21.10.2014 Aufrufe

JOGU 207/2009 - Johannes Gutenberg-Universität Mainz

JOGU 207/2009 - Johannes Gutenberg-Universität Mainz

JOGU 207/2009 - Johannes Gutenberg-Universität Mainz

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Wissenschaft & Forschung<br />

aus der Luft durchgeführt (Abb. Luftbild). „Dabei<br />

wurden die Gräber entdeckt, einfach weil sie sich<br />

durch einen anderen Bewuchs von der Umgebung<br />

abhoben“, erklärt Christian Meyer. Er ist ebenfalls<br />

Promovend bei Prof. Alt und untersucht die Knochen<br />

nach morphologischen Kriterien. „Pfl anzen spiegeln<br />

die Bodenverhältnisse wieder und hier war es wohl<br />

der im Vergleich zu den Kiesböden höhere Anteil<br />

organischen Materials im Bereich der Grabstätten“,<br />

so Meyer. Nach der Entdeckung wurde unter Federführung<br />

des Landesamtes für Denkmalpfl ege und<br />

Archäologie in Halle zügig ausgegraben und die<br />

exzellente Qualität der Funde festgestellt. Verschiedene<br />

Faktoren sind für den DNA-Erhalt ausschlaggebend:<br />

Temperatur, Feuchtigkeit, Strahlung, pH-<br />

Wert und mikrobieller Befall. Am Saaleufer waren<br />

diese Faktoren für die Lagerungsbedingungen ideal.<br />

Zu Beginn der Grabung wurden dann sofort einige<br />

Zähne gezogen, doppelt eingetütet und gekühlt ins<br />

<strong>Mainz</strong>er Labor transportiert. „Für valide genetische<br />

Untersuchungen muss nicht nur die Erhaltung<br />

stimmen, sondern auch eine Kontamination des<br />

Probenmaterials vermieden werden“, sagt Brandt<br />

und ergänzt: „Jede Hautschuppe, jedes Haar von<br />

uns Mitarbeitern enthält unser Erbgut. Die schnelle<br />

und saubere Probenentnahme ist daher ebenso<br />

ausschlaggebend wie die exakte Arbeitsweise im<br />

Labor.“ (Abb. Probenbearbeitung)<br />

Luftbild des Fundortes Eulau mit den vier Mehrfachbestattungen, die sich dunkel aus dem Bewuchs abzeichnen.<br />

Das genetische Labor ist hermetisch abgeriegelt<br />

und kann nicht besichtigt werden. Jeden Morgen<br />

passiert Brandt eine Hygieneschleuse, in der er sich<br />

„dekontaminiert“ und mit Schutzanzug, Handschuhen<br />

sowie Mundschutz ausrüstet; dann erst betritt<br />

er das Labor. „Meine Arbeit besteht zu 90 Prozent<br />

aus putzen“, stellt er lakonisch fest. Für seine Analysen<br />

verwendete er sowohl die mitochondriale<br />

DNA als auch die DNA aus Zellkernen. Letztere ist<br />

dabei besonders wichtig, denn nur sie lässt das so<br />

genannte genetische Fingerprinting zu, mit dem<br />

Verwandtschaftsverhältnisse zweifelsfrei geklärt<br />

werden können. Dagegen unterliegt das Erbgut der<br />

Mitochondrien – sie sind in jeder Zelle tausendfach<br />

vertreten und für die Energieproduktion verantwortlich<br />

– nicht der Rekombination der Gene, wie sie<br />

nach der Befruchtung der Eizelle durch das Spermium<br />

im Zellkern von statten geht. Die mitochondriale<br />

DNA stammt ausschließlich von der Mutter<br />

und enthält keine Erbgut-Anteile des Vaters. Oft<br />

sind die Mitochondrien aber die einzige Quelle,<br />

aus denen Archäologen genetische Informationen<br />

schöpfen können; denn intakte Zellkerne fi nden<br />

sich nur selten in solch alten Proben. Dass ein Zahn,<br />

Foto: LDA Sachsen-Anhalt und Landesmuseum Halle<br />

Grab 99. Familiengrab mit Mann, Frau und zwei<br />

Kindern die molekulargenetisch als Familie<br />

identifiziert wurden und „face to face and hand<br />

in hand“ niedergelegt wurden.<br />

Foto: LDA Sachsen-Anhalt und Landesmuseum Halle<br />

19<br />

[<strong>JOGU</strong>] <strong>207</strong>/<strong>2009</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!