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Heft 1 + 2 / 2011 - UniversitätsVerlagWebler

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Fo<br />

W.-D. Webler • Konzepte und Prozesse britischer Forschungsförderung (1986-2014). Teil I<br />

rung der Beurteilung zwischen den Fächern versucht<br />

– mit relativ wenig Erfolg: Probeweise wurden die gleichen<br />

Gruppen durch unterschiedliche Kommissionen<br />

auf der Basis gleicher Kriterien bewertet – mit großen<br />

Unterschieden in den Ergebnissen.<br />

In dieser Zeit begannen Listen zu zirkulieren über “führende”<br />

Zeitschriften (gesteuert von einflussreichen disziplinären<br />

Gruppierungen), auf die die Fachkommissionen<br />

bei der Bewertung besonders achten würden<br />

(z.B. in den Wirtschaftswissenschaften, vgl. Lee/Harley<br />

1998, S. 24).<br />

Im Ergebnis wurden die Untersuchungseinheiten auf<br />

einer 5er-Skala eingestuft. Das richtete sich nach dem<br />

Anteil ihrer Publikationen, der nach nationaler oder<br />

internationaler Exzellenz eingestuft wurde. Der UFC<br />

entschied, von dem bisherigen Drittel an Mitteln, die<br />

für die Forschung vorgesehen waren, nahezu die Hälfte<br />

auf Basis der Bewertungen aus dem 1989er Durchlauf<br />

zuzuweisen. Der Rest richtete sich hauptsächlich nach<br />

den Studierendenzahlen. Diese drei neuen Entscheidungsgrundlagen:<br />

a) die Qualitätsprüfung, b) die 5-stufige<br />

Schätzskala und c) die stärkere Bedeutung von Publikationen<br />

führten zu einer erheblichen Verschiebung<br />

der Autoritätsverhältnisse zwischen Universitäten und<br />

UFC, wobei die Universitäten die Kontrolle über die<br />

Binnenverteilung der Mittel behielten. Die steigende<br />

Bedeutung, die die Publikationen erhielten (von 5 Publikationen<br />

pro Einrichtung/Department zu zwei Publikationen<br />

pro vollzeitliche Lehrkraft) führte dazu, dass<br />

das Universitätsmanagement erheblichen Druck auf die<br />

einzelnen Wissenschaftler ausübte, qualitätsvolle Publikationen<br />

hervorzubringen (vgl. Martin <strong>2011</strong>, S. 57).<br />

1992 – Dritte Stufe<br />

1991, ein Jahr vor dem nächsten Durchlauf des jetzt<br />

so genannten Research Assessment Exercise (RAE) erschien<br />

ein Weißbuch der Regierung, in dem es hieß,<br />

dass Forschungsfinanzierung selektiv erfolgen solle, um<br />

Einrichtungen zu ermuntern, sich auf ihre Stärken zu<br />

konzentrieren (DES 1991, S. 18). Eine weitere wichtige<br />

Entwicklung brachte das Weiter- und Hochschulgesetz<br />

von 1992 (DES 1992), in dem die Polytechnics mit den<br />

Universitäten gleich gestellt wurden. Bis dahin hatten<br />

die Polytechnics keine staatliche Forschungsfinanzierung<br />

erhalten.<br />

Außerdem gab es 1992 folgende Veränderungen:<br />

• Das UFC wurde aufgelöst; jeder Teil des Vereinigten<br />

Königreichs bekam eine eigene Kopplungsagentur,<br />

also England (HEFCE), Wales (HEFCW), Schottland<br />

(SFC) und Nord-Irland (dort nur beratend),<br />

• Die Methodik wurde differenzierter. Nun sollten je<br />

(Vollzeit-)Forschungsperson (“research active”) die<br />

an einem Stichtag der Einrichtung angehörten – hier<br />

hatten in der Vergangenheit “Doppelbuchungen” bei<br />

Wechseln stattgefunden – 2 Publikationen eingereicht<br />

werden, sodass die Größe der Einrichtung eine geringere<br />

Rolle spielte. Aber wer wurde als Forschungspersonal<br />

definiert? Hier setzte viel Spekulation ein<br />

(“game playing”). Bei “Pro-Kopf-Publikationen” als<br />

Maß waren Einrichtungen mit viel Lehrpersonal vorher<br />

benachteiligt worden. Nun konnten Einrichtungen<br />

sich umgekehrt durch diese Definitionen zu exklusiven,<br />

forschungsstarken Einrichtungen hochstilisieren.<br />

Allerdings gab es auch einen Faktor für das quantitative<br />

Volumen des Lehrkörpers. Johnston (1993, S.<br />

174) hat gezeigt, dass es einer ökonomisch rationalen<br />

Strategie entsprach, ein Viertel bis zu einem Drittel der<br />

forschungsschwachen Wissenschaftler hinaus zu definieren,<br />

um eine um einen Punkt höhere Einstufung im<br />

Rating zu erzielen. Innerhalb des Lehrkörpers hatten<br />

solche Differenzierungen zugunsten der Forschungsleistungen<br />

gravierende Folgen für die Prestigeverteilung<br />

– zu Lasten der Lehrleistungen,<br />

• Außerdem wurden Informationen über das “Forschungsumfeld”<br />

angefordert (research environment),<br />

• Nun waren 90% der zugewiesenen Forschungsmittel<br />

vom Qualitätsurteil abhängig. Die Einrichtungen erfuhren<br />

aber erst nach Eintritt in das Verfahren, wie die<br />

Beurteilung genau in die Mittelzuweisung übersetzt<br />

wurde (“playing a game with a blindfold on”). Einrichtungen<br />

mit der niedrigsten Einstufung wurden von der<br />

Förderung ganz ausgenommen,<br />

• Die Polytechnics wurden in die Forschungsförderung<br />

aufgenommen, verschärften den Wettbewerb und erhielten<br />

als “New Universities” oder “1992-universities”<br />

aufgrund ihrer im RAE 1992 gezeigten Leistungen 9%<br />

der Forschungsmittel (d.h. die “old universities” wurden<br />

bei konstanter Gesamtsumme um diesen Betrag<br />

gekürzt) (Bence/Oppenheim 2005, S. 146).<br />

Erneut verschoben diese Entwicklungen sowohl das Autoritätsverhältnis<br />

zwischen Funding Councils und Universitäten,<br />

als auch innerhalb der Universitäten zwischen<br />

den Wissenschaftlern und den Universitätsmanagern,<br />

indem letztere weiteren Einfluss auf die Handlungsmuster<br />

der Wissenschaftler gewannen, weil sie bestimmen<br />

konnten, wer nach welchen Kriterien als “forschungsaktiv”<br />

in die Präsentation der Universität aufgenommen<br />

wurde und wer ausgeschlossen blieb.<br />

1996 – Vierte Stufe<br />

Im Durchlauf des Jahres 1996 traten weitere Änderungen<br />

ein:<br />

• die Units of Assessment (UoA´s) wurden aufgefordert,<br />

bis zu 4 Publikationen je Forschungsperson vorzulegen<br />

(womit das Gewicht von Publikationen weiter erhöht<br />

wurde),<br />

• “indicators of peer esteem” wurden eingeführt (z.B.<br />

Herausgabe von Zeitschriften oder Einladungen zu<br />

Konferenzvorträgen),<br />

• die Beurteilungsstufen wurden (unter Teilung der 3 in<br />

3A und 3B) auf 7 ausgedehnt, mit 5* als neuer Spitze,<br />

• das Budget der Funding Councils wurde 1996/97 um<br />

5% gekürzt; eine erheblich stärkere Differenz der Beurteilungsstufen<br />

bzw. der Fördermittel war die Folge,<br />

• Die Stufen 1 und 2 erhielten keinerlei Förderung mehr.<br />

Das Prüfungsverfahren wurde von rund 60 Fachausschüssen<br />

durchgeführt. Die Vorsitzenden wurden von<br />

den FC´s berufen, während die Mitglieder aus Vorschlägen<br />

ausgewählt wurden, die 1.300 wissenschaftliche<br />

Fo 1+2/<strong>2011</strong><br />

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