Teil III: Produktgruppen - Lebensmittelüberwachung und ...
Teil III: Produktgruppen - Lebensmittelüberwachung und ...
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Jahresbericht 2005 27<br />
<strong>Teil</strong> <strong>III</strong>:<br />
<strong>Produktgruppen</strong><br />
<strong>Produktgruppen</strong>:<br />
Lebensmittel 28<br />
Kosmetische Mittel 64<br />
Bedarfsgegenstände 69<br />
Tabakwaren 77
28 Lebensmittelüberwachung BW <strong>Teil</strong> <strong>III</strong>: <strong>Produktgruppen</strong><br />
Untersuchungsergebnisse: Übersicht in Zahlen<br />
Lebensmittel<br />
17 % beanstandet<br />
83 %<br />
nicht<br />
beanstandet<br />
Kosmetische Mittel<br />
26 % beanstandet<br />
684<br />
3 089<br />
5 724<br />
3 843<br />
Beanst. Lebensmittel<br />
121<br />
242<br />
Beanst. Lebensmittel<br />
Beanst. Lebensmittel<br />
638<br />
80<br />
Der Begriff „Beanstandung“ umfasst jede festgestellte<br />
Abweichung von der Norm, unabhängig von der Art oder<br />
dem Ergebnis der weiteren Verfolgung. Die Feststellungen,<br />
die im Gutachten ihren Niederschlag finden, unterliegen<br />
gegebenenfalls noch der richterlichen Nachprüfung. Insbesondere<br />
sind hier nicht nur Abweichungen in stofflicher<br />
Hinsicht, sondern auch Verstöße gegen Kennzeichnungsvorschriften<br />
<strong>und</strong> Kenntlichmachungsgebote aufgeführt. Die<br />
Art der Beanstandung ist aus den nachfolgenden Tabellen<br />
im Einzelnen erkennbar.<br />
Die Entnahme von Proben <strong>und</strong> deren Untersuchung im<br />
Rahmen der Lebensmittelüberwachung erfolgt häufig<br />
gezielt. Die Zahl der Beanstandungen ist deshalb nicht<br />
repräsentativ für das Marktangebot <strong>und</strong> erlaubt nur eingeschränkt<br />
Rückschlüsse auf die Qualität unserer Lebensmittel<br />
insgesamt.<br />
Durch Zusammentreffen mehrerer Beanstandungsgründe<br />
bei einer Probe kann die Anzahl der Beanstandungsgründe<br />
höher sein als die der beanstandeten Proben.<br />
Proben im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung<br />
74 %<br />
nicht<br />
beanstandet<br />
13<br />
Beanst. Kosmetik<br />
Lebensmittel einschließlich Trinkwasser 58 902<br />
Kosmetische Mittel 2 187<br />
Bedarfsgegenstände (z. B. Verpackungsmaterial, 2 980<br />
Spielwaren, Gegenstände mit Hautkontakt,<br />
Reinigungs- <strong>und</strong> Pflegemittel)<br />
Kein Erzeugnis nach LMBG / LFBG 7<br />
Tabakerzeugnisse 357<br />
Bedarfsgegenstände<br />
32 % beanstandet<br />
528<br />
Beanst. Kosmetik<br />
Beanst. Kosmetik<br />
515<br />
Probenzahl<br />
Gesamt 64 433<br />
Beschwerde- <strong>und</strong> Erkrankungsproben 2 342<br />
davon beanstandet 695<br />
Sonstige Proben aus der Lebensmittelüberwachung<br />
68 %<br />
nicht<br />
beanstandet<br />
10<br />
Nationaler Rückstandskontrollplan 12 404<br />
Radioaktivität 1 102<br />
Tabelle:<br />
Lebensmittelüberwachung<br />
Grafik:<br />
Anteil der beanstandeten<br />
Proben<br />
an der Gesamtprobenzahl<br />
<strong>und</strong><br />
Verteilung der<br />
Beanstandungsgründe<br />
Beanst. Bedarf<br />
Kennzeichnung, Aufmachung<br />
Beanst. Bedarf<br />
Zusammensetzung, Beschaffenheit<br />
Andere Verunreinigungen oder Verderbsursachen<br />
Beanst. Bedarf<br />
Mikrobiologischer Verderb<br />
Verstöße gegen vorbeugenden Ges<strong>und</strong>heitsschutz<br />
Ges<strong>und</strong>heitsschädliche Eigenschaften
Übersicht Jahresbericht 2005 29<br />
Übersicht: Untersuchungsergebnisse<br />
Ergebnisse der Untersuchungen an Lebensmitteln, kosmetischen Mitteln, Bedarfsgegenständen <strong>und</strong> Tabakwaren<br />
Produktgruppe<br />
Gesamtzahl<br />
der Proben<br />
Beanstandete<br />
Proben<br />
Zahl %<br />
Beanstandung<br />
aufgr<strong>und</strong><br />
Zusammensetzung /<br />
Beschaffenheit<br />
Beanstandung<br />
aufgr<strong>und</strong><br />
Kennzeichnung /<br />
Aufmachung<br />
Lebensmittel 58 902 10 196 17 6 452 5 725<br />
Milch <strong>und</strong> Milchprodukte 6 261 957 15 677 473<br />
Eier <strong>und</strong> Eiprodukte 808 147 18 80 98<br />
Fleisch, Wild, Geflügel <strong>und</strong> -Erzeugnisse 7 621 2 009 26 1 419 1 067<br />
Fische, Krusten-, Schalen-, Weichtiere <strong>und</strong> -Erzeugnisse 2 939 579 20 409 265<br />
Fette <strong>und</strong> Öle 1 460 233 16 169 87<br />
Brühen, Suppen, Saucen, Feinkostsalate 1 184 274 23 181 175<br />
Getreide, Backwaren, Teigwaren 4 136 535 13 340 285<br />
Obst, Gemüse <strong>und</strong> -Erzeugnisse 4 750 549 12 366 278<br />
Kräuter <strong>und</strong> Gewürze 1 214 191 16 129 113<br />
Alkoholfreie Getränke (inkl. Mineral- <strong>und</strong> Tafelwasser) 3 615 513 14 209 403<br />
Wein 2 502 267 11 61 256<br />
Alkoholische Getränke (außer Wein) 3 211 607 19 223 557<br />
Eis <strong>und</strong> Desserts 2 125 362 17 141 295<br />
Zuckerwaren, Schokolade, Kakao,<br />
2 156 337 16 83 370<br />
Brotaufstriche, Kaffee, Tee<br />
Hülsenfrüchte, Ölsamen, Nüsse <strong>und</strong> -Erzeugnisse 1 115 102 9 86 28<br />
Fertiggerichte 1 638 310 19 134 264<br />
Diätetische Lebensmittel, Säuglingsnahrung 2 368 219 9 42 228<br />
Nahrungsergänzungsmittel 350 182 52 81 269<br />
Zusatzstoffe 330 21 6 11 13<br />
Trinkwasser 9 119 1 802 20 1 611 201<br />
Kosmetische Mittel 2 187 573 26 93 638<br />
Reinigungs- <strong>und</strong> Pflegemittel für die Haut 1 163 306 26 50 353<br />
Haarbehandlungsmittel 206 49 24 10 54<br />
Nagelkosmetik 96 43 45 10 55<br />
Reinigungs- <strong>und</strong> Pflegemittel für die M<strong>und</strong>hygiene 44 18 41 0 19<br />
Deodorants <strong>und</strong> Parfüms 145 37 26 1 38<br />
Mittel zur Beeinflussung des Aussehens<br />
530 118 22 21 118<br />
(Make-up, Sonnenschutz)<br />
Rohstoffe für kosmetische Mittel 3 2 67 1 1<br />
Bedarfsgegenstände 2 980 960 32 538 515<br />
Materialien mit Lebensmittelkontakt 904 281 31 217 53<br />
Gegenstände mit Körperkontakt 725 245 34 239 75<br />
Spielwaren <strong>und</strong> Scherzartikel 319 88 28 77 49<br />
Reinigungs- <strong>und</strong> Pflegemittel 1 031 345 33 4 338<br />
Verpackungsmaterialien für kosmetische Mittel<br />
1 1 100 1 0<br />
<strong>und</strong> Tabakwaren<br />
Kein Erzeugnis nach LMBG / LFGB 7 1 14 1 0<br />
Tabakwaren 357 4 1 0 4
30 Lebensmittelüberwachung BW <strong>Teil</strong> <strong>III</strong>: Produktgruppe Lebensmittel<br />
Milch <strong>und</strong> Milchprodukte<br />
Milch<br />
Verbraucherbeschwerden<br />
Wie in den vergangenen Jahren wurden<br />
verschiedentlich Beschwerdeproben<br />
zur Begutachtung vorgelegt. Dabei<br />
handelte es sich primär um pasteurisierte<br />
Konsummilch („Frischmilch“),<br />
ultrahocherhitzte Milch („H-Milch“)<br />
<strong>und</strong> sterilisierte Milch. Insbesondere<br />
bei Frischmilch waren es Abweichungen<br />
in Geruch, Geschmack <strong>und</strong> Aussehen,<br />
die die Verbraucher veranlassten,<br />
die entsprechenden Proben zur Untersuchung<br />
einzureichen. In aller Regel<br />
ging der sensorische Verderb hier mit<br />
einer mikrobiologischen Kontamination<br />
einher. Die Ursachen können dabei<br />
vielfältig sein. Neben Fehlern im<br />
Herstellerbetrieb sind auch unsachgemäße<br />
Behandlung bzw. Lagerung<br />
im Handel oder auch im Haushalt in<br />
Betracht zu ziehen.<br />
Sterilisierte Milch in Flaschen aus Klarglas<br />
fiel im Rahmen der sensorischen<br />
Überprüfung vor Ablauf des angegebenen<br />
Mindesthaltbarkeitsdatums<br />
auf. Aufgr<strong>und</strong> des Erhitzungsprozesses<br />
ist sterilisierte Milch ein sehr stabiles<br />
Erzeugnis <strong>und</strong> lange haltbar. Die<br />
Ergebnisse der mikrobiologischen<br />
Untersuchung ergeben hier selten<br />
Gr<strong>und</strong> zur Beanstandung. Jedoch ist<br />
auch hier eine sachgerechte Lagerung<br />
erforderlich. Längerer Lichteinfall verändert<br />
Milchfett <strong>und</strong> Milcheiweiß. Die<br />
dabei entstehenden Abbauprodukte<br />
sind geruchlich <strong>und</strong> geschmacklich<br />
wahrnehmbar. Vom Verbraucher werden<br />
diese Geruchs- <strong>und</strong> Geschmacksabweichungen<br />
häufig als „fremdartig-chemisch“<br />
beschrieben. Milch in<br />
Flaschen aus Klarglas sollte daher immer<br />
lichtgeschützt aufbewahrt werden.<br />
Aus diesem Gr<strong>und</strong> geben einige<br />
Abfüller auch einen entsprechenden<br />
Hinweis („lichtgeschützt lagern“) auf<br />
der Verpackung an.<br />
Milchproben landwirtschaftlicher<br />
Erzeugerbetriebe<br />
Bei der Untersuchung von Rohmilchproben<br />
direkt aus dem Erzeugerbetrieb<br />
ist immer wieder ein gegenüber<br />
Rohmilch aus gleichen Regionen erhöhter<br />
Gefrierpunkt festzustellen.<br />
Dies begründet den Verdacht, dass<br />
die abweichende Beschaffenheit der<br />
Milch durch den Eintrag von Fremdwasser<br />
verursacht wurde. In einigen<br />
Fällen bestätigte sich dies. Als Ursache<br />
ist hauptsächlich mangelnde Sorgfalt<br />
zu nennen. So berücksichtigt der<br />
landwirtschaftliche Erzeuger häufig<br />
nicht, dass nach dem Reinigen seiner<br />
Anlage zurückbleibendes Spülwasser<br />
aus dem Leitungssystem entfernt<br />
werden muss. Ansonsten kommt es<br />
zu einer unzulässigen Verwässerung<br />
des darauffolgenden Gemelkes. In<br />
einem Fall betrug der Fremdwassergehalt<br />
4 %: bei einer Abgabe von 789<br />
Liter Rohmilch sind dies immerhin 32<br />
Liter Fremdwasser!<br />
Butter<br />
Kräuterbutter<br />
Kräuterbutter ist eine aus der<br />
klassischen französischen Küche<br />
stammende Zubereitung<br />
aus Butter <strong>und</strong> Kräutern. Nach<br />
einer EG-rechtlichen Definition<br />
handelt es sich dabei um eine<br />
Kräuter enthaltende Zubereitung<br />
aus Butter, die einen Milchfettanteil<br />
von mindestens 62 % aufweisen <strong>und</strong> nur<br />
aus Butter, ohne Zusatz von milchfremdem Fett hergestellt<br />
sein muss.<br />
Werden entsprechende Zubereitungen in Gaststätten <strong>und</strong><br />
Restaurants noch selbst hergestellt, wird sehr häufig Margarine<br />
mitverwendet, um das Erzeugnis streichfähiger zu<br />
machen. Gemäß der obigen Definition dürfen solche Zubereitungen<br />
nicht als „Kräuterbutter“ bezeichnet werden. In<br />
Einzelfällen wurde bei Proben aus Gaststätten ein Fremdfettanteil<br />
von bis zu 29 % festgestellt, obwohl es sich laut<br />
Speisekarte angeblich um „Kräuterbutter“ handelte.<br />
Eine weitere Probe „selbst hergestellte Kräuterbutter“<br />
wurde im Rahmen einer Gaststättenkontrolle erhoben.<br />
Die Probe bestand aus einer grünlich-gelben Gr<strong>und</strong>masse,<br />
durchsetzt mit grünen <strong>und</strong> braunen Blattgewürzbestandteilen<br />
<strong>und</strong> Gewürzpartikeln in unterschiedlicher Größe.<br />
Oberflächlich war an mehreren Stellen ein gelblich-trüber<br />
Flüssigkeitsaustritt festzustellen. In dieser Masse befand<br />
sich ein Esslöffel. Die Masse war in eine ehemalige Speiseeisverpackung<br />
gefüllt, Becher <strong>und</strong> Deckel waren auch<br />
äußerlich mit Lebensmittelresten (teilweise stark angetrocknet)<br />
verschmutzt. Die Kunststoffverpackung war an<br />
einer Seite angebrochen. Aufgr<strong>und</strong> der Ekel erregenden<br />
Beschaffenheit musste diese Probe als nicht zum Verzehr<br />
geeignet beurteilt werden.<br />
Verunreinigung durch Abrieb oder Schmierstoffe<br />
Ebenfalls als nicht mehr zum Verzehr geeignet beurteilt<br />
wurde eine Beschwerdeprobe „Butter“, nachdem die vom<br />
Verbraucher monierten Verschmutzungen bestätigt werden<br />
konnten. Als Ursache der Verunreinigung kamen Abrieb<br />
oder Schmierstoffe der Ausformmaschine in Betracht. Eine<br />
Betriebsüberprüfung wurde empfohlen, um die Ursache<br />
des Schmutzeintrages zu ermitteln <strong>und</strong> abzustellen.
Milch <strong>und</strong> Milchprodukte Jahresbericht 2005 31<br />
Milchprodukte<br />
Aufgeschlagene Sahne – nach wie vor ein „hygienisches Stiefkind“<br />
Auch in diesem Berichtsjahr wurden wieder Schlagsahneproben<br />
aus Sahnebläsern von Hotels, Cafés <strong>und</strong> Bäckereien<br />
angefordert, um die hygienische Beschaffenheit des Ausgangsmaterials<br />
(Behältersahne) <strong>und</strong> der aufgeschlagenen<br />
Sahne zu überprüfen. Lediglich r<strong>und</strong> ein Drittel war mikrobiologisch<br />
<strong>und</strong> sensorisch einwandfrei, bei der Hälfte aller<br />
Proben wurde wegen erhöhter Gesamtkeimgehalte eine<br />
Bemängelung ausgesprochen <strong>und</strong> eine Hygieneüberprüfung<br />
angeraten. In einem Fall musste das aufgeschlagene<br />
Erzeugnis wegen stark überhöhter Gehalte an Verderbskeimen<br />
(Enterobakteriazeen, Pseudomonaden, Milchsäurebildner<br />
<strong>und</strong> Hefen) als verdorben <strong>und</strong> nicht zum Verzehr<br />
geeignet beurteilt werden, während das verwendete Aus-<br />
gangsmaterial hygienisch einwandfrei war. Diese Ergebnisse<br />
zeigen, dass das Hygienebewusstsein im Umgang<br />
mit dem leicht verderblichen Lebensmittel „Sahne“ immer<br />
noch verbesserungswürdig ist. Hauptsächliche Fehler, die<br />
zu den schlechten mikrobiologischen Resultaten führen,<br />
sind die ungenügende <strong>und</strong> / oder zu seltene Reinigung der<br />
Sahneaufschlagmaschinen, eine ungenügende Kühlung der<br />
Sahne sowie eine zu lange Aufbewahrungszeit, welche oft<br />
aus der Verwendung zu großer Vorratsgebinde resultiert.<br />
Es ist dringend zu empfehlen, die Gebinde wie auch die<br />
Füllmenge so auszuwählen, dass die Sahne arbeitstäglich<br />
abverkauft werden kann.<br />
Käse<br />
„Vom Schaf, zur Kuh, zum Käseimitat“ – gleich doppelte Verbrauchertäuschung<br />
Zu einem echten Dauerbrenner hat<br />
sich das Thema „Käseimitate“ entwickelt.<br />
Bei Käseimitaten oder Käseanalogen<br />
handelt sich meist um Produkte,<br />
bei denen ein <strong>Teil</strong> des Milchfettes<br />
durch Pflanzenfett ersetzt wird.<br />
Bei „echtem“ Käse hingegen ist die<br />
Verwendung von milchfremdem Fett<br />
nicht zulässig. Bereits in den vergangenen<br />
Jahren fielen verstärkt Erzeugnisse<br />
auf, die in Aussehen <strong>und</strong><br />
Konsistenz kaum von echtem Käse<br />
zu unterscheiden, hinsichtlich Geruch<br />
<strong>und</strong> Geschmack jedoch fade<br />
<strong>und</strong> flach waren. Die Untersuchungen<br />
ergaben, dass es sich hierbei um<br />
Imitate handelte. Aufgr<strong>und</strong> der Beanstandungen<br />
wurden auch in diesem<br />
Jahr zahlreiche Käse-Produkte auf<br />
Verfälschung überprüft. Überraschenderweise<br />
wurde man auch bei einem<br />
„Fast-food-Restaurant“ fündig: hier<br />
wurde „Schafskäse“ als Beilage zu<br />
einem griechischen Salat angeboten.<br />
Die Untersuchungen ergaben, dass<br />
Schafmilch in diesem Erzeugnis nicht<br />
enthalten war. Nachgewiesen werden<br />
konnten jedoch Kuhmilchbestandteile.<br />
Nach Abschluss der Analysen stand<br />
fest, es handelte sich um ein Käseimitat,<br />
hergestellt aus Kokosfett mit Kuhmilchanteilen.<br />
Die Verbraucher wurden<br />
somit gleich doppelt getäuscht!<br />
Auch die Überprüfung von Tierartangaben<br />
bei Schaf- <strong>und</strong> Ziegenkäse<br />
ergab eine nach wie vor hohe Zahl<br />
von Auffälligkeiten, vor allem bei Proben<br />
aus der Gastronomie. Bei einem<br />
„bulgarischen Schafkäse“ waren Kuhmilchanteile<br />
bis zu 5 % nachweisbar.<br />
Ein in einem Restaurant angebotener<br />
„Schafkäse“ bestand ausschließlich<br />
aus Kuhmilch. In manchen Fällen<br />
konnten in den Restaurants auch die<br />
originalverpackten Käse sichergestellt<br />
werden; laut Originalkennzeichnung<br />
handelte es sich dabei teilweise um<br />
Kuhmilchkäse, welcher in den Gaststätten<br />
kurzerhand umbenannt <strong>und</strong> als<br />
„Schafkäse“ serviert wurde.<br />
Eine Täuschung der anderen Art<br />
Nach den Vorschriften der Käseverordnung<br />
ist es erlaubt, bei geriebenem<br />
Käse Kartoffel- <strong>und</strong> / oder Maisstärke<br />
als Trennmittel in technologisch<br />
notwendigem Umfang einzusetzen,<br />
höchstens jedoch 3 %. Eine entsprechende<br />
Angabe im Zutatenverzeichnis<br />
ist dann notwendig. Nach den Vorschriften<br />
der Zusatzstoff-Zulassungsverordnung<br />
darf bei zerkleinertem<br />
Käse auch der Zusatzstoff Cellulose<br />
(E 460), zum Beispiel als Trennmittel,<br />
eingesetzt werden, jedoch auch hier<br />
nur in der nach Guter Herstellungspraxis<br />
notwendigen Menge. Auch dieser<br />
Zusatzstoff ist bei Verwendung im Verzeichnis<br />
der Zutaten anzugeben.<br />
Laktose (Milchzucker) ist ein natürlicher<br />
Bestandteil der Mich, der jedoch<br />
in gereiftem Hartkäse üblicherweise<br />
nicht mehr in nennenswerten Anteilen<br />
vorhanden ist. Andererseits ist Milchzucker<br />
ein maßgeblicher Bestandteil<br />
in Milch- <strong>und</strong> Molkepulvern, welcher<br />
unerlaubt dem geriebenen Hartkäse<br />
beigemischt sein kann.<br />
Im Rahmen der Untersuchung von<br />
„geriebenem Hartkäse“ fielen einige<br />
Erzeugnisse wie folgt auf: der Celluloseanteil<br />
betrug 8 bis 10 % bei einem<br />
gleichzeitigen Gehalt an Laktose von<br />
r<strong>und</strong> 20 %, teilweise waren Cellulosegehalte<br />
bis 15 % festzustellen. Die<br />
zulässige Höchstmenge für Stärke<br />
wurde bei einigen Proben deutlich<br />
überschritten. Die genannten „Zutaten“<br />
waren allesamt nicht im Zutatenverzeichnis<br />
aufgeführt. Bei einem<br />
nicht deklarierten Zusatz in diesen<br />
Größenordnungen handelt es sich<br />
um eine deutliche „Streckung“ des<br />
eigentlichen Käseanteils bzw. um eine<br />
ganz erhebliche „Täuschung“ des<br />
Verbrauchers.
32 Lebensmittelüberwachung BW <strong>Teil</strong> <strong>III</strong>: Produktgruppe Lebensmittel<br />
Eier <strong>und</strong> Eiprodukte<br />
Strenge Kennzeichnungsvorschriften<br />
Durch die EWG-Vermarktungsnormen <strong>und</strong> das nationale<br />
Recht sind strenge Vorgaben bezüglich der Kennzeichnung<br />
von Eiern vorgegeben <strong>und</strong> lassen auch nur wenig Spielraum<br />
für Angaben zur Bewerbung. So mussten auch im<br />
Berichtszeitraum wieder häufig Beanstandungen hinsichtlich<br />
der Kennzeichnung ausgesprochen werden:<br />
• Zum einen fehlten die Angaben des Mindesthaltbarkeitsdatums<br />
oder des Erzeugercodes, Angaben zur<br />
Legehennenhaltung oder Verbraucherhinweise bei<br />
offen angebotenen Eiern.<br />
• Andererseits gab es auch wieder Eier mit „doppelter<br />
Staatsbürgerschaft“. Während auf den Eiern als Herkunftsland<br />
Frankreich aufgestempelt war, fand sich auf<br />
der Verpackung die Angabe „DE …“ für Deutschland.<br />
Bei Angaben zur Legehennenhaltung fiel ebenso Widersprüchliches<br />
auf:<br />
• Die Eier einer Probe waren mit dem Erzeugercode<br />
„2 DE- …“ gestempelt, wobei die Ziffer 2 auf Bodenhaltung<br />
hinweist.<br />
• Auf der Verpackung war hingegen die Legehennenhaltungsform<br />
„aus Käfighaltung“ angebracht. Unterschiedliche<br />
Angaben zur Haltungsart der Legehennen<br />
sind als zur Irreführung geeignet zu beurteilen.<br />
„… <strong>und</strong> sonntags auch mal zwei!“<br />
Besondere Auslobungen zur Förderung des Verkaufs von<br />
Eiern dürfen nur dann verwendet werden, wenn diese<br />
Angaben <strong>und</strong> Symbole <strong>und</strong> die Art <strong>und</strong> Weise ihrer Anbringung<br />
nicht geeignet sind, den Käufer irrezuführen. Die<br />
Bezeichnung „Sonntags-Eier“ stellt jedoch eine Auslobung<br />
dar, die geeignet ist, den Eindruck zu erwecken, dass sich<br />
diese Eier durch eine besondere Qualität von den handelsüblichen<br />
Eiern unterscheiden. Die Verbraucher erwarten<br />
hier beispielsweise einen höheren Frischegrad, da die Eier<br />
weichgekocht verzehrt werden sollen. Eier besonderer Frische<br />
dürfen nach den EWG-Vermarktungsnormen für Eier<br />
eine Luftkammerhöhe von höchstens 4 mm aufweisen.<br />
Die vorgelegten „Sonntags-Eier“ hatten jedoch Luftkammerhöhen<br />
von bis zu 7 mm! Eier, die eine Luftkammerhöhe<br />
größer 6 mm aufweisen, entsprechen nicht mehr den<br />
Anforderungen an die Güteklasse A. Sie sind dann z. B. als<br />
Eier der Güteklasse B einzustufen. Eier der Güteklasse B<br />
wiederum dürfen nur an bestimmte Unternehmen der Lebensmittelindustrie<br />
(z. B. Eiproduktehersteller), die eine Zulassung<br />
erfahren haben, oder an die Non-Food-Industrie<br />
abgegeben werden.<br />
Die Luftkammerhöhe stellt ein Maß für das Alter des Eies<br />
dar. Sie darf bei Eiern der Güteklasse A nicht höher als<br />
6 mm sein. Bei „tagesfrisch“ angebotenen Eiern waren<br />
Luftkammerhöhen von 4 <strong>und</strong> 5 mm festzustellen. Sie entsprachen<br />
zwar noch den Anforderungen an die Güteklasse<br />
A, allerdings weisen tagesfrische Eier Luftkammerhöhen<br />
von 2 mm auf.<br />
Gekochte <strong>und</strong> gefärbte Eier<br />
Gekochte, gefärbte Hühnereier („Brotzeiteier“,<br />
„Vespereier“, „Ostereier“) gaben<br />
des Öfteren Anlass zur Beschwerde. Die<br />
eingesetzten Farbstoffe wurden nicht ordnungsgemäß<br />
angegeben oder die Eier hatten<br />
zum <strong>Teil</strong> eine defekte Schale <strong>und</strong> waren verdorben.<br />
Ein besonderer Fall: Von 47 untersuchten Eiern einer Probe<br />
waren 28 Eier zu beanstanden (entspricht 60 %!). Das Erzeugnis wurde vom Handel freiwillig aus dem<br />
Verkehr genommen.
Eier <strong>und</strong> Eiprodukte / Fleisch, Wild <strong>und</strong> Geflügel Jahresbericht 2005 33<br />
Fleisch, Wild, Geflügel <strong>und</strong> -Erzeugnisse<br />
Gammelfleisch<br />
Verdorbene Waren in Kühl- <strong>und</strong> Gefrierhäusern<br />
Mangelnde Hygiene beim Umgang mit Fleisch führt<br />
zum Verderb. Zur Erhaltung der Qualität ist vor allem<br />
die Einhaltung der Kühlkette sowohl bei gekühltem<br />
als auch bei gefrorenem Fleisch erforderlich. Bei Kontrollen<br />
wurde häufig unsachgemäß gelagerte oder<br />
überlagerte Ware angetroffen.<br />
Bei nicht gefrorenen Fleisch- <strong>und</strong> Wurstwaren kann es durch<br />
Mikroorganismen zum Verderb kommen. Hierbei stellen<br />
sich durch die Stoffwechseltätigkeit der Keime sinnfällige<br />
Veränderungen ein. Verdorbenes Fleisch weist graugrünliche<br />
Verfärbungen, schmierige Oberflächen sowie deutlich<br />
fäulnisartige Geruchsabweichungen auf. Die Kühllagerung<br />
der Lebensmittel soll den Verderb durch Mikroorganismen<br />
hinauszögern. Aber auch bei Kühlschranktemperaturen vermehren<br />
sich viele zur Verderbnisflora von Fleisch zählende<br />
Keime, wie die Pseudomonaden. Bei zu langer Lagerung<br />
setzen daher auch bei gekühlter Aufbewahrung von Fleisch<br />
Verderbniserscheinungen ein. Wird die erforderliche Kühltemperatur<br />
nicht eingehalten, wachsen die Verderbskeime<br />
wesentlich schneller, sodass sich die Haltbarkeit verkürzt<br />
<strong>und</strong> das Mindesthaltbarkeitsdatum bei Fertigpackungen<br />
nicht erreicht wird.<br />
Soll frisches Fleisch längerfristig haltbar gemacht werden,<br />
ist eine Gefrierlagerung erforderlich. Bei Temperaturen unter<br />
– 18 ° C sind die Lebensmittel vor dem Verderb durch<br />
Mikroorganismen geschützt. Verderb kann dann jedoch<br />
durch Oxidation der Fettbestandteile durch Luftsauerstoff<br />
erfolgen. Durch Lagerung bei unter –18 ° C <strong>und</strong> unter Luftabschluss<br />
ist gefrorenes Fleisch dann mehrere Monate<br />
lagerfähig. Wird gefrorenes Fleisch dagegen bei schwankenden<br />
insbesondere bei zu hohen Temperaturen aufbewahrt<br />
(Unterbrechung der Kühlkette) oder in beschädigten<br />
also <strong>und</strong>ichten Verpackungen gelagert, tritt der so genannte<br />
Gefrierbrand ein: das heißt, das Fleisch trocknet stellenweise<br />
aus <strong>und</strong> verfärbt sich hell. Hier hat der Sauerstoff<br />
leichter Zutritt <strong>und</strong> das Fett wird ranzig. Die vom Hersteller<br />
kalkulierte Haltbarkeit wird bei derartigen Lagerfehlern nicht<br />
erreicht. Allerdings ist auch bei Tiefkühllagerung die Haltbarkeit<br />
begrenzt, <strong>und</strong> überlagerte Ware wird nach einiger Zeit<br />
dann entsprechende Verderbserscheinungen zeigen.<br />
Auch in Baden-Württemberg wurden Ende des Jahres 2005<br />
im zeitlichen Zusammenhang mit dem Gammelfleischskandal<br />
145 Verdachtsproben aus Kühl- oder Gefrierhäusern untersucht.<br />
88 Proben (= 61 %) wiesen zum <strong>Teil</strong> erhebliche<br />
Verderbniserscheinungen auf. Es wurde sowohl Verderb<br />
durch Mikroorganismen als auch Fettverderb durch unsachgemäße<br />
Gefrierlagerung festgestellt, darunter beispielsweise<br />
fauliges Rinderfilet <strong>und</strong> extrem ranzige Fleischwaren<br />
(Kaninchenköpfe, „frische“ Pute, Gänsekeule). Der hohe<br />
Anteil beanstandeter Proben ist neben der zielgerichteten<br />
Überprüfung auf Proben mit abgelaufenen Mindesthaltbarkeitsdaten<br />
auch auf die Nachverfolgung von Beanstandungen<br />
anderer Lebensmittelüberwachungsbehörden zurückzuführen.<br />
Die Ergebnisse zeigen, dass im Sinne einer<br />
risikoorientierten Betriebskontrolle auch der Überwachung<br />
von Kühl- <strong>und</strong> Gefrierhäusern verstärkte Aufmerksamkeit<br />
zuteil werden sollte.<br />
Separatorenfleisch<br />
Auch die Fleischreste werden verarbeitet<br />
Separatorenfleisch ist maschinell von ausgelösten<br />
Knochen abgetrenntes zerkleinertes Fleisch. Es wird<br />
in Fleischwaren verarbeitet. Separatorenfleisch darf<br />
im Zutatenverzeichnis nicht als Zutat Fleisch angegeben<br />
werden. Es ist als Separatorenfleisch<br />
zu deklarieren.<br />
Vor der Verarbeitung zu Fleischerzeugnissen<br />
muss das Fleisch<br />
vom Knochen getrennt werden.<br />
An den ausgelösten Knochen<br />
haftet dann noch eine gewisse<br />
Menge Restfleisch. In den großen<br />
Zerlege- <strong>und</strong> Produktionsbetrieben<br />
erfolgt die Gewinnung<br />
von Restfleisch von entbeinten<br />
Knochen oder von Geflügelkarkassen<br />
maschinell. In Press-Trennmaschinen<br />
werden die fleischtragenden Knochen<br />
unter hohem Druck gegen ein Siebsystem<br />
gepresst. Die weichen Bestandteile wie Muskulatur, Fett<strong>und</strong><br />
Bindegewebe passieren die Lochsiebe <strong>und</strong> werden<br />
vom härteren Knochenmaterial getrennt. Man erhält das<br />
so genannte Separatorenfleisch. Die Struktur der Muskelfasern<br />
wird beim Separatorenfleisch zerstört oder aufgelöst.<br />
Separatorenfleisch enthält viele vom Knochen abgeriebene<br />
Partikel. Da Knochengewebe reich an Kalzium ist, weist<br />
auch Separatorenfleisch hohe Kalziumgehalte auf.<br />
Neben dieser konventionellen Hartseparation gibt es mittlerweile<br />
schonendere Herstellungstechnologien (Advanced<br />
Meat Recovery, AMR), die mit wesentlich niedrigerem<br />
Druck arbeiten. Es wird ein neuer Typ von Separatorenfleisch<br />
gewonnen. Es weist nur einen niedrigen Anteil an<br />
Knochenabrieb auf, somit ist auch der Kalziumgehalt dieses<br />
Separatorenfleisches wesentlich niedriger. Es ist daher wesentlich<br />
schlechter in Fleischerzeugnissen nachzuweisen<br />
als das oben beschriebene Produkt, das nach der alten<br />
Technologie gewonnen wurde.<br />
Abb.:<br />
Separatorenfleisch
34 Lebensmittelüberwachung BW <strong>Teil</strong> <strong>III</strong>: Produktgruppe Lebensmittel<br />
Separatorenfleisch kann in Fleischerzeugnissen histologisch<br />
über einen erhöhten Gehalt an Knochenpartikeln<br />
<strong>und</strong> chemisch über erhöhte Kalziumgehalte nachgewiesen<br />
werden. Die Untersuchungen der im Jahr 2005 insgesamt<br />
auf Separatorenfleisch untersuchten 123 Proben – sowohl<br />
Fleischerzeugnisse als auch Verarbeitungsfleischproben<br />
– zeigen, dass sich Separatorenfleisch auf dem Markt befindet<br />
<strong>und</strong> in Fleischerzeugnissen verwendet wird. In insgesamt<br />
21 Fällen konnte Separatorenfleisch nachgewiesen<br />
werden. Hier ist die hohe Anzahl an positiven Proben insbesondere<br />
auf die Nachverfolgung von Beanstandungen<br />
in der Regel mit mehreren Proben pro Fall zurückzuführen.<br />
Im Handel <strong>und</strong> bei der Verarbeitung in Fleischwaren darf<br />
Separatorenfleisch allerdings nicht als Zutat Fleisch ausgewiesen<br />
werden, sondern muss als Separatorenfleisch<br />
bezeichnet oder im Zutatenverzeichnis deklariert werden.<br />
Es darf auch nicht zu dem anzugebenden Fleischanteil hinzugerechnet<br />
werden. Bei der Abgabe von loser Ware ist die<br />
Verwendung von Separatorenfleisch ausreichend kenntlich<br />
zu machen. Bei Betriebskontrollen wurde das Separatorenfleisch<br />
auch unter der Bezeichnung „3-mm-Fleisch“, „Baaderfleisch“<br />
oder „MDM“ (= Mechanically Deboned Meat)<br />
vorgef<strong>und</strong>en. Die Verwendung dieser Bezeichnungen für<br />
Separatorenfleisch muss als irreführend beurteilt werden.<br />
Auffällig ist, dass Fleischwaren mit der deklarierten Zutat<br />
Separatorenfleisch kaum anzutreffen sind.<br />
Fremdwasser in Hähnchenfleisch?<br />
Die Zugabe von Fremdwasser ist im Fleischbereich teilweise<br />
technologisch erforderlich, wie beispielsweise bei den<br />
Brühwürsten. Bei anderen Fleischerzeugnissen dient die<br />
Zugabe von Fremdwasser einzig der Gewinnoptimierung.<br />
Im Rahmen des EG-weiten Koordinierten Überwachungsprogramms<br />
(KÜP) 2005 wurde die Sicherheit, Qualität <strong>und</strong><br />
Etikettierung von Geflügelfleischerzeugnissen hinsichtlich<br />
der Verwendung von Wasserbindern überprüft. Hierzu<br />
wurden insgesamt 58 Proben verschiedener Hähnchenfleischerzeugnisse,<br />
beispielsweise Hähnchenbrustfilets<br />
(z.T. mit 8 % Flüssigwürze, z.T. naturbelassen), auf zahlreiche<br />
chemische Parameter wie Wasser-, Fett-, Protein-,<br />
Hydroxyprolin-, Asche-, <strong>und</strong> Kohlenhydratgehalt untersucht.<br />
Außerdem wurden die Proben auf Kennzeichnungsmängel<br />
geprüft. 18 (= 31 %) der eingesandten Proben wurden wegen<br />
zu hohem Fremdwassergehalt mit einem Spitzenwert<br />
von 17 % Fremdwasser bzw. zu niedrigem Fleischanteil<br />
beanstandet.<br />
Fische, Krusten-, Schalen-, Weichtiere<br />
<strong>und</strong> -Erzeugnisse<br />
Hygienische Beschaffenheit von tiefgefrorenen Garnelen<br />
Tiefgefrorene Garnelen verschiedener Größensortierungen erfreuen sich seit vielen Jahren großer Beliebtheit<br />
beim Verbraucher. In der Vergangenheit gab es mehrfach Hinweise darauf, dass die notwendigen hygienischen<br />
Bedingungen bei der Produktion nicht immer eingehalten werden.<br />
Im Rahmen einer Schwerpunktaktion 2005 wurden 85<br />
Proben tiefgefrorene Garnelen in Fertigpackungen sensorisch,<br />
chemisch <strong>und</strong> mikrobiologisch untersucht. Überwiegend<br />
handelte es sich um gekochte, geschälte Ware.<br />
Garnelenfleisch ist extrem rasch verderblich <strong>und</strong> in den<br />
Erzeugerländern herrschen recht hohe Umgebungstemperaturen.<br />
Durch den Kochprozess wird ein Großteil der in<br />
der Rohware vorhandenen Bakterien abgetötet, die deshalb<br />
bei der mikrobiologischen Untersuchung nicht mehr<br />
nachweisbar sind. Auch die 2005 untersuchten Garnelen<br />
waren mikrobiologisch nicht zu bemängeln. Als Indikator für<br />
Hygienemängel, insbesondere eine deutliche Kühlkettenunterbrechung<br />
vor dem letzten keimtötenden Prozess, gilt<br />
der Indolgehalt. Indol ist eine Substanz, die im Rahmen der<br />
bakteriellen Eiweißzersetzung aus der Aminosäure Tryptophan<br />
entsteht <strong>und</strong> durch Kochen <strong>und</strong> Tiefgefrieren nicht<br />
wesentlich beeinflusst wird. Allerdings wird Indol nur von<br />
bestimmten Keimarten gebildet. Der Indolgehalt korreliert<br />
nicht unmittelbar mit sinnfälligen Abweichungen, jedoch<br />
weisen erfahrungsgemäß Erzeugnisse mit sehr hohen Indolgehalten<br />
auch starke Geruchs- <strong>und</strong> Geschmacksabweichungen<br />
auf. Wegen sensorischer Abweichungen mussten<br />
fünf Proben beanstandet werden. Drei dieser Proben<br />
wiesen gleichzeitig extrem hohe Indolgehalte auf, die zwei<br />
anderen waren in Bezug auf Indol unauffällig, hatten jedoch<br />
erhöhte Gesamtkeimzahlen. Bei den beanstandeten Proben<br />
handelte es sich um gekochte <strong>und</strong> geschälte Ware in<br />
kleinen Größensortierungen. Diese so genannten „Cocktail-Garnelen“<br />
oder „Cocktail-Shrimps“ aus tropischen<br />
Fang- bzw. Erzeugungsgebieten waren schon häufiger<br />
durch sensorische <strong>und</strong> hygienische Abweichungen aufgefallen.<br />
Aus einer Probe roher gewürzter Garnelen wurden<br />
Salmonellen Subspez. IV isoliert.
Fische, Krusten-, Schalen-, Weichtiere Jahresbericht 2005 35<br />
Seezunge, Tropenzunge oder Pangasius?<br />
Nachweis von Verbrauchertäuschungen<br />
Seezunge, Tropenzunge <strong>und</strong> Pangasius sind drei verschiedene Fischarten,<br />
die als Speisefische genutzt werden. Von den genannten Fischen<br />
ist die Seezunge der wohlschmeckendste <strong>und</strong> auch mit Abstand der<br />
teuerste Fisch. Bei der Tropenzunge <strong>und</strong> dem Pangasius<br />
handelt es sich demgegenüber um weniger ende <strong>und</strong> geringwertigere<br />
wohlschmeck-<br />
Fische.<br />
• Die Seezunge (solea solea bzw. solea vulgaris) ist ein<br />
bis 70 cm langer Plattfisch, mit einer graubraunen bis<br />
schwarzbraunen Augenseite <strong>und</strong> einer weißen Blindseite.<br />
Sie ist in fast allen europäischen Küstengewässern<br />
<strong>und</strong> entlang der Atlantikküste bis zum Senegal verbreitet.<br />
Nur dieser Fisch darf als „Seezunge“ bezeichnet <strong>und</strong><br />
verkauft werden. Andere Arten der Familie der Soleidea<br />
dürfen als „Zunge“ bezeichnet werden.<br />
• Die Rotzunge oder Tropenzunge (cynoglossus spp.) ist<br />
eine Sammelbezeichnung für zahlreiche Zungenarten.<br />
Diese gehören ebenfalls zu den Plattfischen, jedoch zu einer<br />
anderen Familie, zu den „H<strong>und</strong>szungen“. Sie bleiben<br />
deutlich kleiner als die Seezunge. Tropische Zungenarten<br />
sind zwar verkehrsfähig, dürfen jedoch nicht als „Seezunge“<br />
bezeichnet werden, sondern müssen mit ihrer<br />
vollständigen Bezeichnung: Rotzunge oder Tropenzunge<br />
benannt werden.<br />
• Der Pangasius (pangasius spp.) ist kein Plattfisch, sondern<br />
ein bis 120 cm langer Schlankwels. Dieser Fisch<br />
wird in Vietnam in Süßwasser-Aquakulturen gezogen.<br />
Es handelt sich um einen preiswerteren Speisefisch.<br />
51 Proben, die in der Speisekarte als „Seezunge“<br />
bezeichnet wurden<br />
Bei 35 von 51 als Seezunge bzw. Seezungenfilet<br />
angepriesenen Erzeugnissen kam eine billigere Variante<br />
eines Plattfisches auf den Teller.<br />
Dies entspricht einer beachtlichen Beanstandungsquote<br />
von 69 %. Bei einem <strong>Teil</strong> der Proben ließ sich<br />
aus den Lieferpapieren oder der Originalverpackung<br />
in der Gaststätte die korrekte Angabe der Tierart entnehmen.<br />
Die Filets der drei Fische sehen sehr ähnlich aus, sodass<br />
der Verbraucher anhand des Filets nicht erkennen kann, um<br />
welchen Fisch es sich handelt.<br />
Die Proben wurden hauptsächlich in Gaststätten erhoben<br />
<strong>und</strong> waren dort laut Speisekarte als Gerichte mit Seezungenfilets<br />
bezeichnet. Die Untersuchung, ob die angegebene<br />
Tierart vorlag, erfolgte mittels Isoelektrischer Fokussierung<br />
(IEF) <strong>und</strong> / oder Polymerasekettenreaktion (PCR).<br />
Grafik:<br />
Anteil der<br />
fälschlicherweise<br />
als Seezunge bzw.<br />
Seezungenfilet<br />
angepriesenen<br />
Proben<br />
Proben mit<br />
korrekter<br />
Kennzeichnung<br />
31 %<br />
Proben mit<br />
falscher<br />
Kennzeichnung<br />
69 %<br />
Fischbezeichnung 2005
36 Lebensmittelüberwachung BW <strong>Teil</strong> <strong>III</strong>: Produktgruppe Lebensmittel<br />
Fette <strong>und</strong> Öle<br />
Jeder B<strong>und</strong>esbürger verbraucht im Durchschnitt jedes Jahr ca. 30 kg<br />
Speisefette <strong>und</strong> Speiseöle. Davon ist etwa ein Drittel tierischer Herkunft<br />
(hauptsächlich Butter), die anderen zwei Drittel sind pflanzlicher Herkunft,<br />
dabei handelt es sich hauptsächlich um Speiseöle <strong>und</strong> Margarine.<br />
Diese 30 kg stellen übrigens nur einen kleinen Bruchteil der gesamten<br />
Fettzufuhr dar, denn der überwiegende <strong>Teil</strong> wird als „verstecktes Fett“<br />
mit anderen Lebensmitteln aufgenommen.<br />
Im Jahr 2005 wurden insgesamt 1460 Proben untersucht,<br />
davon waren 233 (= 16 %) zu beanstanden, wobei 52 Beanstandungen<br />
aufgr<strong>und</strong> der mangelhaften Kennzeichnung<br />
bzw. Aufmachung ausgesprochen wurden.<br />
Olivenöl<br />
Die meisten der in Deutschland verkauften<br />
Olivenöle werden als „Natives<br />
Olivenöl extra“ vermarktet. Olivenöle<br />
dieser Kategorie müssen bestimmte<br />
chemische Vorgaben einhalten, eine<br />
wahrnehmbare Fruchtigkeit aufweisen<br />
<strong>und</strong> frei von Fehlern sein. Im Berichtsjahr wurden 145<br />
Olivenöle untersucht, davon waren 34 (= 23 %) zu beanstanden,<br />
etwa die Hälfte davon wegen fehlerhafter Kennzeichnung.<br />
Viele Olivenöle der Kategorie „Natives Olivenöl extra“<br />
wiesen sensorisch wahrnehmbare Fehler auf (stichig,<br />
schlammig, ranzig etc.), obwohl die chemischen Kennzahlen<br />
unauffällig waren. In einigen kritischen Fällen wurde der<br />
sensorische Bef<strong>und</strong> zusätzlich durch ein unabhängiges Olivenölpanel<br />
an der B<strong>und</strong>esforschungsanstalt für Ernährung<br />
<strong>und</strong> Lebensmittel (BFEL) bestätigt. Auch die chemischen<br />
Kennzahlen (z. B. Säuregehalt, UV-Absorption) von Ölen der<br />
Kategorie „Natives Olivenöl extra“ entsprachen in einigen<br />
Fällen nicht den Vorgaben der EU-Verordnung. Ein Olivenöl<br />
aus Italien war erheblich mit Sojaöl verfälscht.<br />
Frittierfette<br />
Wie auch in den Jahren zuvor weisen Frittierfette<br />
mit Abstand die höchste Beanstandungsquote auf.<br />
Von 379 untersuchten Proben mussten 129 (= 34 %)<br />
beanstandet werden. Die Verwendung von verdorbenem<br />
Frittierfett kann leicht vermieden werden,<br />
wenn beim Frittieren einige Gr<strong>und</strong>regeln eingehalten<br />
werden. Immer mehr Lebensmittelkontrolleure<br />
verwenden inzwischen elektronische Messgeräte,<br />
mit denen verdorbene Frittierfette recht gut<br />
erkannt werden können. Dadurch können gezielt<br />
auffällige Frittierfette identifiziert <strong>und</strong> als Probe gezogen<br />
werden. Für eine rechtsverbindliche Beurteilung<br />
der Frittierfette ist jedoch auch weiterhin eine<br />
qualifizierte Untersuchung im chemischen Labor<br />
unverzichtbar.<br />
Emulgierte Bratfette<br />
Im Handel werden zunehmend flüssige Fettemulsionen<br />
zum Braten angeboten. Alle 15 untersuchten Proben wiesen<br />
nur sehr geringe Spuren an trans-Fettsäuren auf. Allerdings<br />
erwiesen sich zwei Proben als stark ranzig <strong>und</strong><br />
zwar schon deutlich vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums.<br />
In zwei Olivenölen im Tetrapak wurde der Photoinitiator<br />
Isopropylthioxanthon (ITX), ein Bestandteil der Druckfarbe,<br />
in nennenswerten, jedoch nicht ges<strong>und</strong>heitsgefährdenden<br />
Gehalten nachgewiesen.<br />
Zwei Proben natives Olivenöl extra aus Griechenland enthielten<br />
12 bzw. 95 mg / kg an Diethylhexylphthalat (DEHP),<br />
einem Weichmacher für Kunststoffe, der toxikologisch nicht<br />
ganz unbedenklich ist. In der überwiegenden Anzahl der<br />
untersuchten Olivenöle <strong>und</strong> anderen Speiseöle konnten dagegen<br />
keine Phthalate nachgewiesen werden; eine Kontamination<br />
ist offensichtlich technisch vermeidbar. Die beiden<br />
auffälligen Olivenöle wurden daher beanstandet.<br />
Offene Speiseöle in der Gastronomie<br />
<strong>und</strong> im Einzelhandel<br />
Von 54 offenen Speiseölen, die in Gaststätten <strong>und</strong> Kantinen<br />
auf den Tischen, an der Theke oder am Salatbüffet zur<br />
Selbstbedienung angeboten wurden, waren 14 (= 26 %)<br />
so stark ranzig, dass sie nicht mehr zum Verzehr geeignet<br />
waren. Offensichtlich werden diese Öle, die ja empfindliche<br />
Lebensmittel darstellen, nicht immer mit der erforderlichen<br />
Sorgfalt behandelt.<br />
Auch Speiseöle, die offen im Einzelhandel verkauft werden,<br />
waren immer wieder zu beanstanden. Einige Öle waren<br />
bereits ranzig, <strong>und</strong> nicht immer stimmten die Angaben auf<br />
den Vorratsgefäßen (oft handbeschriftete Glasballons) mit<br />
dem Inhalt überein.
Fette <strong>und</strong> Öle / Feinkostsalate Jahresbericht 2005 37<br />
Andere Pflanzenöle<br />
Eine ganze Reihe von pflanzliche Speiseölen <strong>und</strong> -fetten<br />
wurden auf Sortenreinheit, Verderb, Raffination <strong>und</strong> thermische<br />
Belastung geprüft.<br />
14 Öle wurden als „kaltgepresst“ oder „nativ“ angepriesen,<br />
obwohl sie einer Raffination unterzogen wurden, 2<br />
dieser Öle waren Bestandteile von Fischkonserven. Ein<br />
Sonnenblumenöl war mit deutlichen Mengen an Rapsöl<br />
verschnitten.<br />
Bei ausländischen Ölen fehlte häufig die deutsche<br />
Kennzeichnung. Auch die Nährwertangaben<br />
waren nicht immer korrekt.<br />
Drei Proben Senföl aus Russland<br />
<strong>und</strong> aus einer heimischen Ölmühle<br />
enthielten zwischen 25 % <strong>und</strong><br />
38 % Erucasäure. Diese langkettige<br />
Fettsäure kommt häufig in<br />
größeren Konzentrationen im Öl<br />
von Kreuzblütlern (früher auch im<br />
Rapsöl) vor. Da größere Mengen an<br />
Erucasäure den Herzmuskel schädigen<br />
können, ist der Gehalt in Speiseölen auf<br />
5 % begrenzt.<br />
Ein Arganöl aus Marokko <strong>und</strong> zwei Proben Leindotteröl aus<br />
Russland wiesen Gehalte an Benzo(a)pyren, weit über dem<br />
Grenzwert von 2 µg / kg, auf.<br />
Palmöle, vor allem aus Afrika, waren sehr häufig fehlerhaft<br />
gekennzeichnet, in 3 Proben wurde zusätzlich noch der<br />
verbotene Farbstoff Sudanrot nachgewiesen.<br />
Margarine<br />
In 62 Proben Margarine wurde der Gehalt an trans-Fettsäuren<br />
<strong>und</strong> an Schwermetallen (Reste von Härtungskatalysatoren)<br />
bestimmt. Die Gehalte lagen durchweg erfreulich<br />
niedrig. Lediglich bei Margarinen für spezielle gewerbliche<br />
Anwendungen (Back- <strong>und</strong> Ziehmargarinen) finden sich<br />
höhere Gehalte an trans-Fettsäuren, die zur Erzielung der<br />
gewünschten technologischen Zwecke anscheinend nicht<br />
ganz zu vermeiden sind.<br />
Feinkostsalate<br />
In russischen Einzelhandelsgeschäften werden als Konservenwaren<br />
„Gemüsesalat“ bzw. „Meerkrautsalat“ angeboten.<br />
Diese Salate bestehen aus einer Mischung aus<br />
Meeresalgen, Zwiebeln, Essig <strong>und</strong> Öl. In den Proben wurden<br />
Jodgehalte bis zu 52,7 mg / kg festgestellt. So ergibt<br />
sich beim Verzehr dieses Doseninhalts von ca. 220 g eine<br />
Aufnahme an Jod von ca. 11 600 µg. Nach der Stellungnahme<br />
des BfR (Bewertung des ges<strong>und</strong>heitlichen Risikos<br />
durch zu hohen Jodgehalt in getrockneten Algen) liegt<br />
der für Deutschland als sicher betrachtete obere tolerable<br />
Zufuhrwert bei 500 µg Jod / Tag. Dieser obere<br />
tolerable Zufuhrwert ist bei den Proben bei<br />
einer Gesamtverzehrsmenge der Portion<br />
von 220 g deutlich überschritten. Die<br />
Deutsche Gesellschaft für Ernährung<br />
empfiehlt eine durchschnittliche Tagesaufnahme<br />
von nicht mehr als<br />
200 µg Jod. Selbst wenn nur die<br />
Hälfte des Doseninhalts von einer<br />
Person verzehrt wird, ist dieser<br />
Wert um ein Vielfaches überschritten.<br />
In ca. 3,8 g (!) des Erzeugnisses<br />
sind diese 200 µg Jod enthalten. Dieses<br />
Lebensmittel wurde daher als geeignet,<br />
die Ges<strong>und</strong>heit zu schädigen, beanstandet<br />
<strong>und</strong> ist somit nicht verkehrsfähig.<br />
Die Warengruppe „Feinkostsalate“ weist eine hohe Beanstandungsrate<br />
auf, die maßgeblich auf die unzureichende<br />
mikrobiologisch-hygienische Beschaffenheit von Produkten<br />
aus handwerklicher Herstellung zurückzuführen ist.<br />
Die Mehrzahl der beanstandeten Proben wies Kennzeichen<br />
des Verderbs auf. Häufig wurde Ausgangsmaterial<br />
mit mangelnder Frische verarbeitet. Eine unzureichende<br />
Produktions- bzw. Betriebshygiene ist als weitere wichtige<br />
Ursache zu nennen.<br />
Bei den offen angebotenen Feinkostsalaten wurde zusätzlich<br />
die notwendige Kenntlichmachung der Zusatzstoffe<br />
überprüft.<br />
Häufig erfolgt die Kenntlichmachung durch schriftliche Aufzeichnungen<br />
in Form eines Ordners, der dem Verbraucher<br />
unmittelbar zugänglich sein muss <strong>und</strong> auf den bei dem<br />
Lebensmittel hingewiesen werden muss. Die Angaben in<br />
den Ordnern waren oft unvollständig oder fehlerhaft.
38 Lebensmittelüberwachung BW <strong>Teil</strong> <strong>III</strong>: Produktgruppe Lebensmittel<br />
Getreide, Backwaren, Teigwaren<br />
Getreide, Getreideprodukte<br />
Verschiedene Getreideprodukte wurden von Verbrauchern<br />
wegen Schädlingsbefall, hauptsächlich Motten, bei den<br />
Landratsämtern abgegeben. Die Motten bzw. Mottenlarven<br />
bzw. Maden befinden sich sehr oft äußerlich in den<br />
Packungsfalzen der Umverpackung. Aufgr<strong>und</strong> dieses Umstandes<br />
lässt sich in den meisten Fällen nicht sagen, wo<br />
die Schädlinge in das Erzeugnis gelangt sind. Dies kann<br />
beim Hersteller, Großhändler, Einzelhändler, aber auch<br />
im Haushalt des Verbrauchers geschehen sein. In einigen<br />
Fällen wurde auch Schädlingsbefall (Motten, Gespinste,<br />
Reismehlkäfer) im original verpackten Erzeugnis festgestellt.<br />
In diesem Fall ist der Befall direkt beim Hersteller<br />
<strong>und</strong> Abpacker sehr wahrscheinlich.<br />
Einige Mehle wiesen aufgr<strong>und</strong> der Überlagerung sensorische<br />
Abweichungen auf.<br />
Bei in Mühlen erhobenen Mehlproben stimmte die Typenangabe<br />
nicht mit dem ermittelten Mineralstoffgehalt überein.<br />
In der Deutschen Norm DIN 10355 ist geregelt, welche<br />
Typenangabe welchem Mineralstoffgehalt entspricht.<br />
Brot, Kleingebäck, Feine Backwaren<br />
In Gebäckstücken wurden ges<strong>und</strong>heitsschädliche Fremdkörper<br />
gef<strong>und</strong>en (Nagel im Brot, Drahtstück in Reiswaffel,<br />
grobkantige Kunststoffpartikel, Glasscherbe in Brötchen),<br />
die beim Verzehr im Innenraum des M<strong>und</strong>es zu Verletzungen<br />
führen können. Es handelte sich in allen Fällen um<br />
Verbraucherbeschwerden.<br />
Einige Gebäckstücke führten zu Verbraucherbeschwerden,<br />
weil sich in den Backwaren Fremdkörper wie Kunststofffolien,<br />
Borsten eines Handbesens, Textilfasern, Papier befanden.<br />
Außerdem wurden in Brot eine ganze tote Maus<br />
vorgef<strong>und</strong>en, zudem befanden sich in Gebäckstücken tote<br />
Insekten <strong>und</strong> Käfer.<br />
Auch in diesem Jahr wurde der Aluminiumgehalt von Laugengebäck<br />
bestimmt. Aluminiumhaltige Bleche sind nicht<br />
laugenbeständig <strong>und</strong> deshalb für das Backen von belaugten<br />
Teiglingen ungeeignet. Die Untersuchung der Laugengebäcke<br />
ergab, dass nach wie vor belaugte Teiglinge direkt<br />
auf derartigen Aluminiumblechen gebacken werden. Diese<br />
Proben weisen in der Kruste an der Unterseite einen erhöhten<br />
Aluminiumgehalt auf.<br />
Bei Frankfurter Kranz, Sahnetorten <strong>und</strong> Obsttorten mit<br />
Belegkirschen war der Farbstoff in den Belegkirschen<br />
nicht kenntlich gemacht. Eine Sachertorte enthielt zu wenig<br />
Butter, ein Frankfurter Kranz war nicht wie üblich mit<br />
Buttercreme hergestellt, ein Schokoladenkuchen wurde<br />
ohne Schokolade / Kakao hergestellt. Die Verwendung von<br />
kakaohaltiger Fettglasur als Überzug, die mit Schokolade<br />
verwechselbar ist, wurde nicht ausreichend kenntlich gemacht.<br />
Schwarzwälder Kirschtorten wurden sensorisch <strong>und</strong> analytisch<br />
auf die charakteristische Zutat Kirschwasser untersucht.<br />
In Deutschland muss üblicherweise so viel Kirschwasser<br />
bei der Herstellung dieser Torte verwendet werden,<br />
dass sie auch deutlich danach schmeckt. Die Überprüfung<br />
zeigt, dass dies nicht immer der Fall ist. Die wesentlichen<br />
Komponenten der Schwarzwälder Kirschtorte sind nach<br />
den „Leitsätzen für Feine Backwaren“ Wiener- oder Biskuitboden,<br />
Sahne oder Buttercreme, Kirschen <strong>und</strong> Kirschwasser<br />
sowie Schokoladenspäne als Verzierung. Das Kirschwasser<br />
wird entweder der Sahne zugesetzt, kann aber<br />
auch in der Füllmasse enthalten sein, manchmal wird mit<br />
dem Kirschwasser auch der fertige Boden getränkt. Zur<br />
Erzielung eines deutlichen Kirschwassergeschmacks sind<br />
nach dem Ergebnis der Untersuchungen mehr als 50 ml<br />
Kirschwasser / 2 kg Torte erforderlich. Das Kirschwasser<br />
muss nicht aus dem Schwarzwald stammen. Ein <strong>Teil</strong> der<br />
Proben wurde wegen der zu schwachen Kirschwassernote<br />
als wertgemindert beanstandet.<br />
Ebenfalls überprüft wurden die zur Herstellung der<br />
Schwarzwälder Kirschtorte verwendeten Kirschwässer.<br />
Ein Kirschwasser fiel durch eine deutlich wahrnehmbare<br />
Fuselnote <strong>und</strong> einen wenig ausgeprägten Geruch auf. Bei<br />
weiteren Kirschwässern wurde untypisches, unangenehmes,<br />
an Lösungsmittel (Klebstoff!) erinnerndes Aroma festgestellt.<br />
Derartige sensorische Eigenschaften schließen<br />
eine Verwendung zur Herstellung einer Schwarzwälder<br />
Kirschtorte aus.
Getreide, Backwaren, Teigwaren / Obst <strong>und</strong> Gemüse Jahresbericht 2005 39<br />
Teigwaren<br />
Ein Großteil der Beanstandungen betraf die bakteriologisch-hygienische<br />
Beschaffenheit gegarter Teigwaren aus<br />
Gaststätten. Solche Erzeugnisse wurden im Rahmen von<br />
Betriebsüberprüfungen durch die Landratsämter entnommen.<br />
Sie wiesen deutlich erhöhte Keimzahlen mit sensorischen<br />
Abweichungen (muffiger <strong>und</strong> säuerlicher Geruch)<br />
auf. In einem Herstellerbetrieb für Teigwaren wurden Nudeln<br />
in schwarz versporten Trockenkörpern gelagert <strong>und</strong><br />
transportiert. Eine Verdachtsprobe Fadennudeln wurde<br />
vom Einzelhändler zum Verkauf angeboten, obwohl sie bereits<br />
1996 bezogen worden war. Die Nudeln waren durch<br />
lebende <strong>und</strong> tote Tabakkäfer, unzählige Käferpuppen, Käferlarven,<br />
Insektenfragmente <strong>und</strong> zahlreiche lebende, kleine<br />
Mücken stark verunreinigt. Das Mindesthaltbarkeitsdatum<br />
war auf der Verpackung nicht mehr erkennbar, es wurde<br />
offensichtlich entfernt.<br />
Noch immer sind die QUID-Angaben nicht überall angegeben,<br />
d. h. bei Eierteigwaren fehlte die Menge der Zutat<br />
Ei.<br />
Teigwaren, die ausschließlich aus Hartweizengrieß hergestellt<br />
sein sollten, wiesen einen Weichweizenanteil von<br />
> 20 % auf.<br />
Die Auslobung „ohne genmanipulierte Rohstoffe“ bei frischen<br />
Spätzle in einer Fertigpackung ist ohne entsprechende<br />
konkrete Belege für jeden einzelnen infrage kommenden<br />
Rohstoff als irreführend anzusehen.<br />
Obst, Gemüse <strong>und</strong> -Erzeugnisse<br />
Verdorbene, Ekel erregende <strong>und</strong><br />
wertgeminderte Obst-, Pilz- <strong>und</strong><br />
Gemüseerzeugnisse in Gaststätten<br />
Unhygienische Behandlung <strong>und</strong> unsachgemäße<br />
Lagerung<br />
Eine Verdachtsprobe offener gegarter Spargel, die im Rahmen<br />
einer Betriebskontrolle in einem Restaurant entnommen<br />
wurde, war nur mit einem schmutzigen Geschirrtuch<br />
abgedeckt. Sowohl am Tuch als auch am Spargel konnten<br />
Schmutz <strong>und</strong> Haare nachgewiesen werden. Entsprechend<br />
wies der gegarte Spargel deutlich überhöhte Keimgehalte<br />
auf, sodass das Lebensmittel als nicht zum Verzehr geeignet<br />
beanstandet wurde.<br />
Unter anderem gelangten offene Gemüseerzeugnisse wie<br />
Sauerkraut, Paprika, Oliven <strong>und</strong> Artischocken aus Gaststätten,<br />
Pizzerien <strong>und</strong> ähnlichen Betrieben zur mikrobiologischen<br />
Untersuchung. Ein Großteil war aufgr<strong>und</strong> der<br />
mangelhaften mikrobiologisch-hygienischen Beschaffenheit<br />
zu beanstanden. Der Verderb bzw. die hohen Keimzahlen<br />
waren ausnahmslos auf eine unhygienische Behandlung<br />
<strong>und</strong> vor allem auf eine unsachgemäße Lagerung bei zu<br />
hoher Temperatur bzw. in unhygienischen Behältnissen<br />
sowie auf Überlagerung zurückzuführen. Immer wieder<br />
ist festzustellen, dass Reste von Konservenware nicht aus<br />
der Konservendose in ein geeignetes, sauberes <strong>und</strong> dichtschließendes<br />
Behältnis umgefüllt werden, sondern über<br />
längere Zeit im geöffneten <strong>und</strong> korrodierten Originalbehältnis<br />
verbleiben.<br />
Auch Pilz-Verdachtsproben aus Gaststätten <strong>und</strong> ähnlichen<br />
Betrieben (offene Konservenware zur Weiterverarbeitung)<br />
waren aufgr<strong>und</strong> ihrer mangelhaften sensorischen <strong>und</strong> mikrobiologisch-hygienischen<br />
Beschaffenheit zu beanstanden.<br />
Der Verderb bzw. die hohen Keimzahlen sind ähnlich wie bei<br />
den Gemüseerzeugnissen auf Mängel in der Hygienepraxis<br />
in den Betrieben zurückzuführen.<br />
Bei den Obsterzeugnissen, z. B. Ananaskonserven für Hawaitoast<br />
oder Fruchtcocktails, zeigten sich gleichfalls die<br />
vorstehend geschilderten Mängel, eine längere im Anbruch<br />
befindliche Obstkonservendose wies einen weit überhöhten<br />
Zinngehalt von 400 mg / kg auf.<br />
Nicht sichere Lebensmittel: getrocknete<br />
Seealgen / getrockneter Seetang<br />
Weiterhin ges<strong>und</strong>heitlich nicht unbedenkliche<br />
Meeresalgen- <strong>und</strong> Seetangerzeugnisse gewerbsmäßig<br />
im Angebot<br />
Bei einigen Proben getrockneten Seealgen bzw. Seetang<br />
wurde ein überhöhter Jodgehalt festgestellt. In einem Erzeugnis<br />
lag der Gehalt bei über 5400 mg Jod / kg Trockenmasse.<br />
Nach Auffassung des B<strong>und</strong>esinstituts für Risikobewertung<br />
(BfR) sind getrocknete Algenerzeugnisse mit einem Jodgehalt<br />
von 20 mg / kg geeignet, die Ges<strong>und</strong>heit zu schädigen,<br />
da bei einer angenommenen Verzehrsmenge von 10 g die<br />
Höhe der empfohlenen Tagesdosis an Jod (200 µg) bereits<br />
erreicht wird. Durch diese Maßnahme soll verhindert werden,<br />
dass, unter Berücksichtigung der Jodaufnahme aus<br />
anderen Quellen, die für Deutschland als sicher betrachtete<br />
Obergrenze der tolerablen Zufuhr von 500 µg / Tag nicht<br />
überschritten wird. Durch den Verzehr einer entsprechend<br />
angenommenen Portionsgröße von 10 g würden bei der<br />
beanstandeten Probe ca. 54 mg Jod aufgenommen <strong>und</strong><br />
somit der obere tolerable Zufuhrwert (500 µg) um etwa<br />
den Faktor 108 überschritten.
40 Lebensmittelüberwachung BW <strong>Teil</strong> <strong>III</strong>: Produktgruppe Lebensmittel<br />
Getrocknete Lilien – Novel Food?<br />
Eingeb<strong>und</strong>en im B<strong>und</strong>esweiten Überwachungsplan<br />
(BÜP)<br />
Keimsprossen aus Saatgut<br />
Lebensmittelzuordnung durch EU-BasisVO<br />
178 / 2002 klargestellt<br />
Im Rahmen des B<strong>und</strong>esweiten Überwachungsplans (BÜP)<br />
wurde diese Produktgruppe auf den Konservierungsstoff<br />
Schweflige Säure untersucht. Lediglich eine Probe getrocknete<br />
Lilien aus einem asiatischen Spezialitätengeschäft war<br />
auffällig. Dieses Lebensmittel, bei dem eine Schwefelung<br />
nach den Vorschriften der Zusatzstoff-Zulassungsverordnung<br />
nicht erlaubt ist, wies jedoch mit 2000 mg / kg (berechnet<br />
als Schwefeldioxid) einen sehr hohen Gehalt dieses<br />
Konservierungsstoffes auf. Von der zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörde<br />
wurde eine EU-Schnellwarnung<br />
veranlasst.<br />
Ergänzend sei erwähnt, dass derzeit von der Europäischen<br />
Kommission geprüft wird, ob Lebensmittel bzw. Lebensmittelzutaten<br />
aus Lilien als neuartige Lebensmittel im Sinne<br />
der Novel-Food-Verordnung einzustufen sind. Sollte es<br />
sich um ein neuartiges Lebensmittel handeln, bedarf das<br />
In-Verkehr-Bringen einer Genehmigung durch die EU-Kommission.<br />
Fremdkörper in fertig verpackten<br />
Erzeugnissen<br />
Immer noch nicht ausgemerzt<br />
Die Verbraucherbeschwerden waren sicherlich berechtigt:<br />
So befanden sich in einem Glas Artischockenherzen mehrere<br />
hellbeige, elastische Kunststofffetzen, welche sich<br />
aufgr<strong>und</strong> ihrer Form als <strong>Teil</strong>e eines Einmalhandschuhs zuordnen<br />
ließen. Dieser war offensichtlich beim Verarbeiten<br />
der Artischocken getragen worden. In einem anderen Fall<br />
war es ein etwa 20 cm langes Stück Mullbinde, welches<br />
eine Verbraucherin im Delikatess-Weinsauerkraut vorfand.<br />
Nicht minder unappetitlich wirkte eine Dose Pfifferlinge, in<br />
welcher sich eine Zigarettenkippe befand.<br />
Dass auch Schädlinge ihren Geschmack an Edelpilzen<br />
finden, zeigte sich an einer Verbraucherbeschwerde von<br />
immerhin 2,8 kg Steinpilzen in Olivenöl, welche von Gliedertieren<br />
(Tausendfüßler) befallen war. Offensichtlich hatten<br />
doch die betriebsinternen Kontrollen der betroffenen<br />
Herstellerbetriebe versagt.<br />
Bereits im Jahr 2002 wurde im CVUA Sigmaringen<br />
ungekeimtes Saatgut zur Herstellung von Keimsprossen<br />
untersucht.<br />
Damals wurde festgestellt, dass diese Produkte<br />
von der Mehrzahl der Hersteller als Saatgut in den<br />
Verkehr gebracht wurden <strong>und</strong> die Kennzeichnung<br />
daher nicht den lebensmittelrechtlichen Vorschriften<br />
entsprach. Im Hinblick auf die vorhandenen<br />
nährwertbezogenen Angaben waren insbesondere<br />
die Vorgaben der Nährwert-Kennzeichnungsverordnung<br />
häufig nicht erfüllt.<br />
Nach der damaligen Auffassung der Hersteller<br />
handelte es sich jedoch bei diesen Produkten nicht<br />
um Lebensmittel im Sinne des Lebensmittel- <strong>und</strong><br />
Bedarfsgegenständegesetzes, sodass die lebensmittelrechtlichen<br />
Bestimmungen nicht anwendbar<br />
wären.<br />
Durch die neue Definition des Begriffs Lebensmittel<br />
in der Verordnung (EG) Nr. 178 / 2002 wurde<br />
jedoch eindeutig klargestellt, dass diese Produkte<br />
unter den Begriff Lebensmittel fallen.<br />
Daher wurden im Berichtsjahr erneut acht derartige<br />
Proben untersucht. Zwar hatten mittlerweile einige<br />
Hersteller ihre Kennzeichnung den lebensmittelrechtlichen<br />
Bestimmungen angepasst, dennoch<br />
mussten vier Proben wegen Kennzeichnungsmängeln<br />
beanstandet werden.
Kräuter <strong>und</strong> Gewürze Jahresbericht 2005 41<br />
Kräuter <strong>und</strong> Gewürze<br />
Nach Sudan jetzt auch andere Farbstoffe zum Würzen<br />
Wie sind diese Farbstoffe ges<strong>und</strong>heitlich zu<br />
bewerten?<br />
Ergebnisse der Untersuchungen<br />
Auch im Jahr 2005 wurden wieder Gewürze, Würzmischungen<br />
<strong>und</strong> Würzsoßen, die Paprika, Chili oder Kurkuma enthielten,<br />
auf künstliche Farbstoffe untersucht. Kurkuma ist<br />
ein wesentlicher Bestanteil von Currypulvern. Die Belastungsquote<br />
ist im Vergleich zum Vorjahr nochmals deutlich<br />
gesunken. Insgesamt konnten nur noch in 11 der 248<br />
untersuchten Gewürze <strong>und</strong> Würzmischungen verbotene<br />
Farbstoffe nachgewiesen werden. Dies entspricht einer<br />
Quote von 4,4 % (2004: 13 %). Von den 62 untersuchten<br />
Würzsoßen war sogar keine einzige mit verbotenen Farbstoffen<br />
belastet (2004: 8 %).<br />
Auffällig ist jedoch, dass sich die Palette der zur Verfälschung<br />
eingesetzten verbotenen Farbstoffe erweitert<br />
hat. Außer den bisher gef<strong>und</strong>enen Farbstoffen Sudan I<br />
<strong>und</strong> Sudan IV wurden im Jahr 2005 auch noch Pararot,<br />
Rhodamin B <strong>und</strong> Orange II entdeckt. Die mit Pararot gefärbten<br />
Produkte enthielten zudem noch geringe Mengen<br />
an Toluidinrot. In einer Probe, die mit Sudan I gefärbt war,<br />
wurden zudem noch geringe Mengen an Sudan IV <strong>und</strong><br />
Buttergelb nachgewiesen.<br />
Dazu hat die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde<br />
(EFSA) im vergangenen Jahr eine Stellungnahme veröffentlicht<br />
(www.efsa.eu.int/science/ afc/afc_opinions/1127_<br />
en.html , EFSA-Journal 2005, S. 1 – 71). Demnach gibt<br />
es experimentelle Beweise, dass Sudan I <strong>und</strong> Rhodamin<br />
B kanzerogen <strong>und</strong> erbgutschädigend sind. Für die anderen<br />
o. g. Farbstoffe fehlt dieser Beweis. Aufgr<strong>und</strong> der strukturellen<br />
chemischen Ähnlichkeiten ist aber anzunehmen,<br />
dass auch Sudan IV <strong>und</strong> Pararot gleich einzustufen sind.<br />
Für Orange II ist eine erbgutschädigende Wirkung nicht<br />
auszuschließen, die vorliegenden Daten zur Kanzerogenität<br />
von Orange II lassen keine Schlüsse zu.<br />
Insgesamt liegen nach der Beurteilung der EFSA nicht<br />
genug Daten für eine vollständige Risikoabschätzung vor.<br />
Auch wenn die Verzehrsmengen an den Gewürzen insgesamt<br />
gering sind, kann die Verfälschung mit sehr wahrscheinlich<br />
ges<strong>und</strong>heitsschädlichen Farbstoffen jedoch nicht<br />
toleriert werden. Daher wurden alle Proben, in denen verbotene<br />
Farbstoffe nachgewiesen wurden, wegen Verwendung<br />
eines nicht zugelassenen Zusatzstoffes beanstandet.<br />
Die Bef<strong>und</strong>e wurden zudem über das europaweite Schnellwarnsystem<br />
(RASFF) verbreitet. Nach den Entscheidungen<br />
der Europäischen Kommission von 2003 bis 2005 über<br />
Dringlichkeitsmaßnahmen hinsichtlich Chili, Chilierzeugnissen<br />
<strong>und</strong> Kurkuma sind die betroffenen Produkte EU-weit<br />
zu vernichten.<br />
Schöne bunte Welt?<br />
Die gefärbten Gewürze wurden von außerhalb der EU (z. B.<br />
Indien, Türkei, Pakistan, Ägypten) importiert. Nach Literaturangaben,<br />
z. B. indischer Wissenschaftler, gibt es eine große<br />
Zahl an Farbstoffen die außerhalb der EU zur Verfälschung<br />
oder zum Schönen von Gewürzen verwendet werden. Eine<br />
Reihe der in der Literatur genannten Farbstoffe wurden<br />
inzwischen in die Screening-Methode des CVUA Karlsruhe<br />
(Lebensmittelchemie 2003, S. 44 – 45) aufgenommen.<br />
Aufgr<strong>und</strong> einer Literaturangabe über die mögliche Verwendung<br />
von giftigem Blei-Chromat, zum Glätten <strong>und</strong> Färben<br />
von Kurkuma, wurden zudem 10 Kurkumaproben auf ihre<br />
Bleigehalte untersucht. Erhöhte Bleigehalte wurden jedoch<br />
in keiner Probe gef<strong>und</strong>en.
42 Lebensmittelüberwachung BW <strong>Teil</strong> <strong>III</strong>: Produktgruppe Lebensmittel<br />
Alkoholfreie Getränke<br />
Fruchtsäfte, Fruchtnektare <strong>und</strong> alkoholfreie Erfrischungsgetränke<br />
Im Berichtsjahr wurden 306 von 2 226 untersuchten Proben beanstandet.<br />
Dauerbrenner Aloe Vera <strong>und</strong> Noni<br />
Aloe-Vera-Getränke wurden mehrfach mit unzulässig hohen<br />
Aloingehalten in Verkehr gebracht. Aloin ist ein natürlicher<br />
Inhaltsstoff in den äußeren Blattschichten der Aloe-Vera-<br />
Pflanze, der abführend wirkt <strong>und</strong> in Verdacht steht, Krebs<br />
zu erzeugen. Bei nicht sorgfältigem Entfernen dieser<br />
Blattanteile vor der Saftgewinnung, gelangt Aloin in<br />
erhöhten Gehalten (> 0,1 mg / l) in das Endprodukt.<br />
Derartige Erzeugnisse sind nicht verkehrsfähig.<br />
Darüber hinaus wurden Aloe-Vera- sowie Noni-Getränke<br />
aufgr<strong>und</strong> von irreführenden oder krankheitsbezogenen<br />
Werbebehauptungen beanstandet. Auch<br />
seriöse Hersteller profitieren inzwischen davon, dass die<br />
Verkehrsauffassung von Aloe-Vera- <strong>und</strong> Noni-Getränken als<br />
„heilkräftige W<strong>und</strong>ermittel“ durch Internetwerbung, dubiose<br />
Vermarktungsstrategien, private Verkaufsveranstaltungen,<br />
Buchbewerbungen etc. geprägt ist. Auf Werbefahrten<br />
werden beispielsweise Kartons mit drei 1-Liter-Flaschen<br />
Aloe-Vera-Saft zu 800 1, also völlig überteuert im Vergleich<br />
zum üblichen Literhöchstpreis von 30 1, angeboten.<br />
Getränke aus Schankanlagen<br />
Bei zahlreichen offen an den Verbraucher abgegebenen<br />
Getränken war die Kenntlichmachung der enthaltenen<br />
Zusatzstoffe, wie Farbstoffe, Konservierungsstoffe, Antioxidationsmittel,<br />
Süßungsmittel, Koffein oder Chinin, in<br />
Speise- oder Getränkekarten noch immer fehlerhaft oder<br />
fehlte ganz. Mikrobiologisch beanstandet wurden offene<br />
Getränke vorwiegend wegen hoher Keimzahlen in Bezug<br />
auf Enterobakterien, coliforme Keime <strong>und</strong> Escherichia coli,<br />
Pseudomonaden, Hefen <strong>und</strong> Laktobazillen. Die Bef<strong>und</strong>e<br />
ließen entweder auf mangelnde Hygiene im Betrieb (z. B.<br />
durch den Nachweis von Pseudomonaden <strong>und</strong> / oder coliformen<br />
Keimen) oder auf einen mikrobiellen Verderb der<br />
Getränke (durch den Nachweis von Hefen, Laktobazillen,<br />
Schimmelpilzen) schließen. Trotz der mikrobiologischen<br />
Ergebnisse waren die Getränke oft sensorisch unauffällig.<br />
Vermutlich wurden eventuelle sensorische Mängel durch<br />
den vorhandenen Zucker <strong>und</strong> die Aromen überdeckt.<br />
Ungenießbar<br />
Im Berichtsjahr mussten mehrere Fruchtsäfte <strong>und</strong> Erfrischungsgetränke,<br />
vorwiegend Verbraucherbeschwerden,<br />
als wertgemindert, verdorben oder sogar ges<strong>und</strong>heitsschädlich<br />
beanstandet werden:<br />
• In den Packungen verschiedener Fruchtsäfte <strong>und</strong> Fruchtsaftgetränke<br />
waren Pilzmycele enthalten. Als Ursache für<br />
derartige Abweichungen kommt eine fehlerhafte Abfüllung<br />
oder ein <strong>und</strong>ichter Verschluss, der das Eindringen<br />
von Luftkeimen ermöglicht, in Betracht.<br />
• Mehrere Flaschen Orangensaft eines Herstellers rochen<br />
Ekel erregend nach faulen Eiern. Zudem wurden erhöhte<br />
Gehalte an Milchsäurebakterien <strong>und</strong> ungewöhnlich hohe<br />
Milchsäuregehalte festgestellt. Die eigentliche Ursache<br />
bzw. die für den abweichenden Geruch verantwortlichen<br />
Keime konnten auch nach einer Betriebskontrolle inklusive<br />
Überprüfung der betriebseigenen Kontrollmaßnahmen<br />
nicht festgestellt werden.<br />
• Einige Apfel- bzw. Traubensäfte wiesen erhöhte Gehalte<br />
an Hydroxymethylfurfural (HMF) <strong>und</strong> damit verb<strong>und</strong>ene<br />
sensorische Abweichungen („Brotton“, „Kochton“) auf.<br />
Erhöhte HMF-Gehalte zeigen eine vermeidbare Wärmebelastung<br />
bei der Herstellung, Abfüllung oder Lagerung<br />
der Fruchtsäfte an.<br />
• Ein Fruchtsaftgetränk in einer Mehrwegflasche war stark<br />
alkalisch (pH 11,9) <strong>und</strong> enthielt einen rechnerischen Anteil<br />
an Reinigungslauge von 12 %. Offensichtlich hatte<br />
die Leerflaschenkontrolle nicht funktioniert.<br />
• Zwei Flaschen eines Erfrischungsgetränkes wurden<br />
wegen eines lösemittelartigen Geruchs <strong>und</strong> weißen,<br />
flockenartigen Gebilden, die als Grünschimmel identifiziert<br />
wurden, beanstandet. Die chemische Untersuchung<br />
ergab als Hauptkomponente trans-1,3-Pentadien. Nach<br />
Literaturangaben sind u. a. Schimmelpilze der Gattung<br />
Penicillium in der Lage, Sorbinsäure zu 1,3-Pentadien<br />
abzubauen. Da das Getränk zulässigerweise mit Sorbinsäure<br />
konserviert war, könnte so das Vorhandensein<br />
von 1,3-Pentadien erklärt werden.<br />
• In einem koffeinhaltigen Erfrischungsgetränk, das wegen<br />
eines stark „chemischen“ Geruchs als Beschwerdeprobe<br />
überbracht wurde, waren das Desinfektions- bzw.<br />
Konservierungsmittel 4-Chlor-3-methylphenol (Chlorkresol)<br />
sowie das Fungizid 2-Phenylphenol nachweisbar.<br />
Da die Innenseite der Kunststoffflasche am Boden<br />
Ätzspuren aufwies, ist zu vermuten, dass der Hinweis<br />
auf dem Etikett „Flasche nur für Getränke verwenden“<br />
nicht beachtet wurde <strong>und</strong> in die Pfandflasche zeitweise<br />
Chemikalien eingefüllt waren.
Alkoholfreie Getränke Jahresbericht 2005 43<br />
Exotisch<br />
Obwohl der Erfrischungsgetränkebereich nicht arm an Innovationen<br />
ist, führte das Erzeugnis „bird’s nest drink“<br />
dennoch zu Erstaunen. Das aus Asien stammende<br />
Getränk von zähflüssiger Konsistenz mit gallertartigen,<br />
weit gehend geschmacksneutralen Klumpen<br />
beeindruckte die Prüfer mit dem Zutatenverzeichnis<br />
„Wasser, Zucker, Schwalbennest“. Da die letztere<br />
Zutat in der Europäischen Union nicht auf dem Speisezettel<br />
der Verbraucher steht, wurde das Getränk als<br />
nicht verkehrsfähig beurteilt.<br />
Mineralwasser, Quellwasser, Tafelwasser, abgepacktes Trinkwasser<br />
Im Berichtsjahr wurden 1 409 Proben untersucht, beanstandet wurden 210.<br />
Fluorid: Entfernung möglich, aber<br />
nicht zulässig<br />
Bei natürlichen Mineralwässern ist die<br />
Kennzeichnung von Fluoridgehalten<br />
über 1,5 mg / l vorgeschrieben. Zum<br />
Schutz von Säuglingen <strong>und</strong> Kleinkindern<br />
muss die folgende Angabe auf<br />
dem Etikett in unmittelbarer Nähe zur<br />
Verkehrsbezeichnung angebracht sein:<br />
„Enthält mehr als 1,5 mg / l Fluorid:<br />
Für Säuglinge <strong>und</strong> Kleinkinder unter<br />
7 Jahren nicht zum regelmäßigen<br />
Verzehr geeignet“. Insgesamt<br />
wurden über 300 natürliche Mineralwässer<br />
<strong>und</strong> Rohwässer auf ihren Fluoridgehalt<br />
untersucht. Zudem wurden<br />
die Brunnenbetriebe, die fluoridhaltige<br />
Mineralwässer gewinnen <strong>und</strong> in den<br />
Verkehr bringen, kontrolliert, beprobt<br />
<strong>und</strong> die Etikettierungen auf vorgeschriebene<br />
Angaben überprüft.Bei den<br />
durchgeführten Kontrollen wurden teilweise<br />
Filter zur Fluoridentfernung vorgef<strong>und</strong>en.<br />
Ausnahmegenehmigungen<br />
zum Einsatz derartiger Verfahren wurden<br />
von einigen Herstellern beantragt,<br />
bisher vom zuständigen B<strong>und</strong>esministerium<br />
jedoch abgelehnt. Auch vonseiten<br />
der EU-Kommission wurden diese<br />
Verfahren noch nicht zur Anwendung<br />
freigegeben. Die Entfluoridierung natürlicher<br />
Mineralwässer stellt daher<br />
ein unzulässiges Herstellungsverfahren<br />
dar. Um den Fluoridgehalt unter<br />
die Deklarationsgrenze zu senken,<br />
wurden Anträge auf Mischungen mit<br />
fluoridarmen Rohwässern zur amtlichen<br />
Anerkennung eingereicht <strong>und</strong><br />
genehmigt. Um Mineralwasser mit<br />
niedrigem Fluoridgehalt zumischen zu<br />
können, wurde sogar eine Leitung mit<br />
über 14 km Länge gebaut. Stand kein<br />
fluoridarmes Mineralwasser zur Mischung<br />
zur Verfügung, so musste die<br />
oben angegebene Kennzeichnung auf<br />
dem Etikett erfolgen. Die Kontrollen<br />
führten dazu, dass alle Fluoridgehalte<br />
über 1,5 mg / l inzwischen entsprechend<br />
gekennzeichnet werden.<br />
Neue EU-Mitgliedsländer: Entfernung<br />
überw<strong>und</strong>en<br />
Aus den neuen EU-Mitgliedsländern<br />
fanden hauptsächlich Quellwässer<br />
<strong>und</strong> Tafelwässer ihren Weg nach<br />
Deutschland. Neben wenigen Beanstandungen<br />
der chemischen Zusammensetzung<br />
(z. B. erhöhter Gehalt an<br />
organischem Kohlenstoff) <strong>und</strong> des<br />
mikrobiologischen Status (Nachweis<br />
von Pseudomonas aeruginosa <strong>und</strong><br />
coliformen Keimen als Indikatoren<br />
einer Kontamination) betrafen die Beanstandungen<br />
eine weite Palette an<br />
Kennzeichnungsmängeln: Zum <strong>Teil</strong><br />
fehlte eine deutsche Kennzeichnung<br />
vollständig, sodass die Proben keiner<br />
Produktgruppe zugeordnet werden<br />
konnten. Wurde deutsch gekennzeichnet,<br />
so wurde mehrfach die Bezeichnung<br />
„natürliches Quellwasser“ als<br />
Verkehrsbezeichnung gewählt. Dies<br />
ist aufgr<strong>und</strong> der Verwechslungsmöglichkeit<br />
mit natürlichem Mineralwasser<br />
nicht zulässig. Als Mindesthaltbarkeitsdatum<br />
waren wiederholt zwei un-<br />
terschiedliche Daten angegeben. Die<br />
Werbung mit einem besonderen Magnesiumgehalt<br />
wurde beanstandet,<br />
wenn die vorliegende Konzentration<br />
mit keiner ernährungsphysiologischen<br />
Wirkung verb<strong>und</strong>en war.<br />
Flaschenreinigung: Entfernung<br />
von Verunreinigungen misslungen<br />
56 Verbraucherbeschwerden konnten<br />
durch sensorische <strong>und</strong> soweit möglich<br />
auch chemische Untersuchungen<br />
bestätigt werden. Kunststoff-Flaschen<br />
aus PET waren dabei besonders anfällig<br />
für Fremdgeruch <strong>und</strong> Fremdgeschmack.<br />
Werden diese Flaschen<br />
zweckentfremdet verwendet, z. B.<br />
zur Lagerung von Reinigungs- oder<br />
Lösungsmitteln, so sind die Flaschen,<br />
im Gegensatz zu Glasflaschen, nicht<br />
mehr zur Wiederbefüllung mit Mineralwasser<br />
geeignet. In Mehrwegflaschen<br />
war es meist der Schimmelpilz<br />
des Vorgängers, der noch in der Flasche<br />
klebte <strong>und</strong> durch die Flaschenreinigung<br />
nicht entfernt wurde. Auch<br />
rotbraune Rückstände an Eisenhydroxid<br />
führten wieder zu Beanstandungen.<br />
Eine besonders ausgefallene<br />
Erklärung gab es für „dunkle Punkte“<br />
in einem Mineralwasser. Sie entpuppten<br />
sich als Schneeflöhe, die sich<br />
massenhaft zwischen Flaschengewinde<br />
<strong>und</strong> Schraubverschluss aufhielten<br />
<strong>und</strong> beim Einschenken ihren Weg ins<br />
Trinkglas fanden.
44 Lebensmittelüberwachung BW <strong>Teil</strong> <strong>III</strong>: Produktgruppe Lebensmittel<br />
Wein, Erzeugnisse aus Wein<br />
Schillerwein mit Blausäure<br />
Mehrere <strong>Teil</strong>füllungen eines Schillerweines,<br />
die durch einen Geruch nach<br />
Blausäure auffielen, wurden aufgr<strong>und</strong><br />
von Restgehalten an Cyanid von bis<br />
zu 3 mg / l beanstandet. Die Ursache<br />
lag in einer zulässigen, aber unsachgemäß<br />
durchgeführten Blauschönung,<br />
die z. B. zur Verhinderung von Eisentrübungen<br />
oder zur Entfernung von<br />
Kupfersulfat durchgeführt wird, das<br />
Wein zur Vermeidung eines „böckserartigen“<br />
Fehltones zugesetzt wird.<br />
Einige dieser blaugeschönten Weine<br />
wurden zudem ohne zugeteilte Amtliche<br />
Prüfnummer als Qualitätswein in<br />
den Verkehr gebracht, da sie nach dieser<br />
önologischen Behandlung erneut<br />
bei der Prüfungsbehörde hätten angestellt<br />
werden müssen. Die Öffentlichkeit<br />
wurde, nachdem der Verstoß<br />
behördlicherseits aufgedeckt wurde,<br />
durch den Erzeugerbetrieb über den<br />
fehlerhaften <strong>und</strong> fälschlicherweise als<br />
„Qualitätswein“ bezeichneten Wein<br />
informiert. Die betroffenen Chargen<br />
(ca. 42000 l) wurden zu Alkohol destilliert.<br />
Isotopenanalytik entlarvt Osteuropaweine<br />
Mittels Isotopenanalytik kann festgestellt<br />
werden, ob der Alkohol im Wein<br />
tatsächlich aus Trauben stammt oder<br />
aus anderen natürlichen Zuckerquellen<br />
wie Rüben- oder Rohrzucker. Bei einem<br />
Likörwein aus Moldawien konnte<br />
nachgewiesen werden, dass der Alkohol<br />
des Weines zu mehr als 90 % aus<br />
Rübenzuckeralkohol bestand. Zwei<br />
weitere Rotweine ebenfalls aus Moldawien<br />
waren ebenfalls mit Rübenzucker<br />
gesüßt worden, in einem Fall<br />
mindestens mit 80 % Rübenzucker<br />
im anderen Fall mit mindestens 50 %<br />
Rübenzucker in den vorhandenen<br />
Zuckern des Weines. Eine derartige<br />
Süßung von Wein ist nach den EUweinrechtlichen<br />
Bestimmungen nicht<br />
zulässig.<br />
Nicht handelsübliche Beschaffenheit<br />
<strong>und</strong> önologische Verfahren<br />
Ein als Verbraucherbeschwerde abgegebener<br />
Wein war mit Mineralöl verunreinigt.<br />
Eine Tankprobe Tafelwein<br />
fiel durch einen deutlichen Styrolton<br />
auf. Monostyrol („Styrol“) ist häufig<br />
Bestandteil des Kunststoffmaterials,<br />
aus dem Gär- <strong>und</strong> Lagertanks gefertigt<br />
sind. So kommt bei der Herstellung<br />
von GFK-Tanks u. a. Styrol als Aushärtemittel<br />
zum Einsatz. Behandlungsfehler,<br />
insbesondere Verletzungen<br />
der glatten Innenbeschichtung, aber<br />
auch alterungsbedingte Risse können<br />
Styrol freisetzen.<br />
Zahlreiche Weine fielen wegen über<br />
das tolerierbare Maß hinausgehender<br />
sensorischer Fehlern auf („UTA“ ,<br />
Oxidation, Trübung, Böckser, Schimmelmuff,<br />
Mäuseln, Essigstich u. a.).<br />
Nach wie vor problematisch ist die so<br />
genannte untypische Alterungsnote<br />
(UTA). Diese Weine präsentieren sich<br />
mit zunehmendem Alter durch einen<br />
Geruch nach Naphthalin, Mottenkugeln<br />
oder Geruchsteinen einer Wirtshaustoilette.<br />
Die Ursache ist der Geruchsstoff<br />
2- Aminoacetophenon mit<br />
einer Wahrnehmungsschwelle ab 0,5<br />
µg / l, das aus pflanzeneigenen Hormonen<br />
infolge Trockenstress, hohem<br />
Ertrag <strong>und</strong> schlechter Stickstoffversorgung<br />
der Pflanze gebildet wird.<br />
Ein „Perlwein mit zugesetzter Kohlensäure“<br />
war mit synthetischem Pfirsicharoma<br />
aromatisiert. Bei einem als<br />
„Spätburg<strong>und</strong>er Rosé“ bezeichneten<br />
Wein hatte der Erzeuger unzulässigerweise<br />
Müller-Thurgau-Süßreserve zur<br />
Süßung verwendet. Vier Weine fielen<br />
durch Überschreitungen der Grenzwerte<br />
für die Gehalte an flüchtiger Säure<br />
bzw. Gesamt-Schwefeldioxid auf. Bei<br />
drei Perlweinen mit zugesetzter Kohlensäure<br />
lag der Überdruck mehr oder<br />
weniger deutlich über dem Grenzwert<br />
von 2,5 bar. Bei einem kalifornischen<br />
Roséwein war der Grenzwert für zugesetzte<br />
Zitronensäure mit 1,35 g / l<br />
deutlich überschritten.<br />
Weinbezeichnungsrecht:<br />
Die äußere Beschaffenheit ist<br />
für die Kaufentscheidung mitbestimmend<br />
Der Kaufwert einer Flasche Wein bemisst<br />
sich stark nach ihrer Aufmachung<br />
<strong>und</strong> Ausstattung. Die Überprüfung der<br />
Weinbezeichnungen liegt deshalb sowohl<br />
im Interesse der Verbraucher als<br />
auch der redlichen Erzeuger.<br />
Zahlreiche Verstöße gegen das Weinbezeichnungsrecht<br />
wurden festgestellt.<br />
Typische Beanstandungsgründe<br />
betrafen Mängel bei der Abfüller- <strong>und</strong><br />
Alkoholgehaltsangabe, unzutreffende<br />
Hinweise auf die Herstellungsart<br />
oder die unzulässige Verwendung geschützter<br />
Herkunftsbezeichnungen.<br />
Ein großer <strong>Teil</strong> der Mängel entfiel auf<br />
teilweise oder gänzlich fehlende bzw.<br />
fehlerhafte oder auch schlecht lesbare<br />
Pflichtangaben. Ein deutscher Qualitätswein<br />
b. A. war mit der nur für bestimmte<br />
französische Weine zugelassenen<br />
traditionellen Angabe „sur lie“<br />
versehen. Es handelt sich hierbei um<br />
die Angabe einer Ausbaumethode, bei<br />
der Wein bis zur Füllung auf der Hefe<br />
verbleibt, um insbesondere im Holzfass<br />
ausgebauten Weißweinen mehr<br />
Extrakt <strong>und</strong> Komplexität zu verleihen.<br />
Deutscher Qualitätswein darf nur nach<br />
Erteilung einer amtlichen Prüfungsnummer<br />
(A.P-Nr.) in den Verkehr gebracht<br />
werden. Der Antragsteller muss<br />
bei der zuständigen Prüfungsbehörde<br />
mit dem zur Qualitätsweinprüfung angestellten<br />
Wein die zugehörigen, von<br />
einem Handelslabor erstellten Analysenzahlen<br />
vorlegen. Durch Vergleich<br />
mit diesen hinterlegten Analysenzahlen<br />
konnte im Berichtsjahr nachgewiesen<br />
werden, dass 40 Weine mit der<br />
Bezeichnung „Qualitätswein“ stofflich<br />
nicht identisch mit der zur amtlichen<br />
Prüfung angestellten Probe waren.<br />
In der Mehrzahl erfolgte hierbei die<br />
Vermarktung, obwohl erst gar keine<br />
A.P-Nr. beantragt worden oder der<br />
Antrag auf Erteilung der A.P-Nr. abgelehnt<br />
worden war. Die Angabe „Qualitätswein“<br />
steht derartigen Weinen
Wein <strong>und</strong> Weinerzeugnisse Jahresbericht 2005 45<br />
nicht zu. Ein Landwein war ebenfalls<br />
mit der hier nicht zulässigen amtlichen<br />
Prüfnummer versehen. Bei mehreren<br />
Weinen wichen die festgestellten Alkoholgehalte<br />
über die vorgegebene<br />
Toleranz hinaus von den Angaben auf<br />
dem Etikett ab.<br />
Perlwein mit zugesetzter Kohlensäure<br />
aus einem badischen Erzeugerbetrieb<br />
trug die Rebsortenbezeichnung „Prosecco“,<br />
eine im Veneto (Italien) vorkommende<br />
Rebsorte, die in Baden weder<br />
klassifiziert noch auf den Rebflächen<br />
des Erzeugers beheimatet ist.<br />
Mehrere Proben fielen auf durch unzulässige<br />
Erzeugerangaben wie „Winzer“,<br />
„Schlossabfüllung“ sowie nicht<br />
zutreffende Herkunftsangaben. Zwei<br />
Qualitätsweine b. A. mit angeblicher<br />
Herkunft aus dem Anbaugebiet Baden<br />
waren mit großformatigen Abbildungen<br />
der Altstadt <strong>und</strong> des Schlosses<br />
von Heidelberg versehen, obwohl<br />
der Wein aus dem Anbaugebiet Pfalz<br />
stammte.<br />
Straßenfeste unter der Lupe oder<br />
Wertsteigerung durch Umetikettierung<br />
Die geografische Herkunft prägt den<br />
Charakter des Weines <strong>und</strong> gibt dem<br />
Verbraucher einen Hinweis auf das zu<br />
erwartende Geschmackserlebnis. So<br />
zeigen Weine aus Baden, Württemberg,<br />
Pfalz, Mosel u. a. jeweils spezifischen<br />
eigenen Charakter. Diese<br />
Wertigkeit ist mit dem Schutz der geographischen<br />
Herkunft im Weingesetz<br />
verankert. Auf einer Weinkerwe wurden<br />
durch die Weinkontrolle bei einer<br />
Besenwirtschaft Weine im Ausschank<br />
festgestellt, die nicht aus eigener Erzeugung<br />
<strong>und</strong> Herkunft stammen konnten.<br />
Der Verantwortliche räumte ein,<br />
Pfälzer Weine umetikettiert zu haben<br />
<strong>und</strong> als badische Lagenweine verkauft<br />
zu haben.<br />
Aus der Arbeit der Weinkontrolle<br />
Im Berichtszeitraum mussten wiederum<br />
zahlreiche Belehrungen <strong>und</strong><br />
Beanstandungen wegen Verstößen<br />
gegen die Buchführungspflichten<br />
ausgesprochen werden. Um Manipulationen<br />
vorzubeugen, hat der Gesetzgeber<br />
bestimmt, dass zur Lesezeit die<br />
Eintragungen über Herkunft, Menge,<br />
Mostgewicht <strong>und</strong> Sorte der Trauben<br />
noch am Tag der Ernte im Herbstbuch<br />
vorzunehmen sind. Ebenso müssen<br />
bestimmte Schritte der Weinbereitung<br />
im Weinbuch erfasst werden.<br />
Gegen Hilfsaufzeichnungen während<br />
der Weinbereitung ist nichts einzuwenden.<br />
Diese allein sind aber nicht<br />
ausreichend, weil die gesetzlich geforderten<br />
Angaben nicht (nur) auf Zettel<br />
oder in Schmierhefte, sondern in<br />
geb<strong>und</strong>ene Bücher einzutragen sind.<br />
Der Eigentümer eines kleinen Weinguts<br />
hatte sogar vier Jahre lang keine<br />
Eintragungen in der Buchführung<br />
vorgenommen <strong>und</strong> zudem 16 amtliche<br />
Prüfungsnummern frei erf<strong>und</strong>en.<br />
Da der Verantwortliche erkennbar mit<br />
„dem Schriftkram“ überfordert war,<br />
hat der Sohn die Buchführung übernommen.<br />
Hätte dieser bereits früher<br />
nach dem Rechten gesehen, wäre es<br />
wahrscheinlich nicht zur förmlichen<br />
Beanstandung gekommen.<br />
Ein Getränkehändler wollte den Absatz<br />
eines Schaumweins ankurbeln. Hierzu<br />
hatte er den Namen seiner Gemeinde<br />
wie auch einen bekannten Einzellagenamen<br />
als „Marke“ blickfangartig auf<br />
den selbst gestalteten Etiketten angebracht.<br />
Bei dem Schaumwein handelte<br />
es sich jedoch um ein Erzeugnis<br />
aus einfachen italienischen <strong>und</strong> spanischen<br />
Gr<strong>und</strong>weinen. Den Vorhalt der<br />
Irreführung wollte der Händler allerdings<br />
nicht gelten lassen. Obwohl er<br />
zugab, dass der Absatz dieses Erzeugnisses<br />
vor allem wegen des Bezugs<br />
zur badischen Heimat florierte (eine<br />
nahe gelegene Burgruine wurde ebenfalls<br />
abgebildet), hat er der Weinkontrolle<br />
„kleinliches <strong>und</strong> geschäftsschädigendes“<br />
Verhalten vorgeworfen.<br />
Den Umsatzverlust <strong>und</strong> das Bußgeld<br />
wird er dennoch tragen müssen.<br />
Der Betreiber einer Straußwirtschaft<br />
hatte dem Weinkontrolleur sein neuestes<br />
Erzeugnis ganz stolz vorgestellt.<br />
Es handelte sich um einen Perlwein<br />
mit zugesetzter Kohlensäure, der im<br />
Lohnverfahren bereitet worden war.<br />
Als jedoch beim Öffnen der Flasche<br />
der Verschluss gegen die Kellerdecke<br />
knallte, kamen dem Kontrolleur erste<br />
Zweifel hinsichtlich der für Perlwein<br />
festgelegten Obergrenze des Kohlensäureüberdrucks.<br />
Für Perlwein dürfen<br />
2,5 bar nicht überschritten werden,<br />
wobei der Druck bei einer Temperatur<br />
von exakt 20 ° C ermittelt werden<br />
muss. Die Überprüfung im Labor ergab<br />
jedoch einen Überdruck von 3,7<br />
bar. Der Abfüller hatte zwar die technischen<br />
Voraussetzungen zum Abfüllen<br />
von Perlwein geschaffen, die Zusammenhänge<br />
zwischen Temperatur <strong>und</strong><br />
Überdruck jedoch nicht beachtet. Wird<br />
beispielsweise bei einer Temperatur<br />
von 10 ° C der Überdruck eines Perlweins<br />
auf 2,5 bar eingestellt, steigt<br />
dieser bei 20 ° C bereits auf 3,6 bar. In<br />
einigen Fällen mussten die Flaschen<br />
geöffnet <strong>und</strong> der Überdruck neu eingestellt<br />
werden.
46 Lebensmittelüberwachung BW <strong>Teil</strong> <strong>III</strong>: Produktgruppe Lebensmittel<br />
Alkoholische Getränke (außer Wein)<br />
Spirituosen<br />
In Baden-Württemberg sind mit ca. 22500 Betrieben fast<br />
80 % aller deutschen Kleinbrennereien gemeldet, die in<br />
der Regel pro Brennrecht jeweils 300 l Alkohol erzeugen.<br />
Auch bei den industriell produzierenden Obstverschlussbrennereien<br />
befindet sich der überwiegende Anteil in Baden-Württemberg,<br />
wobei der Spitzenreiter jährlich über<br />
200000 l Alkohol produziert.<br />
Ethylcarbamat: Auswertung von Fragebögen zur Erhebung<br />
von Steinobstbränden bei Kleinbrennereien<br />
Ethylcarbamat (EC) kommt bei mangelhafter Herstellungsweise<br />
in Steinobstdestillaten vor. Es bildet sich unter anderem<br />
aus Blausäure, die beim Brennvorgang in das Destillat<br />
übergehen kann <strong>und</strong> zuvor aus natürlichen Vorläufersubstanzen<br />
freigesetzt wird, die besonders in Obststeinen vorkommen.<br />
Ethylcarbamat besitzt erbgutschädigende <strong>und</strong><br />
krebserregende Eigenschaften. Der Gehalt dieser Substanz<br />
in Steinobstbränden ist daher unbedingt zu minimieren.<br />
Vom ehemaligen B<strong>und</strong>esges<strong>und</strong>heitsamt (BGA) wurde<br />
bereits 1986 ein Richtwert von 0,4 mg / l für trinkfertige<br />
Spirituosen festgelegt, bei dessen Überschreitung um das<br />
Doppelte (0,8 mg / l) Maßnahmen zu ergreifen sind.<br />
Zur praxisbezogenen Ermittlung von Einflussfaktoren auf<br />
die Ethylcarbamatgehalte in Steinobstbränden werden in<br />
Baden-Württemberg seit 2001 bei der Probenahme von<br />
Steinobstbränden in Kleinbrennereien anhand spezieller<br />
Fragebögen diverse brennereitechnische Parameter abgefragt.<br />
In den Fragebögen sind u. a. Angaben zu der Obstsorte<br />
der Brände, dem Baujahr der Destillationsanlage, der<br />
Reinigung der Anlage, Verwendung eines Kupferkatalysators<br />
bei der Destillation, dem Zeitpunkt der Nachlaufabtrennung,<br />
der Verwendung des Nachlaufs eines älteren<br />
Brandes <strong>und</strong> den Lagerbedingungen zu machen.<br />
Die Auswertung von 180 Fragebögen ergab nun, auf welche<br />
brennereitechnischen Parameter zur EC-Vermeidung<br />
besonders zu achten ist. Die Ergebnisse stimmen im Wesentlichen<br />
mit bereits bestehenden Empfehlungen zur Reduzierung<br />
des Ethylcarbamatgehaltes in Steinobstbränden<br />
überein. Zur Minimierung des Ethylcarbamatgehaltes in<br />
Steinobstbränden haben sich folgende Parameter bei der<br />
Herstellung besonders bewährt:<br />
• die Verwendung automatischer Spülvorrichtungen für<br />
das Brenngerät,<br />
• eine Destillation unter Verwendung eines Kupfer-Katalysators,<br />
• die Nachlaufabtrennung bei über 50 % vol. <strong>und</strong><br />
• der Verzicht der Verwendung älterer Nachläufe.<br />
Als Hilfe zur praktischen Umsetzung der relevanten Parameter<br />
ist ein neu herausgegebenes Merkblatt für Kleinbrenner<br />
auf der Internetseite der Untersuchungsämter<br />
abrufbar www.untersuchungsaemter-bw.de<br />
Bei jüngeren Brennanlagen (etwa ab Baujahr 1980) sind geringere<br />
EC-Gehalte der Brände zu erkennen. Neuere Anlagen<br />
sind häufiger mit automatischen Spülvorrichtungen <strong>und</strong><br />
einem Kupfer-Katalysator ausgestattet, beide Komponenten<br />
haben einen entscheidenden Einfluss auf die EC-Gehalte<br />
der Brände. Sowohl die Destillation mit Kupfer-Katalysator<br />
(21% der Brände) als auch die Reinigung über eine automatische<br />
Spülvorrichtung (24% der Brände) haben einen<br />
positiven Einfluss auf die Minimierung der EC-Gehalte in<br />
Steinobstbränden. Bei Bränden, bei denen der Nachlauf<br />
eines älteren Brandes mitverwendet wurde, sind die ermittelten<br />
EC-Gehalte höher als bei Bränden, bei denen kein<br />
Nachlauf mitverwendet wurde. Bei einer Abtrennung des<br />
Nachlaufes über 45 % vol. sind die ermittelten EC-Gehalte<br />
niedriger als bei einer Abtrennung unter 45 Vol.-%.<br />
* r. A. = reiner Alkohol<br />
Produkt Probenzahl Untersuchungsparameter Grenz- / Richtwert Grenzwertüberschreitungen<br />
Anteil<br />
in %<br />
Steinobstbrände 308 Ethylcarbamat 0,8 mg / l (Maßnahmewert) 68 22<br />
Obstbrände 487 Methanol 1 200 – 1 350 g / hl r. A.* 2 0,4<br />
Angabe des Alkoholgehaltes ± 0,3 Vol.-% 72 15<br />
erhöhte Anteile an Gärungsnebenprodukten<br />
(Vorlauf, Nachlauf unsauber<br />
22 5<br />
abgetrennt, Maische verdorben)<br />
Liköre 229 Angabe des Alkoholgehaltes ± 0,3 Vol.-% 18 8<br />
Alkopops 98 Lebensmittelrechtliche Mängel z. B. irreführende Angaben 11 11<br />
Jugendschutzrechtliche Mängel z. B. fehlende oder fehlerhafte<br />
Angabe: „Abgabe an Personen<br />
unter 18 Jahren verboten,<br />
§ 9 Jugendschutzgesetz“<br />
11 11<br />
Tabelle:<br />
Untersuchungsschwerpunkte<br />
bei Spirituosen
Alkoholische Getränke Jahresbericht 2005 47<br />
Art der Untersuchung Probenzahl Beurteilungsgr<strong>und</strong>lage Beanstandungen Anteil in %<br />
Chemie, Kennzeichnung 1 036 z. B. Angabe des Alkoholgehaltes,<br />
96 9<br />
Stammwürze, Kennzeichnungsmängel<br />
Mikrobiologie 294 z. B. Hygiene-Indikatoren (E. coli),<br />
Bierverderbende Keime<br />
77 26<br />
Tabelle:<br />
Untersuchungsschwerpunkte<br />
bei Bier<br />
Ethylcarbamat ist eine auf natürliche Weise lichtinduziert<br />
gebildete Substanz. Ein entscheidender Faktor ist demnach<br />
auch die Lagerung. Die ermittelten EC-Gehalte bestätigen,<br />
dass bei dunkler Lagerung von Destillat <strong>und</strong> Enderzeugnis<br />
im Mittel niedrigere EC-Gehalte in den Bränden vorhanden<br />
sind. Da die Bildung des Ethylcarbamats nach einmaliger<br />
Initialisierung durch Lichteinfluss auch bei anschließend<br />
dunkler Lagerung nicht mehr gestoppt werden kann, müssten<br />
sowohl das Destillat als auch das Enderzeugnis bis<br />
zum Endverbraucher immer dunkel gelagert werden. Eine<br />
durchweg dunkle Lagerung ist allerdings in der Praxis kaum<br />
realisierbar.<br />
Sparmaßnahmen bei hochwertigen Produkten der<br />
Obstbrennerei<br />
Hochwertige Obstgeiste wie z. B. der beliebte Himbeergeist<br />
werden durch Kaltauszug der Früchte mit Neutralalkohol<br />
(„Monopolsprit“) <strong>und</strong> anschließender Destillation hergestellt.<br />
In Einzelfällen waren die Kleinbrenner bei der Wahl<br />
der Rohstoffe jedoch etwas sparsam <strong>und</strong> „entsorgten“<br />
unerlaubterweise eigenen Obst- oder Kornbrand, indem<br />
sie ihn statt des teureren Neutralalkohols verwendeten.<br />
Obst- <strong>und</strong> Kornbrand weist natürlicherweise höhere Gehalte<br />
von Gärungsnebenprodukten („Fuselöle“) auf, sodass<br />
diese Sparmaßnahme durch chemische Analyse eindeutig<br />
nachgewiesen werden kann.<br />
Bei 5 % der untersuchten Obstbrände waren sensorische<br />
Abweichungen zu bemängeln, die auf eine unsaubere<br />
Maischegärung zurückzuführen waren (z. B. Fuselnote,<br />
Klebstoffgeschmack). Ursächlich hierfür ist überwiegend<br />
die Verwendung von schmutzbehafteten, angefaulten oder<br />
verschimmelten Früchten. Die dadurch eingebrachten unerwünschten<br />
Mikroorganismen können zu Fehlgärungen<br />
in der Maische <strong>und</strong> somit zu sensorisch unbefriedigenden<br />
Destillaten führen. Als weitere Ursache kommt eine unzureichende<br />
Abtrennung des Vor- <strong>und</strong> / oder Nachlaufs in Betracht.<br />
Die typischen sensorischen Abweichungen konnten<br />
gaschromatografisch durch erhöhte Gehalte an Propanol-1,<br />
Butanol-2, Essigsäureethylester, Milchsäureethylester <strong>und</strong><br />
anderen Gärungsnebenprodukten objektiviert werden.<br />
Bier<br />
Häufige Hygienemängel bei Bier aus Hausbrauereien<br />
<strong>und</strong> Schankanlagen von Gaststätten<br />
Aufgr<strong>und</strong> der bereits in den Vorjahren bei Bier beschriebenen<br />
Hygienemängel wurde die Probenahme für die mikrobiologische<br />
Untersuchung risikoorientiert auf die kritischen<br />
<strong>Produktgruppen</strong> „Bier aus Schankanlagen“ <strong>und</strong> „Bier aus<br />
Gaststättenbrauereien“ konzentriert. Dies erklärt den starken<br />
Anstieg der Beanstandungsquote von 9 % (2004) auf<br />
26 % (2005). Nach dem Wegfall der Schankanlagenverordnung<br />
Mitte des Jahres wurden die Proben nach der Lebensmittelhygieneverordnung<br />
(LMHV) beurteilt.<br />
Die untersuchten offenen Biere wiesen dabei zum <strong>Teil</strong> erhebliche<br />
Keimgehalte auf, z. B. von coliformen Keimen oder<br />
Milchsäurebakterien. Die Ursache der Keimbelastungen<br />
war immer eine Kontamination des Bieres durch mangelhafte<br />
Reinigung der Zapfhähne <strong>und</strong> Schlauchverbindungen.<br />
Eine Vermehrung im Bier selbst ist auszuschließen. In Klein<strong>und</strong><br />
Gaststättenbrauereien konnte häufig eine Rekontamination<br />
des Bieres im Bereich der Plattenkühler festgestellt<br />
werden. In einzelnen Fällen konnten klassische Bierschädlinge,<br />
z. B. Pectinatus oder Megasphaera, nachgewiesen<br />
werden. Nur durch regelmäßige Reinigung aller mit Bier<br />
in Berührung kommender <strong>Teil</strong>e ist es möglich, Probleme<br />
dieser Art zu vermeiden. In den Anforderungen an Reinigung<br />
<strong>und</strong> Desinfektion von Getränkeschankanlagen (DIN<br />
6650-105) ist für Bier ein 7-tägiges Reinigungs- <strong>und</strong> Desinfektionsintervall<br />
angegeben. Das Intervall ist beispielsweise<br />
bei geringem Ausstoß, längeren Schankpausen,<br />
höheren Lagertemperaturen oder großer Leitungslänge<br />
zu verkürzen.
48 Lebensmittelüberwachung BW <strong>Teil</strong> <strong>III</strong>: Produktgruppe Lebensmittel<br />
Eis <strong>und</strong> Desserts<br />
Eis<br />
Bei den insgesamt 1856 untersuchten Eisproben aus<br />
überwiegend handwerklicher Herstellung lag die Beanstandungsquote<br />
bei 19 %. Davon waren 12 % wegen einer<br />
mangelhaften mikrobiologisch-hygienischen Beschaffenheit<br />
zu beanstanden. In der Milchverordnung werden für<br />
Speiseeis mit Milchanteil besondere Anforderungen an den<br />
mikrobiellen Hygienestatus gestellt. Eine Überschreitung<br />
der Schwellen- <strong>und</strong> Höchstwerte für den Keimgehalt bestimmter<br />
Keimarten ist als Hinweis für eine mangelhafte<br />
Hygiene bei der Herstellung <strong>und</strong> Behandlung zu werten.<br />
Am häufigsten wurden bei den untersuchten Speiseeisproben<br />
die Schwellen- <strong>und</strong> Höchstwerte für coliforme Keime<br />
überschritten. In keiner der untersuchten Speiseeisproben<br />
waren Krankheitserreger nachzuweisen.<br />
Zitroneneis heißt oft nur so: in 11 von 22 untersuchten<br />
Proben Zitroneneis lag der Anteil an Zitronensaft deutlich<br />
unter den in den Leitsätzen für Speiseeis geforderten 10 %.<br />
Ein solches Eis darf nicht als Fruchteis sondern nur als<br />
Wassereis mit Zitronengeschmack in den Verkehr gebracht<br />
werden.<br />
15 Proben „ACE-Eis“ wurden beanstandet. ACE steht für<br />
die Vitamine A, C <strong>und</strong> E <strong>und</strong> ist als Hinweis auf diese Vitamine<br />
zu sehen. Ein <strong>Teil</strong> der Proben wurde wegen irreführender<br />
Bezeichnung beanstandet: es handelte sich um Eis, das im<br />
Geschmack den ACE-Getränken nachempf<strong>und</strong>en wurde,<br />
ohne nennenswerte Mengen an Vitaminen zu enthalten.<br />
Manche „ACE-Eise“ enthielten zwar die Vitamine A, C <strong>und</strong><br />
E, mussten jedoch nach der Vitaminverordnung als nicht<br />
verkehrsfähig beurteilt werden. Vitaminisierte Lebensmittel<br />
dürfen mit einem Hinweis auf ihren Vitamingehalt nicht als<br />
offene Ware in den Verkehr gebracht werden. Da „ACE“<br />
als Hinweis auf die Vitamine A, C <strong>und</strong> E bewertet werden<br />
muss, ist die Bezeichnung ACE-Eis bei offener Abgabe für<br />
vitaminisiertes Speiseeis nicht zulässig.<br />
Beanstandet wurde auch Milcheis, das zu wenig Milchfett<br />
aufwies, sowie Speiseeis, bei dem die verwendeten Farbstoffe<br />
nicht kenntlich gemacht waren.<br />
Zuckerwaren, Schokolade, Kakao, Brotaufstriche,<br />
Kaffee, Tee<br />
Honig<br />
Hohe Beanstandungsquote aufgr<strong>und</strong> neuer<br />
Kennzeichnungsvorschriften<br />
Mit Inkrafttreten der neuen Honigverordnung<br />
im Januar 2004 wurden auch Änderungen in<br />
der Kennzeichnung von Honig festgeschrieben.<br />
Im Jahr 2005 nach Ablauf der Übergangsfristen<br />
waren nun im Vergleich zu den Vorjahren deutlich<br />
mehr Honige aufgr<strong>und</strong> fehlender bzw. fehlerhafter<br />
Kennzeichnungselemente zu beanstanden. So waren<br />
keine Angaben über den Ursprung des Honigs vorhanden,<br />
bzw. nicht in der vom Gesetzgeber vorgegebenen<br />
Art <strong>und</strong> Weise. Ebenso verhielt es sich bei dem nun anzubringenden<br />
Mindesthaltbarkeitsdatum. Auffallend war,<br />
dass nicht nur kleine regionale Imkereien sondern auch<br />
bedeutende Honigabfüllbetriebe betroffen waren.<br />
Hohe HMF-Gehalte (Hydroxymethylfurfural) bis zu<br />
240 mg / kg in deutschen <strong>und</strong> ausländischen Honigen führten<br />
ebenfalls zu Beanstandungen. Nach der Honigverordnung<br />
sind maximal 40 mg / kg für Honige mit nicht tropischem<br />
Ursprung zulässig. Erhöhte HMF-Gehalte deuten auf<br />
eine Schädigung des Honigs durch Erwärmen oder eine<br />
zu lange Lagerung hin.<br />
Bei Erzeugnissen,<br />
die als Wald- bzw.<br />
Tannenhonig in den<br />
Verkehr gebracht<br />
worden waren, wurde<br />
ein tracht-untypischer<br />
Geruch <strong>und</strong> Geschmack<br />
sowie eine elektrische Leitfähigkeit<br />
von deutlich unter<br />
0,8 ms / cm (der kleinste Wert lag bei etwa 0,4 ms / cm)<br />
festgestellt. Es handelte sich eindeutig um Blütenhonige.<br />
Löst man eine definierte Honigmenge in destilliertem Wasser,<br />
so kann in dieser Lösung die elektrische Leitfähigkeit<br />
gemessen werden. Diese wiederum ist abhängig von der<br />
Menge an Mineralstoffen im Honig. Waldhonige haben höhere<br />
Mineralstoffgehalte <strong>und</strong> damit auch eine signifikant<br />
höhere elektrische Leitfähigkeit als Blütenhonige.
Eis <strong>und</strong> Desserts / Zuckerwaren, Schokolade, Kakao … Jahresbericht 2005 49<br />
Konfitüren, Gelees, Fruchtaufstriche<br />
Glassplitter in Konfitüre<br />
Zwei Beschwerdeproben Erdbeer- bzw. Schwarzkirschkonfitüre<br />
wurden wegen Glassplittern als ges<strong>und</strong>heitsschädlich<br />
beurteilt.<br />
Hauptbeanstandungsgründe bei dieser Warengruppe waren<br />
wie schon in den vergangenen Jahren die fehlende<br />
Kenntlichmachung von Konservierungsstoffen <strong>und</strong> generelle<br />
Kennzeichnungsmängel bei Erzeugnissen aus der Direktvermarktung.<br />
Im Rahmen eines b<strong>und</strong>esweiten Überwachungsplans wurden<br />
17 Proben Aprikosenkonfitüre auf Schwefeldioxid untersucht.<br />
Schwefeldioxid wird vielfach bei der Obst- <strong>und</strong><br />
Gemüseverarbeitung zur Farberhaltung <strong>und</strong> Verhinderung<br />
von Bräunungsreaktionen eingesetzt. Aufgr<strong>und</strong> seines hohen<br />
allergenen Potenzials muss es jedoch bei Gehalten von<br />
mehr als 10 mg / kg im Zutatenverzeichnis angegeben werden.<br />
Schwefeldioxid war in keiner Probe nachweisbar.<br />
HMF (Hydroxymethylfurfural), welches vor allem beim<br />
Erhitzen stark zuckerhaltiger Lebensmittel gebildet wird,<br />
steht bereits seit Jahren im Verdacht, gentoxische Wirkung<br />
zu haben. Als unerwünschter Bestandteil sollte HMF in Lebensmitteln<br />
nur in technologisch unvermeidbaren Mengen<br />
enthalten sein. Da die toxikologische Bewertung noch nicht<br />
abgeschlossen ist, wurde bisher kein Grenzwert festgelegt.<br />
Ein Wert von 1500 mg / kg Trockenmasse (TM) ist jedoch<br />
in der Diskussion. Herstellungsbedingt fallen Pflaumenmuse<br />
immer wieder durch hohe HMF-Gehalte auf. In einer<br />
Probe Pflaumenmus wurde ein sehr hoher Gehalt von<br />
2811 mg / kg TM ermittelt. Dem Hersteller wurde empfohlen,<br />
Rezeptur <strong>und</strong> Verfahren zu überarbeiten, um so eine<br />
Reduzierung des HMF-Gehaltes zu erzielen.<br />
Süßwaren<br />
„Ges<strong>und</strong>e“ Süßwaren?<br />
Auch die Süßwarenbranche will sich zunehmend das lukrative<br />
Geschäft mit ges<strong>und</strong>er, leichter <strong>und</strong> bewusster Ernährung<br />
nicht entgehen lassen. Bei immer mehr Produkten<br />
wird dem Verbraucher durch Austausch bestimmter Inhaltsstoffe<br />
<strong>und</strong> / oder Anreicherung mit Vitaminen, Mineralstoffen,<br />
Ballaststoffen oder anderen ernährungsphysiologisch<br />
günstigen Inhaltsstoffen <strong>und</strong> entsprechender Werbung<br />
suggeriert, es handele sich um einen besonders „ges<strong>und</strong>en“<br />
Vertreter einer eher „unges<strong>und</strong>en“ Produktgruppe.<br />
Obwohl die Überwachung dieser Entwicklung eher kritisch<br />
gegenübersteht, kann sie bislang aufgr<strong>und</strong> fehlender rechtlicher<br />
Regelungen wenig dagegen tun.<br />
Im Berichtsjahr wurden in 23 vitaminisierten Süßwaren<br />
die Gehalte an den Vitaminen B 1<br />
, C <strong>und</strong> E unter die Lupe<br />
genommen. Bei den untersuchten Vitaminen wurden sowohl<br />
Unter- als auch Überschreitungen der angegebenen<br />
Werte festgestellt. Insgesamt ist jedoch eine eindeutige<br />
Tendenz zur Überdosierung festzustellen, da die Hersteller<br />
die angegebenen Gehalte bis zum Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums<br />
garantieren müssen. Nur bei deutlicher<br />
Über- oder Unterschreitung (> ± 20 % bis 30 %) der angegebenen<br />
Gehalte wurden diese Angaben als irreführend<br />
beurteilt.<br />
Mit Magnesium angereicherte Fitnessbonbons wurden als<br />
irreführend bezeichnet <strong>und</strong> beworben beurteilt. Die Bonbons<br />
konnten bei einer üblichen Verzehrsmenge von ca.<br />
5 Bonbons pro Tag (viel mehr lässt schon der verwendete<br />
Zuckeraustauschstoff Isomalt wegen der Gefahr einer<br />
abführenden Wirkung nicht zu!) keinen nennenswerten<br />
Beitrag zur Deckung des Tagesbedarfs leisten.<br />
Bei Halva handelt es ich um eine Süßwarenspezialität aus<br />
dem vorderasiatischen Raum. Die sesamhaltige Schaumzuckerware<br />
wird dort traditionell mit dem saponinhaltigen<br />
Aufschlagmittel Seifenkrautextrakt hergestellt, welches in<br />
Europa nicht zugelassen ist. Seifenkrauthaltige Halvaproben<br />
werden deshalb bereits seit Jahren von den Untersuchungsämtern<br />
beanstandet. Daraufhin gingen die überwiegend<br />
türkischen Hersteller dazu über, Seifenkrautextrakt<br />
im deutschen Zutatenverzeichnis (im türkischen <strong>und</strong><br />
englischen war es teilweise noch vorhanden!) nicht mehr<br />
anzugeben, da sich die Beanstandungen nur auf die bloße<br />
Angabe im Zutatenverzeichnis stützten. In 12 Proben Halva<br />
konnten im Berichtsjahr charakteristische Inhaltsstoffe des<br />
Seifenkrautextraktes mittels Dünnschichtchromatografie<br />
nachgewiesen werden. Diese Proben wurden wegen des<br />
nicht zugelassenen Zusatzstoffes Seifenkrautextrakt als<br />
nicht verkehrsfähig beanstandet.
50 Lebensmittelüberwachung BW <strong>Teil</strong> <strong>III</strong>: Produktgruppe Lebensmittel<br />
Schokolade<br />
Eine Schokolade enthielt einen Fremdkörper aus Kunststoff-Fasern,<br />
der möglicherweise aus einem Transportband<br />
stammte, drei Schokoladen wiesen Ungeziefer auf <strong>und</strong> eine<br />
Schokolade zeigte zahlreiche Bissspuren von Nagern.<br />
Diese Proben waren nicht zum Verzehr geeignet. Bei den<br />
Untersuchungen auf wertgebende Bestandteile wie Gesamtkakaogehalt,<br />
Kakaobutter <strong>und</strong> Milchbestandteile ergaben<br />
sich keine Beanstandungen. Schwerpunktmäßig<br />
wurden im Berichtsjahr Kuvertüren aus Bäckereien <strong>und</strong><br />
Konditoreien untersucht. Auch hier ergaben sich keine Beanstandungen.<br />
Bei 48 mikrobiologisch untersuchten Schokoladen<br />
waren die Bef<strong>und</strong>e unauffällig.<br />
„Fremdfett“ in Schokolade<br />
Insgesamt wurden 104 Kakaoerzeugnisse auf die Verwendung<br />
von Kakaobutterersatzfetten untersucht. Weder<br />
in den 26 Kakaomassen <strong>und</strong> Kakaobutterproben der im<br />
Untersuchungsgebiet ansässigen Hersteller noch in den<br />
schwerpunktmäßig untersuchten Kuvertüren konnten Kakaobutterersatzfette<br />
nachgewiesen werden. In zwei Vollmilchschokoladen<br />
wurden knapp 5 % Fremdfett ermittelt,<br />
welches ordnungsgemäß kenntlich gemacht war.<br />
Cadmium in Bitterschokolade<br />
33 Schokoladen, hauptsächlich Proben mit hohem Kakaoanteil,<br />
6 Kakaomassen <strong>und</strong> 15 Kakaopulver wurden auf die<br />
Schwermetalle Cadmium, Kupfer <strong>und</strong> Blei untersucht.<br />
Seit dem Trend zu Bitterschokoladen rückt das Problem<br />
Cadmium in Schokoladen wieder stärker in den Blickpunkt.<br />
Seit vielen Jahren ist bekannt, dass insbesondere<br />
Edelkakao (Criollo) aus südamerikanischen Gebieten<br />
(vulkanische Böden) naturbedingt hohe Cadmiumgehalte<br />
aufweisen kann.<br />
Als Beurteilungsgr<strong>und</strong>lage für Cadmium in Schokoladen<br />
können zwar die Richtwerte der Zentralen Erfassungs- <strong>und</strong><br />
Bewertungsstelle für Umweltchemikalien (ZEBS) herangezogen<br />
werden, rechtlich verbindliche Grenzwerte gibt es<br />
derzeit jedoch nicht. Für Schokoladen liegt der Richtwert<br />
bei 0,30 mg / kg Cadmium. 8 Proben lagen zwischen 0,30<br />
<strong>und</strong> 0,39 mg / kg, eine Probe lag mit 0,52 mg / kg Cadmium<br />
deutlich über diesem Richtwert. Diese 9 Proben wurden lt.<br />
Etikett-Angaben aus südamerikanischem Edelkakao hergestellt.<br />
Der ADI-Wert für Cadmium liegt bei 1 ug / kg Körpergewicht<br />
/ Tag. Durch den Konsum einer Tafel Bitterschokolade<br />
(100 g) mit einem Cadmiumgehalt von 0,5 mg / kg wird<br />
der ADI-Wert zu 71 % ausgeschöpft.<br />
Versteckte Allergene in Schokolade<br />
Seit dem 25.11.2005 sind bei der Herstellung <strong>und</strong><br />
Etikettierung von Lebensmitteln die neuen Kennzeichnungsvorschriften<br />
für allergene Lebensmittelbestandteile<br />
anzuwenden. Bestimmte allergieauslösende<br />
Zutaten müssen nun ausnahmslos im Zutatenverzeichnis<br />
angegeben werden. Spurenanteile<br />
allergener Stoffe, die durch unvermeidbare herstellungsbedingte<br />
Verunreinigungen im Lebensmittel<br />
enthalten sein können, bleiben dagegen von der<br />
Kennzeichnungspflicht ausgenommen. Auf solche<br />
Kontaminationen wird von der überwiegenden Anzahl<br />
der Schokoladenhersteller aber hingewiesen,<br />
<strong>und</strong> zwar oft unabhängig von der tatsächlichen Anwesenheit<br />
des Allergens, z. B. „Kann Spuren von<br />
Haselnüssen, Erdnüssen, anderen Nüssen, Milchbestandteilen,<br />
Ei <strong>und</strong> / oder Gluten, Soja, enthalten“.<br />
Die rechtliche Bewertung wird dadurch erschwert,<br />
dass es bisher keine Schwellenwerte für die einzelnen<br />
Allergene gibt, ab denen eine Kennzeichnungspflicht<br />
besteht. In jedem Einzelfall ist bei einem<br />
analytisch festgestellten Wert durch weitere<br />
Untersuchungen zu ergründen, ob es sich um eine<br />
kennzeichnungspflichtige Zutat handelt oder aber<br />
um eine technologisch unvermeidbare Kontamination,<br />
für die keine Kennzeichnungspflicht besteht.<br />
Hersteller, deren Schokoladen Erdnuss- oder Haselnussanteile<br />
über 100 mg / kg aufweisen, werden<br />
auf diesen Sachverhalt hingewiesen mit der Aufforderung,<br />
nach der Ursache zu forschen <strong>und</strong> im Falle<br />
von Kontaminationen diese zu minimieren (siehe<br />
auch Kapitel „Lebensmittelallergene“).
Hülsenfrüchte, Ölsamen, Nüsse <strong>und</strong> -Erzeugnisse Jahresbericht 2005 51<br />
Hülsenfrüchte, Ölsamen, Nüsse <strong>und</strong> -Erzeugnisse<br />
Salmonellen in nicht erhitzter Sesamsaat<br />
Risikobasierte Importkontrolle bei der Einfuhr von Sesamerzeugnissen<br />
Sesamerzeugnisse bilden – wie seit<br />
einigen Jahren bekannt – ein Risikopotenzial,<br />
was die Gefahr einer Aufnahme<br />
von Salmonellen betrifft. Dabei<br />
ist nicht die Untersuchung von mit<br />
Sesamsaat hergestellten Backwaren<br />
vorrangig zu betreiben, sondern die<br />
Untersuchung derjenigen Erzeugnisse,<br />
deren Herstellung ohne keimabtötende<br />
Verfahren erfolgt. Als Beispiele<br />
sind zu nennen: „Helva“ (auch „Halva“<br />
genannt) <strong>und</strong> Brotaufstriche wie<br />
Sesammus oder „Tahini“. Aus diesem<br />
Gr<strong>und</strong>e wurde das Ausgangsprodukt<br />
Sesamsaat untersucht, dessen Bestimmungszweck<br />
für die Beurteilung<br />
maßgebend war.<br />
Im Jahre 2005 wurden insgesamt 119<br />
Proben Sesamsaat, die als Stichproben<br />
(jeweils aus 5 Säcken pro Charge)<br />
bei der Einfuhr erhoben wurden auf<br />
Salmonellen untersucht. Herkunft war<br />
vorwiegend Indien.<br />
Von den untersuchten Proben waren<br />
9 positiv (≅ 7,5 %), was als eine für trockene<br />
Lebensmittel nicht ungewöhnliche,<br />
aber insgesamt dennoch hohe Inzidenz<br />
eingestuft werden muss. Zum<br />
Vergleich: Im Jahre 2004 stellten Gewürze<br />
mit einer Salmonelleninzidenz<br />
von 7 % diejenige Lebensmittelgruppe<br />
dar, in der am zweithäufigsten Salmonellen<br />
nachgewiesen werden konnten.<br />
Nur in rohem Geflügelfleisch waren<br />
die Keime noch öfter zu finden.<br />
Salmonellen-Ausbrüche waren in den<br />
vergangenen Jahren immer wieder<br />
auch auf trockene Lebensmittel zurückführbar.<br />
Dabei spielte häufig eine<br />
sehr niedrige infektiöse Dosis eine<br />
Rolle. Die Keime können sich an die<br />
Milieubedingungen in trockenen Lebensmitteln<br />
anpassen <strong>und</strong> über einen<br />
beträchtlichen Zeitraum überleben.<br />
Gerade der Wassermangel in solchen<br />
Lebensmitteln wie Gewürzen oder<br />
auch z. B. Schokolade scheint dazu zu<br />
führen, dass die Virulenz der Keime<br />
ansteigt <strong>und</strong> schon eine geringe Dosis<br />
für eine Infektion ausreicht.<br />
Wenn also belastete Sesamsaat ohne<br />
weitere Erhitzung verarbeitet oder Lebensmitteln<br />
zugesetzt wird, besteht<br />
eine unmittelbare Ges<strong>und</strong>heitsgefahr.<br />
Mohn – Drogen aus dem Supermarkt<br />
Ein Rausch durch Mohnkuchen ist nicht zu erwarten. Vom Verzehr roher<br />
unbehandelter Mohnsaat in großen Mengen ist jedoch abzuraten.<br />
Mohnsaat oder auch Backmohn kann Hinzu kommt, dass Morphin bei Genuss<br />
z. B. in Form von Mohnkuchen<br />
gewinnungsbedingt gewisse Mengen<br />
an Alkaloiden wie Morphin <strong>und</strong> Codein<br />
(Opiate) als natürliche Begleitstoffe mit den gehaltvollen Kuchenzutaten<br />
durch die orale Aufnahme zusammen<br />
enthalten. Obwohl Mohnsaat von Natur<br />
aus keine Opiate enthält, kann sie sprechenden Rezeptoren anflutet<br />
nur sehr langsam im Blut an den ent-<br />
bei der Ernte über die übrigen <strong>Teil</strong>e der <strong>und</strong> nebenher auch noch im Körper<br />
Pflanze mit Morphin <strong>und</strong> anderen Alkaloiden<br />
verunreinigt werden. Dies ist tet, dass auch bei erhöhten Mengen<br />
verstoffwechselt wird. Dies bedeu-<br />
dann problematisch, wenn keine morphinarmen<br />
Sorten für die Gewinnung stellung von Mohngebäck verwendet<br />
an Morphin in Mohnsaat, die zur Her-<br />
von Mohnsaat eingesetzt werden. wird, mit Rauscheffekten kaum zu<br />
rechnen ist.<br />
Aufgr<strong>und</strong> der üblicherweise geringen<br />
Verzehrsmengen (3 g auf ei-<br />
Überhöhte Mengen an Morphin in<br />
Mohn sind dennoch generell unerwünscht,<br />
da auch mit nicht bestimnem<br />
Mohnbrötchen, 20 g in einem<br />
Stück Mohnkuchen) wurden bisher<br />
mungsgemäßem Gebrauch von Mohnsaat,<br />
erhöhtem Verzehr oder weniger<br />
mögliche Ges<strong>und</strong>heitsgefahren oder<br />
gar Rauscheffekte durch Morphin in<br />
häufigen Verzehrsarten zu rechnen<br />
Mohn nicht in Betracht gezogen. Hinzu<br />
kommt, dass der Morphingehalt<br />
ist. Ein Beispiel hierfür ist die Verabreichung<br />
von Mohnmilch als Schlafmittel<br />
an einen Säugling, was Anfang des<br />
im Mohn durch die Zubereitung reduziert<br />
wird. Bei der Herstellung von<br />
Jahres 2005 zu einem Vergiftungsfall<br />
Mohnkuchen wird durch die küchentechnische<br />
Aufbereitung (Mahlen <strong>und</strong><br />
führte. Der hier verwendete Mohn<br />
enthielt 1000 mg Morphin / kg. Siehe<br />
Erhitzen) etwa 80 % des vorhandenen<br />
auch www.bfr.b<strong>und</strong>.de/cms5w/sixcms/detail.php/6279<br />
. Als weiteres<br />
Morphins zerstört. Dies haben Backversuche<br />
am CVUA Karlsruhe gezeigt.<br />
Beispiel ist eine Verbraucherbeschwerde<br />
in Baden-Württemberg zu nennen.<br />
Auch bei der trockenen Erhitzung von<br />
Mohn im Backofen wird Morphin zu einem<br />
großen <strong>Teil</strong> zerstört, wie Röstver-<br />
Eine Verbraucherin hatte 80 g Mohn<br />
gemahlen über ein Nudelgericht gestreut<br />
verzehrt <strong>und</strong> nachfolgend über<br />
suche gezeigt haben. Dies ist relevant<br />
für die Herstellung von z. B. Mohnbrötchen<br />
in Bäckereien. Siehe auch www.<br />
Übelkeit geklagt. Untersuchungen<br />
ergaben, dass der verzehrte Mohn<br />
cvua-karlsruhe.de .<br />
230 mg Morphin / kg enthielt.
52 Lebensmittelüberwachung BW <strong>Teil</strong> <strong>III</strong>: Produktgruppe Lebensmittel<br />
In üblichen Handelsproben, wie sie im Einzelhandel erhältlich<br />
sind, wurden bei den Untersuchungen im Jahr<br />
2005 deutlich niedrigere Gehalte gef<strong>und</strong>en. In Einzelfällen<br />
traten jedoch auch Morphingehalte bis 200 mg / kg<br />
auf. Es handelte sich dabei mit hoher Wahrscheinlichkeit<br />
um australische Mohnsaat aus der Rohopiumproduktion,<br />
die in den Handel gelangt war. Ware mit derart<br />
überhöhten Morphingehalten wurde mittlerweile in<br />
Deutschland vom Markt genommen. Vorsorglich wurde<br />
vom B<strong>und</strong>esinstitut für Risikoabschätzung (BfR)<br />
in einem Gutachten zur ges<strong>und</strong>heitlichen Bewertung<br />
von Mohnsaat eine vorläufige maximale tägliche Aufnahmemenge<br />
von 0,38 mg Morphin für einen 60 kg<br />
schweren Erwachsenen genannt. Dieser Wert ist unter<br />
Berücksichtigung üblicher Verzehrsmengen, des Verwendungszwecks<br />
(Dekormohn auf Backwaren, Mohnkuchen,<br />
Mohngerichte) <strong>und</strong> der Vorbehandlung (Abwaschen,<br />
Erhitzen) auf Mohnsaat anzuwenden.<br />
Als einfache Vorsichtsmaßnahme im Haushalt zur Beseitigung<br />
von möglicherweise vorhandenen Opiaten<br />
<strong>und</strong> zur Verbesserung des Geschmacks von Mohnsaat<br />
ist das Abwaschen z. B. in einem feinmaschigen Küchensieb<br />
unter fließendem warmem Wasser empfehlenswert.<br />
Dies haben Versuchsreihen am CVUA Stuttgart<br />
bestätigt. Morphin <strong>und</strong> andere Opiate lassen sich<br />
als Oberflächenkontamination so sehr gut entfernen.<br />
Vom Verzehr unerhitzter <strong>und</strong> nicht abgewaschener<br />
Mohnsaat ist vor allem bei Kindern aus Gründen der<br />
Vorsicht abzuraten.<br />
Fertiggerichte<br />
Auch im Jahre 2005 wurden wieder einige Lebensmittel<br />
von den Verbrauchern bei den Veterinärämtern<br />
als Verbraucherbeschwerde abgegeben.<br />
Bei Lagerversuchen wurden bei SB-verpackten Maultaschen<br />
zum Zeitpunkt des angegebenen Mindesthaltbarkeitsdatums<br />
bereits hohe Keimbelastungen, verb<strong>und</strong>en<br />
mit saurem <strong>und</strong> abweichendem Geruch <strong>und</strong> Geschmack<br />
festgestellt. Das Mindesthaltbarkeitsdatum wurde als zu<br />
lang bemessen <strong>und</strong> damit als irreführend für den Verbraucher<br />
beurteilt.<br />
Bei fischhaltigen, SB-verpackten Tiefkühlfertiggerichten<br />
zeigte sich, dass das empfindliche Fischfett im Fischanteil<br />
bereits ranzig war. Dies ist darauf zurückzuführen, dass<br />
die Packungen beschädigt waren, sodass Luftsauerstoff<br />
diesen Fettverderb hervorrief. Ähnliches wurde bei Tiefkühlfertiggerichten<br />
mit gebratenem bzw. frittiertem Schweinefleisch<br />
beobachtet, auch hier waren die Fleischanteile<br />
bereits ranzig.<br />
Sehr häufig werden SB-verpackte Fertiggerichte mit Nährwertangaben<br />
in den Verkehr gebracht. Auffällig ist, dass bei<br />
vielen Erzeugnissen eine Nährwertangabe nicht notwendig<br />
wäre, da in der Kennzeichnung des Erzeugnisses keinerlei<br />
Auslobung über einen bestimmten Nährwert (z. B. fettarm,<br />
eiweißreich etc.) vorhanden ist. Bei der Überprüfung der<br />
Richtigkeit dieser Nährwertangaben wurde wiederholt festgestellt,<br />
dass die Angaben außerhalb der Toleranzen liegen.<br />
Bei Nährstoffen wie Eiweiß, Kohlenhydraten, Zucker,<br />
Stärke, Ballaststoffen, Fett, gesättigten Fettsäuren, einfach<br />
ungesättigten Fettsäuren, mehrfach ungesättigten Fettsäuren<br />
sollte bei Gehalten unter 10 g / 100 g die Schwankungsbreite<br />
maximal ± 1,5 g betragen, bei Gehalten zwischen<br />
10 – 40 g / 100 g sollte die Schwankungsbreite maximal<br />
± 15 % betragen. Bei Nährstoffgehalten über 40 g / 100 g<br />
sollte die Angabe nur in einem Bereich zwischen ± 6 g<br />
schwanken. Diese Toleranzen sind gerade bei grobstückigen<br />
Erzeugnissen in Dosen (z. B. Kohlrouladen, gefüllten<br />
Paprika etc.) sehr schwer einzuhalten, da diese Erzeugnisse<br />
sehr oft mit einem öligen Aufguss versehen werden <strong>und</strong><br />
dieser Aufguss aufgr<strong>und</strong> der unterschiedlichen Größe der<br />
gefüllten Paprika <strong>und</strong> Kohlrouladen in der Menge schwanken<br />
kann. Bei solchen technologisch nur sehr schwer zu<br />
beherrschenden Erzeugnissen sollte auf Nährwertangaben<br />
verzichtet werden.<br />
Sehr viele Proben von Heimservicefirmen (Pizzaservice etc.)<br />
waren wegen Kennzeichnungsmängeln zu beanstanden.<br />
Verzehrsfertige Lebensmittel, die in der Verkehrsbezeichnung<br />
das Wort „Schinken“ enthalten (Pizza mit Schinken,<br />
Schinkencroissant etc.) bereiten besondere Schwierigkeiten.<br />
Mit wenigen Ausnahmen werden diese Erzeugnisse<br />
nicht unter Verwendung von „Schinken“ hergestellt, sondern<br />
unter Einsatz von minderwertigen Imitaten.
Fertiggerichte Jahresbericht 2005 53<br />
Im Großhandel sind diese Erzeugnisse ordnungsgemäß gekennzeichnet<br />
(im Verkehr z. B. „Formfleisch-Vorderschinken<br />
mit 70 % Fleischanteil“ bis hin zu „Pizzabelag“).<br />
Die Probleme fangen in der Pizzeria oder Bäckerei an, hier<br />
verwandeln sich die billigen Imitate in hochwertigen Schinken.<br />
Ein Croissant, das mit „Formfleisch-Vorderschinken<br />
mit 70 % Fleischanteil“ gefüllt wurde, darf nicht als Schinkenhörnchen<br />
angeboten werden. Die Verarbeitung von minderwertigem<br />
„Pizzabelag“ anstelle von „Schinken“ bedarf<br />
einer umfassenden Angabe im Zusammenhang mit der<br />
Verkehrsbezeichnung.<br />
Der Salamibelag von Pizzen wurde des Öfteren unter Mitverwendung<br />
von Farbstoffen hergestellt, eine Kenntlichmachung<br />
dieser Farbstoffe war nicht vorhanden.<br />
Ebenfalls aus Pizzerien wurden Pizzen mit Thunfischauflage<br />
überprüft. In früheren Jahren fielen diese oft durch hohe<br />
Gehalte an Histamin auf. Histamin entsteht beim mikrobiellen<br />
Verderb aus der im Thunfisch reichlich vorhandenen<br />
Aminosäure Histidin. Von hohen Histamingehalten können<br />
beim Menschen sehr starke Ges<strong>und</strong>heitsbeeinträchtigungen<br />
(Kreislaufbeschwerden) hervorgerufen werden. Erfreulich<br />
war, dass in keiner der untersuchten Thunfischpizzen<br />
auffällige Gehalte an Histamin vorhanden waren. Dies ist<br />
darauf zurückzuführen, dass mittlerweile in den Pizzerien<br />
der Thunfisch unter hygienisch einwandfreien Aufbewahrungsbedingungen<br />
(z. B. Kühlung) gelagert wird.<br />
Die Untersuchungen einer „Platte für zwei Personen“ (mit<br />
Hähnchenbrust, Putenschnitzel, Rumpsteak, Schweineschnitzel,<br />
Kroketten, Spätzle <strong>und</strong> gemischtem Salat) aufgr<strong>und</strong><br />
von zwei Erkrankungsfällen ergaben überraschenderweise<br />
positive Salmonellennachweise nicht nur in den<br />
Spätzle, sondern auch in den Kroketten, im gemischten Salat<br />
<strong>und</strong> in der Hähnchenbrust. Dies weist auf eine Kontamination<br />
der Speisen durch mangelhafte Betriebs- <strong>und</strong> / oder<br />
Personalhygiene nach Abschluss des Koch- / Bratvorganges<br />
hin.<br />
Ein weiterer Schwerpunkt der Untersuchungen war die<br />
Bestimmung des Gehaltes an dem Geschmacksverstärker<br />
Glutaminsäure in Gerichten aus Chinarestaurants. Ein<br />
Großteil der Proben war zu beanstanden, weil die erforderliche<br />
Kenntlichmachung „mit Geschmacksverstärker“<br />
in der Speisekarte fehlte. Nach der Zusatzstoff-Zulassungsverordnung<br />
ist eine Höchstmenge an Glutaminsäure von<br />
10 g / kg Lebensmittel zulässig. Bei einigen Gerichten war<br />
dieser Gehalt überschritten. Bei manchen Personen treten<br />
nach dem Verzehr von Speisen aus Chinarestaurants<br />
Symptome wie Atembeschwerden, Kribbeln der Haut oder<br />
Einschlafen der Arme auf. Dies sind typische Anzeichen<br />
für das so genannte „Chinarestaurant-Syndrom“. Es wird<br />
vermutet, dass diese Unverträglichkeitsreaktionen in Zusammenhang<br />
mit einem erhöhten Glutaminsäuregehalt<br />
der Speisen bestehen.<br />
Der überwiegende <strong>Teil</strong> der Beanstandungen<br />
betraf wie jedes<br />
Jahr die fehlerhafte Kennzeichnung<br />
von Lebensmitteln, vor<br />
allem von Erzeugnissen, die<br />
aus Osteuropa oder aus asiatischen<br />
oder arabischen Staaten<br />
nach Deutschland eingeführt<br />
wurden.<br />
Abb. 1:<br />
Eine Probe eines Reisgerichtes<br />
aus einer Gaststätte<br />
wies scharfkantige Glassplitter<br />
auf.<br />
Abb. 2:<br />
In einem Kotelett wurden<br />
Reste einer Injektionsnadel<br />
festgestellt.<br />
Abb. 3:<br />
In einer Probe Mischsalat<br />
wurde beim Verzehr eine<br />
Wanze festgestellt. Da diese<br />
Wanze ausschließlich im<br />
Mittelmeerraum vorkommt,<br />
war davon auszugehen,<br />
dass sie über einen der<br />
verwendeten Salate nach<br />
einer langen Reise über die<br />
Alpen in den Schwarzwald<br />
gelangte.<br />
Abb. 4:<br />
In einer Originalpackung<br />
befanden sich bereits verschimmelte<br />
Tortellini. Dies<br />
ist auf beschädigte Packungen<br />
zurückzuführen. Oft<br />
genügt eine kleine Undichtigkeit<br />
der Packung, dass<br />
die Ware verschimmelt.
54 Lebensmittelüberwachung BW <strong>Teil</strong> <strong>III</strong>: Produktgruppe Lebensmittel<br />
Diätetische Lebensmittel <strong>und</strong> Sportlernahrung<br />
Vorbeugung oder <strong>und</strong> eine günstige Beeinflussung bestehender ernährungsbedingter Erkrankungen durch<br />
eine diätetische Behandlung ist vielfach möglich, ob jedoch einzelne Stoffe bzw. Stoffgemische wie „Zimt“ bei<br />
Diabetes oder „Rotwein-Extrakt“ bei Arteriosklerose hilfreich sind, ist mehr als fraglich …<br />
Diabetes mellitus – eine Volkskrankheit?<br />
Diabetes mellitus Typ 2 (= „Alterszuckerkrankheit“) wird in Deutschland immer häufiger;<br />
derzeit sind ca. 6 Millionen Menschen hier zu Lande betroffen. Oft ist – bei entsprechender<br />
genetischer Veranlagung – eine Adipositas (Fettsucht) die Ursache, d. h. eine falsche Ernährung<br />
in Verbindung mit Bewegungsmangel. Gr<strong>und</strong>sätzlich wird eine ballaststoff- <strong>und</strong> vitaminreiche<br />
Vollwertkost für den Diabetiker empfohlen. Hinweise <strong>und</strong> Hilfestellungen für die Betroffenen<br />
sind auf den Internetseiten der Deutschen Diabetes-Gesellschaft unter www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de<br />
<strong>und</strong> der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) unter www.<br />
dge.de zu finden. Offen angebotene Diabetiker-Lebensmittel wie Speiseeis, Desserts <strong>und</strong><br />
feine Backwaren waren häufig nicht korrekt gekennzeichnet.<br />
„Zimt gegen Zucker“<br />
Gemeinschaftsverpflegung bei<br />
Diabetes in Krankenhäusern <strong>und</strong><br />
Diese Sensationsmeldung lässt Diabetiker<br />
derzeit hoffen, ihren Zucker-<br />
Seniorenheimen<br />
<strong>und</strong> Lipidspiegel im Blut durch die Einnahme<br />
von Zimt auf natürliche Weise wurde schwerpunktmäßig in Senio-<br />
Die gesamte Tageskost für Diabetiker<br />
regulieren zu können. Nach einer in renheimen überprüft. Da alte <strong>und</strong> insbesondere<br />
bettlägerige Menschen nur<br />
Pakistan durchgeführten Studie sollen<br />
im Zimt vorkommende Polyphenole einen geringen Energieumsatz haben,<br />
insulinähnliche Wirkung aufweisen. müssen die lebensnotwenigen Nährstoffe<br />
auch bei geringem Gesamt-<br />
Da diese Studie aufgr<strong>und</strong> von gravierenden<br />
Mängeln nicht als ausreichender<br />
wissenschaftlicher Beleg für aufgenommen werden. Praktisch ist<br />
Kaloriengehalt der Tagesverpflegung<br />
die therapeutische Wirksamkeit von dies nur möglich, wenn eine sorgfältige<br />
Nährwert-Berechnung den Kost-<br />
Zimt bei Diabetes mellitus angesehen<br />
werden kann, rät z. B. die Deutsche plänen zugr<strong>und</strong>e liegt. Das gilt für die<br />
Diabetes Gesellschaft von der Selbstmedikation<br />
mit Zimt ab. Zudem wird für die von Nicht-Diabetikern. Häufig<br />
Diabetiker-Verpflegung genauso wie<br />
auf das allergene Potenzial von Zimt wird dies v. a. im Bereich der Seniorenernährung<br />
nur ansatzweise durchge-<br />
hingewiesen.<br />
führt, in einzelnen Fällen fehlte sogar<br />
jegliches diätetisch geschulte Personal.<br />
Die überwiegende Anzahl der 50<br />
untersuchten diätetischen Tagesverpflegungen<br />
waren zu fett, enthielten<br />
einen zu hohen Anteil an gesättigten<br />
Fettsäuren aus tierischen Lebensmitteln,<br />
häufig bei zu geringer Zufuhr<br />
an Ballaststoffen <strong>und</strong> zu hohem<br />
Kochsalzgehalt. Bei einigen Mikronährstoffen<br />
wie z. B. Calcium, Eisen,<br />
Folsäure <strong>und</strong> Vitamin D enthielten die<br />
Verpflegungen weit geringere Gehalte<br />
als durch die DGE empfohlen. Den Küchenleitungen<br />
wurden konkrete Verbesserungsvorschläge<br />
gemacht.<br />
Bilanzierte Diäten:<br />
„Rotwein-Extrakt bei<br />
Arteriosklerose <strong>und</strong> Herz-<br />
Kreislauf-Erkrankungen“<br />
Im Jahr 2005 wurde beim B<strong>und</strong>esamt<br />
für Verbraucherschutz <strong>und</strong> Lebensmittelsicherheit<br />
wieder eine Vielzahl<br />
von Erzeugnissen als Lebensmittel für<br />
besondere medizinische Zwecke (bilanzierte<br />
Diäten) angezeigt. Eine Gruppe<br />
dieser Produkte ist für den Bereich<br />
„Arteriosklerose“, „Herz-Kreislauf-Störungen<br />
“ oder „Koronare Herzkrankheit“<br />
gedacht. Diese Erzeugnisse<br />
enthalten als Zutaten unter anderem<br />
„Rotwein-Extrakt“, „Rote-Trauben-Extrakt“<br />
oder „Traubenkernextrakt“.<br />
Von Arteriosklerose wird bei einer<br />
krankhaften Veränderung der Gefäßwände<br />
der Arterien mit Verhärtungen<br />
<strong>und</strong> Verdickungen gesprochen. Die<br />
Entstehung der Arteriosklerose ist ein<br />
jahrzehntelanger, langsam fortschreitender<br />
Prozess.<br />
Die Koronare Herzkrankheit (KHK) ist<br />
gekennzeichnet durch die Einengung<br />
oder den Verschluss einzelner oder<br />
mehrerer Herzkranzgefäße, was zu<br />
einer ungenügenden Blut-, bzw. Sauerstoffversorgung<br />
des Herzmuskels<br />
führt. Ursache ist meist die Arteriosklerose.<br />
Für die KHK wurden verschiedene<br />
Risikofaktoren festgestellt,<br />
z. B. Alter, genetische Veranlagung,<br />
Bluthochdruck, Rauchen, Diabetes<br />
mellitus oder Übergewicht sowie veränderte<br />
Blutfettwerte.<br />
In zahlreichen Untersuchungen wurde<br />
nachgewiesen, dass die Ernährung<br />
neben einer notwendigen ärztlichen<br />
Therapie der wichtigste beeinflussbare<br />
Faktor ist. Auch bei bereits bestehender<br />
KHK bzw. Arteriosklerose<br />
ist die Ernährungsumstellung eine<br />
gr<strong>und</strong>legende therapeutische Maßnahme.<br />
Als Empfehlungen für eine<br />
Ernährungstherapie werden international<br />
gleichlautende Empfehlungen,
Diätetische Lebensmittel <strong>und</strong> Sportlernahrung Jahresbericht 2005 55<br />
mung mit einer Bewertung durch das<br />
B<strong>und</strong>esinstitut für Risikobewertung<br />
werden derartige Erzeugnisse daher<br />
aus ernährungsphysiologischer Sicht<br />
für die ausgelobten Zwecke als nicht<br />
geeignet beurteilt.<br />
Sportlernahrung<br />
Lebensmittel für Sportler können diätetische Lebensmittel sein, sofern<br />
sie alle Kriterien für die Einstufung als diätetische Lebensmittel erfüllen.<br />
Dazu gehört u. a., dass sie sich in ihrer Zusammensetzung maßgeblich<br />
von „normalen“ Lebensmitteln unterscheiden <strong>und</strong> dass der Personenkreis,<br />
der einen besonderen Nutzen aus dem Verzehr des Lebensmittels<br />
ziehen soll, ausreichend genau beschrieben ist. Nicht jede Sportlernahrung<br />
ist für jeden Sportler nützlich. Nahrungsergänzungsmittel sind zur<br />
Ergänzung der allgemeinen Ernährung bestimmt <strong>und</strong> werden in dosierter<br />
Form zur Aufnahme in abgemessenen kleinen Mengen angeboten.<br />
Für Nahrungsergänzungsmittel <strong>und</strong> diätetische Lebensmittel gibt es z.T.<br />
unterschiedliche Regelungen für „Zusatzstoffe zu ernährungsphysiologischen<br />
Zwecken“ z. B. Aminosäuren sowie verschiedene Anforderungen<br />
an die Kennzeichnung der Produkte. Daher empfiehlt sich eine<br />
Angebotsform, die eine eindeutige Zuordnung dieser Produkte für<br />
eine der beiden Kategorien ermöglicht – sonst sind Probleme durch<br />
widersprüchliche Regelungen vorprogrammiert.<br />
die auch bei Fettstoffwechselstörungen<br />
anwendbar sind, ausgesprochen.<br />
Es wird eine generelle Umstellung in<br />
Richtung einer fettarmen Ernährung,<br />
eines erhöhten Verzehrs von pflanzlichen<br />
Lebensmitteln <strong>und</strong> pflanzlichen<br />
Ölen anstelle tierischer Fette, Omega-3-fettsäurereichen<br />
Fischsorten, die<br />
Verringerung des Verzehrs tierischer<br />
Lebensmittel sowie Verringerung des<br />
Alkoholkonsums empfohlen. Im Sinne<br />
einer umfassenden Umstellung des<br />
Lebensstils wird zu einer Steigerung<br />
der körperlichen Aktivität, Gewichtsreduktion<br />
<strong>und</strong> Aufgabe des Rauchens<br />
geraten. Da Fettstoffwechselstörungen<br />
(Hyperlipidämien) als wichtiger Risikofaktor<br />
für die Entstehung von arteriosklerotischen<br />
Gefäßerkrankungen<br />
gelten, decken sich die Ernährungsempfehlungen<br />
zu deren Therapie im<br />
Wesentlichen mit den Empfehlungen<br />
bei KHK <strong>und</strong> Arteriosklerose.<br />
Eine Empfehlung zur isolierten Aufnahme<br />
von hoch dosierten Vitamin-,<br />
mineralstoff- oder pflanzenextrakthaltigen<br />
Präparaten, von isolierten monomeren<br />
bis polymeren Polyphenolen<br />
in Form des Traubenkernextraktes,<br />
gibt es derzeit nicht. Es liegen keine<br />
ausreichenden klinischen Unterlagen<br />
darüber vor, ob eine diätetische Behandlung<br />
der genannten Störungen<br />
mit isolierter Zufuhr von z. B. „Rote<br />
Trauben-Extrakt“, „ Rotwein-Extrakt“<br />
oder „Traubenkernextrakt“ sicher <strong>und</strong><br />
nutzbringend ist <strong>und</strong> welche Dosen<br />
dabei einzusetzen wären. In Abstim-
56 Lebensmittelüberwachung BW <strong>Teil</strong> <strong>III</strong>: Produktgruppe Lebensmittel<br />
Nahrungsergänzungsmittel<br />
Von 350 Proben waren 182 zu beanstanden (52 %). Wie schon<br />
im Vorjahr betrafen die meisten Beanstandungen irreführende<br />
Angaben <strong>und</strong> Kennzeichnungsmängel. Verhältnismäßig oft wurde<br />
auch festgestellt, dass nicht zugelassene Zusatzstoffe wie z. B. stark<br />
angereicherte sek<strong>und</strong>äre Pflanzenstoffe verwendet wurden.<br />
Produkte, bei denen es sich aufgr<strong>und</strong> der Zusammensetzung oder<br />
Aufmachung nicht um Nahrungsergänzungsmittel, sondern um Arzneimittel<br />
handelte, sind in diesem Bericht nicht erfasst.<br />
Abb.:<br />
Mogelpackung<br />
Mogelpackungen bei<br />
Kaffeefahrten<br />
Schon seit Jahren werden auf Kaffeefahrten<br />
Nahrungsergänzungsmittel<br />
verkauft. Da die Produkte in der Regel<br />
sehr teuer sind, legen die Verkäufer<br />
Wert auf repräsentative, große Verpackungen,<br />
die den geforderten Preis<br />
angemessen erscheinen lassen.<br />
Inzwischen stellen wir immer häufiger<br />
fest, dass solche Packungen zu Mogelpackungen<br />
vergrößert werden. Zum<br />
Beispiel durch zwei 4 bis 5 cm dicke<br />
Styropor-Formeinlagen, zwischen denen<br />
sich nur eine einzige Schicht von<br />
Trinkfläschchen befindet. So lässt sich<br />
das Packungsvolumen leicht vervielfachen.<br />
Oder durch doppelte Böden:<br />
Unter einer Lage Trinkfläschchen wird<br />
ein Zwischenboden eingezogen, unter<br />
dem sich nur noch leere Hohlkörper<br />
befinden. Dadurch besteht gut ¾ der<br />
Packung nur aus Luft.<br />
Bei allen Mogelpackungen konnte<br />
man ohne Öffnen der Packung, u. U.<br />
auch Auspacken des Inhalts, nicht<br />
feststellen, wie gering die Befüllung<br />
im Vergleich zur Packungsgröße war.<br />
Deshalb wurden sie von uns als irreführend<br />
aufgemacht beanstandet.<br />
Cadmium in Spirulina-<br />
Algen<br />
Im Rahmen des b<strong>und</strong>esweiten Monitorings<br />
zur Belastung von Nahrungsergänzungsmitteln<br />
mit Schwermetallen<br />
fiel ein Spirulina-Präparat durch hohe<br />
Cadmiumgehalte in der Größenordnung<br />
von 20 mg / kg auf. Daher wurden<br />
insgesamt 27 Folgeproben von weiteren<br />
Chargen des gleichen Erzeugnisses<br />
<strong>und</strong> Algenprodukten anderer Hersteller<br />
untersucht. Bei zwei weiteren<br />
Chargen des gleichen Herstellers <strong>und</strong><br />
zwei Nahrungsergänzungsmitteln anderer<br />
Hersteller ergaben sich ebenfalls<br />
Cadmiumaufnahmen von über 100 µg<br />
pro Tag bei den angegebenen Verzehrempfehlungen.<br />
Cadmium weist ein krebserzeugendes<br />
Potenzial auf. Da derartige Nahrungsergänzungsmittel<br />
im Regelfall über<br />
längere Zeiträume eingenommen werden,<br />
wurden die Erzeugnisse als „ges<strong>und</strong>heitsschädlich“<br />
beurteilt. Für die<br />
toxikologische Beurteilung wurde der<br />
von der WHO festgelegte PTWI-Wert<br />
(Provisional Tolerable Weekly Intake)<br />
von 7 µg / kg Körpergewicht / Woche<br />
herangezogen. Hieraus errechnet sich<br />
für einen Erwachsenen von 70 kg eine<br />
tolerierbare wöchentliche Aufnahmemenge<br />
von 490 µg Cadmium.<br />
Als Ursache für die Belastung von Spirulina<br />
mit Cadmium wurde behördlicherseits<br />
die Aufzucht der Spirulina-Algen<br />
in Becken aus cadmiumlässigem<br />
Beton ermittelt.<br />
Lachsölpräparate<br />
Die Zufuhr der langkettigen ω-3-Fettsäuren:<br />
Docosahexaensäure (DHA)<br />
<strong>und</strong> Eicosapentaensäure (EPA) durch<br />
Nahrungsergänzungsmittel kann bei<br />
einer seefischarmen Ernährung sinnvoll<br />
sein, da diese Fettsäuren funktionelle<br />
Wirkungen auf das Herz- Kreislauf-System<br />
ausüben. Auf dem Markt<br />
befindet sich eine breite Produktpalette<br />
von Fischölkapseln mit entsprechender<br />
Auslobung.<br />
29 Proben Lachsölkapseln (13 Hersteller,<br />
25 Chargen), <strong>und</strong> 1 Probe Fischölkapseln<br />
wurden auf ihren Gehalt an<br />
ω-3-Fettsäuren untersucht. Keine der<br />
Proben war bezüglich der Angaben<br />
zum Fettsäuregehalt zu beanstanden,<br />
auch der Vitamin-E-Gehalt lag<br />
innerhalb der Toleranzen. Aufgr<strong>und</strong><br />
der Fettsäuremuster war jedoch festzustellen,<br />
dass keine der Proben aus<br />
reinem Lachsöl bestand. Alle Proben<br />
enthielten auch andere Fischöle, obwohl<br />
auf den Verpackungen als Zutaten<br />
stets nur „Lachsöl“-Erzeugnisse<br />
genannt <strong>und</strong> sehr häufig springende<br />
Lachse abgebildet waren. Die Proben<br />
wurden wegen der irreführenden Verkehrsbezeichnung<br />
<strong>und</strong> Aufmachung<br />
sowie der unvollständigen Angaben<br />
in der Zutatenliste beanstandet.<br />
Im Einklang mit Literaturangaben<br />
ergaben eigene Untersuchungen<br />
von 43 Proben Öl aus Wildlachs <strong>und</strong><br />
Zucht lachs bei allen ein Verhältnis von<br />
DHA / EPA über 1,2 <strong>und</strong> einen Eicosensäuregehalt<br />
über 2,5 %. Bei allen untersuchten<br />
Lachsölkapseln dagegen<br />
lag das DHA / EPA-Verhältnis unter<br />
1,2. 24 Proben wiesen Eicosensäuregehalte<br />
unter 2,5 % <strong>und</strong> 6 Proben über<br />
2,5 % auf.
Nahrungsergänzungsmittel Jahresbericht 2005 57<br />
Sagredos, A. N.:<br />
Fat Sci. Technol. Nr. 5,<br />
eigene Untersuchungen<br />
(Angaben in Flächen % Methylester)<br />
S. 184 ff. (1991)<br />
Fettsäuren Lachsöl (n = 6) Lachsöle (n = 43) Lachsölkapseln (n = 30) Fischölkapseln (n = 1)<br />
Tabelle:<br />
Identitätsprüfung<br />
von Lachsölkapseln<br />
Eicosensäure 14,07 7,14 2,20 2,12<br />
DHA 9,02 10,99 12,75 16,81<br />
EPA 5,12 6,48 17,90 12,02<br />
Summe Omega3 14,63 18,88 31,72 29,90<br />
DHA / EPA 1,86 1,75 0,73 0,70<br />
Linolensäure 0,50 1,41 1,07 1,07<br />
Irreführung durch Nahrungsergänzungsmittel:<br />
„A – Z, … mit 27 Vitaminen <strong>und</strong> Mineralstoffen“<br />
Nahrungsergänzungsmittel<br />
mit Grüntee<br />
Multipräparate „A – Z Nahrungsergänzungsmittel<br />
mit 27 Vitaminen <strong>und</strong> Mineralstoffen“<br />
werden gerne gekauft,<br />
glauben die K<strong>und</strong>en doch, so eine<br />
R<strong>und</strong>um-Versorgung mit insgesamt<br />
27 Vitaminen <strong>und</strong> Mineralstoffen (inklusive<br />
Spurenelementen) zu erhalten.<br />
Allerdings stellen wir regelmäßig fest,<br />
dass die Produkte nur 24 Vitamine <strong>und</strong><br />
Mineralstoffe (inkl. Spurenelemente)<br />
in einer tatsächlich zur Nahrungsergänzung<br />
geeigneten Menge von<br />
mindestens 15 % des Tagesbedarfs<br />
zuführen.<br />
Auf den ersten Blick fällt aber selbst<br />
dem Fachmann nicht auf, dass nur 24<br />
Vitamine <strong>und</strong> Mineralstoffe in relevanten<br />
Mengen zugeführt werden, werden<br />
doch in der Nährstofftabelle 27<br />
Stoffe aufgelistet. Bei einigen Mineralstoffen<br />
fehlt regelmäßig die Angabe<br />
des prozentualen Anteils am täglichen<br />
Bedarf, der mit dem Nahrungsergänzungsmittel<br />
gedeckt wird, da diese<br />
Angabe bei einigen Mineralstoffen<br />
noch nicht vorgeschrieben ist. Nur<br />
durch diese Prozentangabe kann ein<br />
Verbraucher aber eindeutig erkennen,<br />
ob eine nennenswerte Zufuhr erfolgt<br />
oder nur eine minimale.<br />
Regelmäßig ergibt bei Kalium, Chlorid<br />
<strong>und</strong> Silicium der Vergleich der angegebenen<br />
Gehalte mit den Zufuhrempfehlungen<br />
der Deutschen Gesellschaft<br />
für Ernährung oder mit der Zufuhr<br />
durch die normale Ernährung, dass<br />
ihre Mengen in den Nahrungsergänzungsmitteln<br />
viel zu gering sind, um<br />
die Versorgungslage nennenswert zu<br />
verbessern. Daher beanstanden wir<br />
es als irreführend, wenn in der Nährwerttabelle<br />
zwar auf diese Stoffe hingewiesen<br />
wird, der Verbraucher aber<br />
nicht gleichzeitig informiert wird, wie<br />
gering der zugeführte Anteil am Tagesbedarf<br />
ist. Ebenso beanstanden wir<br />
Werbeaussagen wie „mit 27 Vitaminen<br />
<strong>und</strong> Mineralstoffen“, wenn nicht<br />
27 Stoffe in einer ausreichenden Menge<br />
zugeführt werden.<br />
Leider wurden vom Gesetzgeber<br />
noch keine Mindestmengen für den<br />
durch das Nahrungsergänzungsmittel<br />
abzudeckenden Anteil des täglichen<br />
Bedarfs festgelegt. Dies soll erst zu<br />
einem späteren Zeitpunkt erfolgen.<br />
Das internationale Gremium, die Codex<br />
Alimentarius Kommission, hat<br />
aber in einer kürzlich verabschiedeten<br />
Richtlinie festgelegt, dass bei<br />
Nahrungsergänzungen mit Vitaminen<br />
<strong>und</strong> Mineralstoffen jedes enthaltene<br />
Vitamin / jeder enthaltene Mineralstoff<br />
bei Einhaltung der angegebenen Verzehrsempfehlung<br />
mindestens 15 %<br />
zum jeweiligen Tagesbedarf beitragen<br />
soll.<br />
In Grüntee enthaltene Catechine gelten<br />
als antioxidativ wirksame Substanzen,<br />
die schädliche Sauerstoffradikale<br />
abfangen. Die Werbung für NEM nutzt<br />
dies insbesondere für Hinweise auf<br />
die Prävention von Herz- Kreislauf-Erkrankungen.<br />
In 10 Proben wurden Gehalt <strong>und</strong> Verteilung<br />
der Catechine einschließlich<br />
Coffein überprüft. Eine Probe wies einen<br />
erheblich höheren Catechingehalt<br />
auf als deklariert; bei einer weiteren<br />
ergab sich der Verdacht auf einen nicht<br />
deklarierten Coffeinzusatz.<br />
Das Datenmaterial reicht gegenwärtig<br />
für eine abschließende Bewertung<br />
zwar noch nicht aus, die Ergebnisse<br />
deuten aber darauf hin, dass es sich<br />
bei den verwendeten Gr<strong>und</strong>stoffen<br />
nicht um „Teeextrakte“ (diese Lebensmittel<br />
sind per Definition wässrige Extrakte),<br />
sondern um mit anderen Verfahren<br />
gewonnene Extrakte mit selektiv<br />
angereicherten Catechinen handelt,<br />
die möglicherweise einer Zulassung<br />
nach der Novel-Food-Verordnung bedürfen.
58 Lebensmittelüberwachung BW <strong>Teil</strong> <strong>III</strong>: Produktgruppe Lebensmittel<br />
Funktionelle Lebensmittel (Functional Food)<br />
Funktionelle Lebensmittel sollen neben ihrem Zweck zu Ernährung oder Genuss zusätzlich eine<br />
präventiv ges<strong>und</strong>heitsfördernde Wirkung aufweisen, die auf den Erzeugnissen entsprechend<br />
beworben wird.<br />
Probiotische Lebensmittel<br />
Probiotische Lebensmittel werden<br />
meist in Form von Milcherzeugnissen<br />
angeboten <strong>und</strong> enthalten spezifische<br />
Mikroorganismen, die einen günstigen<br />
Einfluss auf die Darmflora haben<br />
sollen. Ein solcher probiotischer Effekt<br />
ist nur dann zu erwarten, wenn die<br />
Erzeugnisse regelmäßig – möglichst<br />
täglich – verzehrt werden. Ein solcher<br />
Hinweis auf den „regelmäßigen Verzehr“<br />
findet sich mittlerweile auf fast<br />
allen Produkten.<br />
Auffällig ist, dass die Werbeaussagen<br />
von Jahr zu Jahr moderater werden<br />
z. B. „kann bei regelmäßigem Verzehr<br />
die natürlichen Abwehrkräfte unterstützen“<br />
bis dahin, dass gar keine<br />
Werbeaussagen mehr gemacht werden<br />
<strong>und</strong> nur noch auf einen „probiotischen“<br />
Mikroorganismus hingewiesen<br />
wird. Gelegentlich werden<br />
auch die verwendeten probiotischen<br />
Stämme gar nicht mehr genannt. Offensichtlich<br />
sind die „Probiotika“ beim<br />
Verbraucher mittlerweile so gut etabliert,<br />
dass die Hersteller die Wirkungen<br />
gar nicht mehr ausloben müssen – die<br />
Produkte werden trotzdem gekauft!<br />
Pflanzenextrakte –<br />
Sek<strong>und</strong>äre Pflanzeninhaltstoffe<br />
(SPS)<br />
Die Lebensmittelchemische Gesellschaft<br />
hat einen Leitfaden zur Beurteilung<br />
von Pflanzenextrakten (am<br />
Beispiel SPS) veröffentlicht (Lebensmittelchemie<br />
59, 107 – 110, 2005), in<br />
dem zur korrekten Verkehrsbezeichnung,<br />
Aspekten der Lebensmittelsicherheit,<br />
zur wissenschaftlichen Absicherung<br />
von Wirkungsaussagen <strong>und</strong><br />
zur rechtlichen Einstufung von Extrakten<br />
oder Lebensmitteln mit Extrakten,<br />
Stellung genommen wird.<br />
ACE-Getränke mit <strong>und</strong><br />
ohne Ballaststoffe<br />
Unter ACE-Getränken werden Erfrischungsgetränke<br />
auf Basis von Mehrfruchtsäften<br />
verstanden, die mit den<br />
Vitaminen A (in Form des Provitamins<br />
β-Carotin), C <strong>und</strong> E angereichert werden.<br />
Dieser Mix aus den antioxidativ<br />
wirkenden Vitaminen ist ebenfalls zur<br />
Unterstützung der Abwehrkräfte gedacht.<br />
Auch bei dieser Produktgruppe<br />
ist festzustellen, dass sie fast keine<br />
Werbeaussagen mehr aufweist. Die<br />
Vitamingehalte waren in den meisten<br />
Fällen korrekt deklariert, die β-Carotin-Gehalte<br />
der untersuchten Proben<br />
lagen zwischen 0,3 <strong>und</strong> 2,9 mg / 100<br />
ml <strong>und</strong> lagen durchschnittlich bei 1,4<br />
mg / 100 ml. Die Gehalte sind gegenüber<br />
den Vorjahren unverändert. ACE-<br />
Getränke können somit einen bedeutsamen<br />
Anteil an der Gesamt-Aufnahme<br />
an β-Carotin liefern, bei Verzehr<br />
von 500 ml pro Tag bis zu 12 mg.<br />
Bei mit Ballaststoffen angereicherten<br />
Getränken sind gelegentlich die Nährwertangaben<br />
ein Problem: Die Menge<br />
an Ballaststoffen, die in der üblichen<br />
Verzehrsportion oder der empfohlenen<br />
Tagesverzehrsmenge des Getränks<br />
enthalten ist, sollte einen wesentlichen<br />
Beitrag (mindestens 3 g) zur<br />
empfohlenen Gesamt-Ballaststoffzufuhr<br />
(30 g) leisten. Die Kennzeichnung<br />
<strong>und</strong> Werbung sollte so erfolgen, dass<br />
der Verbraucher den Beitrag eindeutig<br />
erkennen kann.<br />
Carnitin – der Fettkiller ?<br />
Das Bedürfnis, überflüssige Pf<strong>und</strong>e<br />
möglichst „wie von selbst“ loszuwerden,<br />
ist weit verbreitet. Da kommt so<br />
ein „Fettkiller“-Stoff gerade recht. In<br />
Lebensmittel eingearbeitet, die ohnehin<br />
ein sportliches oder Wellness-<br />
Image haben, ist Carnitin eine beliebte<br />
Zutat in süßungsmittelhaltigen<br />
Getränken, Nahrungsergänzungsmitteln,<br />
Sportlernahrung, Reduktionsdiäten<br />
sowie pulvrigen Erzeugnissen<br />
auf Eiweißbasis zur Herstellung eines<br />
Eiweißdrinks. Dem Verbraucher wird<br />
versprochen, dass das enthaltene Carnitin<br />
den „Body formt“, „den Fettstoffwechsel<br />
anheizt“, etwas moderater,<br />
dass Carnitin „zur Fettverbrennung<br />
beiträgt“ oder eine „Fat Loss Support<br />
Formula“ wird in Aussicht gestellt.<br />
Leider sehen die Tatsachen etwas<br />
anders aus: Beim Ges<strong>und</strong>en kann L -<br />
Carnitin in ausreichenden Mengen in<br />
Leber, Niere <strong>und</strong> Gehirn hergestellt<br />
werden <strong>und</strong> ist somit für den Menschen<br />
kein lebensnotwendiger Nährstoff.<br />
In der Natur kommt L -Carnitin in<br />
pflanzlichen <strong>und</strong> tierischen Lebensmitteln<br />
vor, wobei die tierischen Lebensmittel<br />
deutlich höhere Mengen enthalten.<br />
Die Hauptaufgabe von L -Carnitin<br />
im Stoffwechsel ist die Funktion als<br />
„Biocarrier“, d. h. nur mithilfe von L -<br />
Carnitin können langkettige Fettsäuren<br />
Membranen passieren <strong>und</strong> dann abgebaut<br />
werden. Hierbei wird L -Carnitin<br />
jedoch nicht „verbraucht“, sondern<br />
regeneriert. Also leider ist weder eine<br />
Verbesserung der Leistungsfähigkeit<br />
bei sportlichen Belastungen noch ein<br />
Einfluss auf die Gewichtsabnahme zu<br />
erwarten – wieder eine geplatzte Seifenblase.
Funktionelle Lebensmittel / Neuartige Lebensmittel Jahresbericht 2005 59<br />
Neuartige Lebensmittel (Novel Food)<br />
Erweiterung der Palette der zugelassenen<br />
neuartigen Lebensmittel<br />
Im Jahr 2005 sind wieder zahlreiche Lebensmittel in<br />
den Verkehr gebracht worden, die selbst oder ihre Zutaten<br />
als neuartige Lebensmittel im Sinne der Verordnung<br />
über neuartige Lebensmittel einzustufen sind.<br />
Wie bereits im Jahresbericht 2004 ausführlich dargestellt<br />
wurde, dürfen Lebensmittel, die bisher noch nicht<br />
in nennenswertem Umfang für den menschlichen Verzehr<br />
verwendet wurden, nicht ohne die Zulassung durch die<br />
Europäische Union verkauft werden. Neuartige Lebensmittel<br />
müssen ein Zulassungsverfahren<br />
durchlaufen, das ihre ges<strong>und</strong>heitliche Unbedenklichkeit<br />
sicherstellt.<br />
Das Zulassungsverfahren ist aufgr<strong>und</strong><br />
der umfangreichen Prüfungen,<br />
insbesondere auch hinsichtlich<br />
des notwendigen Nachweises<br />
der ges<strong>und</strong>heitlichen Unbedenklichkeit,<br />
langwierig <strong>und</strong> aufwändig.<br />
Wenn ein Lebensmittel zum ersten<br />
Mal in einem EU-Land einem Bewertungsverfahren<br />
unterworfen wird, wird<br />
der Vorgang auch allen Mitgliedsländern<br />
zwecks Überprüfung vorgelegt. Die Prüfung<br />
von neuartigen Lebensmitteln durch zahlreiche<br />
unabhängige Instanzen ist die beste Garantie für Qualität<br />
<strong>und</strong> Sicherheit der neuartigen Lebensmittel.<br />
Im Jahr 2005 wurde der Zulassungsantrag für Betain abschließend<br />
entschieden. Betain, das aus Zuckerrüben isoliert<br />
werden kann, sollte Lebensmitteln zur Senkung des<br />
Homocystein-Spiegels im Blut zugesetzt werden. Erhöhte<br />
Homocystein-Spiegel im Blut werden als Risikofaktor für<br />
Herz-Kreislauf-Erkrankungen diskutiert. Der Zusammenhang<br />
zwischen einer Erniedrigung des Homocystein-Spiegels<br />
<strong>und</strong> einem dadurch verringerten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen<br />
konnte jedoch wissenschaftlich noch<br />
nicht gesichert nachgewiesen werden. Weitere Studien<br />
dazu sind notwendig.<br />
Weiterhin kann ein unerwünschter, kumulierter Verzehr<br />
von mit Betain angereicherten Lebensmitteln nicht ausgeschlossen<br />
werden. Aus diesem Gr<strong>und</strong> konnte die Sicherheit<br />
dieses Zusatzes nicht ausreichend belegt werden. Daher<br />
wurde Betain aus Zuckerrüben die Zulassung als neuartiges<br />
Lebensmittel verweigert.<br />
Genehmigt wurden die Zulassungsanträge für Isomaltulose<br />
<strong>und</strong> Tagatose. Bei Isomaltulose handelt es sich um<br />
ein Isomeres der Saccharose. Seine Süßkraft beträgt nur<br />
ca. 40 % der von Saccharose, es wird langsamer verstoffwechselt<br />
<strong>und</strong> verhält sich im Gegensatz zu Saccharose<br />
nicht zahnschädigend.<br />
Bei der Verdauung wird Isomaltulose in seine Bestandteile<br />
Glucose <strong>und</strong> Fructose zerlegt. Daher ist für die Kennzeichnung<br />
der Lebensmittel mit Isomaltulose der Hinweis<br />
„Isomaltulose ist eine Glucose- <strong>und</strong> Fructosequelle“ vorgeschrieben.<br />
Es soll als Zutat für Getränke, Getreideprodukte<br />
<strong>und</strong> Süßwaren Verwendung finden.<br />
Tagatose ist ein Fruktoseisomer, das aus Lactose gewonnen<br />
wird.<br />
In dem vereinfachten Zulassungsverfahren für neuartige<br />
Produkte, für die die Gleichwertigkeit mit einem bereits zugelassenen<br />
neuartigen Lebensmittel belegt werden konnte,<br />
wurden 18 verschiedene Lebensmittel mit Zusatz<br />
von Phytosterolen, zehn Nonisäfte <strong>und</strong><br />
drei Arganöle zugelassen.<br />
Nonisaft<br />
Immer wieder tauchen Studien<br />
auf, die eine Leberschädigung<br />
mit dem Verzehr von Nonisäften<br />
in Zusammenhang bringen.<br />
Bisher konnten solche Studien<br />
nicht bestätigt werden. Die europäische<br />
Sicherheitsbehörde prüft<br />
diesen Verdacht derzeit.<br />
Erzeugnisse mit Nonisaft geben jedoch immer<br />
wieder Anlass zur Beanstandung. Eine dieser Proben wurde<br />
aufgr<strong>und</strong> der zugesetzten Vitaminmischung („ACE“) als<br />
Nahrungsergänzungsmittel bezeichnet <strong>und</strong> wurde auf einer<br />
Messeveranstaltung zusammen mit einer Werbebroschüre<br />
in Verkehr gebracht.<br />
Eine Vielzahl von Kennzeichnungsmängeln <strong>und</strong> eine erhebliche<br />
Unterschreitung des Vitamin-A-Gehaltes zeigt die<br />
mangelhafte Qualitätssicherung durch den Hersteller an.<br />
Außerdem war die Gestaltung des verteilten Faltblattes in<br />
hohem Maße zur Verbrauchertäuschung geeignet, da mit<br />
Wirkungen <strong>und</strong> Funktionen eines Arzneimittels geworben<br />
wurden. Wissenschaftlich betrachtet, bietet Nonisaft gegenüber<br />
anderen Fruchtsäften keine ernährungsphysiologischen<br />
Vorteile. Dies wurde bereits 2002 bei der Zulassung<br />
als Neuartiges Lebensmittel durch das wissenschaftliche<br />
Komitee der EU (SCF) ausdrücklich festgestellt.<br />
Auch seriöse Hersteller profitieren davon, dass die Verkehrsauffassung<br />
von Nonisaft als „heilkräftiges W<strong>und</strong>ermittel“<br />
durch Internetwerbung, dubiose Vermarktungsstrategien<br />
wie private Verkaufsveranstaltungen, Buchbewerbungen<br />
etc. geprägt ist. Das CVUA Stuttgart beurteilte<br />
deshalb auch noch allgemein gehaltene Werbeaussagen<br />
als irreführend, wenn ihr Ziel eindeutig auf entsprechende<br />
Verbrauchererwartungen gerichtet war.
60 Lebensmittelüberwachung BW <strong>Teil</strong> <strong>III</strong>: Produktgruppe Lebensmittel<br />
Zusatzstoffe <strong>und</strong> Aromastoffe<br />
Aromastoffe<br />
Ob Lebensmittel oder Kosmetika: Aromastoffe betreffen uns alle. Auch Aber auch wenn beispielsweise Himbeergeisten<br />
mit dem typisch intensi-<br />
2005 betraf das Untersuchungsspektrum auf Aromastoffe nahezu sämtliche<br />
Produktbereiche. Stellvertretend sollen hier nur einige „highlights“ ven Aromastoff Himbeerketon nachgeholfen<br />
wurde, lässt sich dies mit<br />
herausgegriffen werden.<br />
GC / MS nachweisen. 2005 wurden<br />
Natürlich oder naturidentisch – das ist hier die Frage 26 Proben auf Himbeerketon untersucht: Der Aromastoff,<br />
der bei der Destillation im Rückstand verbleibt <strong>und</strong> daher im<br />
Für den Verbraucher ist es oft kaufentscheidend, ob für die<br />
fertigen Produkt nicht zu finden ist, wurde in zwei Proben<br />
Herstellung des Produktes natürliche oder naturidentische<br />
gef<strong>und</strong>en. Die betroffenen Hersteller gaben die unzulässige<br />
Aromastoffe verwendet wurden. Um den Verbraucher vor<br />
Aromatisierung jeweils bei einer daraufhin durchgeführten<br />
Irreführung zu schützen, werden ständig Aromen <strong>und</strong> verzehrsfertige<br />
Lebensmittel daraufhin untersucht. So zeigten<br />
Lebensmittelkontrolle zu.<br />
2005 ein Mirabellenbrand, eine als natürlich aufgemachte<br />
Aprikosenspirituose, ein Prosecco <strong>und</strong> ein Waldbeeren- Parfümstoffe in Kosmetika<br />
Fruchtsaftgetränk chemisch-synthetische naturidentische<br />
Im Rahmen des b<strong>und</strong>esweiten Überwachungsprogramms<br />
wurden Parfüms bzw. Eau de Toilette auf<br />
Aromastoffe aus den Substanzklassen der 2-Methylbuttersäureethylester,<br />
gamma- <strong>und</strong> delta-Lactone <strong>und</strong> wurden<br />
geruchsaktive Substanzen, welche als Auslöser von<br />
als irreführend beanstandet.<br />
Hautallergien (Kontaktdermatitis) in Rede stehen,<br />
untersucht. Als „mit Rosenöl“ ausgelobte Kosmetika<br />
wurden auf den Aromastoff Methyleugenol un-<br />
Was tun, wenn etwas nicht riecht wie es soll? –<br />
Analytik von Fehlaromen<br />
tersucht. Abhängig von der Angebotsform des kosmetischen<br />
Mittels (Parfüm, Eau de Toilette, Creme<br />
Viele Verbraucherbeschwerden beziehen sich auf diese<br />
Fragestellung. Geruchsstoffe sind flüchtige Verbindungen etc.) sind unterschiedlich hohe Konzentrationen an<br />
<strong>und</strong> meist tragen eine große Anzahl von Einzelstoffen zum Methyleugenol (2 bis 100 mg / kg) statthaft. Vereinzelt<br />
wurden Grenzwert-Überschreitungen festge-<br />
typischen Aroma eines Lebensmittels bei. Zur näheren<br />
Charakterisierung von abweichenden Aromaeigenschaften stellt. Siehe hierzu Kapitel „Kosmetische Mittel“.<br />
sind Untersuchungen mittels Gaschromatografie-Massenspektrometer-Kopplung<br />
(GC/ MS) hervorragend geeignet.<br />
Das Gemisch der flüchtigen Einzelstoffe wird in seine Bestandteile<br />
zerlegt <strong>und</strong> identifiziert. Dadurch ist es vielfach<br />
möglich, der Ursache von sensorisch wahrnehmbaren Kontaminationen<br />
auf die Spur zu kommen. Die oftmals nur<br />
mühsam objektivierbare sensorische Bewertung wird also<br />
um einen eindeutig messbaren Aspekt erweitert.<br />
Ob Zitronenlimonade mit trans-1,3-Pentadien (unangenehmen<br />
medizinisch-lösungsmittelartiger Geruch), Cola-Mix<br />
mit Chlorkresol <strong>und</strong> o-Phenylphenol (starke Desinfektionsmittel),<br />
Mineralwasser mit Kohlenwasserstoffen (Geruch<br />
nach Pinselreiniger) oder Tomatenketchup mit flüchtigen<br />
Stoffwechselprodukten von Verderbniserregern, mithilfe<br />
der GC / MS wurden 2005 mehrere Verbraucherbeschwerden<br />
aufgeklärt. Ähnliches zeigte sich auch bei einem Bierbrand,<br />
zwei Zwetschgenwässern <strong>und</strong> drei Kirschwässern,<br />
die 2005 sensorisch durch ein Fremdaroma auffielen, das<br />
an Williamsbirne erinnerte. In der chemischen Analyse ließen<br />
sich Williamsester nachweisen, die typischerweise nur<br />
in Williams-Christ-Birnenbränden vorkommen. Die Bezeichnung<br />
der Brände wurde wegen des artfremden Aromas als<br />
irreführend beanstandet.<br />
Prüfung auf Kontaminanten<br />
Nachdem 2004 in naturidentischem Bittermandelaroma<br />
hohe Mengen an Benzol nachgewiesen wurden, wurden<br />
2005 verstärkt Mandelaromen <strong>und</strong> Amarettoliköre auf diese<br />
Kontaminante untersucht. Die Untersuchungen zeigten<br />
Wirkung: Bis auf eine Probe lagen die Benzolgehalte der<br />
untersuchten Proben so niedrig, dass bei bestimmungsgemäßer<br />
Verwendung der Aromen der Grenzwert der<br />
Trinkwasserverordnung (0,001 mg / l) nicht überschritten<br />
wurde.
Zusatzstoffe <strong>und</strong> Aromastoffe Jahresbericht 2005 61<br />
Auch der mikrobiologische Zustand von Aromazubereitungen ist interessant<br />
Im Berichtsjahr wurden 13 offene Aromazubereitungen aus<br />
Backstuben, Konditoreien <strong>und</strong> Eisdielen mikrobiologisch<br />
untersucht. Mittlerweile sind die Rezepturen durch die Hersteller<br />
derart optimiert, dass ein bakterieller Befall kaum<br />
mehr möglich ist. Dies zeigte sich besonders drastisch im<br />
Fall eines Rumaromas, das als Verdachtsprobe angeliefert<br />
wurde: Beim Öffnen der beiden verklebten <strong>und</strong> äußerlich<br />
beschädigten Behälter waren etliche erbsgroße, teilweise<br />
noch schnittfeste <strong>und</strong> teilweise schleimig erweichte,<br />
beige, opak-trübe <strong>Teil</strong>e erkennbar. Wie die mikroskopische<br />
Untersuchung ergab, handelte es sich um Pflanzenteile,<br />
vermutlich um Obststücke. Anscheinend hatte der Bäcker<br />
regelmäßig eine Masse aus Obststücken <strong>und</strong> Rumaroma<br />
angerührt <strong>und</strong> das überschüssige Aroma wieder in den<br />
Behälter zurückgeschüttet – mitsamt einiger Obststücke,<br />
die sich im Laufe der Zeit zersetzten, aber dank des hohen<br />
Alkoholgehaltes frei von schädlichen Keimen blieben.<br />
Die Probe wurde wegen der unhygienischen Verpackung<br />
beanstandet, eine Betriebsschließung war auch aufgr<strong>und</strong><br />
anderer Hygienemängel unvermeidbar.<br />
Zusatzstoffe <strong>und</strong> Behandlung von Lebensmitteln<br />
Lösungsmittel in Carotin<br />
Carotin wird in sehr vielen Lebensmitteln aus ernährungsphysiologischen<br />
Zwecken (z. B. Nahrungsergänzungsmittel,<br />
Säfte) oder zur Färbung (z. B. Margarine) eingesetzt.<br />
Da immer wieder Probleme durch Kontaminanten bei importierten<br />
Produkten berichtet werden, wurden Carotine<br />
<strong>und</strong> Carotinzubereitungen auf Lösungsmittelrückstände<br />
untersucht. In Baden-Württemberg wird wie die eingegangen<br />
Proben zeigen, in den meisten Fällen Carotin in<br />
so genannten Premixen (konfektionierte Vormischungen)<br />
eingesetzt. Bei den wenigen Proben, die als Reincarotin<br />
erhoben wurden, konnten keine unzulässigen Rückstände<br />
an Lösungsmitteln oder Schwermetallen festgestellt<br />
werden. Parallel wurden auch Margarinen auf mögliche<br />
Rückstände an Dichlormethan <strong>und</strong> Benzol untersucht, die<br />
aber ebenfalls keine auffälligen Bef<strong>und</strong>e zeigten. Zu chinesischen<br />
Produkten, die nach unseren Recherchen über<br />
eine Firma in Nordrhein-Westfalen importiert werden,<br />
wurde die zuständige Untersuchungseinrichtung informiert,<br />
Produkte waren jedoch aktuell nicht auf Lager.<br />
Kutterhilfsmittel mit unzulässigen Zusätzen<br />
Im Rahmen der KÜP-Untersuchungen auf Zusätze, die<br />
eine unzulässige Wasserbindung in Fleischerzeugnissen<br />
bewirken, wurden auch Kutterhilfsmittel untersucht, die<br />
als Zutaten unzulässige Proteinteilhydrolysate enthielten,<br />
die in Deutschland nicht zugelassen sind. Damit hergestellte<br />
Erzeugnisse wurden als nicht verkehrsfähig beurteilt.<br />
Bei anderen Produkten führten in einigen Fällen<br />
nicht eingehaltene Kennzeichnungsvorgaben nach der<br />
Zusatzstoffverkehrsverordnung zu Mängeln.<br />
Lebensmittelfarben / färbende Lebensmittel<br />
Die Abgrenzung von Lebensmittelfarben (Zusatzstoff)<br />
gegenüber färbenden Lebensmitteln (zulassungsfreie<br />
Lebensmittelzutat) rückt wieder in den Blickwinkel der<br />
Überwachung, da inzwischen wieder verstärkt weit gehend<br />
geschmack- <strong>und</strong> geruchlose aber sehr farbstabile Produkte<br />
angeboten wurden. Soweit eine selektive Anreicherung von<br />
Pigmenten bei deren Herstellung erfolgt, handelt es sich<br />
nach der Farbstoff RL 94 / 36 / EG um zulassungspflichtige<br />
Zusatzstoffe. Die Überwachung dieses Bereichs gestaltet<br />
sich recht schwierig, weil zur Beurteilung i.d.R. auch der<br />
Herstellungsprozess mit zu betrachten ist, auf den meist<br />
kein einfacher Zugriff möglich ist. Die in diesem Zusammenhang<br />
geprüften färbenden Lebensmittel waren nicht<br />
zu beanstanden.<br />
Nachdem bekannt wurde, dass der Farbstoff E 110 Gelborange<br />
S unter bestimmten Herstellungsbedingungen den<br />
nicht zugelassenen Farbstoff Sudan I enthalten kann <strong>und</strong><br />
Sudan I zu den unerwünschten Substanzen gehört, wurden<br />
die Reinheitskriterien in der Richtlinie 95 / 45 / EG für<br />
Gelborange S (E 110) diesbezüglich angepasst. Für Sudan<br />
I wurde in E 110 eine Höchstmenge von 0,5 mg / kg festgelegt.<br />
Die Einhaltung dieser Anforderung wird verstärkt<br />
überprüft insbesondere auch bei importierter Ware.
62 Lebensmittelüberwachung BW <strong>Teil</strong> <strong>III</strong>: Produktgruppe Lebensmittel<br />
Trinkwasser<br />
Auswirkungen der geänderten Überwachungsstrategie von Trinkwasser<br />
Grafik links:<br />
Polyzyklische<br />
aromatische<br />
Kohlenwasserstoffe<br />
in<br />
Trinkwasser<br />
Grafik rechts:<br />
Trihalogenmethane<br />
in<br />
Trinkwasser<br />
Nach der seit dem 01.01.2003 geltenden Trinkwasserverordnung<br />
müssen die gesetzlichen Grenzwerte für Trinkwasser<br />
am Austritt aus den Entnahmezapfstellen (also in<br />
der Regel am Wasserhahn) eingehalten sein. Die Betreiber<br />
von öffentlichen Wasserversorgungsanlagen müssen daher<br />
Untersuchungen durchführen oder durchführen lassen,<br />
um sicherzustellen, dass das Trinkwasser an dieser Stelle<br />
den Anforderungen der Verordnung entspricht. Hierzu wird<br />
das Wasser häufig an der Stelle, an der das Wasser in die<br />
Hausinstallation übergeben wird, untersucht. Stichprobenartig<br />
werden ergänzend Trinkwasserproben aus Hausinstallationen<br />
(also vom Zapfhahn) auf die Einhaltung der<br />
Grenzwerte überprüft.<br />
Die Anzahl der zu untersuchenden Trinkwasserproben ist<br />
abhängig von der in einem Versorgungsgebiet abgegebenen<br />
Wassermenge, wobei ein Versorgungsgebiet ein geografisch<br />
definiertes Gebiet ist, in dem die Wasserqualität<br />
aufgr<strong>und</strong> der Herkunft des Wassers als nahezu einheitlich<br />
angesehen werden kann.<br />
Diese Vorgabe der neuen Trinkwasserverordnung führte<br />
auch zu einer geänderten Probenahmestrategie der amtlichen<br />
Trinkwasserüberwachung. Während bis einschließlich<br />
2002 amtliche Proben meist in Brunnen, Hochbehältern<br />
oder Wasserwerken entnommen wurden, werden seit Inkrafttreten<br />
der Verordnung gemeinsam mit dem für den<br />
jeweiligen Stadt- oder Landkreis zuständigen Ges<strong>und</strong>heitsamt<br />
für das Versorgungsgebiet repräsentative amtliche Entnahmestellen<br />
in den Ortsnetzen eingerichtet.<br />
Grenzwerte für chemische Parameter, deren Konzentration<br />
sich im Verteilungsnetz oder in der Hausinstallation erhöhen<br />
können, sind in der neuen Trinkwasserverordnung 2001<br />
gesondert aufgeführt.<br />
alte Entnahmestrategie<br />
neue Entnahmestrategie<br />
Inwieweit das Trinkwasserverteilungsnetz tatsächlich zu einer<br />
relevanten Erhöhung der Konzentrationen dieser Stoffe<br />
beiträgt, kann durch Vergleich der Untersuchungsergebnisse<br />
vor <strong>und</strong> nach Umstellung der Entnahmestrategie aufgezeigt<br />
werden.<br />
Nachfolgend werden exemplarisch vergleichende Untersuchungsstatistiken<br />
zu den Parametern Trihalogenmethane<br />
(THM) <strong>und</strong> polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe<br />
(PAK) dargestellt. Die Konzentrationen dieser Stoffe können<br />
aus unterschiedlichen Gründen zwischen Brunnen oder<br />
Wasserwerk <strong>und</strong> dem Abnehmer ansteigen.<br />
Belastungen des Trinkwassers durch polyzyklische aromatische<br />
Kohlenwasserstoffe haben meist ihre Ursache in<br />
Trinkwasserleitungen, die zum Schutz vor Korrosion mit<br />
einer Schutzschicht aus Teer versehen wurden. Derartig<br />
geschützte Rohre fanden bis Anfang der 1970er-Jahre<br />
Verwendung als Leitungsrohre in der öffentlichen Trinkwasserversorgung.<br />
Die im Teer enthaltenen PAK können,<br />
abhängig von verschiedenen Faktoren wie z. B. dem Alter<br />
der Leitungen <strong>und</strong> den Betriebsbedingungen, in das<br />
Wasser übergehen. Sie sind aufgr<strong>und</strong> der genotoxischen<br />
<strong>und</strong> krebserzeugenden Eigenschaften im Trinkwasser unerwünscht.<br />
Für die Summe der Einzelkonzentrationen von<br />
Benzo-(b)-fluoranthen, Benzo-(k)-fluoranthen, Benzo-(ghi)-<br />
perylen <strong>und</strong> Indeno-(1,2,3-cd)-pyren wurde in der Trinkwasserverordnung<br />
2001 ein Summengrenzwert in Höhe von<br />
0,0001 mg / l (das entspricht 0,1 µg / l) gebildet. Für Benzo-<br />
(a)-pyren wurde aufgr<strong>und</strong> seines höheren kanzerogenen<br />
Potenzials mit 0,00001 mg / l (das entspricht 0,01 µg / l) ein<br />
eigenständiger <strong>und</strong> besonders niedriger Grenzwert festgelegt.<br />
Der Vergleich der Ergebnisse beider Entnahmestrategien<br />
ergibt für diesen Parameter keinen Unterschied <strong>und</strong> zeigt,<br />
dass unter normalen Betriebsbedingungen, soweit diese<br />
Leitungen überhaupt noch vorhanden sind, keine Kontamination<br />
des Trinkwassers durch diese Stoffe erfolgt.<br />
Prozent<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
< 0,05 0,05 – 0,1 > 0,1 µg / l<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
< 0,005 0,005 – 0,01 > 0,01 – 0,05 > 0,05 mg / l<br />
Trinkwasser PAK 2005 Trinkw. Trihalogen 2005
Trinkwasser Jahresbericht 2005 63<br />
„Brunnenvergifter“ bedroht die<br />
Bodensee-Wasserversorgung<br />
Trihalogenmethane (THM, Haloforme) sind wie die PAK<br />
im Rohwasser nicht oder höchstens in geringsten Spuren<br />
enthalten. Sie entstehen als Nebenreaktionsprodukte aus<br />
natürlichen organischen Inhaltsstoffen des Wassers, wie<br />
z. B. Huminstoffen, durch das für die Desinfektion eingesetzte<br />
Chlor. Die entstehende Haloformkonzentration wird<br />
näherungsweise durch die im Wasser enthaltene Menge<br />
an organischen Inhaltsstoffen, der Chlorkonzentration <strong>und</strong><br />
der Einwirkungszeit des Chlors bestimmt. Der Grenzwert<br />
in Höhe von 0,05 mg / l gilt für die Summe der Einzelkonzentrationen<br />
von Trichlormethan (Chloroform), Bromdichlormethan,<br />
Dibromchlormethan <strong>und</strong> Tribrommethan (Bromoform).<br />
Da die Bildung dieser Nebenreaktionsprodukte erst<br />
dann zum Stillstand kommt, wenn ein Reaktionspartner<br />
(Chlor oder die organischen Wasserinhaltsstoffe) verbraucht<br />
ist, ist zu erwarten, dass sich deren Konzentration zwischen<br />
Zugabe von Chlor im Wasserwerk <strong>und</strong> der Probenahmestelle<br />
im Ortsnetz erhöhen kann. Dies erklärt den<br />
prozentual höheren Anteil an Trinkwasserproben mit THM-<br />
Gehalten im Konzentrationsbereich zwischen 0,005 <strong>und</strong><br />
0,01 mg / l bei Entnahme im Ortsnetz im Vergleich zu den<br />
Ergebnissen der früheren Entnahme im Hochbehälter oder<br />
im Wasserwerk.<br />
Gleichzeitig wird aus der vergleichenden Darstellung auch<br />
ersichtlich, dass beim Verbraucher nicht nur keine Grenzwertüberschreitungen,<br />
sondern ganz überwiegend Gehalte<br />
deutlich unter Grenzwertniveau festgestellt werden.<br />
In Baden-Württemberg wird überwiegend organisch gering<br />
belastetes Gr<strong>und</strong>wasser zur Trinkwassergewinnung<br />
genutzt, bzw. durch Aufbereitung des Rohwassers vor<br />
Chlorzugabe das „Haloformbildungspotenzial“ so weit reduziert,<br />
dass Gehalte über dem Grenzwert praktisch nicht<br />
vorkommen.<br />
Ein bis heute Unbekannter hat im Oktober<br />
2005 in einem anonymen Schreiben<br />
an die Bodensee-Wasserversorgung<br />
(BWV) angedroht, das Wasser des<br />
Bodensees mit Pflanzenschutzmitteln<br />
zu vergiften. Tatsächlich wurden<br />
daraufhin am Gr<strong>und</strong> des Bodensees<br />
in der Umgebung der Entnahmestelle<br />
mehrere Behältnisse mit Pflanzenschutzmittelresten<br />
entdeckt.<br />
Die BWV ist die größte Fernwasserversorgung<br />
in Baden-Württemberg, sie versorgt knapp vier<br />
Millionen Menschen mit Trinkwasser. Die Rohwasserentnahmestelle<br />
liegt bei Sipplingen am Bodensee. Mehrere<br />
Städte <strong>und</strong> Gemeinden des Landes beziehen das Trinkwasser<br />
ausschließlich oder teilweise, d. h. als Mischung<br />
mit Wasser aus einer örtlichen Eigenwasserversorgung,<br />
von der BWV.<br />
Mehrfach wurden im Zusammenhang mit dem Drohbrief<br />
sowohl vom Rohwasser direkt aus den Entnahmeleitungen<br />
vom Bodensee als auch vom Trinkwasser unmittelbar nach<br />
der Aufbereitung im Wasserwerk Sipplinger Berg Proben<br />
entnommen <strong>und</strong> analysiert. Das Untersuchungsspektrum<br />
erstreckte sich insbesondere auf diejenigen Pflanzenschutzmittelwirkstoffe,<br />
die in den gef<strong>und</strong>enen Behältnissen<br />
nachgewiesen worden waren. Weitere Proben wurden aus<br />
dem Trinkwassernetz der BWV sowie aus Ortsnetzen, die<br />
ausschließlich mit Trinkwasser der BWV versorgt werden,<br />
entnommen.<br />
In allen Fällen lagen die gemessenen Gehalte der Pflanzenschutzmittel<br />
im aufbereiteten Trinkwasser deutlich unter<br />
den gesetzlichen Grenzwerten von 0,0001 mg / l für einzelne<br />
Pflanzenschutzmittel <strong>und</strong> 0,0005 mg / l für die Summe<br />
aus allen nachgewiesenen Pflanzenschutzmitteln.<br />
Aus Vorsorgegründen wurden auch aus allen anderen baden-württembergischen<br />
Bodensee-Wasserwerken Trinkwasserproben<br />
überprüft. Auch in diesen Trinkwässern<br />
wurden keine Verunreinigungen durch Pflanzenschutzmittel<br />
festgestellt.