P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 2/<strong>2009</strong> (Fotos: Stahl-Zentrum, VDMA/Schaeffler/MAN, Siemens-Pressebild)
Wirtschaft 23 Frust am Fahren Warum die Automobilkrise hausgemacht ist und neue Steuer-Milliarden nicht helfen werden (Foto: © Jürgen Nießen/PIXELIO) Autoland ist abgebrannt. Was der Journalist Ansgar Lange vor wenigen Monaten noch in eine Frage kleidete, kann man inzwischen getrost als Feststellung formulieren. Der Absatz ist insbesondere bei Neuwagen drastisch eingebrochen, Produktionsstopps waren die Folge, Massenentlassungen sind angekündigt. Wie das passieren konnte? Grob gesagt: Weil die Chefpiloten der deutschen Automobilindustrie – begünstigt und befeuert von einer irrationalen und marktfeindlichen Politik im Land der selbsternannten „Exportweltmeister“, „Technologieführer“ und „Klimaretter“ – so lange in selbstverliebter Augenwischerei schwelgten, bis sie ihre gesamte Branche mit Vollgas gegen die Wand gefahren hatten. Diagnose: Totalschaden. Finanzkrise? Blödsinn! „Man nenne mir einen einzigen Grund, warum ich derzeit ein Auto kaufen soll? In Zeiten, wo sich der Ölpreis während der Nutzungsdauer verfünffacht, wo der Dieselkraftstoff pro Liter innerhalb eines halben Jahres um 30 Cent steigt, wo alle möglichen und unmöglichen Umwelt- und Technikexperimente angesagt werden, wo die Preise für Anschaffung, Betrieb und Unterhalt im Schweinsgalopp davonrennen, gehe ich…nicht das Risiko ein, 20.000, 30.000 oder 40.000 für ein Auto auszugeben, das sich nach einigen Jahren als unverkäuflich herausstellt.“ Mit diesen Worten verschaffte ein Leser der Online-Ausgabe des Magazins „Autohaus“ seinem Ärger Luft. Zitiert wurde er vom Automobilexperten Uwe Röhrig im TOP Magazin Hannover (Sommerausgabe 2008). Darin nennt Röhrig, Inhaber des Beratungsunternehmens International Car Concept (ICC), einen weiteren Grund für das Fiasko der Branche: „Händler und Hersteller müssen sich wieder stärker mit den Kunden beschäftigen. Viel zu oft kommen zuerst die Kosten, dann die Finanzen, die Organisation und die Mitarbeiter. Und am Ende tauchen auch mal die Kunden in den Überlegungen der Manager auf.“ Kurz gesagt: Neue Autos sind nicht nur zu teuer, sie werden auch an den Wünschen der potenziellen Käufer vorbei entwickelt und produziert. Die bösen Verbraucher So beklagt beispielsweise Prof. Wolfgang Meinig von der Forschungsstelle Automobilwirtschaft der Otto-Friedrich-Universität Bamberg gegenüber der Deutschen Welle, „dass die Industrie schon schlechte Erfahrungen mit den Verbrauchern gemacht hatte.“ Zur Begründung heißt es in dem Bericht unter www.dw-world.de: „Denn sparsame Autos, wie den Drei-Liter-Corsa von Opel oder den Öko-Golf von Volkswagen, wie sie vor Jahren schon angeboten wurden, wollte einfach keiner haben.“ Na sowas, die bösen „Verbraucher“ aber auch – kaufen einfach nicht die Autos, die sie kaufen sollen! Vielleicht hätte man sie mal gefragt, bevor eine möglicherweise etwas zu kompakte, „rundgelutschte“ Hässlichkeit auf Rädern in den Markt gedrückt wird, die einfach nicht billig genug ist, um über ihr inakzeptables Äußeres hinwegzusehen. Milliardengrab Forschung Von den 800 Mrd. Euro Forschungsgeld, die bis 2015 in der Autoindustrie ausgegeben werden, würden 40 Prozent für die falschen Projekte vergeudet. Das jedenfalls stellte Jan Dannenberg, Direktor der Managementberatung Oliver Wyman, bereits 2007 laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Pressetext fest. Die von der Managementberatung herausgegebene Studie „Car Innovation 2015” prognostiziert, dass von den 315 kommenden Innovationen lediglich zehn Prozent das Potenzial hätten, gut beim Kunden anzukommen. Der ehemalige Mercedes-Vertriebschef Röhrig sieht sich bestätigt: „Die Hersteller sollten, bevor sie die Geldhähne öffnen und Innovationen auf den Markt bringen wollen, erst mal genau ‚in den Kunden hineinhorchen’. Was der Kunde will, ist entscheidend. Was die Abteilung für Forschung und Entwicklung sich wünscht und auf den Weg bringen will, muss sich immer und ausschließlich am Kunden orientieren.“ Am Heck vorbei Insofern macht es natürlich auch keinen Sinn, neue Steuer-Milliarden in die Automobilindustrie zu pumpen, wie von der Bundesregierung Anfang November 2008 beschlossen. Demzufolge soll u. a. mit 10 Mrd. Euro aus Mitteln der Europäischen Investitionsbank (EIB) die Entwicklung „schadstoffarmer“ Fahrzeugtechnologien gefördert werden. Mit „Schadstoff“ meint die deutsche Politik bekanntlich parteiübergreifend Kohlendioxid. Dass das aus naturwissenschaftlicher Sicht Unsinn ist, dürfte zumindest jenen nicht entgangen sein, deren Lektüre zum Thema CO2 sich nicht auf die Pamphlete des „Weltklimarats“ IPCC oder des Potsdam-Instituts für Inlandsproduktion deutscher Hersteller von PKW Jahr Anzahl 1987 4.373.629 1997 4.678.<strong>02</strong>2 2007 5.709.139 (Quelle: VDA) P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 1/<strong>2009</strong>