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MEIN PASSAU

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GEIGENBAU<br />

Bild links: Mit dieser Holz-Schablone fängt alles an. Um sie herum wird der Zargenkranz geformt, aus dem später ein neuer Kontrabass entsteht. Dafür biegt Oskar Kappelmeyer dünne Holzbretter<br />

auf über 200 Grad heißem Eisen, bis sie sich dem sogenannten Formbrett anpassen. Danach wird alles festgeleimt. Die kleinen Holzklötzchen fangen später den beim Spielen ausgeübten<br />

Druck ab. Bild rechts: Konzentration und Akribie sind beim Geigenbau gefragt. Besonders wenn ein Instrument den „Wolf“ hat. Dieser bringt Spieler und Geigenbauer gleichsam zur Verzweiflung.<br />

Beim „Wolfton“ handelt es sich um einen Ton, der in Resonanz mit Eigentönen tritt und dadurch besonders herausfällt. Meist hört es sich an wie ein Röcheln. Abhilfe gegen den „Wolf“ kann<br />

das richtige Einstellen des Stimmstocks sein. Dieser befindet sich im inneren des Instruments zwischen Decke und Boden und wird mithilfe eines Metallstabes hin und her geschoben, um den<br />

Klang zu regeln (siehe Bild). Auch kann der sogenannte „Wolftöter“ – eine Art kleines Gewicht, das die Schwingung dämpft, gegen den fiesen Ton helfen.<br />

Fotos: Krückl<br />

pelmeyer auch eine Gambe<br />

an. Ü ber 500 Arbeitsschritte<br />

sind notwendig, bis in etwa<br />

drei Monaten ein exklusives<br />

Streichinstrument entsteht.<br />

Um in diesem Handwerksberuf<br />

Fuß zu fassen, dauert es<br />

meist mehrere Jahre. Oskar<br />

Kappelmeyer ist mittlerweile<br />

gut im Geschäft.<br />

PROMINENTESTER<br />

KUNDE: MOZART<br />

Seine filigranen Instrumente<br />

werden nicht nur hierzulande<br />

sehr geschätzt, seine<br />

Kunden kommen auch von<br />

Übersee. So hat der Wahl-<br />

Passauer mittlerweile bereits<br />

drei Kontrabässe für die<br />

New Yorker Juilliard School<br />

gebaut. „Das macht einen<br />

natürlich schon stolz, mein<br />

prominentester Kunde ist<br />

aber nach wie vor Mozart“,<br />

meint der Geigenbaumeister<br />

schmunzelnd. Kappelmeyer<br />

betreut nämlich seit 1998 die<br />

Mozart’schen Streichinstrumente<br />

aus dessen Geburtshaus<br />

in Salzburg und hat<br />

infolgedessen auch Mozarts<br />

Kindergeige wieder zum Leben<br />

erweckt. Im Moment<br />

tüftelt Oskar Kappelmeyer<br />

gerade an einem neuen Kontrabass.<br />

Die älteren Kollegen<br />

des noch unfertigen Instruments<br />

warten unterdessen<br />

auf ihre Restaurierung. Allesamt<br />

Jahrhunderte alte<br />

Schmuckstücke mit Geschichte,<br />

die wieder zum Leben<br />

erweckt werden wollen.<br />

„Mein ältestes, zu restaurierendes<br />

Instrument ist auf<br />

das Jahr 1680 datiert“, erinnert<br />

sich der Geigenbauer.<br />

Aus welchen Teilen setzt sich<br />

nun Kontrabass zusammen?<br />

„Aus Boden, Decke, Zargen<br />

(Seitenteile des Instruments),<br />

Hals und der Schnecke“,<br />

erklärt Kappelmeyer.<br />

Für die Decke wird klassischerweise<br />

gleichmäßig gewachsenes<br />

Fichtenholz aus<br />

über 1000 Meter Höhenlage<br />

und mit mindestens 200 Jahren<br />

auf dem Buckel verwendet.<br />

Zargen, Boden und Hals<br />

entstehen meist wegen der<br />

Marmorierung aus teurem<br />

Riegelahorn. Zartes Ebenholz<br />

kennzeichnet das Griffbrett.<br />

Bei dieser Sorte Holz<br />

haben Geigenbauer bereits<br />

Angst, dass es wie Elfenbein<br />

„auf die Liste“ kommt - siehe<br />

Rio Artenschutzabkommen.<br />

Einige seiner Kollegen tätigen<br />

daher schon Hamstereinkäufe.<br />

Kappelmeyer sieht<br />

dies eher gelassen, er habe<br />

gewisse Vorräte, aber übermäßig<br />

viel könne man sich<br />

bei einem Rohling-Preis von<br />

300 Euro pro Stück ohnehin<br />

nicht leisten.<br />

An seinen ersten Kontrabass<br />

kann sich der Geigenbaumeister<br />

noch gut erinnern.<br />

Ein schwarzer Sperrholz-<br />

Kontrabass mit Plastikrändern,<br />

das Geschenk eines<br />

Kunden. Kappelmeyer verpasste<br />

seinem Präsent einen<br />

neuen Hals und ergänzte<br />

das Instrument anstatt der<br />

Schnecke mit einem Totenkopf<br />

inklusive zweier roter<br />

Leuchtdioden, die als Augen<br />

fungieren – ganz Rockabilly<br />

like. Jenen Kontrabass<br />

besitzt er noch heute. Und<br />

mehr noch: Oskar Kappelmeyer<br />

hat einen Traum: eines<br />

Tages „ein richtiger Rockabilly<br />

Kontrabassist zu sein“.<br />

Kleine Ansätze verwirklicht<br />

er sich bereits jetzt mit dem<br />

Ensemble „Parapluie“, wenn<br />

er den Rockabilly Slap-Bass<br />

spielt. „Bloß richtig gut bin<br />

ich damit noch nicht. Ich<br />

muss mich langsam beeilen,<br />

vor 70 möchte ich es gerne<br />

hinbekommen“.<br />

Schön, wenn man immer<br />

noch Träume hat...<br />

9<br />

Kompagnon Valentin Kaiser prüft während des Bauens immer wieder, ob<br />

der Klang des Instruments passt. Musikalisches Gehör und das Beherrschen<br />

der Streichinstrumente sind für einen Geigenbauer eben unabdingbar.

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