die geheime sprache der bäume - Revue Technique ...

Neugierig kam ich also bei Nachbars Stämmen an. Die Überraschung
war mehr als groß. Vor mir breiteten sich alle Spuren
des dichtesten Borkenkäferbefalles aus. Überwiegend die braunen
Häufchen vom Buchdrucker bedeckten Stamm für Stamm. Dazwischen
gab es aber auch zahllose Häufchen vom Nutzholzbohrer.
Der macht seinem Namen alle Ehre und frisst sich nicht
in die Rinde, sondern geradewegs ins Holz hinein. Seine Häufchen
sind also weiß, er wirft ja anstelle der braunen Rinde fein
zernagtes Holz aus. Alles, was Förster und Säger am liebsten abschaffen
würden, tummelte sich hier in liebestoller Paarungslust.
Wehe, wenn dieses Treiben unentdeckt weitergeht! In einigen
kurzen Wochen würde die Brut der frisch gepaarten Käfer in
zehn- und zwanzigfacher Zahl fertig entwickelt sein. Eine neue
Armee gieriger Insekten, die zwingend neue Brutstätten suchen
müssen. Wenn dann nur gesunde Bäume zu finden sind, werden
diese überfallen.
Das konnte ich einfach nicht glauben. Diese Stämme waren
am gleichen Ort im gleichen Wintermonat geerntet worden. Nur
eben zum umgekehrten, dem zunehmenden Mond. Ich ging zwischen
den beiden Lagern staunend hin und her. Es blieb dabei:
Mein Mondholz war unbefallen, das „Nichtmondholz“ wurde von
den Käfern als besser schmeckende Alternative dicht be siedelt.
Damit war ich beim wichtigsten Vorteil der Holzernte zum
richtigen Zeitpunkt angelangt. Die natürliche Resistenz, der natürliche
Schutz dieser Hölzer, ist so am höchsten. In keinem
einzigen Unterrichtsfach meiner Ausbildungszeit habe ich etwas
davon gelernt. Aber das, was sich vor meinen Augen abspielte,
war unmissverständlich.
Der Zufall bescherte mir etwas später den zweiten Unterricht
und Beweis zur natürlichen Dauerhaftigkeit von Mondholz. Im
Herbst lieferte ein Bauer eine Partie Zirbenholz zum Lohnschnitt
in meine kleine Säge. Jeder Fachmann weiß, dass die Zirbe eine
Kiefernart ist und Kiefern als Rundholz in warmer Sommerluft
an wenigen Tagen, sicher aber in einigen Wochen in den Rand-
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