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KULTUR<br />

»LIEDER FÜR EINEN MUSIKALISCHEN ZIEHVATER«<br />

John B. Williams nächste Woche live mit seinem Tributalbum für Horace Silver<br />

Mit knapp 60 Jahren<br />

gilt die „Tonight<br />

Show“ des amerikanischen<br />

Fernsehsenders<br />

NBC als die Mutter des<br />

Late-Night-Talks weltweit.<br />

Die schandmäulige<br />

Moderation eines Harald<br />

Schmidt gäb’s nicht ohne<br />

seine US-Vorbilder Johnny<br />

Carsons und Jay Leno.<br />

Einst zupfte John B. Williams<br />

den Bass in der<br />

Showband. Doch gerade<br />

73 geworden, hält dieser<br />

Mann nun auf seinem<br />

neuen Album „African<br />

Queen“ als Bandleader<br />

musikalische Rückschau.<br />

Im Studio des oberösterreichischen<br />

Musikverlags<br />

Alessa Records aufgenommen<br />

und Ende Januar<br />

veröffentlicht, präsentiert<br />

es John B. Williams<br />

am 17. März live im Passauer<br />

Cafe Museum. Zeit<br />

sich eines schönen Künstlergesprächs<br />

zu erinnern:<br />

„Von Haus aus war ich<br />

Schlagzeuger mit einem Hang<br />

zu Latin Percussion (was man<br />

auf seinem mit 70 Jahren<br />

eingespielten europäischen<br />

Solodebüt auch hört), aber<br />

während der Armeezeit fand<br />

sich ein billiger Kontrabass<br />

für mich. ‚Kollege Billy’ war<br />

halt einfach talentierter an<br />

den Drums.“ Williams meint<br />

Billy Cobham, denn mit dem<br />

späteren Starschlagzeuger<br />

des Fusionjazz diente er gemeinsam<br />

in einer Armeeeinheit.<br />

„Mein Handwerkszeug<br />

lernte ich bei einem Giganten<br />

des Kontrabass, bei Ron<br />

Carter. Man glaubt es nicht,<br />

da gab’s nur Bogenspiel und<br />

keinen Jazz! Ob ich das ohne<br />

die Ermahnungen meines<br />

Nachbarn daheim in Sugar<br />

Hill in der New Yorker Bronx<br />

durchgehalten hätte, wer<br />

weiß? Üben bedeute praktizierter<br />

musikalischer Alltag,<br />

hatte der immer gesagt. Abgesetzt<br />

von der Formalität<br />

des Konzerts, aber eben doch<br />

Musik“. Und wenn der Nachbar<br />

einem das täglich auf dem<br />

Saxophon vorlebt und Sonny<br />

Rollins heißt, dann übt<br />

man halt. Wir sprachen noch<br />

über das Tourleben mit Manhattan<br />

Transfer und Natalie<br />

Cole, Williams als Schauspieler<br />

in „The Tic Code“, einem<br />

mit dem Preis des Deutschen<br />

Kinderhilfswerks und auf der<br />

Berlinale ausgezeichneten<br />

Film über einen am Tourette-<br />

Syndrom leidenden Jungen,<br />

der durch die Liebe zur Musik<br />

seine Familie und seine Umwelt<br />

das ehrliche Leben mit<br />

sich selbst lehrt. Oder seinen<br />

gemeinsam mit einem deutschen<br />

Hersteller entwickelten<br />

elektrisch verstärkten Kontrabass<br />

ohne Korpus: „Um drei<br />

Uhr nachts vorm Club ein<br />

Taxi anhalten, in einer Hand<br />

den Verstärker, in der anderen<br />

diese Hundehütte von<br />

Kontrabass – Junge, ich bin<br />

doch keine 26 mehr!“<br />

ICH WURDE LIVE<br />

GESCHLIFFEN<br />

So alt war Williams, als<br />

er Horace Silver, seinen<br />

wichtigsten musikalischen<br />

Ziehvater traf. Dessen bis<br />

heute relevante gesangliche<br />

Soul-Jazz Klassiker „Sister<br />

Sadie“ und natürlich „Song<br />

for my father“ waren schon<br />

in der Welt, gerade spürte<br />

er musikalisch seinen kapverdischen<br />

Wurzeln nach,<br />

und suchte neue Musiker für<br />

sein Quintett. „Beim Vorspiel<br />

war ‚Señor Blues’ dran, eine<br />

Komposition von 1957. Na<br />

ja, ich kam durch, aber Horace<br />

hörte meine mangelnde<br />

Erfahrung“. Abends dann ein<br />

Telefonanruf: „Er war’s. Weil<br />

er einen Tourbassisten suchte.<br />

Und dann hat er mich zwei<br />

Jahre lang live geschliffen.“<br />

Mit „Serenade to a soul sister“<br />

folgte 1968 auch Williams<br />

erste Schallplattenaufnahme:<br />

Zwei Quintettformationen,<br />

die je eine Schallplattenseite<br />

lang den Hardbop auf Funk<br />

bürsteten. Ob das Covermädchen<br />

im knallig gelben Mantel<br />

ein Beitrag dazu leistete?<br />

„Ich meine, Billy Cobham hatte<br />

ein Auge auf sie geworfen.“<br />

Am 17. März spielt John<br />

B. Williams dann seine eigenen<br />

„Songs for my father“.<br />

Den in den späten 1950er<br />

und den 1960er Jahren entstandenen<br />

Kompositionen<br />

seines musikalischen Ziehvaters<br />

Horace Silver widmet<br />

Foto: Schmidt<br />

er einen Konzertabend. Die<br />

Band seines neuen Albums,<br />

Andy Middleton (sax), Lorenz<br />

Raab (tr), Oliver Kent<br />

(p) und Klemens Marktl (dr),<br />

begleitet ihn. Konzertbeginn<br />

im Cafe Museum ist um 20<br />

Uhr; Kartenreservierung ist<br />

unter Tel. 0176 25056745<br />

möglich.<br />

st<br />

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