitzer<br />
Gordon Selfridge orderte das Gitter mit<br />
diesem vom Japonismus beeinflussten<br />
Motiv für seinen Kundenfahrstuhl.<br />
Den ausführlichen Artikel „Edgar Brandt –<br />
Virtuose des Eisens” (neun Seiten, 26 Abbildungen)<br />
von Sabine Spindler finden Sie in der aktuellen<br />
Oktober-Ausgabe der Zeitschrift „Sammler<br />
Journal” (ab 25. September im Handel erhältlich)<br />
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Edgar Brandt, Paar Wandappliken mit weißen Alabaster-Schirmen,<br />
Gestell geschmiedetes Eisen, um<br />
1925, ca. 48,5 x 43 cm, gestempelt „E. Brandt", bei<br />
Christie’s in London für 1.900 Pfund veräußert (Foto:<br />
© Christie’s Images Limited)