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LABORWELT<br />
Nr. 2 / 2013 – 14. Jahrgang<br />
Bio- und<br />
Pharmaanalytik<br />
Aktuell im Internet:<br />
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Intro Bio- & Pharmaanalytik<br />
Wachsen mit dem<br />
Biopharmazeutika-Markt<br />
Spezialisierte Anbieter für die Bio- und Pharmaanalytik drängen mit immer ausgefeilteren Technologien<br />
und Dienstleistungen in den schnellwachsenden Markt für die Entwicklung und Produktion<br />
von Biopharmazeutika, Biosimilars und Biomarkern. Besonders der analytische Nachweis der Vergleichbarkeit<br />
der teuren Biologics mit Biosimilars verspricht gute Geschäfte. Auf Basis existierender<br />
Entwicklungsprogramme könnten die Biokopien im Jahr 2020 rein rechnerisch rund 50% der 54 Mrd.<br />
US-$ Marktwert von Biologicals mit auslaufendem Patentschutz einbringen. Neben regulatorischen<br />
Hürden in den USA und der EU verlangsamen aber technische Herausforderungen und Risiken bei der<br />
Kalkulation der Gewinnmargen den Markteintritt der Biosimilars. Laut IMS Health machten diese im<br />
Jahr 2011 gerade einmal 378 Mio. US-$ Umsatz. Rund 4 Mrd. US-$ Umsatz bis 2017 prognostizierten<br />
Experten auf der 2. Biosimilar Congregation Ende Februar in London. In den Markteintrittsrisiken<br />
sehen die Analytikanbieter ihre Chance. Die frühzeitige Identifizierung der besten Moleküle und<br />
Produktionszelllinien kann wesentlich zur Risikominimierung beitragen.<br />
damit die Produktqualität und -ausbeute zu<br />
steuern. Im Gegensatz zur bisher genutzten<br />
membranbasierten amperometrischen Bioprozessanalytik<br />
sind die Messungen auf den neuen<br />
Analyse-Systemen weitgehend automatisiert,<br />
extrem wartungsarm und hochreproduzierbar.<br />
Eine Messschwankung von nur 5% – gegen über<br />
30% mit der alten Technik – legt die Grundlage<br />
für eine automatische Regelung der Produktion<br />
von Biopharmazeutika wie Herceptin, Avastin<br />
EPO und Peg-Interferon am Standort. An der<br />
Verbindung der Quasi-Echtzeit-Analytik mit der<br />
Fermentersteuersoftware arbeiten die Experten<br />
bereits. „Wir wollen mit dem Biopharmazeutika-<br />
Markt wachsen“, erklärt Peter Hloch, Produktchef<br />
bei Roche Custom Biotech (vgl. Interview<br />
Seite VI), das die Analysatoren vertreibt.<br />
Endlich reproduzierbare Proteinanalytik?<br />
„Die analytischen Anforderungen beim Nachweis<br />
der Vergleichbarkeit von Biosimilars zu<br />
den Originalprodukten sind wesentlich höher<br />
als bei neuen Biologics“, so Stefan Müllner, Chef<br />
der Dortmunder Protagen. Selbst kleinste Änderungen<br />
– etwa in Struktur, post-translationalen<br />
Modifikationen oder sogar nur durch die Oxidation<br />
eines einzelnen Aminosäurebausteins<br />
der Proteinarzneien – durch die unterschiedlichen<br />
Herstellungsprozesse können deren<br />
Funktion, Toxizität, Immunogenität oder das<br />
Aggregationsverhalten signifikant verändern.<br />
Wie die Dortmunder Proteinspezialisten, die<br />
eine eigene Dienstleistungstochter für solche<br />
Analyseaufträge ausgegründet haben (vgl. S.<br />
XI), ist dieser Markt bisher eine Sache für „kleine,<br />
hochspezialisierte Unternehmen“, so Müllner.<br />
Kein Unternehmen decke bislang die gesamte<br />
erforderliche Palette ab, um biologische Wirksamkeit,<br />
analytische Ähnlichkeit und Sicherheit<br />
dieser komplexen Produkte miteinander zu vergleichen.<br />
Stattdessen dominieren spezialisierte<br />
„kleine Klitschen“.<br />
Die Standorte des britischen Marktführers SGS-<br />
M-Scan zeigen, wo künftig die Musik im Feld<br />
Biosimilars und deren Analytik spielt: nicht nur<br />
in Europa und den USA, auch in Indien, Korea<br />
und Singapur unterhalten die Proteinanalytik-<br />
Spezialisten Niederlassungen. „Die USA sind<br />
längst nicht mehr der Hebel für Biosimilars“,<br />
weiß Müllner. Gerade einmal 50 Gesprächsanfragen<br />
über 12 Biosimilarprogramme lagen der<br />
FDA Mitte März vor. Am aggressivsten bei der<br />
Zulassung von Biosimilars zeigt sich indes Korea.<br />
Aber auch Länder wie Brasilien und Indien, wo Dr.<br />
Reddy sein Rituximab-Biosimilar Reditux bereits<br />
seit 2007 vermarktet, messen der Biosimilar-<br />
Entwicklung strategische Bedeutung zu. Auch<br />
Pharma-Schwergewichte wie Amgen, Biogen<br />
Idec, AstraZeneca/Eli Lilly oder Boehringer<br />
Ingelheim bereiten sich auf die Produktion der<br />
Bio-Kopien vor. Nach viel Anfangsbegeisterung<br />
ist man aber vorsichtiger geworden. Teva und<br />
Lonza haben eine geplante Phase III-Studie ihres<br />
Rituximab-Biosimilars „wegen regulatorischer<br />
LABORWELT<br />
Unsicherheiten“ vorerst auf Eis gelegt, Pfizer<br />
und Merck Kooperationen beendet. Herausfordernd<br />
beim Nachweis der „Biosimilarität“ ist<br />
vor allem die vergleichende biophysikalische<br />
und massenspektrometrische Analyse der<br />
Kandidaten. Oft gilt es dabei, aus Hunderten<br />
von Produktionszellklonen den Biosimilarkandidaten<br />
herauszufiltern, dessen analytischer<br />
Proteinfingerabdruck dem ebenfalls keineswegs<br />
homogenen Originalprodukt am besten gleicht.<br />
Auch die Entwicklung und reproduzierbare<br />
Steuerung der dazu gehörenden Bioprozesse ist<br />
keineswegs trivial.<br />
Bioprozessanalytik für Fortgeschrittene<br />
Seit vergangenem Jahr hat Roche am Standort<br />
Penzberg komplett auf ein vollautomatisches<br />
Analyse-System auf Basis seines Diagnostiksystems<br />
cobas® umgerüstet, um die für die<br />
Fermentation in Säuger- und Bakterienzellen<br />
wichtigen Parameter zu überwachen – und<br />
• Target Identification<br />
· Genetic Research<br />
· Proteomics<br />
· Cheminformatics<br />
· Bioinformatics<br />
· Expression Profiling<br />
· Gene Sequencing<br />
· DNA/RNA Preparation<br />
• Target Validation<br />
· Functional Genomics<br />
· Protein Biochemistry<br />
· Disease Models<br />
· Genetically-modified<br />
Animals<br />
· Bio-imaging<br />
Discovery<br />
Biology Chemistry Pre Clinical Clinical<br />
• Lead Discovery<br />
· Compound Generation<br />
· Analogue Preparation<br />
· Combinatorial Chemistry<br />
· Drug Design<br />
• Lead Production<br />
· High-speed analogue<br />
synthesics<br />
· Scale-up synthesis<br />
· Analytical Chemistry<br />
• Screening<br />
· Compound Synthesis<br />
· High-throughput screening<br />
• Lead Optimization<br />
· Medicinal chemistry<br />
• SAR Evaluation<br />
• Formulation<br />
• Toxicology<br />
• Bioanalysis<br />
• Pharmacology<br />
• Pharmacokinetics<br />
• Analytical Testing<br />
• Sample Management<br />
• Preclinical Assessment<br />
Analytik-Dienstleistungen von Pharma-Analytik-Spezialisten<br />
Die zur Biosimilar-Analyse eingesetzte Massenspektrometrie<br />
hatte bisher ein großes Problem:<br />
Die gewonnenen Protein-Fingerprints unterschieden<br />
sich von Gerät zu Gerät. Ihre Reproduzierbarkeit<br />
in einem globalen Netzwerk für die<br />
Biopharmazeutika-Produktion war damit nicht<br />
gegeben. Abhilfe schaffen laut Matthias Inauen<br />
von der Schweizer Biognosys AG seit kurzem<br />
neue Targeted Proteomics-Verfahren (vgl. Seite<br />
VIII). Durch die Einführung von Standards werden<br />
die Proteinanalysen vergleichbar. Das ist<br />
auch wichtig für die Biomarkeridentifizierung<br />
in internationalen Großprojekten. Gerade diese<br />
könnten auch von einer neuen Multiplexing-<br />
Technologie profitieren, die die frisch mit 3 Mio.<br />
Euro Finanzierung gestartete Ayoxxa Biosystems<br />
vom Biocampus Cologne aus vermarktet (vgl.<br />
Seite X). Die Technik erlaubt es erstmals, an Beads<br />
gebundene Proteine zu identifizieren, ohne<br />
diese zuvor markieren zu müssen. Sie könnte<br />
laut Firmenmitgründer Andreas Schmidt „ eine<br />
Alternative zu bisherigen ELISA-Tests sein“.<br />
t.gabrielczyk@biocom.de<br />
Development<br />
• Clinical Development<br />
• Market Research<br />
• Market Strategy<br />
Full-<br />
Regulatory<br />
scale<br />
Submission<br />
Manuf.<br />
Phase I Phase II / III Phase IV<br />
• Pharmacodynamics<br />
• Clinical Pharmacology<br />
• Pharmacokinetics<br />
• Toxicology Packages<br />
• Formulation<br />
• Safety<br />
• Clinical Trial Management and Design<br />
• Biostatistics<br />
• Analytical Development<br />
• Clinical Assessment<br />
• Clinical Trial Data Management<br />
• Patient Recruitment<br />
• Electronic Data Capture (EDC)<br />
• Central Laboratory Services<br />
• Clinical supply manufacturing, packaging and distribution<br />
Delivery<br />
• Manufacturing<br />
• Storage and Logistics<br />
• Marketing / Promotion<br />
• Regulatory Guidance<br />
and Submission<br />
• Safety Survaillance<br />
• Sales<br />
• Adverse Event<br />
Reporting<br />
• Data Management<br />
• Medical Writing<br />
• Fullfilment<br />
• Sample Logistics<br />
• Market Research<br />
Marketing<br />
Promotion<br />
• Post-marketing Safety and Surveillance<br />
• Data Management<br />
• Biostatistics<br />
© BioReliance<br />
14. Jahrgang | Nr. 2/2013 | III
Bio- & Pharmaanalytik Biosimilars<br />
Bioaktivitätstests für<br />
Biosimilars & Biobetters<br />
Ulrike Herbrand, Olaf Stamm, Charles River Biopharmaceutical Services GmbH, Erkrath<br />
Komplexe Protein-Arzneimittel wie monoklonale Antikörper erfordern neben den generell<br />
für Arzneimittel vorgeschriebenen Tests zur Überprüfung von Reinheit, Gehalt, Pharmakokinetik<br />
und Pharmakodynamik eine gründliche und umfassende Überprüfung der biologischen<br />
Aktivität – von der frühen Entwicklung bis zur fortlaufenden Qualitätstestung des marktzugelassenen<br />
Produkts.<br />
Zu diesem Zweck werden funktionale Bioaktivitätsassays<br />
eingesetzt, die die Wirkweise des<br />
Arzneimittels in vivo widerspiegeln. Die Wahl<br />
des geeigneten Bioaktivitätstests wird zu<br />
einer zunehmend größeren Herausforderung,<br />
da mittlerweile viele Modifikationen zur Verbesserung<br />
des ursprünglichen Biologicals zum<br />
Einsatz kommen. Diese Modifikationen haben<br />
häufig auch einen Einfluss auf das Verhalten<br />
des Arzneimittels in In-vitro-Bioaktivitätstests<br />
im Vergleich zum Originalprodukt.<br />
Der Einfluss der Modifikationen<br />
Ein gutes Beispiel für den Einfluss von Modifikationen<br />
auf die Bioaktivität in vivo und<br />
in vitro sind die Nachahmerprodukte für den<br />
therapeutischen Antikörper Rituximab. Rituximab<br />
ist ein marktzugelassener therapeutischer<br />
Antikörper, der sich gegen das Antigen<br />
CD20 richtet, das sich hauptsächlich auf der<br />
Oberfläche von B-Zellen befindet. Er wird zur<br />
Therapie von verschiedenen Lymphomen,<br />
Leukämien, einigen Autoimmunkrankheiten<br />
sowie zur Verhinderung der Abstoßung von<br />
Transplantaten eingesetzt. Der Innovator-Antikörper<br />
hat eine starke Fc-Effektorfunktion,<br />
und diese ist Bestandteil des Wirkmodus.<br />
Complement dependent<br />
cytotoxicity (CD)<br />
C1<br />
Membrane<br />
attack complex<br />
IV | 14. Jahrgang | Nr. 2/2013<br />
Target cell<br />
Es ist bekannt, dass sowohl antikörpervermittelte<br />
als auch komplementvermittelte<br />
Zytotoxizität sowie Apoptose zur Abtötung<br />
der Zielzellen führen. Aufgrund der Herstellung<br />
in CHO-Zellen enthält das Arzneimittel<br />
eine Mischung von Glykoformen, die zum Teil<br />
nicht identisch mit humanen Glykoformen<br />
sind und daher neben einer verringerten<br />
Wirksamkeit auch eine höhere Immunogenität<br />
sowie einen beschleunigten Abbau im<br />
Organismus des Patienten bewirken können.<br />
Daher ist ein Ansatz zur Entwicklung eines<br />
optimierten Nachahmerpräparates die gezielte<br />
Herstellung bestimmter Glykoformen.<br />
Zu nennen ist beispielsweise die Reduktion<br />
der Fucosereste, was zu einem signifikanten<br />
Anstieg der antikörpervermittelten zellulären<br />
Zytotoxizität bei gleichzeitiger Reduktion der<br />
komplementvermittelten Zytotoxizität und<br />
leichter Steigerung der Apotoseaktivität in Invitro-Bioaktivitätstests<br />
führt. Die zusätzliche<br />
Modifikation weiterer Zuckerreste kann das<br />
Ergebnis von Bioaktivitätstests schon wieder<br />
ganz anders aussehen lassen.<br />
Zusätzlich können zum Teil nur minimale<br />
Modifikationen im Herstellungsprozess bei der<br />
Produktion von Biosimilars ebenfalls zu einer<br />
leicht veränderten Struktur des Produktes führen.<br />
Das hat wiederum nicht nur Einfluss auf<br />
FcγR IIIa<br />
Effector cell<br />
(NK cells)<br />
Programmed cell death<br />
(PCD) (apoptosis)<br />
• Binding assay<br />
• Apoptosis assay<br />
Antibody dependent<br />
cellular cytotoxicity (ADCC)<br />
Rituximab-Wirkmechanismen, die mit In-vitro-Bioaktivitätsassays getestet werden<br />
die Ergebnisse von In-vitro-Bioaktivitätstests,<br />
sondern auch möglicherweise auf die In vivo-<br />
Toxizität. Neben dem Vergleich zum Innovator-<br />
Arzneimittel ist also zur Bestimmung der<br />
exakten Bioaktivität einzelner Lots jeweils die<br />
Definition exakt übereinstimmender Referenzmaterialen<br />
erforderlich. Mit jeder neuen<br />
Modifikation von therapeutischen Proteinen<br />
muss der gewählte Bioaktivitätstest hinsichtlich<br />
seiner generellen Eignung für das neue<br />
Molekül sowie der geeigneten Parameter zur<br />
Testung auf den Prüfstand gestellt werden.<br />
Zusätzlich erfordern optimierte Arzneimittel<br />
(Bio-Better), die zur Behandlung zusätzlicher<br />
Krankheitsbilder zum Einsatz kommen, die<br />
Überprüfung der Eignung der jeweiligen Invitro-Testverfahren<br />
zur Bestimmung der Bioaktivität<br />
im Kontext des neu hinzugekommenen<br />
therapeutischen Ansatzes.<br />
Defizite in der Reproduzierbarkeit<br />
Eine weitere Herausforderung ist die Tatsache,<br />
dass viele den Wirkmechanismus eines<br />
therapeutischen Proteins widerspiegelnde<br />
In-vitro-Testverfahren ursprünglich auf dem<br />
Einsatz primärer Zellen oder von Produkten<br />
aus primären Quellen beruhen. Daher sind<br />
die Verfahren häufig vergleichsweise teuer<br />
und langwierig. Zudem weisen sie oft Defizite<br />
in der Reproduzierbarkeit auf, welche jedoch<br />
eine notwendige Bedingung für einen GMPtauglichen<br />
Bioaktivitätstest ist. Aus diesem<br />
Grund besteht derzeit die Tendenz, alternative<br />
Verfahren zu entwickeln, die beispielsweise<br />
auf dem Einsatz von Reportergenen<br />
beruhen oder die Phoshorylierung in für den<br />
Wirkmechanismus relevanten Signalwegen<br />
nachweisen. All diese alternativen Ansätze<br />
erfordern eine umfassende Evaluierung ihrer<br />
Eignung als Ersatzverfahren zur Bestimmung<br />
der In-vitro-Bioaktivität.<br />
Ein Blick in die Zukunft zeigt, dass zusätzlich<br />
zu den klassischen bereits beschriebenen<br />
Wirkmechanismen die nächste Generation<br />
der Nachahmer-Proteinarzneimittel völlig<br />
andere und zum Teil sehr individuelle und<br />
produktspezifische Wirkmechanismen hat,<br />
für die geeignete Verfahren zur Bestimmung<br />
der Bioaktivität entwickelt werden müssen.<br />
Kontakt<br />
www.laborwelt.de<br />
Dr. Ulrike Herbrand<br />
Dr. Olaf Stamm<br />
Charles River<br />
Biopharmaceutical Services GmbH<br />
Max-Planck-Str. 15A<br />
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Bio- & Pharmaanalytik Interview<br />
„Rolls-Royce für die<br />
In-Prozess-Kontrolle“<br />
In der klinischen Diagnostik ist Roche Diagnostics mit dem cobas®-System bereits seit langem<br />
Marktführer. Jetzt schickt sich das Unternehmen an, den Erfolg in einem ganz neuen Marktsegment<br />
zu wiederholen: dem konservativen Markt für die Bioprozessanalytik. Zwei auf dem<br />
cobas®-System basierende Analyzer für die Bioprozessentwicklung und In-Prozess-Kontrolle der<br />
GMP-Produktion von Biopharmazeutika in Säuger- und Bakterienzellen hat das Unternehmen<br />
in kurzer Folge auf den Markt gebracht. Welchen Fortschritt die Systeme gegenüber der bisher<br />
eingesetzten Enzym-Membrantechnologie bieten, wie sie genutzt und weiterentwickelt werden,<br />
darüber sprach LABORWELT mit Peter Hloch von Roche Applied Science in Penzberg.<br />
LABORWELT:<br />
Wie kommt man darauf, ein Diagnostik system<br />
in der Pharma-Analytik einzusetzen?<br />
Hloch:<br />
Die Idee wurde durch Kollegen angestoßen,<br />
die therapeutische Proteine und Antikörper<br />
herstellen. Sie haben nach einer Möglichkeit<br />
gesucht, die Fermentationsprozesse besser zu<br />
kontrollieren. Das heißt, die für die Steuerung<br />
von Bioprozessen wichtigen Parameter wie die<br />
Substrat-, Ionen- und Produktkonzentration<br />
sowie -qualität präzise und verlässlich zu überwachen.<br />
Wir erkannten, dass wir genau dafür<br />
bereits eine technische Lösung am Markt etabliert<br />
hatten: cobas®. Die modulare Plattform ist<br />
als Rolls-Royce für die klinische Diagnostik ausgelegt<br />
und kann nun – nachdem wir die Assays<br />
und die Software den speziellen Bedürfnissen<br />
der In-Prozess-Kontrolle angepasst haben – zeigen,<br />
was in ihr steckt. Wir haben Ende 2011 den<br />
Cedex Bio Bioprocess Analyzer vorgestellt. Er ist<br />
für die Überwachung der GMP-Produktion von<br />
Biopharmazeutika konzipiert. Ein Jahr später<br />
haben wir die Hochdurchsatzvariante Cedex<br />
Bio HT auf den Markt gebracht. Dieser Analyzer<br />
ist primär auf einen Einsatz in der Bioprozess-<br />
Entwicklung ausgelegt.<br />
LABORWELT:<br />
Wo liegt der Unterschied zu den bisher eingesetzten<br />
Multiparameter-Analyzern?<br />
Hloch:<br />
Die Cedex Bio-Analyzer nutzen ein anderes<br />
Messprinzip. Sie zeigen deshalb nicht die Limitationen<br />
der bisher eingesetzten Enzymmembran-<br />
Technologie. Diese Sensoren sind nicht sehr<br />
robust, was zu inakzeptablen Ausfallzeiten<br />
und hohem Serviceaufwand geführt hat. Die<br />
Membranen zeigen zudem Drift und starke<br />
Unterschiede in der Qualität. Häufig mussten<br />
Messungen mangels Präzision und Linearität<br />
wiederholt werden. Die Cedex Bio Analyzer messen<br />
dagegen Substrat- und Metabolitkonzentrationen<br />
automatisiert mittels photometrischer<br />
Enzymassays. Auch die zuvor off-line per HPLC<br />
bestimmte IgG-Konzentration oder manuell<br />
gemessene Konzentration des intrazellulären<br />
Enzyms LDH als Maß für die Zahl abgestorbener<br />
Zellen lassen sich nun quasi in Echtzeit<br />
bestimmen. Zusätzlich gibt es ein Modul für<br />
die ionenselektive Potentiometrie. Insgesamt<br />
können derzeit neun Parameter gemessen<br />
werden. Bis Anfang 2014 sollen es 16 sein. Die<br />
Technologie ist extrem wartungsarm, es kann<br />
mit viel höherer Präzision und mit wesentlich<br />
geringeren Schwankungen und Volumina<br />
gemessen werden. Die Messschwankungen<br />
liegen – selbst wenn mit unterschiedlichen<br />
Geräten gemessen wird – unter 5%. Bei membrangebundenen<br />
Technologien sind bis zu 30%<br />
normal. Diese Interlabor-Reproduzierbarkeit ist<br />
extrem wichtig für Pharmakunden, die global<br />
agieren und an verschiedenen Standorten Biopharmazeutika<br />
herstellen.<br />
Speziell für die Bioprozess-Analytik im hohen Durchsatz entwickelt, kann das Cedex Bio HT System bis zu 120-mal pro Stunde messen.<br />
VI | 14. Jahrgang | Nr. 2/2013<br />
LABORWELT
Interview Bio- & Pharmaanalytik<br />
Dr. Peter Hloch<br />
ist als Director International Product<br />
Management verantwortlich für die<br />
Vermarktung des Produktportfolios<br />
für Pharmakunden bei Roche Custom<br />
Biotech in Penzberg. Der 49-Jährige Biologe<br />
begann seine Karriere 1999 als Applikationsspezialist<br />
bei Roche Applied<br />
Science in Penzberg. 2007 wechselte<br />
Hloch in das Marketing der Abteilung Roche<br />
Applied Science Industrial Business,<br />
die 2010 in Roche Custom Biotech umbenannt<br />
wurde.<br />
LABORWELT:<br />
Welchen Markt sprechen die Analyzer an?<br />
Hloch:<br />
Es gibt drei Fermentationsbereiche, die wir<br />
in drei Wellen ansprechen möchten. Jeder<br />
hat seine eigenen Parameter. Der erste und<br />
größte Markt ist die Herstellung von Biopharmazeutika<br />
in Säugerzelllinien. Mit spezifischen<br />
Parametern wollen wir die Produktion in bakteriellen<br />
Fermentationen adressieren. Der dritte<br />
Markt ist das Biomanufacturing in Hefen wie<br />
Pichia pastoris. Der Gesamtmarkt für Biopharmazeutika<br />
wächst derzeit um 8% jährlich. Wir<br />
wollen mit diesem Markt wachsen. Derzeit hat<br />
er schätzungsweise ein Volumen von 15 Millionen<br />
Tests pro Jahr und von 400 Geräten.<br />
LABORWELT:<br />
Ein lukrativer Markt mit extrem anspruchsvollen<br />
Kunden und Kreuzverkaufsmöglichkeiten<br />
…<br />
Hloch:<br />
Für kleine Anbieter sind die Eintrittsbarrieren<br />
in diesen Markt in der Tat sehr hoch.<br />
Denn die Entwickler und Produzenten von<br />
Biopharmazeutika legen extrem großen<br />
Wert auf langfristig verfügbare Qualität und<br />
weltweiten Service. Mit den neuen Geräten<br />
und dem weltweiten Service-Netzwerk für<br />
die cobas-Systeme sehen wir gute Chancen,<br />
uns in dem für Roche Applied Science neuen<br />
Markt zu etablieren. In der Pharmaproduktion<br />
in Penzberg sind die Systeme bereits im<br />
Laufe des vergangenen Jahres sowohl in der<br />
Entwicklung als auch in der GMP-Produktion<br />
von Herceptin, EPO, Avastin und Peg-Interferon<br />
etabliert worden.<br />
LABORWELT:<br />
Wie wollen Sie die Systeme künftig weiterentwickeln?<br />
Hloch:<br />
Der Trend geht dahin, das Prozessmonitoring<br />
und die Prozesssteuerung zu verbinden, also<br />
automatische Rückkopplungen zu haben.<br />
Besonders in der frühen Bioprozessentwicklung,<br />
bei der parallelisierte Mikroreaktoren<br />
zum Einsatz kommen, heißt das: häufig kleine<br />
Probenvolumina entnehmen, möglichst präzise<br />
Messwerte erfassen und diese direkt zur<br />
online-Steuerung des Prozesses zu nutzen.<br />
Wir arbeiten bereits daran, eine solche automatische<br />
Steuerung zu etablieren. Wichtig<br />
dabei ist vor allem die Vollautomatisierung der<br />
Probennahme in hohem Durchsatz. Eine dritte<br />
Herausforderung ist es, die Analytiksysteme an<br />
die Fermentationssteuersoftware der Kunden<br />
anzubinden.<br />
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Bio- & Pharmaanalytik Biomarker<br />
Multiplex-Analysen mit<br />
Targeted Proteomics<br />
Dr. Matthias Inauen und Dr. Yulia Butscheid, Biognosys AG, Schlieren, Schweiz<br />
NA T U R E ME T H O D S kürte Ende vergangenen Jahres das bioanalytische Verfahren der gezielten<br />
Proteomanalyse – Targeted Proteomics – zur Methode des Jahres 2012 1 . Die Identifizierung<br />
und Quantifizierung von Proteinen mit massenspektrometrischen Geräten und Verfahren<br />
der neuesten Generation weist ein grosses Potential für die pharmazeutische Forschung und<br />
klinische Diagnostik auf.<br />
Die Mehrzahl der klinisch relevanten Biomarker<br />
sind Proteine. Der Bedarf für multiplexe<br />
Proteinanalysen – damit ist die gleichzeitige<br />
Messung einer Vielzahl an Proteinen gemeint<br />
– wächst mit der zunehmend personalisierten<br />
Medizin. Mit der Proteinanalyse sollen einerseits<br />
die vollständigen Proteinprofile der Patienten<br />
(Diagnose) detektiert, andererseits geringste<br />
Veränderungen durch biomolekulare Wirkstoffe<br />
im Körper (Behandlungen) bei einem hohen<br />
Probendurchsatz erfasst werden. Die weit<br />
verbreiteten Antikörper-basierten Methoden<br />
können jedoch nur eine limitierte Anzahl von<br />
Proteinen gleichzeitig analysieren und benötigen<br />
lange Entwicklungszeiten bei zugleich<br />
hohen Investitionen. Das Massenspektrometrieverfahren<br />
Targeted Proteomics, schliesst<br />
diese Lücke, indem es die kosteneffiziente,<br />
simultane Messung von mehr als tausend Proteinen<br />
erlaubt.<br />
Entwicklung und Stand<br />
Historisch gesehen hat sich die Proteomanalyse<br />
langsamer entwickelt als die Genomics<br />
– hauptsächlich, weil Proteine komplexere<br />
biologische Moleküle sind als DNA. Sie bestehen<br />
aus 20 chemisch sehr unterschiedlichen<br />
Aminosäuren, verglichen mit den nur<br />
vier Nukleinsäurebausteinen der DNA. Die<br />
neuesten Analysenverfahren der Targeted<br />
Proteomics sind jedoch spezifisch genug, um<br />
jede einzelne Aminosäure zu unterscheiden.<br />
Dies ermöglicht ein Messverfahren, das für<br />
VIII | 14. Jahrgang | Nr. 2/2013<br />
alle Proteine gleichzeitig anwendbar ist und<br />
nicht Protein für Protein neu entwickelt<br />
werden muss.<br />
Die zentralen Ansätze im Bereich Targeted<br />
Proteomics basieren alle auf einer Kombination<br />
von Hochleistungsflüssigkeitschromatographie<br />
(HPLC) und Massenspektrometrie (MS). Das ältere<br />
Shotgun-Massenspektrometrie-Verfahren<br />
basiert zwar auch auf dieser Kombination, es<br />
wird jedoch hauptsächlich zur explorativen<br />
Analyse verwendet, wenn die Zielproteine noch<br />
nicht bekannt sind (siehe Abb. 1). Der Shotgun-<br />
Ansatz ist eher qualitativ und nicht gut zur<br />
präzisen Quantifizierung geeignet.<br />
Multiple Reaction Monitoring, kurz MRM<br />
oder SRM genannt, ist das erste Targeted<br />
Proteomics-Verfahren, mit dem sehr spezifisch<br />
bis zu 100 Proteine mit hoher Quantifizierungsgenauigkeit<br />
gleichzeitig in einer Probe<br />
gemessen werden können. MRM ermöglicht<br />
es, den Fokus auf einen zuvor festgelegten Satz<br />
an Zielproteinen zu legen und ist damit ideal für<br />
Verifikations- und Validierungsstudien geeignet.<br />
MRM-Messungen von Proteinen werden<br />
auf Triple-Quadrupol-Massenspektometern<br />
durchgeführt, die in analytischen Laboren weit<br />
verbreitet sind. Die Verwendung von qualitativ<br />
guten MRM-Assays, also Proteinsignaturen mit<br />
zugehörigen Einstellungen für das Massenspektrometer,<br />
ist eine wichtige Voraussetzung für<br />
eine zuverlässige Messung. Heute gibt es bereits<br />
standardisierte MRM-Assays für viele Proteine<br />
und verschiedene Probenarten auf dem Markt,<br />
die eine kosten- und zeitintensive Entwicklung<br />
überflüssig machen.<br />
Abb. 1: Vergleich der Datenakquisition zwischen dem semi-stochastischen Shotgun- und Targeted<br />
Proteomics-Verfahren – MRM und HRM (rote Elemente bezeichnen gemessene Peptide)<br />
Das auf SWATH Acquisition basierte Analyseverfahren<br />
Hyper Reaction Monitoring ist<br />
die neueste Weiterentwicklung der Targeted<br />
Proteomics. Es vereint die Vorteile von Shotgun<br />
und MRM.<br />
Hyper Reaction Monitoring –<br />
HRM-MS<br />
Der Ansatz ermöglicht die vollständige Messung<br />
aller detektierbaren Proteine einer Probe,<br />
also die Identifizierung und Quantifizierung<br />
von Tausenden von Proteinen in nur einer<br />
Messung. HRM-MS bietet somit nicht nur das<br />
höchste Multiplexing, sondern auch eine mit<br />
MRM vergleichbare quantitative Genauigkeit<br />
(siehe Abb. 1).<br />
Ein entscheidender Vorteil von HRM-MS<br />
ist die Möglichkeit der retrospektiven Analyse<br />
der Proteine in der Probe, ohne die Messung<br />
wiederholen zu müssen. Da bei einer HRM-<br />
MS-Messung die Signale von allen detektierbaren<br />
Proteinen erfasst werden, muss die<br />
Proteinliste zum Zeitpunkt der Messung nicht<br />
fix definiert sein, und die Quantifizierung von<br />
neuen Proteinen kann zu einem späteren<br />
Zeitpunkt mit marginalen Kosten in silico<br />
durchgeführt werden. Gerade für präklinische<br />
Studien stellt dies eine ausgezeichnete<br />
Methode dar, da selbst ohne die Lagerung von<br />
physischen Proben keinerlei Informationen<br />
für spätere Analysen verlorengehen. Das digitale<br />
Abbild beziehungsweise die Speicherung<br />
der Messdaten genügen für die Analyse von<br />
neuen Zielproteinen.<br />
Aktuelle Herausforderungen der Targeted<br />
Proteomics sind die Interlaborreproduzierbarkeit,<br />
das heißt die Übertragbarkeit und Standardisierung<br />
von Messmethoden zwischen Laboren,<br />
sowie die Datenflut der HRM-MS- oder<br />
SWATH Acquisition-Analyse. Im Folgenden<br />
werden vielversprechende Lösungen aus dem<br />
Feld präsentiert, welche diese beiden Aspekte<br />
abdecken.<br />
Innovative Lösungen für<br />
aktuelle Herausforderungen<br />
Der zentrale Faktor für die Kalibrierung der<br />
Targeted Proteomics-Analyse sowie für die<br />
damit verbundene Messgenauigkeit ist die<br />
präzise Vorhersage der Retention Time (RT)<br />
der Peptide. So wird die Elutionszeit des Peak-<br />
Maximums im Flüssigkeitschromatographen<br />
genannt. Die Verwendung der Indexed Retention<br />
Time (iRT) verbessert genau diese Vorhersage,<br />
was neben einer höheren Messgenauigkeit<br />
auch ein deutlich größeres Multiplexing<br />
erlaubt 2 . Die iRT-Skala ist definiert durch<br />
einen Standard-Satz an iRT-Referenzpeptiden.<br />
Der iRT-Wert für jedes weitere Peptid kann<br />
einmal empirisch bestimmt werden und ist<br />
danach für MRM, HRM-MS und die SWATH<br />
Acquisition-Analyse geeignet. iRT ist unab-<br />
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Abb. 2: Spectronaut-Software für die Analyse von Hyper Reaction Monitoring und SWATH<br />
Acquisition-Daten<br />
hängig vom jeweiligen chromatographischen<br />
Setup und erlaubt durch die Standardisierung<br />
der RT-Werte erstmals einen Transfer von Targeted<br />
Proteomics-Messmethoden zwischen<br />
Geräten und Labors mit unterschiedlichen<br />
Einstellungen.<br />
Betrachtet man existierende Software<br />
zur Analyse der Messdaten, so ist Skyline die<br />
populärste Open-source-Targeted Proteomics<br />
Software 3 . Entwickelt vom McCoss-Labor an<br />
der Universität Washington, wurde die Software<br />
bis heute bereits 13.000-mal installiert.<br />
Das innovative iRT-Konzept wurde im Februar<br />
2012 in Skyline integriert. Im Januar 2013 erschien<br />
die neueste Software auf dem Markt<br />
– Spectronaut von Biognosys, speziell entwickelt<br />
für Daten der HRM-MS und SWATH<br />
Acquisition-Analyse 4 . Angesichts der durch<br />
die neuen Messverfahren gewachsenen<br />
Datenflut bietet diese Software eine bis zu<br />
100-fache Steigerung der Analysegeschwindigkeit.<br />
Durch die vollständig automatisierte<br />
Kalibrierung der Messparameter werden die<br />
bestmögliche Selektion von Proteinsignalen<br />
und die daraus folgende Quantifizierung<br />
erreicht (Abb. 2).<br />
Blick in die Zukunft<br />
Die Auszeichnung von Targeted Proteomics<br />
als Methode des Jahres 2012 verdeutlicht,<br />
dass die Methode nicht nur für die Grundlagenforschung<br />
relevant ist, sondern auch ein<br />
grosses Potential für die pharmazeutische<br />
Forschung und klinische Diagnostik aufweist.<br />
Denn Targeted Proteomics beschleunigt die<br />
Entdeckung von Biomarkern sowie deren klinische<br />
Validierung, wobei die Verfügbarkeit<br />
LABORWELT<br />
von standardisierten MRM-Assay-Panels<br />
wesentlich dazu beiträgt. Validierte Biomarker<br />
ermöglichen die Bestimmung von<br />
Patientengruppen sowie eine gezieltere und<br />
damit effektivere Behandlung. Zudem werden<br />
mit der Erhöhung des Probendurchsatzes<br />
digitales Biobanking – also die umfangreiche<br />
Speicherung von Messdaten – sowie erste<br />
Ansätze in der routinemässigen Diagnostik<br />
immer greifbarer. Aus diesen Gründen ebnen<br />
die Targeted Proteomics-Verfahren der neuesten<br />
Generation den Weg in die Zukunft der<br />
Bio- und Pharmaanalytik.<br />
Literatur<br />
[1] Nature Publishing Group. Method of the Year 2012.<br />
Editorial, Nature Methods 10(1): 1 (2013).<br />
[2] Escher, C. et al. Using iRT, a normalized retention time<br />
for more targeted measurement of peptides, Proteomics<br />
12(8): 1111-1121 (2012).<br />
[3] MacLean, B. et al. Skyline: An open source document<br />
editor for creating and analyzing targeted proteomics<br />
experiments. Bioinformatics 26(7): 966-998 (2010).<br />
[4] Bernhardt, O. et al. Spectronaut – A fast and efficient<br />
algorithm for MRM-like processing of data independent<br />
acquisition (SWATH-MS) data. ASMS (2012).<br />
Die Biognosys AG ist ein Pionier im Feld der Targeted Proteomics,<br />
gegründet 2008 als ETH Zürich Biotech Spin-off aus dem<br />
Labor von Prof. Ruedi Aebersold.<br />
Korrespondenzadresse<br />
Dr. Yulia Butscheid<br />
Biognosys AG<br />
Wagistrasse 25<br />
CH-8952 Schlieren, Schweiz<br />
Tel.: +41-(0)44-738-2041<br />
butscheid@biognosys.ch<br />
www.biognosys.ch<br />
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Bio- & Pharmaanalytik Multiplexing<br />
Innovative Biochips für<br />
das Protein-Multiplexing<br />
Dr. Andreas Schmidt, AyoxxA Biosystems GmbH, Biocampus Cologne<br />
Für DNA sind Biochip-Technologien längst Routine und haben weltweit zu Unternehmenserfolgen<br />
wie Affymetrix oder Illumina geführt. Eine neue Technologieplattform der 2010 von der National<br />
University of Singapore ausgegründeten AyoxxA Living Health Technologies Pte. Ltd. ermöglicht<br />
jetzt die Multiplex-Analyse unterschiedlicher Proteine. Die auf den Labor- sowie den Hochdurchsatz-Markt<br />
zielende Plattform-Technologie erfordert Probenvolumina von unter 3µl, detektiert<br />
im niedrigen pg/ml-Bereich, und jeder einzelne Chip ersetzt mehr als 30 ELISA-Platten.<br />
Im Gegensatz zu klassischen ELISA-Platten, die<br />
nur einen Datenpunkt pro Well abbilden können,<br />
gestattet die AyoxxA-Technologie echtes<br />
Multiplexing. Anders als geläufige Bead-basierte<br />
„Liquid Assays” erfordert diese Plattform keine<br />
komplizierten Lesegeräte wie etwa Durchflusszytometer<br />
oder Expertise in der Auswertung. Um<br />
Beads mit einem bestimmten Antikörper auf<br />
der Oberfläche unterscheiden zu können, sind<br />
konventionelle Beads mit einer Art „Nummernschild”<br />
gekennzeichnet, zum Beispiel mit mikroskopischen<br />
Strichcodes oder Schattierungen<br />
unterschiedlicher Fluoreszenzfarbstoffe. Immer<br />
jedoch ist es ein physikalischer Marker, der die<br />
Methode wesentlich komplizierter macht.<br />
Mit der ersten Finanzierungsrunde von 3<br />
Mio. Euro entsteht die Produktion der AyoxxA-<br />
Chips nun am neuen Standort am BioCampus<br />
Cologne. Die innovative Chip-Technologie<br />
nutzt anstelle der physikalischen Markierung<br />
der Beads sogenannte In-situ Encoded Beadbased<br />
Arrays (IEBA). Kern des Verfahrens ist<br />
das sequentielle Aufbringen identischer Beads.<br />
Dabei werden Beads mit dem ersten Biomarker-<br />
Antikörper an zufälligen Positionen auf den Chip<br />
aufgebracht und die XY-Koordinaten mit einer<br />
hauseigenen Software bestimmt. Danach folgt<br />
der gleiche Vorgang mit Beads, die einen zweiten<br />
Biomarker-Antikörper tragen. So entsteht nach<br />
vielen Iterationen eine komplexe Chipoberfläche,<br />
bei der die Positionen jedes Beads und der<br />
dazugehörenden Biomarker-Antikörper bekannt<br />
sind. Von diesem Herstellungsprozess bemerkt<br />
der Anwender indes nichts. Die AyoxxA-Chips<br />
kommen im klassischen 384 Well-Format so<br />
zum Einsatz wie normale ELISA Platten-Tests –<br />
mit dem Unterschied, dass jedes einzelne Well<br />
bis zu 30.000 einzelne Messpunkte liefert, die<br />
mit der AyoxxA-eigenen Software entschlüsselt<br />
werden können.<br />
Anwendungen<br />
Mit den Vorteilen ihrer Technologie wollen<br />
die Firmengründer Prof. Dr. Dieter Trau und<br />
Dr. Andreas Schmidt nicht nur Anwender von<br />
Mikrotiterplattentests zum Wechsel bewegen.<br />
Die neue Plattform bietet Probenvolumen von<br />
weniger als 3 Mikrolitern, eine Fülle an biologischen<br />
Daten und zusätzlichen Kontrollen, einen<br />
hohen Automatisierungsgrad und eine enorme<br />
Reduktion der Arbeitszeit. Auch erfordern die<br />
AyoxxA-Chips keine Investitionen in Lesegeräte<br />
– ein Argument gerade für akademische Labore<br />
und für Anwender die mit Multiplexing erst<br />
beginnen. Zum Auslesen der Chips genügt ein<br />
hochauflösendes Fluoreszenzbild, wie es zahlreiche<br />
Systeme am Markt liefern – im einfachsten<br />
Fall genügt ein gutes Fluoreszenzmikroskop.<br />
Eine Liste der von AyoxxA qualifizierten Lesegeräte<br />
wird dazu in Kürze herausgegeben.<br />
Ihre Anwendungen finden die AyoxxA Chips in<br />
einem breiten Feld von Protein-Biomarkern von<br />
Krebsforschung in akademischem Umfeld zu<br />
Preclinical Drug Screening in der industriellen<br />
Forschung. Mit einer klaren Ausrichtung als<br />
offene Plattform steht dabei Partnering für<br />
neue Biomarker-Panel für AyoxxA an erster<br />
Stelle. Die Chips können mit einem „AyoxxA<br />
Developer Kit“ in einem einfachen Verfahren<br />
um weitere Biomarker und eigene Antikörper-<br />
Tests erweitert werden. Überzeugen die neuen<br />
Tests, unterstützt das AyoxxA Bioassay-Team<br />
bei der Entwicklung, übernimmt Chips in die<br />
Serienproduktion und stimmt die Vermarktung<br />
gemeinsam ab. Anfragen zu gemeinsamen Biomarker-Panels<br />
sind damit hochwillkommen.<br />
Der erste AyoxxA Chip zum Thema Inflammation<br />
umfasst 13 der häufigsten Zytokine.<br />
Weitere Protein-Chips zu Krankheiten und<br />
Forschungsbereichen wie Krebs, rheumatoider<br />
Arthritis oder Diabetes werden folgen.<br />
Kontakt<br />
Dr. Andreas Schmidt, CEO<br />
AyoxxA Biosystems GmbH<br />
BioCampus Cologne<br />
Nattermannallee 1<br />
50829 Köln<br />
Andreas.Schmidt@ayoxxa.com<br />
IBEA-Technologie: Sequentielles Ablegen unmarkierter Beads<br />
X | 14. Jahrgang | Nr. 2/2013<br />
LABORWELT
Expertenstatement Bio- & Pharmaanalytik<br />
Analytischer Nachweis<br />
der Biosimilarität<br />
Martin Blüggel<br />
Chief Business<br />
Officer der<br />
Protagen Protein<br />
Services GmbH in<br />
Dortmund.<br />
Martin Blüggel, Protagen Protein Services GmbH, Dortmund<br />
Immer mehr renommierte Hersteller von Originatorprodukten setzen neben der Entwicklung<br />
innovativer Arzneimittel auch auf die Herstellung von Blockbuster-Kopien, wie etwa von<br />
Roches Rituximab. Doch die regulatorischen Anforderungen zum Nachweis der Vergleichbarkeit<br />
sind hoch, zumindest in Europa und den USA. Kein Unternehmen deckt bislang die gesamte<br />
erforderliche analytische Palette ab. Das Feld gehört bislang den Spezialisten.<br />
LABORWELT<br />
Was sind die größten Herausforderungen,<br />
ein möglichst ähnliches Biosimilarmolekül zu<br />
entwickeln?<br />
Blüggel<br />
Medikamente, die auf einer chemischen<br />
Herstellung beruhen, werden von mehreren<br />
Herstellern und Produktionsstätten in ihrer<br />
Struktur identisch hergestellt und nach<br />
Patentauslauf als Generika vertrieben. Dagegen<br />
können Medikamente, die mit einem<br />
biologischen Prozess produziert werden,<br />
nicht identisch hergestellt werden und<br />
variieren von Produktionsbatch zu Produktionsbatch<br />
zumindest leicht. Die Aufgabe<br />
für die Entwicklung eines Biosimilars ist es,<br />
eine möglichst ähnliche Kopie des bereits im<br />
Markt befindlichen Originators zu erstellen,<br />
die in ihrer Wirkung und Sicherheit identisch<br />
und eben nicht nur ähnlich ist. Dazu wird der<br />
Originator in allen Aspekten der Struktur und<br />
Funktion sehr genau und mit modernster und<br />
hochempfindlicher Proteinanalytik analysiert<br />
und auch dessen Produktionsschwankungen<br />
bestimmt. Mit dem Ziel, den Bereich aller Qualitätsattribute<br />
(zum Teil über 200) zu treffen,<br />
werden dann eine Zelllinie und ein Produktionsprozess<br />
entwickelt. Dazu bedarf es eines<br />
engen Zusammenspiels zwischen Analytik<br />
und Entwicklung. Am Ende des Prozesses wird<br />
der erhaltene Biosimilarkandidat nochmals<br />
parallel zum Originator vergleichend nach den<br />
strengen Richtlinien der Zulassungsbehörden<br />
(zum Beispiel EMA, FDA) analysiert. Aufgrund<br />
dieser Daten wird dann entschieden, ob die<br />
Ähnlichkeit ausreichend belegt ist, um die<br />
Durchführung von klinischen Studien zu<br />
rechtfertigen. Der Analytik kommt daher<br />
für die Entwicklung eines Biosimilars eine<br />
ungleich höhere Bedeutung zu als etwa für<br />
Generika oder auch bei der Entwicklung neuer<br />
Proteintherapeutika. Die Herausforderung<br />
besteht darin, hochempfindliche, genaue<br />
und orthogonale Analyseverfahren auf einem<br />
hohen Qualitätsstandard durchzuführen,<br />
die es erlauben, möglichst alle Aspekte des<br />
komplexen Biomoleküls zu beschreiben und<br />
zu vergleichen.<br />
Dive into a vast new realm<br />
of leukemia and lymphoma analysis.<br />
Our first-of-its-kind assay represents<br />
the new frontier in clonality testing.<br />
Go deeper.<br />
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Service Verbände<br />
LABORWELT-Partner<br />
Dt. Ver. Gesellschaft für<br />
Klinische Chemie und<br />
Laboratoriumsmedizin<br />
e.V. (DGKL)<br />
Deutsche Gesellschaft<br />
für Proteomforschung<br />
BIO Deutschland<br />
Deutsche Gesellschaft<br />
für Hygiene und<br />
Mikrobiologie (DGHM)<br />
btS (Biotechnologische<br />
Studenten initiative e.V.)<br />
Gesellschaft für Genetik<br />
Gesellschaft für<br />
Signaltransduktion<br />
Gesellschaft für<br />
Pharmakologie<br />
und Toxikologie<br />
Nationales Genomforschungsnetz<br />
Deutsche Gesellschaft<br />
für Neurogenetik<br />
Netzwerk Nutrigenomik<br />
DiagnostikNet-BB<br />
Verband der<br />
Diagnostica-Industrie e.V.<br />
Österreichische<br />
Reinraumgesellschaft<br />
(ÖRRG)<br />
Österreichische Ges.<br />
f. Laboratoriumsmedizin<br />
& Klinische Chemie<br />
XII | 14. Jahrgang | Nr. 2/2013<br />
www.dgkl.de<br />
www.dgpf.org<br />
www.biodeutschland.org<br />
www.dghm.org<br />
www.bts-ev.de<br />
www.gfgenetik.de<br />
www.sigtrans.de<br />
www.dgpt-online.de<br />
www.ngfn.de<br />
www.hih-tuebingen.de/dgng/<br />
www.nutrigenomik.de<br />
www.diagnostiknet-bb.de<br />
www.vdgh.de<br />
www.oerrg.at<br />
www.oeglmkc.at<br />
GESELLSCHAFT FÜR GENETIK<br />
DGHM & DGI<br />
Achtung – Abstracts gefragt<br />
Noch bis zum 31. Mai können Abstracts für<br />
die 65. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft<br />
für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM)<br />
e.V. und Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft<br />
für Infektiologie (DGI) e. V. eingereicht<br />
werden. Via Kongresshomepage (www.dghmdgi2013.de)<br />
sind Abstracts zu folgenden Themen<br />
gefragt:<br />
– Antibiotic Stewardship<br />
– Clinical Infectious Diseases<br />
– Clinical Microbiology and Infectious<br />
Diseases<br />
– Cases in Clinical Microbiology<br />
– Diagnostic Microbiology and Microbiology<br />
Procedures Quality Standards<br />
– Eukaryotic Pathogens<br />
– Food Microbiology and Food Hygiene<br />
– Free Topics<br />
– Gastrointestinal Pathogens<br />
– General and Hospital Hygiene<br />
– HIV medicine<br />
– Hospital-associated Antimicrobial<br />
Resistance and Infection Prevention<br />
– Infection Epidemiology and Population<br />
Genetics<br />
Diagnostik-Netzwerk BB<br />
Termine<br />
Im Rahmen seiner Veranstaltungsreihe<br />
„Treffpunkt In-vitro-Diagnostik“ beleuchtet das<br />
Diagnostik-Netzwerk Berlin-Brandenburg am<br />
Donnerstag, den 30. Mai, von 17 bis 19.15 Uhr das<br />
Thema „Infektionsdiagnostik“. Registrierung:<br />
www.diagnostiknet-bb.de. Die Veranstaltung,<br />
an die sich ein „Get together“ anschließt, findet<br />
im Magnus-Haus in Berlin-Mitte statt.<br />
Am Donnerstag, den 22. August, widmet<br />
sich die Veranstaltungsreihe zur selben Zeit<br />
am gewohnten Veranstaltungsort der „Neurologie“.<br />
Einen Workshop zur „Laborautomation“<br />
veranstaltet das Netzwerk am Dienstag, den<br />
19. März von 13.00 bis 19.15 Uhr im hospital<br />
Laborverbund Brandenburg-Berlin GmbH<br />
Hennigsdorf.<br />
Einen weiteren Workshop, diesmal zu<br />
„Point-of-Care-Tests (POCT )“ gibt es am Dienstag,<br />
den 17. Oktober, von 13 bis 19 Uhr – wie<br />
immer mit anschließendem Get-together.<br />
Zudem beteiligt sich das Diagnostik-<br />
Netzwerk an einer Firmenpräsentation – am<br />
17. April stellt sich die hospital Laborverbund<br />
Brandenburg-Berlin GmbH im Rahmen der<br />
Reihe bbb Life Science vor Ort“ vor.<br />
Vom 18. bis 19. April finden zudem die 7.<br />
Senftenberger Innovationsforum Multiparameteranalytik<br />
und vom 22. bis 23. Mai die 15.<br />
Autoimmuntage Bernau statt.<br />
– Infection Immunology<br />
– Metabolism and Pathogenesis (SPP1316)<br />
– Microbial Pathogenesis<br />
– Microbiota, Probiotics and Host<br />
– National Reference Laboratories and<br />
Consiliary Laboratories<br />
– Nosocomial Infection<br />
– Pulmonary infections<br />
– Quality Management in Diagnostic<br />
Microbiology<br />
– Severe Sepsis & Septic Shock<br />
– Tuberculosis and non-tuberculous<br />
mycobacteria<br />
– Zoonoses and Food-Borne Infections<br />
Die wissensschaftliche Leitung der Jahrestagung<br />
der DGHM und der DGI 2013 übernehmen<br />
auf Seiten der DGHM Prof. Dr. med. Andreas<br />
Podbielski vom Institut für Medizinische<br />
Mikrobiologie, Virologie und Hygiene an der<br />
Universität Rostock und Prof. Dr. med. Ivo<br />
Steinmetz vom Friedrich-Loeffler-Institute für<br />
Medizinische Mikrobiologie der Universität<br />
Greifswald sowie auf Seiten der DGI Prof. Dr.<br />
med. Winfried V. Kern von der Medizinischen<br />
Universitätsklinik Freiburg.<br />
DGKL<br />
Jubiläum<br />
Anlässlich ihres 10-jährigen Bestehens<br />
hat die Deutsche Vereinte Gesellschaft für<br />
Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin<br />
(DGKL) ihre Jahrestagung 2013 unter das<br />
Motto: „Labormedizin und Klinische Chemie<br />
– ein interdisziplinärer Partner in Klinik und<br />
Forschung“ gestellt. Zentrale Themen des Treffens<br />
der 1.000 Diagnostikexperten vom 23. bis<br />
26. Oktober 2013 im Internationalen Congress<br />
Center Dresden reichen von der vaskulären<br />
Inflammation über kardiovaskuläre, metabolische,<br />
immunologische und hämostaseologische<br />
Fragestellungen. Neben noch jungen<br />
Disziplinen der Diagnostik wie Metabolomics<br />
und Lipidomics wird die Jubiläumstagung auch<br />
die klassische Hämatologie, Porphyrie, Allergologie<br />
und Endokrinologie beleuchten. Analytische<br />
Entwicklungen werden in speziellen<br />
Symposien zu den Themen Biobanking, POCT,<br />
Labormanagement und Qualitätssicherung<br />
vorgestellt und in Treffen der DGKL-Sektionen<br />
und Arbeitsgruppen behandelt. Begleitet wird<br />
die Tagung von einer Industrieausstellung.<br />
Einer weiterer Höhepunkt: die feierliche Verleihung<br />
des Preises für Biochemische Analytik<br />
– mit 50.000 Euro Preisgeld die höchstdotierte<br />
Auszeichnung, die die DGKL zu vergeben hat.<br />
Weitere Informationen rund um die 10. Jahrestagung<br />
der DGKL finden sich unter www.<br />
dgkl2013.de.<br />
LABORWELT
Labormarkt im Umbruch (15) Serie<br />
Corning: Eisenbahn,<br />
Glasfaser und Laborbedarf<br />
Dr. Martin Laqua, Redaktion LABORWELT<br />
Milliardenschwere Übernahmen sind gang und gäbe im Labormarkt. Grund genug, in dieser<br />
LABORWELT-Serie einen Blick auf die Player, ihre Strategien und Deals zu werfen. Klar ist:<br />
Elefantenhochzeiten bleiben an der Tagesordnung. Die Preise bleiben hoch, genauso wie die<br />
Wahrscheinlichkeit, dass sich der Labormarkt in zehn Jahren völlig anders darstellen wird als<br />
heute. Ein Blick auf die Geschichte von Corning Incorporated lässt vermuten: Das wandelbare<br />
Unternehmen mischt auch noch im Jahr 2023 kräftig mit. Der US-Konzern hat bisher immer<br />
rechtzeitig auf das sich stetig ändernde Marktumfeld reagiert. In den vergangenen Jahren<br />
äußerte sich das auch in einer Stärkung der biomedizinischen Sparte.<br />
Corning Incorporated in Zahlen (2012):<br />
Umsatz: 10,1 Mrd. US-$<br />
Gewinn (EBITDA): 3,7 Mrd. US-$<br />
Umsatzrendite (nach Steuern): 15,1%<br />
Börsenwert (gesamt): 19,02 Mrd. US-$ (15.3.2013)<br />
Mitarbeiter: 28.700 (davon Biowissenschaften: 2.500)<br />
Vorstandsvorsitzender: Wendell P. Weeks<br />
Umsätze nach Regionen (2012)<br />
USA: 26,6%, Europa: 9,1%, Asien/Australien: 61,2%<br />
andere: 3,1%<br />
Sparten nach Umsatz (2012)<br />
Displaytechnologien: 36%, Telekommunikation: 27%<br />
Umwelttechnik: 12%, Spezialmaterialien: 17%<br />
Biowissenschaften: 8%<br />
Sciences-Sparte zu. 2009 übernahm die Firma<br />
für 400 Mio. US-$ die Aktien des kalifornischen<br />
Laborkunststoffspezialisten Axygen BioScience<br />
Inc., 2010 folgte der Kauf aller Aktien des französischen<br />
Laborplastikwarenherstellers Plastiques<br />
Gosselin S.A.S., 2011 wurde schließlich der<br />
Labormedienproduzent Mediatech Inc. (USA)<br />
einverleibt. Seitdem kann Corning erstmals<br />
auch Medien für die Zellkultur sowie Reagenzien<br />
für Gewebe- und Zellkulturanwendungen<br />
anbieten. Für Richard Eglen, Geschäftsführer<br />
Corning Life Sciences, gehören Übernahmen in<br />
den Biowissenschaften zur Tagesordnung. Die<br />
eigene Strategie unterscheide sich aber von der<br />
der Konkurrenten: „Wir kaufen strategischer<br />
und zielgerichteter“, sagt er.<br />
© Corning<br />
Behälter, Beschichtungen, Medien – bei Corning alles aus einer Hand<br />
Obwohl Corning Inc. aus den USA den Löwenanteil<br />
seines Umsatzes mit Spezialgläsern für<br />
LED-Displays macht, bleibt der Laborbedarf<br />
auch weiterhin wichtig für das Unternehmen.<br />
Ein Indiz dafür ist die Übernahme der Sparte<br />
„Discovery Labware“ von Becton, Dickinson und<br />
Co. (BD), die den Mischkonzern zur Nummer 1<br />
für Kunststoffgefäße für die Zellkultur macht.<br />
Angekündigt vor einem Jahr, war der Kauf für<br />
730 Mio. US-$ schließlich Anfang November 2012<br />
über die Bühne gebracht. In den Geschäftsberichten<br />
der Vorjahre tauchte der Name Becton<br />
Dickinson neben Schott, Greiner und Kimble<br />
noch als Hauptwettbewerber auf, jetzt ist<br />
Corning die Marktbereinigung gelungen und<br />
bekannte BD-Marken wie Falcon oder Matrigel<br />
gehören zur Corning-Familie.<br />
Farbkonstante Gläser für die Eisenbahn<br />
LABORWELT<br />
Die Wurzeln des US-Unternehmens reichen bis<br />
ins Jahr 1851 zurück. In Somerville, Massachusetts,<br />
konzentrierte sich der Gründer Armory<br />
Houghton mit seinen Söhnen zunächst auf die<br />
Produktion von farbkonstanten Gläsern für die<br />
Signalanlagen der Eisenbahn. Nach wechselvoller<br />
Geschichte – einschließlich eines Umzuges<br />
der Firma in die namensgebende Stadt Corning<br />
im Bundesstaat New York – produzierte die<br />
Firma zunehmend Nischenprodukte aus Glas<br />
und Keramik. Als während des Ersten Weltkriegs<br />
deutsche Glaswaren für den wissenschaftlichen<br />
Bedarf ausblieben, sprang Corning ein. Einen<br />
großen Anteil am Erfolg hatte die Entwicklung<br />
von Pyrex, einem bleifreien Borosilikatglas.<br />
Pyrex-Glas wurde als hitzeresistentes Material<br />
für den Einsatz in der Küche vermarktet – und<br />
zu Laborwaren wie Röhrchen, Kolben oder optischem<br />
Zubehör verarbeitet. In den siebziger<br />
Jahren ergänzten Medizingeräte wie pH-Elektroden<br />
aus Glas und Blutgasanalysesysteme das<br />
Portfolio – und erste Plastikprodukte wurden<br />
entwickelt. Spätestens seit der Übernahme<br />
der Costar Corp. 1993 ist die Angebotspalette<br />
auch bei den Artikeln aus Kunststoff nahezu<br />
lückenlos. Das Allzeithoch der Aktie im Jahr<br />
2000 geht allerdings nicht auf die Biomedizin-<br />
Sparte zurück: Dank einer Zusammenarbeit<br />
mit Siemens unter dem Kürzel Siecor profitierte<br />
Corning vom Glasfaserkabelboom um<br />
die Jahrtausendwende. Mit dem Abebben des<br />
Geschäftes „Optische Telekommunikation“<br />
wandte sich Corning wieder vermehrt der Life<br />
Das 1-Milliarden-Ziel in Sichtweite<br />
Bei der Akquisition der BD-Sparte intervenierte<br />
zunächst die US-Handelskommission. Auf dem<br />
Gebiet der gewebekulturbehandelten Kulturgefäße<br />
entstünde nach der Fusion ein Monopol,<br />
monierte sie. Die auferlegte Bedingung für die<br />
Zustimmung: Corning muss bestimmte Aktiva<br />
an den Wettbewerber Sigma Aldrich weiterreichen.<br />
Nach dem erfolgreichen Abschluss mit<br />
BD hat sich Corning nun vier Produktfamilien<br />
ins Haus geholt: eine weitere Produktionsschiene<br />
für Laborgebrauchsgüter aus Kunststoff,<br />
Geräte für die Handhabung von Flüssigkeiten,<br />
zellbasierte Assays und Zellkulturprodukte. Der<br />
Geschäftsführer und Vorsitzende des Corning-<br />
Vorstands, Wendell Weeks, machte klar, dass es<br />
in der Sparte Biowissenschaften bei Corning ein<br />
solch großes Geschäft noch nie gegeben habe:<br />
„Mit Verkaufserlösen von 235 Mio. US-$ wird<br />
die Übernahme den Umsatz dieses Corning-<br />
Bereichs um 40% ausweiten. Damit kommen<br />
wir unserem selbstgesteckten Ziel näher, bis<br />
2014 die Sparte auf 1 Mrd. US-$ an Umsatz<br />
auszubauen.“ Auf dem Weg dorthin stellt eine<br />
Nachzahlung einen Rückschlag dar – wenn dieser<br />
auch eher moralischer als wirtschaftlicher<br />
Natur sein dürfte. Der umstrittene Vorwurf,<br />
Corning habe 2005 Laborprodukte an Regierungsbehörden<br />
zu überhöhten Preisen verkauft,<br />
wurde Mitte März gegen die Zahlung von 5,65<br />
Mio. US-$ fallengelassen.<br />
14. Jahrgang | Nr. 2/2013 | XIII
Ausblick<br />
Genomik<br />
Henriettas Tumor-Genom entziffert<br />
Die Krebszellen von Henrietta Lacks kennt im<br />
Labor jeder. Doch erst jetzt wurde das Genom<br />
dieser sogenannten HeLa-Zellen sequenziert.<br />
Die 1951 aus dem Gebärmutterhalstumor der<br />
Patientin Lacks gewonnene Krebszelllinie gilt<br />
als die älteste und am weitesten verbreitete<br />
humane Zelllinie. Aufgrund ihrer Krebseigenschaften<br />
teilen sich HeLa-Zellen schnell.<br />
Ideal, um in kurzer Zeit viele Zellen für Experi-<br />
Biomaterialien<br />
Biozahn: Hybrid aus Maus und Mensch<br />
Der beste Ersatz für einen fehlenden Zahn<br />
ist zweifelsohne ein neuer Zahn. Britischen<br />
Forschern ist es nun erstmals gelungen, mit<br />
Menschenzellen einen Zahn nachzubauen. Aber<br />
es steckt auch noch ein bisschen Maus im Zahn.<br />
Die Forscher vom King’s College in London stellten<br />
ihren biologisch gezüchteten Zahn Anfang<br />
März in der Zeitschrift Journal of Dental Research<br />
(doi: 10.1177/0022034513481041) vor. Der Clou:<br />
Zum ersten Mal stammt eine der beiden dafür<br />
nötigen Zelltypen aus menschlichem Gewebe.<br />
„Zähne entwickeln sich bei der Interaktion von<br />
Aus der laborwelt.de-Galerie<br />
Mitose auf dem Times Square<br />
Am Times Square – der berühmtesten Kreuzung<br />
New Yorks – werden normalerweise<br />
auf riesigen Leuchtreklamen die neuesten<br />
Broadway-Stücke, Designer oder Fastfood-<br />
Menüs beworben. Vom 19. bis 21. April strahlen<br />
jedoch die faszinierenden Bilder eines<br />
Mikroskopie-Wettbewerbs den Passanten entgegen.<br />
Etwa 100 Bilder wurden von Forschern<br />
aus der ganzen Welt eingereicht für den „GE<br />
Healthcare Cell Imaging Contest“, 30 davon<br />
wählte eine Jury dann für die Online-Wahl aus.<br />
Dort gingen dann mehr als 15.000 Stimmen<br />
ein. Jane Stout von der Indiana University in<br />
Bloomington räumte den ersten Platz in der<br />
Kategorie „Mikroskopie“ ab. Die Aufnahme der<br />
Krebsforscherin zeigt eine Hautzelle während<br />
der Metaphase der mitotischen Zellteilung.<br />
mente zur Verfügung zu haben. Jetzt haben<br />
Wissenschaftler vom EMBL in Heidelberg das<br />
HeLa-Genom in der Fachzeitschrift G3: Genes,<br />
Genomes, Genetics (doi: 10.1534/g3.113.005777)<br />
beschrieben: Es ist im Vergleich zur dem von<br />
gesunden Menschenzellen komplett durcheinandergewürfelt.<br />
Die deutschen Forscher<br />
erkannten mehrere Unterschiede zwischen den<br />
Sequenzen von gesunden und kranken Zellen.<br />
Die Tumorzellen weisen Unregelmäßigkeiten<br />
in der Zahl und Struktur der Chromosomen<br />
auf (siehe Abbildung). Unzählige Regionen auf<br />
den Chromosomen sind falsch angeordnet,<br />
viele Gene liegen entweder in zu vielen oder zu<br />
wenigen Kopien vor. Dieses als Chromothripsis<br />
bekannte Phänomen kommt in zwei bis drei<br />
Prozent aller Tumore vor. Mit dem HeLa-Genom<br />
als Referenz können Forscher auf der ganzen<br />
Welt nun Experimente besser planen und vor<br />
allem die Ergebnisse genauer interpretieren.<br />
Oberflächenzellen im Mund und tiefer gelegenen<br />
Mesenchymzellen“, erklären die Zellbiologen.<br />
Die Briten nutzten als Quelle für die Oberflächenzellen<br />
das Zahnfleisch von Menschen.<br />
Die dort entnommenen Zellen vermehrten sie<br />
dann in der Zellkulturschale und kombinierten<br />
sie mit aus Mäusen isolierten Mesenchymzellen.<br />
Das Ergebnis waren Biozähne – komplett<br />
mit Wurzel, Zahnschmelz und Dentin. Um rein<br />
humane Biozähne herstellen zu können, fehlt<br />
den Forschern noch ein geeignetes Gewebe, um<br />
humane Mesenchymzellen zu gewinnen.<br />
© Jane Stout / GE Healthcare Cell Imaging Contest<br />
Vorschau Heft 3/2013<br />
Themen<br />
Zellbasiertes Screening<br />
Humane Zellmodelle gelten als vielversprechendes<br />
Werkzeug zur frühen Bewertung<br />
der Sicherheit und Wirksamkeit von Arzneimittelkandidaten.<br />
Nur waren sie bisher<br />
nicht verfügbar. Seit der Entdeckung der<br />
induziert pluripotenten Stammzellen (iPSCs)<br />
hat sich das geändert. Seit kurzem versuchen<br />
Pharmafirmen, Forscher und Biotech-<br />
Unternehmen, Zellmodelle für Krankheiten<br />
aus iPS-Zellen zu gewinnen. Assays für das<br />
High-Content-Screening helfen, neue Targets<br />
aufzuspüren. Erscheinungstermin des<br />
LABORWELT-Spezials „Zellbasiertes Screening“<br />
ist der 27. Juni 2013. Beiträge müssen<br />
bis 12. Juni 2013 eingereicht werden (Redaktionskontakt:<br />
t.gabrielczyk@biocom.de).<br />
Termine<br />
Werbekunden bietet diese Ausgabe, begleitend<br />
zu redaktionellen Beiträgen, eine<br />
opti male Plattform für ihre Produkt-und<br />
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im Spezial „Zellbasiertes Screening“<br />
bis spätestens 14. Juni 2013. Informationen<br />
gibt Oliver Schnell (Tel.: +49-30-264921-45,<br />
E-Mail: o.schnell@biocom.de).<br />
Impressum<br />
LABORWELT (ISSN 1611-0854)<br />
erscheint vierteljährlich im Verlag der<br />
BIOCOM AG<br />
Lützowstraße 33–36<br />
10785 Berlin, Germany<br />
Tel./Fax: 030/264921-0 / 030/264921-11<br />
laborwelt@biocom.de<br />
www.biocom.de<br />
Redaktion<br />
Dipl.-Biol. Thomas Gabrielczyk, Dr. Martin Laqua<br />
Tel.: 030/264921-50<br />
Namentlich gekennzeichnete Beiträge stehen in der inhaltlichen<br />
Verantwortung der Autoren. Alle Beiträge sind urheberrechtlich<br />
geschützt und dürfen ohne schriftliche Genehmigung des BIOCOM-<br />
Verlages nicht reproduziert oder verbreitet werden.<br />
XIV | 14. Jahrgang | Nr. 2/2013<br />
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