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Heft 1 + 2 / 2011 - UniversitätsVerlagWebler

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Fo<br />

W.-D. Webler • Konzepte und Prozesse britischer Forschungsförderung (1986-2014). Teil I<br />

Wolff-Dietrich Webler<br />

Konzepte und Prozesse britischer Forschungsförderung<br />

(1986-2014) Teil I:<br />

Bisherige Bewertung der Qualität der Forschung in Großbritannien<br />

Bericht über den Forschungsstand zum Research Assessment<br />

Exercise (RAE)<br />

Wolff-Dietrich<br />

Webler<br />

I. Aufbau und Verlauf des Research<br />

Assessment Exercise (RAE)<br />

1. Einführung und Überblick<br />

Wie das deutsche Universitätssystem über 200 Jahre<br />

auch, so wurde das britische Universitätssystem lange<br />

Zeit als im einzelnen verschieden, aber qualitativ im<br />

Großen und Ganzen als gleichwertig angesehen (`the<br />

equity principle´). Die Universitäten boten in den 60er<br />

und 70er Jahren des 20. Jh. ein Studium für 5-15% eines<br />

Altersjahrgangs an und verstanden sich als Elitenausbildung.<br />

Wie in Deutschland, so waren im Detail und von<br />

Fakultät zu Fakultät gleicher Fachkulturen trotzdem z.T.<br />

deutliche Differenzen bekannt. Sie führten – wenn sie<br />

von Dauer waren – zu internen Qualitäts- und letztlich<br />

Prestige-Hierarchien, wie sie sich auch dem Ausländer<br />

als grobe Orientierung mitteilten. Trotzdem bestand von<br />

Seiten des Staates generell der Anspruch, die Forschung<br />

vergleichbar zu fördern. Das geschah in Großbritannien<br />

nicht staatlich direkt, sondern bis 1992 über das University<br />

Grants Committee (UGC). Dieses war vom Staat<br />

(dem Department of Education and Science, DES) relativ<br />

unabhängig (buffer organization), erwies sich allerdings<br />

für Lobby-Arbeit der Universitäten anfällig (besonders<br />

erfolgreich Oxford und Cambridge) sodass quantitative<br />

Verteilungsparamete, wie Größe der Einrichtung, Zahl<br />

der Studierenden und Lehrenden usw. immer wieder<br />

durchbrochen wurden. Insofern ist die Geltung des equity<br />

principle zu relativieren. Das UGC steuerte seinerseits<br />

kaum Entwicklungen über die Mittelverteilung (`light<br />

touch steering´).<br />

Auch die interne Steuerung der Universitäten war ursprünglich<br />

gering. Sie praktizierten vielfach eine ähnliche<br />

akademische Selbstverwaltung wie in Deutschland,<br />

oftmals mit gewählten Dekanen, wobei das Amt unter<br />

den Mitgliedern der `Senior Faculty´ rotierte. In Großbritannien<br />

war – wie in vielen anderen Ländern – ein<br />

`dual support system´ für Universitäten üblich, bei dem<br />

die staatliche Grundausstattung für Forschung und Lehre<br />

(insbesondere Infrastrukturkosten, z.B. Laborausstattungen)<br />

über die Zuweisungen des UGC gesichert wurde,<br />

während daneben eine projektspezifische Förderung<br />

über Research Councils (RC´s) stattfand.<br />

Die Mittelempfänger, die einzelnen Wissenschaftler, verstanden<br />

sich als relativ autonom – wie auch der Tradition<br />

(und der Verstärkung der Wissenschaftsfreiheit nach den<br />

Erfahrungen mit dem Nationalsozialismus) in Deutschland<br />

entsprechend. Sie waren relativ frei in der Wahl,<br />

was sie forschten und in welcher Weise dies geschah<br />

(das aber sollte sich in der Folgezeit wandeln).<br />

In den späten 70er Jahren kündigte sich stärkerer Wandel<br />

an, vor allem aus zwei Gründen:<br />

A) Wachsende Kosten der Forschung und eine Wirtschaftskrise<br />

in Großbritannien seit Mitte der 70er<br />

Jahre, die zu Haushaltskürzungen zwang. Mit der<br />

langsamen Expansion des britischen Hochschulsystems<br />

(etwa 20 Jahre später als in Deutschland) und<br />

dem damit verbundenen Übergang von der Elitenzur<br />

Massenausbildung ergaben sich weitere Engpässe<br />

in der Finanzierung, auch in der Forschung. In den<br />

80er Jahren kamen deutliche Kürzungen der staatlichen<br />

Wissenschaftsausgaben hinzu.<br />

Nach dem Amtsantritt Margret Thatchers 1979 waren<br />

auch die Universitäten von erheblichen Kürzungen betroffen.<br />

Um die besten Universitäten und Departments<br />

zu schützen, entschied der UGC, die Kürzungen sehr ungleich<br />

weiterzugeben. Einzelne Universitäten sahen sich<br />

mit Kürzungen von bis zu 30% konfrontiert. Ein Sturm<br />

der Entrüstung folgte, vor allem, weil Gründe und Maßstäbe<br />

der Ungleichverteilung intransparent blieben. Eine<br />

Konzentration der Mittel schien unabweisbar, aber nach<br />

welchen Kriterien die Mittel nun konzentriert werden<br />

sollten, blieb zunächst unklar.<br />

B) Die zweite treibende Kraft resultierte aus den politischen<br />

Forderungen nach größerer Verantwortlichkeit.<br />

Gleichzeitig wurde ein effizienterer Umgang mit den<br />

knapperen Mitteln verlangt (value for money). Viel<br />

diskutiert wurden die drei `E´s: economy, efficiency<br />

und effectiveness, verbunden mit Managementforderungen<br />

an die Universitäten – bereits verbunden<br />

mit der Entwicklung zum `new public management´<br />

(Hood 1991) und den dortigen Forderungen nach Effizienz,<br />

Transparenz, Verantwortlichkeit, Qualitätssicherung<br />

und Wettbewerb.<br />

Prominentes Zeugnis dieser Überlegungen war (deutlich<br />

früher als in Deutschland) der Jarrat Report, 1985<br />

Fo 1+2/<strong>2011</strong><br />

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