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Teil III: Produktgruppen - Lebensmittelüberwachung und ...

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Jahresbericht 2005 27<br />

<strong>Teil</strong> <strong>III</strong>:<br />

<strong>Produktgruppen</strong><br />

<strong>Produktgruppen</strong>:<br />

Lebensmittel 28<br />

Kosmetische Mittel 64<br />

Bedarfsgegenstände 69<br />

Tabakwaren 77


28 Lebensmittelüberwachung BW <strong>Teil</strong> <strong>III</strong>: <strong>Produktgruppen</strong><br />

Untersuchungsergebnisse: Übersicht in Zahlen<br />

Lebensmittel<br />

17 % beanstandet<br />

83 %<br />

nicht<br />

beanstandet<br />

Kosmetische Mittel<br />

26 % beanstandet<br />

684<br />

3 089<br />

5 724<br />

3 843<br />

Beanst. Lebensmittel<br />

121<br />

242<br />

Beanst. Lebensmittel<br />

Beanst. Lebensmittel<br />

638<br />

80<br />

Der Begriff „Beanstandung“ umfasst jede festgestellte<br />

Abweichung von der Norm, unabhängig von der Art oder<br />

dem Ergebnis der weiteren Verfolgung. Die Feststellungen,<br />

die im Gutachten ihren Niederschlag finden, unterliegen<br />

gegebenenfalls noch der richterlichen Nachprüfung. Insbesondere<br />

sind hier nicht nur Abweichungen in stofflicher<br />

Hinsicht, sondern auch Verstöße gegen Kennzeichnungsvorschriften<br />

<strong>und</strong> Kenntlichmachungsgebote aufgeführt. Die<br />

Art der Beanstandung ist aus den nachfolgenden Tabellen<br />

im Einzelnen erkennbar.<br />

Die Entnahme von Proben <strong>und</strong> deren Untersuchung im<br />

Rahmen der Lebensmittelüberwachung erfolgt häufig<br />

gezielt. Die Zahl der Beanstandungen ist deshalb nicht<br />

repräsentativ für das Marktangebot <strong>und</strong> erlaubt nur eingeschränkt<br />

Rückschlüsse auf die Qualität unserer Lebensmittel<br />

insgesamt.<br />

Durch Zusammentreffen mehrerer Beanstandungsgründe<br />

bei einer Probe kann die Anzahl der Beanstandungsgründe<br />

höher sein als die der beanstandeten Proben.<br />

Proben im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung<br />

74 %<br />

nicht<br />

beanstandet<br />

13<br />

Beanst. Kosmetik<br />

Lebensmittel einschließlich Trinkwasser 58 902<br />

Kosmetische Mittel 2 187<br />

Bedarfsgegenstände (z. B. Verpackungsmaterial, 2 980<br />

Spielwaren, Gegenstände mit Hautkontakt,<br />

Reinigungs- <strong>und</strong> Pflegemittel)<br />

Kein Erzeugnis nach LMBG / LFBG 7<br />

Tabakerzeugnisse 357<br />

Bedarfsgegenstände<br />

32 % beanstandet<br />

528<br />

Beanst. Kosmetik<br />

Beanst. Kosmetik<br />

515<br />

Probenzahl<br />

Gesamt 64 433<br />

Beschwerde- <strong>und</strong> Erkrankungsproben 2 342<br />

davon beanstandet 695<br />

Sonstige Proben aus der Lebensmittelüberwachung<br />

68 %<br />

nicht<br />

beanstandet<br />

10<br />

Nationaler Rückstandskontrollplan 12 404<br />

Radioaktivität 1 102<br />

Tabelle:<br />

Lebensmittelüberwachung<br />

Grafik:<br />

Anteil der beanstandeten<br />

Proben<br />

an der Gesamtprobenzahl<br />

<strong>und</strong><br />

Verteilung der<br />

Beanstandungsgründe<br />

Beanst. Bedarf<br />

Kennzeichnung, Aufmachung<br />

Beanst. Bedarf<br />

Zusammensetzung, Beschaffenheit<br />

Andere Verunreinigungen oder Verderbsursachen<br />

Beanst. Bedarf<br />

Mikrobiologischer Verderb<br />

Verstöße gegen vorbeugenden Ges<strong>und</strong>heitsschutz<br />

Ges<strong>und</strong>heitsschädliche Eigenschaften


Übersicht Jahresbericht 2005 29<br />

Übersicht: Untersuchungsergebnisse<br />

Ergebnisse der Untersuchungen an Lebensmitteln, kosmetischen Mitteln, Bedarfsgegenständen <strong>und</strong> Tabakwaren<br />

Produktgruppe<br />

Gesamtzahl<br />

der Proben<br />

Beanstandete<br />

Proben<br />

Zahl %<br />

Beanstandung<br />

aufgr<strong>und</strong><br />

Zusammensetzung /<br />

Beschaffenheit<br />

Beanstandung<br />

aufgr<strong>und</strong><br />

Kennzeichnung /<br />

Aufmachung<br />

Lebensmittel 58 902 10 196 17 6 452 5 725<br />

Milch <strong>und</strong> Milchprodukte 6 261 957 15 677 473<br />

Eier <strong>und</strong> Eiprodukte 808 147 18 80 98<br />

Fleisch, Wild, Geflügel <strong>und</strong> -Erzeugnisse 7 621 2 009 26 1 419 1 067<br />

Fische, Krusten-, Schalen-, Weichtiere <strong>und</strong> -Erzeugnisse 2 939 579 20 409 265<br />

Fette <strong>und</strong> Öle 1 460 233 16 169 87<br />

Brühen, Suppen, Saucen, Feinkostsalate 1 184 274 23 181 175<br />

Getreide, Backwaren, Teigwaren 4 136 535 13 340 285<br />

Obst, Gemüse <strong>und</strong> -Erzeugnisse 4 750 549 12 366 278<br />

Kräuter <strong>und</strong> Gewürze 1 214 191 16 129 113<br />

Alkoholfreie Getränke (inkl. Mineral- <strong>und</strong> Tafelwasser) 3 615 513 14 209 403<br />

Wein 2 502 267 11 61 256<br />

Alkoholische Getränke (außer Wein) 3 211 607 19 223 557<br />

Eis <strong>und</strong> Desserts 2 125 362 17 141 295<br />

Zuckerwaren, Schokolade, Kakao,<br />

2 156 337 16 83 370<br />

Brotaufstriche, Kaffee, Tee<br />

Hülsenfrüchte, Ölsamen, Nüsse <strong>und</strong> -Erzeugnisse 1 115 102 9 86 28<br />

Fertiggerichte 1 638 310 19 134 264<br />

Diätetische Lebensmittel, Säuglingsnahrung 2 368 219 9 42 228<br />

Nahrungsergänzungsmittel 350 182 52 81 269<br />

Zusatzstoffe 330 21 6 11 13<br />

Trinkwasser 9 119 1 802 20 1 611 201<br />

Kosmetische Mittel 2 187 573 26 93 638<br />

Reinigungs- <strong>und</strong> Pflegemittel für die Haut 1 163 306 26 50 353<br />

Haarbehandlungsmittel 206 49 24 10 54<br />

Nagelkosmetik 96 43 45 10 55<br />

Reinigungs- <strong>und</strong> Pflegemittel für die M<strong>und</strong>hygiene 44 18 41 0 19<br />

Deodorants <strong>und</strong> Parfüms 145 37 26 1 38<br />

Mittel zur Beeinflussung des Aussehens<br />

530 118 22 21 118<br />

(Make-up, Sonnenschutz)<br />

Rohstoffe für kosmetische Mittel 3 2 67 1 1<br />

Bedarfsgegenstände 2 980 960 32 538 515<br />

Materialien mit Lebensmittelkontakt 904 281 31 217 53<br />

Gegenstände mit Körperkontakt 725 245 34 239 75<br />

Spielwaren <strong>und</strong> Scherzartikel 319 88 28 77 49<br />

Reinigungs- <strong>und</strong> Pflegemittel 1 031 345 33 4 338<br />

Verpackungsmaterialien für kosmetische Mittel<br />

1 1 100 1 0<br />

<strong>und</strong> Tabakwaren<br />

Kein Erzeugnis nach LMBG / LFGB 7 1 14 1 0<br />

Tabakwaren 357 4 1 0 4


30 Lebensmittelüberwachung BW <strong>Teil</strong> <strong>III</strong>: Produktgruppe Lebensmittel<br />

Milch <strong>und</strong> Milchprodukte<br />

Milch<br />

Verbraucherbeschwerden<br />

Wie in den vergangenen Jahren wurden<br />

verschiedentlich Beschwerdeproben<br />

zur Begutachtung vorgelegt. Dabei<br />

handelte es sich primär um pasteurisierte<br />

Konsummilch („Frischmilch“),<br />

ultrahocherhitzte Milch („H-Milch“)<br />

<strong>und</strong> sterilisierte Milch. Insbesondere<br />

bei Frischmilch waren es Abweichungen<br />

in Geruch, Geschmack <strong>und</strong> Aussehen,<br />

die die Verbraucher veranlassten,<br />

die entsprechenden Proben zur Untersuchung<br />

einzureichen. In aller Regel<br />

ging der sensorische Verderb hier mit<br />

einer mikrobiologischen Kontamination<br />

einher. Die Ursachen können dabei<br />

vielfältig sein. Neben Fehlern im<br />

Herstellerbetrieb sind auch unsachgemäße<br />

Behandlung bzw. Lagerung<br />

im Handel oder auch im Haushalt in<br />

Betracht zu ziehen.<br />

Sterilisierte Milch in Flaschen aus Klarglas<br />

fiel im Rahmen der sensorischen<br />

Überprüfung vor Ablauf des angegebenen<br />

Mindesthaltbarkeitsdatums<br />

auf. Aufgr<strong>und</strong> des Erhitzungsprozesses<br />

ist sterilisierte Milch ein sehr stabiles<br />

Erzeugnis <strong>und</strong> lange haltbar. Die<br />

Ergebnisse der mikrobiologischen<br />

Untersuchung ergeben hier selten<br />

Gr<strong>und</strong> zur Beanstandung. Jedoch ist<br />

auch hier eine sachgerechte Lagerung<br />

erforderlich. Längerer Lichteinfall verändert<br />

Milchfett <strong>und</strong> Milcheiweiß. Die<br />

dabei entstehenden Abbauprodukte<br />

sind geruchlich <strong>und</strong> geschmacklich<br />

wahrnehmbar. Vom Verbraucher werden<br />

diese Geruchs- <strong>und</strong> Geschmacksabweichungen<br />

häufig als „fremdartig-chemisch“<br />

beschrieben. Milch in<br />

Flaschen aus Klarglas sollte daher immer<br />

lichtgeschützt aufbewahrt werden.<br />

Aus diesem Gr<strong>und</strong> geben einige<br />

Abfüller auch einen entsprechenden<br />

Hinweis („lichtgeschützt lagern“) auf<br />

der Verpackung an.<br />

Milchproben landwirtschaftlicher<br />

Erzeugerbetriebe<br />

Bei der Untersuchung von Rohmilchproben<br />

direkt aus dem Erzeugerbetrieb<br />

ist immer wieder ein gegenüber<br />

Rohmilch aus gleichen Regionen erhöhter<br />

Gefrierpunkt festzustellen.<br />

Dies begründet den Verdacht, dass<br />

die abweichende Beschaffenheit der<br />

Milch durch den Eintrag von Fremdwasser<br />

verursacht wurde. In einigen<br />

Fällen bestätigte sich dies. Als Ursache<br />

ist hauptsächlich mangelnde Sorgfalt<br />

zu nennen. So berücksichtigt der<br />

landwirtschaftliche Erzeuger häufig<br />

nicht, dass nach dem Reinigen seiner<br />

Anlage zurückbleibendes Spülwasser<br />

aus dem Leitungssystem entfernt<br />

werden muss. Ansonsten kommt es<br />

zu einer unzulässigen Verwässerung<br />

des darauffolgenden Gemelkes. In<br />

einem Fall betrug der Fremdwassergehalt<br />

4 %: bei einer Abgabe von 789<br />

Liter Rohmilch sind dies immerhin 32<br />

Liter Fremdwasser!<br />

Butter<br />

Kräuterbutter<br />

Kräuterbutter ist eine aus der<br />

klassischen französischen Küche<br />

stammende Zubereitung<br />

aus Butter <strong>und</strong> Kräutern. Nach<br />

einer EG-rechtlichen Definition<br />

handelt es sich dabei um eine<br />

Kräuter enthaltende Zubereitung<br />

aus Butter, die einen Milchfettanteil<br />

von mindestens 62 % aufweisen <strong>und</strong> nur<br />

aus Butter, ohne Zusatz von milchfremdem Fett hergestellt<br />

sein muss.<br />

Werden entsprechende Zubereitungen in Gaststätten <strong>und</strong><br />

Restaurants noch selbst hergestellt, wird sehr häufig Margarine<br />

mitverwendet, um das Erzeugnis streichfähiger zu<br />

machen. Gemäß der obigen Definition dürfen solche Zubereitungen<br />

nicht als „Kräuterbutter“ bezeichnet werden. In<br />

Einzelfällen wurde bei Proben aus Gaststätten ein Fremdfettanteil<br />

von bis zu 29 % festgestellt, obwohl es sich laut<br />

Speisekarte angeblich um „Kräuterbutter“ handelte.<br />

Eine weitere Probe „selbst hergestellte Kräuterbutter“<br />

wurde im Rahmen einer Gaststättenkontrolle erhoben.<br />

Die Probe bestand aus einer grünlich-gelben Gr<strong>und</strong>masse,<br />

durchsetzt mit grünen <strong>und</strong> braunen Blattgewürzbestandteilen<br />

<strong>und</strong> Gewürzpartikeln in unterschiedlicher Größe.<br />

Oberflächlich war an mehreren Stellen ein gelblich-trüber<br />

Flüssigkeitsaustritt festzustellen. In dieser Masse befand<br />

sich ein Esslöffel. Die Masse war in eine ehemalige Speiseeisverpackung<br />

gefüllt, Becher <strong>und</strong> Deckel waren auch<br />

äußerlich mit Lebensmittelresten (teilweise stark angetrocknet)<br />

verschmutzt. Die Kunststoffverpackung war an<br />

einer Seite angebrochen. Aufgr<strong>und</strong> der Ekel erregenden<br />

Beschaffenheit musste diese Probe als nicht zum Verzehr<br />

geeignet beurteilt werden.<br />

Verunreinigung durch Abrieb oder Schmierstoffe<br />

Ebenfalls als nicht mehr zum Verzehr geeignet beurteilt<br />

wurde eine Beschwerdeprobe „Butter“, nachdem die vom<br />

Verbraucher monierten Verschmutzungen bestätigt werden<br />

konnten. Als Ursache der Verunreinigung kamen Abrieb<br />

oder Schmierstoffe der Ausformmaschine in Betracht. Eine<br />

Betriebsüberprüfung wurde empfohlen, um die Ursache<br />

des Schmutzeintrages zu ermitteln <strong>und</strong> abzustellen.


Milch <strong>und</strong> Milchprodukte Jahresbericht 2005 31<br />

Milchprodukte<br />

Aufgeschlagene Sahne – nach wie vor ein „hygienisches Stiefkind“<br />

Auch in diesem Berichtsjahr wurden wieder Schlagsahneproben<br />

aus Sahnebläsern von Hotels, Cafés <strong>und</strong> Bäckereien<br />

angefordert, um die hygienische Beschaffenheit des Ausgangsmaterials<br />

(Behältersahne) <strong>und</strong> der aufgeschlagenen<br />

Sahne zu überprüfen. Lediglich r<strong>und</strong> ein Drittel war mikrobiologisch<br />

<strong>und</strong> sensorisch einwandfrei, bei der Hälfte aller<br />

Proben wurde wegen erhöhter Gesamtkeimgehalte eine<br />

Bemängelung ausgesprochen <strong>und</strong> eine Hygieneüberprüfung<br />

angeraten. In einem Fall musste das aufgeschlagene<br />

Erzeugnis wegen stark überhöhter Gehalte an Verderbskeimen<br />

(Enterobakteriazeen, Pseudomonaden, Milchsäurebildner<br />

<strong>und</strong> Hefen) als verdorben <strong>und</strong> nicht zum Verzehr<br />

geeignet beurteilt werden, während das verwendete Aus-<br />

gangsmaterial hygienisch einwandfrei war. Diese Ergebnisse<br />

zeigen, dass das Hygienebewusstsein im Umgang<br />

mit dem leicht verderblichen Lebensmittel „Sahne“ immer<br />

noch verbesserungswürdig ist. Hauptsächliche Fehler, die<br />

zu den schlechten mikrobiologischen Resultaten führen,<br />

sind die ungenügende <strong>und</strong> / oder zu seltene Reinigung der<br />

Sahneaufschlagmaschinen, eine ungenügende Kühlung der<br />

Sahne sowie eine zu lange Aufbewahrungszeit, welche oft<br />

aus der Verwendung zu großer Vorratsgebinde resultiert.<br />

Es ist dringend zu empfehlen, die Gebinde wie auch die<br />

Füllmenge so auszuwählen, dass die Sahne arbeitstäglich<br />

abverkauft werden kann.<br />

Käse<br />

„Vom Schaf, zur Kuh, zum Käseimitat“ – gleich doppelte Verbrauchertäuschung<br />

Zu einem echten Dauerbrenner hat<br />

sich das Thema „Käseimitate“ entwickelt.<br />

Bei Käseimitaten oder Käseanalogen<br />

handelt sich meist um Produkte,<br />

bei denen ein <strong>Teil</strong> des Milchfettes<br />

durch Pflanzenfett ersetzt wird.<br />

Bei „echtem“ Käse hingegen ist die<br />

Verwendung von milchfremdem Fett<br />

nicht zulässig. Bereits in den vergangenen<br />

Jahren fielen verstärkt Erzeugnisse<br />

auf, die in Aussehen <strong>und</strong><br />

Konsistenz kaum von echtem Käse<br />

zu unterscheiden, hinsichtlich Geruch<br />

<strong>und</strong> Geschmack jedoch fade<br />

<strong>und</strong> flach waren. Die Untersuchungen<br />

ergaben, dass es sich hierbei um<br />

Imitate handelte. Aufgr<strong>und</strong> der Beanstandungen<br />

wurden auch in diesem<br />

Jahr zahlreiche Käse-Produkte auf<br />

Verfälschung überprüft. Überraschenderweise<br />

wurde man auch bei einem<br />

„Fast-food-Restaurant“ fündig: hier<br />

wurde „Schafskäse“ als Beilage zu<br />

einem griechischen Salat angeboten.<br />

Die Untersuchungen ergaben, dass<br />

Schafmilch in diesem Erzeugnis nicht<br />

enthalten war. Nachgewiesen werden<br />

konnten jedoch Kuhmilchbestandteile.<br />

Nach Abschluss der Analysen stand<br />

fest, es handelte sich um ein Käseimitat,<br />

hergestellt aus Kokosfett mit Kuhmilchanteilen.<br />

Die Verbraucher wurden<br />

somit gleich doppelt getäuscht!<br />

Auch die Überprüfung von Tierartangaben<br />

bei Schaf- <strong>und</strong> Ziegenkäse<br />

ergab eine nach wie vor hohe Zahl<br />

von Auffälligkeiten, vor allem bei Proben<br />

aus der Gastronomie. Bei einem<br />

„bulgarischen Schafkäse“ waren Kuhmilchanteile<br />

bis zu 5 % nachweisbar.<br />

Ein in einem Restaurant angebotener<br />

„Schafkäse“ bestand ausschließlich<br />

aus Kuhmilch. In manchen Fällen<br />

konnten in den Restaurants auch die<br />

originalverpackten Käse sichergestellt<br />

werden; laut Originalkennzeichnung<br />

handelte es sich dabei teilweise um<br />

Kuhmilchkäse, welcher in den Gaststätten<br />

kurzerhand umbenannt <strong>und</strong> als<br />

„Schafkäse“ serviert wurde.<br />

Eine Täuschung der anderen Art<br />

Nach den Vorschriften der Käseverordnung<br />

ist es erlaubt, bei geriebenem<br />

Käse Kartoffel- <strong>und</strong> / oder Maisstärke<br />

als Trennmittel in technologisch<br />

notwendigem Umfang einzusetzen,<br />

höchstens jedoch 3 %. Eine entsprechende<br />

Angabe im Zutatenverzeichnis<br />

ist dann notwendig. Nach den Vorschriften<br />

der Zusatzstoff-Zulassungsverordnung<br />

darf bei zerkleinertem<br />

Käse auch der Zusatzstoff Cellulose<br />

(E 460), zum Beispiel als Trennmittel,<br />

eingesetzt werden, jedoch auch hier<br />

nur in der nach Guter Herstellungspraxis<br />

notwendigen Menge. Auch dieser<br />

Zusatzstoff ist bei Verwendung im Verzeichnis<br />

der Zutaten anzugeben.<br />

Laktose (Milchzucker) ist ein natürlicher<br />

Bestandteil der Mich, der jedoch<br />

in gereiftem Hartkäse üblicherweise<br />

nicht mehr in nennenswerten Anteilen<br />

vorhanden ist. Andererseits ist Milchzucker<br />

ein maßgeblicher Bestandteil<br />

in Milch- <strong>und</strong> Molkepulvern, welcher<br />

unerlaubt dem geriebenen Hartkäse<br />

beigemischt sein kann.<br />

Im Rahmen der Untersuchung von<br />

„geriebenem Hartkäse“ fielen einige<br />

Erzeugnisse wie folgt auf: der Celluloseanteil<br />

betrug 8 bis 10 % bei einem<br />

gleichzeitigen Gehalt an Laktose von<br />

r<strong>und</strong> 20 %, teilweise waren Cellulosegehalte<br />

bis 15 % festzustellen. Die<br />

zulässige Höchstmenge für Stärke<br />

wurde bei einigen Proben deutlich<br />

überschritten. Die genannten „Zutaten“<br />

waren allesamt nicht im Zutatenverzeichnis<br />

aufgeführt. Bei einem<br />

nicht deklarierten Zusatz in diesen<br />

Größenordnungen handelt es sich<br />

um eine deutliche „Streckung“ des<br />

eigentlichen Käseanteils bzw. um eine<br />

ganz erhebliche „Täuschung“ des<br />

Verbrauchers.


32 Lebensmittelüberwachung BW <strong>Teil</strong> <strong>III</strong>: Produktgruppe Lebensmittel<br />

Eier <strong>und</strong> Eiprodukte<br />

Strenge Kennzeichnungsvorschriften<br />

Durch die EWG-Vermarktungsnormen <strong>und</strong> das nationale<br />

Recht sind strenge Vorgaben bezüglich der Kennzeichnung<br />

von Eiern vorgegeben <strong>und</strong> lassen auch nur wenig Spielraum<br />

für Angaben zur Bewerbung. So mussten auch im<br />

Berichtszeitraum wieder häufig Beanstandungen hinsichtlich<br />

der Kennzeichnung ausgesprochen werden:<br />

• Zum einen fehlten die Angaben des Mindesthaltbarkeitsdatums<br />

oder des Erzeugercodes, Angaben zur<br />

Legehennenhaltung oder Verbraucherhinweise bei<br />

offen angebotenen Eiern.<br />

• Andererseits gab es auch wieder Eier mit „doppelter<br />

Staatsbürgerschaft“. Während auf den Eiern als Herkunftsland<br />

Frankreich aufgestempelt war, fand sich auf<br />

der Verpackung die Angabe „DE …“ für Deutschland.<br />

Bei Angaben zur Legehennenhaltung fiel ebenso Widersprüchliches<br />

auf:<br />

• Die Eier einer Probe waren mit dem Erzeugercode<br />

„2 DE- …“ gestempelt, wobei die Ziffer 2 auf Bodenhaltung<br />

hinweist.<br />

• Auf der Verpackung war hingegen die Legehennenhaltungsform<br />

„aus Käfighaltung“ angebracht. Unterschiedliche<br />

Angaben zur Haltungsart der Legehennen<br />

sind als zur Irreführung geeignet zu beurteilen.<br />

„… <strong>und</strong> sonntags auch mal zwei!“<br />

Besondere Auslobungen zur Förderung des Verkaufs von<br />

Eiern dürfen nur dann verwendet werden, wenn diese<br />

Angaben <strong>und</strong> Symbole <strong>und</strong> die Art <strong>und</strong> Weise ihrer Anbringung<br />

nicht geeignet sind, den Käufer irrezuführen. Die<br />

Bezeichnung „Sonntags-Eier“ stellt jedoch eine Auslobung<br />

dar, die geeignet ist, den Eindruck zu erwecken, dass sich<br />

diese Eier durch eine besondere Qualität von den handelsüblichen<br />

Eiern unterscheiden. Die Verbraucher erwarten<br />

hier beispielsweise einen höheren Frischegrad, da die Eier<br />

weichgekocht verzehrt werden sollen. Eier besonderer Frische<br />

dürfen nach den EWG-Vermarktungsnormen für Eier<br />

eine Luftkammerhöhe von höchstens 4 mm aufweisen.<br />

Die vorgelegten „Sonntags-Eier“ hatten jedoch Luftkammerhöhen<br />

von bis zu 7 mm! Eier, die eine Luftkammerhöhe<br />

größer 6 mm aufweisen, entsprechen nicht mehr den<br />

Anforderungen an die Güteklasse A. Sie sind dann z. B. als<br />

Eier der Güteklasse B einzustufen. Eier der Güteklasse B<br />

wiederum dürfen nur an bestimmte Unternehmen der Lebensmittelindustrie<br />

(z. B. Eiproduktehersteller), die eine Zulassung<br />

erfahren haben, oder an die Non-Food-Industrie<br />

abgegeben werden.<br />

Die Luftkammerhöhe stellt ein Maß für das Alter des Eies<br />

dar. Sie darf bei Eiern der Güteklasse A nicht höher als<br />

6 mm sein. Bei „tagesfrisch“ angebotenen Eiern waren<br />

Luftkammerhöhen von 4 <strong>und</strong> 5 mm festzustellen. Sie entsprachen<br />

zwar noch den Anforderungen an die Güteklasse<br />

A, allerdings weisen tagesfrische Eier Luftkammerhöhen<br />

von 2 mm auf.<br />

Gekochte <strong>und</strong> gefärbte Eier<br />

Gekochte, gefärbte Hühnereier („Brotzeiteier“,<br />

„Vespereier“, „Ostereier“) gaben<br />

des Öfteren Anlass zur Beschwerde. Die<br />

eingesetzten Farbstoffe wurden nicht ordnungsgemäß<br />

angegeben oder die Eier hatten<br />

zum <strong>Teil</strong> eine defekte Schale <strong>und</strong> waren verdorben.<br />

Ein besonderer Fall: Von 47 untersuchten Eiern einer Probe<br />

waren 28 Eier zu beanstanden (entspricht 60 %!). Das Erzeugnis wurde vom Handel freiwillig aus dem<br />

Verkehr genommen.


Eier <strong>und</strong> Eiprodukte / Fleisch, Wild <strong>und</strong> Geflügel Jahresbericht 2005 33<br />

Fleisch, Wild, Geflügel <strong>und</strong> -Erzeugnisse<br />

Gammelfleisch<br />

Verdorbene Waren in Kühl- <strong>und</strong> Gefrierhäusern<br />

Mangelnde Hygiene beim Umgang mit Fleisch führt<br />

zum Verderb. Zur Erhaltung der Qualität ist vor allem<br />

die Einhaltung der Kühlkette sowohl bei gekühltem<br />

als auch bei gefrorenem Fleisch erforderlich. Bei Kontrollen<br />

wurde häufig unsachgemäß gelagerte oder<br />

überlagerte Ware angetroffen.<br />

Bei nicht gefrorenen Fleisch- <strong>und</strong> Wurstwaren kann es durch<br />

Mikroorganismen zum Verderb kommen. Hierbei stellen<br />

sich durch die Stoffwechseltätigkeit der Keime sinnfällige<br />

Veränderungen ein. Verdorbenes Fleisch weist graugrünliche<br />

Verfärbungen, schmierige Oberflächen sowie deutlich<br />

fäulnisartige Geruchsabweichungen auf. Die Kühllagerung<br />

der Lebensmittel soll den Verderb durch Mikroorganismen<br />

hinauszögern. Aber auch bei Kühlschranktemperaturen vermehren<br />

sich viele zur Verderbnisflora von Fleisch zählende<br />

Keime, wie die Pseudomonaden. Bei zu langer Lagerung<br />

setzen daher auch bei gekühlter Aufbewahrung von Fleisch<br />

Verderbniserscheinungen ein. Wird die erforderliche Kühltemperatur<br />

nicht eingehalten, wachsen die Verderbskeime<br />

wesentlich schneller, sodass sich die Haltbarkeit verkürzt<br />

<strong>und</strong> das Mindesthaltbarkeitsdatum bei Fertigpackungen<br />

nicht erreicht wird.<br />

Soll frisches Fleisch längerfristig haltbar gemacht werden,<br />

ist eine Gefrierlagerung erforderlich. Bei Temperaturen unter<br />

– 18 ° C sind die Lebensmittel vor dem Verderb durch<br />

Mikroorganismen geschützt. Verderb kann dann jedoch<br />

durch Oxidation der Fettbestandteile durch Luftsauerstoff<br />

erfolgen. Durch Lagerung bei unter –18 ° C <strong>und</strong> unter Luftabschluss<br />

ist gefrorenes Fleisch dann mehrere Monate<br />

lagerfähig. Wird gefrorenes Fleisch dagegen bei schwankenden<br />

insbesondere bei zu hohen Temperaturen aufbewahrt<br />

(Unterbrechung der Kühlkette) oder in beschädigten<br />

also <strong>und</strong>ichten Verpackungen gelagert, tritt der so genannte<br />

Gefrierbrand ein: das heißt, das Fleisch trocknet stellenweise<br />

aus <strong>und</strong> verfärbt sich hell. Hier hat der Sauerstoff<br />

leichter Zutritt <strong>und</strong> das Fett wird ranzig. Die vom Hersteller<br />

kalkulierte Haltbarkeit wird bei derartigen Lagerfehlern nicht<br />

erreicht. Allerdings ist auch bei Tiefkühllagerung die Haltbarkeit<br />

begrenzt, <strong>und</strong> überlagerte Ware wird nach einiger Zeit<br />

dann entsprechende Verderbserscheinungen zeigen.<br />

Auch in Baden-Württemberg wurden Ende des Jahres 2005<br />

im zeitlichen Zusammenhang mit dem Gammelfleischskandal<br />

145 Verdachtsproben aus Kühl- oder Gefrierhäusern untersucht.<br />

88 Proben (= 61 %) wiesen zum <strong>Teil</strong> erhebliche<br />

Verderbniserscheinungen auf. Es wurde sowohl Verderb<br />

durch Mikroorganismen als auch Fettverderb durch unsachgemäße<br />

Gefrierlagerung festgestellt, darunter beispielsweise<br />

fauliges Rinderfilet <strong>und</strong> extrem ranzige Fleischwaren<br />

(Kaninchenköpfe, „frische“ Pute, Gänsekeule). Der hohe<br />

Anteil beanstandeter Proben ist neben der zielgerichteten<br />

Überprüfung auf Proben mit abgelaufenen Mindesthaltbarkeitsdaten<br />

auch auf die Nachverfolgung von Beanstandungen<br />

anderer Lebensmittelüberwachungsbehörden zurückzuführen.<br />

Die Ergebnisse zeigen, dass im Sinne einer<br />

risikoorientierten Betriebskontrolle auch der Überwachung<br />

von Kühl- <strong>und</strong> Gefrierhäusern verstärkte Aufmerksamkeit<br />

zuteil werden sollte.<br />

Separatorenfleisch<br />

Auch die Fleischreste werden verarbeitet<br />

Separatorenfleisch ist maschinell von ausgelösten<br />

Knochen abgetrenntes zerkleinertes Fleisch. Es wird<br />

in Fleischwaren verarbeitet. Separatorenfleisch darf<br />

im Zutatenverzeichnis nicht als Zutat Fleisch angegeben<br />

werden. Es ist als Separatorenfleisch<br />

zu deklarieren.<br />

Vor der Verarbeitung zu Fleischerzeugnissen<br />

muss das Fleisch<br />

vom Knochen getrennt werden.<br />

An den ausgelösten Knochen<br />

haftet dann noch eine gewisse<br />

Menge Restfleisch. In den großen<br />

Zerlege- <strong>und</strong> Produktionsbetrieben<br />

erfolgt die Gewinnung<br />

von Restfleisch von entbeinten<br />

Knochen oder von Geflügelkarkassen<br />

maschinell. In Press-Trennmaschinen<br />

werden die fleischtragenden Knochen<br />

unter hohem Druck gegen ein Siebsystem<br />

gepresst. Die weichen Bestandteile wie Muskulatur, Fett<strong>und</strong><br />

Bindegewebe passieren die Lochsiebe <strong>und</strong> werden<br />

vom härteren Knochenmaterial getrennt. Man erhält das<br />

so genannte Separatorenfleisch. Die Struktur der Muskelfasern<br />

wird beim Separatorenfleisch zerstört oder aufgelöst.<br />

Separatorenfleisch enthält viele vom Knochen abgeriebene<br />

Partikel. Da Knochengewebe reich an Kalzium ist, weist<br />

auch Separatorenfleisch hohe Kalziumgehalte auf.<br />

Neben dieser konventionellen Hartseparation gibt es mittlerweile<br />

schonendere Herstellungstechnologien (Advanced<br />

Meat Recovery, AMR), die mit wesentlich niedrigerem<br />

Druck arbeiten. Es wird ein neuer Typ von Separatorenfleisch<br />

gewonnen. Es weist nur einen niedrigen Anteil an<br />

Knochenabrieb auf, somit ist auch der Kalziumgehalt dieses<br />

Separatorenfleisches wesentlich niedriger. Es ist daher wesentlich<br />

schlechter in Fleischerzeugnissen nachzuweisen<br />

als das oben beschriebene Produkt, das nach der alten<br />

Technologie gewonnen wurde.<br />

Abb.:<br />

Separatorenfleisch


34 Lebensmittelüberwachung BW <strong>Teil</strong> <strong>III</strong>: Produktgruppe Lebensmittel<br />

Separatorenfleisch kann in Fleischerzeugnissen histologisch<br />

über einen erhöhten Gehalt an Knochenpartikeln<br />

<strong>und</strong> chemisch über erhöhte Kalziumgehalte nachgewiesen<br />

werden. Die Untersuchungen der im Jahr 2005 insgesamt<br />

auf Separatorenfleisch untersuchten 123 Proben – sowohl<br />

Fleischerzeugnisse als auch Verarbeitungsfleischproben<br />

– zeigen, dass sich Separatorenfleisch auf dem Markt befindet<br />

<strong>und</strong> in Fleischerzeugnissen verwendet wird. In insgesamt<br />

21 Fällen konnte Separatorenfleisch nachgewiesen<br />

werden. Hier ist die hohe Anzahl an positiven Proben insbesondere<br />

auf die Nachverfolgung von Beanstandungen<br />

in der Regel mit mehreren Proben pro Fall zurückzuführen.<br />

Im Handel <strong>und</strong> bei der Verarbeitung in Fleischwaren darf<br />

Separatorenfleisch allerdings nicht als Zutat Fleisch ausgewiesen<br />

werden, sondern muss als Separatorenfleisch<br />

bezeichnet oder im Zutatenverzeichnis deklariert werden.<br />

Es darf auch nicht zu dem anzugebenden Fleischanteil hinzugerechnet<br />

werden. Bei der Abgabe von loser Ware ist die<br />

Verwendung von Separatorenfleisch ausreichend kenntlich<br />

zu machen. Bei Betriebskontrollen wurde das Separatorenfleisch<br />

auch unter der Bezeichnung „3-mm-Fleisch“, „Baaderfleisch“<br />

oder „MDM“ (= Mechanically Deboned Meat)<br />

vorgef<strong>und</strong>en. Die Verwendung dieser Bezeichnungen für<br />

Separatorenfleisch muss als irreführend beurteilt werden.<br />

Auffällig ist, dass Fleischwaren mit der deklarierten Zutat<br />

Separatorenfleisch kaum anzutreffen sind.<br />

Fremdwasser in Hähnchenfleisch?<br />

Die Zugabe von Fremdwasser ist im Fleischbereich teilweise<br />

technologisch erforderlich, wie beispielsweise bei den<br />

Brühwürsten. Bei anderen Fleischerzeugnissen dient die<br />

Zugabe von Fremdwasser einzig der Gewinnoptimierung.<br />

Im Rahmen des EG-weiten Koordinierten Überwachungsprogramms<br />

(KÜP) 2005 wurde die Sicherheit, Qualität <strong>und</strong><br />

Etikettierung von Geflügelfleischerzeugnissen hinsichtlich<br />

der Verwendung von Wasserbindern überprüft. Hierzu<br />

wurden insgesamt 58 Proben verschiedener Hähnchenfleischerzeugnisse,<br />

beispielsweise Hähnchenbrustfilets<br />

(z.T. mit 8 % Flüssigwürze, z.T. naturbelassen), auf zahlreiche<br />

chemische Parameter wie Wasser-, Fett-, Protein-,<br />

Hydroxyprolin-, Asche-, <strong>und</strong> Kohlenhydratgehalt untersucht.<br />

Außerdem wurden die Proben auf Kennzeichnungsmängel<br />

geprüft. 18 (= 31 %) der eingesandten Proben wurden wegen<br />

zu hohem Fremdwassergehalt mit einem Spitzenwert<br />

von 17 % Fremdwasser bzw. zu niedrigem Fleischanteil<br />

beanstandet.<br />

Fische, Krusten-, Schalen-, Weichtiere<br />

<strong>und</strong> -Erzeugnisse<br />

Hygienische Beschaffenheit von tiefgefrorenen Garnelen<br />

Tiefgefrorene Garnelen verschiedener Größensortierungen erfreuen sich seit vielen Jahren großer Beliebtheit<br />

beim Verbraucher. In der Vergangenheit gab es mehrfach Hinweise darauf, dass die notwendigen hygienischen<br />

Bedingungen bei der Produktion nicht immer eingehalten werden.<br />

Im Rahmen einer Schwerpunktaktion 2005 wurden 85<br />

Proben tiefgefrorene Garnelen in Fertigpackungen sensorisch,<br />

chemisch <strong>und</strong> mikrobiologisch untersucht. Überwiegend<br />

handelte es sich um gekochte, geschälte Ware.<br />

Garnelenfleisch ist extrem rasch verderblich <strong>und</strong> in den<br />

Erzeugerländern herrschen recht hohe Umgebungstemperaturen.<br />

Durch den Kochprozess wird ein Großteil der in<br />

der Rohware vorhandenen Bakterien abgetötet, die deshalb<br />

bei der mikrobiologischen Untersuchung nicht mehr<br />

nachweisbar sind. Auch die 2005 untersuchten Garnelen<br />

waren mikrobiologisch nicht zu bemängeln. Als Indikator für<br />

Hygienemängel, insbesondere eine deutliche Kühlkettenunterbrechung<br />

vor dem letzten keimtötenden Prozess, gilt<br />

der Indolgehalt. Indol ist eine Substanz, die im Rahmen der<br />

bakteriellen Eiweißzersetzung aus der Aminosäure Tryptophan<br />

entsteht <strong>und</strong> durch Kochen <strong>und</strong> Tiefgefrieren nicht<br />

wesentlich beeinflusst wird. Allerdings wird Indol nur von<br />

bestimmten Keimarten gebildet. Der Indolgehalt korreliert<br />

nicht unmittelbar mit sinnfälligen Abweichungen, jedoch<br />

weisen erfahrungsgemäß Erzeugnisse mit sehr hohen Indolgehalten<br />

auch starke Geruchs- <strong>und</strong> Geschmacksabweichungen<br />

auf. Wegen sensorischer Abweichungen mussten<br />

fünf Proben beanstandet werden. Drei dieser Proben<br />

wiesen gleichzeitig extrem hohe Indolgehalte auf, die zwei<br />

anderen waren in Bezug auf Indol unauffällig, hatten jedoch<br />

erhöhte Gesamtkeimzahlen. Bei den beanstandeten Proben<br />

handelte es sich um gekochte <strong>und</strong> geschälte Ware in<br />

kleinen Größensortierungen. Diese so genannten „Cocktail-Garnelen“<br />

oder „Cocktail-Shrimps“ aus tropischen<br />

Fang- bzw. Erzeugungsgebieten waren schon häufiger<br />

durch sensorische <strong>und</strong> hygienische Abweichungen aufgefallen.<br />

Aus einer Probe roher gewürzter Garnelen wurden<br />

Salmonellen Subspez. IV isoliert.


Fische, Krusten-, Schalen-, Weichtiere Jahresbericht 2005 35<br />

Seezunge, Tropenzunge oder Pangasius?<br />

Nachweis von Verbrauchertäuschungen<br />

Seezunge, Tropenzunge <strong>und</strong> Pangasius sind drei verschiedene Fischarten,<br />

die als Speisefische genutzt werden. Von den genannten Fischen<br />

ist die Seezunge der wohlschmeckendste <strong>und</strong> auch mit Abstand der<br />

teuerste Fisch. Bei der Tropenzunge <strong>und</strong> dem Pangasius<br />

handelt es sich demgegenüber um weniger ende <strong>und</strong> geringwertigere<br />

wohlschmeck-<br />

Fische.<br />

• Die Seezunge (solea solea bzw. solea vulgaris) ist ein<br />

bis 70 cm langer Plattfisch, mit einer graubraunen bis<br />

schwarzbraunen Augenseite <strong>und</strong> einer weißen Blindseite.<br />

Sie ist in fast allen europäischen Küstengewässern<br />

<strong>und</strong> entlang der Atlantikküste bis zum Senegal verbreitet.<br />

Nur dieser Fisch darf als „Seezunge“ bezeichnet <strong>und</strong><br />

verkauft werden. Andere Arten der Familie der Soleidea<br />

dürfen als „Zunge“ bezeichnet werden.<br />

• Die Rotzunge oder Tropenzunge (cynoglossus spp.) ist<br />

eine Sammelbezeichnung für zahlreiche Zungenarten.<br />

Diese gehören ebenfalls zu den Plattfischen, jedoch zu einer<br />

anderen Familie, zu den „H<strong>und</strong>szungen“. Sie bleiben<br />

deutlich kleiner als die Seezunge. Tropische Zungenarten<br />

sind zwar verkehrsfähig, dürfen jedoch nicht als „Seezunge“<br />

bezeichnet werden, sondern müssen mit ihrer<br />

vollständigen Bezeichnung: Rotzunge oder Tropenzunge<br />

benannt werden.<br />

• Der Pangasius (pangasius spp.) ist kein Plattfisch, sondern<br />

ein bis 120 cm langer Schlankwels. Dieser Fisch<br />

wird in Vietnam in Süßwasser-Aquakulturen gezogen.<br />

Es handelt sich um einen preiswerteren Speisefisch.<br />

51 Proben, die in der Speisekarte als „Seezunge“<br />

bezeichnet wurden<br />

Bei 35 von 51 als Seezunge bzw. Seezungenfilet<br />

angepriesenen Erzeugnissen kam eine billigere Variante<br />

eines Plattfisches auf den Teller.<br />

Dies entspricht einer beachtlichen Beanstandungsquote<br />

von 69 %. Bei einem <strong>Teil</strong> der Proben ließ sich<br />

aus den Lieferpapieren oder der Originalverpackung<br />

in der Gaststätte die korrekte Angabe der Tierart entnehmen.<br />

Die Filets der drei Fische sehen sehr ähnlich aus, sodass<br />

der Verbraucher anhand des Filets nicht erkennen kann, um<br />

welchen Fisch es sich handelt.<br />

Die Proben wurden hauptsächlich in Gaststätten erhoben<br />

<strong>und</strong> waren dort laut Speisekarte als Gerichte mit Seezungenfilets<br />

bezeichnet. Die Untersuchung, ob die angegebene<br />

Tierart vorlag, erfolgte mittels Isoelektrischer Fokussierung<br />

(IEF) <strong>und</strong> / oder Polymerasekettenreaktion (PCR).<br />

Grafik:<br />

Anteil der<br />

fälschlicherweise<br />

als Seezunge bzw.<br />

Seezungenfilet<br />

angepriesenen<br />

Proben<br />

Proben mit<br />

korrekter<br />

Kennzeichnung<br />

31 %<br />

Proben mit<br />

falscher<br />

Kennzeichnung<br />

69 %<br />

Fischbezeichnung 2005


36 Lebensmittelüberwachung BW <strong>Teil</strong> <strong>III</strong>: Produktgruppe Lebensmittel<br />

Fette <strong>und</strong> Öle<br />

Jeder B<strong>und</strong>esbürger verbraucht im Durchschnitt jedes Jahr ca. 30 kg<br />

Speisefette <strong>und</strong> Speiseöle. Davon ist etwa ein Drittel tierischer Herkunft<br />

(hauptsächlich Butter), die anderen zwei Drittel sind pflanzlicher Herkunft,<br />

dabei handelt es sich hauptsächlich um Speiseöle <strong>und</strong> Margarine.<br />

Diese 30 kg stellen übrigens nur einen kleinen Bruchteil der gesamten<br />

Fettzufuhr dar, denn der überwiegende <strong>Teil</strong> wird als „verstecktes Fett“<br />

mit anderen Lebensmitteln aufgenommen.<br />

Im Jahr 2005 wurden insgesamt 1460 Proben untersucht,<br />

davon waren 233 (= 16 %) zu beanstanden, wobei 52 Beanstandungen<br />

aufgr<strong>und</strong> der mangelhaften Kennzeichnung<br />

bzw. Aufmachung ausgesprochen wurden.<br />

Olivenöl<br />

Die meisten der in Deutschland verkauften<br />

Olivenöle werden als „Natives<br />

Olivenöl extra“ vermarktet. Olivenöle<br />

dieser Kategorie müssen bestimmte<br />

chemische Vorgaben einhalten, eine<br />

wahrnehmbare Fruchtigkeit aufweisen<br />

<strong>und</strong> frei von Fehlern sein. Im Berichtsjahr wurden 145<br />

Olivenöle untersucht, davon waren 34 (= 23 %) zu beanstanden,<br />

etwa die Hälfte davon wegen fehlerhafter Kennzeichnung.<br />

Viele Olivenöle der Kategorie „Natives Olivenöl extra“<br />

wiesen sensorisch wahrnehmbare Fehler auf (stichig,<br />

schlammig, ranzig etc.), obwohl die chemischen Kennzahlen<br />

unauffällig waren. In einigen kritischen Fällen wurde der<br />

sensorische Bef<strong>und</strong> zusätzlich durch ein unabhängiges Olivenölpanel<br />

an der B<strong>und</strong>esforschungsanstalt für Ernährung<br />

<strong>und</strong> Lebensmittel (BFEL) bestätigt. Auch die chemischen<br />

Kennzahlen (z. B. Säuregehalt, UV-Absorption) von Ölen der<br />

Kategorie „Natives Olivenöl extra“ entsprachen in einigen<br />

Fällen nicht den Vorgaben der EU-Verordnung. Ein Olivenöl<br />

aus Italien war erheblich mit Sojaöl verfälscht.<br />

Frittierfette<br />

Wie auch in den Jahren zuvor weisen Frittierfette<br />

mit Abstand die höchste Beanstandungsquote auf.<br />

Von 379 untersuchten Proben mussten 129 (= 34 %)<br />

beanstandet werden. Die Verwendung von verdorbenem<br />

Frittierfett kann leicht vermieden werden,<br />

wenn beim Frittieren einige Gr<strong>und</strong>regeln eingehalten<br />

werden. Immer mehr Lebensmittelkontrolleure<br />

verwenden inzwischen elektronische Messgeräte,<br />

mit denen verdorbene Frittierfette recht gut<br />

erkannt werden können. Dadurch können gezielt<br />

auffällige Frittierfette identifiziert <strong>und</strong> als Probe gezogen<br />

werden. Für eine rechtsverbindliche Beurteilung<br />

der Frittierfette ist jedoch auch weiterhin eine<br />

qualifizierte Untersuchung im chemischen Labor<br />

unverzichtbar.<br />

Emulgierte Bratfette<br />

Im Handel werden zunehmend flüssige Fettemulsionen<br />

zum Braten angeboten. Alle 15 untersuchten Proben wiesen<br />

nur sehr geringe Spuren an trans-Fettsäuren auf. Allerdings<br />

erwiesen sich zwei Proben als stark ranzig <strong>und</strong><br />

zwar schon deutlich vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums.<br />

In zwei Olivenölen im Tetrapak wurde der Photoinitiator<br />

Isopropylthioxanthon (ITX), ein Bestandteil der Druckfarbe,<br />

in nennenswerten, jedoch nicht ges<strong>und</strong>heitsgefährdenden<br />

Gehalten nachgewiesen.<br />

Zwei Proben natives Olivenöl extra aus Griechenland enthielten<br />

12 bzw. 95 mg / kg an Diethylhexylphthalat (DEHP),<br />

einem Weichmacher für Kunststoffe, der toxikologisch nicht<br />

ganz unbedenklich ist. In der überwiegenden Anzahl der<br />

untersuchten Olivenöle <strong>und</strong> anderen Speiseöle konnten dagegen<br />

keine Phthalate nachgewiesen werden; eine Kontamination<br />

ist offensichtlich technisch vermeidbar. Die beiden<br />

auffälligen Olivenöle wurden daher beanstandet.<br />

Offene Speiseöle in der Gastronomie<br />

<strong>und</strong> im Einzelhandel<br />

Von 54 offenen Speiseölen, die in Gaststätten <strong>und</strong> Kantinen<br />

auf den Tischen, an der Theke oder am Salatbüffet zur<br />

Selbstbedienung angeboten wurden, waren 14 (= 26 %)<br />

so stark ranzig, dass sie nicht mehr zum Verzehr geeignet<br />

waren. Offensichtlich werden diese Öle, die ja empfindliche<br />

Lebensmittel darstellen, nicht immer mit der erforderlichen<br />

Sorgfalt behandelt.<br />

Auch Speiseöle, die offen im Einzelhandel verkauft werden,<br />

waren immer wieder zu beanstanden. Einige Öle waren<br />

bereits ranzig, <strong>und</strong> nicht immer stimmten die Angaben auf<br />

den Vorratsgefäßen (oft handbeschriftete Glasballons) mit<br />

dem Inhalt überein.


Fette <strong>und</strong> Öle / Feinkostsalate Jahresbericht 2005 37<br />

Andere Pflanzenöle<br />

Eine ganze Reihe von pflanzliche Speiseölen <strong>und</strong> -fetten<br />

wurden auf Sortenreinheit, Verderb, Raffination <strong>und</strong> thermische<br />

Belastung geprüft.<br />

14 Öle wurden als „kaltgepresst“ oder „nativ“ angepriesen,<br />

obwohl sie einer Raffination unterzogen wurden, 2<br />

dieser Öle waren Bestandteile von Fischkonserven. Ein<br />

Sonnenblumenöl war mit deutlichen Mengen an Rapsöl<br />

verschnitten.<br />

Bei ausländischen Ölen fehlte häufig die deutsche<br />

Kennzeichnung. Auch die Nährwertangaben<br />

waren nicht immer korrekt.<br />

Drei Proben Senföl aus Russland<br />

<strong>und</strong> aus einer heimischen Ölmühle<br />

enthielten zwischen 25 % <strong>und</strong><br />

38 % Erucasäure. Diese langkettige<br />

Fettsäure kommt häufig in<br />

größeren Konzentrationen im Öl<br />

von Kreuzblütlern (früher auch im<br />

Rapsöl) vor. Da größere Mengen an<br />

Erucasäure den Herzmuskel schädigen<br />

können, ist der Gehalt in Speiseölen auf<br />

5 % begrenzt.<br />

Ein Arganöl aus Marokko <strong>und</strong> zwei Proben Leindotteröl aus<br />

Russland wiesen Gehalte an Benzo(a)pyren, weit über dem<br />

Grenzwert von 2 µg / kg, auf.<br />

Palmöle, vor allem aus Afrika, waren sehr häufig fehlerhaft<br />

gekennzeichnet, in 3 Proben wurde zusätzlich noch der<br />

verbotene Farbstoff Sudanrot nachgewiesen.<br />

Margarine<br />

In 62 Proben Margarine wurde der Gehalt an trans-Fettsäuren<br />

<strong>und</strong> an Schwermetallen (Reste von Härtungskatalysatoren)<br />

bestimmt. Die Gehalte lagen durchweg erfreulich<br />

niedrig. Lediglich bei Margarinen für spezielle gewerbliche<br />

Anwendungen (Back- <strong>und</strong> Ziehmargarinen) finden sich<br />

höhere Gehalte an trans-Fettsäuren, die zur Erzielung der<br />

gewünschten technologischen Zwecke anscheinend nicht<br />

ganz zu vermeiden sind.<br />

Feinkostsalate<br />

In russischen Einzelhandelsgeschäften werden als Konservenwaren<br />

„Gemüsesalat“ bzw. „Meerkrautsalat“ angeboten.<br />

Diese Salate bestehen aus einer Mischung aus<br />

Meeresalgen, Zwiebeln, Essig <strong>und</strong> Öl. In den Proben wurden<br />

Jodgehalte bis zu 52,7 mg / kg festgestellt. So ergibt<br />

sich beim Verzehr dieses Doseninhalts von ca. 220 g eine<br />

Aufnahme an Jod von ca. 11 600 µg. Nach der Stellungnahme<br />

des BfR (Bewertung des ges<strong>und</strong>heitlichen Risikos<br />

durch zu hohen Jodgehalt in getrockneten Algen) liegt<br />

der für Deutschland als sicher betrachtete obere tolerable<br />

Zufuhrwert bei 500 µg Jod / Tag. Dieser obere<br />

tolerable Zufuhrwert ist bei den Proben bei<br />

einer Gesamtverzehrsmenge der Portion<br />

von 220 g deutlich überschritten. Die<br />

Deutsche Gesellschaft für Ernährung<br />

empfiehlt eine durchschnittliche Tagesaufnahme<br />

von nicht mehr als<br />

200 µg Jod. Selbst wenn nur die<br />

Hälfte des Doseninhalts von einer<br />

Person verzehrt wird, ist dieser<br />

Wert um ein Vielfaches überschritten.<br />

In ca. 3,8 g (!) des Erzeugnisses<br />

sind diese 200 µg Jod enthalten. Dieses<br />

Lebensmittel wurde daher als geeignet,<br />

die Ges<strong>und</strong>heit zu schädigen, beanstandet<br />

<strong>und</strong> ist somit nicht verkehrsfähig.<br />

Die Warengruppe „Feinkostsalate“ weist eine hohe Beanstandungsrate<br />

auf, die maßgeblich auf die unzureichende<br />

mikrobiologisch-hygienische Beschaffenheit von Produkten<br />

aus handwerklicher Herstellung zurückzuführen ist.<br />

Die Mehrzahl der beanstandeten Proben wies Kennzeichen<br />

des Verderbs auf. Häufig wurde Ausgangsmaterial<br />

mit mangelnder Frische verarbeitet. Eine unzureichende<br />

Produktions- bzw. Betriebshygiene ist als weitere wichtige<br />

Ursache zu nennen.<br />

Bei den offen angebotenen Feinkostsalaten wurde zusätzlich<br />

die notwendige Kenntlichmachung der Zusatzstoffe<br />

überprüft.<br />

Häufig erfolgt die Kenntlichmachung durch schriftliche Aufzeichnungen<br />

in Form eines Ordners, der dem Verbraucher<br />

unmittelbar zugänglich sein muss <strong>und</strong> auf den bei dem<br />

Lebensmittel hingewiesen werden muss. Die Angaben in<br />

den Ordnern waren oft unvollständig oder fehlerhaft.


38 Lebensmittelüberwachung BW <strong>Teil</strong> <strong>III</strong>: Produktgruppe Lebensmittel<br />

Getreide, Backwaren, Teigwaren<br />

Getreide, Getreideprodukte<br />

Verschiedene Getreideprodukte wurden von Verbrauchern<br />

wegen Schädlingsbefall, hauptsächlich Motten, bei den<br />

Landratsämtern abgegeben. Die Motten bzw. Mottenlarven<br />

bzw. Maden befinden sich sehr oft äußerlich in den<br />

Packungsfalzen der Umverpackung. Aufgr<strong>und</strong> dieses Umstandes<br />

lässt sich in den meisten Fällen nicht sagen, wo<br />

die Schädlinge in das Erzeugnis gelangt sind. Dies kann<br />

beim Hersteller, Großhändler, Einzelhändler, aber auch<br />

im Haushalt des Verbrauchers geschehen sein. In einigen<br />

Fällen wurde auch Schädlingsbefall (Motten, Gespinste,<br />

Reismehlkäfer) im original verpackten Erzeugnis festgestellt.<br />

In diesem Fall ist der Befall direkt beim Hersteller<br />

<strong>und</strong> Abpacker sehr wahrscheinlich.<br />

Einige Mehle wiesen aufgr<strong>und</strong> der Überlagerung sensorische<br />

Abweichungen auf.<br />

Bei in Mühlen erhobenen Mehlproben stimmte die Typenangabe<br />

nicht mit dem ermittelten Mineralstoffgehalt überein.<br />

In der Deutschen Norm DIN 10355 ist geregelt, welche<br />

Typenangabe welchem Mineralstoffgehalt entspricht.<br />

Brot, Kleingebäck, Feine Backwaren<br />

In Gebäckstücken wurden ges<strong>und</strong>heitsschädliche Fremdkörper<br />

gef<strong>und</strong>en (Nagel im Brot, Drahtstück in Reiswaffel,<br />

grobkantige Kunststoffpartikel, Glasscherbe in Brötchen),<br />

die beim Verzehr im Innenraum des M<strong>und</strong>es zu Verletzungen<br />

führen können. Es handelte sich in allen Fällen um<br />

Verbraucherbeschwerden.<br />

Einige Gebäckstücke führten zu Verbraucherbeschwerden,<br />

weil sich in den Backwaren Fremdkörper wie Kunststofffolien,<br />

Borsten eines Handbesens, Textilfasern, Papier befanden.<br />

Außerdem wurden in Brot eine ganze tote Maus<br />

vorgef<strong>und</strong>en, zudem befanden sich in Gebäckstücken tote<br />

Insekten <strong>und</strong> Käfer.<br />

Auch in diesem Jahr wurde der Aluminiumgehalt von Laugengebäck<br />

bestimmt. Aluminiumhaltige Bleche sind nicht<br />

laugenbeständig <strong>und</strong> deshalb für das Backen von belaugten<br />

Teiglingen ungeeignet. Die Untersuchung der Laugengebäcke<br />

ergab, dass nach wie vor belaugte Teiglinge direkt<br />

auf derartigen Aluminiumblechen gebacken werden. Diese<br />

Proben weisen in der Kruste an der Unterseite einen erhöhten<br />

Aluminiumgehalt auf.<br />

Bei Frankfurter Kranz, Sahnetorten <strong>und</strong> Obsttorten mit<br />

Belegkirschen war der Farbstoff in den Belegkirschen<br />

nicht kenntlich gemacht. Eine Sachertorte enthielt zu wenig<br />

Butter, ein Frankfurter Kranz war nicht wie üblich mit<br />

Buttercreme hergestellt, ein Schokoladenkuchen wurde<br />

ohne Schokolade / Kakao hergestellt. Die Verwendung von<br />

kakaohaltiger Fettglasur als Überzug, die mit Schokolade<br />

verwechselbar ist, wurde nicht ausreichend kenntlich gemacht.<br />

Schwarzwälder Kirschtorten wurden sensorisch <strong>und</strong> analytisch<br />

auf die charakteristische Zutat Kirschwasser untersucht.<br />

In Deutschland muss üblicherweise so viel Kirschwasser<br />

bei der Herstellung dieser Torte verwendet werden,<br />

dass sie auch deutlich danach schmeckt. Die Überprüfung<br />

zeigt, dass dies nicht immer der Fall ist. Die wesentlichen<br />

Komponenten der Schwarzwälder Kirschtorte sind nach<br />

den „Leitsätzen für Feine Backwaren“ Wiener- oder Biskuitboden,<br />

Sahne oder Buttercreme, Kirschen <strong>und</strong> Kirschwasser<br />

sowie Schokoladenspäne als Verzierung. Das Kirschwasser<br />

wird entweder der Sahne zugesetzt, kann aber<br />

auch in der Füllmasse enthalten sein, manchmal wird mit<br />

dem Kirschwasser auch der fertige Boden getränkt. Zur<br />

Erzielung eines deutlichen Kirschwassergeschmacks sind<br />

nach dem Ergebnis der Untersuchungen mehr als 50 ml<br />

Kirschwasser / 2 kg Torte erforderlich. Das Kirschwasser<br />

muss nicht aus dem Schwarzwald stammen. Ein <strong>Teil</strong> der<br />

Proben wurde wegen der zu schwachen Kirschwassernote<br />

als wertgemindert beanstandet.<br />

Ebenfalls überprüft wurden die zur Herstellung der<br />

Schwarzwälder Kirschtorte verwendeten Kirschwässer.<br />

Ein Kirschwasser fiel durch eine deutlich wahrnehmbare<br />

Fuselnote <strong>und</strong> einen wenig ausgeprägten Geruch auf. Bei<br />

weiteren Kirschwässern wurde untypisches, unangenehmes,<br />

an Lösungsmittel (Klebstoff!) erinnerndes Aroma festgestellt.<br />

Derartige sensorische Eigenschaften schließen<br />

eine Verwendung zur Herstellung einer Schwarzwälder<br />

Kirschtorte aus.


Getreide, Backwaren, Teigwaren / Obst <strong>und</strong> Gemüse Jahresbericht 2005 39<br />

Teigwaren<br />

Ein Großteil der Beanstandungen betraf die bakteriologisch-hygienische<br />

Beschaffenheit gegarter Teigwaren aus<br />

Gaststätten. Solche Erzeugnisse wurden im Rahmen von<br />

Betriebsüberprüfungen durch die Landratsämter entnommen.<br />

Sie wiesen deutlich erhöhte Keimzahlen mit sensorischen<br />

Abweichungen (muffiger <strong>und</strong> säuerlicher Geruch)<br />

auf. In einem Herstellerbetrieb für Teigwaren wurden Nudeln<br />

in schwarz versporten Trockenkörpern gelagert <strong>und</strong><br />

transportiert. Eine Verdachtsprobe Fadennudeln wurde<br />

vom Einzelhändler zum Verkauf angeboten, obwohl sie bereits<br />

1996 bezogen worden war. Die Nudeln waren durch<br />

lebende <strong>und</strong> tote Tabakkäfer, unzählige Käferpuppen, Käferlarven,<br />

Insektenfragmente <strong>und</strong> zahlreiche lebende, kleine<br />

Mücken stark verunreinigt. Das Mindesthaltbarkeitsdatum<br />

war auf der Verpackung nicht mehr erkennbar, es wurde<br />

offensichtlich entfernt.<br />

Noch immer sind die QUID-Angaben nicht überall angegeben,<br />

d. h. bei Eierteigwaren fehlte die Menge der Zutat<br />

Ei.<br />

Teigwaren, die ausschließlich aus Hartweizengrieß hergestellt<br />

sein sollten, wiesen einen Weichweizenanteil von<br />

> 20 % auf.<br />

Die Auslobung „ohne genmanipulierte Rohstoffe“ bei frischen<br />

Spätzle in einer Fertigpackung ist ohne entsprechende<br />

konkrete Belege für jeden einzelnen infrage kommenden<br />

Rohstoff als irreführend anzusehen.<br />

Obst, Gemüse <strong>und</strong> -Erzeugnisse<br />

Verdorbene, Ekel erregende <strong>und</strong><br />

wertgeminderte Obst-, Pilz- <strong>und</strong><br />

Gemüseerzeugnisse in Gaststätten<br />

Unhygienische Behandlung <strong>und</strong> unsachgemäße<br />

Lagerung<br />

Eine Verdachtsprobe offener gegarter Spargel, die im Rahmen<br />

einer Betriebskontrolle in einem Restaurant entnommen<br />

wurde, war nur mit einem schmutzigen Geschirrtuch<br />

abgedeckt. Sowohl am Tuch als auch am Spargel konnten<br />

Schmutz <strong>und</strong> Haare nachgewiesen werden. Entsprechend<br />

wies der gegarte Spargel deutlich überhöhte Keimgehalte<br />

auf, sodass das Lebensmittel als nicht zum Verzehr geeignet<br />

beanstandet wurde.<br />

Unter anderem gelangten offene Gemüseerzeugnisse wie<br />

Sauerkraut, Paprika, Oliven <strong>und</strong> Artischocken aus Gaststätten,<br />

Pizzerien <strong>und</strong> ähnlichen Betrieben zur mikrobiologischen<br />

Untersuchung. Ein Großteil war aufgr<strong>und</strong> der<br />

mangelhaften mikrobiologisch-hygienischen Beschaffenheit<br />

zu beanstanden. Der Verderb bzw. die hohen Keimzahlen<br />

waren ausnahmslos auf eine unhygienische Behandlung<br />

<strong>und</strong> vor allem auf eine unsachgemäße Lagerung bei zu<br />

hoher Temperatur bzw. in unhygienischen Behältnissen<br />

sowie auf Überlagerung zurückzuführen. Immer wieder<br />

ist festzustellen, dass Reste von Konservenware nicht aus<br />

der Konservendose in ein geeignetes, sauberes <strong>und</strong> dichtschließendes<br />

Behältnis umgefüllt werden, sondern über<br />

längere Zeit im geöffneten <strong>und</strong> korrodierten Originalbehältnis<br />

verbleiben.<br />

Auch Pilz-Verdachtsproben aus Gaststätten <strong>und</strong> ähnlichen<br />

Betrieben (offene Konservenware zur Weiterverarbeitung)<br />

waren aufgr<strong>und</strong> ihrer mangelhaften sensorischen <strong>und</strong> mikrobiologisch-hygienischen<br />

Beschaffenheit zu beanstanden.<br />

Der Verderb bzw. die hohen Keimzahlen sind ähnlich wie bei<br />

den Gemüseerzeugnissen auf Mängel in der Hygienepraxis<br />

in den Betrieben zurückzuführen.<br />

Bei den Obsterzeugnissen, z. B. Ananaskonserven für Hawaitoast<br />

oder Fruchtcocktails, zeigten sich gleichfalls die<br />

vorstehend geschilderten Mängel, eine längere im Anbruch<br />

befindliche Obstkonservendose wies einen weit überhöhten<br />

Zinngehalt von 400 mg / kg auf.<br />

Nicht sichere Lebensmittel: getrocknete<br />

Seealgen / getrockneter Seetang<br />

Weiterhin ges<strong>und</strong>heitlich nicht unbedenkliche<br />

Meeresalgen- <strong>und</strong> Seetangerzeugnisse gewerbsmäßig<br />

im Angebot<br />

Bei einigen Proben getrockneten Seealgen bzw. Seetang<br />

wurde ein überhöhter Jodgehalt festgestellt. In einem Erzeugnis<br />

lag der Gehalt bei über 5400 mg Jod / kg Trockenmasse.<br />

Nach Auffassung des B<strong>und</strong>esinstituts für Risikobewertung<br />

(BfR) sind getrocknete Algenerzeugnisse mit einem Jodgehalt<br />

von 20 mg / kg geeignet, die Ges<strong>und</strong>heit zu schädigen,<br />

da bei einer angenommenen Verzehrsmenge von 10 g die<br />

Höhe der empfohlenen Tagesdosis an Jod (200 µg) bereits<br />

erreicht wird. Durch diese Maßnahme soll verhindert werden,<br />

dass, unter Berücksichtigung der Jodaufnahme aus<br />

anderen Quellen, die für Deutschland als sicher betrachtete<br />

Obergrenze der tolerablen Zufuhr von 500 µg / Tag nicht<br />

überschritten wird. Durch den Verzehr einer entsprechend<br />

angenommenen Portionsgröße von 10 g würden bei der<br />

beanstandeten Probe ca. 54 mg Jod aufgenommen <strong>und</strong><br />

somit der obere tolerable Zufuhrwert (500 µg) um etwa<br />

den Faktor 108 überschritten.


40 Lebensmittelüberwachung BW <strong>Teil</strong> <strong>III</strong>: Produktgruppe Lebensmittel<br />

Getrocknete Lilien – Novel Food?<br />

Eingeb<strong>und</strong>en im B<strong>und</strong>esweiten Überwachungsplan<br />

(BÜP)<br />

Keimsprossen aus Saatgut<br />

Lebensmittelzuordnung durch EU-BasisVO<br />

178 / 2002 klargestellt<br />

Im Rahmen des B<strong>und</strong>esweiten Überwachungsplans (BÜP)<br />

wurde diese Produktgruppe auf den Konservierungsstoff<br />

Schweflige Säure untersucht. Lediglich eine Probe getrocknete<br />

Lilien aus einem asiatischen Spezialitätengeschäft war<br />

auffällig. Dieses Lebensmittel, bei dem eine Schwefelung<br />

nach den Vorschriften der Zusatzstoff-Zulassungsverordnung<br />

nicht erlaubt ist, wies jedoch mit 2000 mg / kg (berechnet<br />

als Schwefeldioxid) einen sehr hohen Gehalt dieses<br />

Konservierungsstoffes auf. Von der zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörde<br />

wurde eine EU-Schnellwarnung<br />

veranlasst.<br />

Ergänzend sei erwähnt, dass derzeit von der Europäischen<br />

Kommission geprüft wird, ob Lebensmittel bzw. Lebensmittelzutaten<br />

aus Lilien als neuartige Lebensmittel im Sinne<br />

der Novel-Food-Verordnung einzustufen sind. Sollte es<br />

sich um ein neuartiges Lebensmittel handeln, bedarf das<br />

In-Verkehr-Bringen einer Genehmigung durch die EU-Kommission.<br />

Fremdkörper in fertig verpackten<br />

Erzeugnissen<br />

Immer noch nicht ausgemerzt<br />

Die Verbraucherbeschwerden waren sicherlich berechtigt:<br />

So befanden sich in einem Glas Artischockenherzen mehrere<br />

hellbeige, elastische Kunststofffetzen, welche sich<br />

aufgr<strong>und</strong> ihrer Form als <strong>Teil</strong>e eines Einmalhandschuhs zuordnen<br />

ließen. Dieser war offensichtlich beim Verarbeiten<br />

der Artischocken getragen worden. In einem anderen Fall<br />

war es ein etwa 20 cm langes Stück Mullbinde, welches<br />

eine Verbraucherin im Delikatess-Weinsauerkraut vorfand.<br />

Nicht minder unappetitlich wirkte eine Dose Pfifferlinge, in<br />

welcher sich eine Zigarettenkippe befand.<br />

Dass auch Schädlinge ihren Geschmack an Edelpilzen<br />

finden, zeigte sich an einer Verbraucherbeschwerde von<br />

immerhin 2,8 kg Steinpilzen in Olivenöl, welche von Gliedertieren<br />

(Tausendfüßler) befallen war. Offensichtlich hatten<br />

doch die betriebsinternen Kontrollen der betroffenen<br />

Herstellerbetriebe versagt.<br />

Bereits im Jahr 2002 wurde im CVUA Sigmaringen<br />

ungekeimtes Saatgut zur Herstellung von Keimsprossen<br />

untersucht.<br />

Damals wurde festgestellt, dass diese Produkte<br />

von der Mehrzahl der Hersteller als Saatgut in den<br />

Verkehr gebracht wurden <strong>und</strong> die Kennzeichnung<br />

daher nicht den lebensmittelrechtlichen Vorschriften<br />

entsprach. Im Hinblick auf die vorhandenen<br />

nährwertbezogenen Angaben waren insbesondere<br />

die Vorgaben der Nährwert-Kennzeichnungsverordnung<br />

häufig nicht erfüllt.<br />

Nach der damaligen Auffassung der Hersteller<br />

handelte es sich jedoch bei diesen Produkten nicht<br />

um Lebensmittel im Sinne des Lebensmittel- <strong>und</strong><br />

Bedarfsgegenständegesetzes, sodass die lebensmittelrechtlichen<br />

Bestimmungen nicht anwendbar<br />

wären.<br />

Durch die neue Definition des Begriffs Lebensmittel<br />

in der Verordnung (EG) Nr. 178 / 2002 wurde<br />

jedoch eindeutig klargestellt, dass diese Produkte<br />

unter den Begriff Lebensmittel fallen.<br />

Daher wurden im Berichtsjahr erneut acht derartige<br />

Proben untersucht. Zwar hatten mittlerweile einige<br />

Hersteller ihre Kennzeichnung den lebensmittelrechtlichen<br />

Bestimmungen angepasst, dennoch<br />

mussten vier Proben wegen Kennzeichnungsmängeln<br />

beanstandet werden.


Kräuter <strong>und</strong> Gewürze Jahresbericht 2005 41<br />

Kräuter <strong>und</strong> Gewürze<br />

Nach Sudan jetzt auch andere Farbstoffe zum Würzen<br />

Wie sind diese Farbstoffe ges<strong>und</strong>heitlich zu<br />

bewerten?<br />

Ergebnisse der Untersuchungen<br />

Auch im Jahr 2005 wurden wieder Gewürze, Würzmischungen<br />

<strong>und</strong> Würzsoßen, die Paprika, Chili oder Kurkuma enthielten,<br />

auf künstliche Farbstoffe untersucht. Kurkuma ist<br />

ein wesentlicher Bestanteil von Currypulvern. Die Belastungsquote<br />

ist im Vergleich zum Vorjahr nochmals deutlich<br />

gesunken. Insgesamt konnten nur noch in 11 der 248<br />

untersuchten Gewürze <strong>und</strong> Würzmischungen verbotene<br />

Farbstoffe nachgewiesen werden. Dies entspricht einer<br />

Quote von 4,4 % (2004: 13 %). Von den 62 untersuchten<br />

Würzsoßen war sogar keine einzige mit verbotenen Farbstoffen<br />

belastet (2004: 8 %).<br />

Auffällig ist jedoch, dass sich die Palette der zur Verfälschung<br />

eingesetzten verbotenen Farbstoffe erweitert<br />

hat. Außer den bisher gef<strong>und</strong>enen Farbstoffen Sudan I<br />

<strong>und</strong> Sudan IV wurden im Jahr 2005 auch noch Pararot,<br />

Rhodamin B <strong>und</strong> Orange II entdeckt. Die mit Pararot gefärbten<br />

Produkte enthielten zudem noch geringe Mengen<br />

an Toluidinrot. In einer Probe, die mit Sudan I gefärbt war,<br />

wurden zudem noch geringe Mengen an Sudan IV <strong>und</strong><br />

Buttergelb nachgewiesen.<br />

Dazu hat die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde<br />

(EFSA) im vergangenen Jahr eine Stellungnahme veröffentlicht<br />

(www.efsa.eu.int/science/ afc/afc_opinions/1127_<br />

en.html , EFSA-Journal 2005, S. 1 – 71). Demnach gibt<br />

es experimentelle Beweise, dass Sudan I <strong>und</strong> Rhodamin<br />

B kanzerogen <strong>und</strong> erbgutschädigend sind. Für die anderen<br />

o. g. Farbstoffe fehlt dieser Beweis. Aufgr<strong>und</strong> der strukturellen<br />

chemischen Ähnlichkeiten ist aber anzunehmen,<br />

dass auch Sudan IV <strong>und</strong> Pararot gleich einzustufen sind.<br />

Für Orange II ist eine erbgutschädigende Wirkung nicht<br />

auszuschließen, die vorliegenden Daten zur Kanzerogenität<br />

von Orange II lassen keine Schlüsse zu.<br />

Insgesamt liegen nach der Beurteilung der EFSA nicht<br />

genug Daten für eine vollständige Risikoabschätzung vor.<br />

Auch wenn die Verzehrsmengen an den Gewürzen insgesamt<br />

gering sind, kann die Verfälschung mit sehr wahrscheinlich<br />

ges<strong>und</strong>heitsschädlichen Farbstoffen jedoch nicht<br />

toleriert werden. Daher wurden alle Proben, in denen verbotene<br />

Farbstoffe nachgewiesen wurden, wegen Verwendung<br />

eines nicht zugelassenen Zusatzstoffes beanstandet.<br />

Die Bef<strong>und</strong>e wurden zudem über das europaweite Schnellwarnsystem<br />

(RASFF) verbreitet. Nach den Entscheidungen<br />

der Europäischen Kommission von 2003 bis 2005 über<br />

Dringlichkeitsmaßnahmen hinsichtlich Chili, Chilierzeugnissen<br />

<strong>und</strong> Kurkuma sind die betroffenen Produkte EU-weit<br />

zu vernichten.<br />

Schöne bunte Welt?<br />

Die gefärbten Gewürze wurden von außerhalb der EU (z. B.<br />

Indien, Türkei, Pakistan, Ägypten) importiert. Nach Literaturangaben,<br />

z. B. indischer Wissenschaftler, gibt es eine große<br />

Zahl an Farbstoffen die außerhalb der EU zur Verfälschung<br />

oder zum Schönen von Gewürzen verwendet werden. Eine<br />

Reihe der in der Literatur genannten Farbstoffe wurden<br />

inzwischen in die Screening-Methode des CVUA Karlsruhe<br />

(Lebensmittelchemie 2003, S. 44 – 45) aufgenommen.<br />

Aufgr<strong>und</strong> einer Literaturangabe über die mögliche Verwendung<br />

von giftigem Blei-Chromat, zum Glätten <strong>und</strong> Färben<br />

von Kurkuma, wurden zudem 10 Kurkumaproben auf ihre<br />

Bleigehalte untersucht. Erhöhte Bleigehalte wurden jedoch<br />

in keiner Probe gef<strong>und</strong>en.


42 Lebensmittelüberwachung BW <strong>Teil</strong> <strong>III</strong>: Produktgruppe Lebensmittel<br />

Alkoholfreie Getränke<br />

Fruchtsäfte, Fruchtnektare <strong>und</strong> alkoholfreie Erfrischungsgetränke<br />

Im Berichtsjahr wurden 306 von 2 226 untersuchten Proben beanstandet.<br />

Dauerbrenner Aloe Vera <strong>und</strong> Noni<br />

Aloe-Vera-Getränke wurden mehrfach mit unzulässig hohen<br />

Aloingehalten in Verkehr gebracht. Aloin ist ein natürlicher<br />

Inhaltsstoff in den äußeren Blattschichten der Aloe-Vera-<br />

Pflanze, der abführend wirkt <strong>und</strong> in Verdacht steht, Krebs<br />

zu erzeugen. Bei nicht sorgfältigem Entfernen dieser<br />

Blattanteile vor der Saftgewinnung, gelangt Aloin in<br />

erhöhten Gehalten (> 0,1 mg / l) in das Endprodukt.<br />

Derartige Erzeugnisse sind nicht verkehrsfähig.<br />

Darüber hinaus wurden Aloe-Vera- sowie Noni-Getränke<br />

aufgr<strong>und</strong> von irreführenden oder krankheitsbezogenen<br />

Werbebehauptungen beanstandet. Auch<br />

seriöse Hersteller profitieren inzwischen davon, dass die<br />

Verkehrsauffassung von Aloe-Vera- <strong>und</strong> Noni-Getränken als<br />

„heilkräftige W<strong>und</strong>ermittel“ durch Internetwerbung, dubiose<br />

Vermarktungsstrategien, private Verkaufsveranstaltungen,<br />

Buchbewerbungen etc. geprägt ist. Auf Werbefahrten<br />

werden beispielsweise Kartons mit drei 1-Liter-Flaschen<br />

Aloe-Vera-Saft zu 800 1, also völlig überteuert im Vergleich<br />

zum üblichen Literhöchstpreis von 30 1, angeboten.<br />

Getränke aus Schankanlagen<br />

Bei zahlreichen offen an den Verbraucher abgegebenen<br />

Getränken war die Kenntlichmachung der enthaltenen<br />

Zusatzstoffe, wie Farbstoffe, Konservierungsstoffe, Antioxidationsmittel,<br />

Süßungsmittel, Koffein oder Chinin, in<br />

Speise- oder Getränkekarten noch immer fehlerhaft oder<br />

fehlte ganz. Mikrobiologisch beanstandet wurden offene<br />

Getränke vorwiegend wegen hoher Keimzahlen in Bezug<br />

auf Enterobakterien, coliforme Keime <strong>und</strong> Escherichia coli,<br />

Pseudomonaden, Hefen <strong>und</strong> Laktobazillen. Die Bef<strong>und</strong>e<br />

ließen entweder auf mangelnde Hygiene im Betrieb (z. B.<br />

durch den Nachweis von Pseudomonaden <strong>und</strong> / oder coliformen<br />

Keimen) oder auf einen mikrobiellen Verderb der<br />

Getränke (durch den Nachweis von Hefen, Laktobazillen,<br />

Schimmelpilzen) schließen. Trotz der mikrobiologischen<br />

Ergebnisse waren die Getränke oft sensorisch unauffällig.<br />

Vermutlich wurden eventuelle sensorische Mängel durch<br />

den vorhandenen Zucker <strong>und</strong> die Aromen überdeckt.<br />

Ungenießbar<br />

Im Berichtsjahr mussten mehrere Fruchtsäfte <strong>und</strong> Erfrischungsgetränke,<br />

vorwiegend Verbraucherbeschwerden,<br />

als wertgemindert, verdorben oder sogar ges<strong>und</strong>heitsschädlich<br />

beanstandet werden:<br />

• In den Packungen verschiedener Fruchtsäfte <strong>und</strong> Fruchtsaftgetränke<br />

waren Pilzmycele enthalten. Als Ursache für<br />

derartige Abweichungen kommt eine fehlerhafte Abfüllung<br />

oder ein <strong>und</strong>ichter Verschluss, der das Eindringen<br />

von Luftkeimen ermöglicht, in Betracht.<br />

• Mehrere Flaschen Orangensaft eines Herstellers rochen<br />

Ekel erregend nach faulen Eiern. Zudem wurden erhöhte<br />

Gehalte an Milchsäurebakterien <strong>und</strong> ungewöhnlich hohe<br />

Milchsäuregehalte festgestellt. Die eigentliche Ursache<br />

bzw. die für den abweichenden Geruch verantwortlichen<br />

Keime konnten auch nach einer Betriebskontrolle inklusive<br />

Überprüfung der betriebseigenen Kontrollmaßnahmen<br />

nicht festgestellt werden.<br />

• Einige Apfel- bzw. Traubensäfte wiesen erhöhte Gehalte<br />

an Hydroxymethylfurfural (HMF) <strong>und</strong> damit verb<strong>und</strong>ene<br />

sensorische Abweichungen („Brotton“, „Kochton“) auf.<br />

Erhöhte HMF-Gehalte zeigen eine vermeidbare Wärmebelastung<br />

bei der Herstellung, Abfüllung oder Lagerung<br />

der Fruchtsäfte an.<br />

• Ein Fruchtsaftgetränk in einer Mehrwegflasche war stark<br />

alkalisch (pH 11,9) <strong>und</strong> enthielt einen rechnerischen Anteil<br />

an Reinigungslauge von 12 %. Offensichtlich hatte<br />

die Leerflaschenkontrolle nicht funktioniert.<br />

• Zwei Flaschen eines Erfrischungsgetränkes wurden<br />

wegen eines lösemittelartigen Geruchs <strong>und</strong> weißen,<br />

flockenartigen Gebilden, die als Grünschimmel identifiziert<br />

wurden, beanstandet. Die chemische Untersuchung<br />

ergab als Hauptkomponente trans-1,3-Pentadien. Nach<br />

Literaturangaben sind u. a. Schimmelpilze der Gattung<br />

Penicillium in der Lage, Sorbinsäure zu 1,3-Pentadien<br />

abzubauen. Da das Getränk zulässigerweise mit Sorbinsäure<br />

konserviert war, könnte so das Vorhandensein<br />

von 1,3-Pentadien erklärt werden.<br />

• In einem koffeinhaltigen Erfrischungsgetränk, das wegen<br />

eines stark „chemischen“ Geruchs als Beschwerdeprobe<br />

überbracht wurde, waren das Desinfektions- bzw.<br />

Konservierungsmittel 4-Chlor-3-methylphenol (Chlorkresol)<br />

sowie das Fungizid 2-Phenylphenol nachweisbar.<br />

Da die Innenseite der Kunststoffflasche am Boden<br />

Ätzspuren aufwies, ist zu vermuten, dass der Hinweis<br />

auf dem Etikett „Flasche nur für Getränke verwenden“<br />

nicht beachtet wurde <strong>und</strong> in die Pfandflasche zeitweise<br />

Chemikalien eingefüllt waren.


Alkoholfreie Getränke Jahresbericht 2005 43<br />

Exotisch<br />

Obwohl der Erfrischungsgetränkebereich nicht arm an Innovationen<br />

ist, führte das Erzeugnis „bird’s nest drink“<br />

dennoch zu Erstaunen. Das aus Asien stammende<br />

Getränk von zähflüssiger Konsistenz mit gallertartigen,<br />

weit gehend geschmacksneutralen Klumpen<br />

beeindruckte die Prüfer mit dem Zutatenverzeichnis<br />

„Wasser, Zucker, Schwalbennest“. Da die letztere<br />

Zutat in der Europäischen Union nicht auf dem Speisezettel<br />

der Verbraucher steht, wurde das Getränk als<br />

nicht verkehrsfähig beurteilt.<br />

Mineralwasser, Quellwasser, Tafelwasser, abgepacktes Trinkwasser<br />

Im Berichtsjahr wurden 1 409 Proben untersucht, beanstandet wurden 210.<br />

Fluorid: Entfernung möglich, aber<br />

nicht zulässig<br />

Bei natürlichen Mineralwässern ist die<br />

Kennzeichnung von Fluoridgehalten<br />

über 1,5 mg / l vorgeschrieben. Zum<br />

Schutz von Säuglingen <strong>und</strong> Kleinkindern<br />

muss die folgende Angabe auf<br />

dem Etikett in unmittelbarer Nähe zur<br />

Verkehrsbezeichnung angebracht sein:<br />

„Enthält mehr als 1,5 mg / l Fluorid:<br />

Für Säuglinge <strong>und</strong> Kleinkinder unter<br />

7 Jahren nicht zum regelmäßigen<br />

Verzehr geeignet“. Insgesamt<br />

wurden über 300 natürliche Mineralwässer<br />

<strong>und</strong> Rohwässer auf ihren Fluoridgehalt<br />

untersucht. Zudem wurden<br />

die Brunnenbetriebe, die fluoridhaltige<br />

Mineralwässer gewinnen <strong>und</strong> in den<br />

Verkehr bringen, kontrolliert, beprobt<br />

<strong>und</strong> die Etikettierungen auf vorgeschriebene<br />

Angaben überprüft.Bei den<br />

durchgeführten Kontrollen wurden teilweise<br />

Filter zur Fluoridentfernung vorgef<strong>und</strong>en.<br />

Ausnahmegenehmigungen<br />

zum Einsatz derartiger Verfahren wurden<br />

von einigen Herstellern beantragt,<br />

bisher vom zuständigen B<strong>und</strong>esministerium<br />

jedoch abgelehnt. Auch vonseiten<br />

der EU-Kommission wurden diese<br />

Verfahren noch nicht zur Anwendung<br />

freigegeben. Die Entfluoridierung natürlicher<br />

Mineralwässer stellt daher<br />

ein unzulässiges Herstellungsverfahren<br />

dar. Um den Fluoridgehalt unter<br />

die Deklarationsgrenze zu senken,<br />

wurden Anträge auf Mischungen mit<br />

fluoridarmen Rohwässern zur amtlichen<br />

Anerkennung eingereicht <strong>und</strong><br />

genehmigt. Um Mineralwasser mit<br />

niedrigem Fluoridgehalt zumischen zu<br />

können, wurde sogar eine Leitung mit<br />

über 14 km Länge gebaut. Stand kein<br />

fluoridarmes Mineralwasser zur Mischung<br />

zur Verfügung, so musste die<br />

oben angegebene Kennzeichnung auf<br />

dem Etikett erfolgen. Die Kontrollen<br />

führten dazu, dass alle Fluoridgehalte<br />

über 1,5 mg / l inzwischen entsprechend<br />

gekennzeichnet werden.<br />

Neue EU-Mitgliedsländer: Entfernung<br />

überw<strong>und</strong>en<br />

Aus den neuen EU-Mitgliedsländern<br />

fanden hauptsächlich Quellwässer<br />

<strong>und</strong> Tafelwässer ihren Weg nach<br />

Deutschland. Neben wenigen Beanstandungen<br />

der chemischen Zusammensetzung<br />

(z. B. erhöhter Gehalt an<br />

organischem Kohlenstoff) <strong>und</strong> des<br />

mikrobiologischen Status (Nachweis<br />

von Pseudomonas aeruginosa <strong>und</strong><br />

coliformen Keimen als Indikatoren<br />

einer Kontamination) betrafen die Beanstandungen<br />

eine weite Palette an<br />

Kennzeichnungsmängeln: Zum <strong>Teil</strong><br />

fehlte eine deutsche Kennzeichnung<br />

vollständig, sodass die Proben keiner<br />

Produktgruppe zugeordnet werden<br />

konnten. Wurde deutsch gekennzeichnet,<br />

so wurde mehrfach die Bezeichnung<br />

„natürliches Quellwasser“ als<br />

Verkehrsbezeichnung gewählt. Dies<br />

ist aufgr<strong>und</strong> der Verwechslungsmöglichkeit<br />

mit natürlichem Mineralwasser<br />

nicht zulässig. Als Mindesthaltbarkeitsdatum<br />

waren wiederholt zwei un-<br />

terschiedliche Daten angegeben. Die<br />

Werbung mit einem besonderen Magnesiumgehalt<br />

wurde beanstandet,<br />

wenn die vorliegende Konzentration<br />

mit keiner ernährungsphysiologischen<br />

Wirkung verb<strong>und</strong>en war.<br />

Flaschenreinigung: Entfernung<br />

von Verunreinigungen misslungen<br />

56 Verbraucherbeschwerden konnten<br />

durch sensorische <strong>und</strong> soweit möglich<br />

auch chemische Untersuchungen<br />

bestätigt werden. Kunststoff-Flaschen<br />

aus PET waren dabei besonders anfällig<br />

für Fremdgeruch <strong>und</strong> Fremdgeschmack.<br />

Werden diese Flaschen<br />

zweckentfremdet verwendet, z. B.<br />

zur Lagerung von Reinigungs- oder<br />

Lösungsmitteln, so sind die Flaschen,<br />

im Gegensatz zu Glasflaschen, nicht<br />

mehr zur Wiederbefüllung mit Mineralwasser<br />

geeignet. In Mehrwegflaschen<br />

war es meist der Schimmelpilz<br />

des Vorgängers, der noch in der Flasche<br />

klebte <strong>und</strong> durch die Flaschenreinigung<br />

nicht entfernt wurde. Auch<br />

rotbraune Rückstände an Eisenhydroxid<br />

führten wieder zu Beanstandungen.<br />

Eine besonders ausgefallene<br />

Erklärung gab es für „dunkle Punkte“<br />

in einem Mineralwasser. Sie entpuppten<br />

sich als Schneeflöhe, die sich<br />

massenhaft zwischen Flaschengewinde<br />

<strong>und</strong> Schraubverschluss aufhielten<br />

<strong>und</strong> beim Einschenken ihren Weg ins<br />

Trinkglas fanden.


44 Lebensmittelüberwachung BW <strong>Teil</strong> <strong>III</strong>: Produktgruppe Lebensmittel<br />

Wein, Erzeugnisse aus Wein<br />

Schillerwein mit Blausäure<br />

Mehrere <strong>Teil</strong>füllungen eines Schillerweines,<br />

die durch einen Geruch nach<br />

Blausäure auffielen, wurden aufgr<strong>und</strong><br />

von Restgehalten an Cyanid von bis<br />

zu 3 mg / l beanstandet. Die Ursache<br />

lag in einer zulässigen, aber unsachgemäß<br />

durchgeführten Blauschönung,<br />

die z. B. zur Verhinderung von Eisentrübungen<br />

oder zur Entfernung von<br />

Kupfersulfat durchgeführt wird, das<br />

Wein zur Vermeidung eines „böckserartigen“<br />

Fehltones zugesetzt wird.<br />

Einige dieser blaugeschönten Weine<br />

wurden zudem ohne zugeteilte Amtliche<br />

Prüfnummer als Qualitätswein in<br />

den Verkehr gebracht, da sie nach dieser<br />

önologischen Behandlung erneut<br />

bei der Prüfungsbehörde hätten angestellt<br />

werden müssen. Die Öffentlichkeit<br />

wurde, nachdem der Verstoß<br />

behördlicherseits aufgedeckt wurde,<br />

durch den Erzeugerbetrieb über den<br />

fehlerhaften <strong>und</strong> fälschlicherweise als<br />

„Qualitätswein“ bezeichneten Wein<br />

informiert. Die betroffenen Chargen<br />

(ca. 42000 l) wurden zu Alkohol destilliert.<br />

Isotopenanalytik entlarvt Osteuropaweine<br />

Mittels Isotopenanalytik kann festgestellt<br />

werden, ob der Alkohol im Wein<br />

tatsächlich aus Trauben stammt oder<br />

aus anderen natürlichen Zuckerquellen<br />

wie Rüben- oder Rohrzucker. Bei einem<br />

Likörwein aus Moldawien konnte<br />

nachgewiesen werden, dass der Alkohol<br />

des Weines zu mehr als 90 % aus<br />

Rübenzuckeralkohol bestand. Zwei<br />

weitere Rotweine ebenfalls aus Moldawien<br />

waren ebenfalls mit Rübenzucker<br />

gesüßt worden, in einem Fall<br />

mindestens mit 80 % Rübenzucker<br />

im anderen Fall mit mindestens 50 %<br />

Rübenzucker in den vorhandenen<br />

Zuckern des Weines. Eine derartige<br />

Süßung von Wein ist nach den EUweinrechtlichen<br />

Bestimmungen nicht<br />

zulässig.<br />

Nicht handelsübliche Beschaffenheit<br />

<strong>und</strong> önologische Verfahren<br />

Ein als Verbraucherbeschwerde abgegebener<br />

Wein war mit Mineralöl verunreinigt.<br />

Eine Tankprobe Tafelwein<br />

fiel durch einen deutlichen Styrolton<br />

auf. Monostyrol („Styrol“) ist häufig<br />

Bestandteil des Kunststoffmaterials,<br />

aus dem Gär- <strong>und</strong> Lagertanks gefertigt<br />

sind. So kommt bei der Herstellung<br />

von GFK-Tanks u. a. Styrol als Aushärtemittel<br />

zum Einsatz. Behandlungsfehler,<br />

insbesondere Verletzungen<br />

der glatten Innenbeschichtung, aber<br />

auch alterungsbedingte Risse können<br />

Styrol freisetzen.<br />

Zahlreiche Weine fielen wegen über<br />

das tolerierbare Maß hinausgehender<br />

sensorischer Fehlern auf („UTA“ ,<br />

Oxidation, Trübung, Böckser, Schimmelmuff,<br />

Mäuseln, Essigstich u. a.).<br />

Nach wie vor problematisch ist die so<br />

genannte untypische Alterungsnote<br />

(UTA). Diese Weine präsentieren sich<br />

mit zunehmendem Alter durch einen<br />

Geruch nach Naphthalin, Mottenkugeln<br />

oder Geruchsteinen einer Wirtshaustoilette.<br />

Die Ursache ist der Geruchsstoff<br />

2- Aminoacetophenon mit<br />

einer Wahrnehmungsschwelle ab 0,5<br />

µg / l, das aus pflanzeneigenen Hormonen<br />

infolge Trockenstress, hohem<br />

Ertrag <strong>und</strong> schlechter Stickstoffversorgung<br />

der Pflanze gebildet wird.<br />

Ein „Perlwein mit zugesetzter Kohlensäure“<br />

war mit synthetischem Pfirsicharoma<br />

aromatisiert. Bei einem als<br />

„Spätburg<strong>und</strong>er Rosé“ bezeichneten<br />

Wein hatte der Erzeuger unzulässigerweise<br />

Müller-Thurgau-Süßreserve zur<br />

Süßung verwendet. Vier Weine fielen<br />

durch Überschreitungen der Grenzwerte<br />

für die Gehalte an flüchtiger Säure<br />

bzw. Gesamt-Schwefeldioxid auf. Bei<br />

drei Perlweinen mit zugesetzter Kohlensäure<br />

lag der Überdruck mehr oder<br />

weniger deutlich über dem Grenzwert<br />

von 2,5 bar. Bei einem kalifornischen<br />

Roséwein war der Grenzwert für zugesetzte<br />

Zitronensäure mit 1,35 g / l<br />

deutlich überschritten.<br />

Weinbezeichnungsrecht:<br />

Die äußere Beschaffenheit ist<br />

für die Kaufentscheidung mitbestimmend<br />

Der Kaufwert einer Flasche Wein bemisst<br />

sich stark nach ihrer Aufmachung<br />

<strong>und</strong> Ausstattung. Die Überprüfung der<br />

Weinbezeichnungen liegt deshalb sowohl<br />

im Interesse der Verbraucher als<br />

auch der redlichen Erzeuger.<br />

Zahlreiche Verstöße gegen das Weinbezeichnungsrecht<br />

wurden festgestellt.<br />

Typische Beanstandungsgründe<br />

betrafen Mängel bei der Abfüller- <strong>und</strong><br />

Alkoholgehaltsangabe, unzutreffende<br />

Hinweise auf die Herstellungsart<br />

oder die unzulässige Verwendung geschützter<br />

Herkunftsbezeichnungen.<br />

Ein großer <strong>Teil</strong> der Mängel entfiel auf<br />

teilweise oder gänzlich fehlende bzw.<br />

fehlerhafte oder auch schlecht lesbare<br />

Pflichtangaben. Ein deutscher Qualitätswein<br />

b. A. war mit der nur für bestimmte<br />

französische Weine zugelassenen<br />

traditionellen Angabe „sur lie“<br />

versehen. Es handelt sich hierbei um<br />

die Angabe einer Ausbaumethode, bei<br />

der Wein bis zur Füllung auf der Hefe<br />

verbleibt, um insbesondere im Holzfass<br />

ausgebauten Weißweinen mehr<br />

Extrakt <strong>und</strong> Komplexität zu verleihen.<br />

Deutscher Qualitätswein darf nur nach<br />

Erteilung einer amtlichen Prüfungsnummer<br />

(A.P-Nr.) in den Verkehr gebracht<br />

werden. Der Antragsteller muss<br />

bei der zuständigen Prüfungsbehörde<br />

mit dem zur Qualitätsweinprüfung angestellten<br />

Wein die zugehörigen, von<br />

einem Handelslabor erstellten Analysenzahlen<br />

vorlegen. Durch Vergleich<br />

mit diesen hinterlegten Analysenzahlen<br />

konnte im Berichtsjahr nachgewiesen<br />

werden, dass 40 Weine mit der<br />

Bezeichnung „Qualitätswein“ stofflich<br />

nicht identisch mit der zur amtlichen<br />

Prüfung angestellten Probe waren.<br />

In der Mehrzahl erfolgte hierbei die<br />

Vermarktung, obwohl erst gar keine<br />

A.P-Nr. beantragt worden oder der<br />

Antrag auf Erteilung der A.P-Nr. abgelehnt<br />

worden war. Die Angabe „Qualitätswein“<br />

steht derartigen Weinen


Wein <strong>und</strong> Weinerzeugnisse Jahresbericht 2005 45<br />

nicht zu. Ein Landwein war ebenfalls<br />

mit der hier nicht zulässigen amtlichen<br />

Prüfnummer versehen. Bei mehreren<br />

Weinen wichen die festgestellten Alkoholgehalte<br />

über die vorgegebene<br />

Toleranz hinaus von den Angaben auf<br />

dem Etikett ab.<br />

Perlwein mit zugesetzter Kohlensäure<br />

aus einem badischen Erzeugerbetrieb<br />

trug die Rebsortenbezeichnung „Prosecco“,<br />

eine im Veneto (Italien) vorkommende<br />

Rebsorte, die in Baden weder<br />

klassifiziert noch auf den Rebflächen<br />

des Erzeugers beheimatet ist.<br />

Mehrere Proben fielen auf durch unzulässige<br />

Erzeugerangaben wie „Winzer“,<br />

„Schlossabfüllung“ sowie nicht<br />

zutreffende Herkunftsangaben. Zwei<br />

Qualitätsweine b. A. mit angeblicher<br />

Herkunft aus dem Anbaugebiet Baden<br />

waren mit großformatigen Abbildungen<br />

der Altstadt <strong>und</strong> des Schlosses<br />

von Heidelberg versehen, obwohl<br />

der Wein aus dem Anbaugebiet Pfalz<br />

stammte.<br />

Straßenfeste unter der Lupe oder<br />

Wertsteigerung durch Umetikettierung<br />

Die geografische Herkunft prägt den<br />

Charakter des Weines <strong>und</strong> gibt dem<br />

Verbraucher einen Hinweis auf das zu<br />

erwartende Geschmackserlebnis. So<br />

zeigen Weine aus Baden, Württemberg,<br />

Pfalz, Mosel u. a. jeweils spezifischen<br />

eigenen Charakter. Diese<br />

Wertigkeit ist mit dem Schutz der geographischen<br />

Herkunft im Weingesetz<br />

verankert. Auf einer Weinkerwe wurden<br />

durch die Weinkontrolle bei einer<br />

Besenwirtschaft Weine im Ausschank<br />

festgestellt, die nicht aus eigener Erzeugung<br />

<strong>und</strong> Herkunft stammen konnten.<br />

Der Verantwortliche räumte ein,<br />

Pfälzer Weine umetikettiert zu haben<br />

<strong>und</strong> als badische Lagenweine verkauft<br />

zu haben.<br />

Aus der Arbeit der Weinkontrolle<br />

Im Berichtszeitraum mussten wiederum<br />

zahlreiche Belehrungen <strong>und</strong><br />

Beanstandungen wegen Verstößen<br />

gegen die Buchführungspflichten<br />

ausgesprochen werden. Um Manipulationen<br />

vorzubeugen, hat der Gesetzgeber<br />

bestimmt, dass zur Lesezeit die<br />

Eintragungen über Herkunft, Menge,<br />

Mostgewicht <strong>und</strong> Sorte der Trauben<br />

noch am Tag der Ernte im Herbstbuch<br />

vorzunehmen sind. Ebenso müssen<br />

bestimmte Schritte der Weinbereitung<br />

im Weinbuch erfasst werden.<br />

Gegen Hilfsaufzeichnungen während<br />

der Weinbereitung ist nichts einzuwenden.<br />

Diese allein sind aber nicht<br />

ausreichend, weil die gesetzlich geforderten<br />

Angaben nicht (nur) auf Zettel<br />

oder in Schmierhefte, sondern in<br />

geb<strong>und</strong>ene Bücher einzutragen sind.<br />

Der Eigentümer eines kleinen Weinguts<br />

hatte sogar vier Jahre lang keine<br />

Eintragungen in der Buchführung<br />

vorgenommen <strong>und</strong> zudem 16 amtliche<br />

Prüfungsnummern frei erf<strong>und</strong>en.<br />

Da der Verantwortliche erkennbar mit<br />

„dem Schriftkram“ überfordert war,<br />

hat der Sohn die Buchführung übernommen.<br />

Hätte dieser bereits früher<br />

nach dem Rechten gesehen, wäre es<br />

wahrscheinlich nicht zur förmlichen<br />

Beanstandung gekommen.<br />

Ein Getränkehändler wollte den Absatz<br />

eines Schaumweins ankurbeln. Hierzu<br />

hatte er den Namen seiner Gemeinde<br />

wie auch einen bekannten Einzellagenamen<br />

als „Marke“ blickfangartig auf<br />

den selbst gestalteten Etiketten angebracht.<br />

Bei dem Schaumwein handelte<br />

es sich jedoch um ein Erzeugnis<br />

aus einfachen italienischen <strong>und</strong> spanischen<br />

Gr<strong>und</strong>weinen. Den Vorhalt der<br />

Irreführung wollte der Händler allerdings<br />

nicht gelten lassen. Obwohl er<br />

zugab, dass der Absatz dieses Erzeugnisses<br />

vor allem wegen des Bezugs<br />

zur badischen Heimat florierte (eine<br />

nahe gelegene Burgruine wurde ebenfalls<br />

abgebildet), hat er der Weinkontrolle<br />

„kleinliches <strong>und</strong> geschäftsschädigendes“<br />

Verhalten vorgeworfen.<br />

Den Umsatzverlust <strong>und</strong> das Bußgeld<br />

wird er dennoch tragen müssen.<br />

Der Betreiber einer Straußwirtschaft<br />

hatte dem Weinkontrolleur sein neuestes<br />

Erzeugnis ganz stolz vorgestellt.<br />

Es handelte sich um einen Perlwein<br />

mit zugesetzter Kohlensäure, der im<br />

Lohnverfahren bereitet worden war.<br />

Als jedoch beim Öffnen der Flasche<br />

der Verschluss gegen die Kellerdecke<br />

knallte, kamen dem Kontrolleur erste<br />

Zweifel hinsichtlich der für Perlwein<br />

festgelegten Obergrenze des Kohlensäureüberdrucks.<br />

Für Perlwein dürfen<br />

2,5 bar nicht überschritten werden,<br />

wobei der Druck bei einer Temperatur<br />

von exakt 20 ° C ermittelt werden<br />

muss. Die Überprüfung im Labor ergab<br />

jedoch einen Überdruck von 3,7<br />

bar. Der Abfüller hatte zwar die technischen<br />

Voraussetzungen zum Abfüllen<br />

von Perlwein geschaffen, die Zusammenhänge<br />

zwischen Temperatur <strong>und</strong><br />

Überdruck jedoch nicht beachtet. Wird<br />

beispielsweise bei einer Temperatur<br />

von 10 ° C der Überdruck eines Perlweins<br />

auf 2,5 bar eingestellt, steigt<br />

dieser bei 20 ° C bereits auf 3,6 bar. In<br />

einigen Fällen mussten die Flaschen<br />

geöffnet <strong>und</strong> der Überdruck neu eingestellt<br />

werden.


46 Lebensmittelüberwachung BW <strong>Teil</strong> <strong>III</strong>: Produktgruppe Lebensmittel<br />

Alkoholische Getränke (außer Wein)<br />

Spirituosen<br />

In Baden-Württemberg sind mit ca. 22500 Betrieben fast<br />

80 % aller deutschen Kleinbrennereien gemeldet, die in<br />

der Regel pro Brennrecht jeweils 300 l Alkohol erzeugen.<br />

Auch bei den industriell produzierenden Obstverschlussbrennereien<br />

befindet sich der überwiegende Anteil in Baden-Württemberg,<br />

wobei der Spitzenreiter jährlich über<br />

200000 l Alkohol produziert.<br />

Ethylcarbamat: Auswertung von Fragebögen zur Erhebung<br />

von Steinobstbränden bei Kleinbrennereien<br />

Ethylcarbamat (EC) kommt bei mangelhafter Herstellungsweise<br />

in Steinobstdestillaten vor. Es bildet sich unter anderem<br />

aus Blausäure, die beim Brennvorgang in das Destillat<br />

übergehen kann <strong>und</strong> zuvor aus natürlichen Vorläufersubstanzen<br />

freigesetzt wird, die besonders in Obststeinen vorkommen.<br />

Ethylcarbamat besitzt erbgutschädigende <strong>und</strong><br />

krebserregende Eigenschaften. Der Gehalt dieser Substanz<br />

in Steinobstbränden ist daher unbedingt zu minimieren.<br />

Vom ehemaligen B<strong>und</strong>esges<strong>und</strong>heitsamt (BGA) wurde<br />

bereits 1986 ein Richtwert von 0,4 mg / l für trinkfertige<br />

Spirituosen festgelegt, bei dessen Überschreitung um das<br />

Doppelte (0,8 mg / l) Maßnahmen zu ergreifen sind.<br />

Zur praxisbezogenen Ermittlung von Einflussfaktoren auf<br />

die Ethylcarbamatgehalte in Steinobstbränden werden in<br />

Baden-Württemberg seit 2001 bei der Probenahme von<br />

Steinobstbränden in Kleinbrennereien anhand spezieller<br />

Fragebögen diverse brennereitechnische Parameter abgefragt.<br />

In den Fragebögen sind u. a. Angaben zu der Obstsorte<br />

der Brände, dem Baujahr der Destillationsanlage, der<br />

Reinigung der Anlage, Verwendung eines Kupferkatalysators<br />

bei der Destillation, dem Zeitpunkt der Nachlaufabtrennung,<br />

der Verwendung des Nachlaufs eines älteren<br />

Brandes <strong>und</strong> den Lagerbedingungen zu machen.<br />

Die Auswertung von 180 Fragebögen ergab nun, auf welche<br />

brennereitechnischen Parameter zur EC-Vermeidung<br />

besonders zu achten ist. Die Ergebnisse stimmen im Wesentlichen<br />

mit bereits bestehenden Empfehlungen zur Reduzierung<br />

des Ethylcarbamatgehaltes in Steinobstbränden<br />

überein. Zur Minimierung des Ethylcarbamatgehaltes in<br />

Steinobstbränden haben sich folgende Parameter bei der<br />

Herstellung besonders bewährt:<br />

• die Verwendung automatischer Spülvorrichtungen für<br />

das Brenngerät,<br />

• eine Destillation unter Verwendung eines Kupfer-Katalysators,<br />

• die Nachlaufabtrennung bei über 50 % vol. <strong>und</strong><br />

• der Verzicht der Verwendung älterer Nachläufe.<br />

Als Hilfe zur praktischen Umsetzung der relevanten Parameter<br />

ist ein neu herausgegebenes Merkblatt für Kleinbrenner<br />

auf der Internetseite der Untersuchungsämter<br />

abrufbar www.untersuchungsaemter-bw.de<br />

Bei jüngeren Brennanlagen (etwa ab Baujahr 1980) sind geringere<br />

EC-Gehalte der Brände zu erkennen. Neuere Anlagen<br />

sind häufiger mit automatischen Spülvorrichtungen <strong>und</strong><br />

einem Kupfer-Katalysator ausgestattet, beide Komponenten<br />

haben einen entscheidenden Einfluss auf die EC-Gehalte<br />

der Brände. Sowohl die Destillation mit Kupfer-Katalysator<br />

(21% der Brände) als auch die Reinigung über eine automatische<br />

Spülvorrichtung (24% der Brände) haben einen<br />

positiven Einfluss auf die Minimierung der EC-Gehalte in<br />

Steinobstbränden. Bei Bränden, bei denen der Nachlauf<br />

eines älteren Brandes mitverwendet wurde, sind die ermittelten<br />

EC-Gehalte höher als bei Bränden, bei denen kein<br />

Nachlauf mitverwendet wurde. Bei einer Abtrennung des<br />

Nachlaufes über 45 % vol. sind die ermittelten EC-Gehalte<br />

niedriger als bei einer Abtrennung unter 45 Vol.-%.<br />

* r. A. = reiner Alkohol<br />

Produkt Probenzahl Untersuchungsparameter Grenz- / Richtwert Grenzwertüberschreitungen<br />

Anteil<br />

in %<br />

Steinobstbrände 308 Ethylcarbamat 0,8 mg / l (Maßnahmewert) 68 22<br />

Obstbrände 487 Methanol 1 200 – 1 350 g / hl r. A.* 2 0,4<br />

Angabe des Alkoholgehaltes ± 0,3 Vol.-% 72 15<br />

erhöhte Anteile an Gärungsnebenprodukten<br />

(Vorlauf, Nachlauf unsauber<br />

22 5<br />

abgetrennt, Maische verdorben)<br />

Liköre 229 Angabe des Alkoholgehaltes ± 0,3 Vol.-% 18 8<br />

Alkopops 98 Lebensmittelrechtliche Mängel z. B. irreführende Angaben 11 11<br />

Jugendschutzrechtliche Mängel z. B. fehlende oder fehlerhafte<br />

Angabe: „Abgabe an Personen<br />

unter 18 Jahren verboten,<br />

§ 9 Jugendschutzgesetz“<br />

11 11<br />

Tabelle:<br />

Untersuchungsschwerpunkte<br />

bei Spirituosen


Alkoholische Getränke Jahresbericht 2005 47<br />

Art der Untersuchung Probenzahl Beurteilungsgr<strong>und</strong>lage Beanstandungen Anteil in %<br />

Chemie, Kennzeichnung 1 036 z. B. Angabe des Alkoholgehaltes,<br />

96 9<br />

Stammwürze, Kennzeichnungsmängel<br />

Mikrobiologie 294 z. B. Hygiene-Indikatoren (E. coli),<br />

Bierverderbende Keime<br />

77 26<br />

Tabelle:<br />

Untersuchungsschwerpunkte<br />

bei Bier<br />

Ethylcarbamat ist eine auf natürliche Weise lichtinduziert<br />

gebildete Substanz. Ein entscheidender Faktor ist demnach<br />

auch die Lagerung. Die ermittelten EC-Gehalte bestätigen,<br />

dass bei dunkler Lagerung von Destillat <strong>und</strong> Enderzeugnis<br />

im Mittel niedrigere EC-Gehalte in den Bränden vorhanden<br />

sind. Da die Bildung des Ethylcarbamats nach einmaliger<br />

Initialisierung durch Lichteinfluss auch bei anschließend<br />

dunkler Lagerung nicht mehr gestoppt werden kann, müssten<br />

sowohl das Destillat als auch das Enderzeugnis bis<br />

zum Endverbraucher immer dunkel gelagert werden. Eine<br />

durchweg dunkle Lagerung ist allerdings in der Praxis kaum<br />

realisierbar.<br />

Sparmaßnahmen bei hochwertigen Produkten der<br />

Obstbrennerei<br />

Hochwertige Obstgeiste wie z. B. der beliebte Himbeergeist<br />

werden durch Kaltauszug der Früchte mit Neutralalkohol<br />

(„Monopolsprit“) <strong>und</strong> anschließender Destillation hergestellt.<br />

In Einzelfällen waren die Kleinbrenner bei der Wahl<br />

der Rohstoffe jedoch etwas sparsam <strong>und</strong> „entsorgten“<br />

unerlaubterweise eigenen Obst- oder Kornbrand, indem<br />

sie ihn statt des teureren Neutralalkohols verwendeten.<br />

Obst- <strong>und</strong> Kornbrand weist natürlicherweise höhere Gehalte<br />

von Gärungsnebenprodukten („Fuselöle“) auf, sodass<br />

diese Sparmaßnahme durch chemische Analyse eindeutig<br />

nachgewiesen werden kann.<br />

Bei 5 % der untersuchten Obstbrände waren sensorische<br />

Abweichungen zu bemängeln, die auf eine unsaubere<br />

Maischegärung zurückzuführen waren (z. B. Fuselnote,<br />

Klebstoffgeschmack). Ursächlich hierfür ist überwiegend<br />

die Verwendung von schmutzbehafteten, angefaulten oder<br />

verschimmelten Früchten. Die dadurch eingebrachten unerwünschten<br />

Mikroorganismen können zu Fehlgärungen<br />

in der Maische <strong>und</strong> somit zu sensorisch unbefriedigenden<br />

Destillaten führen. Als weitere Ursache kommt eine unzureichende<br />

Abtrennung des Vor- <strong>und</strong> / oder Nachlaufs in Betracht.<br />

Die typischen sensorischen Abweichungen konnten<br />

gaschromatografisch durch erhöhte Gehalte an Propanol-1,<br />

Butanol-2, Essigsäureethylester, Milchsäureethylester <strong>und</strong><br />

anderen Gärungsnebenprodukten objektiviert werden.<br />

Bier<br />

Häufige Hygienemängel bei Bier aus Hausbrauereien<br />

<strong>und</strong> Schankanlagen von Gaststätten<br />

Aufgr<strong>und</strong> der bereits in den Vorjahren bei Bier beschriebenen<br />

Hygienemängel wurde die Probenahme für die mikrobiologische<br />

Untersuchung risikoorientiert auf die kritischen<br />

<strong>Produktgruppen</strong> „Bier aus Schankanlagen“ <strong>und</strong> „Bier aus<br />

Gaststättenbrauereien“ konzentriert. Dies erklärt den starken<br />

Anstieg der Beanstandungsquote von 9 % (2004) auf<br />

26 % (2005). Nach dem Wegfall der Schankanlagenverordnung<br />

Mitte des Jahres wurden die Proben nach der Lebensmittelhygieneverordnung<br />

(LMHV) beurteilt.<br />

Die untersuchten offenen Biere wiesen dabei zum <strong>Teil</strong> erhebliche<br />

Keimgehalte auf, z. B. von coliformen Keimen oder<br />

Milchsäurebakterien. Die Ursache der Keimbelastungen<br />

war immer eine Kontamination des Bieres durch mangelhafte<br />

Reinigung der Zapfhähne <strong>und</strong> Schlauchverbindungen.<br />

Eine Vermehrung im Bier selbst ist auszuschließen. In Klein<strong>und</strong><br />

Gaststättenbrauereien konnte häufig eine Rekontamination<br />

des Bieres im Bereich der Plattenkühler festgestellt<br />

werden. In einzelnen Fällen konnten klassische Bierschädlinge,<br />

z. B. Pectinatus oder Megasphaera, nachgewiesen<br />

werden. Nur durch regelmäßige Reinigung aller mit Bier<br />

in Berührung kommender <strong>Teil</strong>e ist es möglich, Probleme<br />

dieser Art zu vermeiden. In den Anforderungen an Reinigung<br />

<strong>und</strong> Desinfektion von Getränkeschankanlagen (DIN<br />

6650-105) ist für Bier ein 7-tägiges Reinigungs- <strong>und</strong> Desinfektionsintervall<br />

angegeben. Das Intervall ist beispielsweise<br />

bei geringem Ausstoß, längeren Schankpausen,<br />

höheren Lagertemperaturen oder großer Leitungslänge<br />

zu verkürzen.


48 Lebensmittelüberwachung BW <strong>Teil</strong> <strong>III</strong>: Produktgruppe Lebensmittel<br />

Eis <strong>und</strong> Desserts<br />

Eis<br />

Bei den insgesamt 1856 untersuchten Eisproben aus<br />

überwiegend handwerklicher Herstellung lag die Beanstandungsquote<br />

bei 19 %. Davon waren 12 % wegen einer<br />

mangelhaften mikrobiologisch-hygienischen Beschaffenheit<br />

zu beanstanden. In der Milchverordnung werden für<br />

Speiseeis mit Milchanteil besondere Anforderungen an den<br />

mikrobiellen Hygienestatus gestellt. Eine Überschreitung<br />

der Schwellen- <strong>und</strong> Höchstwerte für den Keimgehalt bestimmter<br />

Keimarten ist als Hinweis für eine mangelhafte<br />

Hygiene bei der Herstellung <strong>und</strong> Behandlung zu werten.<br />

Am häufigsten wurden bei den untersuchten Speiseeisproben<br />

die Schwellen- <strong>und</strong> Höchstwerte für coliforme Keime<br />

überschritten. In keiner der untersuchten Speiseeisproben<br />

waren Krankheitserreger nachzuweisen.<br />

Zitroneneis heißt oft nur so: in 11 von 22 untersuchten<br />

Proben Zitroneneis lag der Anteil an Zitronensaft deutlich<br />

unter den in den Leitsätzen für Speiseeis geforderten 10 %.<br />

Ein solches Eis darf nicht als Fruchteis sondern nur als<br />

Wassereis mit Zitronengeschmack in den Verkehr gebracht<br />

werden.<br />

15 Proben „ACE-Eis“ wurden beanstandet. ACE steht für<br />

die Vitamine A, C <strong>und</strong> E <strong>und</strong> ist als Hinweis auf diese Vitamine<br />

zu sehen. Ein <strong>Teil</strong> der Proben wurde wegen irreführender<br />

Bezeichnung beanstandet: es handelte sich um Eis, das im<br />

Geschmack den ACE-Getränken nachempf<strong>und</strong>en wurde,<br />

ohne nennenswerte Mengen an Vitaminen zu enthalten.<br />

Manche „ACE-Eise“ enthielten zwar die Vitamine A, C <strong>und</strong><br />

E, mussten jedoch nach der Vitaminverordnung als nicht<br />

verkehrsfähig beurteilt werden. Vitaminisierte Lebensmittel<br />

dürfen mit einem Hinweis auf ihren Vitamingehalt nicht als<br />

offene Ware in den Verkehr gebracht werden. Da „ACE“<br />

als Hinweis auf die Vitamine A, C <strong>und</strong> E bewertet werden<br />

muss, ist die Bezeichnung ACE-Eis bei offener Abgabe für<br />

vitaminisiertes Speiseeis nicht zulässig.<br />

Beanstandet wurde auch Milcheis, das zu wenig Milchfett<br />

aufwies, sowie Speiseeis, bei dem die verwendeten Farbstoffe<br />

nicht kenntlich gemacht waren.<br />

Zuckerwaren, Schokolade, Kakao, Brotaufstriche,<br />

Kaffee, Tee<br />

Honig<br />

Hohe Beanstandungsquote aufgr<strong>und</strong> neuer<br />

Kennzeichnungsvorschriften<br />

Mit Inkrafttreten der neuen Honigverordnung<br />

im Januar 2004 wurden auch Änderungen in<br />

der Kennzeichnung von Honig festgeschrieben.<br />

Im Jahr 2005 nach Ablauf der Übergangsfristen<br />

waren nun im Vergleich zu den Vorjahren deutlich<br />

mehr Honige aufgr<strong>und</strong> fehlender bzw. fehlerhafter<br />

Kennzeichnungselemente zu beanstanden. So waren<br />

keine Angaben über den Ursprung des Honigs vorhanden,<br />

bzw. nicht in der vom Gesetzgeber vorgegebenen<br />

Art <strong>und</strong> Weise. Ebenso verhielt es sich bei dem nun anzubringenden<br />

Mindesthaltbarkeitsdatum. Auffallend war,<br />

dass nicht nur kleine regionale Imkereien sondern auch<br />

bedeutende Honigabfüllbetriebe betroffen waren.<br />

Hohe HMF-Gehalte (Hydroxymethylfurfural) bis zu<br />

240 mg / kg in deutschen <strong>und</strong> ausländischen Honigen führten<br />

ebenfalls zu Beanstandungen. Nach der Honigverordnung<br />

sind maximal 40 mg / kg für Honige mit nicht tropischem<br />

Ursprung zulässig. Erhöhte HMF-Gehalte deuten auf<br />

eine Schädigung des Honigs durch Erwärmen oder eine<br />

zu lange Lagerung hin.<br />

Bei Erzeugnissen,<br />

die als Wald- bzw.<br />

Tannenhonig in den<br />

Verkehr gebracht<br />

worden waren, wurde<br />

ein tracht-untypischer<br />

Geruch <strong>und</strong> Geschmack<br />

sowie eine elektrische Leitfähigkeit<br />

von deutlich unter<br />

0,8 ms / cm (der kleinste Wert lag bei etwa 0,4 ms / cm)<br />

festgestellt. Es handelte sich eindeutig um Blütenhonige.<br />

Löst man eine definierte Honigmenge in destilliertem Wasser,<br />

so kann in dieser Lösung die elektrische Leitfähigkeit<br />

gemessen werden. Diese wiederum ist abhängig von der<br />

Menge an Mineralstoffen im Honig. Waldhonige haben höhere<br />

Mineralstoffgehalte <strong>und</strong> damit auch eine signifikant<br />

höhere elektrische Leitfähigkeit als Blütenhonige.


Eis <strong>und</strong> Desserts / Zuckerwaren, Schokolade, Kakao … Jahresbericht 2005 49<br />

Konfitüren, Gelees, Fruchtaufstriche<br />

Glassplitter in Konfitüre<br />

Zwei Beschwerdeproben Erdbeer- bzw. Schwarzkirschkonfitüre<br />

wurden wegen Glassplittern als ges<strong>und</strong>heitsschädlich<br />

beurteilt.<br />

Hauptbeanstandungsgründe bei dieser Warengruppe waren<br />

wie schon in den vergangenen Jahren die fehlende<br />

Kenntlichmachung von Konservierungsstoffen <strong>und</strong> generelle<br />

Kennzeichnungsmängel bei Erzeugnissen aus der Direktvermarktung.<br />

Im Rahmen eines b<strong>und</strong>esweiten Überwachungsplans wurden<br />

17 Proben Aprikosenkonfitüre auf Schwefeldioxid untersucht.<br />

Schwefeldioxid wird vielfach bei der Obst- <strong>und</strong><br />

Gemüseverarbeitung zur Farberhaltung <strong>und</strong> Verhinderung<br />

von Bräunungsreaktionen eingesetzt. Aufgr<strong>und</strong> seines hohen<br />

allergenen Potenzials muss es jedoch bei Gehalten von<br />

mehr als 10 mg / kg im Zutatenverzeichnis angegeben werden.<br />

Schwefeldioxid war in keiner Probe nachweisbar.<br />

HMF (Hydroxymethylfurfural), welches vor allem beim<br />

Erhitzen stark zuckerhaltiger Lebensmittel gebildet wird,<br />

steht bereits seit Jahren im Verdacht, gentoxische Wirkung<br />

zu haben. Als unerwünschter Bestandteil sollte HMF in Lebensmitteln<br />

nur in technologisch unvermeidbaren Mengen<br />

enthalten sein. Da die toxikologische Bewertung noch nicht<br />

abgeschlossen ist, wurde bisher kein Grenzwert festgelegt.<br />

Ein Wert von 1500 mg / kg Trockenmasse (TM) ist jedoch<br />

in der Diskussion. Herstellungsbedingt fallen Pflaumenmuse<br />

immer wieder durch hohe HMF-Gehalte auf. In einer<br />

Probe Pflaumenmus wurde ein sehr hoher Gehalt von<br />

2811 mg / kg TM ermittelt. Dem Hersteller wurde empfohlen,<br />

Rezeptur <strong>und</strong> Verfahren zu überarbeiten, um so eine<br />

Reduzierung des HMF-Gehaltes zu erzielen.<br />

Süßwaren<br />

„Ges<strong>und</strong>e“ Süßwaren?<br />

Auch die Süßwarenbranche will sich zunehmend das lukrative<br />

Geschäft mit ges<strong>und</strong>er, leichter <strong>und</strong> bewusster Ernährung<br />

nicht entgehen lassen. Bei immer mehr Produkten<br />

wird dem Verbraucher durch Austausch bestimmter Inhaltsstoffe<br />

<strong>und</strong> / oder Anreicherung mit Vitaminen, Mineralstoffen,<br />

Ballaststoffen oder anderen ernährungsphysiologisch<br />

günstigen Inhaltsstoffen <strong>und</strong> entsprechender Werbung<br />

suggeriert, es handele sich um einen besonders „ges<strong>und</strong>en“<br />

Vertreter einer eher „unges<strong>und</strong>en“ Produktgruppe.<br />

Obwohl die Überwachung dieser Entwicklung eher kritisch<br />

gegenübersteht, kann sie bislang aufgr<strong>und</strong> fehlender rechtlicher<br />

Regelungen wenig dagegen tun.<br />

Im Berichtsjahr wurden in 23 vitaminisierten Süßwaren<br />

die Gehalte an den Vitaminen B 1<br />

, C <strong>und</strong> E unter die Lupe<br />

genommen. Bei den untersuchten Vitaminen wurden sowohl<br />

Unter- als auch Überschreitungen der angegebenen<br />

Werte festgestellt. Insgesamt ist jedoch eine eindeutige<br />

Tendenz zur Überdosierung festzustellen, da die Hersteller<br />

die angegebenen Gehalte bis zum Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums<br />

garantieren müssen. Nur bei deutlicher<br />

Über- oder Unterschreitung (> ± 20 % bis 30 %) der angegebenen<br />

Gehalte wurden diese Angaben als irreführend<br />

beurteilt.<br />

Mit Magnesium angereicherte Fitnessbonbons wurden als<br />

irreführend bezeichnet <strong>und</strong> beworben beurteilt. Die Bonbons<br />

konnten bei einer üblichen Verzehrsmenge von ca.<br />

5 Bonbons pro Tag (viel mehr lässt schon der verwendete<br />

Zuckeraustauschstoff Isomalt wegen der Gefahr einer<br />

abführenden Wirkung nicht zu!) keinen nennenswerten<br />

Beitrag zur Deckung des Tagesbedarfs leisten.<br />

Bei Halva handelt es ich um eine Süßwarenspezialität aus<br />

dem vorderasiatischen Raum. Die sesamhaltige Schaumzuckerware<br />

wird dort traditionell mit dem saponinhaltigen<br />

Aufschlagmittel Seifenkrautextrakt hergestellt, welches in<br />

Europa nicht zugelassen ist. Seifenkrauthaltige Halvaproben<br />

werden deshalb bereits seit Jahren von den Untersuchungsämtern<br />

beanstandet. Daraufhin gingen die überwiegend<br />

türkischen Hersteller dazu über, Seifenkrautextrakt<br />

im deutschen Zutatenverzeichnis (im türkischen <strong>und</strong><br />

englischen war es teilweise noch vorhanden!) nicht mehr<br />

anzugeben, da sich die Beanstandungen nur auf die bloße<br />

Angabe im Zutatenverzeichnis stützten. In 12 Proben Halva<br />

konnten im Berichtsjahr charakteristische Inhaltsstoffe des<br />

Seifenkrautextraktes mittels Dünnschichtchromatografie<br />

nachgewiesen werden. Diese Proben wurden wegen des<br />

nicht zugelassenen Zusatzstoffes Seifenkrautextrakt als<br />

nicht verkehrsfähig beanstandet.


50 Lebensmittelüberwachung BW <strong>Teil</strong> <strong>III</strong>: Produktgruppe Lebensmittel<br />

Schokolade<br />

Eine Schokolade enthielt einen Fremdkörper aus Kunststoff-Fasern,<br />

der möglicherweise aus einem Transportband<br />

stammte, drei Schokoladen wiesen Ungeziefer auf <strong>und</strong> eine<br />

Schokolade zeigte zahlreiche Bissspuren von Nagern.<br />

Diese Proben waren nicht zum Verzehr geeignet. Bei den<br />

Untersuchungen auf wertgebende Bestandteile wie Gesamtkakaogehalt,<br />

Kakaobutter <strong>und</strong> Milchbestandteile ergaben<br />

sich keine Beanstandungen. Schwerpunktmäßig<br />

wurden im Berichtsjahr Kuvertüren aus Bäckereien <strong>und</strong><br />

Konditoreien untersucht. Auch hier ergaben sich keine Beanstandungen.<br />

Bei 48 mikrobiologisch untersuchten Schokoladen<br />

waren die Bef<strong>und</strong>e unauffällig.<br />

„Fremdfett“ in Schokolade<br />

Insgesamt wurden 104 Kakaoerzeugnisse auf die Verwendung<br />

von Kakaobutterersatzfetten untersucht. Weder<br />

in den 26 Kakaomassen <strong>und</strong> Kakaobutterproben der im<br />

Untersuchungsgebiet ansässigen Hersteller noch in den<br />

schwerpunktmäßig untersuchten Kuvertüren konnten Kakaobutterersatzfette<br />

nachgewiesen werden. In zwei Vollmilchschokoladen<br />

wurden knapp 5 % Fremdfett ermittelt,<br />

welches ordnungsgemäß kenntlich gemacht war.<br />

Cadmium in Bitterschokolade<br />

33 Schokoladen, hauptsächlich Proben mit hohem Kakaoanteil,<br />

6 Kakaomassen <strong>und</strong> 15 Kakaopulver wurden auf die<br />

Schwermetalle Cadmium, Kupfer <strong>und</strong> Blei untersucht.<br />

Seit dem Trend zu Bitterschokoladen rückt das Problem<br />

Cadmium in Schokoladen wieder stärker in den Blickpunkt.<br />

Seit vielen Jahren ist bekannt, dass insbesondere<br />

Edelkakao (Criollo) aus südamerikanischen Gebieten<br />

(vulkanische Böden) naturbedingt hohe Cadmiumgehalte<br />

aufweisen kann.<br />

Als Beurteilungsgr<strong>und</strong>lage für Cadmium in Schokoladen<br />

können zwar die Richtwerte der Zentralen Erfassungs- <strong>und</strong><br />

Bewertungsstelle für Umweltchemikalien (ZEBS) herangezogen<br />

werden, rechtlich verbindliche Grenzwerte gibt es<br />

derzeit jedoch nicht. Für Schokoladen liegt der Richtwert<br />

bei 0,30 mg / kg Cadmium. 8 Proben lagen zwischen 0,30<br />

<strong>und</strong> 0,39 mg / kg, eine Probe lag mit 0,52 mg / kg Cadmium<br />

deutlich über diesem Richtwert. Diese 9 Proben wurden lt.<br />

Etikett-Angaben aus südamerikanischem Edelkakao hergestellt.<br />

Der ADI-Wert für Cadmium liegt bei 1 ug / kg Körpergewicht<br />

/ Tag. Durch den Konsum einer Tafel Bitterschokolade<br />

(100 g) mit einem Cadmiumgehalt von 0,5 mg / kg wird<br />

der ADI-Wert zu 71 % ausgeschöpft.<br />

Versteckte Allergene in Schokolade<br />

Seit dem 25.11.2005 sind bei der Herstellung <strong>und</strong><br />

Etikettierung von Lebensmitteln die neuen Kennzeichnungsvorschriften<br />

für allergene Lebensmittelbestandteile<br />

anzuwenden. Bestimmte allergieauslösende<br />

Zutaten müssen nun ausnahmslos im Zutatenverzeichnis<br />

angegeben werden. Spurenanteile<br />

allergener Stoffe, die durch unvermeidbare herstellungsbedingte<br />

Verunreinigungen im Lebensmittel<br />

enthalten sein können, bleiben dagegen von der<br />

Kennzeichnungspflicht ausgenommen. Auf solche<br />

Kontaminationen wird von der überwiegenden Anzahl<br />

der Schokoladenhersteller aber hingewiesen,<br />

<strong>und</strong> zwar oft unabhängig von der tatsächlichen Anwesenheit<br />

des Allergens, z. B. „Kann Spuren von<br />

Haselnüssen, Erdnüssen, anderen Nüssen, Milchbestandteilen,<br />

Ei <strong>und</strong> / oder Gluten, Soja, enthalten“.<br />

Die rechtliche Bewertung wird dadurch erschwert,<br />

dass es bisher keine Schwellenwerte für die einzelnen<br />

Allergene gibt, ab denen eine Kennzeichnungspflicht<br />

besteht. In jedem Einzelfall ist bei einem<br />

analytisch festgestellten Wert durch weitere<br />

Untersuchungen zu ergründen, ob es sich um eine<br />

kennzeichnungspflichtige Zutat handelt oder aber<br />

um eine technologisch unvermeidbare Kontamination,<br />

für die keine Kennzeichnungspflicht besteht.<br />

Hersteller, deren Schokoladen Erdnuss- oder Haselnussanteile<br />

über 100 mg / kg aufweisen, werden<br />

auf diesen Sachverhalt hingewiesen mit der Aufforderung,<br />

nach der Ursache zu forschen <strong>und</strong> im Falle<br />

von Kontaminationen diese zu minimieren (siehe<br />

auch Kapitel „Lebensmittelallergene“).


Hülsenfrüchte, Ölsamen, Nüsse <strong>und</strong> -Erzeugnisse Jahresbericht 2005 51<br />

Hülsenfrüchte, Ölsamen, Nüsse <strong>und</strong> -Erzeugnisse<br />

Salmonellen in nicht erhitzter Sesamsaat<br />

Risikobasierte Importkontrolle bei der Einfuhr von Sesamerzeugnissen<br />

Sesamerzeugnisse bilden – wie seit<br />

einigen Jahren bekannt – ein Risikopotenzial,<br />

was die Gefahr einer Aufnahme<br />

von Salmonellen betrifft. Dabei<br />

ist nicht die Untersuchung von mit<br />

Sesamsaat hergestellten Backwaren<br />

vorrangig zu betreiben, sondern die<br />

Untersuchung derjenigen Erzeugnisse,<br />

deren Herstellung ohne keimabtötende<br />

Verfahren erfolgt. Als Beispiele<br />

sind zu nennen: „Helva“ (auch „Halva“<br />

genannt) <strong>und</strong> Brotaufstriche wie<br />

Sesammus oder „Tahini“. Aus diesem<br />

Gr<strong>und</strong>e wurde das Ausgangsprodukt<br />

Sesamsaat untersucht, dessen Bestimmungszweck<br />

für die Beurteilung<br />

maßgebend war.<br />

Im Jahre 2005 wurden insgesamt 119<br />

Proben Sesamsaat, die als Stichproben<br />

(jeweils aus 5 Säcken pro Charge)<br />

bei der Einfuhr erhoben wurden auf<br />

Salmonellen untersucht. Herkunft war<br />

vorwiegend Indien.<br />

Von den untersuchten Proben waren<br />

9 positiv (≅ 7,5 %), was als eine für trockene<br />

Lebensmittel nicht ungewöhnliche,<br />

aber insgesamt dennoch hohe Inzidenz<br />

eingestuft werden muss. Zum<br />

Vergleich: Im Jahre 2004 stellten Gewürze<br />

mit einer Salmonelleninzidenz<br />

von 7 % diejenige Lebensmittelgruppe<br />

dar, in der am zweithäufigsten Salmonellen<br />

nachgewiesen werden konnten.<br />

Nur in rohem Geflügelfleisch waren<br />

die Keime noch öfter zu finden.<br />

Salmonellen-Ausbrüche waren in den<br />

vergangenen Jahren immer wieder<br />

auch auf trockene Lebensmittel zurückführbar.<br />

Dabei spielte häufig eine<br />

sehr niedrige infektiöse Dosis eine<br />

Rolle. Die Keime können sich an die<br />

Milieubedingungen in trockenen Lebensmitteln<br />

anpassen <strong>und</strong> über einen<br />

beträchtlichen Zeitraum überleben.<br />

Gerade der Wassermangel in solchen<br />

Lebensmitteln wie Gewürzen oder<br />

auch z. B. Schokolade scheint dazu zu<br />

führen, dass die Virulenz der Keime<br />

ansteigt <strong>und</strong> schon eine geringe Dosis<br />

für eine Infektion ausreicht.<br />

Wenn also belastete Sesamsaat ohne<br />

weitere Erhitzung verarbeitet oder Lebensmitteln<br />

zugesetzt wird, besteht<br />

eine unmittelbare Ges<strong>und</strong>heitsgefahr.<br />

Mohn – Drogen aus dem Supermarkt<br />

Ein Rausch durch Mohnkuchen ist nicht zu erwarten. Vom Verzehr roher<br />

unbehandelter Mohnsaat in großen Mengen ist jedoch abzuraten.<br />

Mohnsaat oder auch Backmohn kann Hinzu kommt, dass Morphin bei Genuss<br />

z. B. in Form von Mohnkuchen<br />

gewinnungsbedingt gewisse Mengen<br />

an Alkaloiden wie Morphin <strong>und</strong> Codein<br />

(Opiate) als natürliche Begleitstoffe mit den gehaltvollen Kuchenzutaten<br />

durch die orale Aufnahme zusammen<br />

enthalten. Obwohl Mohnsaat von Natur<br />

aus keine Opiate enthält, kann sie sprechenden Rezeptoren anflutet<br />

nur sehr langsam im Blut an den ent-<br />

bei der Ernte über die übrigen <strong>Teil</strong>e der <strong>und</strong> nebenher auch noch im Körper<br />

Pflanze mit Morphin <strong>und</strong> anderen Alkaloiden<br />

verunreinigt werden. Dies ist tet, dass auch bei erhöhten Mengen<br />

verstoffwechselt wird. Dies bedeu-<br />

dann problematisch, wenn keine morphinarmen<br />

Sorten für die Gewinnung stellung von Mohngebäck verwendet<br />

an Morphin in Mohnsaat, die zur Her-<br />

von Mohnsaat eingesetzt werden. wird, mit Rauscheffekten kaum zu<br />

rechnen ist.<br />

Aufgr<strong>und</strong> der üblicherweise geringen<br />

Verzehrsmengen (3 g auf ei-<br />

Überhöhte Mengen an Morphin in<br />

Mohn sind dennoch generell unerwünscht,<br />

da auch mit nicht bestimnem<br />

Mohnbrötchen, 20 g in einem<br />

Stück Mohnkuchen) wurden bisher<br />

mungsgemäßem Gebrauch von Mohnsaat,<br />

erhöhtem Verzehr oder weniger<br />

mögliche Ges<strong>und</strong>heitsgefahren oder<br />

gar Rauscheffekte durch Morphin in<br />

häufigen Verzehrsarten zu rechnen<br />

Mohn nicht in Betracht gezogen. Hinzu<br />

kommt, dass der Morphingehalt<br />

ist. Ein Beispiel hierfür ist die Verabreichung<br />

von Mohnmilch als Schlafmittel<br />

an einen Säugling, was Anfang des<br />

im Mohn durch die Zubereitung reduziert<br />

wird. Bei der Herstellung von<br />

Jahres 2005 zu einem Vergiftungsfall<br />

Mohnkuchen wird durch die küchentechnische<br />

Aufbereitung (Mahlen <strong>und</strong><br />

führte. Der hier verwendete Mohn<br />

enthielt 1000 mg Morphin / kg. Siehe<br />

Erhitzen) etwa 80 % des vorhandenen<br />

auch www.bfr.b<strong>und</strong>.de/cms5w/sixcms/detail.php/6279<br />

. Als weiteres<br />

Morphins zerstört. Dies haben Backversuche<br />

am CVUA Karlsruhe gezeigt.<br />

Beispiel ist eine Verbraucherbeschwerde<br />

in Baden-Württemberg zu nennen.<br />

Auch bei der trockenen Erhitzung von<br />

Mohn im Backofen wird Morphin zu einem<br />

großen <strong>Teil</strong> zerstört, wie Röstver-<br />

Eine Verbraucherin hatte 80 g Mohn<br />

gemahlen über ein Nudelgericht gestreut<br />

verzehrt <strong>und</strong> nachfolgend über<br />

suche gezeigt haben. Dies ist relevant<br />

für die Herstellung von z. B. Mohnbrötchen<br />

in Bäckereien. Siehe auch www.<br />

Übelkeit geklagt. Untersuchungen<br />

ergaben, dass der verzehrte Mohn<br />

cvua-karlsruhe.de .<br />

230 mg Morphin / kg enthielt.


52 Lebensmittelüberwachung BW <strong>Teil</strong> <strong>III</strong>: Produktgruppe Lebensmittel<br />

In üblichen Handelsproben, wie sie im Einzelhandel erhältlich<br />

sind, wurden bei den Untersuchungen im Jahr<br />

2005 deutlich niedrigere Gehalte gef<strong>und</strong>en. In Einzelfällen<br />

traten jedoch auch Morphingehalte bis 200 mg / kg<br />

auf. Es handelte sich dabei mit hoher Wahrscheinlichkeit<br />

um australische Mohnsaat aus der Rohopiumproduktion,<br />

die in den Handel gelangt war. Ware mit derart<br />

überhöhten Morphingehalten wurde mittlerweile in<br />

Deutschland vom Markt genommen. Vorsorglich wurde<br />

vom B<strong>und</strong>esinstitut für Risikoabschätzung (BfR)<br />

in einem Gutachten zur ges<strong>und</strong>heitlichen Bewertung<br />

von Mohnsaat eine vorläufige maximale tägliche Aufnahmemenge<br />

von 0,38 mg Morphin für einen 60 kg<br />

schweren Erwachsenen genannt. Dieser Wert ist unter<br />

Berücksichtigung üblicher Verzehrsmengen, des Verwendungszwecks<br />

(Dekormohn auf Backwaren, Mohnkuchen,<br />

Mohngerichte) <strong>und</strong> der Vorbehandlung (Abwaschen,<br />

Erhitzen) auf Mohnsaat anzuwenden.<br />

Als einfache Vorsichtsmaßnahme im Haushalt zur Beseitigung<br />

von möglicherweise vorhandenen Opiaten<br />

<strong>und</strong> zur Verbesserung des Geschmacks von Mohnsaat<br />

ist das Abwaschen z. B. in einem feinmaschigen Küchensieb<br />

unter fließendem warmem Wasser empfehlenswert.<br />

Dies haben Versuchsreihen am CVUA Stuttgart<br />

bestätigt. Morphin <strong>und</strong> andere Opiate lassen sich<br />

als Oberflächenkontamination so sehr gut entfernen.<br />

Vom Verzehr unerhitzter <strong>und</strong> nicht abgewaschener<br />

Mohnsaat ist vor allem bei Kindern aus Gründen der<br />

Vorsicht abzuraten.<br />

Fertiggerichte<br />

Auch im Jahre 2005 wurden wieder einige Lebensmittel<br />

von den Verbrauchern bei den Veterinärämtern<br />

als Verbraucherbeschwerde abgegeben.<br />

Bei Lagerversuchen wurden bei SB-verpackten Maultaschen<br />

zum Zeitpunkt des angegebenen Mindesthaltbarkeitsdatums<br />

bereits hohe Keimbelastungen, verb<strong>und</strong>en<br />

mit saurem <strong>und</strong> abweichendem Geruch <strong>und</strong> Geschmack<br />

festgestellt. Das Mindesthaltbarkeitsdatum wurde als zu<br />

lang bemessen <strong>und</strong> damit als irreführend für den Verbraucher<br />

beurteilt.<br />

Bei fischhaltigen, SB-verpackten Tiefkühlfertiggerichten<br />

zeigte sich, dass das empfindliche Fischfett im Fischanteil<br />

bereits ranzig war. Dies ist darauf zurückzuführen, dass<br />

die Packungen beschädigt waren, sodass Luftsauerstoff<br />

diesen Fettverderb hervorrief. Ähnliches wurde bei Tiefkühlfertiggerichten<br />

mit gebratenem bzw. frittiertem Schweinefleisch<br />

beobachtet, auch hier waren die Fleischanteile<br />

bereits ranzig.<br />

Sehr häufig werden SB-verpackte Fertiggerichte mit Nährwertangaben<br />

in den Verkehr gebracht. Auffällig ist, dass bei<br />

vielen Erzeugnissen eine Nährwertangabe nicht notwendig<br />

wäre, da in der Kennzeichnung des Erzeugnisses keinerlei<br />

Auslobung über einen bestimmten Nährwert (z. B. fettarm,<br />

eiweißreich etc.) vorhanden ist. Bei der Überprüfung der<br />

Richtigkeit dieser Nährwertangaben wurde wiederholt festgestellt,<br />

dass die Angaben außerhalb der Toleranzen liegen.<br />

Bei Nährstoffen wie Eiweiß, Kohlenhydraten, Zucker,<br />

Stärke, Ballaststoffen, Fett, gesättigten Fettsäuren, einfach<br />

ungesättigten Fettsäuren, mehrfach ungesättigten Fettsäuren<br />

sollte bei Gehalten unter 10 g / 100 g die Schwankungsbreite<br />

maximal ± 1,5 g betragen, bei Gehalten zwischen<br />

10 – 40 g / 100 g sollte die Schwankungsbreite maximal<br />

± 15 % betragen. Bei Nährstoffgehalten über 40 g / 100 g<br />

sollte die Angabe nur in einem Bereich zwischen ± 6 g<br />

schwanken. Diese Toleranzen sind gerade bei grobstückigen<br />

Erzeugnissen in Dosen (z. B. Kohlrouladen, gefüllten<br />

Paprika etc.) sehr schwer einzuhalten, da diese Erzeugnisse<br />

sehr oft mit einem öligen Aufguss versehen werden <strong>und</strong><br />

dieser Aufguss aufgr<strong>und</strong> der unterschiedlichen Größe der<br />

gefüllten Paprika <strong>und</strong> Kohlrouladen in der Menge schwanken<br />

kann. Bei solchen technologisch nur sehr schwer zu<br />

beherrschenden Erzeugnissen sollte auf Nährwertangaben<br />

verzichtet werden.<br />

Sehr viele Proben von Heimservicefirmen (Pizzaservice etc.)<br />

waren wegen Kennzeichnungsmängeln zu beanstanden.<br />

Verzehrsfertige Lebensmittel, die in der Verkehrsbezeichnung<br />

das Wort „Schinken“ enthalten (Pizza mit Schinken,<br />

Schinkencroissant etc.) bereiten besondere Schwierigkeiten.<br />

Mit wenigen Ausnahmen werden diese Erzeugnisse<br />

nicht unter Verwendung von „Schinken“ hergestellt, sondern<br />

unter Einsatz von minderwertigen Imitaten.


Fertiggerichte Jahresbericht 2005 53<br />

Im Großhandel sind diese Erzeugnisse ordnungsgemäß gekennzeichnet<br />

(im Verkehr z. B. „Formfleisch-Vorderschinken<br />

mit 70 % Fleischanteil“ bis hin zu „Pizzabelag“).<br />

Die Probleme fangen in der Pizzeria oder Bäckerei an, hier<br />

verwandeln sich die billigen Imitate in hochwertigen Schinken.<br />

Ein Croissant, das mit „Formfleisch-Vorderschinken<br />

mit 70 % Fleischanteil“ gefüllt wurde, darf nicht als Schinkenhörnchen<br />

angeboten werden. Die Verarbeitung von minderwertigem<br />

„Pizzabelag“ anstelle von „Schinken“ bedarf<br />

einer umfassenden Angabe im Zusammenhang mit der<br />

Verkehrsbezeichnung.<br />

Der Salamibelag von Pizzen wurde des Öfteren unter Mitverwendung<br />

von Farbstoffen hergestellt, eine Kenntlichmachung<br />

dieser Farbstoffe war nicht vorhanden.<br />

Ebenfalls aus Pizzerien wurden Pizzen mit Thunfischauflage<br />

überprüft. In früheren Jahren fielen diese oft durch hohe<br />

Gehalte an Histamin auf. Histamin entsteht beim mikrobiellen<br />

Verderb aus der im Thunfisch reichlich vorhandenen<br />

Aminosäure Histidin. Von hohen Histamingehalten können<br />

beim Menschen sehr starke Ges<strong>und</strong>heitsbeeinträchtigungen<br />

(Kreislaufbeschwerden) hervorgerufen werden. Erfreulich<br />

war, dass in keiner der untersuchten Thunfischpizzen<br />

auffällige Gehalte an Histamin vorhanden waren. Dies ist<br />

darauf zurückzuführen, dass mittlerweile in den Pizzerien<br />

der Thunfisch unter hygienisch einwandfreien Aufbewahrungsbedingungen<br />

(z. B. Kühlung) gelagert wird.<br />

Die Untersuchungen einer „Platte für zwei Personen“ (mit<br />

Hähnchenbrust, Putenschnitzel, Rumpsteak, Schweineschnitzel,<br />

Kroketten, Spätzle <strong>und</strong> gemischtem Salat) aufgr<strong>und</strong><br />

von zwei Erkrankungsfällen ergaben überraschenderweise<br />

positive Salmonellennachweise nicht nur in den<br />

Spätzle, sondern auch in den Kroketten, im gemischten Salat<br />

<strong>und</strong> in der Hähnchenbrust. Dies weist auf eine Kontamination<br />

der Speisen durch mangelhafte Betriebs- <strong>und</strong> / oder<br />

Personalhygiene nach Abschluss des Koch- / Bratvorganges<br />

hin.<br />

Ein weiterer Schwerpunkt der Untersuchungen war die<br />

Bestimmung des Gehaltes an dem Geschmacksverstärker<br />

Glutaminsäure in Gerichten aus Chinarestaurants. Ein<br />

Großteil der Proben war zu beanstanden, weil die erforderliche<br />

Kenntlichmachung „mit Geschmacksverstärker“<br />

in der Speisekarte fehlte. Nach der Zusatzstoff-Zulassungsverordnung<br />

ist eine Höchstmenge an Glutaminsäure von<br />

10 g / kg Lebensmittel zulässig. Bei einigen Gerichten war<br />

dieser Gehalt überschritten. Bei manchen Personen treten<br />

nach dem Verzehr von Speisen aus Chinarestaurants<br />

Symptome wie Atembeschwerden, Kribbeln der Haut oder<br />

Einschlafen der Arme auf. Dies sind typische Anzeichen<br />

für das so genannte „Chinarestaurant-Syndrom“. Es wird<br />

vermutet, dass diese Unverträglichkeitsreaktionen in Zusammenhang<br />

mit einem erhöhten Glutaminsäuregehalt<br />

der Speisen bestehen.<br />

Der überwiegende <strong>Teil</strong> der Beanstandungen<br />

betraf wie jedes<br />

Jahr die fehlerhafte Kennzeichnung<br />

von Lebensmitteln, vor<br />

allem von Erzeugnissen, die<br />

aus Osteuropa oder aus asiatischen<br />

oder arabischen Staaten<br />

nach Deutschland eingeführt<br />

wurden.<br />

Abb. 1:<br />

Eine Probe eines Reisgerichtes<br />

aus einer Gaststätte<br />

wies scharfkantige Glassplitter<br />

auf.<br />

Abb. 2:<br />

In einem Kotelett wurden<br />

Reste einer Injektionsnadel<br />

festgestellt.<br />

Abb. 3:<br />

In einer Probe Mischsalat<br />

wurde beim Verzehr eine<br />

Wanze festgestellt. Da diese<br />

Wanze ausschließlich im<br />

Mittelmeerraum vorkommt,<br />

war davon auszugehen,<br />

dass sie über einen der<br />

verwendeten Salate nach<br />

einer langen Reise über die<br />

Alpen in den Schwarzwald<br />

gelangte.<br />

Abb. 4:<br />

In einer Originalpackung<br />

befanden sich bereits verschimmelte<br />

Tortellini. Dies<br />

ist auf beschädigte Packungen<br />

zurückzuführen. Oft<br />

genügt eine kleine Undichtigkeit<br />

der Packung, dass<br />

die Ware verschimmelt.


54 Lebensmittelüberwachung BW <strong>Teil</strong> <strong>III</strong>: Produktgruppe Lebensmittel<br />

Diätetische Lebensmittel <strong>und</strong> Sportlernahrung<br />

Vorbeugung oder <strong>und</strong> eine günstige Beeinflussung bestehender ernährungsbedingter Erkrankungen durch<br />

eine diätetische Behandlung ist vielfach möglich, ob jedoch einzelne Stoffe bzw. Stoffgemische wie „Zimt“ bei<br />

Diabetes oder „Rotwein-Extrakt“ bei Arteriosklerose hilfreich sind, ist mehr als fraglich …<br />

Diabetes mellitus – eine Volkskrankheit?<br />

Diabetes mellitus Typ 2 (= „Alterszuckerkrankheit“) wird in Deutschland immer häufiger;<br />

derzeit sind ca. 6 Millionen Menschen hier zu Lande betroffen. Oft ist – bei entsprechender<br />

genetischer Veranlagung – eine Adipositas (Fettsucht) die Ursache, d. h. eine falsche Ernährung<br />

in Verbindung mit Bewegungsmangel. Gr<strong>und</strong>sätzlich wird eine ballaststoff- <strong>und</strong> vitaminreiche<br />

Vollwertkost für den Diabetiker empfohlen. Hinweise <strong>und</strong> Hilfestellungen für die Betroffenen<br />

sind auf den Internetseiten der Deutschen Diabetes-Gesellschaft unter www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de<br />

<strong>und</strong> der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) unter www.<br />

dge.de zu finden. Offen angebotene Diabetiker-Lebensmittel wie Speiseeis, Desserts <strong>und</strong><br />

feine Backwaren waren häufig nicht korrekt gekennzeichnet.<br />

„Zimt gegen Zucker“<br />

Gemeinschaftsverpflegung bei<br />

Diabetes in Krankenhäusern <strong>und</strong><br />

Diese Sensationsmeldung lässt Diabetiker<br />

derzeit hoffen, ihren Zucker-<br />

Seniorenheimen<br />

<strong>und</strong> Lipidspiegel im Blut durch die Einnahme<br />

von Zimt auf natürliche Weise wurde schwerpunktmäßig in Senio-<br />

Die gesamte Tageskost für Diabetiker<br />

regulieren zu können. Nach einer in renheimen überprüft. Da alte <strong>und</strong> insbesondere<br />

bettlägerige Menschen nur<br />

Pakistan durchgeführten Studie sollen<br />

im Zimt vorkommende Polyphenole einen geringen Energieumsatz haben,<br />

insulinähnliche Wirkung aufweisen. müssen die lebensnotwenigen Nährstoffe<br />

auch bei geringem Gesamt-<br />

Da diese Studie aufgr<strong>und</strong> von gravierenden<br />

Mängeln nicht als ausreichender<br />

wissenschaftlicher Beleg für aufgenommen werden. Praktisch ist<br />

Kaloriengehalt der Tagesverpflegung<br />

die therapeutische Wirksamkeit von dies nur möglich, wenn eine sorgfältige<br />

Nährwert-Berechnung den Kost-<br />

Zimt bei Diabetes mellitus angesehen<br />

werden kann, rät z. B. die Deutsche plänen zugr<strong>und</strong>e liegt. Das gilt für die<br />

Diabetes Gesellschaft von der Selbstmedikation<br />

mit Zimt ab. Zudem wird für die von Nicht-Diabetikern. Häufig<br />

Diabetiker-Verpflegung genauso wie<br />

auf das allergene Potenzial von Zimt wird dies v. a. im Bereich der Seniorenernährung<br />

nur ansatzweise durchge-<br />

hingewiesen.<br />

führt, in einzelnen Fällen fehlte sogar<br />

jegliches diätetisch geschulte Personal.<br />

Die überwiegende Anzahl der 50<br />

untersuchten diätetischen Tagesverpflegungen<br />

waren zu fett, enthielten<br />

einen zu hohen Anteil an gesättigten<br />

Fettsäuren aus tierischen Lebensmitteln,<br />

häufig bei zu geringer Zufuhr<br />

an Ballaststoffen <strong>und</strong> zu hohem<br />

Kochsalzgehalt. Bei einigen Mikronährstoffen<br />

wie z. B. Calcium, Eisen,<br />

Folsäure <strong>und</strong> Vitamin D enthielten die<br />

Verpflegungen weit geringere Gehalte<br />

als durch die DGE empfohlen. Den Küchenleitungen<br />

wurden konkrete Verbesserungsvorschläge<br />

gemacht.<br />

Bilanzierte Diäten:<br />

„Rotwein-Extrakt bei<br />

Arteriosklerose <strong>und</strong> Herz-<br />

Kreislauf-Erkrankungen“<br />

Im Jahr 2005 wurde beim B<strong>und</strong>esamt<br />

für Verbraucherschutz <strong>und</strong> Lebensmittelsicherheit<br />

wieder eine Vielzahl<br />

von Erzeugnissen als Lebensmittel für<br />

besondere medizinische Zwecke (bilanzierte<br />

Diäten) angezeigt. Eine Gruppe<br />

dieser Produkte ist für den Bereich<br />

„Arteriosklerose“, „Herz-Kreislauf-Störungen<br />

“ oder „Koronare Herzkrankheit“<br />

gedacht. Diese Erzeugnisse<br />

enthalten als Zutaten unter anderem<br />

„Rotwein-Extrakt“, „Rote-Trauben-Extrakt“<br />

oder „Traubenkernextrakt“.<br />

Von Arteriosklerose wird bei einer<br />

krankhaften Veränderung der Gefäßwände<br />

der Arterien mit Verhärtungen<br />

<strong>und</strong> Verdickungen gesprochen. Die<br />

Entstehung der Arteriosklerose ist ein<br />

jahrzehntelanger, langsam fortschreitender<br />

Prozess.<br />

Die Koronare Herzkrankheit (KHK) ist<br />

gekennzeichnet durch die Einengung<br />

oder den Verschluss einzelner oder<br />

mehrerer Herzkranzgefäße, was zu<br />

einer ungenügenden Blut-, bzw. Sauerstoffversorgung<br />

des Herzmuskels<br />

führt. Ursache ist meist die Arteriosklerose.<br />

Für die KHK wurden verschiedene<br />

Risikofaktoren festgestellt,<br />

z. B. Alter, genetische Veranlagung,<br />

Bluthochdruck, Rauchen, Diabetes<br />

mellitus oder Übergewicht sowie veränderte<br />

Blutfettwerte.<br />

In zahlreichen Untersuchungen wurde<br />

nachgewiesen, dass die Ernährung<br />

neben einer notwendigen ärztlichen<br />

Therapie der wichtigste beeinflussbare<br />

Faktor ist. Auch bei bereits bestehender<br />

KHK bzw. Arteriosklerose<br />

ist die Ernährungsumstellung eine<br />

gr<strong>und</strong>legende therapeutische Maßnahme.<br />

Als Empfehlungen für eine<br />

Ernährungstherapie werden international<br />

gleichlautende Empfehlungen,


Diätetische Lebensmittel <strong>und</strong> Sportlernahrung Jahresbericht 2005 55<br />

mung mit einer Bewertung durch das<br />

B<strong>und</strong>esinstitut für Risikobewertung<br />

werden derartige Erzeugnisse daher<br />

aus ernährungsphysiologischer Sicht<br />

für die ausgelobten Zwecke als nicht<br />

geeignet beurteilt.<br />

Sportlernahrung<br />

Lebensmittel für Sportler können diätetische Lebensmittel sein, sofern<br />

sie alle Kriterien für die Einstufung als diätetische Lebensmittel erfüllen.<br />

Dazu gehört u. a., dass sie sich in ihrer Zusammensetzung maßgeblich<br />

von „normalen“ Lebensmitteln unterscheiden <strong>und</strong> dass der Personenkreis,<br />

der einen besonderen Nutzen aus dem Verzehr des Lebensmittels<br />

ziehen soll, ausreichend genau beschrieben ist. Nicht jede Sportlernahrung<br />

ist für jeden Sportler nützlich. Nahrungsergänzungsmittel sind zur<br />

Ergänzung der allgemeinen Ernährung bestimmt <strong>und</strong> werden in dosierter<br />

Form zur Aufnahme in abgemessenen kleinen Mengen angeboten.<br />

Für Nahrungsergänzungsmittel <strong>und</strong> diätetische Lebensmittel gibt es z.T.<br />

unterschiedliche Regelungen für „Zusatzstoffe zu ernährungsphysiologischen<br />

Zwecken“ z. B. Aminosäuren sowie verschiedene Anforderungen<br />

an die Kennzeichnung der Produkte. Daher empfiehlt sich eine<br />

Angebotsform, die eine eindeutige Zuordnung dieser Produkte für<br />

eine der beiden Kategorien ermöglicht – sonst sind Probleme durch<br />

widersprüchliche Regelungen vorprogrammiert.<br />

die auch bei Fettstoffwechselstörungen<br />

anwendbar sind, ausgesprochen.<br />

Es wird eine generelle Umstellung in<br />

Richtung einer fettarmen Ernährung,<br />

eines erhöhten Verzehrs von pflanzlichen<br />

Lebensmitteln <strong>und</strong> pflanzlichen<br />

Ölen anstelle tierischer Fette, Omega-3-fettsäurereichen<br />

Fischsorten, die<br />

Verringerung des Verzehrs tierischer<br />

Lebensmittel sowie Verringerung des<br />

Alkoholkonsums empfohlen. Im Sinne<br />

einer umfassenden Umstellung des<br />

Lebensstils wird zu einer Steigerung<br />

der körperlichen Aktivität, Gewichtsreduktion<br />

<strong>und</strong> Aufgabe des Rauchens<br />

geraten. Da Fettstoffwechselstörungen<br />

(Hyperlipidämien) als wichtiger Risikofaktor<br />

für die Entstehung von arteriosklerotischen<br />

Gefäßerkrankungen<br />

gelten, decken sich die Ernährungsempfehlungen<br />

zu deren Therapie im<br />

Wesentlichen mit den Empfehlungen<br />

bei KHK <strong>und</strong> Arteriosklerose.<br />

Eine Empfehlung zur isolierten Aufnahme<br />

von hoch dosierten Vitamin-,<br />

mineralstoff- oder pflanzenextrakthaltigen<br />

Präparaten, von isolierten monomeren<br />

bis polymeren Polyphenolen<br />

in Form des Traubenkernextraktes,<br />

gibt es derzeit nicht. Es liegen keine<br />

ausreichenden klinischen Unterlagen<br />

darüber vor, ob eine diätetische Behandlung<br />

der genannten Störungen<br />

mit isolierter Zufuhr von z. B. „Rote<br />

Trauben-Extrakt“, „ Rotwein-Extrakt“<br />

oder „Traubenkernextrakt“ sicher <strong>und</strong><br />

nutzbringend ist <strong>und</strong> welche Dosen<br />

dabei einzusetzen wären. In Abstim-


56 Lebensmittelüberwachung BW <strong>Teil</strong> <strong>III</strong>: Produktgruppe Lebensmittel<br />

Nahrungsergänzungsmittel<br />

Von 350 Proben waren 182 zu beanstanden (52 %). Wie schon<br />

im Vorjahr betrafen die meisten Beanstandungen irreführende<br />

Angaben <strong>und</strong> Kennzeichnungsmängel. Verhältnismäßig oft wurde<br />

auch festgestellt, dass nicht zugelassene Zusatzstoffe wie z. B. stark<br />

angereicherte sek<strong>und</strong>äre Pflanzenstoffe verwendet wurden.<br />

Produkte, bei denen es sich aufgr<strong>und</strong> der Zusammensetzung oder<br />

Aufmachung nicht um Nahrungsergänzungsmittel, sondern um Arzneimittel<br />

handelte, sind in diesem Bericht nicht erfasst.<br />

Abb.:<br />

Mogelpackung<br />

Mogelpackungen bei<br />

Kaffeefahrten<br />

Schon seit Jahren werden auf Kaffeefahrten<br />

Nahrungsergänzungsmittel<br />

verkauft. Da die Produkte in der Regel<br />

sehr teuer sind, legen die Verkäufer<br />

Wert auf repräsentative, große Verpackungen,<br />

die den geforderten Preis<br />

angemessen erscheinen lassen.<br />

Inzwischen stellen wir immer häufiger<br />

fest, dass solche Packungen zu Mogelpackungen<br />

vergrößert werden. Zum<br />

Beispiel durch zwei 4 bis 5 cm dicke<br />

Styropor-Formeinlagen, zwischen denen<br />

sich nur eine einzige Schicht von<br />

Trinkfläschchen befindet. So lässt sich<br />

das Packungsvolumen leicht vervielfachen.<br />

Oder durch doppelte Böden:<br />

Unter einer Lage Trinkfläschchen wird<br />

ein Zwischenboden eingezogen, unter<br />

dem sich nur noch leere Hohlkörper<br />

befinden. Dadurch besteht gut ¾ der<br />

Packung nur aus Luft.<br />

Bei allen Mogelpackungen konnte<br />

man ohne Öffnen der Packung, u. U.<br />

auch Auspacken des Inhalts, nicht<br />

feststellen, wie gering die Befüllung<br />

im Vergleich zur Packungsgröße war.<br />

Deshalb wurden sie von uns als irreführend<br />

aufgemacht beanstandet.<br />

Cadmium in Spirulina-<br />

Algen<br />

Im Rahmen des b<strong>und</strong>esweiten Monitorings<br />

zur Belastung von Nahrungsergänzungsmitteln<br />

mit Schwermetallen<br />

fiel ein Spirulina-Präparat durch hohe<br />

Cadmiumgehalte in der Größenordnung<br />

von 20 mg / kg auf. Daher wurden<br />

insgesamt 27 Folgeproben von weiteren<br />

Chargen des gleichen Erzeugnisses<br />

<strong>und</strong> Algenprodukten anderer Hersteller<br />

untersucht. Bei zwei weiteren<br />

Chargen des gleichen Herstellers <strong>und</strong><br />

zwei Nahrungsergänzungsmitteln anderer<br />

Hersteller ergaben sich ebenfalls<br />

Cadmiumaufnahmen von über 100 µg<br />

pro Tag bei den angegebenen Verzehrempfehlungen.<br />

Cadmium weist ein krebserzeugendes<br />

Potenzial auf. Da derartige Nahrungsergänzungsmittel<br />

im Regelfall über<br />

längere Zeiträume eingenommen werden,<br />

wurden die Erzeugnisse als „ges<strong>und</strong>heitsschädlich“<br />

beurteilt. Für die<br />

toxikologische Beurteilung wurde der<br />

von der WHO festgelegte PTWI-Wert<br />

(Provisional Tolerable Weekly Intake)<br />

von 7 µg / kg Körpergewicht / Woche<br />

herangezogen. Hieraus errechnet sich<br />

für einen Erwachsenen von 70 kg eine<br />

tolerierbare wöchentliche Aufnahmemenge<br />

von 490 µg Cadmium.<br />

Als Ursache für die Belastung von Spirulina<br />

mit Cadmium wurde behördlicherseits<br />

die Aufzucht der Spirulina-Algen<br />

in Becken aus cadmiumlässigem<br />

Beton ermittelt.<br />

Lachsölpräparate<br />

Die Zufuhr der langkettigen ω-3-Fettsäuren:<br />

Docosahexaensäure (DHA)<br />

<strong>und</strong> Eicosapentaensäure (EPA) durch<br />

Nahrungsergänzungsmittel kann bei<br />

einer seefischarmen Ernährung sinnvoll<br />

sein, da diese Fettsäuren funktionelle<br />

Wirkungen auf das Herz- Kreislauf-System<br />

ausüben. Auf dem Markt<br />

befindet sich eine breite Produktpalette<br />

von Fischölkapseln mit entsprechender<br />

Auslobung.<br />

29 Proben Lachsölkapseln (13 Hersteller,<br />

25 Chargen), <strong>und</strong> 1 Probe Fischölkapseln<br />

wurden auf ihren Gehalt an<br />

ω-3-Fettsäuren untersucht. Keine der<br />

Proben war bezüglich der Angaben<br />

zum Fettsäuregehalt zu beanstanden,<br />

auch der Vitamin-E-Gehalt lag<br />

innerhalb der Toleranzen. Aufgr<strong>und</strong><br />

der Fettsäuremuster war jedoch festzustellen,<br />

dass keine der Proben aus<br />

reinem Lachsöl bestand. Alle Proben<br />

enthielten auch andere Fischöle, obwohl<br />

auf den Verpackungen als Zutaten<br />

stets nur „Lachsöl“-Erzeugnisse<br />

genannt <strong>und</strong> sehr häufig springende<br />

Lachse abgebildet waren. Die Proben<br />

wurden wegen der irreführenden Verkehrsbezeichnung<br />

<strong>und</strong> Aufmachung<br />

sowie der unvollständigen Angaben<br />

in der Zutatenliste beanstandet.<br />

Im Einklang mit Literaturangaben<br />

ergaben eigene Untersuchungen<br />

von 43 Proben Öl aus Wildlachs <strong>und</strong><br />

Zucht lachs bei allen ein Verhältnis von<br />

DHA / EPA über 1,2 <strong>und</strong> einen Eicosensäuregehalt<br />

über 2,5 %. Bei allen untersuchten<br />

Lachsölkapseln dagegen<br />

lag das DHA / EPA-Verhältnis unter<br />

1,2. 24 Proben wiesen Eicosensäuregehalte<br />

unter 2,5 % <strong>und</strong> 6 Proben über<br />

2,5 % auf.


Nahrungsergänzungsmittel Jahresbericht 2005 57<br />

Sagredos, A. N.:<br />

Fat Sci. Technol. Nr. 5,<br />

eigene Untersuchungen<br />

(Angaben in Flächen % Methylester)<br />

S. 184 ff. (1991)<br />

Fettsäuren Lachsöl (n = 6) Lachsöle (n = 43) Lachsölkapseln (n = 30) Fischölkapseln (n = 1)<br />

Tabelle:<br />

Identitätsprüfung<br />

von Lachsölkapseln<br />

Eicosensäure 14,07 7,14 2,20 2,12<br />

DHA 9,02 10,99 12,75 16,81<br />

EPA 5,12 6,48 17,90 12,02<br />

Summe Omega3 14,63 18,88 31,72 29,90<br />

DHA / EPA 1,86 1,75 0,73 0,70<br />

Linolensäure 0,50 1,41 1,07 1,07<br />

Irreführung durch Nahrungsergänzungsmittel:<br />

„A – Z, … mit 27 Vitaminen <strong>und</strong> Mineralstoffen“<br />

Nahrungsergänzungsmittel<br />

mit Grüntee<br />

Multipräparate „A – Z Nahrungsergänzungsmittel<br />

mit 27 Vitaminen <strong>und</strong> Mineralstoffen“<br />

werden gerne gekauft,<br />

glauben die K<strong>und</strong>en doch, so eine<br />

R<strong>und</strong>um-Versorgung mit insgesamt<br />

27 Vitaminen <strong>und</strong> Mineralstoffen (inklusive<br />

Spurenelementen) zu erhalten.<br />

Allerdings stellen wir regelmäßig fest,<br />

dass die Produkte nur 24 Vitamine <strong>und</strong><br />

Mineralstoffe (inkl. Spurenelemente)<br />

in einer tatsächlich zur Nahrungsergänzung<br />

geeigneten Menge von<br />

mindestens 15 % des Tagesbedarfs<br />

zuführen.<br />

Auf den ersten Blick fällt aber selbst<br />

dem Fachmann nicht auf, dass nur 24<br />

Vitamine <strong>und</strong> Mineralstoffe in relevanten<br />

Mengen zugeführt werden, werden<br />

doch in der Nährstofftabelle 27<br />

Stoffe aufgelistet. Bei einigen Mineralstoffen<br />

fehlt regelmäßig die Angabe<br />

des prozentualen Anteils am täglichen<br />

Bedarf, der mit dem Nahrungsergänzungsmittel<br />

gedeckt wird, da diese<br />

Angabe bei einigen Mineralstoffen<br />

noch nicht vorgeschrieben ist. Nur<br />

durch diese Prozentangabe kann ein<br />

Verbraucher aber eindeutig erkennen,<br />

ob eine nennenswerte Zufuhr erfolgt<br />

oder nur eine minimale.<br />

Regelmäßig ergibt bei Kalium, Chlorid<br />

<strong>und</strong> Silicium der Vergleich der angegebenen<br />

Gehalte mit den Zufuhrempfehlungen<br />

der Deutschen Gesellschaft<br />

für Ernährung oder mit der Zufuhr<br />

durch die normale Ernährung, dass<br />

ihre Mengen in den Nahrungsergänzungsmitteln<br />

viel zu gering sind, um<br />

die Versorgungslage nennenswert zu<br />

verbessern. Daher beanstanden wir<br />

es als irreführend, wenn in der Nährwerttabelle<br />

zwar auf diese Stoffe hingewiesen<br />

wird, der Verbraucher aber<br />

nicht gleichzeitig informiert wird, wie<br />

gering der zugeführte Anteil am Tagesbedarf<br />

ist. Ebenso beanstanden wir<br />

Werbeaussagen wie „mit 27 Vitaminen<br />

<strong>und</strong> Mineralstoffen“, wenn nicht<br />

27 Stoffe in einer ausreichenden Menge<br />

zugeführt werden.<br />

Leider wurden vom Gesetzgeber<br />

noch keine Mindestmengen für den<br />

durch das Nahrungsergänzungsmittel<br />

abzudeckenden Anteil des täglichen<br />

Bedarfs festgelegt. Dies soll erst zu<br />

einem späteren Zeitpunkt erfolgen.<br />

Das internationale Gremium, die Codex<br />

Alimentarius Kommission, hat<br />

aber in einer kürzlich verabschiedeten<br />

Richtlinie festgelegt, dass bei<br />

Nahrungsergänzungen mit Vitaminen<br />

<strong>und</strong> Mineralstoffen jedes enthaltene<br />

Vitamin / jeder enthaltene Mineralstoff<br />

bei Einhaltung der angegebenen Verzehrsempfehlung<br />

mindestens 15 %<br />

zum jeweiligen Tagesbedarf beitragen<br />

soll.<br />

In Grüntee enthaltene Catechine gelten<br />

als antioxidativ wirksame Substanzen,<br />

die schädliche Sauerstoffradikale<br />

abfangen. Die Werbung für NEM nutzt<br />

dies insbesondere für Hinweise auf<br />

die Prävention von Herz- Kreislauf-Erkrankungen.<br />

In 10 Proben wurden Gehalt <strong>und</strong> Verteilung<br />

der Catechine einschließlich<br />

Coffein überprüft. Eine Probe wies einen<br />

erheblich höheren Catechingehalt<br />

auf als deklariert; bei einer weiteren<br />

ergab sich der Verdacht auf einen nicht<br />

deklarierten Coffeinzusatz.<br />

Das Datenmaterial reicht gegenwärtig<br />

für eine abschließende Bewertung<br />

zwar noch nicht aus, die Ergebnisse<br />

deuten aber darauf hin, dass es sich<br />

bei den verwendeten Gr<strong>und</strong>stoffen<br />

nicht um „Teeextrakte“ (diese Lebensmittel<br />

sind per Definition wässrige Extrakte),<br />

sondern um mit anderen Verfahren<br />

gewonnene Extrakte mit selektiv<br />

angereicherten Catechinen handelt,<br />

die möglicherweise einer Zulassung<br />

nach der Novel-Food-Verordnung bedürfen.


58 Lebensmittelüberwachung BW <strong>Teil</strong> <strong>III</strong>: Produktgruppe Lebensmittel<br />

Funktionelle Lebensmittel (Functional Food)<br />

Funktionelle Lebensmittel sollen neben ihrem Zweck zu Ernährung oder Genuss zusätzlich eine<br />

präventiv ges<strong>und</strong>heitsfördernde Wirkung aufweisen, die auf den Erzeugnissen entsprechend<br />

beworben wird.<br />

Probiotische Lebensmittel<br />

Probiotische Lebensmittel werden<br />

meist in Form von Milcherzeugnissen<br />

angeboten <strong>und</strong> enthalten spezifische<br />

Mikroorganismen, die einen günstigen<br />

Einfluss auf die Darmflora haben<br />

sollen. Ein solcher probiotischer Effekt<br />

ist nur dann zu erwarten, wenn die<br />

Erzeugnisse regelmäßig – möglichst<br />

täglich – verzehrt werden. Ein solcher<br />

Hinweis auf den „regelmäßigen Verzehr“<br />

findet sich mittlerweile auf fast<br />

allen Produkten.<br />

Auffällig ist, dass die Werbeaussagen<br />

von Jahr zu Jahr moderater werden<br />

z. B. „kann bei regelmäßigem Verzehr<br />

die natürlichen Abwehrkräfte unterstützen“<br />

bis dahin, dass gar keine<br />

Werbeaussagen mehr gemacht werden<br />

<strong>und</strong> nur noch auf einen „probiotischen“<br />

Mikroorganismus hingewiesen<br />

wird. Gelegentlich werden<br />

auch die verwendeten probiotischen<br />

Stämme gar nicht mehr genannt. Offensichtlich<br />

sind die „Probiotika“ beim<br />

Verbraucher mittlerweile so gut etabliert,<br />

dass die Hersteller die Wirkungen<br />

gar nicht mehr ausloben müssen – die<br />

Produkte werden trotzdem gekauft!<br />

Pflanzenextrakte –<br />

Sek<strong>und</strong>äre Pflanzeninhaltstoffe<br />

(SPS)<br />

Die Lebensmittelchemische Gesellschaft<br />

hat einen Leitfaden zur Beurteilung<br />

von Pflanzenextrakten (am<br />

Beispiel SPS) veröffentlicht (Lebensmittelchemie<br />

59, 107 – 110, 2005), in<br />

dem zur korrekten Verkehrsbezeichnung,<br />

Aspekten der Lebensmittelsicherheit,<br />

zur wissenschaftlichen Absicherung<br />

von Wirkungsaussagen <strong>und</strong><br />

zur rechtlichen Einstufung von Extrakten<br />

oder Lebensmitteln mit Extrakten,<br />

Stellung genommen wird.<br />

ACE-Getränke mit <strong>und</strong><br />

ohne Ballaststoffe<br />

Unter ACE-Getränken werden Erfrischungsgetränke<br />

auf Basis von Mehrfruchtsäften<br />

verstanden, die mit den<br />

Vitaminen A (in Form des Provitamins<br />

β-Carotin), C <strong>und</strong> E angereichert werden.<br />

Dieser Mix aus den antioxidativ<br />

wirkenden Vitaminen ist ebenfalls zur<br />

Unterstützung der Abwehrkräfte gedacht.<br />

Auch bei dieser Produktgruppe<br />

ist festzustellen, dass sie fast keine<br />

Werbeaussagen mehr aufweist. Die<br />

Vitamingehalte waren in den meisten<br />

Fällen korrekt deklariert, die β-Carotin-Gehalte<br />

der untersuchten Proben<br />

lagen zwischen 0,3 <strong>und</strong> 2,9 mg / 100<br />

ml <strong>und</strong> lagen durchschnittlich bei 1,4<br />

mg / 100 ml. Die Gehalte sind gegenüber<br />

den Vorjahren unverändert. ACE-<br />

Getränke können somit einen bedeutsamen<br />

Anteil an der Gesamt-Aufnahme<br />

an β-Carotin liefern, bei Verzehr<br />

von 500 ml pro Tag bis zu 12 mg.<br />

Bei mit Ballaststoffen angereicherten<br />

Getränken sind gelegentlich die Nährwertangaben<br />

ein Problem: Die Menge<br />

an Ballaststoffen, die in der üblichen<br />

Verzehrsportion oder der empfohlenen<br />

Tagesverzehrsmenge des Getränks<br />

enthalten ist, sollte einen wesentlichen<br />

Beitrag (mindestens 3 g) zur<br />

empfohlenen Gesamt-Ballaststoffzufuhr<br />

(30 g) leisten. Die Kennzeichnung<br />

<strong>und</strong> Werbung sollte so erfolgen, dass<br />

der Verbraucher den Beitrag eindeutig<br />

erkennen kann.<br />

Carnitin – der Fettkiller ?<br />

Das Bedürfnis, überflüssige Pf<strong>und</strong>e<br />

möglichst „wie von selbst“ loszuwerden,<br />

ist weit verbreitet. Da kommt so<br />

ein „Fettkiller“-Stoff gerade recht. In<br />

Lebensmittel eingearbeitet, die ohnehin<br />

ein sportliches oder Wellness-<br />

Image haben, ist Carnitin eine beliebte<br />

Zutat in süßungsmittelhaltigen<br />

Getränken, Nahrungsergänzungsmitteln,<br />

Sportlernahrung, Reduktionsdiäten<br />

sowie pulvrigen Erzeugnissen<br />

auf Eiweißbasis zur Herstellung eines<br />

Eiweißdrinks. Dem Verbraucher wird<br />

versprochen, dass das enthaltene Carnitin<br />

den „Body formt“, „den Fettstoffwechsel<br />

anheizt“, etwas moderater,<br />

dass Carnitin „zur Fettverbrennung<br />

beiträgt“ oder eine „Fat Loss Support<br />

Formula“ wird in Aussicht gestellt.<br />

Leider sehen die Tatsachen etwas<br />

anders aus: Beim Ges<strong>und</strong>en kann L -<br />

Carnitin in ausreichenden Mengen in<br />

Leber, Niere <strong>und</strong> Gehirn hergestellt<br />

werden <strong>und</strong> ist somit für den Menschen<br />

kein lebensnotwendiger Nährstoff.<br />

In der Natur kommt L -Carnitin in<br />

pflanzlichen <strong>und</strong> tierischen Lebensmitteln<br />

vor, wobei die tierischen Lebensmittel<br />

deutlich höhere Mengen enthalten.<br />

Die Hauptaufgabe von L -Carnitin<br />

im Stoffwechsel ist die Funktion als<br />

„Biocarrier“, d. h. nur mithilfe von L -<br />

Carnitin können langkettige Fettsäuren<br />

Membranen passieren <strong>und</strong> dann abgebaut<br />

werden. Hierbei wird L -Carnitin<br />

jedoch nicht „verbraucht“, sondern<br />

regeneriert. Also leider ist weder eine<br />

Verbesserung der Leistungsfähigkeit<br />

bei sportlichen Belastungen noch ein<br />

Einfluss auf die Gewichtsabnahme zu<br />

erwarten – wieder eine geplatzte Seifenblase.


Funktionelle Lebensmittel / Neuartige Lebensmittel Jahresbericht 2005 59<br />

Neuartige Lebensmittel (Novel Food)<br />

Erweiterung der Palette der zugelassenen<br />

neuartigen Lebensmittel<br />

Im Jahr 2005 sind wieder zahlreiche Lebensmittel in<br />

den Verkehr gebracht worden, die selbst oder ihre Zutaten<br />

als neuartige Lebensmittel im Sinne der Verordnung<br />

über neuartige Lebensmittel einzustufen sind.<br />

Wie bereits im Jahresbericht 2004 ausführlich dargestellt<br />

wurde, dürfen Lebensmittel, die bisher noch nicht<br />

in nennenswertem Umfang für den menschlichen Verzehr<br />

verwendet wurden, nicht ohne die Zulassung durch die<br />

Europäische Union verkauft werden. Neuartige Lebensmittel<br />

müssen ein Zulassungsverfahren<br />

durchlaufen, das ihre ges<strong>und</strong>heitliche Unbedenklichkeit<br />

sicherstellt.<br />

Das Zulassungsverfahren ist aufgr<strong>und</strong><br />

der umfangreichen Prüfungen,<br />

insbesondere auch hinsichtlich<br />

des notwendigen Nachweises<br />

der ges<strong>und</strong>heitlichen Unbedenklichkeit,<br />

langwierig <strong>und</strong> aufwändig.<br />

Wenn ein Lebensmittel zum ersten<br />

Mal in einem EU-Land einem Bewertungsverfahren<br />

unterworfen wird, wird<br />

der Vorgang auch allen Mitgliedsländern<br />

zwecks Überprüfung vorgelegt. Die Prüfung<br />

von neuartigen Lebensmitteln durch zahlreiche<br />

unabhängige Instanzen ist die beste Garantie für Qualität<br />

<strong>und</strong> Sicherheit der neuartigen Lebensmittel.<br />

Im Jahr 2005 wurde der Zulassungsantrag für Betain abschließend<br />

entschieden. Betain, das aus Zuckerrüben isoliert<br />

werden kann, sollte Lebensmitteln zur Senkung des<br />

Homocystein-Spiegels im Blut zugesetzt werden. Erhöhte<br />

Homocystein-Spiegel im Blut werden als Risikofaktor für<br />

Herz-Kreislauf-Erkrankungen diskutiert. Der Zusammenhang<br />

zwischen einer Erniedrigung des Homocystein-Spiegels<br />

<strong>und</strong> einem dadurch verringerten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen<br />

konnte jedoch wissenschaftlich noch<br />

nicht gesichert nachgewiesen werden. Weitere Studien<br />

dazu sind notwendig.<br />

Weiterhin kann ein unerwünschter, kumulierter Verzehr<br />

von mit Betain angereicherten Lebensmitteln nicht ausgeschlossen<br />

werden. Aus diesem Gr<strong>und</strong> konnte die Sicherheit<br />

dieses Zusatzes nicht ausreichend belegt werden. Daher<br />

wurde Betain aus Zuckerrüben die Zulassung als neuartiges<br />

Lebensmittel verweigert.<br />

Genehmigt wurden die Zulassungsanträge für Isomaltulose<br />

<strong>und</strong> Tagatose. Bei Isomaltulose handelt es sich um<br />

ein Isomeres der Saccharose. Seine Süßkraft beträgt nur<br />

ca. 40 % der von Saccharose, es wird langsamer verstoffwechselt<br />

<strong>und</strong> verhält sich im Gegensatz zu Saccharose<br />

nicht zahnschädigend.<br />

Bei der Verdauung wird Isomaltulose in seine Bestandteile<br />

Glucose <strong>und</strong> Fructose zerlegt. Daher ist für die Kennzeichnung<br />

der Lebensmittel mit Isomaltulose der Hinweis<br />

„Isomaltulose ist eine Glucose- <strong>und</strong> Fructosequelle“ vorgeschrieben.<br />

Es soll als Zutat für Getränke, Getreideprodukte<br />

<strong>und</strong> Süßwaren Verwendung finden.<br />

Tagatose ist ein Fruktoseisomer, das aus Lactose gewonnen<br />

wird.<br />

In dem vereinfachten Zulassungsverfahren für neuartige<br />

Produkte, für die die Gleichwertigkeit mit einem bereits zugelassenen<br />

neuartigen Lebensmittel belegt werden konnte,<br />

wurden 18 verschiedene Lebensmittel mit Zusatz<br />

von Phytosterolen, zehn Nonisäfte <strong>und</strong><br />

drei Arganöle zugelassen.<br />

Nonisaft<br />

Immer wieder tauchen Studien<br />

auf, die eine Leberschädigung<br />

mit dem Verzehr von Nonisäften<br />

in Zusammenhang bringen.<br />

Bisher konnten solche Studien<br />

nicht bestätigt werden. Die europäische<br />

Sicherheitsbehörde prüft<br />

diesen Verdacht derzeit.<br />

Erzeugnisse mit Nonisaft geben jedoch immer<br />

wieder Anlass zur Beanstandung. Eine dieser Proben wurde<br />

aufgr<strong>und</strong> der zugesetzten Vitaminmischung („ACE“) als<br />

Nahrungsergänzungsmittel bezeichnet <strong>und</strong> wurde auf einer<br />

Messeveranstaltung zusammen mit einer Werbebroschüre<br />

in Verkehr gebracht.<br />

Eine Vielzahl von Kennzeichnungsmängeln <strong>und</strong> eine erhebliche<br />

Unterschreitung des Vitamin-A-Gehaltes zeigt die<br />

mangelhafte Qualitätssicherung durch den Hersteller an.<br />

Außerdem war die Gestaltung des verteilten Faltblattes in<br />

hohem Maße zur Verbrauchertäuschung geeignet, da mit<br />

Wirkungen <strong>und</strong> Funktionen eines Arzneimittels geworben<br />

wurden. Wissenschaftlich betrachtet, bietet Nonisaft gegenüber<br />

anderen Fruchtsäften keine ernährungsphysiologischen<br />

Vorteile. Dies wurde bereits 2002 bei der Zulassung<br />

als Neuartiges Lebensmittel durch das wissenschaftliche<br />

Komitee der EU (SCF) ausdrücklich festgestellt.<br />

Auch seriöse Hersteller profitieren davon, dass die Verkehrsauffassung<br />

von Nonisaft als „heilkräftiges W<strong>und</strong>ermittel“<br />

durch Internetwerbung, dubiose Vermarktungsstrategien<br />

wie private Verkaufsveranstaltungen, Buchbewerbungen<br />

etc. geprägt ist. Das CVUA Stuttgart beurteilte<br />

deshalb auch noch allgemein gehaltene Werbeaussagen<br />

als irreführend, wenn ihr Ziel eindeutig auf entsprechende<br />

Verbrauchererwartungen gerichtet war.


60 Lebensmittelüberwachung BW <strong>Teil</strong> <strong>III</strong>: Produktgruppe Lebensmittel<br />

Zusatzstoffe <strong>und</strong> Aromastoffe<br />

Aromastoffe<br />

Ob Lebensmittel oder Kosmetika: Aromastoffe betreffen uns alle. Auch Aber auch wenn beispielsweise Himbeergeisten<br />

mit dem typisch intensi-<br />

2005 betraf das Untersuchungsspektrum auf Aromastoffe nahezu sämtliche<br />

Produktbereiche. Stellvertretend sollen hier nur einige „highlights“ ven Aromastoff Himbeerketon nachgeholfen<br />

wurde, lässt sich dies mit<br />

herausgegriffen werden.<br />

GC / MS nachweisen. 2005 wurden<br />

Natürlich oder naturidentisch – das ist hier die Frage 26 Proben auf Himbeerketon untersucht: Der Aromastoff,<br />

der bei der Destillation im Rückstand verbleibt <strong>und</strong> daher im<br />

Für den Verbraucher ist es oft kaufentscheidend, ob für die<br />

fertigen Produkt nicht zu finden ist, wurde in zwei Proben<br />

Herstellung des Produktes natürliche oder naturidentische<br />

gef<strong>und</strong>en. Die betroffenen Hersteller gaben die unzulässige<br />

Aromastoffe verwendet wurden. Um den Verbraucher vor<br />

Aromatisierung jeweils bei einer daraufhin durchgeführten<br />

Irreführung zu schützen, werden ständig Aromen <strong>und</strong> verzehrsfertige<br />

Lebensmittel daraufhin untersucht. So zeigten<br />

Lebensmittelkontrolle zu.<br />

2005 ein Mirabellenbrand, eine als natürlich aufgemachte<br />

Aprikosenspirituose, ein Prosecco <strong>und</strong> ein Waldbeeren- Parfümstoffe in Kosmetika<br />

Fruchtsaftgetränk chemisch-synthetische naturidentische<br />

Im Rahmen des b<strong>und</strong>esweiten Überwachungsprogramms<br />

wurden Parfüms bzw. Eau de Toilette auf<br />

Aromastoffe aus den Substanzklassen der 2-Methylbuttersäureethylester,<br />

gamma- <strong>und</strong> delta-Lactone <strong>und</strong> wurden<br />

geruchsaktive Substanzen, welche als Auslöser von<br />

als irreführend beanstandet.<br />

Hautallergien (Kontaktdermatitis) in Rede stehen,<br />

untersucht. Als „mit Rosenöl“ ausgelobte Kosmetika<br />

wurden auf den Aromastoff Methyleugenol un-<br />

Was tun, wenn etwas nicht riecht wie es soll? –<br />

Analytik von Fehlaromen<br />

tersucht. Abhängig von der Angebotsform des kosmetischen<br />

Mittels (Parfüm, Eau de Toilette, Creme<br />

Viele Verbraucherbeschwerden beziehen sich auf diese<br />

Fragestellung. Geruchsstoffe sind flüchtige Verbindungen etc.) sind unterschiedlich hohe Konzentrationen an<br />

<strong>und</strong> meist tragen eine große Anzahl von Einzelstoffen zum Methyleugenol (2 bis 100 mg / kg) statthaft. Vereinzelt<br />

wurden Grenzwert-Überschreitungen festge-<br />

typischen Aroma eines Lebensmittels bei. Zur näheren<br />

Charakterisierung von abweichenden Aromaeigenschaften stellt. Siehe hierzu Kapitel „Kosmetische Mittel“.<br />

sind Untersuchungen mittels Gaschromatografie-Massenspektrometer-Kopplung<br />

(GC/ MS) hervorragend geeignet.<br />

Das Gemisch der flüchtigen Einzelstoffe wird in seine Bestandteile<br />

zerlegt <strong>und</strong> identifiziert. Dadurch ist es vielfach<br />

möglich, der Ursache von sensorisch wahrnehmbaren Kontaminationen<br />

auf die Spur zu kommen. Die oftmals nur<br />

mühsam objektivierbare sensorische Bewertung wird also<br />

um einen eindeutig messbaren Aspekt erweitert.<br />

Ob Zitronenlimonade mit trans-1,3-Pentadien (unangenehmen<br />

medizinisch-lösungsmittelartiger Geruch), Cola-Mix<br />

mit Chlorkresol <strong>und</strong> o-Phenylphenol (starke Desinfektionsmittel),<br />

Mineralwasser mit Kohlenwasserstoffen (Geruch<br />

nach Pinselreiniger) oder Tomatenketchup mit flüchtigen<br />

Stoffwechselprodukten von Verderbniserregern, mithilfe<br />

der GC / MS wurden 2005 mehrere Verbraucherbeschwerden<br />

aufgeklärt. Ähnliches zeigte sich auch bei einem Bierbrand,<br />

zwei Zwetschgenwässern <strong>und</strong> drei Kirschwässern,<br />

die 2005 sensorisch durch ein Fremdaroma auffielen, das<br />

an Williamsbirne erinnerte. In der chemischen Analyse ließen<br />

sich Williamsester nachweisen, die typischerweise nur<br />

in Williams-Christ-Birnenbränden vorkommen. Die Bezeichnung<br />

der Brände wurde wegen des artfremden Aromas als<br />

irreführend beanstandet.<br />

Prüfung auf Kontaminanten<br />

Nachdem 2004 in naturidentischem Bittermandelaroma<br />

hohe Mengen an Benzol nachgewiesen wurden, wurden<br />

2005 verstärkt Mandelaromen <strong>und</strong> Amarettoliköre auf diese<br />

Kontaminante untersucht. Die Untersuchungen zeigten<br />

Wirkung: Bis auf eine Probe lagen die Benzolgehalte der<br />

untersuchten Proben so niedrig, dass bei bestimmungsgemäßer<br />

Verwendung der Aromen der Grenzwert der<br />

Trinkwasserverordnung (0,001 mg / l) nicht überschritten<br />

wurde.


Zusatzstoffe <strong>und</strong> Aromastoffe Jahresbericht 2005 61<br />

Auch der mikrobiologische Zustand von Aromazubereitungen ist interessant<br />

Im Berichtsjahr wurden 13 offene Aromazubereitungen aus<br />

Backstuben, Konditoreien <strong>und</strong> Eisdielen mikrobiologisch<br />

untersucht. Mittlerweile sind die Rezepturen durch die Hersteller<br />

derart optimiert, dass ein bakterieller Befall kaum<br />

mehr möglich ist. Dies zeigte sich besonders drastisch im<br />

Fall eines Rumaromas, das als Verdachtsprobe angeliefert<br />

wurde: Beim Öffnen der beiden verklebten <strong>und</strong> äußerlich<br />

beschädigten Behälter waren etliche erbsgroße, teilweise<br />

noch schnittfeste <strong>und</strong> teilweise schleimig erweichte,<br />

beige, opak-trübe <strong>Teil</strong>e erkennbar. Wie die mikroskopische<br />

Untersuchung ergab, handelte es sich um Pflanzenteile,<br />

vermutlich um Obststücke. Anscheinend hatte der Bäcker<br />

regelmäßig eine Masse aus Obststücken <strong>und</strong> Rumaroma<br />

angerührt <strong>und</strong> das überschüssige Aroma wieder in den<br />

Behälter zurückgeschüttet – mitsamt einiger Obststücke,<br />

die sich im Laufe der Zeit zersetzten, aber dank des hohen<br />

Alkoholgehaltes frei von schädlichen Keimen blieben.<br />

Die Probe wurde wegen der unhygienischen Verpackung<br />

beanstandet, eine Betriebsschließung war auch aufgr<strong>und</strong><br />

anderer Hygienemängel unvermeidbar.<br />

Zusatzstoffe <strong>und</strong> Behandlung von Lebensmitteln<br />

Lösungsmittel in Carotin<br />

Carotin wird in sehr vielen Lebensmitteln aus ernährungsphysiologischen<br />

Zwecken (z. B. Nahrungsergänzungsmittel,<br />

Säfte) oder zur Färbung (z. B. Margarine) eingesetzt.<br />

Da immer wieder Probleme durch Kontaminanten bei importierten<br />

Produkten berichtet werden, wurden Carotine<br />

<strong>und</strong> Carotinzubereitungen auf Lösungsmittelrückstände<br />

untersucht. In Baden-Württemberg wird wie die eingegangen<br />

Proben zeigen, in den meisten Fällen Carotin in<br />

so genannten Premixen (konfektionierte Vormischungen)<br />

eingesetzt. Bei den wenigen Proben, die als Reincarotin<br />

erhoben wurden, konnten keine unzulässigen Rückstände<br />

an Lösungsmitteln oder Schwermetallen festgestellt<br />

werden. Parallel wurden auch Margarinen auf mögliche<br />

Rückstände an Dichlormethan <strong>und</strong> Benzol untersucht, die<br />

aber ebenfalls keine auffälligen Bef<strong>und</strong>e zeigten. Zu chinesischen<br />

Produkten, die nach unseren Recherchen über<br />

eine Firma in Nordrhein-Westfalen importiert werden,<br />

wurde die zuständige Untersuchungseinrichtung informiert,<br />

Produkte waren jedoch aktuell nicht auf Lager.<br />

Kutterhilfsmittel mit unzulässigen Zusätzen<br />

Im Rahmen der KÜP-Untersuchungen auf Zusätze, die<br />

eine unzulässige Wasserbindung in Fleischerzeugnissen<br />

bewirken, wurden auch Kutterhilfsmittel untersucht, die<br />

als Zutaten unzulässige Proteinteilhydrolysate enthielten,<br />

die in Deutschland nicht zugelassen sind. Damit hergestellte<br />

Erzeugnisse wurden als nicht verkehrsfähig beurteilt.<br />

Bei anderen Produkten führten in einigen Fällen<br />

nicht eingehaltene Kennzeichnungsvorgaben nach der<br />

Zusatzstoffverkehrsverordnung zu Mängeln.<br />

Lebensmittelfarben / färbende Lebensmittel<br />

Die Abgrenzung von Lebensmittelfarben (Zusatzstoff)<br />

gegenüber färbenden Lebensmitteln (zulassungsfreie<br />

Lebensmittelzutat) rückt wieder in den Blickwinkel der<br />

Überwachung, da inzwischen wieder verstärkt weit gehend<br />

geschmack- <strong>und</strong> geruchlose aber sehr farbstabile Produkte<br />

angeboten wurden. Soweit eine selektive Anreicherung von<br />

Pigmenten bei deren Herstellung erfolgt, handelt es sich<br />

nach der Farbstoff RL 94 / 36 / EG um zulassungspflichtige<br />

Zusatzstoffe. Die Überwachung dieses Bereichs gestaltet<br />

sich recht schwierig, weil zur Beurteilung i.d.R. auch der<br />

Herstellungsprozess mit zu betrachten ist, auf den meist<br />

kein einfacher Zugriff möglich ist. Die in diesem Zusammenhang<br />

geprüften färbenden Lebensmittel waren nicht<br />

zu beanstanden.<br />

Nachdem bekannt wurde, dass der Farbstoff E 110 Gelborange<br />

S unter bestimmten Herstellungsbedingungen den<br />

nicht zugelassenen Farbstoff Sudan I enthalten kann <strong>und</strong><br />

Sudan I zu den unerwünschten Substanzen gehört, wurden<br />

die Reinheitskriterien in der Richtlinie 95 / 45 / EG für<br />

Gelborange S (E 110) diesbezüglich angepasst. Für Sudan<br />

I wurde in E 110 eine Höchstmenge von 0,5 mg / kg festgelegt.<br />

Die Einhaltung dieser Anforderung wird verstärkt<br />

überprüft insbesondere auch bei importierter Ware.


62 Lebensmittelüberwachung BW <strong>Teil</strong> <strong>III</strong>: Produktgruppe Lebensmittel<br />

Trinkwasser<br />

Auswirkungen der geänderten Überwachungsstrategie von Trinkwasser<br />

Grafik links:<br />

Polyzyklische<br />

aromatische<br />

Kohlenwasserstoffe<br />

in<br />

Trinkwasser<br />

Grafik rechts:<br />

Trihalogenmethane<br />

in<br />

Trinkwasser<br />

Nach der seit dem 01.01.2003 geltenden Trinkwasserverordnung<br />

müssen die gesetzlichen Grenzwerte für Trinkwasser<br />

am Austritt aus den Entnahmezapfstellen (also in<br />

der Regel am Wasserhahn) eingehalten sein. Die Betreiber<br />

von öffentlichen Wasserversorgungsanlagen müssen daher<br />

Untersuchungen durchführen oder durchführen lassen,<br />

um sicherzustellen, dass das Trinkwasser an dieser Stelle<br />

den Anforderungen der Verordnung entspricht. Hierzu wird<br />

das Wasser häufig an der Stelle, an der das Wasser in die<br />

Hausinstallation übergeben wird, untersucht. Stichprobenartig<br />

werden ergänzend Trinkwasserproben aus Hausinstallationen<br />

(also vom Zapfhahn) auf die Einhaltung der<br />

Grenzwerte überprüft.<br />

Die Anzahl der zu untersuchenden Trinkwasserproben ist<br />

abhängig von der in einem Versorgungsgebiet abgegebenen<br />

Wassermenge, wobei ein Versorgungsgebiet ein geografisch<br />

definiertes Gebiet ist, in dem die Wasserqualität<br />

aufgr<strong>und</strong> der Herkunft des Wassers als nahezu einheitlich<br />

angesehen werden kann.<br />

Diese Vorgabe der neuen Trinkwasserverordnung führte<br />

auch zu einer geänderten Probenahmestrategie der amtlichen<br />

Trinkwasserüberwachung. Während bis einschließlich<br />

2002 amtliche Proben meist in Brunnen, Hochbehältern<br />

oder Wasserwerken entnommen wurden, werden seit Inkrafttreten<br />

der Verordnung gemeinsam mit dem für den<br />

jeweiligen Stadt- oder Landkreis zuständigen Ges<strong>und</strong>heitsamt<br />

für das Versorgungsgebiet repräsentative amtliche Entnahmestellen<br />

in den Ortsnetzen eingerichtet.<br />

Grenzwerte für chemische Parameter, deren Konzentration<br />

sich im Verteilungsnetz oder in der Hausinstallation erhöhen<br />

können, sind in der neuen Trinkwasserverordnung 2001<br />

gesondert aufgeführt.<br />

alte Entnahmestrategie<br />

neue Entnahmestrategie<br />

Inwieweit das Trinkwasserverteilungsnetz tatsächlich zu einer<br />

relevanten Erhöhung der Konzentrationen dieser Stoffe<br />

beiträgt, kann durch Vergleich der Untersuchungsergebnisse<br />

vor <strong>und</strong> nach Umstellung der Entnahmestrategie aufgezeigt<br />

werden.<br />

Nachfolgend werden exemplarisch vergleichende Untersuchungsstatistiken<br />

zu den Parametern Trihalogenmethane<br />

(THM) <strong>und</strong> polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe<br />

(PAK) dargestellt. Die Konzentrationen dieser Stoffe können<br />

aus unterschiedlichen Gründen zwischen Brunnen oder<br />

Wasserwerk <strong>und</strong> dem Abnehmer ansteigen.<br />

Belastungen des Trinkwassers durch polyzyklische aromatische<br />

Kohlenwasserstoffe haben meist ihre Ursache in<br />

Trinkwasserleitungen, die zum Schutz vor Korrosion mit<br />

einer Schutzschicht aus Teer versehen wurden. Derartig<br />

geschützte Rohre fanden bis Anfang der 1970er-Jahre<br />

Verwendung als Leitungsrohre in der öffentlichen Trinkwasserversorgung.<br />

Die im Teer enthaltenen PAK können,<br />

abhängig von verschiedenen Faktoren wie z. B. dem Alter<br />

der Leitungen <strong>und</strong> den Betriebsbedingungen, in das<br />

Wasser übergehen. Sie sind aufgr<strong>und</strong> der genotoxischen<br />

<strong>und</strong> krebserzeugenden Eigenschaften im Trinkwasser unerwünscht.<br />

Für die Summe der Einzelkonzentrationen von<br />

Benzo-(b)-fluoranthen, Benzo-(k)-fluoranthen, Benzo-(ghi)-<br />

perylen <strong>und</strong> Indeno-(1,2,3-cd)-pyren wurde in der Trinkwasserverordnung<br />

2001 ein Summengrenzwert in Höhe von<br />

0,0001 mg / l (das entspricht 0,1 µg / l) gebildet. Für Benzo-<br />

(a)-pyren wurde aufgr<strong>und</strong> seines höheren kanzerogenen<br />

Potenzials mit 0,00001 mg / l (das entspricht 0,01 µg / l) ein<br />

eigenständiger <strong>und</strong> besonders niedriger Grenzwert festgelegt.<br />

Der Vergleich der Ergebnisse beider Entnahmestrategien<br />

ergibt für diesen Parameter keinen Unterschied <strong>und</strong> zeigt,<br />

dass unter normalen Betriebsbedingungen, soweit diese<br />

Leitungen überhaupt noch vorhanden sind, keine Kontamination<br />

des Trinkwassers durch diese Stoffe erfolgt.<br />

Prozent<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

< 0,05 0,05 – 0,1 > 0,1 µg / l<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

< 0,005 0,005 – 0,01 > 0,01 – 0,05 > 0,05 mg / l<br />

Trinkwasser PAK 2005 Trinkw. Trihalogen 2005


Trinkwasser Jahresbericht 2005 63<br />

„Brunnenvergifter“ bedroht die<br />

Bodensee-Wasserversorgung<br />

Trihalogenmethane (THM, Haloforme) sind wie die PAK<br />

im Rohwasser nicht oder höchstens in geringsten Spuren<br />

enthalten. Sie entstehen als Nebenreaktionsprodukte aus<br />

natürlichen organischen Inhaltsstoffen des Wassers, wie<br />

z. B. Huminstoffen, durch das für die Desinfektion eingesetzte<br />

Chlor. Die entstehende Haloformkonzentration wird<br />

näherungsweise durch die im Wasser enthaltene Menge<br />

an organischen Inhaltsstoffen, der Chlorkonzentration <strong>und</strong><br />

der Einwirkungszeit des Chlors bestimmt. Der Grenzwert<br />

in Höhe von 0,05 mg / l gilt für die Summe der Einzelkonzentrationen<br />

von Trichlormethan (Chloroform), Bromdichlormethan,<br />

Dibromchlormethan <strong>und</strong> Tribrommethan (Bromoform).<br />

Da die Bildung dieser Nebenreaktionsprodukte erst<br />

dann zum Stillstand kommt, wenn ein Reaktionspartner<br />

(Chlor oder die organischen Wasserinhaltsstoffe) verbraucht<br />

ist, ist zu erwarten, dass sich deren Konzentration zwischen<br />

Zugabe von Chlor im Wasserwerk <strong>und</strong> der Probenahmestelle<br />

im Ortsnetz erhöhen kann. Dies erklärt den<br />

prozentual höheren Anteil an Trinkwasserproben mit THM-<br />

Gehalten im Konzentrationsbereich zwischen 0,005 <strong>und</strong><br />

0,01 mg / l bei Entnahme im Ortsnetz im Vergleich zu den<br />

Ergebnissen der früheren Entnahme im Hochbehälter oder<br />

im Wasserwerk.<br />

Gleichzeitig wird aus der vergleichenden Darstellung auch<br />

ersichtlich, dass beim Verbraucher nicht nur keine Grenzwertüberschreitungen,<br />

sondern ganz überwiegend Gehalte<br />

deutlich unter Grenzwertniveau festgestellt werden.<br />

In Baden-Württemberg wird überwiegend organisch gering<br />

belastetes Gr<strong>und</strong>wasser zur Trinkwassergewinnung<br />

genutzt, bzw. durch Aufbereitung des Rohwassers vor<br />

Chlorzugabe das „Haloformbildungspotenzial“ so weit reduziert,<br />

dass Gehalte über dem Grenzwert praktisch nicht<br />

vorkommen.<br />

Ein bis heute Unbekannter hat im Oktober<br />

2005 in einem anonymen Schreiben<br />

an die Bodensee-Wasserversorgung<br />

(BWV) angedroht, das Wasser des<br />

Bodensees mit Pflanzenschutzmitteln<br />

zu vergiften. Tatsächlich wurden<br />

daraufhin am Gr<strong>und</strong> des Bodensees<br />

in der Umgebung der Entnahmestelle<br />

mehrere Behältnisse mit Pflanzenschutzmittelresten<br />

entdeckt.<br />

Die BWV ist die größte Fernwasserversorgung<br />

in Baden-Württemberg, sie versorgt knapp vier<br />

Millionen Menschen mit Trinkwasser. Die Rohwasserentnahmestelle<br />

liegt bei Sipplingen am Bodensee. Mehrere<br />

Städte <strong>und</strong> Gemeinden des Landes beziehen das Trinkwasser<br />

ausschließlich oder teilweise, d. h. als Mischung<br />

mit Wasser aus einer örtlichen Eigenwasserversorgung,<br />

von der BWV.<br />

Mehrfach wurden im Zusammenhang mit dem Drohbrief<br />

sowohl vom Rohwasser direkt aus den Entnahmeleitungen<br />

vom Bodensee als auch vom Trinkwasser unmittelbar nach<br />

der Aufbereitung im Wasserwerk Sipplinger Berg Proben<br />

entnommen <strong>und</strong> analysiert. Das Untersuchungsspektrum<br />

erstreckte sich insbesondere auf diejenigen Pflanzenschutzmittelwirkstoffe,<br />

die in den gef<strong>und</strong>enen Behältnissen<br />

nachgewiesen worden waren. Weitere Proben wurden aus<br />

dem Trinkwassernetz der BWV sowie aus Ortsnetzen, die<br />

ausschließlich mit Trinkwasser der BWV versorgt werden,<br />

entnommen.<br />

In allen Fällen lagen die gemessenen Gehalte der Pflanzenschutzmittel<br />

im aufbereiteten Trinkwasser deutlich unter<br />

den gesetzlichen Grenzwerten von 0,0001 mg / l für einzelne<br />

Pflanzenschutzmittel <strong>und</strong> 0,0005 mg / l für die Summe<br />

aus allen nachgewiesenen Pflanzenschutzmitteln.<br />

Aus Vorsorgegründen wurden auch aus allen anderen baden-württembergischen<br />

Bodensee-Wasserwerken Trinkwasserproben<br />

überprüft. Auch in diesen Trinkwässern<br />

wurden keine Verunreinigungen durch Pflanzenschutzmittel<br />

festgestellt.

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