221 v. Chr. – 220 n. Chr.
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50 Die große Mauer<br />
Kanzler des Qin-Reiches. »Ja, dergestalt war die Musik der Qin.« 2 Statt sich in den<br />
feinen Künsten der Chinesen zu üben, spezialisierten die Qin sich auf militärische<br />
Brutalität. Dazu passt, dass König Wu, der ein paar Generationen vor dem Ersten<br />
Kaiser regierte, 307 v. <strong>Chr</strong>. an den Verletzungen starb, die er sich bei einem Wettbewerb<br />
im Stemmen von bronzenen Dreifußgefäßen zugezogen hatte. Sima Qian<br />
berichtet knapp, die Qin-Armeen hätten in den 25 Jahren vor der Thronbesteigung<br />
des Ersten Kaisers im Jahr 247 v. <strong>Chr</strong>. in Kriegen den Tod von bis zu 756 000<br />
ausländischen Soldaten und Zivilisten verschuldet. Die Zahl der Toten, die er für<br />
die Jahre 364<strong>–</strong>234 v. <strong>Chr</strong>. angibt, beläuft sich auf unfassbare 1,5 Millionen. Allerdings<br />
wird diese Zahl heute von Historikern angezweifelt.<br />
Lebenslang zeigte der Erste Kaiser einen Hang zur Barbarei, der seinen grausamen<br />
Vorfahren mehr als gerecht wurde. Abgesehen davon, dass so viele Menschen<br />
in seinen Feldzügen vor der Reichseinigung ihr Leben lassen mussten, er zwang<br />
auch Hunderttausende Chinesen zur Arbeit an seinen monumentalen Bauwerken:<br />
Straßen, Kanälen, Palästen, Mauern. Allein zu den Arbeiten an seinem Mausoleum<br />
und seinem Grab (mit denen er begann, als er im Alter von 13 Jahren König der Qin<br />
wurde, und deren Fertigstellung gut 40 Jahre dauerte) wurden rund 700 000 Sträflinge<br />
herangezogen. Um Lage und Inhalt des Grabes geheim zu halten, wurden<br />
nach Abschluss der Arbeit viele dieser Unglücklichen getötet. Bei der Liquidierung<br />
seiner Erbauer ging man tatsächlich so gründlich vor, dass aus den historischen Dokumenten<br />
nichts über die Größe des Mausoleums zu erfahren war. 1974 förderten<br />
dann ein paar chinesische Bauern, die 30 Kilometer östlich des heutigen Xi’an Brunnen<br />
gruben, einige Terrakotta-Arme und -Beine zutage. Bei weiteren Grabungen<br />
stieß man auf drei riesige unterirdische Höhlen <strong>–</strong> die größte maß 12 500 Quadratmeter<br />
<strong>–</strong>, gefüllt mit Tausenden zerbrochenen Figurinen von Soldaten, Pferden und<br />
Streitwagen: den mittlerweile weltberühmten Terrakottakriegern.<br />
Seit frühester Zeit glauben die Chinesen, dass das Leben nach dem Tod in allen<br />
entscheidenden Punkten dem Erdenleben gleicht. Deswegen haben sie dafür<br />
gesorgt, dass sie, wenn möglich, zusammen mit den Dingen (entweder in ihrer<br />
ursprünglichen Form oder als Modell) begraben werden, die sie zu Lebzeiten<br />
nützlich fanden und voraussichtlich im nächsten Leben benötigen werden. Die<br />
Zahl der Soldaten (schätzungsweise 8000; noch wurden nicht alle Einzelteile zusammengefügt),<br />
die der Erste Kaiser mitzunehmen wünschte, zeigt, welch große<br />
Armee er zu Lebzeiten zu seinem eigenen Schutz um sich scharte und welche<br />
Größenordnung seine Bauprojekte hatten. Die unterirdischen Höhlen, in denen<br />
man seine Terrakottakrieger fand, waren zudem nur die äußeren Kammern des<br />
Mausoleums; das Grab selbst, das sagenhafte Reichtümer zu enthalten verspricht,<br />
ist nie ganz geöffnet worden. (Daran wollen sich die Archäologen erst<br />
wagen, wenn sie ganz sicher sind, dass ihre Konservierungstechniken ausreichen,<br />
um die dort befindlichen Schätze zu schützen. Als die Terrakottakrieger ausgegraben<br />
und dem Licht ausgesetzt wurden, verblassten die ursprünglich leuchten-