Anästhesie bei Pat über 65 - Universitätsspital Basel
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1. Einleitung<br />
1.1 Themenwahl und Motivation<br />
Täglich betreue ich in meinem Praxisalltag am <strong>Universitätsspital</strong> <strong>Basel</strong> ältere<br />
<strong>Pat</strong>ienten 1 . Ich erlebe immer wieder einen wechselhaften intraoperativen<br />
<strong>Anästhesie</strong>verlauf, der oft mit hohen Blutdruckschwankungen verbunden ist. Ältere<br />
<strong>Pat</strong>ienten reagieren häufig sensibler und langsamer auf Anästhetika. Aufgrund ihrer<br />
verminderten Kompensationsmechanismen sind sie vermehrt vasoaktivapflichtig. Die<br />
<strong>Anästhesie</strong> <strong>bei</strong> älteren Menschen stellte mich während meines<br />
Nachdiplomstudienganges <strong>Anästhesie</strong> häufig vor grosse Herausforderungen. Ich war<br />
mehrfach unzufrieden mit meiner <strong>Anästhesie</strong>führung und fragte mich, was ich anders<br />
machen könnte. Im folgenden Fall<strong>bei</strong>spiel schildere ich eine Situation, die mich dazu<br />
bewogen hat, mich vertieft mit diesem Thema auseinanderzusetzen: Ich betreute<br />
eine 92-jährige <strong>Pat</strong>ientin, die aufgrund einer Schenkelhalsfraktur operiert werden<br />
musste. Die wichtigsten Nebendiagnosen waren Status nach cerebrovaskulärem<br />
Insult, transitorische ischämische Attacke, Hypertonie, Harnwegsinfekt, schwere<br />
Demenz und Osteoporose. Die <strong>Pat</strong>ientin hatte in den letzten 5 Jahren schon mehrere<br />
operativ versorgte Frakturen. Ausserdem war ein postoperatives Delir beschrieben.<br />
Der genaue Zeitpunkt des Delirs war nicht dokumentiert. Medikamentös nahm sie<br />
Trittico, Temesta, Importal, Rocephin und Fragmin. Es wurde eine balancierte<br />
<strong>Anästhesie</strong> durchgeführt mit den Medikamenten Thiopental, Fentanyl, Tracrium und<br />
Sevofluran. Die Maskenbeatmung und die Intubation verliefen problemlos. Nach der<br />
Einleitung fiel der Blutdruck rapide ab und wir unterstützten den Kreislauf primär<br />
bolusweise mit insgesamt 10 mg Ephedrin und 150 mcg Phenylephrin. Aufgrund der<br />
persistierenden Hypotonie entschied sich der Oberarzt für die kontinuierliche<br />
Noradrenalin-Gabe. Die Sevofluran-Konzentration belief sich durchschnittlich auf<br />
1,5% endtidal. Der gesamte intraoperative Verlauf war mit grossen<br />
Blutdruckschwankungen verbunden. Trotz der Relaxation atmete die <strong>Pat</strong>ientin auch<br />
immer wieder spontan. Ich versuchte dies durch eine Vertiefung der <strong>Anästhesie</strong> mit<br />
Sevofluran zu unterbinden, was jedoch die Hypotonie verstärkte und die<br />
Noradrenalin-Gabe erhöhte.<br />
Solche Situationen erlebe ich immer wieder <strong>bei</strong> älteren <strong>Pat</strong>ienten und jedes Mal war<br />
ich mir in der <strong>Anästhesie</strong>führung unsicher. Ich fragte mich oft: «Welches<br />
1 Im Text wird die männliche Form verwendet, die weibliche Form ist sinngemäss mitgemeint.<br />
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