die geheime sprache der bäume - Revue Technique ...

ling die Erde wieder braun durch den zerfließenden Schnee atmete,
erschienen auch meine Reiser wieder. Verwunderlich, beinahe
alle Nadeln waren immer noch fest an den Ästen angewachsen.
Staunend nahm ich einen dieser Zweige mit und legte ihn in
mein Büro. Dort liegt er heute noch. Ähnlich wie die sonderbar
anmutenden Zweige aus der Sammlung des Hans Pöckl verliert er
keine Nadeln und wird bald 20 Jahre im warmen, trockenen Büro
verbracht haben.
Wer sich sein Schmuckreisig oder seinen Christbaum selbst
schneiden kann, ist gut beraten, auf den Vollmond vor Weihnachten
zu warten. Wenn es sich an diesem Tag nicht ausgeht, soll man
zumindest darauf achten, die Zweige im zunehmenden Mond zu
ernten. Diese Weihnachtsbäume und Zweige nadeln weniger und
halten länger.
Hier ist es also umgekehrt, wie wir es für gutes und dauerhaftes
Bauholz beachten. Beim Bauholz geht es um hohe Resistenz
gegen Pilze und Insekten, die erreicht man durch Ernte im abnehmenden
Mond. Beim Christbaum sollen die Nadeln möglichst
lange halten, dazu soll man bei Vollmond oder zumindest in den
Tagen vorher ernten.
Von der einfachen und praktischen Anwendung beim eigenen
Christbaum sollte mich dieses Thema noch bis nach Japan
führen. Ich hatte damals noch keine Ahnung davon, dass die
ältesten Holzbauwerke der Menschheit – 1600 Jahre alte hölzerne
Tempel – dort schon damals aus Mondholz gefertigt wurden.
Eine vergessene Technik, die heute auf der Suche nach gesundem
und ökologisch verträglichem Bauen wieder hochaktuell
wird.
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